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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 08.06.1993
Aktenzeichen: T-50/92
Rechtsgebiete: Beamtenstatut


Vorschriften:

Beamtenstatut Art. 90 Abs. 2
Beamtenstatut Art. 25
Beamtenstatut Art. 86
Beamtenstatut Art. 91
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Mitteilung einer Entscheidung muß es dem Betreffenden gestatten, von der fraglichen Entscheidung Kenntnis zu nehmen. Diese Voraussetzung ist nicht erfuellt, wenn eine Entscheidung, mit der die Beschwerde eines Beamten beantwortet wird, während seines Krankheitsurlaubs an seine Dienstanschrift gerichtet wird. In diesem Fall beginnt die Klagefrist erst in dem Zeitpunkt, in dem der Beamte von dieser Entscheidung Kenntnis nehmen konnte.

2. Das Gericht ist hinsichtlich der Beurteilung einer Maßnahme als Versetzung oder als Änderung der dienstlichen Verwendung nicht an die rechtliche Qualifizierung durch die Parteien gebunden.

Insoweit ergibt sich aus dem System des Statuts, daß eine Versetzung im eigentlichen Sinne des Wortes nur bei der Umsetzung eines Beamten auf eine freie Planstelle erfolgt. Daraus ergibt sich, daß jede eigentliche Versetzung den in den Artikeln 4 und 29 des Statuts vorgeschriebenen Formalitäten unterliegt. Demgegenüber gelten diese Formalitäten nicht bei einer neuen Verwendung des Beamten mit seiner Planstelle, da eine derartige Umsetzung keine freie Planstelle zur Folge hat.

3. Als beschwerend sind nur Maßnahmen anzusehen, die geeignet sind, die Rechtsstellung eines Beamten unmittelbar zu berühren, und die somit über einfache innerdienstliche Organisationsmaßnahmen hinausgehen, die die dienstrechtliche Stellung des betreffenden Beamten nicht beeinträchtigen. Eine Entscheidung über die Änderung der dienstlichen Verwendung des Betreffenden, die seine Rechte aus dem Statut nicht berührt, da sie zum einen ° trotz einer Änderung der Tätigkeit ° seine Rangstellung nicht ändert und zum anderen weder seine materiellen oder immateriellen Belange noch seine Zukunftsaussichten berührt und ausschließlich im dienstlichen Interesse getroffen wurde, stellt keine Beschwer dar. Insoweit ist die neue Verwendung eines Beamten, die dazu dient, einer unhaltbar gewordenen administrativen Situation ein Ende zu bereiten, als eine im dienstlichen Interesse getroffene Maßnahme anzusehen. Die Verwaltung ist nicht verpflichtet, eine derartige Entscheidung, die lediglich eine innerdienstliche Organisationsmaßnahme darstellt, zu begründen oder den betreffenden Beamten vorher anzuhören.

4. Ein Schadensersatzantrag, der zusammen mit einem unzulässigen Aufhebungsantrag gestellt wird, ist entweder ° wenn er in einem engen Zusammenhang mit diesem steht ° unzulässig, oder ° soweit dem geltend gemachten Schaden ein Amtsfehler zugrunde liegt, der nicht von der Maßnahme abhängt, die Gegenstand des Aufhebungsantrags ist ° nur unter der Voraussetzung zulässig, daß ihm eine Beschwerde vorausgegangen ist, der ihrerseits ein Antrag an die Verwaltung vorausgegangen sein muß, mit dem diese aufgefordert wird, den erlittenen Schaden zu ersetzen.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (VIERTE KAMMER) VOM 8. JUNI 1993. - GILBERTO FIORANI GEGEN EUROPAEISCHES PARLAMENT. - BEAMTE - VERSETZUNG/UMSETZUNG - DIENSTLICHE ORGANISATIONSMASSNAHME - VERSCHLEIERTE DISZIPLINARSTRAFE - BESCHWERENDE MASSNAHME. - RECHTSSACHE T-50/92.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Der Kläger, Gilberto Fiorani, ist seit über zwanzig Jahren beim Europäischen Parlament (im folgenden: Parlament) tätig. Er ist gegenwärtig Beamter der Besoldungsgruppe D 1, Dienstaltersstufe 8. Vor den strittigen Geschehnissen war er dem "Postsortierdienst" zugewiesen.

2 Nach einem Vorfall, dessen Einzelheiten ungewiß sind, ließ ihm der Generaldirektor für Verwaltung des Parlaments mit Note vom 15. Oktober 1991 folgende Mitteilung über seine "Umsetzung" zukommen: "Wegen Ihres untragbaren Verhaltens gegenüber Ihren Vorgesetzten und der Schwierigkeiten, die der 'Postsortierdienst' mit Ihnen hat, wurde beschlossen, Sie mit sofortiger Wirkung in den Dienst der Amtsboten zu versetzen. Diese Versetzung hat nicht notwendigerweise Dienstreisen ausserhalb Luxemburgs zur Folge."

3 Der Kläger sieht in dieser Maßnahme eine verdeckte Disziplinarmaßnahme. Nach der Note vom 15. Oktober 1991 über die "Umsetzung" und nachdem er vergeblich versucht hatte, ein Gespräch mit seinen Vorgesetzten zu erreichen, ersuchte er um die Einschaltung der Personalvertretung, deren Vorsitzender Noten mit dem Generaldirektor für Verwaltung und dem Generalsekretär des Parlaments austauschte. Bei dieser Gelegenheit kritisierte die Personalvertretung das Eilverfahren der Verwaltung und verlangte eine Unterredung, die jedoch nicht gewährt wurde. Im Rahmen dieses Notenaustausches erklärte der Generaldirektor für Verwaltung zum einen, der Kläger sei "aus Gründen des ordnungsgemässen Funktionierens des Dienstes versetzt" worden (Schreiben vom 15. November 1991), und zum anderen, der Kläger habe "sich mehrfach unannehmbar gegenüber seinen Vorgesetzten verhalten und [sei] gerügt worden. Diese Entscheidung ist daher die logische Konsequenz einer Reihe von Verwarnungen" (Schreiben vom 18. Oktober 1991).

4 Nach Erhalt der Note vom 15. Oktober 1991 über die "Umsetzung" wurde der Kläger krank. Er befand sich über fünfzehn Monate in Krankheitsurlaub (psychosomatisch) und musste mehrmals in ein Krankenhaus eingewiesen werden. Seines Erachtens ist diese Verschlechterung seines Gesundheitszustands die unmittelbare Folge des Verhaltens seiner Vorgesetzten ihm gegenüber, insbesondere der strittigen "Versetzung".

5 Am 27. November 1991 reichte der Kläger gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Status der Beamten der Europäischen Gemeinschaften (im folgenden: Statut) eine Beschwerde gegen die Note vom 15. Oktober 1991 ein, mit der er verlangte, daß die Anstellungsbehörde diese Entscheidung zurückziehe und ihn für den immateriellen Schaden entschädige, den er wegen des Verhaltens seiner Vorgesetzten und der angefochtenen Entscheidung erlitten habe. Hierzu machte er im wesentlichen geltend, daß er durch die angefochtene Entscheidung aus Disziplinargründen versetzt worden sei, obwohl die einschlägigen Bestimmungen des Statuts eine derartige Disziplinarmaßnahme nicht vorsähen, und daß diese Entscheidung im übrigen unter Verletzung des grundlegenden Prinzips der Wahrung der Rechte der Verteidigung getroffen worden sei, da er nicht angehört worden sei und vor der Entscheidung nicht seine Verteidigungsmittel habe vorbringen können.

6 Zur Bedeutung der "Umsetzung" des Klägers erklärte der Generaldirektor für Verwaltung in einer Note vom 19. Dezember 1991, die er im Rahmen des vorprozessualen Verfahrens an den Rechtsberater des Parlaments richtete, daß "der Bereich 'Postsortierdienst' im ring-book von dem Dienst der Amtsboten aus Gründen des Stellenplans und der Personalpolitik getrennt worden" sei, daß er aber immer noch verwaltungsmässig von dem Dienst der Amtsboten abhänge. Die betreffende Maßnahme der "Umsetzung" stellt daher nach Ansicht des Generaldirektors eine Organisationsmaßnahme im Rahmen des Dienstes der Amtsboten dar.

7 Mit Schreiben vom 24. März 1992 wies der Generalsekretär des Parlaments die Beschwerde mit der Begründung zurück, daß die Entscheidung über die "Neuverwendung" des Klägers im Dienst der Amtsboten getroffen worden sei, um eine Verschlechterung der Arbeitsbeziehungen, insbesondere mit den Vorgesetzten des Klägers, zu beenden, und daß diese Entscheidung daher durch das dienstliche Interesse gerechtfertigt gewesen sei.

8 Der Kläger erklärt, daß dieses Schreiben "durch Note vom 24. März 1992 an den Dienst der 'Amtsboten' mitgeteilt worden" sei, obwohl er sich seit über fünf Monaten im Krankheitsurlaub befunden habe, und daß er davon erst am 30. März 1992 habe Kenntnis nehmen können.

Verfahren

9 Unter diesen Umständen hat der Kläger mit Klageschrift, die am 26. Juni 1992 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

10 Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Es hat jedoch den Parteien Fragen gestellt, die diese in der Sitzung beantwortet haben.

11 Der Kläger beantragt,

° die Entscheidung des Parlaments vom 15. Oktober 1991 über seine Versetzung vom "Postsortierdienst" in den Dienst der "Amtsboten" aufzuheben;

° den Beklagten zur Zahlung von 15 000 ECU als Ersatz des vom Kläger erlittenen immateriellen Schadens zu verurteilen;

° den Beklagten zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

12 Das Parlament beantragt,

° die Klage in allen Anträgen als unbegründet abzuweisen;

° über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

Zum Aufhebungsantrag

13 Der Kläger macht drei Gründe für seinen Aufhebungsantrag geltend. Mit dem ersten Klagegrund trägt er vor, daß das Fehlen schriftlicher Bemerkungen über die Anschuldigungen und Erklärungen seiner Vorgesetzten zur Rechtfertigung der angefochtenen Entscheidung in seiner Personalakte und die Zurückweisung seiner Beschwerde gegen Artikel 26 des Statuts verstießen; im übrigen hätte die Anstellungsbehörde ihn vor der betreffenden Entscheidung, die er als Versetzung bezeichnet, zum Zweck seiner Verteidigung anhören müssen. Der zweite Klagegrund stützt sich auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht des Artikels 25 Absatz 2 des Statuts, da die Begründung der gegen seinen Willen ergangenen Versetzungsentscheidung unvollständig sei. Mit dem dritten Klagegrund, der sich auf einen Verstoß gegen Artikel 86 Absatz 2 des Statuts stützt, erklärt der Kläger, daß seine von Amts wegen erfolgte Versetzung, mit der sein angeblich untragbares Verhalten habe bestraft werden sollen, nicht unter den Disziplinarstrafen vorgesehen sei, die dieser Artikel erschöpfend aufzähle.

14 Bevor das Gericht die Begründetheit der Aufhebungsanträge prüft, muß es anhand der Akten von Amts wegen zwei Fragen bezueglich der Zulässigkeit der Klage untersuchen, obwohl das Parlament nur gewisse förmliche Einwände gegen die Zulässigkeit dieser Anträge vorgebracht hat, nämlich die mangelnde Übereinstimmung zwischen zwei der zur Stützung der Anträge vorgebrachten Gründe und der einzigen in der Beschwerde vorgetragenen Rüge. Da die Bestimmungen der Artikel 90 und 91 des Statuts zwingendes Recht sind, ist nämlich zum einen festzustellen, ob die Klage rechtzeitig eingereicht wurde, und zum anderen, ob die angefochtene Handlung tatsächlich eine den Kläger beschwerende Maßnahme darstellt (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 10. April 1992 in der Rechtssache T-15/91, Bollendorf/Parlament, Slg. 1992, II-1679, Randnr. 22, und Beschluß des Gerichts vom 11. Mai 1992 in der Rechtssache T-34/91, Whitehead/Kommission, Slg. 1992, II-1723, Randnr. 19).

Zur Zulässigkeit

Klagefrist

15 Aus den Akten geht hervor, daß die Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde des Klägers vom 24. März 1992 stammt. Bezueglich des Zeitpunkts der Mitteilung dieser Entscheidung ist festzustellen, daß das Parlament hierzu nichts bemerkt, während der Kläger erklärt (S. 5 der Klageschrift), daß diese Entscheidung "durch Note vom 24. März 1992 an den Dienst der 'Amtsboten' mitgeteilt worden ist, obwohl er sich seit über fünf Monaten im Krankheitsurlaub befunden" habe, wobei er hinzufügt, daß er erst am 30. März 1992 von dieser Entscheidung, die unterdessen an seine Ehefrau geschickt worden sei, habe Kenntnis nehmen können.

16 Das Gericht stellt hierzu fest, daß ° wie der Gerichtshof entschieden hat ° die Mitteilung dem Betreffenden gestatten muß, mit Nutzen von der fraglichen Entscheidung Kenntnis zu nehmen (Urteil vom 15. Juni 1976 in der Rechtssache 5/76, Jänsch/Kommission, Slg. 1976, 1027, Randnr. 10). Im vorliegenden Fall hat es der Eingang der Entscheidung bei der Dienststelle der "Amtsboten" dem Kläger, der sich damals ° was die Anstellungsbehörde im übrigen wusste ° im Krankheitsurlaub befand, jedoch nicht gestattet, davon Kenntnis zu nehmen. Das Gericht kann sich daher angesichts des Schweigens des Parlaments in dieser Frage nur an die Erklärungen des Klägers halten, wonach dieser erst am 30. März 1992 von der betreffenden Entscheidung Kenntnis nehmen konnte (Urteil des Gerichts vom 11. Februar 1992 in der Rechtssache T-16/90, Panagiotopoulou/Parlament, Slg. 1992, II-89, Randnr. 20). Die Klagefrist ist also im vorliegenden Fall eingehalten worden.

Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme

Vorbringen der Parteien

17 Im schriftlichen Verfahren hat das Parlament in der Klagebeantwortung zwar erklärt, daß es keine Einwände gegen die Zulässigkeit der Klage erheben wolle; es hat aber im Rahmen seines Vorbringens zur Begründetheit geltend gemacht, daß die angefochtene Maßnahme grundsätzlich nicht geeignet sei, die beamtenrechtliche Stellung des Klägers zu beeinträchtigen (S. 4 und 6 der Klagebeantwortung).

18 Der Kläger macht unter Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes vom 27. Juni 1973 in der Rechtssache 35/72 (Kley/Kommission, Slg. 1973, 679, Randnrn. 4 und 8) geltend, daß die angefochtene Entscheidung, mit der er gegen seinen Willen versetzt worden sei, eine beschwerende Maßnahme im Sinne des Artikels 91 des Statuts darstellen könne. Selbst wenn nämlich eine derartige Entscheidung die materiellen Belange oder den dienstlichen Rang eines Beamten nicht berühre, könne sie doch mit Rücksicht auf die Art der fraglichen Tätigkeit und die jeweiligen Umstände seine immateriellen Belange und seine Zukunftsaussichten beeinträchtigen (S. 6 der Klageschrift).

19 Auf die Fragen des Gerichts hat der Kläger unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteil vom 21. Juni 1984 in der Rechtssache 69/83, Lux/Rechnungshof, Slg. 1984, 2447, Randnr. 17) erklärt, daß die Organe der Gemeinschaft bei der Organisation ihrer Dienststellen und bei der Verwendung ihres Personals zwar über ein weites Ermessen verfügten, daß Voraussetzung hierfür aber sei, daß diese Verwendung im dienstlichen Interesse und unter Beachtung der Gleichwertigkeit der Dienstposten geschehe. Der Kläger führt aus, er bestreite im vorliegenden Fall nicht die Beachtung der Gleichwertigkeit der Dienstposten. Die grundlegende Frage für die Beurteilung der Zulässigkeit der Klage liege also darin, ob die angefochtene Entscheidung ausschließlich im dienstlichen Interesse getroffen worden sei oder aber um ihn zu bestrafen. Angesichts der schwerwiegenden Anschuldigungen, die in der angefochtenen Entscheidung gegen ihn erhoben würden, liege es aber auf der Hand, daß diese Entscheidung als Disziplinarmaßnahme anzusehen sei.

20 Zu dem dieser Rechtssache zugrunde liegenden Vorfall, der "äusserst schwerwiegend" gewesen sei und für den er jede Verantwortung ablehne, erklärt der Kläger, er habe sich bei einem lautstarken Telefongespräch mit seinem Vorgesetzten zugetragen, bei dem dieser schließlich den Hörer "aufgeknallt" habe.

21 Ferner führt der Kläger mehrfach aus, es sei nicht die endgültige Entscheidung als solche, d. h. die Umsetzung von einem Dienst in einen anderen, die er in diesem Zusammenhang im übrigen ausdrücklich als neue dienstliche Verwendung und nicht als Versetzung bezeichnet, die ihn beschwere, sondern in erster Linie die Begründung dieser Entscheidung, die äusserst schwerwiegende und ungerechtfertigte Vorwürfe enthalte, und auch das eingeschlagene Verfahren, das es ihm weder erlaubt habe, die Art der Vorwürfe genau zu erfahren, noch, sich zu verteidigen. Wenn er aufgrund eines nur im Interesse der guten Organisation des Dienstes geführten Verfahrens neu verwendet worden wäre, hätte er sich nicht beklagen können und hätte daher niemals Klage erhoben. Der zweite Faktor, der ihn beschwere, sei der letzte Satz der angefochtenen Note, wonach "diese Versetzung nicht notwendigerweise Dienstreisen ausserhalb Luxemburgs zur Folge hat". Dienstreisen hingen zwar von rein faktischen Umständen ab, die mit der ausgeuebten Tätigkeit verbunden seien, sie hätten aber wichtige finanzielle Folgen, da die damit zusammenhängenden Vergütungen verhältnismässig hoch seien und zweifellos einen finanziellen Vorteil darstellten. Diese finanziellen Auswirkungen seien genau derselben Art wie die, um die es im Urteil des Gerichtshofes vom 31. Mai 1988 in der Rechtssache 167/86 (Rousseau/Rechnungshof, Slg. 1988, 2705) gegangen sei, das die Zahlung einer Pauschalzulage für Überstunden betreffe.

22 Das Parlament hat in der Sitzung erklärt, daß in Ermangelung der Bekanntgabe einer freien Planstelle die Umsetzung des Klägers in den Dienst der "Amtsboten" nicht als Versetzung bezeichnet werden könne. Es handele sich vielmehr um eine Änderung der dienstlichen Verwendung im Rahmen einer Reorganisation der Dienststellen. Hierzu führt das Parlament weiter aus, es habe, um die durch den Kläger in den Arbeitsbeziehungen verursachten Probleme zu lösen, es vorgezogen, eine derartige menschlichere und elastischere Maßnahme zu ergreifen, als ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Diese Änderung der dienstlichen Verwendung stelle keine beschwerende Maßnahme dar und hätte grundsätzlich nicht begründet werden müssen.

23 Zur Begründung der angefochtenen Maßnahme führt das Parlament aus, diese verkünde keineswegs eine verdeckte Strafmaßnahme, sondern habe den Kläger von den Umständen in Kenntnis gesetzt, die die Verwaltung veranlasst hätten, eine Änderung seiner dienstlichen Verwendung zu beschließen, um die vom Kläger in seiner Dienststelle verursachten Probleme zu lösen. Seit dieser Umsetzung habe der Kläger eine viel ruhigere Stelle als vorher inne, als er täglich in unmittelbarer Verbindung mit Personen gestanden habe, mit denen er sich nicht vertragen habe.

24 Zu den Dienstreisen ausserhalb von Luxemburg erklärt das Parlament, die Dienstposten innerhalb des Organs verlangten auf gewissen Arbeitsplätzen, daß der Betreffende Reisebereitschaft zeige. Es handele sich hier nicht um ein Recht, sondern vielmehr um eine Pflicht des betreffenden Beamten. Die Vergütung der Dienstreisekosten stelle eine Reiseentschädigung dar. Entgegen dem Vorbringen des Klägers sei diese Vergütung nicht derselben Art wie die Pauschalzulage für Überstunden, um die es sich in der genannten Rechtssache Rousseau/Rechnungshof handele und die in Anbetracht spezieller Aufgaben und nicht einer allgemeinen Verfügbarkeit als solcher gewährt worden sei.

25 Auf die Frage, wie sich ein Beamter in geeigneter Weise gegen eine Maßnahme verteidigen könne, die ° obgleich sie ihn nicht im eigentlichen Sinne beschwere ° von dem Betreffenden als ungerechtfertigt und hinderlich angesehen werde, wie etwa ein negatives Werturteil, so wie es in der Begründung in der angefochtenen Note enthalten sei, hat das Parlament eingeräumt, daß es gerade dieses Problem sei, das es im vorliegenden Fall dazu veranlasst habe, im schriftlichen Verfahren keinen "harten" Standpunkt einzunehmen, indem es auf der Unzulässigkeit der Klage bestehe.

26 Bezueglich der Verteidigungsmöglichkeiten, deren Bestehen der Kläger seinerseits verneint habe, verweist das Parlament auf das im Statut vorgesehene vorprozessuale Verfahren, in dessen Rahmen der betreffende Beamte durch Einreichung einer Beschwerde seinen Standpunkt bekanntgeben könne. Im vorliegenden Fall habe die Anstellungsbehörde trotz der Zweifel bezueglich des Vorliegens einer beschwerenden Maßnahme alle Umstände der Angelegenheit geprüft, und sie sei in die Sacherörterung eingetreten.

Würdigung durch das Gericht

27 Vorab ist festzustellen, daß die Tatsache, daß die Parteien eine Maßnahme als Versetzung, Änderung der dienstlichen Verwendung oder Umsetzung bezeichnen, das Gericht nicht binden kann (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 8. Februar 1973 in der Rechtssache 56/72, Göth-Van der Schüren/Kommission, Slg. 1973, 181, Randnrn. 8 bis 10). Bezueglich der rechtlichen Bezeichnung der angefochtenen Maßnahme ist im vorliegenden Fall festzustellen, daß nach dem System des Statuts eine Versetzung im eigentlichen Sinne des Wortes nur bei der Umsetzung eines Beamten auf eine freie Planstelle erfolgt. Daraus ergibt sich, jede eigentliche Versetzung den in den Artikeln 4 und 29 des Statuts vorgeschriebenen Formalitäten unterliegt. Demgegenüber gelten diese Formalitäten nicht bei einer neuen Verwendung des Beamten mit seiner Planstelle, da eine derartige Umsetzung keine freie Planstelle zur Folge hat (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 24. Februar 1981 in den Rechtssachen 161/80 und 162/80, Carbognani und Coda Zabetta/Kommission, Slg. 1981, 543, Randnr. 19).

28 Im vorliegenden Fall hat das Parlament, ohne daß ihm der Kläger widersprochen hätte, erklärt, daß die strittige Umsetzung des Klägers keine freie Planstelle zur Folge gehabt habe. Der Kläger hat im übrigen in der Sitzung selbst eingeräumt, daß seine Umsetzung vom "Postsortierdienst" in den Dienst der "Amtsboten" eine Änderung der dienstlichen Verwendung dargestellt habe. Unter diesen Umständen ist das Gericht der Ansicht, daß die angefochtene Maßnahme auf jeden Fall nicht als Versetzung bezeichnet werden kann, die ° da sie gegen den Willen des Klägers erfolgt ist ° grundsätzlich geeignet wäre, den Kläger zu beschweren (vgl. Urteil Kley, a. a. O., Randnr. 8), sondern daß es sich um eine neue Verwendung handelt.

29 Sodann ist festzustellen, daß das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme im Sinne der Artikel 90 Absatz 2 und 91 Absatz 1 des Statuts eine unverzichtbare Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Anfechtungsklage eines Beamten gegen das Organ, dem er angehört, ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts sind als beschwerend nur solche Maßnahmen anzusehen, die geeignet sind, die Rechtsstellung eines Beamten unmittelbar zu berühren, und die somit über einfache innerdienstliche Organisationsmaßnahmen hinausgehen, die die dienstrechtliche Stellung des betreffenden Beamten nicht beeinträchtigen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes von 10. Dezember 1969 in der Rechtssache 32/68, Grasselli/Kommission, Slg. 1969, 505, Randnrn. 4 bis 7, und Beschluß des Gerichts vom 4. Juli 1991 in der Rechtssache T-47/90, Herremans/Kommission, Slg. 1991, II-467, Randnrn. 21 und 22).

30 Bezueglich der strittigen neuen Verwendung steht fest, daß diese Maßnahme die Rechte des Klägers aus dem Statut in keiner Weise berührt hat. Sie hat nämlich keine Änderung seines dienstlichen Ranges oder der materiellen Rechte, die das Statut ihm zuerkennt, mit sich gebracht.

31 Die neuen Tätigkeiten des Klägers im Dienst der "Amtsboten" sind zwar nicht die gleichen wie die, die er im "Postsortierdienst" ausgeuebt hat; es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß selbst die Änderung der einem Beamten übertragenen administrativen Aufgaben keine Maßnahme ist, die den Beamten beschweren kann, sofern die geänderten Aufgaben noch seiner Besoldungsgruppe entsprechen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 7. März 1990 in den Rechtssachen C-116/88 und C-149/88, Hecq/Kommission, Slg. 1990, I-599, Randnrn. 11 bis 14, und Beschluß Herremans/Kommission, a. a. O., Randnr. 25). Der Kläger hat aber in der Sitzung ausdrücklich erklärt, er bestreite nicht, daß seine neuen Aufgaben seiner Besoldungsgruppe entsprächen.

32 Zu dem letzten Satz der Note vom 15. Oktober 1991, in dem künftige Beschränkungen für etwaige Dienstreisen des Klägers angekündigt werden, ist zu bemerken, daß ° wie der Kläger in der Sitzung selbst eingeräumt hat ° die Aussicht auf Dienstreisen von einem rein faktischen Element abhängen, das an den Dienstposten des betreffenden Beamten gebunden ist. Dieses Element kann nicht für sich allein Rechtswirkungen entfalten.

33 Soweit der Kläger hierbei auf das vorgenannte Urteil Rousseau/Rechnungshof verweist, um die Zulässigkeit seiner Klage zu begründen, sofern sich diese gegen eine "Entscheidung" richtet, "die seine zukünftige finanzielle Situation in Frage stellt", stellt das Gericht fest, daß sich die Rechtssache Rousseau/Rechnungshof grundlegend von der vorliegenden Rechtssache unterscheidet. Der Kläger Rousseau war nämlich zum Beamten auf Probe und sodann zum Beamten auf Lebenszeit als Kraftfahrer bei einem Mitglied des beklagten Organs ernannt worden, das zur Zeit seiner Ernennung ein System von Pauschalzulagen für Überstunden für Kraftfahrer der Mitglieder des Organs eingeführt hatte; diese Pauschalzulage war somit Teil seiner Dienstbezuege. Unter diesen Umständen wurde die Entscheidung, mit der seine dienstliche Verwendung in der Weise geändert wurde, daß er die Pauschalzulage nur noch für die Zeit erhielt, in der er einem Mitglied des Organs tatsächlich zur Verfügung stand, vom Gerichtshof als Entscheidung angesehen, durch die der Anspruch des Klägers auf die genannte Pauschalzulage ungewiß werden konnte, so daß sie der Gerichtshof aufgehoben hat. Die Lage des Klägers in der vorliegenden Rechtssache kann jedoch nicht derjenigen des Klägers Rosseau gleichgestellt werden, da die Erstattung der Dienstreisekosten nicht zu den Dienstbezuegen für einen speziellen Dienstposten gehört.

34 Das Gericht ist der Auffassung, daß die Erstattung der Dienstreisekosten unter diesem Gesichtspunkt mit der Bereitschaftsvergütung zum Ausgleich für eine allgemeine Verpflichtung des betreffenden Beamten, dem Organ zur Verfügung zu stehen, vergleichbar ist, bei der der Gerichtshof ausdrücklich die Meinung vertreten hat, daß sie nicht Teil des der Besoldungsgruppe und der Dienstaltersstufe des Beamten entsprechenden Gehalts ist (vgl. Urteil vom 23. März 1988 in der Rechtssache 19/87, Hecq/Kommission, Slg. 1988, 1681, Randnr. 25).

35 Zu der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob seine neue Verwendung nur im dienstlichen Interesse erfolgt sei ° zu dieser Frage hat er in der Sitzung erklärt, daß sie Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage sei °, ist darauf hinzuweisen, daß es sich hierbei um eine der Bedingungen handelt, die die Organe der Gemeinschaft nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes beachten müssen, der ihnen aber hierbei ein weites Ermessen bei der Organisation ihrer Dienststellen einräumt (vgl. z. B. Urteil Lux/Rechnungshof, a. a. O., Randnr. 17). Im vorliegenden Fall steht fest, daß sich ein Vorfall zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten ereignet hat, den der Kläger selbst als "äusserst schwerwiegend" bezeichnet. Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 7. März 1990 (Hecq/Kommission, a. a. O., Randnr. 22) entschieden hat, ist eine Maßnahme zur neuen Verwendung eines Beamten, die getroffen wurde, um einer unhaltbar gewordenen administrativen Situation ein Ende zu bereiten, als eine im dienstlichen Interesse getroffene Maßnahme anzusehen. Unter den vorliegenden Umständen durfte das Parlament daher davon ausgehen, daß es im dienstlichen Interesse lag, den Kläger aus dem Bereich "Postsortierdienst" herauszunehmen und ihn innerhalb derselben Verwaltungseinheit im Dienst der "Amtsboten" neu zu verwenden, um den Spannungen zu begegnen, die sich in dem erstgenannten Bereich ergeben hatten. In der Sitzung hat der Kläger ausserdem seine Umsetzung in den Dienst der "Amtsboten" als solche nicht bestritten. Daraus folgt, daß die Maßnahme zur Neuverwendung nicht als Maßnahme betrachtet werden kann, die ihn wegen mangelnden dienstlichen Interesses beschwert.

36 Soweit der Kläger dem Parlament vorwirft, ihn vor Erlaß der angefochtenen Maßnahme mit seinen Erklärungen und Verteidigungsmitteln nicht angehört zu haben, ist ferner zum einen festzustellen, daß sich die Nichtanhörung des Betreffenden vor dem Erlaß einer bestimmten Maßnahme nicht auf die Frage auswirkt, ob der verfügende Teil dieser Maßnahme als beschwerende Handlung zu bezeichnen ist. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, daß das Statut nicht auf allen Gebieten ein kontradiktorisches Verfahren eingeführt hat, in dessen Rahmen die Verwaltung jeden Beamten vor Erlaß einer ihn betreffenden Maßnahme anzuhören hat, und daß in Ermangelung einer ausdrücklichen Vorschrift des Statuts eine derartige Verpflichtung der Verwaltung nicht besteht (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1981 in der Rechtssache 125/80, Arning/Kommission, Slg. 1981, 2539, Randnr. 17). Die in Artikel 90 des Statuts vorgesehenen Garantien für den Schutz der Belange des Personals sind daher grundsätzlich als ausreichend anzusehen. Im übrigen hat der Gerichtshof in seinen Urteilen vom 14. Dezember 1988 in der Rechtssache 280/87 (Hecq/Kommission, Slg. 1988, 6433, Randnr. 11) und vom 7. März 1990 in der Rechtssache Hecq/Kommission (a. a. O., Randnr. 14) zu innerdienstlichen Organisationsmaßnahmen entschieden, daß die Verwaltung nicht verpflichtet ist, eine derartige Entscheidung zu begründen oder den betreffenden Beamten vorher anzuhören.

37 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts können jedoch gewisse Maßnahmen, selbst wenn sie die materiellen Belange oder den dienstlichen Rang eines Beamten nicht berühren, als beschwerende Maßnahmen betrachtet werden, wenn sie die immateriellen Belange oder die Zukunftsaussichten des Betreffenden beeinträchtigen (vgl. z. B. Urteil Kley/Kommission, a. a. O., Randnrn. 4 und 8, und Beschluß Herremans/Kommission, a. a. O., Randnr. 26).

38 Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß der Kläger seine Umsetzung als solche nicht bestritten hat und daß er in Wirklichkeit nur die Begründung der strittigen Maßnahme zur Neuverwendung gerügt hat, da sie seines Erachtens äusserst schwerwiegende und ungerechtfertigte Vorwürfe enthält. Nach dem Urteil des Gerichts vom 17. September 1992 in der Rechtssache T-138/89 (NBV und NVB/Kommission, Slg. 1992, II-2181, Randnr. 31) kann indessen nur der verfügende Teil einer Maßnahme rechtliche Wirkungen haben und damit beschweren.

39 Selbst wenn die Anstellungsbehörde gegenüber dem Kläger eine beschwerende Maßnahme getroffen hätte ° was nicht der Fall ist °, könnten demnach nicht nur die Gründe dieser Maßnahme Gegenstand einer Anfechtungsklage sein. Daher kann die vorliegende Anfechtungsklage, die sich ° wie der Kläger selbst vorträgt ° allein gegen die Begründung der betreffenden Maßnahme zur Neuverwendung richtet, nicht als zulässig betrachtet werden.

40 Daraus folgt, daß die angefochtene Note vom 15. Oktober 1991 keine Maßnahme darstellt, die den Kläger beschwert.

41 Zu der Frage des Klägers, über welche Verteidigungsmöglichkeiten ein Beamter gegenüber einer Maßnahme verfügt, die, obgleich sie ihn nicht im eigentlichen Sinne beschwert, nach Auffassung des Betreffenden seine berechtigten Interessen berührt, ist darauf hinzuweisen, daß nach dem Rechtsschutzsystem des Statuts eine Maßnahme, die nicht im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts beschwert, nicht geeignet ist, Gegenstand einer Beschwerde zu sein. Ist jedoch ein Beamter der Auffassung, daß eine derartige Maßnahme oder eins ihrer Elemente, wie die Begründung einer Maßnahme zur internen Organisation der Dienststellen, seine Belange beeinträchtigt, so kann er gemäß Artikel 90 Absatz 1 des Statuts einen Antrag an die Anstellungsbehörde richten, mit dem diese aufgefordert wird, ihm gegenüber eine Entscheidung über die Rücknahme der betreffenden Maßnahme oder des betreffenden Elements zu erlassen. Weist die Verwaltung diesen Antrag zurück, so kann sich der Betreffende gemäß Artikel 90 Absatz 2 an die Anstellungsbehörde mit einer Beschwerde wenden, deren Zurückweisung die Möglichkeit einer Klage vor dem Gericht eröffnet.

42 Aus all diesen Gründen ist der im Rahmen dieser Klage gestellte Aufhebungsantrag als unzulässig abzuweisen, ohne daß es erforderlich ist, die Unzulässigkeitsgründe des Parlaments zu prüfen, die auf einer mangelnden Übereinstimmung zwischen zwei der zur Stützung des Antrags vorgebrachten Klagegründe und der einzigen in der Beschwerde vorgetragenen Rüge beruhen.

Zur Zulässigkeit des Schadensersatzantrags

Vorbringen der Parteien

43 Auf eine Frage des Gerichts hat der Kläger in der Sitzung erklärt, er wolle seinen Schadensersatzantrag an den Hauptantrag binden. Wenn also das Gericht seine Anfechtungsklage in Ermangelung einer beschwerenden Maßnahme als unzulässig abweist, kann der Schadensersatzantrag nicht aufrechterhalten werden. Der Kläger bestätigt im übrigen, daß die Beschwerde, die er an die Anstellungsbehörde gerichtet hat, als solche zu betrachten sei und daß er nicht beantrage, daß sie das Gericht in einen Schadensersatzantrag umwandele.

44 Das Parlament erklärt, daß der Schadensersatzantrag des Klägers, soweit er nach seiner Ansicht unmittelbar mit dem Aufhebungsantrag zusammenhänge, unzulässig sei, sofern er unmittelbar mit einem Verstoß gegen die Artikel 25 und 26 des Statuts zusammenhänge, da die Klagegründe, die sich auf den Verstoß gegen diese Artikel stützten, unzulässig seien und keine beschwerende Maßnahme vorliege. Soweit keine unmittelbare Verbindung zwischen den beiden Klagen bestehe, sei die Schadensersatzklage ebenfalls unzulässig, da das vorprozessuale Verfahren nicht ordnungsgemäß abgelaufen sei.

Würdigung durch das Gericht

45 Angesichts dieser Argumente erinnert das Gericht daran, daß bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Schadensersatzklage zwischen zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden ist. Im ersten Fall ° dessen Vorliegen allerdings fraglich ist, wenn eine beschwerende Maßnahme fehlt ° hängt der Schadensersatzantrag eng mit einer Anfechtungsklage zusammen. Trifft dies zu, so zieht die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage die der Schadensersatzklage nach sich. Im zweiten Fall fehlt ein solcher enger Zusammenhang zwischen den beiden Klagen. Dann ist die Zulässigkeit des Schadensersatzantrags unabhängig von der der Anfechtungsklage zu beurteilen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Zulässigkeit einer solchen Klage vom ordnungsgemässen Ablauf des vorprozessualen Verwaltungsverfahrens nach den Artikeln 90 und 91 des Statuts abhängt (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 25. September 1991 in der Rechtssache T-5/90, Marcato/Kommission, Slg. 1991, II -731, Randnr. 49, und Beschluß des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in der Rechtssache T-8/92, Di Rocco/WSA, Slg. 1992, II-2653, Randnr. 34).

46 Im vorliegenden Fall ist der Schadensersatzantrag auf jeden Fall als unzulässig abzuweisen. Soweit er nämlich ° wie der Kläger in der Sitzung selbst ausgeführt hat ° in einem engen Zusammenhang mit dem Aufhebungsantrag steht, der seinerseits als unzulässig abgewiesen worden ist, muß er genau so behandelt werden wie der letztgenannte. Er ist ebenfalls als unzulässig abzuweisen, wenn man davon ausgeht, daß dem vom Kläger geltend gemachten Schaden ein Amtsfehler zugrunde liegt, der nicht von der Maßnahme zur Neuverwendung des Klägers abhängt, die Gegenstand des Aufhebungsantrags ist. Denn der Kläger hat vor Erhebung seiner Klage nicht das vollständige, im Statut vorgeschriebene Verwaltungsverfahren eingehalten, das zwingend zwei Stufen vorsieht, nämlich einen Antrag und eine Beschwerde im Sinne des Artikels 90 Absätze 1 und 2 des Statuts, und in dessen Rahmen er die Verwaltung hätte auffordern müssen, den erlittenen Schaden zu ersetzen (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache T-1/91, Della Pietra/Kommission, Slg. 1992, II-2145, Randnr. 34).

47 Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

48 Gemäß Artikel 87 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 88 der Verfahrensordnung tragen jedoch in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst. Demnach ist zu beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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