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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 16.12.1994
Aktenzeichen: T-541/93 (1)
Rechtsgebiete: EWG-Vertrag, VO (EWG) Nr. 2187/93


Vorschriften:

EWG-Vertrag Art. 173
VO (EWG) Nr. 2187/93 Art. 8
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die in das Protokoll einer Anhörung vor dem Gericht aufgenommene Stellungnahme der Organe zu den Folgerungen, die sie aus einer eventuellen Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 2187/93 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Milcherzeuger, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren, durch den Gemeinschaftsrichter ziehen würden, wonach alle Betroffenen, auch wenn sie an dem zu dieser Nichtigerklärung führenden Gerichtsverfahren nicht beteiligt gewesen seien, eine Entschädigung beanspruchen könnten, die ohne Anwendung der in den Artikeln 8 und 14 dieser Verordnung vorgesehenen Einschränkungen berechnet werde, kann bei einigen der Kläger, die die Nichtigerklärung der Verordnung beantragt hatten, insoweit den Anlaß für die Entscheidung, die Klage zurückzunehmen, abgegeben haben, als sie durch diese Stellungnahme Aufschluß über die Auffassung des Rates in bezug auf die Folgen der Annahme des in der streitigen Verordnung enthaltenen Entschädigungsangebots für den Fall erhalten haben, daß diese Verordnung für nichtig erklärt werden sollte.

Diese Erklärung ist jedoch nicht so geartet, daß sie es rechtfertigen könnte, die Kosten der Kläger aufgrund von Artikel 87 § 5 der Verfahrensordnung des Gerichts dem beklagten Organ aufzuerlegen. Somit müssen die Parteien jeweils ihre eigenen Kosten tragen.


BESCHLUSS DES PRAESIDENTEN DES GERICHTS ERSTER INSTANZ VOM 16. DEZEMBER 1994. - NORMAN MCCUTCHEON UND ANDERE GEGEN RAT DER EUROPAEISCHEN UNION. - TEILWEISE STREICHUNG. - RECHTSSACHE T-541/93.

Entscheidungsgründe:

1 Norman McCutcheon und die anderen in der Anlage zu diesem Beschluß bezeichneten Kläger haben mit Klageschrift, die am 14. Oktober 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag gegen den Rat Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 des Rates vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung bestimmter Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6, im folgenden: Verordnung Nr. 2187/93), und insbesondere der Artikel 8 und 14 dieser Verordnung erhoben.

2 Mit besonderem Schriftsatz, der am 19. November 1993 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, haben diese Kläger den Erlaß einer einstweiligen Anordnung beantragt mit dem Ziel, zum einen den Vollzug der Verordnung Nr. 2187/93, und zwar insbesondere des Artikels 14 Absatz 4 dieser Verordnung, auszusetzen und zum anderen festzustellen, daß die Kläger die in dieser Verordnung vorgesehene pauschale Entschädigung erhalten können, ohne ihre beim Gericht anhängigen Klagen zurücknehmen zu müssen.

3 Mit Beschluß vom 1. Februar 1994 hat der Präsident des Gerichts diese Anträge auf einstweilige Anordnung zurückgewiesen und die Kostenentscheidung vorbehalten (Rechtssachen T-278/93 R und T-555/93 R, T-280/93 R und T-541/93 R, Jones u. a./Rat und Kommission, Slg. 1994, II-11).

4 Die Kommission hat mit Schreiben, das am 5. Januar 1994 bei der Kanzlei des Gerichts in das Register eingetragen worden ist, die Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Beklagten beantragt. Mit Beschluß vom 30. August 1994 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben.

5 Das Vereinigte Königreich hat mit Schreiben, das am 2. März 1994 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden ist, die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Beklagten beantragt. Mit Beschluß vom 30. August 1994 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts diesem Antrag stattgegeben.

6 Mit Schreiben, die zwischen dem 25. Februar und dem 7. Oktober 1994 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden sind, haben die Kläger, mit Ausnahme von Gregory Walsh, Patrick Hefferman, Thomas Fitzsimons, Patrick Wall, Patrick Griffin, John Harris, Sean Coughlan und James Connaughton ihre Klagen zurückgenommen.

7 Nimmt eine Partei die Klage zurück, so wird sie gemäß Artikel 87 § 5 Absatz 1 Satz 1 der Verfahrensordnung auf Antrag der Gegenpartei zur Tragung der Kosten verurteilt. Im vorliegenden Fall beantragen die Kläger jedoch, Artikel 87 § 5 Absatz 1 Satz 2 der Verfahrensverordnung anzuwenden, wonach die Kosten der Gegenpartei auferlegt werden können, wenn dies wegen ihres Verhaltens gerechtfertigt erscheint. Dieser Antrag der Kläger erstreckt sich auch auf die mit dem Verfahren der einstweiligen Anordnung zusammenhängenden Kosten.

8 Der Rat ist in seinen zwischen dem 19. Mai 1994 und dem 4. November 1994 in das Register der Kanzlei eingetragenen Erklärungen dem Antrag der Kläger zur Kostenentscheidung entgegengetreten. In ihren am 4. November 1994 in das Register der Kanzlei eingetragenen Erklärungen hat die Kommission, die als Streithelferin gemäß Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten zu tragen hat, dem Vorbringen der Kläger, was die Verurteilung des Rates zur Tragung der Kosten angeht, ebenfalls widersprochen.

9 Zur Begründung ihres Antrags führen die Kläger drei Hauptargumente an. Erstens tragen sie vor, die beklagten Organe seien für die starke Vermehrung der Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet der Milchquoten verantwortlich, weil sie in der Verordnung Nr. 2187/93 gegenüber Erzeugern, die sich in einer ähnlichen Lage wie die Kläger befänden, die Verjährung geltend gemacht hätten. Darüber hinaus müssten die Erzeuger nach Artikel 14 dieser Verordnung, wenn sie die ihnen angebotene Entschädigung erhalten wollten, auf die Geltendmachung des Schadens, der Gegenstand des Entschädigungsangebots sei, gegenüber den Gemeinschaftsorganen verzichten. Diese Verordnung enthalte daher kein Entschädigungsangebot, das geeignet sei, den tatsächlich erlittenen Schaden zu decken. Diese Verhaltensweise habe zur Folge, daß ihnen ihr Recht auf Entschädigung für einen Teil des Schadens, den sie erlitten hätten, genommen werde. Zweitens berufen die Kläger sich darauf, daß die Kommission sich durch ihre Verordnung (EWG) Nr. 2648/93 vom 28. September 1993 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung Nr. 2187/93 (ABl. L 243, S. 1, im folgenden: Verordnung Nr. 2648/93) dazu bereit erklärt habe, die Anwaltshonorare aller Milcherzeuger, die vor der Mitteilung vom 5. August 1992 (ABl. C 198, S. 4) tätig geworden seien, durch eine Pauschalzahlung zu erstatten, und daher in entsprechender Anwendung dieser Verordnung auch die nach dem 5. August 1992 entstandenen Anwaltskosten übernehmen müsse, weil das Tätigwerden dieser Anwälte sich als zur Verbesserung der Position der Erzeuger notwendig erwiesen habe. Drittens machen die Kläger geltend, aus dem obengenannten Beschluß Jones u. a./Rat und Kommission und insbesondere aus der Randnummer 52 dieses Beschlusses gehe hervor, daß sie dann, wenn die im Verfahren in der Hauptsache angefochtenen Bestimmungen der Verordnung Nr. 2187/93 für rechtswidrig erklärt würden, dadurch keinen Schaden erleiden würden, da sie in der Zwischenzeit das in dieser Verordnung enthaltene Entschädigungsangebot angenommen hätten. Diese Randnummer sei die Folge einer Erklärung, die die Bevollmächtigten der beklagten Organe in der Anhörung der Parteien in diesem Sinne abgegeben hätten und die in Randnummer 51 des Beschlusses wiedergegeben sei. Die Kläger erklären, in Anbetracht der Erhöhung der Rechtssicherheit, die sich für sie aus dem Beschluß ergebe, seien sie nun in der Lage, die Klagen zurückzunehmen.

10 Was das erste Argument der Kläger angeht, trägt der Rat vor, die Erhebung mehrerer einzelner Nichtigkeitsklagen gegen die Verordnung Nr. 2187/93 sei völlig unnötig gewesen, da die Nichtigerklärung der Verordnung ° falls der Rat sie ausspreche ° Wirkung erga omnes entfalte. Die Kommission trägt vor, die Kläger hätten keine Nichtigkeitsklagen zu erheben brauchen, um Ersatz ihres Schadens zu erlangen. Die Rücknahme der Klagen sei eine gänzlich freiwillige Handlung, für die die Kläger sich entschieden hätten, um die in der Verordnung Nr. 2187/93 angebotene Entschädigung zu erhalten, und sei nicht die Folge einer Änderung des Verhaltens der Organe.

11 Was die beiden anderen Argumente angeht, tragen der Rat und die Kommission vor, in dem zitierten Beschluß Jones u. a./Rat und Kommission werde lediglich die Notwendigkeit anerkannt, daß die Organe alle die Maßnahmen zu ergreifen hätten, die sich aus einem Urteil des Gerichts oder des Gerichtshofes ergeben könnten, durch das die Verordnung Nr. 2187/93 gegebenenfalls wegen fehlerhafter Anwendung der Verjährungsvorschriften der EWG-Satzung des Gerichtshofes für nichtig erklärt werde. Aus diesem Beschluß ergebe sich keine Rechtfertigung in bezug auf die Rücknahme der von den Klägern erhobenen Nichtigkeitsklagen. Das in der Verordnung Nr. 2648/93 enthaltene Angebot der Übernahme der Anwaltskosten sei seinerseits an die Annahme des Entschädigungsangebots gebunden, dessen Einzelheiten in der Verordnung Nr. 2187/93 festgelegt seien, und könne daher nicht ausserhalb dieses Zusammenhangs angewendet werden.

12 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Verordnung Nr. 2187/93 in Artikel 8 bestimmt, daß die in dieser Verordnung vorgesehene pauschalierte Entschädigung nur für den Zeitraum angeboten wird, für den der Entschädigungsanspruch nicht verjährt ist, und daß die in Artikel 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes festgesetzte fünfjährige Verjährungsfrist als entweder an dem Tag unterbrochen gilt, an dem der Erzeuger bei einem der Gemeinschaftsorgane einen Antrag gestellt hat, oder an dem Tag, an dem der Gerichtshof angerufen worden ist, oder aber am 5. August 1992, dem Tag, an dem der Rat und die Kommission sich in einer Mitteilung verpflichtet haben, das Urteil des Gerichtshofes vom 19. Mai 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061) auf alle betroffenen Milcherzeuger anzuwenden. Nach Artikel 14 der Verordnung Nr. 2187/93 wird durch die Annahme des Entschädigungsangebots gegenüber den Gemeinschaftsorganen auf die Geltendmachung des Schadens verzichtet, der Gegenstand der Entschädigungsanträge ist.

13 Sodann ist festzustellen, daß in den Verfahren der einstweiligen Anordnung, die in der vorliegenden Rechtssache sowie in den entsprechenden Rechtssachen in Gang gesetzt worden sind, der Rat ebenso wie die Kommission, die in einigen dieser Rechtssachen Beklagte sind, im schriftlichen Verfahren erklärt haben, daß die Annahme des Entschädigungsangebots durch die Antragsteller und ihr Verzicht auf die Geltendmachung ihres Schadens gegenüber den Gemeinschaftsorganen nicht notwendigerweise den Verlust aller ihre Ansprüche auf Entschädigung für den gesamten Zeitraum, für den sie ihrer Auffassung nach Anspruch darauf hätten, bedeute, wenn das Gericht oder der Gerichtshof entscheiden sollte, daß die Bestimmungen des Artikels 8 der Verordnung Nr. 2187/93 über die Verjährung rechtswidrig seien. Nach Auffassung des Rates könnte die Entschädigung unter diesen Umständen grundsätzlich für den gesamten streitigen Zeitraum verlangt werden.

14 Bei der Anhörung vom 6. Januar 1994 in den obengenannten Verfahren der einstweiligen Anordnung haben die Bevollmächtigten des Rates und der Kommission sich mit der Aufnahme einer Erklärung gleichen Inhalts in das Protokoll einverstanden erklärt (siehe Beschluß Jones u. a./Rat und Kommission, a. a. O., Randnr. 51).

15 Unter diesen Voraussetzungen lässt sich nicht leugnen, daß diese Stellungnahme von seiten der Organe ° auch wenn der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen worden ist ° insoweit den Anlaß für die Entscheidung der Kläger, die Klagen zurückzunehmen, abgegeben haben kann, als sie dadurch Aufschluß über die Auffassung des Rates und der Kommission in bezug auf die Folgen der Annahme des in der streitigen Verordnung enthaltenen Entschädigungsangebots für den Fall erhalten haben, daß diese Verordnung für nichtig erklärt werden sollte.

16 Diese Erklärung ist jedoch nicht so geartet, daß sie es rechtfertigen könnte, die Kosten der Kläger aufgrund von Artikel 87 § 5 der Verfahrensordnung des Gerichts dem beklagten Organ aufzuerlegen. Somit müssen die Parteien jeweils ihre eigenen Kosten tragen. Diese Schlußfolgerung wird durch die Verordnung Nr. 2648/93, die in Artikel 2 lediglich die Zahlung der vor dem 5. August 1992 entstandenen Anwaltskosten vorsieht, nicht berührt.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DER PRÄSIDENT DES GERICHTS

beschlossen:

1) Norman McCutcheon und die anderen in der Anlage zu diesem Beschluß bezeichneten Milcherzeuger mit Ausnahme von Gregory Walsh, Patrick Hefferman, Thomas Fitzsimons, Patrick Wall, Patrick Griffin, John Harris, Sean Coughlan und James Connaughton werden aus dem Verzeichnis der Kläger in der Rechtssache T-541/93 gestrichen.

2) Die Parteien tragen jeweils ihre eigenen Kosten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung.

3) Die Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 16. Dezember 1994

Ende der Entscheidung

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