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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 13.12.1995
Aktenzeichen: T-481/93
Rechtsgebiete: RL 90/425, EWG, EG, VerfO


Vorschriften:

RL 90/425 Art. 8
EWG Art. 173
EWG Art. 176
EWG Art. 174
EG Art. 230
VerfO Art. 50
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. An der Erhebung einer Nichtigkeitsklage gegen eine aufgehobene Handlung kann ein Kläger Interesse haben, da die Aufhebung andere Rechtsfolgen hat als eine Nichtigerklärung durch das Gericht. Mit der Aufhebung einer Organhandlung wird deren Rechtswidrigkeit nicht anerkannt; sie wirkt ex nunc, während die Nichtigerklärung ex tunc wirkt. Zudem hat im Falle der Nichtigerklärung einer Handlung das Organ, dem das Handeln zur Last fällt, gemäß Artikel 176 des Vertrages die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, so daß es veranlasst sein kann, den früheren Zustand wieder herzustellen, um die Wirkungen zu beseitigen, die die Handlung hatte, oder dafür zu sorgen, daß keine identische Handlung erlassen wird.

2. Die Klage auf Nichtigerklärung einer an die Mitgliedstaaten gerichteten, auf der Grundlage der Richtlinie 90/425 über Gesundheitskontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit bestimmten lebenden Tieren erlassenen Entscheidung der Kommission, die die Ausfuhren einer Tierart aus bestimmten Mitgliedstaaten verbietet oder diesen Mitgliedstaaten besondere tierärztliche Kontrollen vorschreibt, ist unzulässig, wenn sie von Wirtschaftsteilnehmern erhoben wird, die in den fraglichen Mitgliedstaaten mit den betroffenen Tierarten handeln oder sie ausführen.

Diese Wirtschaftsteilnehmer sind nämlich von einer solchen Entscheidung nicht wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und deshalb nicht im Sinne des Artikels 173 Absatz 2 des Vertrages individuell betroffen. Daß ihre Zahl und ihre Identität bereits bei Erlaß der angefochtenen Entscheidungen bekannt war, individualisiert sie noch nicht. Sie können sich auch nicht darauf stützen, daß sie an der Ausarbeitung der Entscheidung beteiligt waren oder hätten beteiligt sein müssen, da die Wirtschaftsteilnehmer kein Recht auf Anhörung haben, wenn die Kommission nach der genannten Richtlinie Erhaltungsmaßnahmen trifft, und ihre Stellung auch dadurch nicht ändern konnten, daß sie sich an die Kommission gewandt und die erlassene Entscheidung kritisiert haben. Schließlich brauchte die Kommission auch nicht die Folgen zu berücksichtigen, die ihre Entscheidung auf die Lage der Kläger haben konnte.

Unzulässig ist auch die Klage einer Vereinigung solcher Wirtschaftsteilnehmer gegen die genannte Entscheidung, da sie weder ein eigenes Interesse geltend machen kann, wie es sich aus der Position einer Verhandlungsführerin gegenüber der Kommission ergeben könnte, noch anführen kann, daß sie an Stelle ihrer Mitglieder getreten sei, die selbst eine zulässige Klage hätten erheben können.

3. Die Schadensersatzklage ist ein selbständiger Rechtsbehelf, der im System der Klagemöglichkeiten des Vertrages seine eigene Funktion hat.

Eine Schadensersatzklage ist nur dann mangels Erschöpfung des nationalen Rechtswegs unzulässig, wenn der nationale Rechtsweg den Schutz von Bürgern, die sich durch Handlungen der Gemeinschaftsorgane verletzt glauben, wirksam sicherstellt. Das ist nicht der Fall, wenn der geltend gemachte Rechtsverstoß nicht einer nationalen Stelle, sondern einem Gemeinschaftsorgan zur Last liegt. In einem solchen Fall wäre der Schaden der Gemeinschaft anzulasten, so daß ein Ersatz im nationalen Rechtsweg nicht gewährleistet ist, weil der Gemeinschaftsrichter zur Entscheidung über solche Klagen ausschließlich zuständig ist.

4. Die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft für generelle Rechtsnormen namentlich auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik tritt nur bei Verletzung einer höherrangigen, die Bürger schützenden Rechtsnorm ein. Wenn das Organ die Handlung in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen hat, setzt die Haftung der Gemeinschaft weiter voraus, daß eine qualifizierte, nämlich eine offenkundige und schwerwiegende Verletzung vorliegt.

So verhält es sich, wenn Wirtschaftsteilnehmer die Haftung der Gemeinschaft in einem Fall geltend machen, in dem die Kommission auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik aufgrund ihrer Befugnis nach Artikel 10 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 90/425 mit einer an die Mitgliedstaaten gerichteten Entscheidung die Ausfuhr einer Tierart aus bestimmten Mitgliedstaaten verboten oder für solche Ausfuhren Sonderbestimmungen erlassen hat.

Zu den höherrangigen, die Bürger schützenden Rechtsnormen zählen der Grundsatz der Verhältnismässigkeit, das Verbot des Ermessensmißbrauchs, der Grundsatz der Gleichbehandlung, der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Recht auf Anhörung.

5. Weder die Entscheidung 93/128, die Ausfuhren einer Tierart aus bestimmten Mitgliedstaaten verbietet, noch die Entscheidung 93/177, die diese Ausfuhren Sonderbestimmungen unterwirft, lösen die Haftung der Gemeinschaft gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern aus, die in den fraglichen Mitgliedstaaten mit den betroffenen Tierarten handeln oder sie ausführen, da der Erlaß dieser Entscheidungen keine offenkundige und schwerwiegende Verletzung der Grundsätze der Verhältnismässigkeit, der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes darstellt.

Zunächst hat die Kommission in einer Gefahrensituation auf das Auftreten einer gefährlichen Krankheit reagiert, die sich angesichts erheblicher Ausfuhren leicht in andere Mitgliedstaaten verbreiten konnte, so daß die Gefahr bestand, daß bestimmte Mitgliedstaaten einseitige Schutzmaßnahmen treffen würden. Dadurch, daß sie im Interesse des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier zunächst die Entscheidung 93/128, die nur befristet galt, und dann die Entscheidung 93/177 erlassen hat, die die Wiederaufnahme der Ausfuhren gestattete, hat sie den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht offenkundig und schwerwiegend verletzt.

Auch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung kann man der Kommission nicht vorwerfen, da die Lage in den Mitgliedstaaten, deren Ausfuhren unter die fraglichen Entscheidungen fielen, mit der in anderen Mitgliedstaaten nicht vergleichbar war.

Schließlich war ein Vertrauen der in ihrer Tätigkeit behinderten Wirtschaftsteilnehmer darauf, daß die Kommission in einer Lage von der Art, in der sie sich befand, keine Maßnahmen von der Art treffen würde, wie sie sie getroffen hat, nicht geschützt.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 13. Dezember 1995. - Vereniging van Exporteurs in Levende Varkens und andere und Nederlandse Bond van Waaghouders van Levend Vee und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Lebende Schweine - Entscheidungen 93/128/EWG und 93/177/EWG der Kommission zu bestimmten Vorsorgemaßnahmen in den Niederlanden und in Italien bezüglich der vesikulären Schweinekrankheit bzw. über Schutzmaßnahmen hinsichtlich der vesikulären Schweinekrankheit in den Niederlanden und Italien - Nichtigkeitsklage - Schadensersatzklage. - Verbundene Rechtssachen T-481/93 und T-484/93.

Entscheidungsgründe:

Kontext

1 Der vorliegende Rechtsstreit steht im Kontext des Kampfes gegen die Verbreitung der vesikulären Schweinekrankheit in den Mitgliedstaaten. Obwohl diese Krankheit den Tieren nicht gefährlich wird, wird sie in der Gemeinschaft intensiv bekämpft, da sie aus klinischer Sicht einer höchst ansteckenden Krankheit, nämlich der Maul- und Klauenseuche, ähnlich ist, die regelmässig zum Tod der befallenen Tiere führt.

Das einschlägige Recht

2 Die Richtlinie 90/425/EWG des Rates vom 26. Juni 1990 führt ein System veterinärrechtlicher und tierzuechterischer Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit bestimmten lebenden Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt ein (ABl. L 224, S. 29). Unter die Richtlinie 90/425 fallen u. a. lebende Schweine.

3 Mit der Richtlinie 90/425 wird angestrebt, die veterinärrechtlichen Kontrollen an den Binnengrenzen der Gemeinschaft abzuschaffen und sie zum einen durch Kontrollen im Ausfuhrmitgliedstaat, zum anderen durch nichtdiskriminierende Stichproben im Bestimmungsmitgliedstaat zu ersetzen.

4 Die Artikel 8 und 9 der Richtlinie 90/425 beziehen sich auf Maßnahmen, die der Bestimmungs- und der Ausfuhrmitgliedstaat zu treffen haben, wenn die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats bei einer Kontrolle am Bestimmungsort oder während der Beförderung feststellen, daß Erreger einer Krankheit wie der vesikulären Schweinekrankheit vorhanden sind.

5 Artikel 10 der Richtlinie 90/425 bezieht sich auf vorsorgliche und vorbeugende Maßnahmen, die in einem solchen Fall getroffen werden können. Im vorliegenden Fall sind insbesondere die Absätze 3 und 4 von Bedeutung. Artikel 10 Absatz 3 hat folgenden Wortlaut:

"Falls die Kommission nicht über die Maßnahmen informiert wurde oder die getroffenen Maßnahmen für unzureichend hält, so kann sie im Benehmen mit dem betreffenden Mitgliedstaat bis zur Tagung des ständigen Veterinärausschusses gegenüber den Tieren bzw. Erzeugnissen, die aus dem Seuchengebiet oder einem bestimmten Gebiet oder Zentrum bzw. einer bestimmten Einrichtung stammen, vorsorgliche Maßnahmen treffen. Diese Maßnahmen werden so rasch wie möglich dem ständigen Veterinärausschuß unterbreitet, der sie nach dem in Artikel 17 genannten Verfahren bestätigt, ändert oder aufhebt."

6 Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 90/425 lautet wie folgt:

"In allen diesen Fällen prüft die Kommission im ständigen Veterinärausschuß sobald wie möglich die Lage. Sie erlässt nach dem in Artikel 17 genannten Verfahren die notwendigen Maßnahmen für die Tiere... im Sinne des Artikels 1... Sie verfolgt die Entwicklung der Lage und kann nach dem gleichen Verfahren die getroffenen Entscheidungen nach Maßgabe dieser Entwicklung ändern oder aufheben."

7 Nach Artikel 2 der Richtlinie 90/425 ist unter "Betrieb" der landwirtschaftliche Betrieb zu verstehen, in dem die Tiere üblicherweise gehalten oder aufgezogen werden, unter "Zentrum oder Einrichtung" jedes Unternehmen, in dem die aus unter die Richtlinie fallenden Tieren gewonnenen Erzeugnisse gelagert, behandelt oder umgeschlagen werden.

Sachverhalt

8 Am 19. Februar 1993 verständigten die italienischen Stellen die Kommission und die Botschaft der Niederlande in Rom mit Fernkopie davon, daß das veterinärmedizinische Institut Brescia (Italien) den Virus der vesikulären Schweinekrankheit auf zehn Stichproben von Milz und Nieren von Schweinen isoliert habe, die am 22. Januar 1993 aus Oirschot (Niederlande) nach Italien gesandt worden seien. Diese Unterrichtung erfolge, um eine epidemiologische Untersuchung in dem Betrieb zu erleichtern, aus dem die fragliche Sendung stamme.

9 Im Anschluß an den Empfang dieses Schreibens berief die Kommission die tierärztlichen Stellen Italiens und der Niederlande zu einem Treffen, das am 26. Februar 1993 in Brüssel stattfinden sollte. Die italienischen Behörden folgten dieser Einladung nicht. Daher wurden bei dieser Gelegenheit nur die niederländischen Behörden davon informiert, daß die Kommission noch am selben Tage eine Entscheidung erlassen wolle, die die Ausfuhr lebender Schweine aus den Niederlanden nach Italien untersagen sollte. Die niederländischen Behörden ließen wissen, daß sie mit der beabsichtigten Entscheidung nicht einverstanden seien.

10 Noch am Abend des 26. Februar 1993 erließ die Kommission die Entscheidung 93/128/EWG zu bestimmten Vorsorgemaßnahmen in den Niederlanden und in Italien bezueglich der vesikulären Schweinekrankheit (ABl. L 50, S. 29).

11 Nach dem zweiten Bezugsvermerk der Entscheidung 93/128 stützt sich diese auf Artikel 10 Ziffer 3 der Richtlinie 90/425. In den übrigen Begründungserwägungen ist u. a. angegeben, daß im Jahre 1992 Ausbrüche der vesikulären Schweinekrankheit in den Niederlanden und in Italien bekannt gemacht worden seien, daß bei Schweinen, die von den Niederlanden nach Italien verbracht worden seien, das Virus dieser Krankheit isoliert und Antikörper gegen dieses Virus festgestellt worden seien, daß die Krankheit seit 1991 in Italien endemisch sei, daß die Kommission eine Gruppe tierärztlicher Sachverständiger in die Niederlande und nach Italien geschickt habe, um die Situation zu untersuchen, und daß die Möglichkeit bestehe, daß Schweine mit Herkunft in den Niederlanden und in Italien die Bestände der anderen Mitgliedstaaten im Hinblick auf den Handel mit lebenden Tieren gefährdeten.

12 In Artikel 1 des verfügenden Teils der Entscheidung 93/128 heisst es, die Niederlande und Italien "verbringen keine lebenden Schweine aus ihrem Hoheitsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat". Nach Artikel 2 ändern "die Mitgliedstaaten... die auf den Handel gerichteten Maßnahmen ab, um diese in Übereinstimmung mit dieser Entscheidung zu bringen". Nach Artikel 3 gilt "diese Entscheidung... bis zum 1. April 1993". Nach Artikel 4 ist "diese Entscheidung... an die Mitgliedstaaten gerichtet".

13 Am 3. März 1993 richtete die Vereniging van Exporteurs in Levende Varkens (VELV) ein Schreiben an die Kommission, in dem sie die Entscheidung 93/128 für rechtswidrig erklärte und das Organ für entstehende Schäden haftbar machte.

14 Der ständige Veterinärausschuß trat am 4. März 1993 zusammen. Nach dem Vorbringen der Kommission haben sich bei diesem Treffen Vertreter von acht Mitgliedstaaten hinter die Maßnahme der Kommission gestellt.

15 Am 9. März 1993 richtete die Klägerin VELV ein zweites Schreiben an die Kommission, in dem sie u. a. erklärte, die Entscheidung 93/128 sei unverhältnismässig, weil dasselbe Ergebnis auch durch weniger einschneidende Maßnahmen, namentlich Ausfuhrkontrollen, hätte erreicht werden können.

16 Der ständige Veterinärausschuß trat am 10. und 11. März 1993, am 16. und 17. März 1993 und am 22. März 1993 zusammen, um Entscheidungsentwürfe der Kommission zu erörtern, die an Stelle der Ausfuhrverbote treten sollten. Bei seinem Treffen vom 22. März 1993 hat der Ausschuß drei Entscheidungsentwürfe gutgeheissen.

17 Die Kommission erließ die drei Entscheidungen am 26. März 1993. Es handelt sich um die Entscheidung 93/177/EWG über Schutzmaßnahmen hinsichtlich der vesikulären Schweinekrankheit in den Niederlanden und Italien (ABl. L 74, S. 88), die Entscheidung 93/178/EWG mit Schutzmaßnahmen hinsichtlich der vesikulären Schweinekrankheit (ABl. L 74, S. 91), und die Entscheidung 93/179/EWG zur Aufhebung der Entscheidung 93/128 (ABl. L 74, S. 93).

18 Die Entscheidung 93/177 ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Sie regelt eine Reihe von Voraussetzungen, die bei der Beförderung lebender Schweine aus Italien und den Niederlanden in andere Mitgliedstaaten zu beachten sind, sowie Kriterien für die Sammelstellen. Die niederländische Fassung des zweiten Bezugsvermerks der Entscheidung besagt, daß diese auf Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425 gestützt sei, während die anderen Sprachfassungen dieses Bezugsvermerks besagen, daß die Entscheidung auf Artikel 10 Absatz 4 dieser Richtlinie gestützt sei.

19 Mit Entscheidung 93/243/EWG vom 30. April 1993 zur Änderung der Entscheidung 93/177 (ABl. L 110, S. 41) hat die Kommission die Geltung bestimmter Maßnahmen der Entscheidung 93/177 mit sofortiger Wirkung, die anderer Maßnahmen der Entscheidung 93/177 mit Wirkung ab 6. Mai 1993 aufgehoben.

Verfahren

20 Mit Klageschrift, die am 10. Mai 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, haben die Kläger, nämlich die VEVL und der Nederlandse Bond van Waaghouders van Levend Vee (NBWLV) sowie die Mitglieder dieser Vereinigungen, deren Namen im Anhang aufgeführt sind, gemäß Artikel 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 93/128 sowie gemäß Artikel 173 EG-Vertrag Klage auf Ersatz gemäß Artikel 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag der Schäden erhoben, die ihnen aus dieser Entscheidung entstanden sein sollen.

21 Mit Klageschrift, die am 1. Juni 1993 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, haben die Kläger gemäß Artikel 173 EG-Vertrag Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 93/177 sowie gemäß Artikel 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag Klage auf Ersatz der Schäden erhoben, die ihnen aus dieser Entscheidung entstanden sein sollen.

22 Mit Beschluß vom 27. September 1993 hat der Gerichtshof die Rechtssachen gemäß Artikel 4 des Beschlusses 93/350/Euratom, EGKS, EWG des Rates vom 8. Juni 1993 zur Änderung des Beschlusses 88/591/EGKS, EWG, Euratom zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 144, S. 21) an das Gericht verwiesen. Die Kanzlei des Gerichts hat den beiden Rechtssachen die Aktenzeichen T-481/93 bzw. T-484/93 gegeben.

23 Mit Beschluß vom 29. Mai 1995 hat das Gericht (Dritte Kammer) die beiden Rechtssachen gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

24 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme eröffnet. Die Parteien haben in der Sitzung vom 11. Juli 1995 verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

25 In der Rechtssache T-481/93 beantragen die Kläger,

° die Klage für zulässig zu erklären,

° soweit die Klage zulässig ist, die Entscheidung 93/128 ganz oder teilweise für nichtig zu erklären,

° die Kommission zum vollen Ersatz des Schadens zu verurteilen, den die Kläger aufgrund der mit der Entscheidung 93/128 erlassenen Maßnahmen erlitten haben oder noch erleiden werden und den sie später beziffern werden, zumindest aber zu einer vom Gericht für billig erachteten Entschädigung, zuzueglich der in den Niederlanden geltenden gesetzlichen Zinsen ab

° 3. März 1993 bis zum Tag der vollständigen Zahlung für die VELV und ihre Mitglieder; am 3. März 1993 war die Kommission von dem Anspruch unterrichtet worden;

° vom Tag der Klageerhebung bis zum Tag der vollständigen Zahlung für den NBWLV und seine Mitglieder;

° alle weiteren vom Gericht für billig erachteten Maßnahmen anzuordnen,

° der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

26 Die Kommission beantragt,

° die Nichtigkeitsklage für unzulässig zu erklären oder als unbegründet abzuweisen;

° die Schadensersatzklage als unbegründet abzuweisen;

° die Kläger in die Kosten zu verurteilen.

27 In der Rechtssache T-484/93 beantragen die Kläger,

° die Klage für zulässig zu erklären,

° soweit die Klage zulässig ist, die Entscheidung 93/177 ganz oder teilweise für nichtig zu erklären,

° die Kommission zum vollen Ersatz des Schadens zu verurteilen, den die Kläger aufgrund der mit der Entscheidung 93/177 erlassenen Maßnahmen erlitten haben oder noch erleiden werden und den sie später beziffern werden, zumindest aber zu einer vom Gericht für billig erachteten Entschädigung, zuzueglich der in den Niederlanden geltenden gesetzlichen Zinsen vom Tag der Klageerhebung bis zum Tag der vollständigen Zahlung,

° alle weiteren vom Gericht für billig erachteten Maßnahmen anzuordnen,

° die Kommission in die Kosten zu verurteilen.

28 Die Kommission beantragt,

° die Nichtigkeitsklage für unzulässig zu erklären oder als unbegründet abzuweisen;

° die Schadensersatzklage als unbegründet abzuweisen;

° die Kläger in die Kosten zu verurteilen.

Zulässigkeit

A ° Die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage

Parteivorbringen

29 Die Kläger führen aus, sie seien zwar nicht Adressaten der angefochtenen Entscheidungen, von diesen aber im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag unmittelbar und individuell betroffen, so daß ihre Nichtigkeitsklagen zulässig seien.

30 Sie seien unmittelbar betroffen, weil das mit der Entscheidung 93/128 verhängte Ausfuhrverbot und die mit der Entscheidung 93/177 erlassenen Maßnahmen im Sinne des Urteils des Gerichtshofes vom 1. Juli 1965 in den Rechtssachen 106/63 und 109/63 (Töpfer/Kommission, Slg. 1965, 548, 556) unmittelbar anwendbar gewesen seien.

31 Individüll betroffen seien sie aus drei Gründen.

32 Zunächst seien sie im Zeitpunkt der Entscheidungen der Zahl und der Person nach feststellbar gewesen, was nach dem Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Töpfer zum individuellen Betroffensein ausreiche.

33 Ausserdem seien sie am Verfahren zum Erlaß der streitigen Entscheidungen beteiligt gewesen. Sie geben an, was bei diesem Verfahren ihre Rolle gewesen sei oder ihres Erachtens hätte sein müssen.

34 Hinsichtlich der Entscheidung 93/128 stützen sie sich weiter auf das Urteil des Gerichtshofes vom 21. November 1991 in der Rechtssache C-269/90 (Technische Universität München, Slg. 1991, I-5469, Randnr. 14). Die Kommission habe sich zu Unrecht geweigert, den klägerischen Standpunkt vor Erlaß der Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen. Die Kläger müssten deshalb die Möglichkeit haben, die Gültigkeit dieser Entscheidung durch Klage gerichtlich überprüfen zu lassen.

35 Hinsichtlich der Entscheidung 93/177 stützen sich die Kläger auf das Urteil des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84 (Cofaz u. a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnr. 25). Sobald die Kommission die Entscheidung 93/128 erlassen habe, hätten sie Beschwerden gegen diese Entscheidung erhoben und die Kommission wiederholt gebeten, konkrete Ersatzmaßnahmen zu ergreifen. Damit hätten sie im Rahmen des Erlasses der Entscheidung 93/177 eine aktive Rolle gespielt.

36 Schließlich machen die Kläger in ihrer Erwiderung geltend, die streitigen Entscheidungen hätten ebenso wie im Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985 in der Rechtssache 11/82 (Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207, Randnrn. 19 und 31) die Durchführung von Beschaffungs- und Lieferverträgen ganz oder teilweise unmöglich gemacht, die sie vor Erlaß der Entscheidungen abgeschlossen hätten. Hierzu könnten sie nähere Angaben machen.

37 Die beiden klägerischen Vereinigungen seien ebenfalls von den streitigen Entscheidungen unmittelbar und individuell betroffen, da sie im Interesse ihrer Mitglieder Verhandlungen geführt hätten; so habe es sich auch im Falle der Landbouwschap im Urteil des Gerichtshofes vom 2. Februar 1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85 (Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, Randnrn. 17 bis 25, insbesondere Randnr. 21) verhalten. Im übrigen ergebe sich aus dem Urteil Technische Universität München, daß der schlichte Umstand, daß die Kommission die Ansicht dieser Vereinigungen nicht habe zur Kenntnis nehmen wollen, der Anwendung des im Urteil Van der Kooy/Kommission anerkannten Grundsatzes nicht entgegenstehe.

38 Die Kommission bringt vor, die angefochtenen Entscheidungen hätten allgemeine Geltung, so daß die Kläger aufgrund ihrer objektiven Eigenschaften als Exporteure und Wirtschaftsteilnehmer ebenso wie jeder andere Wirtschaftsteilnehmer betroffen seien, der sich aktuell oder potentiell in derselben Situation befinde (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 231/82, Spijker/Kommission, Slg.1983, 2559, Randnr. 9, und Beschluß vom 21. Juni 1993 in der Rechtssache C-257/93, Van Parijs u. a./Rat und Kommission, Slg. 1993, I-3335, Randnr. 12). Die Entscheidungen beträfen daher die Kläger nicht individuell; die Nichtigkeitsklagen seien unzulässig.

39 Daß es sich bei den angefochtenen Handlungen um Entscheidungen, nicht aber um Verordnungen handele, ändere nichts an ihrer allgemeinen Geltung, da nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 11. Juli 1968 in der Rechtssache 6/68 (Zuckerfabrik Watenstedt/Rat, Slg. 1968, 612, 621) die Form einer Handlung ohne Einfluß auf ihre Rechtsnatur sei. Im übrigen ergebe sich die allgemeine Geltung der angefochtenen Entscheidungen auch aus dem Umstand, daß sie an alle Mitgliedstaaten, nicht nur an die Niederlande und Italien gerichtet seien.

40 Weiter ergebe sich aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 18. Januar 1979 in den Rechtssachen 103/78 bis 109/78 (Usines de Beauport/Rat, Slg. 1979, 17, Randnrn. 15 und 16), daß territoriale Grenzen des Anwendungsbereichs einer Gemeinschaftshandlung an deren Normcharakter nichts änderten. Die allgemeine Geltung einer Handlung werde nach dem Urteil Zuckerfabrik Watenstedt/Rat (S. 621) auch durch die Begrenzung ihrer zeitlichen Anwendbarkeit nicht beeinträchtigt.

41 Die Kläger hätten vorgetragen, bei Erlaß der Entscheidungen seien sie bereits der Zahl und dem Namen nach bekannt gewesen. Aus dem Urteil des Gerichtshofes vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97/86, 193/86, 99/86 und 215/86 (Asteris u. a. und Griechenland/Kommission, Slg. 1988, 2181, Randnr. 13) ergebe sich jedoch, daß die allgemeine Geltung und folglich der Verordnungscharakter einer Handlung nicht dadurch beeinträchtigt würden, daß die Zahl oder selbst die Identität der Bürger festgestellt werden könnten, auf die sie in einem bestimmten Zeitpunkt angewandt werde, soweit diese Anwendung aufgrund einer objektiven Rechtslage oder eines von der Handlung im Zusammenhang mit ihrem Zweck definierten Sachverhalts geschehe.

42 Die Kläger beriefen sich zu Unrecht auf das Urteil Cofaz u. a./Kommission, weil diese Rechtssache das Feld der staatlichen Beihilfen betreffe, auf dem den Bürgern anders als im vorliegenden Fall bestimmte Rechte ausdrücklich gewährleistet würden.

43 Zum Urteil Piraiki-Pitraiki u. a./Kommission sei zu sagen, daß der angebliche Abschluß von Lieferverträgen durch die Kläger vor Erlaß der streitigen Entscheidungen keinen Einfluß auf deren Klassifizierung habe, weil das Interesse am Gesundheitsschutz der Schweine sofort anwendbare Maßnahmen erfordert habe.

44 Zumindest die Vereinigungen unter den Klägern seien nicht unmittelbar und individuell betroffen. Diese Vereinigungen befänden sich nicht in derselben Lage wie die Landbouwschap in der Rechtssache Van der Kooy u. a./Kommission, so daß diejenige Rechtsprechung des Gerichtshofes Anwendung finde, nach der Klagen von Vereinigungen unter Umständen, wie sie hier vorlägen, unzulässig seien (Beschluß des Gerichtshofes vom 11. Juli 1979 in der Rechtssache 60/79, Fédération nationale des producteurs de vins de table et vins de pays/Kommission, Slg. 1979, 2429, 2432).

45 Schließlich seien die Nichtigkeitsklagen aus dem schlichten Grund unzulässig, daß die Kläger kein Rechtsschutzinteresse mehr hätten. Die Entscheidung 93/128 sei bereits vor Erhebung der Klage in der Rechtssache T-481/93 mit der Entscheidung 93/179 aufgehoben worden, die Entscheidung 93/177 sei vor Erhebung der Klage in der Rechtssache T-484/93 grösstenteils, insbesondere hinsichtlich der von den Klägern beanstandeten Punkte, durch die Entscheidung 93/243 aufgehoben worden.

Rechtliche Würdigung

Die Klagebefugnis

46 Die Aufhebung der streitigen Entscheidungen durch die Kommission kann ihrer Nichtigerklärung durch das Gericht nicht gleichgeachtet werden, da durch die Aufhebung die Rechtswidrigkeit nicht anerkannt wird. Ausserdem wirkt die Aufhebung von Entscheidungen nur ex nunc, während eine Nichtigerklärung ex tunc wirken würde; nur im letzteren Fall werden Entscheidungen im Sinne des Artikels 174 EG-Vertrag als nichtig angesehen.

47 Wird eine Handlung für nichtig erklärt, so hat das Organ, dem das Handeln zur Last fällt, gemäß Artikel 176 EG-Vertrag die sich aus dem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Dabei handelt es sich namentlich um die Beseitigung der Wirkungen der im Nichtigkeitsurteil festgestellten Rechtsverstösse. Das Organ kann daher veranlasst sein, den Kläger in angemessener Weise wieder in einen früheren Stand zu versetzen oder dafür zu sorgen, daß keine identische Handlung erlassen wird (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. September 1995 in den Rechtssachen T-480/93 und T-483/93, Antillean Rice Mills u. a./Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 59 und 60, mit weiteren Nachweisen).

48 Nach alledem kann die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen als solche Rechtswirkungen haben, so daß die Kläger ihr Interesse an der Nichtigerklärung dieser Entscheidungen bewahrt haben. Das Vorbringen der Kommission, die Nichtigkeitsklagen seien mangels Interesses der Kläger daran, die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen zu erreichen, ist daher zurückzuweisen.

Die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklagen derjenigen Kläger, die nicht Vereinigung sind

49 Nach Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag (nunmehr Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag) kann "jede natürliche oder juristische Person... gegen die... Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen".

50 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts kann selbst eine Norm, die auf alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer Anwendung findet, unter bestimmten Umständen einige Wirtschaftsteilnehmer individuell betreffen (Urteile des Gerichtshofes vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnrn. 13 und 14, und vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, I-1853, Randnr. 19; Beschluß des Gerichts vom 11. Januar 1995 in der Rechtssache T-116/94, Cassa nazionale di previdenza ed assistenza a favore degli avvocati e procuratori/Rat, Slg. 1995, II-1, Randnr. 26). In einem solchen Fall kann eine Gemeinschaftshandlung also gleichzeitig eine generelle Norm und in bezug auf bestimmte betroffene Wirtschaftsteilnehmer eine Entscheidung sein.

51 Eine natürliche oder juristische Person ist jedoch nur dann individuell betroffen, wenn die streitige Vorschrift sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213, 239, und Codorniu/Rat, Randnr. 20; Urteil des Gerichts vom 27. April 1995 in der Rechtssache T-12/93, CCE de Vittel u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1247, Randnr. 36).

52 Somit ist zu prüfen, ob diejenigen Kläger, die nicht Vereinigung sind, von den angefochtenen Entscheidungen wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer heraushebender Umstände berührt werden.

53 Die Kläger bringen hierzu zunächst vor, ihre Zahl und ihre Identität seien bereits bei Erlaß der angefochtenen Entscheidungen bekanntgewesen. Selbst wenn dieses Vorbringen zuträfe, so genügt doch der Umstand, daß die Bürger, auf die eine Maßnahme Anwendung findet, der Zahl oder selbst ihrer Identität nach mehr oder weniger genau bestimmt werden können, in sich noch nicht für den Nachweis, daß diese Bürger durch diese Maßnahme individuell betroffen sind (vgl. zuletzt Beschluß des Gerichts vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache T-183/94, Cantina cooperativa fra produttori vitivinicoli di Torre di Mosto u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1941, Randnr. 48, mit weiteren Nachweisen).

54 Die Kläger stützen sich weiter auf ihre angebliche Beteiligung an der Ausarbeitung der angefochtenen Entscheidungen.

55 Das einschlägige Recht, namentlich die Richtlinie 90/425, enthält keine Bestimmung, die die Kommission verpflichtete, vor Erlaß einer Entscheidung auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 3 oder 4 der Richtlinie ein Verfahren durchzuführen, in dessen Rahmen Mitglieder der Gruppe, der die Kläger angehören, ein Anhörungsrecht hätten.

56 Aus der Rechtsprechung und insbesondere aus dem Urteil Technische Universität München ergibt sich im übrigen keine Pflicht der Kommission, selbst ohne eine entsprechende ausdrückliche Bestimmung die Kläger zu hören. In der Rechtssache Technische Universität München hatte der Gerichtshof über die Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission zu befinden, nach der ein Mikroskop, wie es die Technische Universität München gekauft hatte, nicht zollfrei in die Gemeinschaft importiert werden konnte, weil Apparate mit einem gleichen wissenschaftlichen Wert in der Gemeinschaft hergestellt würden, die denselben Zwecken dienen könnten. In seinem Urteil führt der Gerichtshof aus, die Universität kenne die Charakteristika, die das Gerät im Hinblick auf die beabsichtigten Arbeiten erfuellen müsse, am besten. Daher habe die Universität selbst ohne eine ausdrückliche entsprechende Bestimmung ein Recht darauf, im Verwaltungsverfahren vor der Kommission gehört zu werden.

57 Die besonderen Umstände, die der Rechtssache Technische Universität München zugrunde lagen, fehlen im vorliegenden Fall, so daß die Entscheidung des Gerichtshofes in jener Rechtssache, der das Gericht im Urteil vom 9. November 1995 in der Rechtssache T-346/94 (France-aviation/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 36) gefolgt ist, hier nicht einschlägig ist. Anders als in der Rechtssache Technische Universität München hat die Kommission im vorliegenden Rechtsstreit die angefochtenen Entscheidungen nicht erlassen, um eine Frage zu beantworten, die faktisch einen einzigen, genau bestimmten Wirtschaftsteilnehmer betraf. Zudem handelt es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Sachgestaltung, in der die Charakteristika der fraglichen Materie den Klägern per definitionem am besten bekannt sind.

58 Im übrigen wäre eine Verpflichtung der Kommission, vor Erlaß einer Entscheidung der hier angefochtenen Art die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer wie die Kläger zu hören, mit dem Ziel der Richtlinie 90/425, nämlich dem Schutz der Gesundheit von Tier und Mensch, und mit dem Wesen der Schutzmaßnahmen kaum vereinbar, die in Dringlichkeitsfällen ergriffen werden und deshalb schnell müssen erlassen werden können.

59 Schließlich wird ein Bürger nicht bereits dadurch individualisiert, daß er in beliebiger Weise in das Verfahren, das zum Erlaß einer Gemeinschaftshandlung führt, eingreift, namentlich, indem er an das zuständige Gemeinschaftsorgan Briefe schickt, die eine bereits erlassene Handlung kritisieren und das spätere Vorgehen beeinflussen sollen (vgl. auch Beschluß des Gerichts vom 9. August 1995 in der Rechtssache T-585/93, Greenpeace/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 56).

60 Das Vorbringen, das die Kläger auf ihre angebliche Beteiligung im Verfahren stützen, das zum Erlaß der streitigen Entscheidungen geführt hat, ist somit zurückzuweisen.

61 Schließlich berufen sich die Kläger an dritter Stelle noch auf das Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission. In der Rechtsprechung steht nunmehr fest, daß bestimmte Bürger individualisiert sind, wenn die Kommission aufgrund besonderer Bestimmungen verpflichtet ist, die Konsequenzen zu berücksichtigen, die eine beabsichtigte Handlung auf die Lage dieser Bürger hat (vgl. neben dem Urteil Piraiki-Patraiki u. a./Kommission das Urteil des Gerichtshofes vom 26. Juni 1990 in der Rechtssache C-152/88, Sofrimport/Kommission, Slg. 1990, I-2477, Randnr. 11; das Urteil Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Randnr. 67).

62 Im vorliegenden Fall enthält das Gemeinschaftsrecht, namentlich die Richtlinie 90/425, jedoch keine Bestimmung, die die Kommission verpflichtete, beim Erlaß einer Entscheidung von der Art der angefochtenen Entscheidungen die Konsequenzen zu berücksichtigen, die diese für bestimmte Bürger wie die Kläger haben kann. Auch dieses Vorbringen ist somit zurückzuweisen.

63 Diejenigen Kläger, die nicht Vereinigung sind, haben somit nicht dargetan, daß sie von den angefochtenen Entscheidungen wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Wirtschaftsteilnehmer heraushebenden Umstände berührt sind. Sie sind somit von den angefochtenen Entscheidungen nicht individuell betroffen. Die von ihnen erhobenen Nichtigkeitsklagen sind somit unzulässig, ohne daß die Frage der unmittelbaren Betroffenheit der Kläger durch die angefochtenen Entscheidungen geprüft werden müsste.

Die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklagen der Vereinigungen unter den Klägern

64 Nach der Rechtsprechung ist die Nichtigkeitsklage einer Vereinigung, die nicht deren Adressat ist, in zwei Fällen zulässig. Im ersten Fall hat die Vereinigung ein eigenes Klageinteresse, namentlich weil ihre Position als Verhandlungsführerin durch die angefochtene Handlung berührt wurde (vgl. z. B. Urteil Van der Kooy u. a./Kommission, Randnr. 17 bis 25). Im zweiten Fall tritt die Vereinigung mit der Klageerhebung an die Stelle eines oder mehrerer Mitglieder, die sie vertritt, wobei diese Mitglieder selbst eine zulässige Klage müssen erheben können (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T-447/93, T-448/93 und T-449/93, AITEC u. a./Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 60).

65 Im vorliegenden Fall haben die klägerischen Vereinigungen mit nichts belegt, daß sie ein eigenes Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidungen hätten. Insbesondere haben sie nicht dargetan, daß sie in einer Position als Verhandlungsführerin betroffen wären. Weiter sind die Nichtigkeitsklagen der Kläger, die nicht Vereinigung sind, unzulässig (vgl. Randnrn. 49 bis 63). Somit können die Nichtigkeitsklagen der klägerischen Vereinigungen nicht mit der Begründung als zulässig angesehen werden, daß sie anstelle einiger ihrer Mitglieder geklagt hätten. Ihre Klagen sind somit unzulässig.

66 Nach alledem sind sämtliche Nichtigkeitsklagen unzulässig und damit abzuweisen.

B ° Die Zulässigkeit der Schadensersatzklagen

Parteivorbringen

67 Die Kläger bringen vor, nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 26. Februar 1986 in der Rechtssache 175/84 (Krohn/Kommission, Slg. 1986, 753, Randnr. 26) seien ihre auf die Artikel 178 und 215 EG-Vertrag gestützten Schadensersatzklagen unabhängig von der Zulässigkeit ihrer Nichtigkeitsklagen zulässig. In bestimmten Fällen sei zwar die Zulässigkeit einer Schadensersatzklage von der Erschöpfung des nationalen Rechtswegs abhängig; diese Ausnahme spiele jedoch im vorliegenden Fall keine Rolle, da die angefochtenen Entscheidungen den Mitgliedstaaten, namentlich den Niederlanden, keine Wahl ließen.

68 Die Kommission bringt vor, die Entscheidungen 93/128 und 93/177 seien von den Niederlanden durch nationale Maßnahmen durchgeführt worden. Aus den klägerischen Schriftsätzen ergebe sich, daß die Kläger vor den nationalen Gerichten Verfahren gegen die niederländischen Stellen eingeleitet hätten. Daher müsse der nationale Rechtsweg erschöpft sein, bevor eine Schadensersatzklage vor dem Gemeinschaftsrichter erhoben werden könne. Zumindest die klägerischen Vereinigungen könnten in den vorliegenden Rechtssachen kein Rechtsschutzinteresse nachweisen. Ihre Schadensersatzklagen seien somit unzulässig.

Rechtliche Würdigung

Die Zulässigkeit der Schadensersatzklagen derjenigen Kläger, die nicht Vereinigung sind

69 Nach ständiger Rechtsprechung ist die Schadensersatzklage ein selbständiger Rechtsbehelf, der im System der Klagemöglichkeiten des EG-Vertrags seine eigene Funktion hat (vgl. z. B. Urteil Krohn/Kommission, Randnr. 26, und Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache T-489/93, Unifruit Hellas/Kommission, Slg. 1994, II-1201, Randnr. 31). Die Kläger, die nicht Vereinigung sind, haben in ihren Klageschriften hinreichend genau die Gründe dafür dargetan, daß sie die Voraussetzungen für den Ersatz des von ihnen angeblich erlittenen Schadens für erfuellt halten, so daß ihre Klageschriften den Anforderungen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung entsprechen.

70 Die Kommission bringt vor, die Kläger hätten den nationalen Rechtsweg nicht erschöpft. Aus diesem Grund ist eine Schadensersatzklage jedoch nur dann unzulässig, wenn der nationale Rechtsweg den Schutz von Bürgern, die sich durch Handlungen der Gemeinschaftsorgane verletzt glauben, wirksam sicherstellt (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 30. Mai 1989 in der Rechtssache 20/88, Roquette frères/Kommission, Slg. 1989, 1553, Randnr. 15).

71 So verhält es sich im vorliegenden Fall aber nicht, da der im Rahmen der Schadensersatzklage geltend gemachte Rechtsverstoß nicht einer nationalen Stelle, sondern einem Gemeinschaftsorgan zur Last liegt. Der Schaden, den die Durchführung der Gemeinschaftsregelung durch die niederländischen Behörden nach sich ziehen könnte, wäre somit der Gemeinschaft anzulasten (vgl. z. B. Urteil Krohn/Kommission, Randnr. 18 und 19, und Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in der Rechtssache C-104/89 und C-37/90, Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061, Randnr. 9).

72 Da der Gemeinschaftsrichter gemäß Artikel 215 EG-Vertrag zur Entscheidung über Klagen auf Ersatz eines der Gemeinschaft anzulastenden Schadens ausschließlich zuständig ist (Urteile des Gerichtshofes vom 27. September 1988 in den Rechtssachen Asteris u. a./Griechenland und EWG, Slg. 1988, 5515, Randnr. 14, und vom 13. März 1992 in der Rechtssache C-282/90, Vreugdenhil/Kommission, Slg. 1992, I-1937, Randnr. 14), kann den Klägern im nationalen Rechtsweg nicht ohne weiteres ein wirksamer Schutz ihrer Rechte gewährt werden. Das Vorbringen der Kommission zur mangelnden Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs ist daher zurückzuweisen.

73 Im übrigen haben die Kläger in der Sitzung dargelegt, daß das von ihnen gegen die niederländischen Stellen eingeleitete nationale Verfahren bereits beendet sei und auch nicht die Entscheidungen 93/128 und 93/177 betroffen habe, sondern die Art, in der diese Stellen die Entscheidung 93/243 durchgeführt hätten. Somit besteht im vorliegenden Fall zumindest keine Gefahr, daß die Kläger für denselben Schaden zweimal Ersatz erhielten.

74 Aus diesen Gründen sind die Schadensersatzklagen der Kläger, die nicht Vereinigung sind, zulässig.

Die Zulässigkeit der Schadensersatzklagen der Vereinigungen unter den Klägern

75 Nach Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung muß die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Eine Klageschrift, mit der Ersatz des von einem Gemeinschaftsorgan verursachten Schadens begehrt wird, entspricht dem nur, wenn sich aus ihr u. a. entnehmen lässt, welchen Schaden der Kläger erlitten zu haben behauptet und welcher Art und welchen Umfangs dieser Schaden ist. Im übrigen zählt die Beachtung des Artikels 44 § 1 Buchstabe c zu den Prozeßvoraussetzungen, deren Vorliegen das Gericht gemäß Artikel 113 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen kann (Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1990 in der Rechtssache T-64/89, Automec/Kommission, Slg. 1990, II-367, Randnrn. 73 und 74).

76 Die klägerischen Vereinigungen haben in den beiden Klageschriften nichts dargetan, was den Schaden beträfe, den sie aufgrund der angefochtenen Entscheidungen erlitten hätten; alle Angaben und Daten betreffen den Schaden der anderen Kläger.

77 Die klägerischen Vereinigungen haben ausserdem weder dargetan noch auch nur behauptet, daß sie einen ihnen von anderen Personen abgetretenen Schadensersatzanspruch geltend machen würden (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 4. Oktober 1979 in der Rechtssache 238/78, Ireks-Arkady/Rat und Kommission, Slg. 1979, 2955, Randnr. 5).

78 Die Schadensersatzklagen der klägerischen Vereinigungen sind somit unzulässig.

Die Begründetheit der Schadensersatzklagen der Kläger, die nicht Vereinigung sind

A ° Vorbemerkungen

79 Nach Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag ersetzt die Gemeinschaft im Bereich der ausservertraglichen Haftung den durch ihre Organe in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

80 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts ist Voraussetzung für die ausservertragliche Haftung der Gemeinschaft, daß ein Tatbestand erfuellt ist, dessen Merkmale die Rechtswidrigkeit des dem Gemeinschaftsorgan zur Last gelegten Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden sind (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 197/80 bis 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle/Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18; Urteil des Gerichts vom 18. September 1995 in der Rechtssache T-168/94, Blackspur u. a./Rat und Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38).

81 Zum ersten Tatbestandsmerkmal des rechtswidrigen Verhaltens hat der Gerichtshof ausgeführt, die Gemeinschaft hafte für generelle Rechtsnormen namentlich auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik nur bei Verletzung einer höherrangigen, die Bürger schützenden Rechtsnorm. Wenn das Organ die Handlung in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen hat, setzt die Haftung der Gemeinschaft weiter voraus, daß eine qualifizierte, nämlich eine offenkundige und schwerwiegende Verletzung vorliegt (vgl. z. B. Urteile des Gerichtshofes vom 2. Dezember 1971 in der Rechtssache 5/71, Schöppenstedt/Rat, Slg. 1971, 975, Randnr. 11, und vom 25. Mai 1978 in den Rechtssachen 83/76 und 94/76, 4/77, 15/77 und 40/77, HNL u. a./Rat und Kommission, Slg. 1978, 1209, Randnr. 6).

82 Zu prüfen ist somit zunächst, ob es sich bei den angefochtenen Entscheidungen um generelle Normen handelt, und bejahendenfalls, ob die Kommission die Entscheidungen in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen hat.

B ° Die angefochtenen Entscheidungen als generelle Normen

Parteivorbringen

83 Nach Auffassung der Kommission sind die angefochtenen Entscheidungen generelle Normen. Sie hätten insbesondere allgemeine Geltung, seien auf objektiv umschriebene Sachverhalte anwendbar und erzeugten Rechtswirkungen für allgemeine, abstrakt definierte Personengruppen.

84 Die Kläger halten dem entgegen, im vorliegenden Fall gehe es nicht um Verordnungen oder Richtlinien, die nach Artikel 189 EG-Vertrag generelle Normen seien, sondern um individuelle Entscheidungen. Die Entscheidungen hätten daher keine allgemeine Geltung, sondern seien nur an zwei individuell bezeichnete Adressaten, nämlich die Niederlande und Italien, gerichtet. Ausserdem fänden die Entscheidungen nicht auf objektiv umschriebene Sachverhalte Anwendung, da sie keinerlei Sachverhalt umschrieben, sondern nur den beiden Adressaten konkrete Verpflichtungen auferlegten.

85 Die verbindlichen Rechtswirkungen, die die Entscheidungen ihnen gegenüber erzeugten, folgten nicht aus diesen selbst, sondern aus den Durchführungsmaßnahmen der niederländischen Behörden, namentlich aus dem Umstand, daß diese Behörden die Ausstellung der erforderlichen Ausfuhrzertifikate verweigert hätten. Daß es solche Durchführungsmaßnahmen gebe, berühre im übrigen die Zulässigkeit der Schadensersatzklage nicht, da die Entscheidungen den niederländischen Behörden keinen Handlungsspielraum gelassen hätten.

Rechtliche Würdigung

86 Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich das Wesen einer Handlung nicht aus ihrer äusseren Form, sondern aus ihrer allgemeinen Geltung oder deren Fehlen (vgl. z. B. Urteil Zuckerfabrik Watenstedt/Rat, S. 620), und Urteil des Gerichtshofes vom 5. Mai 1977 in der Rechtssache 101/76, Koninklijke Scholten Honig/Rat und Kommission, Slg. 1977, 797, Randnr. 7 und 9).

87 Nach Artikel 1 der Entscheidung 93/128 verbringen die Niederlande und Italien während der Geltungsdauer der Entscheidung keine lebenden Schweine in einen anderen Mitgliedstaat. In bezug auf diese beiden Mitgliedstaaten zeitigt die Entscheidung die Rechtswirkungen einer Einzelfallentscheidung. In bezug auf die Kläger zeitigt die Entscheidung jedoch die Wirkungen einer Handlung von allgemeiner Geltung ebenso wie etwa eine Verordnung, die den Exporteuren mit Sitz in den Niederlanden und Italien verböte, lebende Schweine in andere Mitgliedstaaten auszuführen. Die Entscheidung 93/128 hat somit in bezug auf den abstrakten Personenkreis, dem die Kläger angehören, allgemeine Geltung und ist somit insoweit eine generelle Norm.

88 Die Entscheidung 93/177 stellt namentlich eine Reihe von Voraussetzungen auf, von deren Erfuellung die Ausfuhr von lebenden Schweinen aus Italien und den Niederlanden in andere Mitgliedstaaten abhängt (vgl. Artikel 1 der Entscheidung). Diese Voraussetzuungen sind allgemein und abstrakt gefasst und zeitigen Rechtswirkungen für Personengruppen, die allgemein und abstrakt umschrieben sind. Die Entscheidung 93 /177 hat somit allgemeine Geltung und ist folglich eine generelle Norm.

C ° Das weite Ermessen der Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidungen

Parteivorbringen

89 Die Kläger bringen vor, die Richtlinie 90/425, insbesondere Artikel 10 Absatz 3, lasse der Kommission bei der Ausübung ihrer Befugnisse kein weites Ermessen. Die Kommission habe die angefochtenen Entscheidungen somit nicht in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen.

90 Die Kommission trägt vor, sie habe die angefochtenen Entscheidungen in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen. Der normative Kontext der Richtlinie 90/425, der ihr ein solches Ermessen belasse, erfasse auch die Entscheidungen, die in Ausführung ihrer Bestimmungen getroffen wurden.

Rechtliche Würdigung

91 Die streitigen Entscheidungen gehören zur gemeinsamen Agrarpolitik, wie sich zum einen aus der Bezugnahme auf Artikel 43 EWG-Vertrag in der Richtlinie 90/425, auf deren Grundlage die streitigen Entscheidungen getroffen wurden, und zum anderen aus deren Inhalt ergibt. Auf diesem Gebiet verfügen die Gemeinschaftsorgane angesichts der ihnen vom EG-Vertrag übertragenen Aufgaben regelmässig über ein weites Ermessen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 11. März 1987 in der Rechtssache 27/85, Vandemoortele/Kommission, Slg. 1987, 1129, Randnr. 31).

92 Namentlich die Entscheidung 93/128 wurde auf der Grundlage des Artikels 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425 erlassen. Nach diesem Artikel kann die Kommission, falls sie "nicht über die Maßnahmen informiert wurde oder die getroffenen Maßnahmen für unzureichend hält,... vorsorgliche Maßnahmen treffen". Die Wörter "hält" und insbesondere "kann" lassen klar erkennen, daß die Kommission beim Erlaß einer Entscheidung auf der Grundlage dieses Artikels über ein weites Ermessen verfügt.

93 Die Entscheidung 93/177 wurde auf der Grundlage des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 90/425 erlassen. Zwar heisst es in der niederländischen Fassung des zweiten Bezugsvermerks der Entscheidung, sie werde auf Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie gestützt. Aus sämtlichen anderen Sprachfassungen wie aus der Bezugnahme auf die Anhörung des Ständigen Veterinärausschusses in der Entscheidung ergibt sich jedoch klar, daß in der niederländischen Fassung ein Druckfehler vorliegt und die Entscheidung in Wirklichkeit auf der Grundlage von Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 90/425 erlassen wurde.

94 Nach Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 90/425 erlässt die Kommission "nach dem in Artikel 17 genannten Verfahren die notwendigen Maßnahmen". Dieses Verfahren sieht vor, daß der Ständige Veterinärausschuß zu den von der Kommission beabsichtigten Maßnahmen Stellung nimmt. Die Kommission kann die Maßnahmen nur erlassen, wenn die Stellungnahme des Ausschusses positiv ist; anderenfalls muß sie die Maßnahmen dem Rat vorlegen.

95 Das Verfahren des Artikels 17 der Richtlinie 90/425 beschränkt das Ermessen der Kommission in gewisser Weise, wenn sie Maßnahmen auf der Grundlage des Artikels 10 Absatz 4 erlassen möchte. Da jedoch insbesondere das Initiativrecht bei der Kommission liegt, da sie an erster Stelle Inhalt und Wesen der Maßnahmen bestimmen kann und da Artikel 10 Absatz 4 die Ausübung des Ermessens der Kommission keinen weiteren Bedingungen unterwirft, verfügt diese auch beim Erlaß einer Entscheidung auf der Grundlage dieses Artikels über ein weites Ermessen.

96 Nach alledem sind die angefochtenen Entscheidungen in bezug auf die Kläger generelle Normen, die die Kommission in Ausübung eines weiten Ermessens erlassen hat. Voraussetzung der Haftung der Gemeinschaft für den Schaden, den die Kläger aufgrund der angefochtenen Entscheidungen erlitten haben wollen, ist somit, daß die Kommission eine höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnorm offenkundig und schwerwiegend verletzt hat.

97 Damit ist zunächst zu prüfen, welche der Normen, deren Verletzung durch die Kommission die Kläger rügen, höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnormen sind. Anschließend ist zu prüfen, ob die Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidungen eine oder mehrere dieser Normen offenkundig und schwerwiegend verletzt hat.

D ° Die höherrangigen, die Bürger schützenden Rechtsnormen

Vorbemerkungen

98 Die Kläger wollen die Rechtswidrigkeit der betroffenen Entscheidungen mit sechs Gründen dartun, die in den beiden Rechtssachen identisch sind. Der erste Klagegrund ist ein Verstoß gegen Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425, der zweite ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, der dritte ein Ermessensmißbrauch, der vierte ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, der fünfte ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und der sechste ein Verstoß gegen das Anhörungsrecht. In der Rechtssache T-484/93 machen die Kläger als siebten Grund einen Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag geltend.

Parteivorbringen

99 In ihren Schriftsätzen erörtern die Parteien namentlich die Frage, ob Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425 eine höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnorm darstellt.

100 Nach Auffassung der Kläger gewährt diese Bestimmung den Bürgern Rechte. Sie berufen sich insoweit auf das Urteil Sofrimport/Kommission (Randnr. 26).

101 Nach Auffassung der Kommission enthält Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425 keine Garantien, die den Schutz der Bürger bezweckten; vielmehr enthalte er eine Verteilung der Zuständigkeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft. Nach dem Urteil Vreugdenhil/Kommission (Randnrn. 20 und 21) gehöre eine solche Kompetenzvorschrift nicht zu den höherrangigen Rechtsnormen; ihre Verletzung könne somit im vorliegenden Fall keine Haftung der Gemeinschaft zur Folge haben.

Rechtliche Würdigung

102 Die folgenden Klagegründe beziehen sich alle auf die Verletzung einer höherrangigen, die Bürger schützenden Rechtsnorm:

° Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 13. November 1973 in den Rechtssachen 63/72 bis 69/72, Werhahn u. a./Rat, Slg. 1973, 1229, Randnr. 14 bis 28, insbesondere Randnr. 18; Urteil Unifruit Hellas/Kommission, Randnr. 42);

° Ermessensmißbrauch (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 6. Juni 1990 in der Rechtssache C-119/88, ÄRPO u. a./Kommission, Slg. 1990, I-2189, Randnr. 19; Urteil Unifruit Hellas/Kommission, Randnr. 40);

° Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 4. Oktober 1979 in den Rechtssachen 64/76 und 113/76, 167/78 und 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Dumortier frères u. a./Rat, Slg. 1979, 3091, Randnr. 11; Urteil des Gerichts vom 27. Juni 1991 in der Rechtssache T-120/89, Stahlwerke Peine-Salzgitter/Kommission, Slg. 1991, II-279, Randnr. 92);

° Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes (vgl. z. B. Urteile Mulder u. a./Rat und Kommission, Randnr. 15; Unifruit Hellas/Kommission, Randnr. 42);

° Verstoß gegen das Recht auf Anhörung (vgl. hierzu Urteil des Gerichtshofes vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, I-2885, Randnrn. 39 und 40).

103 Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425 kann nur insoweit als höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnorm betrachtet werden, als nach ihm vorsorgliche Maßnahmen "gegenüber den Tieren..., die aus dem Seuchengebiet oder einem bestimmten Betrieb oder Zentrum bzw. einer bestimmten Einrichtung stammen", ergriffen werden können. Das ist Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, der Gegenstand einer eigenen Rüge ist (vgl. Randnr. 102).

104 Was schließlich die Rüge betreffend die Begründung der angefochtenen Entscheidungen angeht, so ist die Begründungspflicht nach Artikel 190 EG-Vertrag nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts keine höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnorm (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 15. September 1982 in der Rechtssache 106/81, Kind/EWG, Slg. 1982, 2885, Randnr. 14, und ÄRPO u. a./Kommission, Randnr. 20; Urteil Unifruit Hellas/Kommission, Randnr. 41). Diese Rüge braucht deshalb nicht weiter untersucht zu werden, da sie nicht zur ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft führen kann.

E ° Die Frage, ob der Kommission beim Erlaß der angefochtenen Entscheidungen eine höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnorm offenkundig und schwerwiegend verletzt hat

Die Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit

Parteivorbringen

105 Die Kläger bringen vor, die Entscheidungen 93/128 und 93/177 seien unter Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit erlassen worden, wie er sich aus den Artikeln 30 bis 36 EG-Vertrag ergebe und von der Rechtsprechung anerkannt sei (Urteil des Gerichtshofes vom 18. September 1986 in der Rechtssache 116/82, Kommission/Deutschland, Slg. 1986, 2519, Randnr. 21). Die Entscheidungen seien namentlich nicht erforderlich; ausserdem seien sie nicht die mildesten Mittel für die Erreichung des verfolgten Ziels.

106 Sie seien nicht erforderlich, weil die Kommission nicht dargelegt, ja nicht einmal plausibel gemacht habe, daß Maßnahmen hätten erlassen werden müssen, die auf das gesamte Gebiet der Niederlande anwendbar gewesen seien. Nach Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie 90/425 könnten vorsorgliche Maßnahmen namentlich nur für das Seuchengebiet getroffen werden. Die lebenden Schweine, bei denen der Virus festgestellt worden sei, stammten vom Sammelplatz in Oirschot; es gebe keinen Grund zu der Annahme, daß das gesamte Gebiet der Niederlande Seuchengebiet sei.

107 Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit sei nicht erfuellt, da nicht festgestellt sei, daß die Krankheit in den Niederlanden irgendwie aufgetreten sei. Die Inkubationszeit der Krankheit betrage nur wenige Tage; möglicherweise sei daher die Ansteckung in Italien während der zwei oder drei Tage erfolgt, während derer die Schweine in Nola (Italien) auf den Schlachttag warteten. Vor Erlaß der angefochtenen Entscheidungen habe die Kommission die Quelle der Ansteckung nicht festzustellen versucht.

108 Die angefochtenen Entscheidungen seien auch deshalb nicht erforderlich gewesen, weil die Möglichkeit des Erlasses nationaler Maßnahmen nicht ausgeschöpft gewesen sei. Schließlich ergebe sich das Fehlen der Erforderlichkeit aus der Entstehungsgeschichte der angefochtenen Entscheidungen: Schon der Umstand, daß die Entscheidung 93/128 durch die Entscheidung 93/177 ersetzt worden sei, die ihrerseits wenigstens zum grossen Teil mit der Entscheidung 93/243 aufgehoben worden sei, zeige, daß der Erlaß dieser Entscheidungen nicht erforderlich gewesen sei.

109 Hilfsweise sei anzumerken, daß die mit Handlungen der Gemeinschaftsorgane verhängten Beschränkungen nach der Rechtsprechung (vgl. insbesondere Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 21) nicht über das hinausgehen dürften, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich sei. Selbst wenn die angefochtenen Entscheidungen, wie nicht, erforderlich gewesen wären, so erfuellten sie doch zumindest diese Voraussetzung nicht. Somit habe die Kommission mit dem Erlaß dieser Entscheidungen gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstossen.

110 Die Kommission räumt ein, daß eine auf Artikel 10 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 90/425 gestützte Maßnahme verhältnismässig, also erforderlich und nicht übermässig sein müsse. Die im vorliegenden Fall angefochtenen Entscheidungen entsprächen diesen beiden Voraussetzungen.

111 In der gemeinsamen Agrarpolitik verfüge die Gemeinschaft über ein weites Ermessen, das nicht nur für Art und Umfang der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in gewissem Masse auch für die Feststellung des Sachverhalts gelte (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in der Rechtssache 138/79, Roquette frères/Rat, Slg. 1980, 3333, Randnr. 25).

112 Die Entscheidung 93/128 sei erforderlich gewesen, weil sie auf das Schreiben der italienischen Stellen vom 19. Februar 1993 hin ergangen sei. Dieses Schreiben habe den Schluß erlaubt, daß die Ansteckung entweder in den Niederlanden (in einem oder mehreren Betrieben oder am Sammelplatz Oirschot) oder im Beförderungsmittel oder in Italien (im Schlachthof von Nola) erfolgt sei.

113 Im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidungen habe die Kommission angesichts der negativen Vorgeschichte sowohl in den Niederlanden wie in Italien auf dem Gebiet der Bekämpfung der Krankheit allen Grund gehabt, extrem wachsam zu sein. In den Niederlanden habe die Krankheit 1992 fünf Monate lang grassiert, in Italien sei sie endemisch.

114 Ausserdem habe angesichts der grossen Zahl lebender Schweine, die von den Niederlanden in andere Mitgliedstaaten exportiert worden seien, die erhebliche Gefahr bestanden, daß die Krankheit sich in den anderen Mitgliedstaaten verbreite, wenn sie wirklich in den Niederlanden vorliege; das habe eine schnelle Reaktion erforderlich gemacht. Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit hätten die Ergebnisse eingehenderer Untersuchungen nicht abgewartet werden können; die Kommission habe daher auf der Grundlage von Vermutungen handeln müssen.

115 Die Entscheidung 93/128 sei somit erforderlich gewesen.

116 Auch die Entscheidung 93/177, die die Entscheidung 93/128 ersetzt habe, sei erforderlich gewesen. Im Zeitpunkt ihres Erlasses habe die Kommission noch nicht genau gewusst, wo die Ansteckung erfolgt sei. Es treffe auch nicht zu, daß der Erlaß der Entscheidung 93/177 belege, daß die Entscheidung 93/128 nicht erforderlich gewesen wäre. Sie habe die weniger einschneidenden Maßnahmen, die die Entscheidung 93/177 vorsehe, nur erlassen können, weil sie für den Erlaß dieser Entscheidung genügend Zeit gehabt habe, was vor dem Erlaß der Entscheidung 93/128 nicht der Fall gewesen sei.

117 Die Entscheidung 93/128 sei auch nicht übermässig gewesen. Das Verbot habe für das gesamte Gebiet der Niederlande verhängt werden müssen, weil es zum einen damals schwierig gewesen sei, den Ursprung der Krankheit genau festzustellen, und weil zum anderen die Möglichkeit bestanden habe, daß sich die Krankheit bereits in den Niederlanden verbreitet habe. Angesichts der Dringlichkeit der Angelegenheit und der Zeit, die die nationalen Behörden zur Vorbereitung der erforderlichen Durchführungsmaßnahme benötigten, habe es auch keine wirksamen Ersatzmaßnahmen gegeben.

118 Auch die Entscheidung 93/177 sei entgegen der Auffassung der Kläger nicht übermässig. Im übrigen wendeten sich die Kläger, soweit sie die Entscheidung 93/177 angriffen, gegen ein Kontrollsystem, wie sie es selbst gerade in ihrem Schreiben vom 9. März 1993 als Ersatz für die mit der Entscheidung 93/128 eingeführten Maßnahmen vorgeschlagen hätten.

Rechtliche Würdigung

° Vorbemerkungen

119 Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts als allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anerkannt. Nach diesem Grundsatz müssen Maßnahmen, die eine Gemeinschaftshandlung verhängt, geeignet sein, das verfolgte Ziel zu erreichen, und dürfen die Grenzen des hierzu Erforderlichen nicht überschreiten (vgl. z. B. Urteile des Gerichtshofes vom 14. Januar 1987 in der Rechtssache 281/84, Zuckerfabrik Bedburg u. a./Rat und Kommission, Slg. 1987, 49, Randnr. 36, und Kommission/Deutschland, Randnr. 21). Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit fordert weiter, daß von mehreren geeigneten Maßnahmen die am wenigsten einschränkende gewählt wird und daß die verursachten Unzuträglichkeiten nicht ausser Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 16. Oktober 1991 in der Rechtssache C-24/90, Werner Faust, Slg. 1991, I-4905, Randnr. 12; Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 1993 in der Rechtssache T-6/92 und T-52/92, Reinarz/Kommission, Slg. 1993, II-1047, Randnr. 111.

120 Die gerichtliche Kontrolle dieser Tatbestandsmerkmale ist jedoch eingeschränkt. Wie dargelegt (Randnr. 91), verfügt der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen, das den politischen Aufgaben entspricht, die ihm die Artikel 40 bis 43 EG-Vertrag übertragen. Somit ist eine auf diesem Gebiet erlassene Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie im Verhältnis zu dem vom zuständigen Organ verfolgten Ziel offenkundig unangemessen ist (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 265/87, Schräder, Slg. 1989, 2237, Randnr. 22, und vom 13. November 1990 in der Rechtssache C-331/88, Fedesa u. a., Slg. 1990, I-4023, Randnr. 14). Eine offenkundige und schwerwiegende Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit, wie sie Voraussetzung der ausservertraglichen Haftung der Gemeinschaft in einem Fall der vorliegenden Art wäre, kann ausserdem nur dann vorliegen, wenn das Verhalten des Organs an Willkür grenzt (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 5. Dezember 1979 in den Rechtssachen 116/77 und 124/77, Amylum und Tunnel Refineries/Rat und Kommission, Slg. 1979, 3497, Randnr. 19).

121 Im Lichte dieser Grundsätze ist zu prüfen, ob die Kommission mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit offenkundig und schwerwiegend verletzt hat.

° Die Entscheidung 93/128

122 Zunächst hat die Kommission auf die Feststellung des Auftretens einer gefährlichen Krankheit, nämlich der vesikulären Schweinekrankheit, reagiert und die Entscheidung 93/128 zum Schutze der Gesundheit von Mensch und Tier erlassen. Damit hat sie ein vorrangiges öffentliches Interesse berücksichtigt (vgl. auch Urteil Mulder u. a./Rat und Kommission, Randnr. 21).

123 Dann verbietet die Entscheidung 93/128 die Ausfuhr lebender Schweine aus den Niederlanden und Italien in andere Mitgliedstaaten. Nach dem wissenschaftlichen Gutachten, das die Kläger selbst in Anhang 11 zu ihren Klageschriften vorgelegt haben, konnte der Ursprung der vesikulären Schweinekrankheit entweder in den Niederlanden (am Sammelplatz Oirschot) oder in Italien (im Schlachthof von Nola) liegen. In der Sitzung haben die Kläger vorgetragen, daß zum erheblichen Zeitraum nicht ausgeschlossen gewesen sei, daß lebende Schweine, die sich ursprünglich an einem Sammelplatz befunden hätten, anschließend zu einem anderen Platz verbracht worden seien, so daß die Krankheit, wenn sie ihren Ursprung in Oirschot hatte, im Lande verbreitet worden sein könnte.

124 Drittens sind die Niederlande, wie die Kläger vortragen, ein bedeutender Exporteur lebender Schweine. Nach den von den Klägern vorgelegten Statistiken hat die Zahl der Schlachtschweine (vleesvarkens) und der Ferkel (biggen), die aus den Niederlanden in die anderen Mitgliedstaaten exportiert wurden, 1992 und 1993 jeweils zwei Millionen überschritten, womit die Niederlande zu den bedeutendsten Exporteuren lebender Schweine in der Gemeinschaft gehörten. Die Kommission hat somit zu Recht berücksichtigt, daß die Krankheit sich ohne das Ergreifen von Maßnahmen leicht in den anderen Mitgliedstaaten verbreiten könnte, wenn ein Ausgangspunkt tatsächlich in den Niederlanden läge.

125 Viertens hat die Kommission in der Sitzung zu Recht hervorgehoben, wenn sie zur Bekämpfung der Krankheit keine strengen Maßnahmen träfe, könnten andere Mitgliedstaaten handeln und eigene Maßnahmen erlassen, wodurch der Handel zwischen den Mitgliedstaaten in höherem Masse verfälscht werden könnte.

126 Fünftens lag eine Dringlichkeit vor, in der die Kommission schnell handeln musste. Das hatte zur Folge, daß die Kommission einfach durchzuführende Maßnahmen erlassen musste, für die keine übermässige Vorbereitungszeit erforderlich war.

127 Schließlich hatte die Entscheidung 93/128 eine relativ beschränkte Anwendungszeit von vier Wochen, so daß die von ihr verursachten Unzuträglichkeiten ebenfalls relativ beschränkt waren.

128 Nach alledem hat die Kommission mit dem Erlaß der Entscheidung 93/128 die Grenzen des zur Erreichung des mit der Entscheidung verfolgten Ziels Erforderlichen jedenfalls nicht in einer Weise verletzt, die an Willkür grenzt. Die Entscheidung 93/128 verletzt somit den Grundsatz der Verhältnismässigkeit jedenfalls nicht offenkundig und schwerwiegend.

° Die Entscheidung 93/177

129 Anders als die Entscheidung 93/128 verbietet die Entscheidung 93/177 die Ausfuhren aus den Niederlanden (und aus Italien) in die anderen Mitgliedstaaten nicht unbedingt, sondern unterwirft sie bestimmten Voraussetzungen. Die von den Klägern vorgelegten Statistiken (Anhänge 3 bis 5 zur Erwiderung) zeigen, daß die Ausfuhren lebender Schweine aus den Niederlanden in andere Mitgliedstaaten unter der Geltung dieser Entscheidung tatsächlich wieder aufgenommen wurden und binnen weniger Wochen ihr altes Niveau erreichten.

130 Die mit der Entscheidung 93/177 erlassenen Maßnahmen waren vom Ständigen Veterinärausschuß gebilligt worden; die wichtigsten, in Artikel 1 enthaltenen Maßnahmen hatten nur eine relativ kurze Geltungsdauer von fünf bis sechs Wochen.

131 Somit hat die Kommission mit dem Erlaß der Entscheidung 93/177 den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht und schon gar nicht offenkundig und schwerwiegend verletzt.

Ermessensmißbrauch

Parteivorbringen

132 Die Kläger bringen vor, sowohl das Ausfuhrverbot der Entscheidung 93/128 wie die Ausfuhrbeschränkungen der Entscheidung 93/177 seien ausserordentlich wirksame Mittel, um sowohl das Übergewicht der Niederlande bei der Ausfuhr lebender Schweine in andere Mitgliedstaaten zu beenden als auch die nationale Erzeugung anderer Mitgliedstaaten zu schützen. Mit dem Erlaß dieser Entscheidungen habe die Kommission ihr Ermessen mißbraucht.

133 Die Kommission verweist auf Randnr. 24 des Urteils Fedesa u. a. und macht geltend, die Behauptung der Kläger sei vollkommen unbegründet.

Rechtliche Würdigung

134 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Gemeinschaftshandlung nur dann ermessensmißbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, daß sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der EG-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (vgl. z. B. Urteile des Gerichtshofes vom 21. Februar 1984 in den Rechtssachen 140/82, 146/82, 221/82 und 226/82, Walzstahl-Vereinigung und Thyssen/Kommission, Slg. 1984, 951, Randnr. 27, und Fedesa u. a., Randnr. 22).

135 Die Kläger haben in ihren Schriftsätzen kein objektives, schlüssiges und übereinstimmendes Indiz vorgebracht, das zeigen könnte, daß die Kommission die angefochtenen Entscheidungen erlassen hätte, um andere als die angegebenen Zwecke zu erreichen oder ein vom EG-Vertrag speziell vorgesehenes Verfahren zu umgehen. Damit ist der Klagegrund des Ermessensmißbrauchs zurückzuweisen.

Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

Parteivorbringen

136 Die Kläger machen geltend, die Kommission habe mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen den Gleichheitssatz des Artikels 40 Absatz 3 EG-Vertrag in der Auslegung verletzt, die ihm u. a. das Urteil des Gerichtshofes vom 12. April 1984 in der Rechtssache 281/82 (Unifrex/Kommission und Rat, Slg. 1984, 1969, Randnr. 30) gegeben habe.

137 In der dritten Begründungserwägung der Entscheidung 93/128 heisse es, diese sei namentlich erlassen worden, weil "bei der Untersuchung von Schweinen, die von den Niederlanden nach Italien verbracht worden waren,... das Virus der vesikulären Schweinekrankheit isoliert und Antikörper gegen dieses Virus festgestellt" worden seien. Aus der Feststellung von Antikörpern und der Isolierung des Virus könne aber nicht auf den Ort der Ansteckung geschlossen werden.

138 Aus Tests, die in Brescia durchgeführt worden seien, ergebe sich, daß im Zeitraum vom 2. September 1992 bis zum 15. Februar 1993 Antikörper gegen das Virus hauptsächlich in Schweinen aus Belgien (242), dann, in absteigender Reihenfolge, aus den Niederlanden (90), aus Deutschland (34) und aus Frankreich (32) gefunden worden seien. Antikörper in Schweinen aus den Niederlanden seien insbesondere im September und Oktober 1992 gefunden worden, im Januar 1993 aber nur in geringer Zahl und im Februar 1993 gar nicht.

139 Unter diesen Umständen habe die Kommission, indem sie Maßnahmen nur hinsichtlich der Niederlande erlassen habe, diesen Mitgliedstaat anders behandelt als andere und damit gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung verstossen.

140 Die Kommission führt aus, das Vorliegen des Virus in Italien sei nur auf Schweinen aus den Niederlanden festgestellt worden. Bereits darin liege ein objektiver Unterschied, der es erlaube, die Niederlande und Italien anders zu behandeln.

Rechtliche Würdigung

141 Nach der Rechtsprechung schreibt der Grundsatz der Gleichbehandlung vor, daß gleichartige Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (vgl. z. B. Urteil Unifrex/Kommission und Rat, Randnr. 30).

142 Im vorliegenden Fall hat die Kommission Maßnahmen im Hinblick auf die Niederlande und Italien erlassen, weil in Italien das Vorliegen des Virus der vesikulären Schweinekrankheit auf aus den Niederlanden versandten lebenden Schweinen festgestellt wurde, während auf lebenden Schweinen aus anderen Mitgliedstaaten nur das Vorliegen des Antikörpers des Virus festgestellt wurde. Unstreitig genügt die Feststellung des Antikörpers nicht, um über die Frage der Ansteckung der Tiere mit der Krankheit zu entscheiden, da es sich um einen Fall "falscher Seropositivität" handeln kann. Die Feststellung des Virus selbst hingegen ist Beweis für die Ansteckung der Tiere mit der Krankheit. Folglich ist die unterschiedliche Behandlung einerseits der Niederlande und Italien und andererseits der übrigen Mitgliedstaaten, wie die Kommission zu Recht vorträgt, objektiv gerechtfertigt. Der Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung kann somit nicht stattgegeben werden.

Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes

Parteivorbringen

143 Die Kläger legen dar, nach dem Urteil Zuckerfabrik Bedburg u. a./Kommission sei der Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt und werde die Haftung der Gemeinschaft ausgelöst, wenn eine Gemeinschaftsmaßnahme (1) unter Verletzung eines überwiegenden gegenläufigen öffentlichen Interesses, (2) ohne Vorwarnung mit sofortiger Wirkung, (3) für einen umsichtigen Wirtschaftsteilnehmer unvorhersehbar und (4) ohne ausreichende Übergangsmaßnahmen erlassen werde.

144 Im vorliegenden Fall seien diese vier Voraussetzungen erfuellt, so daß die Kommission mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstossen habe. Was insbesondere das überwiegende gegenläufige öffentliche Interesse angehe, so fehle es nach Maßgabe des Urteils Sofrimport/Kommission (Randnrn. 26 bis 29) im vorliegenden Fall.

145 Nach Auffassung der Kommission ist im vorliegenden Fall das Urteil Zuckerfabrik Bedburg u. a./Kommission nicht einschlägig, da es in jener Rechtssache um eine Maßnahme zur Änderung von Währungsausgleichsbeträgen und somit um einen anderen Sachverhalt als im vorliegenden Fall gegangen sei.

146 Im übrigen stelle der Kampf gegen die Verbreitung der vesikulären Schweinekrankheit sehr wohl ein überwiegendes öffentliches Interesse dar; jeder Viehhändler müsse die Maßnahmen in Rechnung stellen, die die öffentliche Gewalt im Hinblick auf die Bekämpfung von Tierkrankheiten treffen könne, die ihm einen Schaden verursachen könnten.

147 Das Urteil Sofrimport/Kommission sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. In jener Rechtssache sei es um eine Regelung gegangen, die ausdrücklich die Berücksichtigung einer bestimmten Gruppe von Betroffenen vorgeschrieben habe, während die Richtlinie 90/425, insbesondere ihr Artikel 10 Absatz 3, keine entsprechenden Bestimmungen enthalte.

Rechtliche Würdigung

148 Nach der Rechtsprechung kann sich jeder Wirtschaftsteilnehmer auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, bei dem ein Organ begründete Hoffnungen geweckt hat. Wirtschaftsteilnehmer können sich jedoch nicht darauf verlassen, daß eine bestehende Lage, die nach Ermessen der Gemeinschaftsorgane geändert werden kann, bestehen bleibt (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I-395, Randnr. 33). Kann ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer den Erlaß einer seine Interessen berührenden Gemeinschaftsmaßnahme vorhersehen, so kann er sich im Falle ihres Erlasses nicht auf diesen Grundsatz berufen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 11. März 1987 in der Rechtssache 265/85, Van den Bergh en Jurgens/Kommission, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44; Urteil Unifruit Hellas/Kommission, Randnr. 51).

149 Im vorliegenden Fall haben die Kläger nichts dafür vorgebracht, daß die Kommission in ihnen begründete Hoffnungen darauf geweckt hätte, daß sie keine vorsorglichen Maßnahmen wie die hier angefochtenen erlassen würde. Zudem konnte die Kommission kraft ihres weiten Ermessens im vorliegenden Zusammenhang die bestehende Lage erforderlichenfalls ändern, so daß die Wirtschaftsteilnehmer nicht auf die Beibehaltung dieser Lage vertrauen durften. Weiter muß ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer vorhersehen, daß die Kommission sich veranlasst sehen kann, gemäß Artikel 10 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 90/425 vorsorgliche Maßnahmen der hier vorliegenden Art zu erlassen, wenn auf Tieren, die von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verbracht wurden, wie im vorliegenden Fall Viren einer unter die Richtlinie 90/425 fallenden Krankheit gefunden werden.

150 Auch die Rüge eines Verstosses gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes ist daher zurückzuweisen.

Der Verstoß gegen das Recht auf Anhörung

Parteivorbringen

151 Die Kläger machen geltend, mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen habe die Kommission den Grundsatz verletzt, daß die Gemeinschaftsorgane vor Erlaß einer beschwerenden Handlung den Betroffenen Gelegenheit geben müssten, sich zu äussern, und daß sie die Handlung insoweit begründen müssten (Urteil Technische Universität München, Randnrn. 13 und 14; Urteile des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, 2263, Randnr. 27 und vom 12. Februar 1992 in den Rechtssachen C-48/90 und C-66/90, Niederlande u. a./Kommission, Slg. 1992, I-565, Randnr. 45).

152 Die Kommission bringt vor, Italien und die Niederlande seien zu einem Gespräch eingeladen worden; die Niederlande seien tatsächlich bei einer Sitzung am 26. Februar 1993 gehört worden. Das Gemeinschaftsrecht kenne darüber hinaus keinen allgemeinen Grundsatz, daß Betroffene vor Erlaß einer Gemeinschaftsmaßnahme gehört werden müssten. Nach dem Urteil Belgien/Kommission (Randnr. 27) müsse eine bestimmte Person nur gehört werden, wenn ein Verwaltungsverfahren gegen sie eingeleitet werde. Da es daran im vorliegenden Fall fehle, habe keine Pflicht bestanden, die Kläger zu hören.

153 Die Kläger verlangten im übrigen, daß die Gemeinschaftsorgane die betroffenen Wirtschaftssektoren hören müssten, bevor sie politische Entscheidungen wie die angefochtenen Maßnahmen träfen. Gäbe es eine solche Verpflichtung, so würde die Ausübung der den Gemeinschaftsorganen übertragenen Zuständigkeiten vollkommen lahmgelegt. Das sei nicht hinnehmbar.

Rechtliche Würdigung

154 Wie bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit dargelegt (vgl. Randnrn. 55 bis 57), war die Kommission nicht verpflichtet, die Kläger vor Erlaß der angefochtenen Entscheidungen zu hören. Schon aus diesem Grund ist die Rüge einer Verletzung des Rechts auf Anhörung zurückzuweisen.

F ° Schlußbemerkung

155 Nach alledem konnten die Kläger nicht dartun, daß die Kommission mit dem Erlaß der angefochtenen Entscheidungen eine höherrangige, die Bürger schützende Rechtsnorm offenkundig und schwerwiegend verletzt habe. Da somit die erste Voraussetzung für eine Haftung der Gemeinschaft, nämlich ein rechtswidriges Verhalten eines Organs, fehlt, sind die Schadensersatzklagen abzuweisen, ohne daß geprüft zu werden bräuchte, ob die übrigen Voraussetzungen für die Haftung der Gemeinschaft erfuellt wären.

156 Die Klagen sind daher insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

157 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag in die Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind sie gemäß dem Antrag der Kommission in die Kosten zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klagen werden abgewiesen.

2) Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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