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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 21.06.2000
Aktenzeichen: T-537/93
Rechtsgebiete: EGV


Vorschriften:

EGV Art. 178 a.F.
EGV Art. 215 Abs. 2 a.F.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Gemeinschaft haftet nicht aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 über die Festsetzung der Referenzmenge für jeden Erzeuger auf der Grundlage der während eines Referenzjahres gelieferten Erzeugung im Rahmen der Zusatzabgabenregelung für Milch gegenüber einem Erzeuger, der nach einer im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 für einen bestimmten Zeitraum eingegangenen Verpflichtung zur Umstellung seines Viehbestands die Milcherzeugung bei Ablauf seines Umstellungszeitraums nicht wieder aufgenommen hat, auch wenn er dazu in der Lage war.

Zwar hat dieser Erzeuger mehrere Jahre nach diesem Zeitraum die Zuteilung einer Referenzmenge beantragt, er kann aber nicht geltend machen, dass er darauf habe vertrauen dürfen, diese Erzeugung irgendwann in der Zukunft wiederaufnehmen zu können. Die Marktbürger dürfen nämlich auf dem Gebiet der gemeinsamen Marktorganisationen, deren Zweck eine ständige Anpassung an die Veränderung der wirtschaftlichen Lage mit sich bringt, nicht darauf vertrauen, daß sie nicht Beschränkungen unterworfen werden, die sich aus markt- oder strukturpolitischen Bestimmungen ergeben. (vgl. Randnrn. 37, 41-42)


Urteil des Gerichts erster Instanz (Einzelrichter) vom 21. Juni 2000. - Hervé Tromeur gegen Rat der Europäischen Union und Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Schadensersatzklage - Außervertragliche Haftung - Milch - Zusatzabgabe - Referenzmenge - Erzeuger, der eine Umstellungsverpflichtung eingegangen ist - Nichtwiederaufnahme der Erzeugung nach Ende der Verpflichtung. - Rechtssache T-537/93.

Parteien:

In der Rechtssache T-537/93

Hervé Tromeur, wohnhaft in Fuzunec (Frankreich), Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Larzul und F. Buffet, danach Rechtsanwalt A. Delanoé, Rennes, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts A. May, 398, route d'Esch, Luxemburg,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch A. M. Colaert, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Beistand: Rechtsanwalt M. Núñez Müller, Hamburg, Zustellungsbevollmächtigter: A. Morbilli, Generaldirektor der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg,

und

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Berscheid, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten, Beistand: Rechtsanwalt M. Núñez Müller, Hamburg, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagte,

wegen Ersatzes des Schadens gemäß den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 235 EG und 288 Absatz 2 EG), der dem Kläger dadurch entstanden ist, daß er aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung an der Vermarktung von Milch gehindert war,

erläßt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

(Einzelrichter)

Richter: R. M. Moura Ramos

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 2000,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

1 Angesichts eines Überschusses bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft erließ der Rat 1977 die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1). In dieser Verordnung wurde den Erzeugern die Möglichkeit geboten, gegen Erhalt einer Prämie für einen Zeitraum von fünf Jahren eine Verpflichtung zur Nichtvermarktung oder Umstellung der Bestände einzugehen.

2 Obwohl viele Erzeuger solche Verpflichtungen eingingen, kam es 1983 erneut zu einer Überproduktion. Der Rat erließ daher die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13). Durch den neuen Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wurde eine "Zusatzabgabe" auf die von den Erzeugern gelieferten Milchmengen eingeführt, die über eine "Referenzmenge" hinausgehen.

3 In der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) wurde für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr - und zwar dem Kalenderjahr 1981, wobei die Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, statt dessen das Kalenderjahr 1982 oder das Kalenderjahr 1983 zu wählen - gelieferten Erzeugung die Referenzmenge festgesetzt. Die Französische Republik wählte das Kalenderjahr 1983 als Referenzjahr.

4 Die von einigen Erzeugern im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangenen Nichtvermarktungsverpflichtungen galten auch während der gewählten Referenzjahre. Da sie während dieser Jahre keine Milch erzeugt hatten, konnten sie keine Referenzmenge erhalten und infolgedessen auch keine von der Zusatzabgabe freie Milchmenge vermarkten.

5 Mit Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321; im folgenden: Urteil Mulder I) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzten Fassung wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für ungültig.

6 Um den genannten Urteilen nachzukommen, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 764/89 vom 20. März 1989 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 84, S. 2). Nach dieser Änderungsverordnung erhielten die Erzeuger, die Nichtvermarktungsverpflichtungen eingegangen waren, eine (auch "Quote" genannte) "spezifische" Referenzmenge.

7 Die Zuteilung dieser spezifischen Referenzmenge war von mehreren Voraussetzungen abhängig. Einige dieser Voraussetzungen, die sich insbesondere auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Nichtvermarktungsverpflichtung bezogen, wurden vom Gerichtshof mit Urteilen vom 11. Dezember 1990 in den Rechtssachen C-189/89 (Spagl, Slg. 1990, I-4539) und C-217/89 (Pastätter, Slg. 1990, I-4585) für ungültig erklärt.

8 Im Anschluß an diese Urteile erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 vom 13. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung Nr. 857/84 (ABl. L 150, S. 35), nach der den betroffenen Erzeugern durch Abschaffung der für ungültig erklärten Voraussetzungen eine spezifische Referenzmenge zugeteilt werden konnte.

9 Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061; im folgenden: Urteil Mulder II) entschied der Gerichtshof, daß die Gemeinschaft für die Schäden haftet, die bestimmte Milcherzeuger, die durch die Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 an der Vermarktung von Milch gehindert waren, erlitten hatten, weil sie Verpflichtungen gemäß der Verordnung Nr. 1078/77 eingegangen waren.

10 Im Anschluß an dieses Urteil veröffentlichten der Rat und die Kommission am 5. August 1992 die Mitteilung 92/C 198/04 (ABl. C 198, S. 4). Unter Hinweis auf die Auswirkungen des Urteils Mulder II und um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten, brachten die Organe ihren Willen zum Ausdruck, die praktischen Modalitäten für die Entschädigung der betroffenen Erzeuger zu erlassen. Sie verpflichteten sich, bis zum Erlaß dieser Modalitäten gegenüber allen entschädigungsberechtigten Erzeugern von der Geltendmachung der Verjährung gemäß Artikel 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes abzusehen, soweit der Entschädigungsanspruch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Erzeuger an eines der Organe wandte, noch nicht verjährt war.

11 Später erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6). Mit dieser Verordnung wird den Erzeugern, denen unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund der Anwendung der im Urteil Mulder II genannten Regelung ein Schaden entstanden ist, eine pauschale Entschädigung angeboten.

Sachverhalt

12 Der Kläger, ein Landwirt in Fuzunec (Frankreich), ging eine Verpflichtung zur Umstellung seiner Milchviehbestände auf die Fleischerzeugung im Rahmen der Verordnung Nr. 1078/77 ein. Die Verpflichtung endete am 15. November 1983; der Kläger hat die Milcherzeugung nach diesem Zeitpunkt nicht wiederaufgenommen.

13 In einem Schreiben vom 6. Oktober 1988 an den Präfekten des Departements Finistère brachte der Kläger seine Unzufriedenheit über die Lage zum Ausdruck, in der er sich nach Einführung der Milchquoten befand. Außerdem gab er an, er könne wegen der unerträglichen finanziellen Belastungen ohne Quote keine Milch erzeugen.

14 Am 20. Februar 1992 beantragte der Kläger die Zuteilung einer Referenzmenge im Rahmen der Verordnung Nr. 1639/91. Mit Bescheid vom 30. September 1992 lehnten die nationalen Beamten seinen Antrag mit der Begründung ab, daß dieser nicht fristgerecht gestellt worden sei. Der Kläger hat von den nationalen Behörden niemals eine Referenzmenge erhalten.

15 Nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2187/93 stellte der Kläger bei der Kommission einen Antrag mit dem Ziel, ein Entschädigungsangebot zu erhalten. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, daß dem Kläger entgegen dem Erfordernis in dieser Verordnung keine endgültige Referenzmenge zugeteilt worden sei.

Verfahren und Anträge der Parteien

16 Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 12. Oktober 1993 eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

17 Mit Beschluß vom 12. November 1993 hat das Gericht das Verfahren bis zur Verkündung des Endurteils des Gerichtshofes in den Rechtssachen C-104/89 (Mulder u. a./Rat und Kommission) und C-37/90 (Heinemann/Rat und Kommission) ausgesetzt.

18 Mit Beschluß vom 10. Februar 1999 hat der Präsident der Vierten erweiterten Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien in der informellen Sitzung vom 30. September 1998 die Fortsetzung des Verfahrens angeordnet.

19 Durch Entscheidung vom 6. Juli 1999 ist die Rechtssache an eine mit drei Richtern besetzte Kammer verwiesen worden.

20 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Vierte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und den Kläger aufgefordert, einige Fragen schriftlich zu beantworten.

21 Gemäß Artikel 14 Absatz 2 und 51 der Verfahrensordnung hat die Vierte Kammer die Rechtssache dem Richter Moura Ramos als Einzelrichter zugewiesen.

22 Die Parteien haben in der Sitzung vom 28. Januar 2000 mündlich verhandelt und die vom Gericht mündlich gestellten Fragen beantwortet.

23 Der Kläger beantragt,

- die Beklagten zu verurteilen, ihm eine Entschädigung in Höhe von 1 299 643,76 FRF zuzüglich 8 % Zinsen pro Jahr ab 19. Mai 1992 zu zahlen;

- die Beklagten zu verurteilen, die gesamten Verfahrenskosten zu tragen.

24 Die Beklagten beantragen,

- die Klage abzuweisen;

- dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründetheit

Vorbringen der Parteien

25 Der Kläger macht geltend, ihm sei durch die Nichtzuteilung einer Referenzmenge durch die Verordnung Nr. 857/84, deren Ungültigkeit vom Gerichtshof im Urteil Mulder I festgestellt worden sei, ein Schaden entstanden. Anschließend habe der Gerichtshof im Urteil Mulder II außerdem entschieden, daß diese Verordnung das berechtigte Vertrauen der Erzeuger verletzt habe, die Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen eingegangen seien und die nach dem Auslaufen dieser Verpflichtungen beabsichtigt hätten, die Milcherzeugung wiederaufzunehmen. Unter diesen Umständen hätten der Rat und die Kommission den entstandenen Schaden zu ersetzen.

26 In diesem Zusammenhang bestreitet der Kläger die Behauptung der Beklagten, er habe die Milcherzeugung freiwillig aufgegeben. Er trägt vor, nach dem Urteil Mulder I habe er in Wirklichkeit am 6. Oktober 1988 beim Präfekten des Departements Finistère die Zuteilung einer Referenzmenge beantragt, was seine Absicht beweise, Milch zu erzeugen.

27 Zur Berechnung der Höhe der Entschädigung beruft der Kläger sich auf die Rechtsprechung, wonach der zu ersetzende Schaden aus der Differenz zwischen den Einkünften, die er bei normalem Lauf der Dinge aus den Milchlieferungen erzielt hätte, die er getätigt hätte, wenn er während des Zeitraums zwischen dem 1. Januar 1984 und dem 29. März 1989 eine Quote erhalten hätte (hypothetische Einkünfte), und den Einkünften besteht, die er tatsächlich aus eventuellen Substitutionstätigkeiten erzielt hat (Alternativeinkünfte). Der Kläger schätzt seinen Schaden auf 1 299 643,76 FRF; dies entspricht der für die Bestimmung seiner Umstellungsprämie zugrunde gelegten jährlichen Milchmenge, d. h. 156 509 Liter, multipliziert mit dem Durchschnittspreis für 1 Liter Milch, d. h. 2 FRF, woraus sich für fünf Jahre und drei Monate ein Betrag von 1 643 344 FRF ergibt, abzüglich der Einkünfte in Höhe von 343 701,24 FRF aus seiner Substitutionstätigkeit.

28 In diesem Zusammenhang fügt er hinzu, die Substitutionstätigkeit, die er ausgeübt habe, nämlich die Fleischerzeugung, habe sich als wirtschaftlich katastrophal erwiesen, weil der Fleischpreis ab 1984 gefallen sei, während der Milchpreis seit dieser Zeit auf das Doppelte gestiegen sei.

29 Im übrigen sei sein Klageanspruch nicht verjährt, da die Organe sich verpflichtet hätten, dem Urteil Mulder II volle Wirksamkeit gegenüber allen Erzeugern zu verleihen, die nachwiesen, daß sie dadurch einen Schaden erlitten hätten, daß sie ab 1984 keine Referenzmenge hätten erhalten können.

30 Die Beklagten machen geltend, erstens sei die Klage nicht begründet, zweitens sei der Klageanspruch zu einem großen Teil verjährt und drittens sei der geltend gemachte Schaden zu hoch angesetzt.

Beurteilung durch das Gericht

31 Die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für einen durch ihre Organe verursachten Schaden setzt nach Artikel 215 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 288 Absatz 2 EG) voraus, daß ein Tatbestand erfuellt ist, dessen Merkmale die Rechtswidrigkeit des dem Gemeinschaftsorgan zur Last gelegten Verhaltens, das Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden sind (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 197/80 bis 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18, und des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 80).

32 Was die Lage der Milcherzeuger angeht, die eine Nichtvermarktungsverpflichtung eingegangen waren, so haftet die Gemeinschaft gegenüber jedem Erzeuger, der dadurch einen ersetzbaren Schaden erlitten hat, daß er durch Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 an der Lieferung von Milch gehindert war (Urteil Mulder II, Randnr. 22).

33 Diese Haftung beruht auf der Verletzung des berechtigten Vertrauens, das die Erzeuger, die durch eine Handlung der Gemeinschaft dazu veranlaßt worden sind, die Vermarktung von Milch im Allgemeininteresse und gegen Zahlung einer Prämie für eine begrenzte Zeit einzustellen, in die Begrenztheit ihrer Nichtvermarktungsverpflichtung setzen durften (Urteile Mulder I, Randnr. 24, und von Deetzen, Randnr. 13). Der Grundsatz des Vertrauensschutzes verbietet es jedoch nicht, einen Erzeuger nach einer Regelung wie der über die Zusatzabgabe deswegen Beschränkungen zu unterwerfen, weil er in einem bestimmten Zeitraum vor dem Inkrafttreten dieser Regelung aus Gründen, die mit seiner Nichtvermarktungsverpflichtung nichts zu tun haben, keine Milch vermarktet hat (Urteil des Gerichts vom 13. Januar 1999 in der Rechtssache T-1/96, Böcker-Lensing und Schulze-Beiering/Rat und Kommission, Slg. 1999, II-1, Randnr. 41).

34 Der Kläger macht geltend, ihm sei vom 1. Januar 1984 bis zum 29. März 1989 rechtswidrig eine Referenzmenge vorenthalten worden und dies sei eine Folge der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84. Dadurch sei seine berechtigte Erwartung, die Milcherzeugung nach Ende seines Nichtvermarktungszeitraums wiederaufnehmen zu können, zunichte gemacht worden.

35 Unter den hier gegebenen Umständen ist zunächst zu prüfen, ob der Kläger sein Vorbringen zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere was die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Organe und das Vorliegen des behaupteten Schadens angeht, bewiesen hat.

36 Nach ständiger Rechtsprechung ist es Sache der Partei, die sich auf die Haftung der Gemeinschaft beruft, schlüssige Beweise für das Vorliegen und den Umfang des von ihr geltend gemachten Schadens zu erbringen und den Kausalzusammenhang zwischen diesem Schaden und dem beanstandeten Verhalten der Gemeinschaftsorgane nachzuweisen (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1998 in der Rechtssache C-401/96 P, Somaco/Kommission, Slg. 1998, I-2587, Randnr. 71).

37 Sodann ist festzustellen, daß der Kläger die Milcherzeugung bei Auslaufen seines Umstellungszeitraums am 15. November 1983 nicht wiederaufgenommen hat, obwohl die Verordnung Nr. 857/84 erst am 1. April 1984 in Kraft getreten ist und der Kläger seinerzeit Milchkühe besaß (siehe das bereits genannte Schreiben vom 6. Oktober 1988).

38 Auch wenn der Kläger geltend macht, er sei bei den französischen Behörden seit 1984 vorstellig geworden, um die Milcherzeugung wiederaufnehmen zu können, ist festzustellen, daß er die Zuteilung einer Referenzmenge erst am 20. Februar 1992 nach dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1639/91 beantragt hat. Im übrigen ergibt sich aus den Akten und den Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts, daß der Kläger die Zuteilung einer Referenzmenge wegen des Fehlens von Informationen, für das er die französischen Verwaltungsbehörden verantwortlich macht, nicht innerhalb der in dieser Verordnung vorgesehenen Frist beantragt hat.

39 Außerdem hat der Kläger nicht dargetan, daß er andere Schritte unternommen hätte, die seine Absicht beweisen könnten, die Milcherzeugung nach Ablauf des Umstellungszeitraums wiederaufzunehmen. Die einzigen zu den Akten gegebenen Unterlagen, nämlich die Briefe, mit denen der Kläger die französischen Behörden von seiner Absicht unterrichtete, die Milcherzeugung wiederaufzunehmen, datieren frühestens vom 6. Oktober 1988 und können folglich nicht als Beweis für die Absicht des Klägers dienen, die Milcherzeugung bei Auslaufen seiner Umstellungsverpflichtung im Jahr 1983 wiederaufzunehmen.

40 Der Kläger kann folglich nicht geltend machen, daß er darauf habe vertrauen dürfen, die Milcherzeugung wiederaufnehmen zu können, und daß dieses Vertrauen durch die streitigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften verletzt worden sei.

41 Zwar hat der Kläger 1992 die Zuteilung einer Referenzmenge beantragt, er durfte jedoch nicht darauf vertrauen, die Milcherzeugung irgendwann in der Zukunft wiederaufnehmen zu können. Die Marktbürger dürfen nämlich auf dem Gebiet der gemeinsamen Marktorganisationen, deren Zweck eine ständige Anpassung an die Veränderung der wirtschaftlichen Lage mit sich bringt, nicht darauf vertrauen, daß sie nicht Beschränkungen unterworfen werden, die sich aus markt- oder strukturpolitischen Bestimmungen ergeben (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juni 1987 in den Rechtssachen 424/85 und 425/85, Frico u. a., Slg. 1987, 2755, Randnr. 33, Mulder I, Randnr. 23, und von Deetzen, Randnr. 12, sowie das bereits genannte Urteil Böcker-Lensing und Schulze-Beiering/Rat und Kommission, Randnr. 47).

42 Nach alledem haftet die Gemeinschaft gegenüber dem Kläger nicht aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84, ohne daß geprüft zu werden braucht, ob die übrigen Voraussetzungen einer solchen Haftung erfuellt sind.

43 Darüber hinaus ist auch die Frage der Verjährung nicht zu prüfen.

44 Nach alledem ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

45 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger mit seinem Vorbringen unterlegen ist, hat er gemäß den Anträgen des Rates und der Kommission die Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Einzelrichter)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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