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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 16.04.1997
Aktenzeichen: T-541/93
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 804/68, VO (EWG) Nr. 2187/93


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 804/68 Art. 5c
VO (EWG) Nr. 2187/93 Art. 8
VO (EWG) Nr. 2187/93 Art. 14
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 173 des Vertrages ist nur gegen Handlungen gegeben, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen.

Die Verordnung Nr. 2187/93 stellt keine derartige Handlung dar, die von den Erzeugern von Milch oder Milcherzeugnissen angefochten werden könnte, die infolge der Nichtzuteilung einer Referenzmenge vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren, da sie ein pauschales Entschädigungsangebot an die genannten Erzeuger enthält, dessen Annahme diesen überlassen bleibt, und da diese Erzeuger, falls sie das Angebot nicht annehmen, genau in der Lage bleiben, in der sie sich ohne den Erlaß der betreffenden Verordnung befunden hätten, da sie das Recht behalten, Schadensersatzklage gemäß den Artikeln 178 und 215 des Vertrages zu erheben.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste erweiterte Kammer) vom 16. April 1997. - James Connaughton, Thomas Fitzsimons und Patrick Griffin gegen Rat der Europäischen Union. - Nichtigkeitsklage - Milch - Zusatzabgabe - Referenzmenge - Erzeuger, die Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen eingegangen sind - Entschädigung - Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 - Rechtswirkungen - Zulässigkeit. - Rechtssache T-541/93.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und rechtlicher Rahmen

1 Um einen Überschuß bei der Milcherzeugung in der Gemeinschaft zu verringern, erließ der Rat 1977 die Verordnung (EWG) Nr. 1078/77 vom 17. Mai 1977 zur Einführung einer Prämienregelung für die Nichtvermarktung von Milch und Milcherzeugnissen und die Umstellung der Milchkuhbestände (ABl. L 131, S. 1). In dieser Verordnung wurde den Erzeugern als Gegenleistung für die Übernahme einer für einen Zeitraum von fünf Jahren geltenden Verpflichtung zur Nichtvermarktung oder Umstellung der Bestände eine Prämie angeboten.

2 Im Rahmen der durch diese Verordnung eingeführten Regelung gingen die Kläger, Milcherzeuger in Irland, Verpflichtungen zur Nichtvermarktung und Umstellung ihrer Erzeugung ein.

3 Um der anhaltenden Überproduktion entgegenzuwirken, erließ der Rat 1984 die Verordnung (EWG) Nr. 856/84 vom 31. März 1984 (ABl. L 90, S. 10) zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148, S. 13). Durch den neuen Artikel 5c der Verordnung Nr. 804/68 wurde eine "Zusatzabgabe" auf die von den Erzeugern gelieferten Milchmengen eingeführt, die über eine "Referenzmenge" hinausgehen.

4 In der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 des Rates vom 31. März 1984 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 90, S. 13) wurde für jeden Erzeuger auf der Grundlage der in einem Referenzjahr - und zwar dem Kalenderjahr 1981, wobei die Mitgliedstaaten die Möglichkeit hatten, statt dessen das Kalenderjahr 1982 oder das Kalenderjahr 1983 zu wählen - gelieferten Erzeugung die Referenzmenge festgesetzt. Sie wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 1371/84 der Kommission vom 16. Mai 1984 mit den Durchführungsbestimmungen für die Zusatzabgabe nach Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (ABl. L 132, S. 11) ergänzt.

5 Die Nichtvermarktungs- und Umstellungsverpflichtungen der Kläger erstreckten sich auf diese Referenzjahre. Da sie in diesen Jahren keine Milch erzeugt hatten, konnte ihnen keine Referenzmenge zugeteilt werden, so daß sie keine von der Zusatzabgabe befreite Milchmenge vermarkten konnten.

6 Mit Urteilen vom 28. April 1988 in den Rechtssachen 120/86 (Mulder, Slg. 1988, 2321)) und 170/86 (von Deetzen, Slg. 1988, 2355) erklärte der Gerichtshof die Verordnung Nr. 857/84 in der durch die Verordnung Nr. 1371/84 ergänzten Fassung wegen Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für ungültig.

7 Um den genannten Urteilen nachzukommen, erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 764/89 vom 20. März 1989 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 84, S. 2). Nach dieser Änderungsverordnung erhielten die Erzeuger, die Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtungen eingegangen waren, eine "spezifische" Referenzmenge. Solche Erzeuger werden als "SLOM-I-Erzeuger" bezeichnet.

8 Die Zuteilung einer spezifischen Referenzmenge war von mehreren Voraussetzungen abhängig. Einige von ihnen wurden vom Gerichtshof mit Urteilen vom 11. Dezember 1990 in den Rechtssachen C-189/89 (Spagl, Slg. 1990, I-4539) und C-217/89 (Pastätter, Slg. 1990, I-4585) für ungültig erklärt.

9 Im Anschluß an diese Urteile erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 1639/91 vom 13. Juni 1991 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 857/84 über Grundregeln für die Anwendung der Abgabe gemäß Artikel 5c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 im Sektor Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 150, S. 35), mit der den betroffenen Erzeugern eine spezifische Referenzmenge zugeteilt wurde. Sie werden als "SLOM-II-Erzeuger" bezeichnet.

10 Einer der Erzeuger, die die zur Feststellung der Ungültigkeit der Verordnung Nr. 857/84 führende Klage eingereicht hatten, hatte inzwischen zusammen mit anderen Erzeugern gegen den Rat und die Kommission Klage auf Ersatz der Schäden erhoben, die er durch die Nichtzuteilung einer Referenzmenge im Rahmen der Anwendung dieser Verordnung erlitten hatte. Mit Urteil vom 19. Mai 1992 in den Rechtssachen C-104/89 und C-37/90 (Mulder u. a./Rat und Kommission, Slg. 1992, I-3061; im folgenden: Urteil Mulder II) entschied der Gerichtshof, daß die Gemeinschaft für diese Schäden hafte. Nach diesem Urteil haben alle Erzeuger, die nur wegen ihrer Nichtvermarktungs- oder Umstellungsverpflichtung an der Vermarktung von Milch gehindert waren, grundsätzlich Anspruch auf Ersatz ihrer Schäden.

11 Angesichts der grossen Zahl betroffener Erzeuger und der Schwierigkeiten bei der Aushandelung individueller Lösungen veröffentlichten der Rat und die Kommission am 5. August 1992 die Mitteilung 92/C 198/04 (ABl. C 198, S. 4; im folgenden: Mitteilung oder Mitteilung vom 5. August 1992). Unter Hinweis auf die Auswirkungen des Urteils Mulder II, und um dessen volle Wirksamkeit zu gewährleisten, brachten die Organe ihren Willen zum Ausdruck, die praktischen Modalitäten für die Entschädigung der betroffenen Erzeuger zu erlassen. Sie verpflichteten sich, bis zum Erlaß dieser Modalitäten gegenüber allen entschädigungsberechtigten Erzeugern von der Geltendmachung der Verjährung gemäß Artikel 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes abzusehen. Die Verpflichtung war jedoch an die Bedingung geknüpft, daß der Entschädigungsanspruch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Mitteilung oder zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Erzeuger an eines der Organe wandte, noch nicht verjährt war. Schließlich versicherten die Organe den Erzeugern, daß ihnen keine Nachteile entstehen könnten, wenn sie sich zwischen der Veröffentlichung der Mitteilung und dem Erlaß der praktischen Modalitäten für die Entschädigung nicht meldeten.

12 Im Anschluß an die Mitteilung vom 5. August 1992 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 2187/93 vom 22. Juli 1993 über das Angebot einer Entschädigung an bestimmte Erzeuger von Milch oder Milcherzeugnissen, die vorübergehend an der Ausübung ihrer Tätigkeit gehindert waren (ABl. L 196, S. 6). Die Verordnung sieht vor, daß den Erzeugern, die unter den Voraussetzungen der Verordnungen Nr. 764/89 und Nr. 1639/91 spezifische Referenzmengen erhalten hatten, eine pauschale Entschädigung angeboten wird.

13 Gemäß Artikel 8 der Verordnung Nr. 2187/93 wird die Entschädigung nur für den Zeitraum angeboten, für den der Entschädigungsanspruch nicht verjährt ist. Als Datum der Unterbrechung der fünfjährigen Verjährungsfrist des Artikels 43 der EWG-Satzung des Gerichtshofes gilt das Datum des an ein Gemeinschaftsorgan gerichteten Antrags oder das Datum der Eintragung einer beim Gerichtshof eingereichten Klageschrift in dessen Register, spätestens jedoch der 5. August 1992, an dem die oben genannte Mitteilung veröffentlicht wurde (Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a). Der für eine Entschädigung in Betracht kommende Zeitraum beginnt fünf Jahre vor dem Datum der Unterbrechung der Verjährung und endet zu dem Zeitpunkt, zu dem der Erzeuger eine spezifische Referenzmenge gemäß den Verordnungen Nrn. 764/89 oder 1639/91 erhalten hat.

14 Nach Artikel 14 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2187/93 wird mit der Annahme des Entschädigungsangebots gegenüber den Gemeinschaftsorganen auf die Geltendmachung, ganz gleich in welcher Form, des streitigen Schadens verzichtet.

Verfahren und Anträge der Parteien

15 Mit Klageschrift, die am 14. Oktober 1993 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger die Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 2187/93, insbesondere der Artikel 8 und 14, beantragt.

16 Am 19. November 1993 haben die Kläger beantragt, den Vollzug der Verordnung Nr. 2187/93, insbesondere des Artikels 14 Absatz 4, durch einstweilige Anordnung auszusetzen und dem Rat und der Kommission aufzugeben, Maßnahmen zu erlassen, die es den Klägern ermöglichen, die in der angefochtenen Verordnung vorgesehene pauschale Entschädigung anzunehmen, ohne zur Rücknahme der erhobenen Schadensersatzklagen gezwungen zu sein. Mit Beschluß vom 1. Februar 1994 in den Rechtssachen T-278/93 R, T-555/93 R, T-280/93 R und T-541/93 R (Jones u. a./Rat und Kommission, Slg. 1994, II-11) hat der Präsident des Gerichts den Antrag zurückgewiesen.

17 Mit Beschluß vom 30. August 1994 sind die Kommission und das Vereinigte Königreich als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden. Zu den Streithilfeschriftsätzen haben die Kläger innerhalb der gesetzten Frist nicht Stellung genommen.

18 Das Gericht (Erste erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Die Beteiligten sind mit Ausnahme des Streithelfers Vereinigtes Königreich, der nicht vertreten war, in der Sitzung vom 21. Mai 1996 angehört worden.

19 Die Kläger beantragen,

- die Verordnung Nr. 2187/93, insbesondere die Artikel 8 und 14, für nichtig zu erklären;

- dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

20 Der Beklagte beantragt,

- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, abzuweisen;

- den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

21 Die Streithelferin Kommission beantragt, die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet, abzuweisen.

22 Der Streithelfer Vereinigtes Königreich beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.

Vorbringen der Beteiligten

23 Die Kläger berufen sich auf drei Nichtigkeitsgründe: Die angefochtene Verordnung führe das Urteil Mulder II fehlerhaft durch und verletze die Grundsätze des guten Glaubens, des "estoppel" und des Vertrauensschutzes; Artikel 43 der EG-Satzung des Gerichtshofes werde fehlerhaft angewandt; und die Verordnung übe wirtschaftlichen Zwang auf die Erzeuger aus. In der Klagebeantwortung tritt der Rat, unterstützt durch die Streithelfer Kommission und Vereinigtes Königreich, diesen Gründen entgegen und erhebt die Einrede der Unzulässigkeit der Klage.

Zur Zulässigkeit

24 Der Rat trägt zwei Unzulässigkeitsgründe vor. Zum einen seien die Kläger durch die Verordnung Nr. 2187/93 nicht individuell und unmittelbar betroffen. Zum andern könne diese Verordnung von den Erzeugern als Adressaten eines Entschädigungsangebots nicht gerichtlich angefochten werden.

25 Die Kommission unterstützt in ihrer Stellungnahme als Streithelferin die Anträge des Rates, ohne jedoch eigenständige Gründe hinzuzufügen.

26 Zunächst ist der zweite Unzulässigkeitsgrund zu prüfen, da die Untersuchung der Wirkungen der angefochtenen Handlung der Untersuchung der Frage, ob diese Handlung die Kläger unmittelbar und individuell betrifft, logisch vorgeht.

Zu den Wirkungen der angefochtenen Handlung

Vorbringen der Beteiligten

27 Der Rat trägt vor, die Verordnung Nr. 2187/93 stelle keine Handlung dar, die gerichtlich nachprüfbar sei. Sie habe keine bindende Wirkung, da sie die Rechtsstellung der Erzeuger nicht ohne deren Zustimmung - die in der Annahme des in der Verordnung vorgesehenen Angebots liege - ändere.

28 Die Kommission macht im Rahmen der von ihr geäusserten Zweifel an der unmittelbaren Betroffenheit der Kläger durch die angefochtene Handlung das gleiche Argument geltend, wobei sie darauf hinweist, daß den Klägern durch die Verordnung ein Angebot gemacht werde, das sie nach ihrem freien Entschluß annehmen oder ablehnen könnten.

29 Die Kläger haben hierzu nichts vorgetragen.

Würdigung durch das Gericht

30 Die Nichtigkeitsklage ist nur gegen Handlungen gegeben, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, welche die Interessen des Klägers durch einen Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigen (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639, Randnr. 9; Beschlüsse des Gerichts vom 30. November 1992 in der Rechtssache T-36/92, SFEI u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2479, Randnr. 38, und vom 21. Oktober 1993 in den Rechtssachen T-492/93 und T-492/93 R, Nutral/Kommission, Slg. 1993, II-1023, Randnr. 24; Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1996 in der Rechtssache T-154/94, Comité des salines de France und Compagnie des salins du Midi et des salines de l'Est/Kommission, Slg. 1996, II-0000, Randnr. 37).

31 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der vierten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 2187/93 in Verbindung mit den Artikeln 1, 8 und 14 eindeutig, daß diese Verordnung den SLOM-I- und SLOM-II-Erzeugern ein Entschädigungsangebot macht. In der vierten Begründungserwägung und den Artikeln 8 und 14 werden nämlich der Begriff "Angebot", die Wendung "die Entschädigung wird nur... angeboten", und die Ausdrücke "Entschädigung" und "Angebot für eine Entschädigung" verwendet. Ausserdem ergibt sich aus der vierten Begründungserwägung und insbesondere aus Artikel 11 der angefochtenen Verordnung, daß die Angebote Pauschalcharakter haben, da ihre Beträge ohne Berücksichtigung der konkret entstandenen Schäden oder der Einzelheiten der Situation jedes einzelnen Erzeugers berechnet werden. Die Erzeuger können das Angebot innerhalb von zwei Monaten annehmen. Mit der Annahme des Angebots wird gegenüber den Gemeinschaftsorganen auf die Geltendmachung des entstandenen Schadens verzichtet (Artikel 14 Absatz 4). Wird das Angebot dagegen abgelehnt, so sind die Gemeinschaftsorgane künftig nicht mehr daran gebunden (Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung), doch steht den Erzeugern nach wie vor der Weg einer Schadensersatzklage gegen die Gemeinschaft offen.

32 Inhalt der Verordnung Nr. 2187/93 ist daher, wie der Rat vorträgt, ein Entschädigungsangebot an die Milcherzeuger, denen aufgrund der Anwendung der Verordnung Nr. 857/84 Schäden entstanden sind, für den gemäß Artikel 8 der Verordnung Nr. 2187/93 festgesetzten Zeitraum. Die Vorschriften über dieses Pauschalangebot ermöglichen es den Erzeugern insbesondere, zu verlangen, daß ihnen das Angebot gemacht wird, und räumen ihnen eine Frist von zwei Monaten für dessen Annahme ein. Es liegt in der Natur des Angebots, daß seine Annahme mit bestimmten Folgen verbunden ist, da mit ihr gegenüber den Gemeinschaftsorganen auf die Geltendmachung des entstandenen Schadens verzichtet wird. Die Annahme bleibt jedoch den Erzeugern überlassen.

33 Falls der Erzeuger das Angebot nicht annimmt, bleibt er genau in der Lage, in der er sich ohne den Erlaß der betreffenden Verordnung befunden hätte, da er das Recht behält, Schadensersatzklage gemäß den Artikeln 178 und 215 EG-Vertrag zu erheben.

34 Aus der angefochtenen Verordnung ergibt sich somit, daß der Rat den entschädigungsberechtigten Erzeugern in Wirklichkeit einen zusätzlichen Entschädigungsweg angeboten hat. Den Erzeugern stand, wie erwähnt, bereits die Schadensersatzklage nach den Artikeln 178 und 215 EG-Vertrag zur Verfügung. Da es nach den Begründungserwägungen der Verordnung Nr. 2187/93 aufgrund der Zahl der betroffenen Erzeuger (siehe oben, Randnr. 11) ausgeschlossen war, jeden Einzelfall zu berücksichtigen, eröffnet die angefochtene Handlung den Erzeugern die Möglichkeit, die ihnen zustehende Entschädigung zu erhalten, ohne Schadensersatzklage zu erheben.

35 Die Verordnung Nr. 2187/93 ist somit in bezug auf die Erzeuger der Sache nach ein Vergleichsvorschlag, dessen Annahme dem einzelnen überlassen ist; sie stellt eine Alternative zur gerichtlichen Lösung der Streitigkeit dar. Die Rechtsstellung der betroffenen Erzeuger wird nicht beeinträchtigt, da die angefochtene Handlung ihre Rechte nicht einschränkt. Vielmehr eröffnet die Verordnung einen zusätzlichen Entschädigungsweg.

36 Die Artikel 8 und 14 der Verordnung Nr. 2187/93, deren Nichtigerklärung von den Klägern insbesondere begehrt wird, regeln nur den Zeitraum, für den eine Entschädigung angeboten wird, und legen die Folgen der Annahme des Angebots fest. Da die Annahme aber dem einzelnen überlassen ist, bleibt die Entfaltung der Wirkungen dieser Vorschriften abhängig vom Willen jedes einzelnen Erzeugers, dem ein Vergleichsvorschlag gemacht wird.

37 Da die Verordnung Nr. 2187/93 somit ein Angebot an die Erzeuger vorsieht, ist sie keine Handlung, die von diesen mit einer Nichtigkeitsklage angefochten werden kann. Das entspricht der Rechtsprechung zu den Handlungen, die nur die Absicht eines Organs wiedergeben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 27. September 1988 in der Rechtssache 114/86, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1988, 5289).

38 Zudem entfaltet die Verordnung Nr. 2187/93 abgesehen vom Entschädigungsangebot und den Bedingungen, denen es unterliegt, gegenüber den Erzeugern keine Rechtswirkung. Denn die Vorschriften der Verordnung, die sich nicht auf das Entschädigungsangebot und dessen Bedingungen beziehen, gelten nur für die nationalen Behörden.

39 Daher ist die Klage als unzulässig abzuweisen, ohne daß der erste Unzulässigkeitsgrund geprüft zu werden braucht.

Kostenentscheidung:

Kosten

40 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrer Klage unterlegen sind, sind sie aufgrund des Antrags des Rates zur Tragung von dessen Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung tragen die Streithelfer Vereinigtes Königreich und Kommission ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Erste erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates.

3. Das Vereinigte Königreich und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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