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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 17.12.1991
Aktenzeichen: T-6/89
Rechtsgebiete: EWG, Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages


Vorschriften:

EWG Art. 85 Abs. 1
EWG Art. 190
Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages Art. 15
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Entscheidung, die die Kommission an Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag richtet, darf keine Vorwürfe enthalten, die gegenüber denen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte neu sind.

2. Der Umstand, daß dem Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen und der Kommission eine vorläufige Anhörungsniederschrift vorgelegen hat, kann nur dann einen Fehler des Verwaltungsverfahrens darstellen, der die Rechtswidrigkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung nach sich ziehen könnte, wenn die Fassung dieser Niederschrift für ihre Adressaten irreführend war.

3. Die Wahrung der Verteidigungsrechte verlangt nicht, daß die von einem Verfahren nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag betroffenen Unternehmen die Möglichkeit haben, den Bericht des Anhörungsbeauftragten zu kommentieren. Die Wahrung der Verteidigungsrechte ist nämlich rechtlich hinreichend sichergestellt, wenn die bei der Ausarbeitung der endgültigen Entscheidung zusammenwirkenden Stellen korrekt über die Argumentation der Unternehmen informiert worden sind, die diese in Beantwortung der ihnen von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkte und gegenüber den von der Kommission zur Erhärtung dieser Beschwerdepunkte vorgelegten Beweismitteln vorgetragen haben. Der Bericht des Anhörungsbeauftragten ist jedoch ein rein internes Schriftstück der Kommission, das nur den Wert eines Gutachtens hat und nicht dem Zweck dient, das Vorbringen der Unternehmen zu ergänzen oder zu korrigieren, neue Beschwerdepunkte zu formulieren oder neue Beweismittel gegen die Unternehmen zu liefern.

4. Eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag liegt schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Dies ist dann der Fall, wenn es zwischen mehreren Unternehmen eine Willensübereinstimmung zur Erreichung von Preis- und Verkaufsmengenzielen gab.

5. Die Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, anhand deren sich der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise bestimmen lässt, sind im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrages zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt zu betreiben gedenkt. Dieses Selbständigkeitspostulat beseitigt zwar nicht das Recht der Unternehmen, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Konkurrenten mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potentiellen Konkurrenten zu beeinflussen oder einen solchen Konkurrenten über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht.

Die Teilnahme an Sitzungen, deren Zweck es ist, Preis- und Verkaufsmengenziele festzulegen, und in denen die Wettbewerber Informationen über die Preise, die sie zu praktizieren beabsichtigen, über ihre Rentabilitätsschwelle, über die von ihnen für notwendig gehaltenen Beschränkungen der Verkaufsmengen oder ihre Verkaufszahlen austauschen, stellt eine abgestimmte Verhaltensweise dar, da die teilnehmenden Unternehmen die so weitergegebenen Informationen zwangsläufig bei der Festlegung ihres Marktverhaltens berücksichtigen werden.

6. Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag sieht keine spezifische Subsumtion für eine Zuwiderhandlung vor, die zwar komplex, aber doch einheitlich ist, weil sie aus einem kontinuierlichen Verhalten besteht, das durch eine einzige Zielsetzung gekennzeichnet ist und sowohl Einzelakte aufweist, die als "Vereinbarungen" anzusehen sind, als auch Einzelakte, die "abgestimmte Verhaltensweisen" dargestellt haben. Daher kann eine solche Zuwiderhandlung als "eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweise" qualifiziert werden, ohne daß für jeden Einzelakt gleichzeitig und kumulativ der Nachweis erforderlich ist, daß er sowohl die Tatbestandsmerkmale einer Vereinbarung als auch die einer abgestimmten Verhaltensweise erfuellt.

7. Ein Unternehmen ist als an einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise, die geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, beteiligt anzusehen und verstösst damit gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag, wenn das Verhalten der beteiligten Unternehmen insgesamt, unabhängig von der Auswirkung des individuellen Beitrags dieses Unternehmens, zu einem solchen Ergebnis führen kann.

8. Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag richtet sich an wirtschaftliche Einheiten, die von einer Gesamtheit materieller und personeller Faktoren gebildet werden, die an einer Zuwiderhandlung im Sinne der Vorschrift beteiligt sein können. Ist eine solche Zuwiderhandlung bewiesen, ist die natürliche oder juristische Person zu ermitteln, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden kann. Hat jedoch zwischen dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung und dem Zeitpunkt, zu dem das betreffende Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden soll, die für den Betrieb dieses Unternehmens verantwortliche Person aufgehört, rechtlich zu existieren, ist zunächst die Gesamtheit der materiellen und personellen Faktoren festzustellen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, um sodann zu ermitteln, wem die Verantwortung für den Betrieb dieser Gesamtheit übertragen worden ist, damit sich das Unternehmen seiner Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung nicht deshalb entziehen kann, weil die zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für seinen Betrieb verantwortliche Person nicht mehr besteht.

9. Die fehlende Bezugnahme in einer wettbewerbsrechtlichen Entscheidung auf den Bericht des Anhörungsbeauftragten stellt keinen Verstoß gegen Artikel 190 EWG-Vertrag dar, da dieser Bericht, dessen Übermittlung an den Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen oder an die Kommission nirgends vorgeschrieben ist, keine von der Kommission als Entscheidungsorgan obligatorisch einzuholende Stellungnahme darstellt.

10. Bei der Bemessung der wegen eines Verstosses gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrages zu verhängenden Geldbusse kann zu Lasten eines Unternehmens erschwerend berücksichtigt werden, daß die Kommission bereits in der Vergangenheit Verstösse dieses Unternehmens gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und insoweit gegebenenfalls eine Strafe verhängt hat. Demgegenüber stellt das Fehlen einer früheren Zuwiderhandlung keinen besonderen Umstand dar, den die Kommission als mildernd berücksichtigen müsste.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ERSTE KAMMER) VOM 17. DEZEMBER 1991. - ENICHEM ANIC SPA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - BEGRIFF DER VEREINBARUNG UND DER ABGESTIMMTEN VERHALTENSWEISE - KOLLEKTIVE VERANTWORTLICHKEIT - ZURECHENBARKEIT EINER ZUWIDERHANDLUNG. - RECHTSSACHE T-6/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Die vorliegende Rechtssache betrifft eine Entscheidung der Kommission, mit der fünfzehn Herstellern von Polypropylen wegen Verstosses gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag eine Geldbusse auferlegt wurde. Das von der angefochtenen Entscheidung (nachstehend: Entscheidung) erfasste Erzeugnis ist eines der wichtigsten thermoplastischen Polymere. Polypropylen wird von den Herstellern an die Verarbeiter zur Weiterverarbeitung zu Fertig- und Halbfertigerzeugnissen verkauft. Die wichtigsten Hersteller von Polypropylen verfügen über eine Palette von mehr als hundert verschiedenen Sorten für einen breiten Fächer von Verwendungszwecken. Die wichtigsten Polypropylengrundsorten sind Raffia, Homopolymer für Spritzguß, Kopolymer für Spritzguß, hochschlagfestes Kopolymer und Folien. Alle Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, sind grosse Hersteller petrochemischer Erzeugnisse.

2 Der westeuropäische Polypropylenmarkt wird fast ausschließlich von europäischen Produktionsstätten beliefert. Vor 1977 wurde dieser Markt von zehn Herstellern beliefert, nämlich von den Unternehmen Montedison (die spätere Montepolimeri SpA und jetztige Montedipe SpA), Hoechst AG, Imperial Chemical Industries PLC und Shell International Chemical Company Ltd (den sogenannten "vier Grossen"), die zusammen 64 % des Marktes innehatten, Enichem Anic SpA in Italien, Rhône-Poulenc SA in Frankreich, Alcudia in Spanien, Chemische Werke Hüls und BASF AG in Deutschland sowie Chemie Linz AG in Österreich. Nach dem Auslaufen der Hauptpatente von Montedison traten 1977 in Westeuropa sieben neue Hersteller auf: Amoco und Hercules Chemicals NV in Belgien, ATO Chimie SA und Solvay & Cie SA in Frankreich, SIR in Italien, DSM NV in den Niederlanden und Taqsa in Spanien. Der norwegische Hersteller Saga Petrokjemi AS & Co. und die Petrofina SA nahmen ihre Tätigkeit Mitte 1978 beziehungsweise im Jahre 1980 auf. Das Auftreten neuer Hersteller mit einer nominalen Kapazität von rund 480 000 t bewirkte ein erhebliches Anwachsen der Produktionskapazität in Westeuropa, die mehrere Jahre lang nicht durch einen entsprechenden Anstieg der Nachfrage ausgeglichen wurde. Dies hatte einen geringen Auslastungsgrad der Produktionskapazitäten zur Folge; zwischen 1977 und 1983 soll der Auslastungsgrad jedoch schrittweise von 60 % auf 90 % gestiegen sein. Nach der Entscheidung sollen sich Angebot und Nachfrage von 1982 an im grossen und ganzen im Gleichgewicht befunden haben. Während des grössten Teils des Untersuchungszeitraums (1977 bis 1983) sei der Polypropylenmarkt jedoch durch eine niedrige Rentabilität oder durch erhebliche Verluste gekennzeichnet gewesen, und zwar namentlich wegen der Bedeutung der fixen Kosten und des Anstiegs des Preises des Ausgangsstoffes Propylen. Nach Randnummer 8 der Entscheidung beliefen sich 1983 die europäischen Marktanteile der Montepolimeri SpA auf 18 %, der Imperial Chemical Industries, der Shell International Chemical Company Ltd und Hoechst AG auf jeweils 11 %, der Hercules Chemicals NV auf knapp 6 %, der ATO Chimie SA, der BASF AG, der DSM NV, der Chemische Werke Hüls, der Chemie Linz AG, der Solvay & Cie. SA und der Saga Petrokjemi AS & Co. auf jeweils 3 bis 5 % und der Petrofina SA auf etwa 2 %. Der Polypropylenhandel zwischen Mitgliedstaaten sei groß gewesen, da jeder der damals in der Gemeinschaft niedergelassenen Hersteller in die meisten, wenn nicht in alle Mitgliedstaaten verkauft habe.

3 Die Enichem Anic SpA (nachstehend: Anic oder Klägerin) gehörte zu den Herstellern, die den Markt vor 1977 belieferten. Sie war ein mittelgrosser Hersteller auf dem Polypropylenmarkt mit einem Marktanteil zwischen 2,7 und 4,2 %. Nach Veräusserung ihres Polypropylengeschäfts an Montepolimeri SpA Ende Oktober 1982 verließ sie im Frühjahr 1983 den Markt.

4 Am 13. und 14. Oktober 1983 führten Beamte der Kommission gemäß Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204; nachstehend: Verordnung Nr. 17) gleichzeitig Nachprüfungen bei den folgenden, den Markt der Gemeinschaft beliefernden Herstellern von Polypropylen durch:

- ATO Chimie SA, jetzt Atochem (nachstehend: ATO);

- BASF AG (nachstehend: BASF);

- DSM NV (nachstehend: DSM);

- Hercules Chemicals NV (nachstehend: Hercules);

- Hoechst AG (nachstehend: Hoechst);

- Chemische Werke Hüls (nachstehend: Hüls);

- Imperial Chemical Industries PLC (nachstehend: ICI);

- Montepolimeri SpA, jetzt Montedipe (nachstehend: Monte);

- Shell International Chemical Company Ltd (nachstehend: Shell);

- Solvay & Cie. SA (nachstehend: Solvay);

- BP Chimie (nachstehend: BP).

Keine Nachprüfungen erfolgten bei Rhône-Poulenc SA (nachstehend: Rhône-Poulenc) und bei der Klägerin.

5 Im Anschluß an diese Nachprüfungen richtete die Kommission Auskunftsverlangen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 (nachstehend: Auskunftsverlangen) nicht nur an die genannten, sondern auch an folgende Unternehmen:

- Amoco;

- Chemie Linz AG (nachstehend: Linz);

- Saga Petrokjemi AS & Co., jetzt Teil von Statoil (nachstehend: Statoil);

- Petrofina SA (nachstehend: Petrofina);

- Anic.

Linz, ein österreichisches Unternehmen, bestritt die Zuständigkeit der Kommission und weigerte sich, dem Auskunftsverlangen nachzukommen. Gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 führten Kommissionsbeamte anschließend Nachprüfungen bei Anic und bei der Saga Petrochemicals UK Ltd, der englischen Tochter von Saga, sowie bei den Verkaufsgesellschaften von Linz im Vereinigten Königreich und in der Bundesrepublik Deutschland durch. An Rhône-Poulenc erging kein Auskunftsverlangen.

6 Anhand des im Rahmen dieser Nachprüfungen und Auskunftsverlangen entdeckten Beweismaterials gelangte die Kommission zu der vorläufigen Auffassung, die Hersteller hätten von 1977 bis 1983 unter Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag durch eine Reihe von Preisinitiativen regelmässig Zielpreise festgesetzt und ein System jährlicher Mengenkontrolle entwickelt, um den verfügbaren Markt nach vereinbarten Prozentsätzen oder Mengen unter sich aufzuteilen. Am 30. April 1984 beschloß die Kommission deshalb, ein Verfahren gemäß Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 einzuleiten. Im Mai 1984 übermittelte sie den genannten Unternehmen mit Ausnahme von Anic und Rhône-Poulenc die schriftliche Mitteilung der Beschwerdepunkte. Alle Adressaten äusserten sich dazu schriftlich.

7 Am 24. Oktober 1984 traf der von der Kommission ernannte Anhörungsbeauftragte mit den Rechtsberatern der Adressaten der Beschwerdepunkte zusammen, um Vereinbarungen über den Ablauf der im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgesehenen Anhörung zu treffen, deren Beginn für den 12. November 1984 vorgesehen war. In dieser Sitzung teilte die Kommission den Unternehmen ausserdem zu den in den Antworten auf die Beschwerdepunkte vorgebrachten Argumenten mit, sie werde ihnen in Kürze ergänzende Unterlagen zu den bereits übermittelten Beweismitteln bezueglich der Durchsetzung der Preisinitiativen zuleiten. Demgemäß übersandte sie den Rechtsberatern der Unternehmen am 31. Oktober 1984 eine Reihe von Unterlagen, die Kopien der einschlägigen Preisinstruktionen der Hersteller für ihre Verkaufsstellen einschließlich der Tabellen enthielten, in denen diese Belege zusammengefasst waren. Um die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses zu gewährleisten, verband die Kommission diese Übermittlung mit bestimmten Auflagen; insbesondere durften die übersandten Unterlagen nicht an die kaufmännischen Abteilungen der Unternehmen weitergegeben werden. Die Anwälte einiger Unternehmen lehnten diese Auflagen ab und schickten die Unterlagen vor der mündlichen Anhörung zurück.

8 Aufgrund der Angaben in den schriftlichen Antworten auf die Beschwerdepunkte beschloß die Kommission, das Verfahren auf Anic und Rhône-Poulenc auszudehnen. Demgemäß übersandte sie diesen Unternehmen am 25. Oktober 1984 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, die der den anderen fünfzehn Unternehmen übersandten Mitteilung ähnlich war.

9 Eine erste Reihe von Anhörungen fand vom 12. bis zum 20. November 1984 statt. In ihr wurden mit Ausnahme von Shell (die sich geweigert hatte, an einer Anhörung teilzunehmen) sowie Anic, ICI und Rhône-Poulenc (die sich nicht in der Lage sahen, ihre Unterlagen vorzubereiten) alle Unternehmen angehört.

10 Bei diesen Anhörungen weigerten sich mehrere Unternehmen, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen, die in den ihnen am 31. Oktober 1984 übersandten Unterlagen angeschnitten worden waren, da die Kommission die gesamte Bewertung des Falles geändert habe; sie müssten zumindest Gelegenheit erhalten, sich hierzu schriftlich zu äussern. Andere machten geltend, sie hätten nicht genügend Zeit gehabt, die betreffenden Unterlagen vor der Anhörung zu prüfen. Die Anwälte von BASF, DSM, Hercules, Hoechst, ICI, Linz, Monte, Petrofina und Solvay übersandten der Kommission am 28. November 1984 ein gemeinsames Schreiben in diesem Sinne. In einem Schreiben vom 4. Dezember 1984 schloß sich Hüls dieser Linie an.

11 Daraufhin leitete die Kommission den Unternehmen am 29. März 1985 eine neue Serie von Dokumenten zu, die die Preisanweisungen der Unternehmen an ihre Verkaufsbüros wiedergaben, begleitet von Preistabellen, sowie eine Zusammenfassung der Beweise für alle Preisinitiativen, für die Unterlagen verfügbar waren. Die Unternehmen wurden aufgefordert, sich dazu schriftlich und in einer weiteren mündlichen Anhörung zu äussern. Die ursprünglichen Auflagen bezueglich der Weitergabe an die kaufmännischen Abteilungen hob die Kommission auf.

12 In einem weiteren Schreiben gleichen Datums ging die Kommission auf das Vorbringen der Anwälte ein, sie habe die Rechtsnatur des angeblichen Kartells nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht eindeutig definiert. Sie forderte die Unternehmen auf, sich hierzu schriftlich und mündlich zu äussern.

13 Eine zweite Reihe von Anhörungen fand vom 8. bis zum 11. Juli 1985 und am 25. Juli 1985 statt. Dabei äusserten sich Anic, ICI und Rhône-Poulenc; die anderen Unternehmen (mit Ausnahme von Shell) nahmen zu den von der Kommission in den beiden Schreiben vom 29. März 1985 angesprochenen Fragen Stellung.

14 Der Entwurf der Niederschrift über die Anhörungen sowie alle anderen entscheidungserheblichen Unterlagen wurden den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen (nachstehend: Beratender Ausschuß) am 19. November 1985 übergeben und den Unternehmen am 25. November 1985 zugesandt. Der Beratende Ausschuß gab seine Stellungnahme in seiner 170. Sitzung vom 5. und 6. Dezember 1985 ab.

15 Am Ende dieses Verfahrens erließ die Kommission die streitige Entscheidung vom 23. April 1986. Der verfügende Teil dieser Entscheidung lautet wie folgt:

"Artikel 1

Anic SpA, ATO Chemie SA (heute Atochem), BASF AG, DSM NV, Hercules Chemicals NV, Hoechst AG, Chemische Werke Hüls (jetzt Hüls AG), ICI PLC, Chemische Werke Linz, Montepolimeri SpA (jetzt Montedipe), Petrofina SA, Rhône-Poulenc SA, Shell International Chemical Co. Ltd, Solvay & Cie und Saga Petrokjemi AG & Co. (jetzt Teil der Statoil) haben gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verstossen, indem sie:

- im Fall von Anic von etwa November 1977 bzw. 1978 bis weit ins Jahr 1982 oder Anfang 1983;

- im Fall von Rhône-Poulenc von etwa November 1977 bis Ende 1980;

- - im Fall von Petrofina von 1980 bis mindestens November 1983;

- im Fall von Hoechst, ICI, Montepolimeri und Shell von etwa Mitte 1977 bis mindestens November 1983;

- im Fall von Hercules, Linz, Saga und Solvay von etwa November 1977 bis mindestens November 1983;

- im Fall von ATO von mindestens 1978 bis mindestens November 1983;

- im Fall von BASF, DSM und Hüls von einem Zeitpunkt zwischen 1977 und 1979 bis mindestens November 1983

an einer von Mitte 1977 stammenden Vereinbarung und abgestimmten Verhaltensweise beteiligt waren, durch die die Gemeinschaft mit Polypropylen beliefernden Hersteller:

a) miteinander Verbindung hatten und sich regelmässig (von Anfang 1981 an zweimal monatlich) in einer Reihe geheimer Sitzungen trafen, um ihre Geschäftspolitik zu erörtern und festzulegen;

b) von Zeit zu Zeit für den Absatz ihrer Erzeugnisse in jedem Mitgliedstaat der EWG Ziel- (oder Mindest-)preise festlegten;

c) verschiedene Maßnahmen trafen, um die Durchsetzung dieser Zielpreise zu erleichtern, (vor allem) unter anderem durch vorübergehende Absatzeinschränkungen, den Austausch von Einzelangaben über ihre Verkäufe, die Veranstaltung lokaler Sitzungen und ab Ende 1982 ein System der 'Kundenführerschaft' zwecks Durchsetzung der Preiserhöhungen gegenüber Einzelkunden;

d) gleichzeitige Preiserhöhungen vornahmen, um die besagten Ziele durchzusetzen;

e) den Markt aufteilten, indem jedem Hersteller ein jährliches Absatzziel bzw. eine Quote (1979, 1980 und zumindest für einen Teil des Jahres 1983) zugeteilt wurde oder, falls es zu keiner endgültigen Vereinbarung für das ganze Jahr kam, die Hersteller aufgefordert wurden, ihre monatlichen Verkäufe unter Bezugnahme auf einen vorausgegangenen Zeitraum einzuschränken (1981, 1982).

Artikel 2

Die in Artikel 1 genannten Unternehmen sind verpflichtet, die festgestellten Zuwiderhandlungen unverzueglich abzustellen (falls sie es noch nicht getan haben) und in Zukunft bezueglich ihrer Polypropylengeschäfte von allen Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die dasselbe oder ähnliches bezwecken oder bewirken, Abstand zu nehmen. Dazu gehört der Austausch von Informationen, die normalerweise dem Geschäftsgeheimnis unterliegen und durch die die Teilnehmer direkt oder indirekt über Produktion, Absatz, Lagerhaltung, Verkaufspreise, Kosten oder Investitionspläne anderer Hersteller informiert oder aufgrund deren sie in die Lage versetzt werden, die Befolgung ausdrücklicher oder stillschweigender Preis- oder Marktaufteilungsabsprachen innerhalb der Gemeinschaft zu kontrollieren. Ein Verfahren zum Austausch allgemeiner Informationen, dem sich die Hersteller anschließen (wie Fides), muß unter Ausschluß sämtlicher Informationen geführt werden, aus denen sich das Marktverhalten einzelner Hersteller ableiten lässt. Die Unternehmen dürfen insbesondere untereinander keine zusätzlichen wettbewerbsrelevanten Informationen austauschen, die ein solches System nicht erfasst.

Artikel 3

Gegen die in dieser Entscheidung genannten Unternehmen werden wegen des in Artikel 1 festgestellten Verstosses folgende Geldbussen festgesetzt:

i) Anic SpA, eine Geldbusse von 750 000 ECU bzw. 1 103 692 500 LIT;

ii) Atochem, eine Geldbusse von 1 750 000 ECU bzw. 11 973 325 FF;

iii) BASF AG, eine Geldbusse von 2 500 000 ECU bzw. 5 362 225 DM;

iv) DSM NV, eine Geldbusse von 2 750 000 ECU bzw. 6 657 640 HFL;

v) Hercules Chemicals NV, eine Geldbusse von 2 750 000 ECU bzw. 120 569 620 BFR;

vi) Hoechst AG, eine Geldbusse von 9 000 000 ECU bzw. 19 304 010 DM;

vii) Hüls AG, eine Geldbusse von 2 750 000 ECU bzw. 5 898 447,50 DM;

viii) ICI PLC, eine Geldbusse von 10 000 000 ECU bzw. 6 447 970 UKL;

ix) Chemische Werke Linz, eine Geldbusse von 1 000 000 ECU bzw. 1 471 590 000 LIT;

x) Montedipe, eine Geldbusse von 11 000 000 ECU bzw. 16 187 490 000 LIT;

xi) Petrofina SA, eine Geldbusse von 600 000 ECU bzw. 26 306 100 BFR;

xii) Rhône-Poulenc SA, eine Geldbusse von 500 000 ECU bzw. 3 420 950 FF;

xiii) Shell International Chemical Co. Ltd, eine Geldbusse von 9 000 000 ECU bzw. 5 803 173 UKL;

xiv) Solvay & Cie, eine Geldbusse von 2 500 000 ECU bzw. 109 608 750 BFR;

xv) Statoil, Den Norske Stats Oljeselskap AS (nunmehr einschließlich Saga Petrokjemi), eine Geldbusse von 1 000 000 ECU bzw. 644 797 UKL.

Artikel 4 und 5

(nicht wiedergegeben)"

16 Am 8. Juli 1986 wurde den Unternehmen die endgültige Niederschrift über die Anhörungen mit den von ihnen verlangten Berichtigungen, Zusätzen und Streichungen übermittelt.

Verfahren

17 Unter diesen Umständen hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 31. Juli 1986 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben. Dreizehn der vierzehn übrigen Adressaten dieser Entscheidung haben ebenfalls Nichtigkeitsklage erhoben (Rechtssachen T-1/89 bis T-4/89 und T-7/89 bis T-15/89).

18 Das gesamte schriftliche Verfahren ist vor dem Gerichtshof abgelaufen.

19 Mit Beschluß vom 15. November 1989 hat der Gerichtshof diese und die dreizehn übrigen Rechtssachen gemäß Artikel 14 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (nachstehend: Beschluß des Rates vom 24. Oktober 1988) an das Gericht verwiesen.

20 Gemäß Artikel 2 Absatz 3 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 hat der Präsident des Gerichts einen Generalanwalt bestellt.

21 Mit Schreiben vom 3. Mai 1990 hat der Kanzler des Gerichts die Parteien zur Teilnahme an einer informellen Sitzung aufgefordert, um die Einzelheiten der Durchführung der mündlichen Verhandlung festzulegen. Diese Sitzung hat am 28. Juni 1990 stattgefunden.

22 Mit Schreiben vom 9. Juli 1990 hat der Kanzler des Gerichts die Parteien gebeten, sich zu einer eventuellen Verbindung der Rechtssachen T-1/89 bis T-4/89 und T-6/89 bis T-15/89 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren zu äussern. Keine der Parteien hat hiergegen Einwände erhoben.

23 Mit Beschluß vom 25. September 1990 hat das Gericht die genannten Rechtssachen wegen des zwischen ihnen bestehenden Zusammenhangs nach Artikel 43 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die gemäß Artikel 11 Absatz 3 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 für das Verfahren vor dem Gericht entsprechend galt, zu gemeinsamem mündlichen Verfahren verbunden.

24 Mit Beschluß vom 15. November 1990 hat das Gericht über die von den Klägerinnen in den Rechtssachen T-2/89, T-3/89, T-9/89, T-11/89, T-12/89 und T-13/89 gestellten Anträge auf vertrauliche Behandlung entschieden und ihnen teilweise stattgegeben.

25 Mit Schreiben, die zwischen dem 9. Oktober und dem 29. November 1990 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben die Parteien die ihnen vom Gericht mit Schreiben des Kanzlers vom 19. Juli 1990 gestellten Fragen beantwortet.

26 In Anbetracht der Antworten auf diese Fragen hat das Gericht auf Bericht des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

27 Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung, die vom 10. bis 15. Dezember 1990 stattgefunden hat, mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

28 Der Generalanwalt hat seine Schlussanträge in der Sitzung vom 10. Juli 1991 vorgetragen.

Anträge der Parteien

29 Die Klägerin beantragt,

1) die Entscheidung der Beklagten vom 23. April 1986 (IV/31.149 - Polypropylen), soweit sie die Klägerin betrifft, ganz oder teilweise für nichtig zu erklären;

2) hilfsweise, die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbusse aufzuheben oder herabzusetzen;

3) der Beklagten die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Kommission beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Begründetheit

30 Nach Auffassung des Gerichts sind zuerst die Rügen zu prüfen, mit denen die Klägerin eine Verletzung der Verteidigungsrechte geltend macht, weil die Kommission bei der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht alle später in der Entscheidung berücksichtigten Vorwürfe erwähnt und damit die Klägerin einer kollektiven Verantwortlichkeit unterwerfe (1), weil die endgültige Fassung der Niederschrift über die Anhörungen weder den Mitgliedern der Kommission noch den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses übermittelt worden sei (2), weil der Klägerin der Bericht des Anhörungsbeauftragten nicht übermittelt worden sei (3) und weil die Kommission die Sonderstellung der Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht berücksichtigt habe; zweitens die Rügen bezueglich der Feststellung der Zuwiderhandlung, die sich zum einen auf die von der Kommission getroffenen Tatsachenfeststellungen (1) und zum anderen auf die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag auf diese Tatsachen (2) beziehen, da die Kommission die Zuwiderhandlung nicht richtig qualifiziert (A) und deren den Wettbewerb einschränkende Wirkung (B) sowie die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten nicht zutreffend beurteilt habe (C); drittens die Rügen bezueglich der Verantwortlichkeit der Klägerin für den Verstoß; viertens die Rügen bezueglich der Begründung der Entscheidung und fünftens die Rügen bezueglich der Festsetzung der Geldbusse, die teilweise verjährt (1) und weder der Dauer (2) noch der Schwere (3) der behaupteten Zuwiderhandlung angemessen sei.

Zu den Verteidigungsrechten

1. Neue Vorwürfe und kollektive Verantwortlichkeit

31 Die Klägerin bringt vor, die Kommission werfe ihr in der Entscheidung, insbesondere in Artikel 1 Buchstabe c, Zuwiderhandlungen vor, die ihr in der Mitteilung der individuellen Beschwerdepunkte nicht zur Last gelegt worden seien. Es sei nicht zulässig, wie es die Kommission nun versuche, die Klägerin dafür verantwortlich zu machen, daß sie an dem Kartell allgemein beteiligt gewesen sei, und diese Verantwortlichkeit mittelbar auf die Verhaltensweisen zu erstrecken, die Ausdruck dieses Kartells gewesen seien, die aber der Klägerin nicht unmittelbar angelastet werden könnten. Sie könne somit nicht als für die in Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung genannten Verhaltensweisen verantwortlich angesehen werden, die ihr nach dem Eingeständnis der Kommission nicht unmittelbar angelastet werden könnten.

32 Daher entspreche der Vorwurf ihrer Verantwortlichkeit weder den in ihrem Fall nachgewiesenen Tatsachen noch den Vorwürfen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, selbst wenn man auf den gemeinsamen Teil dieser Mitteilung abstelle, da in diesem Teil, der den Rahmen abstecken solle, in dem das Verhalten jedes Unternehmens zu sehen sei, nur diejenigen Stellen als speziell an die Klägerin gerichtet angesehen werden dürften, in denen sie tatsächlich genannt werde, nicht aber die, bei denen es nur um andere Hersteller gehe.

33 Die Entscheidung lege nahe und gehe stillschweigend davon aus, auch wenn die Kommission dies abstreite, daß die Klägerin an allen in Artikel 1 genannten Handlungen ebenso wie alle anderen angesprochenen Unternehmen beteiligt gewesen sei.

34 Nach Ansicht der Kommission beruht dieses Argument auf einer bewusst falschen Auslegung des Artikels 1 der Entscheidung. Sie habe in Artikel 1 nicht behauptet, die Klägerin habe an allen dort genannten Handlungen teilgenommen, sondern nur, daß sie an einem Kartell von Polypropylenherstellern beteiligt gewesen sei, das in diesen Handlungen seinen Niederschlag gefunden habe. Die Entscheidung mache die Klägerin wie die anderen Unternehmen auch nicht für eine Reihe einzelner Zuwiderhandlungen, sondern nur für eine einzige Zuwiderhandlung verantwortlich, nämlich die Beteiligung an einer Vereinbarung und abgestimmten Verhaltensweise zur Stützung der Polypropylenpreise, die ihren Ausdruck in verschiedenen Maßnahmen gefunden habe, die zusammengenommen eine einzige Zuwiderhandlung bildeten.

35 Sei die Beteiligung am Kartell festgestellt, könne sich die daraus folgende Verantwortlichkeit nur auf das Kartell insgesamt beziehen. Die Verantwortlichkeit eines an einem Kartell beteiligten Unternehmens hänge nicht vom Nachweis seiner konkreten Teilnahme an jeder einzelnen Handlung ab, die zur Erreichung des gemeinsamen Ziels vorgenommen worden sei. Es sei daher überfluessig gewesen, in Artikel 1 der Entscheidung zusätzlich zur Dauer der Beteiligung am Kartell den Umfang der konkreten Teilnahme jedes Unternehmens an den verschiedenen Initiativen zur Durchführung des Kartells festzulegen.

36 Das Gericht stellt fest, daß die in Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung erhobenen Vorwürfe alle in der Mitteilung der gemeinsamen oder besonderen Beschwerdepunkte aufgeführt sind. So werden die zeitweiligen Beschränkungen der Produktion in den Randnummern 67 und 79 und der Austausch von eingehenden Informationen über die Lieferungen in den Randnummern 97 und 101 der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte, die Teilnahme an lokalen Sitzungen in Randnummer 2 Buchstabe b der Mitteilung der besonderen Beschwerdepunkte und schließlich das System der Kundenführung in den Randnummern 85 bis 89 der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte behandelt.

37 Der Inhalt der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte kann jedem einzelnen der Adressaten, zu denen die Klägerin gehört, entgegengehalten werden, falls nicht diese Mitteilung oder die Mitteilung der besonderen Beschwerdepunkte tatsächlich das Gegenteil besagt. Dies ist indessen bezueglich der in Frage stehenden Vorwürfe, soweit es die Klägerin betrifft, nicht der Fall.

38 Darüber hinaus ist schon dem Wortlaut der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte - insbesondere den Randnummern 1 und 5 - zu entnehmen, daß alle dort beschriebenen Handlungen den Unternehmen, an die diese Mitteilung gerichtet ist, insgesamt vorgeworfen werden.

39 Die in Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung erhobenen Vorwürfe sind daher der Klägerin in angemessener Weise mitgeteilt worden und stellen somit keine neuen Vorwürfe dar.

40 Die Frage, ob die Kommission diese Vorwürfe in der Entscheidung gegen die Klägerin aufrechterhalten hat und, falls dies zutrifft, die diesen Vorwürfen zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, gehört zur Prüfung der Begründetheit der Feststellung der Zuwiderhandlung. Gleiches gilt für die Rüge der Klägerin bezueglich der kollektiven Verantwortlichkeit, die die Entscheidung ihr angeblich auferlegt.

2. Keine Übermittlung der Niederschrift über die Anhörungen

41 Die Klägerin bemängelt als Verfahrensfehler, daß weder die Mitglieder des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen noch das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied noch die anderen Kommissionsmitglieder vor ihrer Entscheidung über die endgültige Fassung der Anhörungsniederschrift verfügt hätten.

42 Die Kommission trägt vor, die Mitglieder des Beratenden Ausschusses und die der Kommission hätten über eine vorläufige Fassung der Anhörungsniederschrift verfügt, von der die endgültige Fassung nicht wesentlich abgewichen sei.

43 Die Kommission sei ausserdem nicht verpflichtet, die Niederschrift den Mitgliedern des Beratenden Ausschusses vorzulegen; im übrigen hätten Vertreter der Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Verteter von Griechenland und Luxemburg, die bei den zweiten von der Kommission durchgeführten Anhörungen nicht zugegen gewesen seien, an den Anhörungen teilgenommen. Deshalb habe die Niederschrift den Mitgliedern dieses Ausschusses nur als Gedächtnisstütze dienen können. Die Mitglieder der Kommission hätten nicht nur über die vorläufige Niederschrift, sondern auch über die Bemerkungen der Unternehmen zu dieser Niederschrift verfügt.

44 Da die Mitglieder der Kommission und die des Beratenden Ausschusses sich in voller Kenntnis der Sachlage hätten äussern können, wäre die Entscheidung jedenfalls auch nicht anders ausgefallen, wenn der angebliche Verfahrensverstoß nicht erfolgt wäre, der somit von untergeordneter Bedeutung sei (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1980 in der Rechtssache 30/78, Distillers Company/Kommission, Slg. 1980, 2229, Randnr. 26, und Schlussanträge, S. 2290).

45 Das Gericht stellt fest, daß nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Umstand, daß dem Beratenden Ausschuß und der Kommission eine vorläufige Anhörungsniederschrift vorgelegen hat, nur dann einen Fehler des Verwaltungsverfahrens darstellen kann, der die Rechtswidrigkeit der das Verfahren abschließenden Entscheidung nach sich ziehen könnte, wenn die Fassung dieser Niederschrift für ihre Adressaten irreführend gewesen wäre (Urteil vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 44/69, Buchler/Kommission, Slg. 1970, 733, Randnr. 17).

46 Zu der der Kommission vorgelegten Niederschrift ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission mit der vorläufigen Niederschrift die Bemerkungen und Stellungnahmen der Unternehmen zu dieser Niederschrift erhalten hat und daß daher davon auszugehen ist, daß die Mitglieder der Kommission vor Erlaß der Entscheidung über alle erheblichen Umstände informiert waren.

47 Zu der dem Beratenden Ausschuß zugeleiteten vorläufigen Niederschrift ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin nicht dargelegt hat, inwiefern diese Niederschrift den Inhalt der Anhörungen nicht korrekt und genau wiedergeben soll, und daß sie daher nicht nachgewiesen hat, daß dieses Schriftstück so abgefasst war, daß es die Mitglieder des Beratenden Ausschusses in einem wesentlichen Punkt irregeführt hat.

48 Die Rüge ist folglich zurückzuweisen.

3. Keine Übermittlung des Berichts des Anhörungsbeauftragten

49 Nach Auffassung der Klägerin fordert der Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs, daß ihr der Bericht mitgeteilt werde, den der Anhörungsbeauftragte aufgrund seines Mandats für den Generaldirektor für Wettbewerb zu erstellen habe.

50 Die Kommission vertritt die Ansicht, daß der von einem Beamten der Kommission stammende und deshalb gewöhnlich mündlich vorgetragene Bericht des Anhörungsbeauftragten an den Generaldirektor für Wettbewerb zur internen Willensbildung der Kommission gehöre und daher den Unternehmen nicht übermittelt werden könne.

51 Im übrigen sehe das Mandat des Anhörungsbeauftragten eine Bekanntgabe des Berichts nicht vor.

52 Schließlich würden Offenheit und Unabhängigkeit des Anhörungsbeauftragten beeinträchtigt, wenn seine Stellungnahmen nicht vertraulich blieben. Dieser Standpunkt werde durch den Beschluß des Gerichtshofes vom 11. Dezember 1986 in der Rechtssache 212/86 R (ICI/Kommission, in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlicht, Randnrn. 5 bis 8) bestätigt, wonach der Bericht des Anhörungsbeauftragten bei der gerichtlichen Überprüfung vom Gerichtshof nicht zu berücksichtigen sei.

53 Nach Auffassung des Gerichts verlangt es die Wahrung der Verteidigungsrechte nicht, daß die von einem Verfahren nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag betroffenen Unternehmen die Möglichkeit haben, den Bericht des Anhörungsbeauftragten, der ein rein internes Schriftstück der Kommission ist, zu kommentieren. Hierzu hat der Gerichtshof entschieden, daß dieser Bericht für die Kommission den Wert eines Gutachtens hat, daß sie in keiner Weise an ihn gebunden ist und daß der Bericht deshalb kein entscheidender Faktor ist, den der Gemeinschaftsrichter bei seiner Prüfung zu berücksichtigen hätte (Beschluß vom 11. Dezember 1976 in der Rechtssache 212/86 R, a. a. O., Randnrn. 5 bis 8). Die Wahrung der Verteidigungsrechte ist nämlich rechtlich hinreichend sichergestellt, wenn die bei der Ausarbeitung der endgültigen Entscheidung zusammenwirkenden Stellen korrekt über die Argumentation der Unternehmen informiert worden sind, die diese in Beantwortung der ihnen von der Kommission mitgeteilten Beschwerdepunkte und gegenüber den von der Kommission zur Erhärtung dieser Beschwerdepunkte vorgelegten Beweismittel vorgetragen haben (Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1981, 3461, Randnr. 7).

54 Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß der Bericht des Anhörungsbeauftragen nicht dem Zweck dient, das Vorbringen der Unternehmen zu ergänzen oder zu korrigieren, neue Beschwerdepunkte zu formulieren oder neue Beweismittel gegen die Unternehmen zu liefern.

55 Folglich können die Unternehmen aus dem Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte keinen Anspruch darauf ableiten, daß ihnen der Bericht des Anhörungsbeauftragten zur Kommentierung übermittelt wird (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82, VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 25).

56 Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

4. Sonderstellung der Klägerin im Verwaltungsverfahren

57 Die Klägerin macht geltend, sie sei in das Verwaltungsverfahren einbezogen worden, obwohl dieses bereits eingeleitet gewesen sei. Damit habe sie sich in einer Sonderstellung befunden, weil sie die Auseinandersetzung, wie sie bis dahin stattgefunden habe, nicht voll gekannt habe.

58 Das Gericht stellt fest, daß die Klägerin nicht dargelegt hat, inwiefern ihre Sonderstellung im Verwaltungsverfahren ihr die Möglichkeit genommen hat, sich zu sämtlichen Vorwürfen, die von der Kommission in den an sie gerichteten Mitteilungen der Beschwerdepunkte erhoben worden sind, sowie zu den zur Stützung dieser Vorwürfe bestimmten Beweismitteln, die die Kommission in den Mitteilungen der Beschwerdepunkte oder in deren Anhängen angeführt hat, nach ihren Vorstellungen zu äussern.

59 Daß die Klägerin an der ersten Reihe von Anhörungen nicht teilgenommen hat, hat sie nicht daran gehindert, zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen angemessen Stellung zu nehmen; sie kann daher nicht geltend machen, über die Auseinandersetzung, die bis dahin zwischen der Kommission und den anderen Unternehmen stattgefunden hatte, nicht informiert gewesen zu sein.

60 Die Sonderstellung der Klägerin im Verwaltungsverfahren hat daher nicht zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte geführt. Die Rüge muß somit zurückgewiesen werden.

Zur Feststellung der Zuwiderhandlung

61 Nach Randnummer 80 Absatz 1 der Entscheidung haben sich die Polypropylenhersteller, die die Gemeinschaft beliefern, an einer ganzen Reihe von Plänen, Absprachen und Maßnahmen beteiligt, die im Rahmen eines Systems regelmässiger Sitzungen und ständiger Kontakte beschlossen worden seien. Der allgemeine Plan der Hersteller sei es gewesen, sich über spezifische Angelegenheiten zu einigen (Entscheidung, Randnr. 80 Absatz 2).

62 Unter diesen Umständen ist zunächst zu prüfen, ob der Kommission rechtlich der Beweis für ihre tatsächlichen Feststellungen betreffend zum einen den Zeitraum von November 1977 bis Ende 1978 oder Anfang 1979 (I) und zum anderen den Zeitraum von Ende 1978 oder Anfang 1979 bis Ende 1982 oder Anfang 1983 (II) hinsichtlich des Systems der regelmässigen Sitzungen (A), der Preisinitiativen (B), der Maßnahmen zur Förderung der Durchführung der Preisinitiativen (C) und der Festsetzung von Absatzzielen und Quoten (D) gelungen ist; dabei sind jeweils zunächst die angefochtene Handlung (a) und das Vorbringen der Parteien (b) darzulegen und sodann zu würdigen (c). Danach ist die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag auf diese Tatsachen zu überprüfen.

1. Die tatsächlichen Feststellungen

I - Für die Zeit von November 1977 bis Ende 1978 oder Anfang 1979

A - Angefochtene Handlung

63 In der Entscheidung (Randnr. 78 Absatz 4) heisst es, daß das System der regelmässigen Sitzungen von Polypropylenherstellern etwa Ende 1977 begonnen habe, daß sich jedoch das genaue Datum, zu dem jeder einzelne Hersteller begonnen habe, daran teilzunehmen, nicht feststellen lasse. Die Klägerin, die zu den Herstellern gehöre, für die nicht bewiesen sei, daß sie die Initiative vom Dezember 1977 "unterstützt" hätten, räume ein, an den Sitzungen von Anfang an teilgenommen zu haben.

64 In Randnummer 105 Absätze 1 und 2 der Entscheidung wird jedoch darauf hingewiesen, daß sich das genaue Datum, an dem jeder Hersteller an regelmässigen Plenarsitzungen teilzunehmen begonnen habe, nicht mit Sicherheit bestimmen lasse. Das Datum, an dem sich Anic, ATO, BASF, DSM und Hüls an den Vereinbarungen zu beteiligen begonnen hätten, könne nicht später als 1979 liegen, da diese fünf Hersteller nachweislich an Marktteilungs- bzw. Quotensystemen, die in diesem Jahr zum ersten Mal angewandt worden seien, beteiligt gewesen seien.

B - Vorbringen der Parteien

65 Die Klägerin macht geltend, die Entscheidung sei insoweit falsch, als sie davon ausgehe, daß die Klägerin seit November 1977 an den Sitzungen teilgenommen habe. Die Kommission habe ihre Antwort auf das Auskunftsverlangen (Anlage 27 der Mitteilung der individuellen Beschwerdepunkte an Monte, nachstehend: ind. Bpkte. Monte, Anl.) falsch verstanden, auf die in der Mitteilung der individuellen Beschwerdepunkte an Anic (nachstehend: ind. Bpkte. Anic) Bezug genommen sei. Die Klägerin habe in ihrer Antwort erklärt, die Sitzungen hätten "in den siebziger Jahren, gegen Ende dieses Zeitraums" begonnen und ihre Teilnahme könne "zeitlich kurz nach Beginn der fraglichen Treffen angesiedelt werden". Da sie für diesen Zeitraum keine Unterlagen mehr besessen habe, habe sie guten Glaubens davon ausgehen können, daß der Beginn ihrer Teilnahme, den sie auf 1979 datiert habe, kurz nach dem Beginn der Herstellertreffen gelegen habe, den sie um 1979, d. h. gegen Ende der siebziger Jahre, angesiedelt habe.

66 Im übrigen sei die Entscheidung bezueglich des Beginns ihrer Beteiligung widersprüchlich. In Randnummer 105 werde die Klägerin nämlich ATO, BASF, DSM und Hüls gleichgestellt, wobei eingeräumt werde, daß es keine Beweise für ihre Beteiligung vor 1979 gebe. Demgegenüber werde ihr im verfügenden Teil der Entscheidung eine Beteiligung an der Zuwiderhandlung seit November 1977, ATO hingegen eine Beteiligung seit 1978 und BASF, DSM und Hüls seit einem Zeitpunkt zwischen 1977 und 1979 vorgeworfen.

67 Die Kommission legt dar, aus dem klaren Eingeständnis der Klägerin in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen ergebe sich, daß sie an den Sitzungen der Hersteller etwa seit November 1977 teilgenommen habe.

68 Dieses Eingeständnis könne die Klägerin jetzt nicht zurücknehmen, zumal sie diese Änderung ihrer Aussage in ihrer Erwiderung damit begründe, daß sie zum Zeitpunkt ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen nicht im Besitz der Schriftstücke der Kommission gewesen sei, was zeige, daß sie ihre Antwort im Hinblick auf die der Kommission zur Verfügung stehenden Beweismittel angepasst habe.

C - Würdigung durch das Gericht

69 Das Gericht stellt fest, daß die Kommission, wie sie in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, als einziges Beweismittel für die Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen in dem betreffenden Zeitraum deren Antwort auf das Auskunftsverlangen (ind. Bpkte. Monte, Anl. 27) vorlegen kann, in der es heisst:

"Incontri fra i produttori europei di polipropilene sono iniziati negli anni 70 intorno al termine di quel periodo. Non siamo in grado di stabilire con precisione la data in cui è iniziata la partecipazione dell' Anic, ma riteniamo si collochi in un momento prossimo all' inizio degli incontri stessi."

("Treffen der europäischen Polypropylenhersteller begannen in den siebziger Jahren gegen Ende dieses Zeitraums. Wir sind nicht in der Lage, den Zeitpunkt des Beginns der Teilnahme von Anic genau anzugeben, glauben aber, daß er kurz nach Beginn dieser Treffen angesiedelt werden kann.")

70 Diese Antwort der Klägerin kann nicht als eindeutiges Eingeständnis ihrer Teilnahme an den Sitzungen seit November 1977 angesehen werden. Die Klägerin legt nämlich ihre Antwort nach Wortlaut und Kontext vollkommen überzeugend aus; diese Auslegung wird durch die Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen (gem. Bpkte., Anl. 8) gestützt, in der im Anschluß an den Hinweis, daß die "Chef"- und "Experten"-Sitzungen Ende 1978 oder Anfang 1979 begonnen hätten, erklärt wird, Anic habe an diesen Sitzungen in dem Zeitraum zwischen 1979 und 1983, in dem sie auf dem Polypropylenmarkt tätig gewesen sei, regelmässig teilgenommen.

71 Im übrigen stützen die Zweifel, die die Kommission in der Entscheidung selbst (Randnr. 105 Absatz 2) durch die Feststellung zum Ausdruck gebracht hat, das Datum, an dem sich Anic, ATO, BASF, DSM und Hüls an den Vereinbarungen zu beteiligen begonnen hätten, könne nicht später als 1979 liegen, ebenfalls die Auslegung der Klägerin in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen.

72 Diese Zweifel werden auch in der Mitteilung der individuellen Beschwerdepunkte an die Klägerin sichtbar, wenn die Kommission dort lediglich die Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen wiedergibt, ohne zu erläutern, wie sie diese im Hinblick auf die genaue Festlegung des Beginns der Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen auszulegen gedenkt, und ebenso in der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte, in der die Kommission bei den vor 1979 abgehaltenen Sitzungen die Klägerin nicht erwähnt.

73 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Kommission nichts vorweisen kann, was geeignet wäre, die Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung vor Ende 1978 oder Anfang 1979 tatsächlich zu belegen, und daß ihr der Beweis für eine solche Beteiligung deshalb rechtlich nicht gelungen ist.

II - Für die Zeit von Ende 1978 oder Anfang 1979 bis Ende 1982 oder Anfang 1983

A - Das System der regelmässigen Sitzungen

a) Angefochtene Handlung

74 In Randnummern 18 Absatz 3, 78 Absatz 4 und 105 Absatz 2 der Entscheidung wird der Klägerin vorgeworfen, an dem System regelmässiger Sitzungen der Polypropylenhersteller durch regelmässige Teilnahme an den Sitzungen bis Mitte oder Ende 1982 beteiligt gewesen zu sein (Entscheidung, Randnrn. 19 Absatz 1 und 78 Absatz 6); zu diesem Zeitpunkt habe sie wegen der Neuorganisation der italienischen Petrochemie und der Veräusserung ihres Polypropylengeschäfts an Monte die Teilnahme aufgegeben.

75 Nach Randnummer 21 der Entscheidung war Zweck dieser regelmässigen Sitzungen insbesondere die Festsetzung von Preiszielen und Verkaufsmengenzielen sowie die Kontrolle ihrer Einhaltung durch die Hersteller.

b) Vorbringen der Parteien

76 Die Klägerin räumt zwar ein, an den Sitzungen etwa seit 1979 teilgenommen zu haben, weist aber darauf hin, daß die Sitzung vom Januar 1981 die einzige sei, für die die Kommission ihre Teilnahme bewiesen habe (gem. Bpkte., Anl. 17), und daß sie ihre Teilnahme an den Sitzungen wahrscheinlich Anfang 1982 wegen der Lage der italienischen Chemieindustrie eingestellt habe, wie dies mehrere Sitzungsberichte von 1982 bewiesen. In dem Bericht über eine Sitzung vom 13. Mai 1982 (gem. Bpkte., Anl. 24) könne man dazu lesen, daß Anic/SIR nicht mehr kämen, während andere Hersteller nur als abwesend bezeichnet würden. Der Bericht über eine Sitzung vom 2. September 1982 (gem. Bpkte., Anl. 30) enthalte ebenfalls den Hinweis, daß Anic nicht mehr erschienen und als Störfaktor angesehen worden sei, was auch ein Bericht über eine Sitzung vom 2. November 1982 (gem. Bpkte., Anl. 32) bestätige. Nur infolge eines Irrtums habe sie in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen (ind. Bpkte. Monte, Anl. 27) erklären zu können geglaubt, sie habe an einer Sitzung im Oktober 1982 teilgenommen. In der Entscheidungsbegründung habe die Kommission im übrigen selbst zugegeben, daß Anic an den Sitzungen "Mitte oder Ende 1982" nicht mehr teilgenommen habe (Entscheidung, Randnr. 19).

77 Die Nennung ihres Namens in den Tabellen und Listen im Anhang der Sitzungsberichte stelle keinen stichhaltigen Beweis für ihre Anwesenheit in den Sitzungen dar. Ein Vergleich aller dieser Hinweise in den Tabellen zeige nämlich, daß diese sowohl für den Zeitraum, in dem sie wahrscheinlich an den Sitzungen teilgenommen habe, als auch für den Zeitraum, in dem sie mit Sicherheit nicht teilgenommen habe, stets die gleichen seien.

78 In vielen dieser Tabellen würden Anic und SIR gemeinsam angeführt, als ob sie ein Unternehmen seien, obwohl zwischen beiden ein erbitterter Wettbewerb geherrscht habe und Anic niemals akzeptiert habe, daß der Eindruck vermittelt werde, beide seien ein einziges Unternehmen.

79 Im übrigen sei ihre Teilnahme an den Sitzungen in dem besagten Zeitraum rein passiv gewesen und den von der Kommission zum Beweis des Gegenteils vorgelegten Schriftstücken, nämlich den Tabellen und Listen im Anhang der Berichte über die Herstellersitzungen, in denen Anic und SIR gemeinsam erwähnt seien, komme keine Beweiskraft zu.

80 In den Berichten über die Sitzungen wie die vom 21. September oder 2. November 1982 (gem. Bpkte., Anl. 30 und 32) sei sie ferner als Problem oder Störfaktor dargestellt worden, auf den man Druck ausüben müsse. Das beweise ihr wettbewerbsorientiertes und unabhängiges Marktverhalten.

81 Sie habe an den Sitzungen nur sporadisch teilgenommen, während der von der Kommission erhobene Vorwurf den Nachweis einer regelmässigen Teilnahme an den Sitzungen als Tatbestandsmerkmal der Zuwiderhandlung verlange. Insoweit sei die Entscheidung zweifach widersprüchlich, da sie zum einen in Randnummer 18 behaupte, daß die Klägerin regelmässig an den Sitzungen teilgenommen habe, sie hingegen in Randnummer 37 Absatz 2 von der Liste der regelmässigen Teilnehmer ausnehme, und zum anderen feststelle, Anic sei nur bei zwei Sitzungen im Januar 1981 anwesend gewesen (Entscheidung, Randnr. 33 Absatz 3), obwohl doch von September 1979 bis September 1983 angeblich 55 Sitzungen stattgefunden hätten (Entscheidung, Tabelle 3).

82 Die Kommission geht davon aus, daß die Klägerin ihre Teilnahme an den Sitzungen Mitte oder Ende 1982 eingestellt habe. Dies ergebe sich aus der Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen, in der es heisse:

"Ci risulta che l' ultima partecipazione dell' Anic a una riunione di quel tipo dati dal mese di ottobre 1982 a Zurigo."

("Wir glauben, daß Anic zuletzt an einer derartigen Sitzung im Oktober 1982 in Zuerich teilgenommen hat.")

Dieses Eingeständnis werde dadurch bestätigt, daß die Klägerin im September 1982 an der Festsetzung der Quoten für 1982 beteiligt gewesen sei, was zwei bei ICI gefundene Schriftstücke belegten (gem. Bpkte., Anl. 73 und 76).

83 Die von der Klägerin angeführten Berichte über die Sitzungen vom 13. Mai, 21. September und 2. November 1982 (gem. Bpkte., Anl. 24, 30 und 32), in denen es heisse: "Anic/SIR no longer come" ("Anic/SIR kommen nicht mehr"), "Anic were seen as a problem" ("Anic galt als Problem"), "pressure was needed" ("Es musste Druck ausgeuebt werden") und "Anic were alleged to be a nuisance" ("Anic galt als Störenfried"), könnten die Klägerin nicht entlasten, da man die Beachtung des Kartells und die Beteiligung daran nicht verwechseln dürfe und diese Berichte sich auf einen Zeitraum bezögen, in dem die Klägerin begonnen habe, an den Sitzungen nicht mehr teilzunehmen.

84 Wer an Sitzungen zur Festsetzung von Preis- oder Quotenzielen teilnehme, könne sich nicht mit der Behauptung verteidigen, bei diesen Sitzungen eine rein passive Rolle gespielt zu haben. Die Unterscheidung zwischen der blossen Anwesenheit bei den Sitzungen und der Zustimmung zu den dabei gefassten Beschlüssen sei ohne Bedeutung. Auch eine passive Teilnahme an den Sitzungen sei nämlich ausreichend, um die Wettbewerber glauben zu machen, daß der Teilnehmer sich verpflichtet habe, die gemeinsam beschlossene Linie zu befolgen, und um ihn der Kritik seiner Wettbewerber auszusetzen, wenn er von dieser gemeinsamen Linie abweiche.

85 Im übrigen werde die Unregelmässigkeit der Teilnahme der Klägerin an den Sizungen durch die Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen (gem. Bpkte., Anl. 8) widerlegt, in der die Klägerin zu den regelmässigen Teilnehmern der Sitzungen gezählt werde. Die Klägerin habe erst Mitte und nicht schon Anfang 1982 nicht mehr regelmässig an den Sitzungen teilgenommen. Wenn die Kommission nicht in der Lage gewesen sei, eine genaue Liste der Sitzungen zu erstellen, an denen die Klägerin teilgenommen habe, so beruhe dies darauf, daß diese im Gegensatz zu den anderen Herstellern die Reisebelege ihrer zu den Sitzungen entsandten Angestellten nicht mehr gehabt habe.

86 Der Vollständigkeit halber sei zu ergänzen, daß entgegen der Behauptung der Klägerin in vielen Schriftstücken die Namen der Klägerin und von SIR nicht zusammen angeführt seien.

c) Würdigung durch das Gericht

87 Das Gericht stellt fest, daß der Kommission aufgrund der Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen (ind. Bpkte. Monte, Anl. 27) sowie der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen (gem. Bpkte., Anl. 8) rechtlich der Beweis gelungen ist, daß die Klägerin an den regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller seit Ende 1978 oder Anfang 1979 teilgenommen hat.

88 Bezueglich des Beginns der Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin in der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen im Gegensatz zu zwei anderen Herstellern seit 1979 zu den regelmässigen Teilnehmern an "Chef"- und "Experten"-Sitzungen gezählt wird. Diese Antwort ist dahin auszulegen, daß die Klägerin an den Sitzungen seit dem Beginn des Systems der "Chef"- und "Experten"-Sitzungen teilgenommen hat, das Ende 1978 oder Anfang 1979 eingeführt worden ist.

89 Die Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen wird in diesem Punkt durch die Auslegung bestätigt, die die Klägerin in ihren bei Gericht eingereichten Schriftsätzen unter Hinweis auf Randnummer 105 Absatz 2 der Entscheidung ihrer eigenen Antwort auf das Auskunftsverlangen gegeben hat. Die Klägerin hat nämlich angegeben, daß der einzig sichere Zeitpunkt des Beginns ihrer angeblichen Teilnahme an den Sitzungen das Jahr 1979 sei.

90 Zum Ende der Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen stellt das Gericht fest, daß die Kommission in der Entscheidung Zweifel bezueglich des genauen Zeitpunkts eingeräumt (Entscheidung, Randnrn. 19 Absatz 1 und 78 Absatz 6) und in ihren bei Gericht eingereichten Schriftsätzen zugegeben hat, daß die Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen seit Mai 1982 nicht mehr regelmässig gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung hat sie gleichfalls eingeräumt, daß die Klägerin im September 1982 an den Sitzungen tatsächlich nicht mehr teilgenommen hat.

91 Im übrigen ergibt sich aus dem Bericht über die Sitzung vom 13. Mai 1982 (gem. Bpkte., Anl. 24), daß in dieser Sitzung festgestellt wurde, daß die Klägerin nicht mehr komme. Diese Feststellung wird durch spätere Sitzungsberichte bestätigt, in denen die Klägerin nicht mehr als Teilnehmerin angeführt wird, ausgenommen der Bericht über die Sitzung vom 9. Juni 1982 (gem. Bpkte., Anl. 25), aus dem hervorgeht, daß die Klägerin dem Verfasser dieses Berichts genaue Zahlen über ihre Verkäufe in den Monaten April und Mai 1982 mitgeteilt hat.

92 Zur Teilnahme der Klägerin an einer Sitzung im Oktober 1982 stellt das Gericht fest, daß die Klägerin zunächst in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen angegeben hatte, sie habe an dieser Sitzung teilgenommen, nunmehr aber erklärt, diese Angabe sei wahrscheinlich falsch gewesen, was sie auch schon in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte zum Ausdruck gebracht hat.

93 Insoweit zeigt bereits der Wortlaut des betreffenden Sitzungsberichts (gem. Bpkte., Anl. 31), daß die Klägerin nach dem Beispiel der spanischen Hersteller sowie von Hercules, Amoco und BP in dieser Sitzung anders als in der Sitzung vom 9. Juni 1982 keine Daten bezueglich ihrer Verkäufe im September 1982 mitgeteilt hat, da bei ihren Zahlen und denen der anderen genannten Hersteller der Vermerk "est." steht, was augenscheinlich "estimated" ("geschätzt") bedeutet.

94 Mithin hat die Klägerin in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen irrtümlich angegeben, sie habe an der Sitzung vom 6. Oktober 1982 teilgenommen. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 689A0006.1

95 Bezueglich der Regelmässigkeit der Teilnahme der Klägerin an den regelmässigen Sitzungen hat die Kommission zu Recht aus der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen auf eine regelmässige Teilnahme der Klägerin zwischen Ende 1978 oder Anfang 1979 und Mitte 1982 geschlossen.

96 Die Kommission hat auf der Grundlage der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen, die durch zahlreiche Sitzungsberichte bestätigt wird, ebenfalls zu Recht angenommen, daß zu der Zeit, als die Klägerin noch auf dem Markt vertreten war, Zweck der Sitzungen namentlich die Festsetzung von Preiszielen und von Verkaufsmengenzielen war. So heisst es in dieser Antwort: "' Target prices' for the basic grade of each principal category of polypropylene as proposed by producers from time to time since 1 January 1979 are set forth in Schedule..." und "A number of proposals for the volume of invidual producers were discussed at meetings" ("Die 'Zielpreise' , die von den Herstellern seit dem 1. Januar 1979 regelmässig für die Grundsorte der wichtigsten Polypropylen-Kategorien vorgeschlagen worden sind, sind im Anhang aufgeführt..." und "Eine Reihe von Vorschlägen zum Verkaufsvolumen der einzelnen Hersteller wurde in Sitzungen erörtert.").

97 Darüber hinaus ergibt sich aus der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen, in der von der Abhaltung von Sitzungen von "Experten" für den Vertrieb zusätzlich zu den "Chef"-Sitzungen von Ende 1978 oder Anfang 1979 an die Rede ist, daß die Gespräche über die Festsetzung von Preis- und Verkaufsmengenzielen immer konkreter und genauer wurden, während sich 1978 die "Chefs" auf die Entwicklung des Konzepts der Zielpreise selbst beschränkt hatten.

98 Zudem hat die Kommission aus der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen, in der es heisst:

"Only 'Bosses' and 'Experts' meetings came to be held on a monthly basis... By late 1978/early 1979 it was determined that the 'ad hoc' meetings of Senior Managers should be supplemented by meetings of lower level managers with more marketing knowledge"

("Nur die 'Chef' - und 'Experten' -Sitzungen wurden auf monatlicher Grundlage abgehalten... Ende 1978/Anfang 1979 wurde beschlossen, die Ad-hoc-Sitzungen der Senior-Manager durch Sitzungen von rangniedrigeren Managern mit mehr Marketingkenntnis zu ergänzen"),

sowie aus der Identität von Art und Zweck der Sitzungen ebenfalls zu Recht geschlossen, daß diese Teil eines Systems regelmässiger Sitzungen waren.

99 Es ist weiter darauf hinzuweisen, daß der angeblich passive Charakter der Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen insbesondere dadurch widerlegt wird, daß die Klägerin Angaben zu ihren monatlichen Verkaufsmengen gemacht hat, wie dies in der Sitzung vom 9. Juni 1982 (gem. Bpkte., Anl. 25) geschehen ist, und daß ihr Name in mehreren Tabellen (gem. Bpkte., Anl. 55 bis 62) genannt wird, deren Angaben u. a. von der Klägerin in den Sitzungen, an denen sie teilgenommen hat, geliefert worden sein müssen. Die meisten Klägerinnen haben nämlich in ihren Antworten auf eine schriftliche Frage des Gerichts eingeräumt, daß es nicht möglich gewesen sei, die bei ICI, ATO und Hercules aufgefundenen Tabellen auf der Grundlage der Statistiken des Fides-Systems zu erstellen, und ICI hat in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen zu einer dieser Tabellen erklärt: "The source of information for actual historic figures in this table would have been the producers themselves" ("Die Quelle für die in dieser Tabelle genannten tatsächlich erzielten Zahlen müssen die Hersteller selbst gewesen sein").

100 Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, daß der Kommission rechtlich der Beweis gelungen ist, daß die Klägerin regelmässig an den regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller zwischen Ende 1978 oder Anfang 1979 und Mitte 1982 teilgenommen hat, daß Zweck dieser Sitzungen namentlich die Festsetzung von Preis- und Verkaufsmengenzielen war, daß sie Teil eines Systems waren und daß die Klägerin an diesen Sitzungen nicht nur passiv teilgenommen hat. Die Kommission hat hingegen rechtlich nicht hinreichend bewiesen, daß sich diese Teilnahme über die Mitte des Jahres 1982 hinaus erstreckt hätte.

B - Die Preisinitiativen

a) Angefochtene Handlung

101 Nach den Randnummern 28 bis 46 der Entscheidung wurde ein System zur Festsetzung von Preiszielen mittels Preisinitiativen angewandt, von denen für den betreffenden Zeitraum fünf hätten festgestellt werden können; die erste habe von Juli bis Dezember 1979 gedauert, die zweite von Januar bis Mai 1981, die dritte von August bis Dezember 1981, die vierte von Juni bis Juli 1982 und die fünfte von September bis November 1982.

102 In Randnummer 33 der Entscheidung wird die Klägerin namentlich nur im Zusammenhang mit der Behauptung angeführt, daß sie im Januar 1981 an zwei Sitzungen teilgenommen habe, in denen beschlossen worden sei, eine im Dezember 1980 für den 1. Februar 1981 festgelegte Preisanhebung auf 1,75 DM/kg für Raffia vorzunehmen. Diese Preisanhebung sei in zwei Stufen durchgeführt worden, an der anfänglichen Anhebung ab 1. Februar sei festgehalten worden und eine weitere Anhebung habe "ausnahmslos" ab 1. März erfolgen müssen.

103 In Randnummer 77 Absatz 2 der Entscheidung wird eingeräumt, daß die Klägerin keine Preisinstruktionen erteilt habe, doch zeigten die Sitzungsberichte und andere Dokumente, daß Anic regelmässig an den Sitzungen teilgenommen habe, in denen Preisinitiativen erörtert und vereinbart worden seien.

b) Vorbringen der Parteien

104 Die Klägerin macht, ohne jede Beteiligung an den Preisinitiativen zu bestreiten, geltend, daß die Kommission den Beweis für ihre Beteiligung an diesen Initiativen nicht erbracht habe. Die Kommission habe ihre Teilnahme an Sitzungen im einzelnen nicht bewiesen und keine Preisinstruktionen finden können, die die Klägerin ihren Verkaufsstellen erteilt hätte.

105 Die von ihr angewandten Preise hätten sich stets von den Zielpreisen unterschieden, sie habe nie Listenpreise für Polypropylen aufgestellt und die von ihren Verkaufsstellen angewandten Preise hätten auf einer eigenständigen, den Gesetzen des Wettbewerbs verpflichteten Markteinschätzung beruht.

106 Die Kommission leitet die Beteiligung der Klägerin an den Preisinitiativen aus ihrer Teilnahme an Sitzungen ab, die in erster Linie die Festsetzung von Preiszielen zum Gegenstand gehabt hätten.

107 Wenn sie nicht mehr Beweismittel habe vorlegen können, so deshalb, weil die Klägerin für diesen Zeitraum keine Schriftstücke aufgehoben habe. Die Klägerin könne sich ihrer Verantwortung nicht dadurch entziehen, daß sie einfach jegliche Preisinstruktion in schriftlicher Form leugne, zugleich aber nicht bestreite, an den Sitzungen der Hersteller teilgenommen zu haben.

108 Der Umstand, daß diesen Sitzungen gleichlautende Preisinstruktionen der verschiedenen Hersteller gefolgt seien, zeige, daß es sich nicht um reine Informationssitzungen gehandelt habe, sondern daß ihr Zweck die Koordinierung des Marktverhaltens der Hersteller bezueglich der Preise gewesen sei.

c) Würdigung durch das Gericht

109 Das Gericht stellt fest, daß die Berichte über die regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller zeigen, daß die Hersteller, die an diesen Sitzungen teilgenommen haben, dort die in der Entscheidung genannten Preisinitiativen vereinbart haben. So heisst es in dem Bericht über die Sitzungen vom Januar 1981 (gem. Bpkte., Anl. 17):

"Whilst all the evidence pointed to actual prices not reaching the previous target levels in February it was agreed that the DM 1.75 target should remain and that DM 2.00 should be introduced without exception in March."

("Obwohl alles eindeutig dafür sprach, daß die tatsächlichen Preise die früheren Ziele im Februar nicht erreichen würden, wurde beschlossen, an dem Ziel von 1,75 DM festzuhalten und im März ausnahmslos 2,00 DM einzuführen.")

110 Da bewiesen ist, daß die Klägerin an diesen Sitzungen von Ende 1978 oder Anfang 1979 bis Mitte 1982 regelmässig teilgenommen hat, kann sie nicht behaupten, den dort beschlossenen, organisierten und kontrollierten Preisinitiativen nicht zugestimmt zu haben, ohne Anhaltspunkte für die Erhärtung dieser Behauptung vorzutragen. Fehlen nämlich solche Anhaltspunkte, so gibt es keinen Grund für die Annahme, daß die Klägerin diesen Initiativen im Unterschied zu den anderen Teilnehmern der Sitzungen nicht zugestimmt hat.

111 Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin zwei Argumente vorgetragen hat, die zeigen sollen, daß sie den beschlossenen Preisinitiativen nicht zugestimmt hat. Erstens sei ihre Beteiligung an den Sitzungen nur passiv gewesen, und zweitens habe sie die Ergebnisse der Sitzungen in keiner Weise bei der Festlegung ihres Marktverhaltens bezueglich der Preise berücksichtigt. Wenn sich in dem Verhalten von Anic im Vergleich zu dem der anderen Hersteller ein gewisser Gleichlauf der Reaktionen habe beobachten lassen, so sei dies auf die Entwicklung der Rohstoffpreise und auf das normale Verhalten eines kleinen Herstellers in einem von den "grossen Vier" beherrschten Markt zurückzuführen.

112 Keines dieser beiden Argumente kann als Indiz gewertet werden, das die Behauptung der Klägerin bestätigte, daß sie den beschlossenen Preisinitiativen nicht zugestimmt habe. Das Gericht erinnert daran, daß der Kommission rechtlich der Beweis gelungen ist, daß die Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen nicht nur passiv war, so daß das erste Argument der Klägerin in den Tatsachen keine Stütze findet. Bezueglich des zweiten Arguments ist darauf hinzuweisen, daß es, selbst wenn es durch Tatsachen untermauert würde, die Beteiligung der Klägerin an der Festsetzung der Zielpreise in den Sitzungen nicht in Frage stellen könnte, sondern höchstens dem Nachweis diente, daß die Klägerin das Ergebnis dieser Sitzungen nicht in die Tat umgesetzt hat. In der Entscheidung wird an keiner Stelle behauptet, daß die Klägerin Preise verlangt habe, die stets den in den Sitzungen vereinbarten Zielpreisen entsprochen hätten; dies zeigt, daß die angefochtene Handlung auch nicht auf die Durchführung der Sitzungsergebnisse durch die Klägerin gestützt wird, um ihre Beteiligung an der Festsetzung der Zielpreise zu beweisen.

113 Die Kommission konnte zwar keine Preisinstruktionen der Klägerin finden und daher nicht beweisen, daß diese die betreffenden Preisinitiativen durchgeführt oder daß ein Parallelverhalten vorgelegen hat, jedoch widerlegt dies nicht die Feststellung der Beteiligung der Klägerin an diesen Initiativen.

114 Ebenfalls zu Recht hat die Kommission aus der Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen (gem. Bpkte., Anl. 8), in der es heisst:

"' Target prices' for the basic grade of each principal category of polypropylene as proposed by producers from time to time since 1 January 1979 are set forth in Schedule..."

("Die 'Zielpreise' , die von den Herstellern seit dem 1. Januar 1979 regelmässig für die Grundsorte der wichtigsten Polypropylen-Kategorien vorgeschlagen worden sind, sind im Anhang aufgeführt..."),

abgeleitet, daß diese Initiativen Teil eines Systems zur Festsetzung von Preiszielen waren.

115 Folglich ist der Kommission rechtlich der Beweis gelungen, daß die Klägerin zu den Polypropylenherstellern gehörte, zwischen denen es zu Willensübereinstimmungen gekommen ist, die auf die in den Randnummern 29 bis 39 der Entscheidung genannten Preisinitiativen gerichtet waren, und daß diese Preisinitiativen Teil eines Systems waren. Hingegen ist der Kommission rechtlich nicht der Beweis gelungen, daß die Klägerin an der in den Randnummern 40 bis 46 der Entscheidung genannten Preisinitiative beteiligt war, da die Teilnahme der Klägerin an den regelmässigen Sitzungen in der zweiten Jahreshälfte 1982 rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist.

C - Die Maßnahmen zur Förderung der Durchführung der Preisinitiativen

a) Angefochtene Handlung

116 In der Entscheidung (Artikel 1 Buchstabe c und Randnr. 27; siehe auch Randnr. 42) wird der Klägerin vorgeworfen, sie habe mit den anderen Herstellern verschiedene Maßnahmen getroffen, um die Durchsetzung der Zielpreise zu erleichtern, wie vorübergehende Absatzeinschränkungen, Austausch von Einzelangaben über ihre Verkäufe, Veranstaltung lokaler Sitzungen und ab September 1982 ein System des "Kundenmanagements" zwecks Durchsetzung der Preiserhöhungen gegenüber Einzelkunden.

117 Im System des "Kundenmanagements", das später (seit Dezember 1982) in weiterentwickelter Form als "Kundenführung" (account leadership) bezeichnet worden sei, sei die Klägerin wie alle Hersteller für mindestens einen Großkunden zum Koordinator oder Führer ernannt worden mit dem Auftrag, dessen Geschäfte mit seinen Lieferanten heimlich zu koordinieren. In Anwendung dieses Systems seien in Belgien, Italien, Deutschland und im Vereinigten Königreich Kunden bestimmt worden, für die jeweils ein "Koordinator" ernannt worden sei. Im Dezember 1982 sei eine umfassendere Annahme dieses Systems vorgeschlagen worden, wonach für jeden Großkunden ein Kundenführer ernannt worden sei, der "die Preisbewegungen [habe] lenken, erörtern und organisieren" sollen. Andere Hersteller, die in regelmässigen Geschäftsbeziehungen zu dem Kunden gestanden hätten, seien als "Wettbewerber" bezeichnet worden und hätten mit dem Kundenführer bei der Preisfestsetzung für den betreffenden Kunden zusammenarbeiten sollen. Zum "Schutz" des Kundenführers und der Wettbewerber hätten andere Hersteller, an die sich die Kunden gewandt hätten, einen Preis fordern sollen, der über dem gewünschten Niveau gelegen habe. Entgegen den Behauptungen von ICI, das System sei nach nur wenigen Monaten, in denen es nur teilweise und ineffizient funktioniert habe, zusammengebrochen, werde aus dem Bericht über die Sitzung vom 3. Mai 1983 deutlich, daß zu dieser Zeit über Einzelkunden und Preisangebote jedes einzelnen Herstellers an sie sowie Lieferungen und Bestellungen eingehend diskutiert worden sei.

b) Vorbringen der Parteien

118 Die Klägerin trägt vor, es sei schwer zu verstehen, worauf sich der Vorwurf der Kommission, Anic sei an einer vorübergehenden Drosselung der Produktion, am Austausch detaillierter Informationen über ihre Verkäufe und der Veranstaltung lokaler Sitzungen beteiligt gewesen, stütze. Die Kommission verfüge über keinerlei Beweis für ihre Beteiligung an diesen verschiedenen Maßnahmen. Sie habe nämlich abgesehen von Produktionsdrosselungen infolge von Streiks und technischen Betriebsstörungen in den Jahren 1980 und 1981 ihre tatsächliche Produktionskapazität stets voll ausgeschöpft. In den Sitzungsberichten, die ein Angestellter von ICI erstellt habe, gebe es keinen Hinweis auf Informationen über Lieferungen der Klägerin; es seien einzig Marktanteile angegeben worden, und war fast immer für Anic und SIR zusammen. In der Entscheidung sei weder von ihrer Teilnahme an lokalen Sitzungen die Rede noch überhaupt von solchen Sitzungen in Italien.

119 Bezueglich ihrer Beteiligung an dem System der Kundenführung macht die Klägerin geltend, dieses System sei zu einer Zeit errichtet worden, als sie bereits nicht mehr an den Sitzungen teilgenommen habe.

120 Die Kommission macht geltend, die Rügen der zeitweiligen Drosselung der Produktion und der Veranstaltung lokaler Sitzungen seinen in den Randnummern 71 und 43 der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte, der Austausch detaillierter Informationen über die Verkäufe in den Randnummern 56 bis 59 der Entscheidung angeführt, in denen die zeitweiligen Maßnahmen der Begrenzung der Verkaufsmengen im Jahre 1981 und 1982 behandelt würden. Bezueglich des Systems der Kundenführung habe sie eine Verantwortlichkeit der Klägerin nie behaupten wollen und aus diesem Grunde sei dieser Punkt in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auch nicht enthalten.

c) Würdigung durch das Gericht

121 Das Gericht ist der Ansicht, daß Randnummer 27 der Entscheidung im Lichte der Randnummer 26 Absatz 2 so auszulegen ist, daß dort nicht jedem einzelnen Hersteller vorgeworfen wird, sich individuell verpflichtet zu haben, alle dort genannten Maßnahmen zu treffen, sondern daß jedem einzelnen dieser Hersteller der Vorwurf gemacht wird, in den Sitzungen zu verschiedenen Zeiten mit den anderen Herstellern einen Komplex von in der Entscheidung aufgeführten Maßnahmen vereinbart zu haben, mit denen insbesondere durch eine künstliche Verknappung des Polypropylenangebots günstige Voraussetzungen für eine Preisanhebung geschaffen werden sollten, wobei die Durchführung der einzelnen Maßnahmen einvernehmlich auf die verschiedenen Hersteller nach Maßgabe ihrer spezifischen Lage verteilt worden sei.

122 Es muß festgestellt werden, daß der Kommission rechtlich nicht der Beweis gelungen ist, daß die Klägerin an den Sitzungen teilgenommen hat, in denen dieser Komplex von Maßnahmen beschlossen worden ist (insbesondere den Sitzungen vom 13. Mai, 2. und 21. September und 2. Dezember 1982, gem. Bpkte., Anl. 24, 29, 30 und 33), und sie folglich auch nicht bewiesen hat, daß die Klägerin diesem Komplex von Maßnahmen zugestimmt hat.

123 Hieraus folgt zunächst, daß die Beteiligung der Klägerin am System der Kundenführung rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist. Hierzu hat die Kommission in ihrer Klagebeantwortung vorgebracht, sie habe insoweit niemals eine Verantwortlichkeit der Klägerin behaupten wollen. Eine solche Einschränkung der gegenüber der Klägerin erhobenen Vorwürfe ergibt sich indessen weder aus der Entscheidung noch aus der Mitteilung der Beschwerdepunkte. In der Entscheidung (Randnr. 19 Absatz 1 und 78 Absatz 6) hat die Kommission nämlich die Möglichkeit offengelassen, daß die Klägerin an den Sitzungen in der zweiten Jahreshälfte 1982 teilgenommen hat; das bedeutet, daß sie auch davon ausgegangen sein muß, daß die Klägerin gegebenenfalls an den in Randnummer 27 dargestellten Maßnahmen beteiligt war, die in diesen Sitzungen beschlossen worden waren und allen Herstellern, die an diesen Sitzungen teilgenommen hatten, ohne jede Einschränkung vorgeworfen werden. Namentlich in Randnummer 85 der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte heisst es: "... entwarfen die Hersteller ein System zur Verwirklichung der geplanten Preisanhebungen auf einer Von-Kunden-zu-Kunden-Basis"; weder diese Mitteilung noch die an die Klägerin gerichtete Mitteilung der individuellen Beschwerdepunkte weisen die geringste Einschränkung dieses Vorwurfs gegenüber der Klägerin auf.

124 Hieraus folgt weiterhin, daß eine Beteiligung der Klägerin an Maßnahmen zur Drosselung der Produktion ebenfalls rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist. In ihrer Klagebeantwortung hat die Kommission diesen Vorwurf gegenüber der Klägerin unter Hinweis auf Randnummer 71 der Mitteilung der gemeinsamen Beschwerdepunkte (in Wirklichkeit geht es um die Randnummern 67 und 79) aufrechterhalten, dann aber in der mündlichen Verhandlung erklärt, es sei der Klägerin niemals vorgeworfen worden, an diesem Marktverhalten unmittelbar beteiligt gewesen zu sein.

125 Im übrigen hat die Kommission erläutert, daß der ebenfalls in Randnummer 27 der Entscheidung angeführte Vorwurf des Austauschs von Informationen über die Verkäufe in Wahrheit mit dem Vorwurf bezueglich der Quoten für 1981 und 1982 (Entscheidung, Artikel 1 Buchstabe e) zusammenfalle; er ist folglich zusammen mit diesem zu prüfen.

126 Bezueglich der Teilnahme der Klägerin an lokalen Sitzungen hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie habe insoweit keinen Vorwurf gegen die Klägerin erhoben. Randnummer 20 der Entscheidung zählt in der Tat die Hersteller auf, gegen die dieser Vorwurf erhoben wurde; die Klägerin ist dort nicht aufgeführt. Mithin muß festgestellt werden, daß dieser Vorwurf in der angefochtenen Entscheidung gegen die Klägerin nicht erhoben worden ist.

127 Hieraus ergibt sich, daß der Kommission rechtlich nicht der Beweis gelungen ist, daß die Klägerin zu den Polypropylenherstellern gehörte, zwischen denen es zu Willensübereinstimmungen über Maßnahmen zur Förderung der Preisinitiativen gekommen ist, soweit ihr in der Entscheidung eine Beteiligung an diesen vorgeworfen worden ist.

D - Absatzziele und Quoten

a) Angefochtene Handlung

128 Nach Randnummer 31 Absatz 3 der Entscheidung wurde in der Sitzung vom 26. und 27. September 1979 "ein straffes Quotensystem als wesentlich erachtet"; in dem Bericht über diese Sitzung werde eine Regelung erwähnt, die in Zuerich vorgeschlagen bzw. vereinbart worden sei, um die monatlichen Verkäufe auf 80 % der in den ersten acht Monaten des Jahres getätigten durchschnittlichen Verkäufe zu beschränken.

129 In Randnummer 52 der Entscheidung heisst es ausserdem, es seien bereits vor August 1982 verschiedene Marktteilungssysteme angewandt worden. Während jeder Hersteller einen prozentualen Anteil an den voraussichtlichen Geschäftsabschlüssen erhalten habe, habe es in dieser Phase noch keine systematische Beschränkung der Gesamtproduktion im voraus gegeben. Marktschätzungen hätten also regelmässig revidiert und die Verkäufe jedes Herstellers in absoluten Tonnen-Zahlen entsprechend dem prozentualen Anteil angepasst werden müssen.

130 Für 1979 seien für jeden Hersteller Absatzziele (in Tonnen) aufgestellt worden, die zumindest teilweise auf den in den drei vorangegangenen Jahren erzielten Absatzergebnissen beruht hätten. Bei ICI sichergestellte Tabellen enthielten Angaben über das "revidierte Ziel" für jeden Hersteller für 1979 im Vergleich zu den tatsächlich in diesem Jahr in Westeuropa erzielten Absatzergebnissen (Entscheidung, Randnr. 54).

131 Ende Februar 1980 hätten die Hersteller für 1980 - wiederum in Tonnen ausgedrückte - Ziele auf der Grundlage eines voraussichtlichen Marktes von 1 390 000 Tonnen vereinbart. Nach Randnummer 55 der Entscheidung wurden bei ATO und ICI mehrere Tabellen sichergestellt, die die für jeden Hersteller für 1980 "vereinbarten Ziele" enthielten. Da sich diese ursprüngliche Marktschätzung als zu optimistisch herausgestellt habe, habe die Quote der Hersteller auf eine jährliche Gesamtnachfrage von nur 1 200 000 Tonnen nach unten revidiert werden müssen. Ausser im Falle von ICI und DSM hätten die Verkaufsergebnisse der einzelnen Hersteller weitgehend ihrem Ziel entsprochen.

132 Nach Randnummer 56 der Entscheidung war die Marktteilung für 1981 Gegenstand langer, komplizierter Verhandlungen. In den Sitzungen vom Anfang des Jahres sei vereinbart worden, daß jeder Hersteller als einstweilige Maßnahme zur Durchsetzung der Preisinitiative im Februar und März seine monatlichen Verkäufe auf ein Zwölftel von 85 % des Ziels von 1980 habe beschränken sollen. Um ein längerfristiges System vorzubereiten, habe jeder Hersteller in der Sitzung mitgeteilt, wieviel Tonnen er 1981 habe verkaufen wollen. Diese "Zielvorstellungen" sämtlicher Hersteller hätten die voraussichtliche Gesamtnachfrage weit überschritten. Obwohl Shell und ICI verschiedene Kompromißformeln vorgeschlagen hätten, habe keine endgültige Quotenvereinbarung für 1981 geschlossen werden können. Als Notbehelf hätten die Hersteller auf ihre Vorjahresquote zurückgegriffen und in der Sitzung über ihre tatsächlichen monatlichen Absatzergebnisse berichtet. So seien die tatsächlichen Verkäufe vor dem Hintergrund einer theoretischen Teilung des verfügbaren Marktes auf der Grundlage der Quoten von 1980 überwacht worden (Entscheidung, Randnr. 57).

133 Nach Randnummer 58 der Entscheidung unterbreiteten die Hersteller für 1982 komplizierte Quotenvorschläge, bei denen versucht worden sei, unterschiedliche Faktoren wie frühere Leistungen, Marktziele und vorhandene Kapazität in Einklang zu bringen. Der aufzuteilende Gesamtmarkt sei auf 1 450 000 Tonnen geschätzt worden. Einige Hersteller hätten ausgeklügelte Pläne für eine Marktteilung vorgelegt, während sich andere damit zufriedengegeben hätten, lediglich ihre Zielvorstellungen mitzuteilen. In der Sitzung vom 10. März 1982 hätten Monte und ICI versucht, eine Einigung zu erzielen. Wie 1981 sei es jedoch auch 1982 nicht zu einer endgültigen Vereinbarung gekommen, so daß im ersten Halbjahr die monatlichen Verkäufe der Hersteller in den Sitzungen mitgeteilt und anhand der Vorjahresanteile überwacht worden seien (Entscheidung, Randnr. 58, letzter Absatz). In der Sitzung vom August 1982 seien die Gespräche zur Erreichung einer Vereinbarung über die Quoten für 1983 fortgesetzt worden; ICI habe mit jedem Hersteller bilaterale Gespräche über das neue System geführt. Bis zur Einführung eines solchen Quotensystems hätten die Hersteller jedoch im zweiten Halbjahr 1982 versuchen sollen, ihre monatlichen Verkäufe auf dieselben prozentualen Anteile am Gesamtmarkt zu beschränken, die jeder von ihnen im ersten Halbjahr 1982 erreicht habe. So hätten sich 1982 die Marktanteile in einem relativen Gleichgewicht befunden und seien für die meisten Hersteller im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben (Entscheidung, Randnr. 59).

134 Nach Randnummer 60 der Entscheidung forderte ICI für 1983 die Hersteller auf, ihre Quotenvorstellungen mitzuteilen und Vorschläge für die prozentualen Zuteilungen an die anderen Hersteller zu unterbreiten. Monte, Anic, ATO, DSM, Linz, Saga und Solvay sowie die deutschen Hersteller (letztere durch BASF) hätten ausführliche Vorschläge gemacht. Die verschiedenen Vorschläge seien in einen Rechner eingegeben worden, um einen Durchschnitt zu ermitteln, der mit den durchschnittlichen Bestrebungen ("aspirations") der einzelnen Hersteller verglichen worden sei. Anhand dieser Vorarbeiten habe ICI Leitlinien für eine neue Rahmenvereinbarung für 1983 angeregt. Diese Vorschläge seien in den Sitzungen vom November und Dezember 1982 diskutiert worden. Ein zunächst auf das erste Quartal des Jahres beschränkter Vorschlag sei in der Sitzung vom 2. Dezember 1982 erörtert worden. Aus dem von ICI erstellten Bericht über diese Sitzung gehe hervor, daß ATO, DSM, Hoechst, Hüls, ICI, Monte und Solvay sowie Hercules die ihnen zugeteilte Quote als "akzeptabel" angesehen hätten (Entscheidung, Randnr. 63). Dies werde durch den Vermerk über ein Telefongespräch zwischen ICI und Hercules vom 3. Dezember 1982 bestätigt.

135 Die Entscheidung kommt in Randnummer 77 Absatz 2 am Ende zu dem Ergebnis, daß die Unterlagen über die Quotenvereinbarungen zeigten, daß die Klägerin während der Zeit, wo sie auf dem Polypropylenmarkt tätig gewesen sei, uneingeschränkt an diesen Vorhaben teilgenommen habe und an den Quotenvereinbarungen zumindest im ersten Quartal 1983 immer noch beteiligt gewesen sei (Entscheidung, Randnr. 78 Absatz 6).

b) Vorbringen der Parteien

136 Für die Jahre 1979 bis 1982 macht die Klägerin geltend, daß die von der Kommission angeführten Tabellen (gem. Bpkte., Anl. 55 bis 62) von Dritten und nicht von ihr selbst verfasst seien und als solche lediglich die Vorstellungen ihres Verfassers widerspiegeln könnten; sie stellten weder einen stichhaltigen Beweis für die Beteiligung der Klägerin an ihrer Erstellung noch für eine wirkliche Übereinstimmung ihres Inhalts mit den Tatsachen dar.

137 Die Nennung ihres Namens in diesen verschiedenen Tabellen sei aus zwei Gründen nicht beweiskräftig: zum einen gebe es keinen Beweis, daß diese Tabellen Ergebnis von Erörterungen unter den Herstellern seien, und zum anderen sei Anic dort sowohl bezueglich ihrer Verkaufszahlen als auch hinsichtlich ihrer Quote zusammen mit SIR angeführt, was sie angesichts des erbitterten Wettbewerbs zwischen den beiden Unternehmen niemals hätte akzeptieren können.

138 Ihre Beteiligung an der Quotenregelung werde auch dadurch widerlegt, daß die Kapazität ihrer Anlagen abgesehen von den Streiks und den technischen Betriebsstörungen in den Jahren 1980 und 1981 stets voll ausgeschöpft worden sei.

139 Für das Jahr 1983 sei die Annahme, sie habe an den Quotenregelungen beteiligt sein können, weil sie ihre Bestrebungen ICI mitgeteilt habe, nicht überzeugend, da sie an den Sitzungen, in denen diese Regelungen vereinbart worden seien, nicht mehr teilgenommen habe und es in keiner Weise belegt sei, daß es in dieser Frage zwischen ihr und den anderen Herstellern ausserhalb der Sitzungen zu Fühlungnahmen gekommen sei. Die Kommission stütze sich, um das Gegenteil zu belegen, auf Annahmen, die in den Tatsachen keine Grundlage fänden, und damit einer Umkehr der Beweislast Vorschub leiste.

140 Die angebliche Mitteilung ihrer Bestrebungen in einem Schriftstück vom 28. Oktober 1982 (gem. Bpkte., Anl. 76) könne nicht als beweiskräftig angesehen werden, weil sie sich auf das Jahr 1983 beziehe und sie ihre Tätigkeiten im Polypropylensektor Mitte 1982 auf Monte übertragen habe. Sie habe nämlich ihre Teilnahme an den Sitzungen Mitte 1982 eingestellt; es wäre widersinnig gewesen, wenn sie Ende 1982 an Verhandlungen über eine Quotenregelung für 1983 für einen Markt teilgenommen hätte, den sie bereits verlassen hätte. Deshalb sei dem betreffenden Schriftstück, das unmöglich von ihr selbst stammen könne, jeglicher Beweiswert abzusprechen.

141 Die Kommission vertritt die Auffassung, daß sich die Beteiligung der Klägerin an den Quotenregelungen aus der Nennung ihres Namens in verschiedenen Tabellen ergebe (gem. Bpkte., Anl. 55 bis 62), die für alle westeuropäischen Polypropylenhersteller Verkaufszahlen für verschiedene Jahre sowie "revised targets" ("revidierte Ziele") oder "Quoten", "Bestrebungen" oder auch "agreed targets" ("vereinbarte Ziele") wiedergäben. Diese Tabellen seien zumeist von 1979 bis 1982 erstellt worden und beträfen Verkaufszahlen dieser Jahre. Sie seien u. a. bei ICI und ATO gefunden worden und stammten von verschiedenen Herstellern. Zu diesen Tabellen komme der Bericht über zwei Sitzungen vom Januar 1981 (gem. Bpkte., Anl. 17) mit einer Tabelle, in der die "targets" und die "actual" (tatsächlichen) Verkaufszahlen verglichen worden seien.

142 Entgegen der Behauptung der Klägerin stammten nicht alle diese Schriftstücke von ICI; in den meisten seien die Zahlen für die Klägerin getrennt von denen für SIR angeführt.

143 Darüber hinaus enthielten diese verschiedenen Schriftstücke Zahlen, die zwangsläufig von der Klägerin selbst mitgeteilt worden sein müssten.

144 Ferner sei die Klägerin an Quotenregelungen für das Jahr 1983 beteiligt gewesen, wie aus der Kombination zweier Schriftstücke (gem. Bpkte., Anl. 73 und 76) hervorgehe. Das erste, in dem das Quotensystem für 1983 eingehend beschrieben werde, sei bei ICI gefunden worden und zeige, daß diese die Hersteller aufgefordert habe, einzeln ihre Quotenvorstellungen mitzuteilen, was diese, wie verschiedene Schriftstücke belegten (gem. Bpkte., Anl. 74 bis 77), auch getan hätten. Im zweiten Schriftstück seien die Bestrebungen der Klägerin dargestellt. Alle diese Vorstellungen seien von ICI in einem EDV-Dokument zusammengefasst worden (gem. Bpkte., Anl. 85).

145 Auch wenn die Klägerin nicht mehr an den Sitzungen teilgenommen habe, die zu dieser Zeit stattgefunden hätten, sei sie doch weiterhin an den Quotenregelungen beteiligt gewesen. Das Kartell sei nicht auf die Teilnahme an den Sitzungen beschränkt gewesen und aus der Abwesenheit der Klägerin in einer oder mehreren Sitzungen lasse sich nicht schließen, daß Anic dem Kartell nicht mehr angehört habe. Diese Abwesenheit bedeute nämlich für sich genommen weder fehlende Kenntnis der Ergebnisse dieser Sitzungen noch fehlende Zustimmung zu diesen Ergebnissen, wie das Schriftstück vom 28. Oktober 1982, das die Bestrebungen der Klägerin betreffe (gem. Bpkte., Anl. 76), und die Antwort von ICI auf das Auskunftsverlangen (gem. Bpkte., Anl. 8) zeigten, nach der es Kontakte zu den in den Sitzungen fehlenden Herstellern gegeben habe.

146 Entgegen der Ansicht der Klägerin sei es durchaus einleuchtend, daß diese ihre Beteiligung an solchen Vereinbarungen im Jahr 1983 fortgesetzt habe, da sie bis April 1983 auf dem Markt geblieben sei, auch wenn sie ihre Tätigkeiten Ende 1982 auf Monte übertragen habe. Die Kommission stütze ihre Behauptung auf die Anlagen zur Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen, in denen die Produktionszahlen der Klägerin für den Polypropylensektor angeführt seien. Die Klägerin habe Zahlen geliefert, die bis Ende April 1983 gegangen seien. Es sei daher keineswegs widersinnig, daß die Klägerin im Oktober 1982 an Verhandlungen über die Vereinbarung einer Quotenregelung für 1983 beteiligt gewesen sei.

c) Würdigung durch das Gericht

147 Es ist daran zu erinnern, daß die Klägerin seit Ende 1978 oder Anfang 1979 bis Mitte 1982 regelmässig an den regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller teilgenommen hat, in denen die Verkaufsmengen der verschiedenen Hersteller diskutiert und Informationen hierüber ausgetauscht worden sind.

148 Neben der Teilnahme der Klägerin an den Sitzungen wird ihr Name in verschiedenen Tabellen (gem. Bpkte., Anl. 55 ff.) genannt, deren Inhalt eindeutig darauf hinweist, daß sie zur Festlegung von Verkaufsmengenzielen bestimmt waren. Die meisten Klägerinnen haben in ihren Antworten auf eine schriftliche Frage des Gerichts eingeräumt, daß es nicht möglich gewesen sei, die bei ICI, ATO und Hercules aufgefundenen Tabellen auf der Grundlage der Statistiken des Fides-Systems zu erstellen. ICI hat in ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen (gem. Bpkte., Anl. 8) zu einer dieser Tabellen erklärt: "The source of information for actual historic figures in this table would have been the producers themselves" ("Die Quelle für die in dieser Tabelle genannten tatsächlich erzielten Zahlen müssen die Hersteller selbst gewesen sein."). Die Kommission ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die in diesen Tabellen enthaltenen Angaben von der Klägerin im Rahmen der Sitzungen gemacht worden waren, an denen sie teilgenommen hatte.

149 Die in den von der Kommission für die Jahre 1979 und 1980 vorgelegten Schriftstücken benutzte Terminologie (wie "revised target" ["revidiertes Ziel"], "opening suggestions" ["Ausgangsvorschläge"], "proposed adjustments" ["vorgeschlagene Berichtigungen"] und "agreed targets" ["vereinbarte Ziele"]) lässt den Schluß zu, daß es zwischen den Herstellern zu Willensübereinstimmungen gekommen ist.

150 Für das Jahr 1979 ist auf der Grundlage des gesamten Berichts über die Sitzung vom 26. und 27. September 1979 (gem. Bpkte., Anl. 12) und der bei ICI sichergestellten, nichtdatierten Tabelle (gem. Bpkte., Anl. 55) mit der Bezeichnung "Producers' Sales to West Europe" ("Verkäufe der Hersteller innerhalb Westeuropa"), in der für alle westeuropäischen Polypropylenhersteller die Verkaufszahlen in Kilotonnen für 1976, 1977 und 1978 sowie unter den Rubriken "1979 actual" ("tatsächliche Zahlen 1979"), "revised target" und "79" weitere Zahlen genannt werden, festzustellen, daß in dieser Sitzung die Notwendigkeit anerkannt wurde, das für 1979 vereinbarte Quotensystem für die letzten drei Monate dieses Jahres zu verschärfen. Der Ausdruck "tight" ("strikt") in Verbindung mit der Begrenzung auf 80 % von einem Zwölftel der vorgesehenen jährlichen Verkäufe weist darauf hin, daß die für 1979 ursprünglich geplante Regelung für diese letzten drei Monate verschärft werden sollte. Diese Auslegung des Sitzungsberichts wird durch die genannte Tabelle bestätigt, denn diese enthält unter der Überschrift "79" in der letzten Spalte rechts von der Spalte mit der Überschrift "revised target" Zahlen, die den ursprünglich festgelegten Quoten entsprechen müssen. Diese müssen im Sinne einer Verschärfung revidiert worden sein, da sie auf der Grundlage einer zu optimistischen Marktschätzung festgelegt worden waren, wie dies auch 1980 der Fall war. Diese Feststellungen werden nicht dadurch entkräftet, daß in Randnummer 31 Absatz 3 der Entscheidung eine Regelung erwähnt wird, "die in Zuerich vorgeschlagen bzw. vereinbart wurde, um die monatlichen Verkäufe auf 80 % der in den ersten acht Monaten des Jahres getätigten durchschnittlichen Verkäufe zu beschränken". Dieser Hinweis ist in Verbindung mit Randnummer 54 der Entscheidung so zu verstehen, daß ursprünglich schon für die monatlichen Verkäufe der ersten acht Monate des Jahres 1979 Verkaufsmengenziele festgelegt worden waren.

151 Für das Jahr 1980 stellt das Gericht fest, daß die Festlegung von Verkaufsmengenzielen für das gesamte Jahr aus der bei ATO aufgefundenen Tabelle vom 26. Februar 1980 (gem. Bpkte., Anl. 60) hervorgeht, die eine Spalte "agreed targets 1980" ("vereinbarte Ziele 1980") enthält, und aus dem Bericht über die Sitzungen vom Januar 1981 (gem. Bpkte., Anl. 17), in denen Hersteller, unter ihnen die Klägerin, die tatsächlich verkauften Mengen ("Actual kt") mit den festgelegten Zielen ("Target kt") verglichen haben. Diese Schriftstücke werden ferner bestätigt durch eine Tabelle vom 8. Oktober 1980 (gem. Bpkte., Anl. 57), in der in zwei Spalten die "1980 Nameplate Capacity" ("nominale Kapazität 1980") und die "1980 Quota" für die einzelnen Hersteller miteinander verglichen werden.

152 Für 1981 weist das Gericht darauf hin, daß den Herstellern vorgeworfen wird, daß sie an den Verhandlungen teilgenommen hätten, um zu einer Quotenvereinbarung für dieses Jahr zu kommen, sowie daß sie in diesem Rahmen ihre "Bestrebungen" mitgeteilt hätten und in Erwartung einer solchen Vereinbarung übereingekommen seien, ihre monatlichen Verkäufe während der Monate Februar und März 1981 vorübergehend auf ein Zwölftel von 85 % des für 1980 vereinbarten "Ziels" zu reduzieren, daß sie sich für den Rest des Jahres dieselbe theoretische Quote wie für das Vorjahr zugewiesen hätten, daß sie jeden Monat in den Sitzungen ihre Verkäufe bekanntgegeben hätten und daß sie schließlich überprüft hätten, ob ihre Verkäufe die zugeteilte theoretische Quote einhielten.

153 Daß zwischen den Herstellern Verhandlungen im Hinblick auf die Einführung einer Quotenregelung stattgefunden haben und daß die Hersteller in diesen Verhandlungen ihre "Bestrebungen" mitgeteilt haben, wird durch verschiedene Beweismittel belegt, wie Tabellen, die für jeden Hersteller dessen Zahlen für die Jahre 1979 und 1980 als "actual" und "targets" sowie seine "aspirations" für 1981 ausweisen (gem. Bpkte., Anl. 59 und 61), eine in italienischer Sprache abgefasste Tabelle (gem. Bpkte., Anl. 62), die für jeden Hersteller dessen Quote für 1980, die Vorschläge anderer Hersteller bezueglich der ihm für 1981 zuzuteilenden Quoten und seine eigenen "Bestrebungen" für 1981 ausweist, sowie einen internen Vermerk von ICI (gem. Bpkte., Anl. 63) über den Verlauf dieser Verhandlungen, in dem es heisst:

"Taking the various alternatives discussed at yesterday' s meeting we would prefer to limit the volume to be shared to no more than the market is expected to reach in 1981, say 1.35 million tons. Although there has been no further discussion with Shell, the four majors could set the lead by accepting a reduction in their 1980 target market share of about 0.35 % provided the more ambitious smaller producers such as Solvay, Saga, DSM, Chemie Linz, Anic/SIR also tempered their demands. Provided the majors are in agreement the anomalies could probably be best handled by individual discussions at Senior level, if possible before the meeting in Zurich."

("Unter den verschiedenen in der gestrigen Sitzung erörterten Möglichkeiten bevorzugen wir diejenige, die aufzuteilende Menge auf das Volumen zu begrenzen, das der Markt 1981 voraussichtlich erreichen wird, also etwa 1,35 Millionen Tonnen. Obwohl keine weitere Diskussion mit Shell stattgefunden hat, könnten die vier Grossen die Richtung weisen, indem sie ihren Zielmarktanteil für 1980 um etwa 0,35 % reduzieren, sofern die ehrgeizigeren kleineren Hersteller wie Solvay, Saga, DSM, Chemie Linz, Anic/SIR ihre Forderungen ebenfalls zuegeln. Vorausgesetzt, die Grossen sind sich einig, könnten die Anomalien möglicherweise durch individuelle Diskussionen auf Chefebene möglichst vor der Sitzung in Zuerich bewältigt werden.")

Diesem Dokument ist ein bezifferter Kompromißvorschlag beigefügt, in dem das von jedem Hersteller erzielte Ergebnis mit 1980 verglichen wird ("% of 1980 target").

154 Die Annahme vorläufiger Maßnahmen in Form einer Reduzierung der monatlichen Verkäufe in den Monaten Februar und März 1981 auf ein Zwölftel von 85 % des für das Vorjahr vereinbarten Ziels ergibt sich aus dem Bericht über die Sitzungen vom Januar 1981, in dem es heisst:

"In the meantime (february-march) monthly volume would be restricted to 1/12 of 85 % of the 1980 target with a freeze on customers."

("In der Zwischenzeit [Februar/März] soll die monatliche Menge auf 1/12 von 85 % des Ziels 1980 mit einem Einfrieren der Kunden reduziert werden.")

155 Die Tatsache, daß sich die Hersteller für den Rest des Jahres dieselbe theoretische Quote wie für das Vorjahr zugewiesen und durch den monatlichen Austausch ihrer Verkaufszahlen überprüft haben, ob die Verkäufe diese Quote einhielten, wird durch drei im Zusammenhang zu sehende Schriftstücke bewiesen. Es handelt sich erstens um eine Tabelle vom 21. Dezember 1981 (gem. Bpkte., Anl. 67), in der für jeden Hersteller die nach Monaten aufgeschlüsselten Verkäufe angegeben werden und deren letzten drei Spalten bezueglich der Monate November und Dezember sowie für das gesamte Jahr handschriftlich hinzugefügt worden sind. Zweitens handelt es sich um eine bei ICI gefundene, in italienischer Sprache abgefasste Tabelle ohne Datum mit der Bezeichnung "Scarti per società" ("Abweichungen, aufgeschlüsselt nach Gesellschaften") (gem. Bpkte., Anl. 65), in der für jeden Hersteller für die Zeit von Januar bis Dezember 1981 die Verkaufszahlen "actual" mit den Zahlen "theoretic" (theoretisch) verglichen werden. Es handelt sich drittens um eine bei ICI gefundene, nicht datierte Tabelle (gem. Bpkte., Anl. 68), in der für jeden Hersteller für die Zeit von Januar bis November 1981 die Verkaufszahlen und die Marktanteile mit denjenigen von 1979 und von 1980 verglichen werden, wobei eine Vorausberechnung für das Jahresende vorgenommen wird.

156 Die erste Tabelle zeigt, daß die Hersteller ihre monatlichen Verkaufszahlen ausgetauscht haben. Verbindet man sie mit den - in den beiden anderen, auf denselben Zeitraum bezogenen Tabellen angestellten - Vergleichen zwischen diesen Zahlen und denjenigen von 1980, so erhärtet ein solcher Austausch von Informationen, die ein unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer streng als Betriebsgeheimnisse hütet, die Schlußfolgerungen, zu denen die Kommission in der Entscheidung gekommen ist.

157 Die Teilnahme der Klägerin an diesen verschiedenen Aktivitäten ergibt sich zum einen aus ihrer Teilnahme an den Sitzungen, in denen diese Aktionen stattgefunden haben, namentlich an den Sitzungen vom Januar 1981, und zum anderen daraus, daß ihr Name in den erwähnten Schriftstücken genannt wird. Diese Schriftstücke enthalten im übrigen Zahlen, die nach der Antwort von ICI auf eine schriftliche Frage des Gerichts - auf die andere Klägerinnen in ihrer eigenen Antwort Bezug nehmen - nicht auf der Grundlage der Statistiken des Fides-Systems hätten erstellt werden können.

158 Für 1982 weist das Gericht darauf hin, daß den Herstellern vorgeworfen wird, daß sie an den Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluß einer Quotenvereinbarung für dieses Jahr teilgenommen hätten, daß sie in diesem Rahmen ihre Bestrebungen im Hinblick auf die Verkaufsmengen mitgeteilt hätten, daß sie in Ermangelung einer endgültigen Vereinbarung in den Sitzungen ihre monatlichen Verkaufszahlen für das erste Halbjahr mitgeteilt und mit dem im Vorjahr erzielten prozentualen Anteil verglichen hätten und daß sie sich während des zweiten Halbjahrs bemüht hätten, ihre monatlichen Verkäufe auf den prozentualen Anteil des Gesamtmarkts zu beschränken, den sie in der ersten Hälfte dieses Jahres erzielt hätten.

159 Daß zwischen den Herstellern Verhandlungen im Hinblick auf die Einführung einer Quotenregelung stattgefunden haben und daß die Hersteller in diesem Rahmen ihre Bestrebungen mitgeteilt haben, wird belegt erstens durch ein Schriftstück mit der Bezeichnung "Scheme for discussions 'quota system 1982' " ("Diskussionsschema für ein Quotensystem 1982") (gem. Bpkte., Anl. 69), in dem für alle Adressaten der Entscheidung mit Ausnahme von Hercules die Menge, auf die jeder Anspruch zu haben glaubte, und ausserdem für einige (alle ausser Anic, Linz, Petrofina, Shell und Solvay) die Menge angegeben wird, die ihrer Ansicht nach den anderen Herstellern zugeteilt werden sollte; zweitens durch einen Vermerk von ICI mit der Bezeichnung "Polypropylene 1982, Guidelines" ("Polypropylen 1982, Leitlinien") (gem. Bpkte., Anl. 70, a), in dem ICI die laufenden Verhandlungen analysiert; drittens durch eine Tabelle vom 17. Februar 1982 (gem. Bpkte., Anl. 70, b), in der verschiedene Vorschläge zur Aufteilung der Verkäufe verglichen werden, von denen einer mit der Bezeichnung "ICI Original Scheme" ("ursprüngliches Schema ICI") in einer anderen, handgeschriebenen Tabelle von Monte in einer Spalte mit der Überschrift "Milliavacca 27/1/82" (es handelt sich um den Namen eines Angestellten von Monte) geringfügig angepasst worden ist (gem. Bpkte., Anl. 70, c); schließlich durch eine in italienischer Sprache abgefasste Tabelle (gem. Bpkte., Anl. 71), die einen komplexen Vorschlag darstellt (beschrieben in der Entscheidung, Randnr. 58 Absatz 2 am Ende).

160 Die für das erste Halbjahr getroffenen Maßnahmen werden durch den Bericht über die Sitzung vom 13. Mai 1982 (gem. Bpkte., Anl. 24) bewiesen, in dem es u. a. heisst:

"To support the move a number of other actions are needed a) limit sales volume to some agreed prop. of normal sales."

["Zur Unterstützung dieses Schritts ist eine Reihe weiterer Maßnahmen erforderlich a) Begrenzung des Verkaufsvolumens auf einen bestimmten, vereinbarten Teil der üblichen Verkäufe."]

Die Durchführung dieser Maßnahmen wird bewiesen durch den Bericht über die Sitzung vom 9. Juni 1982 (gem. Bpkte., Anl. 25), dem eine Tabelle beigefügt ist, in der für jeden Hersteller die Verkaufszahlen "actual" für die Monate Januar bis April 1982, verglichen mit einer als "theoretical based on 1981 av[erage] market share" ("theoretisch, gestützt auf den durchschnittlichen Marktanteil 1981") bezeichneten Zahl genannt wird, sowie durch den Bericht über die Sitzungen vom 20. und 21. Juli 1982 (gem. Bpkte., Anl. 26) für den Zeitraum Januar bis Mai 1982 und durch den Bericht über die Sitzung vom 20. August 1982 (gem. Bpkte., Anl. 28) für den Zeitraum Januar bis Juli 1982.

161 Das Gericht stellt fest, daß die Kommission für das Jahr 1981 und die erste Hälfte des Jahres 1982 aus der Tatsache, daß in den regelmässigen Sitzungen eine gegenseitige Überwachung der Durchführung eines Systems zur Begrenzung der monatlichen Verkäufe im Verhältnis zu einem vorausgegangenen Bezugszeitraum stattgefunden hat, zu Recht gefolgert hat, daß dieses System von den Teilnehmern an den Sitzungen angenommen worden war.

162 Zudem ist die Kommission in Anbetracht des Umstands, daß mit den verschiedenen Maßnahmen zur Begrenzung der Verkaufsmengen dasselbe Ziel - Verringerung des von dem Überangebot ausgehenden Drucks auf die Preise - verfolgt wurde, zu Recht zu dem Schluß gelangt, daß diese Maßnahmen Teil eines Quotensystems waren.

163 Die Argumente der Klägerin sind nicht geeignet, die tatsächlichen Feststellungen der Kommission bezueglich ihrer Beteiligung an verschiedenen Maßnahmen zur Begrenzung der Verkaufsmengen für die Jahre 1979, 1980, 1981 und das erste Halbjahr 1982 zu entkräften.

164 Erstens wird nämlich das Argument der Klägerin, die von der Kommission vorgelegten Schriftstücke stammten von Dritten und seien nicht das Ergebnis von Erörterungen zwischen den Herstellern, durch den Inhalt der Sitzungsberichte (gem. Bpkte., Anl. 12, 17, 23 und 25) widerlegt, die zeigen, daß die Sitzungen insbesondere die Festsetzung von Verkaufsmengenzielen betrafen und die Hersteller dort ihre eigenen Zahlen bekanntgaben.

165 Zweitens kann, selbst wenn feststehen würde, daß die Klägerin ihre Produktionskapazitäten voll ausgeschöpft hat, dies nicht widerlegen, daß die Hersteller Verkaufsmengen unter sich aufgeteilt haben. Es würde bestenfalls beweisen, daß sich die Klägerin nicht an ihre Vereinbarungen gehalten hat.

166 Drittens schließlich kann auch die gemeinsame Nennung von Anic/SIR in zahlreichen Schriftstücken den Beweiswert dieser Schriftstücke nicht mindern, die Klägerin und SIR werden nämlich nur in Schriftstücken nach November 1980 gemeinsam erwähnt, während ihnen in früheren Schriftstücken (gem. Bpkte., Anl. 55 bis 58) unterschiedliche Zahlen zugeteilt werden. Dies ist dadurch zu erklären, daß ab 28. November 1980 die Gesellschaft ENI, zu der die Klägerin gehörte, gemäß Artikel 2 des Gesetzes Nr. 784 vom 28. November 1980 ermächtigt worden ist, "ad assumere il mandato per la gestione della predetta società" ("die Führung der genannten Gesellschaft zu übernehmen"), und diese beiden Gesellschaften mithin nicht mehr miteinander konkurrierten.

167 Dagegen ist der Kommission rechtlich nicht der Beweis gelungen, daß die Klägerin an Maßnahmen zur Begrenzung der Verkaufsmengen für das zweite Halbjahr 1982 beteiligt gewesen ist, weil die Klägerin seit Mitte 1982 an den Sitzungen nicht mehr teilgenommen hatte und die Begrenzung der monatlichen Verkaufsmengen auf einen Vomhundertsatz des in der ersten Jahreshälfte erreichten Gesamtmarktanteils untrennbar mit der von den Herstellern später in ihren Sitzungen durchgeführten Kontrolle verbunden war, inwieweit die für einen bestimmten Monat tatsächlich erzielten Zahlen und die Zahlen, die theoretisch hätten erzielt werden sollen, übereinstimmten.

168 Diese Feststellung wird dadurch gestützt, daß die Berichte über die Sitzungen, in denen die Durchführung der Begrenzung der monatlichen Verkäufe kontrolliert wurde (Sitzungen vom 6. Oktober und 2. Dezember 1982, gem. Bpkte., Anl. 29 und 33) erkennen lassen, daß die Klägerin nicht durch Mitteilung ihrer Verkaufszahlen an dieser Kontrolle beteiligt war, weil in den Tabellen im Anhang dieser Berichte neben dem Namen der Klägerin entweder eine Zahl mit dem Zusatz "est." (für "estimated") ["geschätzt"] oder die Buchstaben "N.A." (für "not available") ("nicht erhältlich"), gefolgt von einer geschätzten Zahl, stehen.

169 Der Klägerin wird ferner in Randnummer 78 Absatz 6 der Entscheidung vorgeworfen, "immer noch mindestens im ersten Quartal 1983 an den Quotenvereinbarungen beteiligt" gewesen zu sein, obwohl sie seit Mitte bzw. Ende 1982 an keiner Sitzung mehr teilgenommen habe.

170 Dem verfügenden Teil der Entscheidung in Verbindung mit der Begründung (Randnrn. 19, 60, 77 Absatz 2, 78 Absatz 6 und 96 Absatz 2) und der Mitteilung der individuellen Beschwerdepunkte an die Klägerin ist zu entnehmen, daß der Klägerin in Wahrheit vorgeworfen wird, im letzten Quartal 1982 an Verhandlungen zur Festlegung von Quoten für das erste Quartal 1983 beteiligt gewesen zu sein.

171 Die Klägerin begegnet diesem Vorwurf mit dem Hinweis, es sei unwahrscheinlich, daß sie 1982 an Verhandlungen für eine Quotenvereinbarung für 1983 teilgenommen habe, weil sie zu diesem Zeitpunkt den Polypropylenmarkt bereits verlassen habe.

172 Hierzu ist festzustellen, daß die Kommission aus den Anlagen zur Antwort der Klägerin auf das Auskunftsverlangen, in denen die Verkaufszahlen von Anic bis April 1983 angegeben sind, zu Recht geschlossen hat, daß die Klägerin bis April 1983 auf dem Polypropylenmarkt tätig gewesen ist. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 689A0006.2

173 In der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, daß das Decreto-legge über die Übertragung von Tätigkeiten von Anic auf Monte zwar vom Juli 1982 datiert, zu diesem Zeitpunkt aber der genaue Betrag der Transaktion noch nicht bekannt war. Der formelle Abschluß der Vereinbarung und die Festlegung des Preises sind erst am 29. Oktober 1982 erfolgt.

174 Somit ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Klägerin Ende 1982 den anderen Herstellern ihre Bestrebungen bezueglich der Quotenfestlegung für das erste Quartal 1983 mitgeteilt hat. Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, daß die Klägerin ihre Bestrebungen bekanntgemacht hat.

175 Der von der Kommission dazu vorgelegte Hauptbeweis ist ein handgeschriebener Vermerk eines Angestellten von ICI vom 28. Oktober 1982 (gem. Bpkte., Anl. 76), der nach einer bei ICI gefundenen, zusammenfassenden EDV-Tabelle (gem. Bpkte., Anl. 85, S. 2) die "Bestrebungen" der Klägerin bezueglich der Verkaufsmengen und ihre Vorschläge für die den anderen Herstellern zuzuteilenden Quoten enthalten soll.

176 Allein die Tatsache, daß Anic auf die Aufforderung des Angestellten eines Konkurrenzunternehmens, unter dessen Leitung Sitzungen insbesondere zur Festsetzung von Verkaufsmengenzielen abgehalten werden, ihre "Bestrebungen" bezueglich der Verkaufsmengen sowie ihre Vorschläge für die den anderen Herstellern zuzuteilenden Quoten mitgeteilt hat, muß als punktülle Beteiligung der Klägerin an den Verhandlungen zur Festlegung von Quoten für das erste Quartal 1983 betrachtet werden. Wenn auch nicht feststeht, daß die Klägerin dann an den Sitzungen teilgenommen hat oder mit den anderen Herstellern in ständigem Kontakt geblieben ist, ist doch davon auszugehen, daß sie durch die Mitteilung ihrer Bestrebungen versucht hat, vor Veräusserung ihrer Aktiva im Polypropylenbereich an Monte deren Wert zu erhöhen, indem sie eine höhere Verkaufsmengenquote hinzurechnete.

177 Das Gericht stellt daher fest, daß die Klägerin ICI Ende Oktober 1982 ihre Bestrebungen bezueglich der Verkaufsmengen zur Festlegung von Quoten für das erste Quartal 1983 mitgeteilt hat, obwohl sie am System der regelmässigen Sitzungen seit Mitte 1982 nicht mehr teilnahm.

178 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, daß der Kommission rechtlich der Beweis gelungen ist, daß die Klägerin zu den Polypropylenherstellern gehörte, zwischen denen es zu Willensübereinstimmungen über die in der Entscheidung genannten Verkaufsmengenziele für die Jahre 1979 und 1980 sowie über die dort genannte Begrenzung ihrer monatlichen Verkäufe für das Jahr 1981 und das erste Halbjahr 1982 im Verhältnis zu einem vorausgegangenen Bezugszeitraum gekommen ist, die Teil eines Quotensystems waren, und daß die Klägerin Ende Oktober 1982 ICI ihre Bestrebungen bezueglich der Verkaufsmengen für das erste Quartal 1983 mitgeteilt hat. Dagegen ist der Kommission rechtlich nicht der Beweis gelungen, daß die Klägerin zu den Polypropylenherstellern gehörte, zwischen denen es zu Willensübereinstimmungen über die Begrenzung ihrer monatlichen Verkäufe für das zweite Halbjahr 1982 im Verhältnis zu einem vorausgegangenen Bezugszeitraum gekommen ist.

2. Die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag

A - Rechtliche Qualifizierung

a) Angefochtene Handlung

179 Nach Randnummer 81 Absatz 1 der Entscheidung stellt die Gesamtheit der Regelungen und Absprachen, die im Rahmen eines regelmässigen, institutionalisierten Sitzungssystems beschlossen wurden, eine einzige fortdauernde "Vereinbarung" im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 dar.

180 Im vorliegenden Fall hätten die Hersteller dadurch, daß sie sich zu dem gemeinsamen Plan verbunden hätten, die Preise und den Absatz auf dem Polypropylenmarkt zu regeln, an einer umfassenden Rahmenvereinbarung teilgenommen, die in mehreren von Zeit zu Zeit abgesprochenen Einzelvereinbarungen ihren Niederschlag gefunden habe (Entscheidung, Randnr. 81 Absatz 3).

181 Bei der eingehenden Ausarbeitung des Gesamtplans sei es in vielen Bereichen zu einer ausdrücklichen Vereinbarung wie den einzelnen Preisinitiativen und jährlichen Quotensystemen gekommen (Entscheidung, Randnr. 82 Absatz 1). In einigen Fällen hätten die Hersteller möglicherweise keinen Konsens über ein endgültiges Schema - wie über die Quoten für 1981 und 1982 - erzielt. Doch die Verabschiedung von flankierenden Maßnahmen, einschließlich des Informationsaustauschs und der Überwachung der tatsächlichen monatlichen Verkäufe im Verhältnis zum Verkaufsergebnis in einigen vorausgegangenen Referenzperioden, sei nicht nur ein Zeichen für eine ausdrückliche Vereinbarung darüber, derartige Maßnahmen zu konzipieren und durchzuführen, sondern auch ein Zeichen für eine stillschweigende Vereinbarung darüber, die jeweilige Stellung der Hersteller nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten.

182 An der Schlußfolgerung, daß eine fortdauernde Vereinbarung vorliege, ändere auch die Tatsache nichts, daß einige Hersteller nicht notwendigerweise an jeder Sitzung teilgenommen hätten. Jede Initiative und die Erarbeitung und Durchführung eines jeden Plans erstreckten sich über mehrere Monate, so daß das gelegentliche Fernbleiben des einen oder anderen Herstellers wenig ausmache (Entscheidung, Randnr. 83 Absatz 1).

183 Das Funktionieren des Kartells auf der Grundlage eines gemeinsamen und ausführlichen Plans stelle eine Vereinbarung im Sinne des Artikels 85 Absatz 1 dar (Entscheidung, Randnr. 86 Absatz 1).

184 Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweise seien unterschiedliche Begriffe, doch gebe es Fälle, in denen Absprachen Elemente beider Formen verbotener Zusammenarbeit enthielten (Entscheidung, Randnr. 86 Absatz 2).

185 Eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise beziehe sich auf eine Form der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die zwar nicht den Grad einer Vereinbarung im eigentlichen Sinne erreicht habe, aber dennoch bewusst die Risiken des Wettbewerbs ausschalte und durch eine praktische Zusammenarbeit ersetze (Entscheidung, Randnr. 86 Absatz 3).

186 In Randnummer 87 Absatz 1 der Entscheidung heisst es, das durch den Vertrag geschaffene getrennte Konzept der aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen solle verhindern, daß Unternehmen sich der Anwendung des Artikels 85 Absatz 1 entzögen, indem sie in einer wettbewerbswidrigen Weise ohne eine endgültige Vereinbarung absprächen, sich z. B. gegenseitig im voraus über ihr künftiges Verhalten in Kenntnis zu setzen, so daß jeder seine Geschäftspolitik in der Gewißheit regele, daß sich die Wettbewerber entsprechend verhielten (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 48/69, ICI/Kommission, Slg. 1972, 619).

187 Der Gerichtshof habe im Urteil vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73 (Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663) festgestellt, daß die in seiner Rechtsprechung niedergelegten Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit, die keineswegs die Ausarbeitung eines eigentlichen Plans voraussetzten, im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrages zu verstehen seien, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen habe, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt zu betreiben gedenke. Dieses Selbständigkeitspostulat beseitige nicht das Recht der Unternehmen, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Mitbewerber mit wachem Sinn anzupassen; es stehe jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezwecke oder bewirke, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potentiellen Mitbewerbers zu beeinflussen oder einen solchen Mitbewerber über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen sei oder in Erwägung ziehe (Entscheidung, Randnr. 87 Absatz 2). Ein Verhalten könne also als aufeinander abgestimmte Verhaltensweise unter Artikel 85 Absatz 1 fallen, auch wenn sich die Partner vorher nicht über einen gemeinsamen Plan für ihr Marktverhalten geeinigt hätten, sondern lediglich Absprachen träfen oder sich an Absprachen beteiligten, die die Koordinierung kommerziellen Verhaltens erleichterten (Entscheidung, Randnr. 87 Absatz 3 Satz 1).

188 Ausserdem wird in der Entscheidung (Randnr. 87 Absatz 3 Satz 3) darauf hingewiesen, daß es in einem komplexen Kartell möglich sei, daß einige Hersteller zeitweise einem von den anderen Herstellern vereinbarten besonderen Verhalten nicht uneingeschränkt zustimmten, aber dennoch die betreffende Regelung generell unterstützten und sich entsprechend verhielten. In mancher Hinsicht trügen die fortgesetzte Zusammenarbeit und Absprache der Hersteller bei der Durchführung der Gesamtvereinbarung Zuege einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise (Entscheidung Randnr. 87 Absatz 4 Satz 2).

189 Die Bedeutung des Konzepts einer aufeinander abgestimmten Verhaltensweise ergebe sich also nicht so sehr aus der Unterscheidung zwischen dieser Verhaltensweise und einer Vereinbarung als vielmehr aus der Unterscheidung zwischen den Formen der Absprache, die unter Artikel 85 Absatz 1 fielen, und einem rein parallelen Verhalten ohne jedwedes Element der Absprache. Nichts hänge daher im vorliegenden Fall von der genauen Form ab, die die abgesprochenen Vereinbarungen angenommen hätten (Entscheidung, Randnr. 87 Absatz 5).

190 In der Entscheidung (Randnr. 88 Absätze 1 und 2) wird festgestellt, daß die meisten Hersteller, die während des Verwaltungsverfahrens behauptet hätten, daß ihr Verhalten in bezug auf die angeblichen Preisinitiativen nicht das Ergebnis irgendeiner Vereinbarung im Sinne des Artikels 85 gewesen sei (siehe Randnr. 84 der Entscheidung), ausserdem behaupteten, daß dieses Verhalten nicht die Grundlage sein könne, um eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise festzustellen, weil dieses Konzept irgendeinen offenen Akt am Markt voraussetze, der im vorliegenden Fall völlig fehle; Preislisten oder Zielpreise seien den Kunden nie mitgeteilt worden. In der Entscheidung wird dieses Vorbringen mit der Begründung zurückgewiesen, daß, wäre es im vorliegenden Fall notwendig, eine aufeinander abgestimmte Verhaltensweise zu beweisen, dieses Erfordernis für einige Schritte der Teilnehmer zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Zielsetzung tatsächlich gegeben sei. Die verschiedenen Preisinitiativen seien Gegenstand von Aufzeichnungen. Ausserdem sei unbestreitbar, daß die einzelnen Hersteller gleichzeitige Aktionen unternommen hätten, um die Preisinitiativen durchzuführen. Die von den Herstellern sowohl einzeln als auch gemeinsam getroffenen Maßnahmen ergäben sich aus Dokumenten: Sitzungsberichten, internen Vermerken, Anweisungen und Rundschreiben an Verkaufsabteilungen und Schreiben an Kunden. Dabei sei irrelevant, ob sie Preislisten veröffentlicht hätten. Die Preisinstruktionen als solche seien nicht nur das beste verfügbare Beweismittel für die von jedem Hersteller durchgeführte Aktion zur Verwirklichung des gemeinsamen Ziels, sondern erhärteten aufgrund ihres Inhalts und ihrer zeitlichen Abfolge den Beweis der Absprache.

b) Vorbringen der Parteien

191 Die Klägerin räumt ein, daß die Unterscheidung zwischen Vereinbarung und abgestimmter Verhaltensweise ohne Bedeutung sein könne, da das Verbot des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag gerade alle Formen einer wettbewerbswidrigen Absprache erfasse. Wenn es dagegen nicht mehr darum gehe, einen Verstoß gegen diese Bestimmung nachzuweisen, sondern die Art des Verstosses und den Grad der Verantwortlichkeit für diesen festzustellen, dann müsse zwischen Vereinbarung und abgestimmter Verhaltensweise unterschieden werden.

192 Wenn im Fall der Vereinbarung die Zustimmung der Teilnehmer zu dem allgemeinen Plan, der den Gegenstand der Vereinbarung bilde, bewiesen sei, sei eine Verantwortlichkeit selbst für die Handlungen einsichtig, an denen einzelne an der Vereinbarung Beteiligte nicht unmittelbar und notwendigerweise teilgenommen hätten.

193 Dagegen gebe es im Falle der abgestimmten Verhaltensweise gerade keinen Beweis für die Zustimmung zu dem allgemeinen Plan. Der Beweis für eine abgestimmte Verhaltensweise sei also nur in bezug auf die Handlungen und Verhaltensweisen erbracht, die nachweislich auf einer Abstimmung beruhten. Die abgestimmte Verhaltensweise trete also nur im Rahmen dieser Handlungen und Verhaltensweisen auf. Deshalb könnten im Fall einer abgestimmten Verhaltensweise die Teilnehmer nicht über die Handlungen und Verhaltensweisen hinaus verantwortlich gemacht werden, die auf einer Abstimmung beruhten und unmittelbar und tatsächlich nachgewiesen seien.

194 Zu den Folgen, die die Klägerin aus der Qualifizierung als Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise ableiten möchte, bemerkt die Kommission, Anic versuche, eine einheitliche Zuwiderhandlung, nämlich das Kartell zur Stützung der Polypropylenpreise, in eine Reihe selbständiger Zuwiderhandlungen zu zerlegen, um ihre Verantwortlichkeit zu begrenzen. So versuche sie, die verschiedenen im Rahmen des Kartells durchgeführten Aktionen künstlich voneinander zu trennen, obwohl sie ein Ganzes bildeten. Der Beitritt zum Kartell - durch die Teilnahme an den beanstandeten Sitzungen - mache die Klägerin zwangsläufig für sämtliche Aktionen im Rahmen des Kartells mitverantwortlich.

195 Im übrigen verlange die abgestimmte Verhaltensweise nicht unbedingt den Nachweis eines Verhaltens am Markt. Die blosse Beteiligung an Kontakten, soweit diese auf eine Beschränkung der Selbständigkeit der Unternehmen gerichtet seien, stelle bereits einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag dar.

c) Würdigung durch das Gericht

196 Es ist festzustellen, daß die Kommission jeden der Klägerin zur Last gelegten tatsächlichen Einzelakt entweder unter den Begriff der Vereinbarung oder den der abgestimmten Verhaltensweise im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag subsumiert hat. Wie sich nämlich aus Randnummer 80 Absatz 2 in Verbindung mit den Randnummern 81 Absatz 3 und 82 Absatz 1 der Entscheidung ergibt, hat die Kommission jeden dieser verschiedenen Einzelakte in erster Linie als "Vereinbarung" gewertet.

197 Ebenso ergibt sich aus Randnummer 86 Absätze 2 und 3 in Verbindung mit Randnummer 87 Absätze 3 und 4 und Randnummer 88 der Entscheidung, daß die Kommission die Einzelakte der Zuwiderhandlung hilfsweise unter den Begriff der "abgestimmten Verhaltensweise" subsumiert hat, wenn sie entweder nicht den Schluß zuließen, daß sich die Partner vorher über einen gemeinsamen Plan für ihr Marktverhalten geeinigt hatten, sondern nur, daß sie Absprachen getroffen oder sich an Absprachen beteiligt hatten, die die Koordinierung ihrer Geschäftspolitik erleichterten, oder wenn sie wegen des komplexen Charakters des Kartells nicht die Feststellung erlaubten, daß einige Hersteller einem von den anderen Herstellern vereinbarten Verhalten uneingeschränkt zugestimmt hatten, sondern nur, daß diese die betreffende Regelung generell unterstützten und sich entsprechend verhielten. Daraus wird in der Entscheidung der Schluß gezogen, daß die fortgesetzte Zusammenarbeit und Kollusion der Hersteller bei der Durchführung der Gesamtvereinbarung in mancher Hinsicht Zuege einer aufeinander abgestimmten Vehaltensweise trügen.

198 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes liegt eine Vereinbarung im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag schon dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck gebracht haben, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (siehe Urteil vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, 661, Randnr. 112, und Urteil vom 29. Oktober 1980 in den verbundenen Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, Heintz van Landewyck/Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnr. 86). Das Gericht stellt deshalb fest, daß die Kommission die Willensübereinstimmungen zwischen der Klägerin und anderen Polypropylenherstellern, für die sie den Beweis erbracht hat und die auf Preisinitiativen, auf Verkaufsmengenziele für die Jahre 1979 und 1980 und auf Maßnahmen zur Begrenzung der monatlichen Verkäufe für das Jahr 1981 und das erste Halbjahr 1982 im Verhältnis zu einem vorausgegangenen Bezugszeitraum gerichtet waren, zu Recht als Vereinbarungen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag angesehen hat.

199 Der Begriff der abgestimmten Verhaltensweise ist anhand der Rechtsprechung des Gerichtshofes zu bestimmen. Hiernach sind die von ihr zuvor aufgestellten Kriterien der Koordinierung und der Zusammenarbeit im Sinne des Grundgedankens der Wettbewerbsvorschriften des Vertrages zu verstehen, wonach jeder Unternehmer selbständig zu bestimmen hat, welche Politik er auf dem Gemeinsamen Markt zu betreiben gedenkt. Dieses Selbständigkeitspostulat beseitigt zwar nicht das Recht der Unternehmen, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten ihrer Konkurrenten mit wachem Sinn anzupassen; es steht jedoch streng jeder unmittelbaren oder mittelbaren Fühlungnahme zwischen Unternehmen entgegen, die bezweckt oder bewirkt, entweder das Marktverhalten eines gegenwärtigen oder potentiellen Konkurrenten zu beeinflussen oder einen solchen Konkurrenten über das Marktverhalten ins Bild zu setzen, das man selbst an den Tag zu legen entschlossen ist oder in Erwägung zieht (Urteil vom 16. Dezember 1975 in den verbundenen Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, a. a. O., Randnrn. 173 und 174).

200 Im vorliegenden Fall hat die Klägerin an Sitzungen teilgenommen, deren Zweck es war, Preis- und Verkaufsmengenziele festzulegen; in diesen Sitzungen tauschten die Wettbewerber Informationen über die Preise aus, die nach ihren Wünschen auf dem Markt praktiziert werden sollten, über die Preise, die sie zu praktizieren beabsichtigten, über ihre Rentabilitätsschwelle, über die von ihnen für notwendig gehaltenen Beschränkungen der Verkaufsmengen, über ihre Verkaufszahlen oder über die Identität ihrer Kunden. Durch ihre Teilnahme an diesen Sitzungen hat sich die Klägerin mit ihren Wettbewerbern an einer Abstimmung beteiligt, deren Zweck es war, deren Marktverhalten zu beeinflussen und offenzulegen, welches Marktverhalten die einzelnen Hersteller selbst in Erwägung zogen.

201 Damit hat die Klägerin nicht nur das Ziel verfolgt, im voraus die Ungewißheit über das künftige Verhalten ihrer Wettbewerber zu beseitigen, sondern sie musste bei der Festlegung der Politik, die sie auf dem Markt verfolgen wollte, zwangsläufig auch unmittelbar oder mittelbar die in diesen Sitzungen erhaltenen Informationen berücksichtigen. Auch ihre Wettbewerber mussten bei der Festlegung der Marktpolitik, die sie verfolgen wollten, zwangsläufig unmittelbar oder mittelbar die Informationen berücksichtigen, die ihnen die Klägerin über das Marktverhalten gegeben hatte, das sie selbst für sich beschlossen hatte oder in Erwägung zog.

202 Folglich hat die Kommission die regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller, an denen die Klägerin zwischen Ende 1978 oder Anfang 1979 und Mitte 1982 teilgenommen hat, und die von der Klägerin Ende Oktober 1982 an ICI gerichtete Mitteilung ihrer Bestrebungen, ausgedrückt in Verkaufsmengen für das erste Quartal 1983, zu Recht wegen ihres Zwecks hilfsweise als abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag angesehen.

203 Zu der Frage, ob die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, daß eine einzige, in Artikel 1 der Entscheidung als "eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweise" bezeichnete Zuwiderhandlung vorliegt, weist das Gericht darauf hin, daß die verschiedenen abgestimmten Verhaltensweisen und Vereinbarungen, die von den Beteiligten eingehalten und abgeschlossen wurden, wegen ihres übereinstimmenden Zwecks Teil von Systemen regelmässiger Sitzungen zur Festsetzung von Preis- und Quotenzielen waren.

204 Diese Systeme waren wiederum Teil einer Reihe von Bemühungen der betroffenen Unternehmen, mit denen ein einziges wirtschaftliches Ziel verfolgt wurde, nämlich die normale Entwicklung der Preise auf dem Polypropylenmarkt zu verfälschen. Es wäre daher gekünstelt, dieses durch ein einziges Ziel gekennzeichnete kontinuierliche Verhalten zu zerlegen und aus ihm mehrere selbständige Zuwiderhandlungen zu konstruieren. Tatsächlich hat sich die Klägerin - jahrelang - an einem Komplex integrierter Systeme beteiligt, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen. Diese einheitliche Zuwiderhandlung hat sich nach und nach sowohl durch rechtswidrige Vereinbarungen als auch durch rechtswidrige abgestimmte Verhaltensweisen entwickelt.

205 Die Kommission hat diese einheitliche Zuwiderhandlung auch zu Recht als "eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweise" qualifiziert, da diese Zuwiderhandlung sowohl Einzelakte aufwies, die als "Vereinbarungen" anzusehen sind, als auch Einzelakte, die "abgestimmte Verhaltensweisen" dargestellt haben. Angesichts einer komplexen Zuwiderhandlung ist die von der Kommission in Artikel 1 der Entscheidung vorgenommene doppelte Subsumtion nicht so zu verstehen, daß für jeden Einzelakt gleichzeitig und kumulativ der Nachweis erforderlich ist, daß er sowohl die Tatbestandsmerkmale einer Vereinbarung als auch die einer abgestimmten Verhaltensweise erfuellt. Sie bezieht sich vielmehr auf einen Komplex von Einzelakten, von denen einige als Vereinbarungen und andere als abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag anzusehen sind, der ja für diesen Typ einer komplexen Zuwiderhandlung keine spezifische Subsumtion vorschreibt.

206 Die Würdigung der von der Kommission getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch das Gericht hat im übrigen ergeben, daß der Kommission rechtlich der Beweis gelungen ist, daß die Klägerin sämtliche Tatbestandsmerkmale dieser Zuwiderhandlung während der Dauer ihrer Teilnahme an dem System regelmässiger Sitzungen der Polypropylenhersteller erfuellt hat, und daß die Kommission die Klägerin somit nicht für das Verhalten anderer Hersteller verantwortlich gemacht hat.

207 Nach alledem ist die Rüge zurückzuweisen.

B - Wettbewerbsbeschränkende Wirkung

a) Angefochtene Handlung

208 In Randnummer 90 Absätze 1 und 2 der Entscheidung heisst es, daß es für die Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 nicht unbedingt notwendig sei, die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Vereinbarung nachzuweisen, da die Vereinbarung eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt habe. Im vorliegenden Fall zeige aber das Beweismaterial, daß sich die Vereinbarung auf die Wettbewerbsbedingungen tatsächlich spürbar ausgewirkt habe.

b) Vorbringen der Parteien

209 Die Klägerin macht geltend, ihre Geschäftspolitik sei sowohl bezueglich der Preise als auch bezueglich der Verkaufsmengen vollkommen unabhängig vom Inhalt der Sitzungen gewesen, an denen sie teilgenommen habe. Die anderen Hersteller hätten sie als Problem oder als Störenfried betrachtet und es für notwendig erachtet, Druck auf sie auszuüben.

210 Die Kommission habe eingeräumt, daß sie keine Preisinstruktionen der Klägerin an ihre Verkaufsstellen habe finden können. Sie habe die Kommission jedoch über ihr System der Preisbildung und die von ihr angewandte Preispolitik informiert. So habe sie gezeigt, daß die von ihr angewandten Preise stets verschieden von den "Preiszielen" gewesen seien, daß sie nie eine Preistabelle für Polypropylen gehabt und ihre tatsächliche Produktionskapazität stets voll ausgeschöpft habe.

211 Ihre angebliche Beteiligung an dem Kartell sei wegen ihres kleinen Marktanteils so geringfügig gewesen, daß sie verglichen mit der vorherrschenden Präsenz der "grossen Vier", die allein mehr als 50 % des Marktes innehätten, keine wettbewerbsbeschränkende Wirkung hätte ausüben können. Mit einem Marktanteil von weniger als 3 % sei es ihr vollkommen unmöglich gewesen, sich dem Verhalten der Grossen zu widersetzen oder irgendeinen Einfluß auf diese zu nehmen.

212 Die Kommission legt dar, daß sie im wesentlichen bereits auf die Argumente der Klägerin geantwortet habe. Sie weist jedoch den Einwand der Klägerin, der Marktanteil sei so unbedeutend gewesen, daß ihre Beteiligung mit Sicherheit keine wettbewerbsbeschränkende Wirkung gehabt haben könne, kategorisch zurück. Als wettbewerbsbeschränkende Wirkungen im Sinne des Artikels 85 seien diejenigen anzusehen, die dem Kartell als Ganzem und nicht der Beteiligung eines einzelnen Unternehmens zuzuschreiben seien. Andernfalls müsste auf einem Markt mit zahlreichen kleinen Unternehmen ein Kartell sämtlicher Hersteller angesichts des für sich genommen unbedeutenden Beitrags jedes Beteiligten dem Verbot entgehen.

c) Würdigung durch das Gericht

213 Das Gericht stellt fest, daß die Argumentation der Klägerin dahin geht, daß ihre Beteiligung an den regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller nicht unter Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag falle, da ihr wettbewerbsorientiertes Verhalten auf dem Markt zeige, daß diese Teilnahme eine Wettbewerbswidrigkeit weder bezweckt noch bewirkt habe.

214 Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag verbietet als unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise und sonstiger Geschäftsbedingungen und die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen.

215 Das Gericht weist darauf hin, daß die Würdigung der von der Kommission vorgenommenen tatsächlichen Feststellungen ergeben hat, daß die regelmässigen Sitzungen, an denen die Klägerin mit Wettbewerbern teilgenommen hat, die Beschränkung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes namentlich durch die Festlegung von Preis- und Verkaufsmengenzielen bezweckten und daß ihre Teilnahme an diesen Sitzungen folglich eines wettbewerbswidrigen Zwecks im Sinne von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag nicht entbehrte.

216 Im übrigen ist die Argumentation der Klägerin, der zufolge ihre Tätigkeiten den Wettbewerb nicht beschränken konnten, zurückzuweisen, da nicht entscheidend ist, ob der individuelle Tatbeitrag der Klägerin geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken, sondern ob die Zuwiderhandlung, an der sie zusammen mit anderen beteiligt war, den Wettbewerb beschränken konnte. Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß die Unternehmen, die an der in der Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung beteiligt waren, praktisch den gesamten in Rede stehenden Markt innehaben, woraus sich eindeutig ergibt, daß die von ihnen gemeinsam begangene Zuwiderhandlung geeignet war, den Wettbewerb zu beschränken.

217 Die Rüge ist daher zurückzuweisen.

C - Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

a) Angefochtene Handlung

218 In Randnummer 93 Absatz 1 der Entscheidung heisst es, daß die Vereinbarung zwischen den Herstellern geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

219 Im vorliegenden Fall habe die Vereinbarung, die sich tatsächlich auf den gesamten Handel der Gemeinschaft (und anderer westeuropäischer Länder) mit einem wichtigen Industrieprodukt erstreckt habe, angesichts ihrer allumfassenden Natur zwangsläufig dazu führen müssen, daß sich die Handelsströme anders entwickelt hätten als ohne die Vereinbarung (Entscheidung, Randnr. 93 Absatz 3). Die vereinbarte Festsetzung von Preisen auf einem künstlichen Niveau statt Preisbildung am Markt habe die Wettbewerbsstruktur in der gesamten Gemeinschaft beeinträchtigt. Die Unternehmen hätten sich so der unmittelbaren Notwendigkeit entzogen, auf die Marktkräfte zu reagieren und sich mit dem Problem der Überkapazität, auf das sie sich beriefen, auseinanderzusetzen (Entscheidung, Randnr. 93 Absatz 4).

220 In Randnummer 94 der Entscheidung heisst es, daß durch die Festsetzung von Zielpreisen für jeden Mitgliedstaat mit Sicherheit sowohl die Handelsbedingungen als auch die Wirkungen der zwischen den Herstellern bestehenden Leistungsunterschiede auf die Preise verzerrt worden seien, auch wenn dabei den herrschenden lokalen Bedingungen, die im einzelnen in nationalen Sitzungen erörtert worden seien, habe Rechnung getragen werden müssen. Das System der Kundenführerschaft, bei der die Kunden bestimmten Herstellern zugewiesen worden seien, habe die negative Wirkung der Preisvereinbarungen noch erhöht. Obwohl die Hersteller Quoten und Mengenziele nicht nach Mitgliedstaaten oder Regionen festgelegt hätten, seien Quoten beziehungsweise Mengenziele als solche darauf angelegt, die Handlungsspielräume eines Herstellers einzuschränken.

b) Vorbringen der Parteien

221 Die Klägerin macht auch hierzu geltend, daß ihre Beteiligung an dem behaupteten Kartell wegen ihrer geringen Bedeutung auf dem Markt den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht habe beeinträchtigen können.

222 Die Kommission wiederholt, daß dieses Argument unannehmbar sei, weil nicht die Beteiligung der Klägerin, sondern das Kartell insgesamt geeignet sein müsse, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

c) Würdigung durch das Gericht

223 Es ist darauf hinzuweisen, daß die Kommission nicht verpflichtet war, darzutun, daß sich die Beteiligung der Klägerin an einer Vereinbarung und einer abgestimmten Verhaltensweise spürbar auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ausgewirkt hat. Nach Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag müssen nämlich die Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen lediglich geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Insoweit ist festzustellen, daß die beobachteten Wettbewerbsbeschränkungen geeignet waren, die Handelsströme aus der Richtung abzulenken, die sie andernfalls genommen hätten (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den verbundenen Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, a. a. O., Randnr. 172).

224 Im übrigen ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, daß die Klägerin sich für ihre Behauptung, ihre Tätigkeiten hätten den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht beeinflussen können, nicht auf ihre geringe Bedeutung auf dem Markt berufen kann, weil die von ihr gemeinsam mit anderen begangene Zuwiderhandlung geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

225 Folglich ist der Kommission in den Randnummern 93 und 94 der Entscheidung rechtlich der Beweis gelungen, daß die Zuwiderhandlung, an der die Klägerin beteiligt war, geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, ohne daß sie darzutun brauchte, daß der individuelle Tatbeitrag der Klägerin diesen Handel beeinträchtigt hat.

226 Die Rüge ist daher zurückzuweisen.

3. Ergebnis

227 Aus alldem ergibt sich, daß Artikel 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären ist, soweit dort erstens festgestellt wird, daß sich die Klägerin seit einem Zeitpunkt vor Ende 1978 oder Anfang 1979 sowie nach Ende Oktober 1982 an der Zuwiderhandlung beteiligt hat, denn der Beweis für die von der Kommission zu Lasten der Klägerin getroffenen tatsächlichen Feststellungen für diese Zeiten ist nicht erbracht; zweitens, daß sich die Klägerin nach Mitte 1982 an den regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller, an den Preisinitiativen sowie an den Begrenzungen der Verkaufsmengen im Verhältnis zu einem vorausgegangenen Bezugszeitraum beteiligt hat, und drittens, daß sich die Klägerin an den Maßnahmen zur Förderung der Durchführung der Preisinitiativen beteiligt hat, denn der Beweis für diese von der Kommission zu Lasten der Klägerin getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist nicht erbracht. Im übrigen sind die Rügen der Klägerin gegen die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen und gegen die dort vorgenommene Anwendung von Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag zurückzuweisen.

Verantwortlichkeit der Klägerin für den Verstoß

228 Nach Auffassung der Klägerin hat die Kommission ihr die Zuwiderhandlung zu Unrecht zugerechnet, weil sie zum Teil SIR, zum Teil Monte hätte zugerechnet werden müssen. Die Klägerin beschreibt zunächst die Schwierigkeiten des Polypropylensektors in Italien, wo bis Anfang 1982 drei italienische Hersteller - Monte, Anic und SIR - in hartem Wettbewerb gestanden hätten. Später sei es zu einer zweimaligen Umstrukturierung des Sektors gekommen. Zunächst seien am 9. Dezember 1981 die Anlagen von SIR auf SIL übertragen worden, eine Gesellschaft, die zu 100 % der Klägerin gehört habe. Im Juni 1982 seien die Aktien von SIL der Enoxy Chimica durch Prokuraindossament übertragen und dann am 31. Dezember 1982 auf diese Gesellschaft umgeschrieben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der gesamte Polypropylensektor in Italien auf Monte übergegangen. Anic habe sich damals endgültig aus diesem Sektor zurückgezogen. Angesichts dieser Entwicklungen müsse genau bestimmt werden, wem die fraglichen Zuwiderhandlungen zuzurechnen seien.

229 Die Kommission gehe in ihrer Entscheidung angeblich von dem Prinzip aus, daß die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft Unternehmen beträfen und daß dieser Begriff des Unternehmens sich nicht mit dem der Rechtspersönlichkeit im Gesellschafts- oder Steuerrecht decke. Die Klägerin erkenne die Gültigkeit dieses Prinzips an, das mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes übereinstimme und von der Kommission in der Entscheidung auf die norwegischen Unternehmen Saga Petrokjemi und Statoil angewandt worden sei (Randnrn. 97 ff.).

230 Dieses Prinzip sei im Fall der italienischen Unternehmen nicht zutreffend angewandt worden. Zum einen hätte die Kommission die Handlungen, die die in Liquidation befindliche, aber noch bestehende SIR beträfen, dieser Gesellschaft und nicht der Klägerin zurechnen müssen. Die Kommission habe diese beiden Unternehmen zu Unrecht ständig als Einheit angesehen, wodurch SIR sich jeder Verantwortung habe entziehen können. Zum anderen stehe diese Lösung im Widerspruch zu der, zu der die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für die Übertragung des Polypropylenunternehmens der Klägerin auf Monte gelangt sei. Die Kommission vertrete nämlich die Auffassung, daß die Klägerin, da sie als Einheit weiterbestehe, für die Zuwiderhandlungen ihres Polypropylenunternehmens, das ihr vor der Übertragung auf Monte gehört habe, verantwortlich sei. Somit verstehe die Kommission unter dem Begriff des Unternehmens eine Einheit mit eigener Rechtspersönlichkeit und nicht eine wirtschaftlich-funktionelle Einheit.

231 Diese Unterscheidung, die nur möglich sei, weil die übertragende Gesellschaft nach Übertragung ihres Unternehmens fortbestehe, führe zu absurden und willkürlichen Ergebnissen. Die Verantwortlichkeit der übertragenden Gesellschaft für die Zuwiderhandlungen des übertragenen Unternehmens hänge ausschließlich von der Frage ab, ob die übertragende Gesellschaft andere Unternehmenstätigkeiten ausübe und wie diese organisiert seien. So hätte die Klägerin nach der Übertragung ihres Polypropylengeschäfts auf Monte ihre anderen Geschäftsbereiche nur auf andere Gesellschaften zu übertragen brauchen, um sich jeder Verantwortung zu entziehen.

232 Zur Rechtfertigung der anderen Lösung im Fall der norwegischen Unternehmen mache die Kommission geltend, daß dort die "rechtliche Hülle" verschwunden sei, während sie im Falle der Klägerin fortbestehe. Die Klägerin widerspricht dem und meint, entscheidend sei die Frage, was das Unternehmen oder die "rechtliche Hülle" sei. Wenn diese Frage entschieden sei, müsse das so festgelegte Kriterium in allen Fällen angewandt werden. Ebensowenig haltbar sei das Argument der Kommission, daß im Falle der Klägerin keine Unternehmensübertragung stattgefunden habe, weil der Begriff des Unternehmens angeblich nicht mit dem des Produkts oder des Tätigkeitsbereichs zusammenfalle. Der Polypropylensektor habe nämlich selbst eine wirtschaftliche Einheit innerhalb der Anic dargestellt. Diese wirtschaftliche Einheit und damit das entsprechende Unternehmen mit allen seinen materiellen und immateriellen Gütern sei übertragen worden.

233 Der Umstand, daß SIR die von ihr begangenen Handlungen nicht zugerechnet worden seien, sei möglicherweise ein Widerspruch innerhalb der Entscheidung. Immer wenn die Kommission in den Schriftstücken einen gemeinsamen Hinweis auf Anic und SIR gefunden habe, habe sie nämlich das entsprechende Verhalten der Klägerin zugerechnet. Es spreche aber ebensoviel dafür, daß in bestimmten Fällen SIR und nicht die Klägerin für ein bestimmtes Verhalten verantwortlich gewesen sei. Daher hätte die Kommission zumindest bei der Bemessung der Geldbusse der Möglichkeit Rechnung tragen müssen, daß von den Verhaltensweisen, die in den Schriftstücken unter gemeinsamem Hinweis auf Anic und SIR angeführt worden seien, nicht alle der Klägerin zuzurechnen seien.

234 Nach Ansicht der Kommission unterscheidet sich der norwegische Fall von dem der Klägerin. In dem ersten Fall sei die "rechtliche Hülle" eines Unternehmens verschwunden, das aber mit seinen im wesentlichen unveränderten wirtschaftlichen und funktionellen Merkmalen in einer anderen Form fortbestehe. Die Klägerin nehme fälschlicherweise an, die Kommission sei in dem norwegischen Fall davon ausgegangen, daß der Begriff des Unternehmens mit dem des Produkts oder des Tätigkeitsbereichs zusammenfalle. Unternehmen sei indessen ein komplexer Begriff, der Menschen und Sachen umfasse, verbunden durch die Ausübung einer einheitlichen wirtschaftlichen Tätigkeit, die durch die Auffassung der Wettbewerber und der Kunden mit bestimmt werden könne. Unter diesen Begriff fielen sowohl das norwegische Unternehmen als auch die Klägerin. Anic bestehe nämlich nicht aus mehreren Unternehmen, einem je Produktionsbereich. Als Unternehmen habe die Klägerin ein einheitliches Ziel. Deshalb sei sie vor und nach der Übertragung ihres Polypropylengeschäfts stets dasselbe Unternehmen gewesen. Es gebe daher keinen Grund, die Zuwiderhandlung der ihr entsprechenden juristischen Person nicht zuzurechnen.

235 Das Gericht stellt fest, daß das den Unternehmen in Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag u. a. auferlegte Verbot von Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, an wirtschaftliche Einheiten gerichtet ist, die von einer Gesamtheit materieller und personeller Faktoren gebildet werden, die an einer Zuwiderhandlung im Sinne der Vorschrift beteiligt sein können.

236 Ist eine solche Zuwiderhandlung bewiesen, ist die natürliche oder juristische Person zu ermitteln, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden kann.

237 Hat jedoch zwischen dem Zeitpunkt der Zuwiderhandlung und dem Zeitpunkt, zu dem das betreffende Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden soll, die für den Betrieb dieses Unternehmens verantwortliche Person aufgehört, rechtlich zu existieren, so ist zunächst die Gesamtheit der materiellen und personellen Faktoren festzustellen, die an der Zuwiderhandlung beteiligt waren, um sodann zu ermitteln, wem die Verantwortung für den Betrieb dieser Gesamtheit übertragen worden ist, damit sich das Unternehmen seiner Verantwortlichkeit für die Zuwiderhandlung nicht deshalb entziehen kann, weil die zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung für seinen Betrieb verantwortliche Person nicht mehr besteht.

238 Im Falle der Klägerin hat die juristische Person, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, bis zum Erlaß der Entscheidung rechtlich fortbestanden. Folglich hat ihr die Kommission zu Recht die Zuwiderhandlung zugerechnet.

239 Bei Saga Petrokjemi handelt es sich um einen anderen Fall, da die juristische Person, die für den Betrieb des Unternehmens zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung verantwortlich war, infolge ihrer Fusion mit Statoil rechtlich nicht mehr besteht.

240 Im übrigen braucht im vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts nicht entschieden zu werden, was zu gelten hätte, wenn das Unternehmen, das die Zuwiderhandlung begangen hat, als wirtschaftliche, von einer Gesamtheit von Sachen und Personen gebildeten Einheit nicht mehr bestände, oder welche Gesellschaft für die Zuwiderhandlung eines Unternehmens zur Rechenschaft zu ziehen wäre, das Teil eines Konzerns ist.

241 Bezueglich des Vorwurfs, der Klägerin seien Handlungen von SIR zugerechnet worden, ergibt sich aus der Würdigung der tatsächlichen Feststellungen der Kommission durch das Gericht, daß die Zuwiderhandlung im Falle der Klägerin allein aufgrund ihrer eigenen Handlungen festgestellt worden ist.

242 Im übrigen hat die Kommission vor Gericht erklärt, daß eine etwaige Zuwiderhandlung von SIR diesem Unternehmen selbst hätte zugerechnet werden müssen, da die juristische Person, die zum Zeitpunkt der etwaigen Zuwiderhandlung für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich gewesen sei, fortbestehe, auch wenn sie sich in Liquidation befinde. Die Kommission habe jedoch aus Zweckmässigkeitsgründen von der Einleitung eines Verfahrens gegen dieses Unternehmen abgesehen.

243 Die Rüge ist daher zurückzunehmen.

Zur Begründung

244 Die Klägerin macht geltend, daß die Entscheidung gegen Artikel 190 EWG-Vertrag verstosse, da sie nicht Bezug auf den Bericht nehme, den der Anhörungsbeauftragte aufgrund seines Mandates dem Generaldirektor für Wettbewerb zu übermitteln habe.

245 Nichts spreche für die Ansicht der Kommission, daß Artikel 190 nur die Stellungnahmen anderer Organe als des entscheidungsbefugten Organs betreffe.

246 Die Kommission ist der Auffassung, daß Artikel 190 nicht auf den Bericht des Anhörungsbeauftragten an den Generaldirektor für Wettbewerb anwendbar sei, da dieser von einem Beamten der Kommission stammende und gewöhnlich mündlich vorgetragene Bericht zur internen Willensbildung der Kommission gehöre und daher nicht wie eine obligatorische Stellungnahme oder gar wie eine zwingende Stellungnahme behandelt werden könne.

247 Artikel 190 EWG-Vertrag solle lediglich die Kontrolle der Ordnungsgemäßheit des Verfahrens sicherstellen, indem er in Fällen, in denen der Vertrag die Mitwirkung anderer Organe als des entscheidungsbefugten Organs an der Entscheidungsfindung vorschreibe, die Überprüfung ermögliche, ob diese Beteiligung tatsächlich stattgefunden habe.

248 Das Gericht verweist zunächst auf die einschlägigen Bestimmungen über das Mandat des Anhörungsbeauftragten im Anhang des Dreizehnten Berichts über die Wettbewerbspolitik, die wie folgt lauten:

"Artikel 2

Der Anhörungsbeauftragte hat die Aufgabe, für einen geregelten Ablauf der Anhörung Sorge zu tragen und dadurch zur Objektivität sowohl der Anhörung als auch der späteren Entscheidung beizutragen. Er wacht insbesondere darüber, daß alle für die Beurteilung des Falles erheblichen Umstände tatsächlicher Art, gleichgültig, ob sie für die Beteiligten günstig oder ungünstig sind, bei der Ausarbeitung von Entwürfen zu kartellrechtlichen Entscheidungen der Kommission angemessen berücksichtigt werden. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit achtet der Anhörungsbeauftragte darauf, daß die Rechte der Verteidigung gewahrt bleiben; er berücksichtigt dabei zugleich die Notwendigkeit, die Wettbewerbsregeln in Übereinstimmung mit den geltenden Vorschriften und den vom Gerichtshof entwickelten Rechtsgrundsätzen in wirksamer Weise anzuwenden.

Artikel 5

Der Anhörungsbeauftragte berichtet dem Generaldirektor für Wettbewerb über den Ablauf der Anhörung und über die Schlußfolgerungen, die er aus ihr zieht. Er äussert sich zu dem weiteren Verlauf des Verfahrens; dabei kann er die Einholung von weiteren Auskünften, den Verzicht auf bestimmte Beschwerdepunkte oder die Mitteilung zusätzlicher Beschwerdepunkte anregen.

Artikel 6

Zur Erfuellung der ihm in Artikel 2 übertragenen Aufgaben kann der Anhörungsbeauftragte seine Bemerkungen unmittelbar dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglied der Kommission vortragen, sobald diesem der für den Beratenden Ausschuß für Kartell- und Monopolfragen bestimmte Entscheidungsentwurf unterbreitet worden ist.

Artikel 7

Um zu gewährleisten, daß die Kommission über alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles unterrichtet ist, bevor sie ihre Entscheidung trifft, kann das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied der Kommission auf Antrag des Anhörungsbeauftragten anordnen, daß dessen abschließende Stellungnahme dem Entscheidungsentwurf beigefügt wird."

249 Schon aus dem Wortlaut der Bestimmungen über das Mandat des Anhörungsbeauftragten ergibt sich, daß der Bericht des Anhörungsbeauftragten weder dem Beratenden Ausschuß noch der Kommission übermittelt werden muß. So sieht keine Bestimmung die Zuleitung dieses Berichts an den Beratenden Ausschuß vor. Zwar muß der Anhörungsbeauftragte dem Generaldirektor für Wettbewerb berichten (Artikel 5) und kann seine Bemerkungen unmittelbar dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglied der Kommission vortragen (Artikel 6), das auf Antrag des Anhörungsbeauftragten anordnen kann, daß dessen abschließende Stellungnahme dem Entscheidungsentwurf beigefügt wird (Artikel 7), doch gibt es keine Bestimmung, die den Anhörungsbeauftragten, den Generaldirektor für Wettbewerb oder das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied der Kommission verpflichtet, der Kommission den Bericht des Anhörungsbeauftragten zu übermitteln.

250 Hieraus folgt, daß dieser Bericht keine von der Kommission als Entscheidungsorgan obligatorisch einzuholende Stellungnahme ist.

251 Die Rüge der Verletzung des Artikels 190 EWG-Vertrag ist daher zurückzuweisen.

Zur Geldbusse

252 Die Klägerin rügt, daß die Entscheidung Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 verletze, weil die Dauer und die Schwere der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung nicht zutreffend gewürdigt worden seien.

1. Die Verjährung

253 Nach Ansicht der Klägerin sind alle vor dem 5. Dezember 1978 liegenden Sachverhalte verjährt. Da es nämlich an einem "Fortsetzungszusammenhang" zwischen den einzelnen Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen, die Gegenstand der Entscheidung seien, fehle, gelte die fünfjährige Verjährung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) für diese Sachverhalte, denn das der Klägerin am 5. Dezember 1983 zugestellte Auskunftsverlangen sei die erste die Verjährung unterbrechende Handlung.

254 Die Kommission trägt vor, der Klägerin werde eine einzige Zuwiderhandlung vorgeworfen, die von November 1977 bis Ende 1982 oder Anfang 1983 gedauert habe. Die Verjährung sei daher im Zeitpunkt der ersten die Verjährung unterbrechenden Handlung, nämlich dem Auskunftsverlangen vom 29. November 1983, noch nicht eingetreten gewesen.

255 Das Gericht stellt fest, daß das Vorbringen der Klägerin gegenstandslos geworden ist, da es entschieden hat, daß der Kommission der Beweis der Teilnahme der Klägerin an der Zuwiderhandlung für die Zeit vor Ende 1978 oder Anfang 1979 rechtlich nicht gelungen ist.

2. Die Dauer der Zuwiderhandlung

256 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Dauer ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung falsch bestimmt, da diese im November 1977 begonnen und Ende 1982 oder Anfang 1983 geendet habe.

257 Ausserdem sei die Angabe Ende 1982 oder Anfang 1983 nicht genau genug.

258 Die Kommission legt dar, daß sie die Dauer der Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung zutreffend bestimmt habe und der Unterschied zwischen Ende 1982 und Anfang 1983 lediglich eine Ungenauigkeit von einigen Tagen darstelle.

259 Das Gericht stellt fest, daß seine Würdigung der Feststellung der Zuwiderhandlung ergeben hat, daß die zu Lasten der Klägerin festgestellte Zuwiderhandlung von kürzerer Dauer als in der Entscheidung festgestellt war, da die Zuwiderhandlung Ende 1978 oder Anfang 1979 und nicht ungefähr im November 1977 begonnen und bis Ende Oktober 1982 und nicht bis Ende 1982 oder Anfang 1983 angedauert hat.

260 Aufgrund dieser Würdigung ergibt sich weiterhin, daß die Klägerin seit Mitte 1982 an den regelmässigen Sitzungen der Polypropylenhersteller und den dort zustandegekommenen Willensübereinstimmungen nicht mehr beteiligt war.

261 Infolgedessen ist die gegen die Klägerin verhängte Geldbusse herabzusetzen.

3. Die Schwere der Zuwiderhandlung

A - Die begrenzte Rolle der Klägerin

262 Die Klägerin macht geltend, es sei entgegen der Behauptung in Randnummer 109 der Entscheidung nicht glaubhaft, daß die Kommission bei der Bemessung der zu verhängenden Geldbusse die Rolle berücksichtigt habe, die jedes einzelne Unternehmen gespielt habe. Während die Entscheidung nämlich unaufhörlich von Vorschlägen, Initiativen oder Plänen spreche, werde der Klägerin nicht eine Initiative angelastet. Im übrigen habe die Kommission auch unberücksichtigt gelassen, daß die Klägerin an den Sitzungen nicht regelmässig teilgenommen habe und Beweise für andere Vorwürfe als den der Teilnahme an Sitzungen fehlten. Schließlich stelle ihr Verhalten auch keinen vorsätzlichen Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag dar.

263 Die Kommission entgegnet, sie habe die Rolle der einzelnen Unternehmen zutreffend berücksichtigt; aus diesem Grund seien die gegen die "grossen Vier" verhängten Geldbussen erheblich höher ausgefallen. Ausserdem trage die Klägerin nicht vor, inwiefern ihr Verhalten nicht als vorsätzlicher Verstoß gegen Artikel 85 EWG-Vertrag angesehen werden könne.

264 Das Gericht stellt fest, daß seine Würdigung der Feststellung der Zuwiderhandlung ergeben hat, daß die Kommission die Rolle, die die Klägerin bei der Zuwiderhandlung während der Dauer ihrer Beteiligung gespielt hat, zutreffend festgestellt hat und daß sie daher bei der Berechnung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbusse zu Recht von dieser Rolle ausgegangen ist.

265 Das Gericht stellt ferner fest, daß die Schwere, die die festgestellten Handlungen charakterisiert - insbesondere die Festsetzung von Zielpreisen und Verkaufsmengen -, zeigt, daß die Klägerin nicht leichtfertig oder auch nur fahrlässig, sondern vorsätzlich gehandelt hat.

266 Die Rüge ist daher zurückzuweisen.

B - Die Bedeutung der Klägerin auf dem Polypropylenmarkt

267 Die Klägerin ist der Auffassung, die Kommission habe ihre Bedeutung auf dem Polypropylenmarkt insbesondere deshalb nicht zutreffend berücksichtigt, weil sie ihr den Marktanteil von SIR zugerechnet habe. In der Entscheidung und den Tabellen 1 und 8 im Anhang der Entscheidung behandele die Kommission nämlich die Marktanteile von Anic und SIR zusammen. Diese Vermengung sei wegen des Wettbewerbs, der zwischen diesen Unternehmen geherrscht habe, falsch und mache die Entscheidung fehlerhaft, weil die von der Kommission in der Tabelle 1 angegebenen Marktanteile der Beurteilung zugrunde lägen, die sie zur Ermittlung der Auswirkung der der Klägerin vorgeworfenen Zuwiderhandlungen auf den Markt und zur Bemessung der Geldbusse vorgenommen habe.

268 Die Kommission erwidert, sie habe in der Entscheidung lediglich deshalb unter den beiden Namen (Anic/SIR) nur eine Zahl für die beiden Unternehmen angegeben, weil die Informationen in den sichergestellten Schriftstücken so wiedergegeben gewesen seien. Daraus könne man aber nicht schließen, daß die Kommission bei der Ermittlung der möglichen Auswirkung der Anic vorgeworfenen Zuwiderhandlungen auf den Markt der Klägerin die Marktanteile von SIR zugewiesen habe. Zu den Kriterien, die bei der Bemessung der Geldbussen berücksichtigt worden seien, hätten die Marktanteile für 1982 gehört: die Kommission habe nur den Marktanteil der Klägerin berücksichtigt; im übrigen sei der Anteil von SIR geringfügig gewesen.

269 Das Gericht ist der Ansicht, daß zur Beurteilung dieser Rüge zu untersuchen ist, wie die Kommission den Betrag der gegen die Klägerin verhängten Geldbusse festgesetzt hat. Die Kommission hat zum einen die Kriterien für die Bestimmung des allgemeinen Niveaus der gegen die Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, verhängten Geldbussen (Entscheidung, Randnr. 108) und zum anderen die Kriterien für die gerechte Abstufung der gegen die einzelnen Unternehmen verhängten Geldbussen (Entscheidung, Randnr. 109) festgelegt.

270 Nach Auffassung des Gerichts rechtfertigen die in Randnummer 108 der Entscheidung aufgeführten Kriterien bei weitem das allgemeine Niveau der gegen die Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, verhängten Geldbussen. Insoweit ist besonders die Offenkundigkeit der Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag und insbesondere seine Buchstaben a, b und c hervorzuheben, die den unter grösster Geheimhaltung handelnden Polypropylenherstellern nicht unbekannt war.

271 Das Gericht hält auch die in Randnummer 109 der Entscheidung genannten vier Kriterien für sachgerecht und genügend, um zu einer gerechten Zumessung der gegen die einzelnen Unternehmen verhängten Geldbussen zu gelangen.

272 Insoweit ist zunächst das Argument der Klägerin zurückzuweisen, daß Tabelle 1 im Anhang der Entscheidung bei der Bemessung der gegen die Klägerin verhängten Geldbusse als Berechnungsgrundlage gedient habe. Weder in Randnummer 108 noch in Randnummer 109 wird auf die "Marktanteile der einzelnen Hersteller in Westeuropa" Bezug genommen. Lediglich in Randnummer 8 der Entscheidung, die zur Beschreibung des westeuropäischen Polypropylenmarktes gehört, wird auf diese Tabelle verwiesen.

273 Bei der Bemessung der gegen die einzelnen Unternehmen zu verhängenden Geldbusse hat die Kommission in Randummer 109 der Entscheidung auf deren Bedeutung auf dem Polypropylenmarkt der Gemeinschaft abgestellt, indem sie als eines der Kriterien für die gerechte Abstufung der gegen die einzelnen Unternehmen verhängten Geldbussen deren jeweiligen Polypropylenumsatz in der Gemeinschaft herangezogen hat.

274 Zwar hätte die Kommission besser die Zahlen angegeben, die sie insoweit berücksichtigt hat, doch hat die Nichterwähnung dieser Zahlen nicht zu einer rechtswidrigen Entscheidung im Falle der Klägerin geführt, da die Kommission im gerichtlichen Verfahren die maßgeblichen Zahlen vorgelegt hat, deren Richtigkeit von der Klägerin nicht bestritten worden sind.

275 Folglich hat die Kommission bei der Bemessung der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbusse die Bedeutung der Klägerin auf dem Polypropylenmarkt der Gemeinschaft zutreffend berücksichtigt; diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

C - Die Berücksichtigung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung

276 Die Klägerin macht geltend, die Kommission hätte das tatsächliche Marktverhalten von ANIC sowohl bezueglich der Preise als auch hinsichtlich der Mengen berücksichtigen müssen, das unabhängig von einer Beteiligung an Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen erklärt werden könne.

277 Hilfsweise macht sie geltend, ihre etwaige Beteiligung an Vereinbarungen oder abgestimmten Verhaltensweisen habe keine Auswirkung auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt.

278 Die Kommission erwidert, sie habe als mildernden Umstand berücksichtigt, daß die Preisinitiativen im allgemeinen nicht ihr ganzes Ziel erreicht hätten, und verweist im übrigen auf ihre tatsächlichen Feststellungen und Argumente bezueglich der Auswirkung der Zuwiderhandlung auf den Wettbewerb und auf die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten.

279 Das Gericht stellt fest, daß die Kommission zwei Arten von Wirkungen der Zuwiderhandlung unterschieden hat. Die erste habe darin bestanden, daß sämtliche Hersteller, nachdem sie in den Sitzungen Zielpreise vereinbart hätten, ihre Verkaufsabteilung angewiesen hätten, dieses Preisniveau durchzusetzen; die Ziele hätten so als Unterlage für die Preisverhandlungen mit den Kunden gedient. Daraus hat die Kommission den Schluß gezogen, daß im vorliegenden Fall das Beweismaterial zeige, daß sich die Vereinbarung auf die Wettbewerbsbedingungen tatsächlich spürbar ausgewirkt habe (Entscheidung, Randnr. 74 Absatz 2 und Randnr. 90). Die zweite Art von Wirkungen der Zuwiderhandlung habe darin bestanden, daß die Entwicklung der Preise gegenüber Einzelkunden im Vergleich zu den im Laufe besonderer Preisinitiativen aufgestellten Zielpreisen mit der Darstellung übereinstimme, die hiervon in den bei ICI und anderen Herstellern über die Durchsetzung der Preisinitiativen gefundenen Schriftstücken gegeben werde (Entscheidung, Randnr. 74 Absatz 6).

280 Es ist darauf hinzuweisen, daß der Kommission rechtlich der Beweis für den Eintritt der Wirkungen der ersten Art aufgrund der zahlreichen von den einzelnen Herstellern erteilten Preisinstruktionen gelungen ist, die miteinander und mit den in den Sitzungen festgelegten Preiszielen übereinstimmen, die ihrerseits offenkundig dazu bestimmt waren, als Grundlage für die Preisverhandlungen mit den Kunden zu dienen. Daß die Kommission keine Preisinstruktionen der Klägerin finden konnte, kann diese Feststellung nicht entkräften, da die Kommission für die Bestimmung des allgemeinen Niveaus der Geldbussen nicht die Auswirkungen des von einem Unternehmen behaupteten tatsächlichen Verhaltens, sondern die der gesamten Zuwiderhandlung, an der das Unternehmen beteiligt war, berücksichtigt hat.

281 Zu den Wirkungen der zweiten Art hat die Kommission in Randnummer 108, letzter Gedankenstrich, der Entscheidung darauf hingewiesen, daß sie bei der Festsetzung der Geldbussen mildernd berücksichtigt habe, daß die Preisinitiativen im allgemeinen nicht ihr ganzes Ziel erreicht hätten und daß keine Maßnahmen vorgesehen gewesen seien, um die Befolgung der Quoten bzw. anderer Maßnahmen zu erzwingen.

282 Da die Begründung der Entscheidung bezueglich der Festsetzung der Geldbussen im Lichte der übrigen Begründung der Entscheidung zu sehen ist, ist davon auszugehen, daß die Kommission zu Recht die Wirkungen der ersten Art in vollem Umfang berücksichtigt und der begrenzten Natur der Wirkungen der zweiten Art Rechnung getragen hat. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerin nicht dargetan hat, inwieweit im Hinblick auf eine Milderung der Geldbussen nicht ausreichend berücksichtigt worden sein soll, daß diese Wirkungen der zweiten Art begrenzt waren.

283 Das Gericht erinnert daran, daß es die Argumentation der Klägerin, der zufolge sie wegen ihrer geringen Bedeutung auf dem Polypropylenmarkt keinen Einfluß auf den Markt und den Handel zwischen Mitgliedstaaten habe nehmen können, bereits zurückgewiesen hat.

284 Die Rüge ist folglich zurückzuweisen.

D - Die Berücksichtigung der Verlustsituation auf dem Markt

285 Die Klägerin bringt vor, daß die gegen sie verhängte Geldbusse wesentlich höher sei als die von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 8. August 1984 gegen Zinc Producer Group festgesetzte Geldbusse (ABl. L 220, S. 27), bei der die Kommission die schwierige Lage des Sektors berücksichtigt habe. In vorliegenden Fall habe aber die Kommission die Krise, in der sich die Polypropylenhersteller befunden hätten, unberücksichtigt gelassen.

286 Die Geldbusse sei auch im Vergleich zu den von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 23. November 1984 (Peroxyd-Produkte, ABl. L 35, S. 1) festgesetzten Geldbussen unverhältnismässig hoch, weil zum einen die seinerzeit betroffenen Unternehmen keineswegs in einer Krisensituation gewesen seien und das ihnen von der Kommission vorgeworfene Verhalten lediglich auf eine Steigerung der Gewinne ausgerichtet gewesen sei, und zum anderen wesentlich geringere Bussen gegen sie verhängt worden seien, obwohl diese Entscheidung nach der Verschärfung der Geldbussenpraxis der Kommission ergangen sei.

287 Die Kommission weist darauf hin, daß sie im vorliegenden Fall bei der Festsetzung der Geldbussen in Übereinstimmung mit ihrer ständigen Praxis und mit den vom Gerichtshof entwickelten Grundsätzen für die Bußgeldfestsetzung gehandelt habe. Seit 1979 sei es ihre Praxis, die Beachtung des Wettbewerbsrechts durch die Festsetzung höherer Geldbussen zu erreichen - insbesondere bei solchen Zuwiderhandlungen, die offenkundig gegen das Wettbewerbsrecht verstießen, und bei besonders schwerwiegenden Verstössen wie im vorliegenden Fall -, um namentlich die abschreckende Wirkung der Geldbussen zu erhöhen. Der Gerichtshof habe dieser Praxis zugestimmt (Urteile vom 7. Juni 1983 in den verbundenen Rechtssachen 100/80 bis 103/80, Pioneer/Kommission, Slg. 1983, 182, Randnrn. 106 und 109) und auch wiederholt anerkannt, daß die Festsetzung von Geldbussen die Würdigung eines komplexen Sachverhalts voraussetze (Urteil vom 7. Juni 1983 in den verbundenen Rechtssachen 100/80 bis 103/80, a. a. O., Randnr. 120, und Urteil vom 8. November 1983 in den verbundenen Rechtssachen 96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, IAZ/Kommission, Slg. 1983, 3369, Randnr. 52).

288 Die Kommission sei besonders qualifiziert, eine solche Würdigung vorzunehmen, von der nur abgewichen werden könne, wenn in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ein Irrtum von wesentlicher Bedeutung vorliege. Der Gerichtshof habe ebenfalls bestätigt, daß die Kommission die von ihr für notwendig gehaltenen Sanktionen von Fall zu Fall unterschiedlich bemessen könne, selbst wenn die betreffenden Fälle ähnliche Gegebenheiten aufwiesen (Urteil vom 12. Juli 1979 in den verbundenen Rechtssachen 32/78, 36/78 bis 82/78, BMW Belgium/Kommission, Slg. 1979, 2435, Randnr. 53, und Urteil vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, a. a. O., Randnrn. 111 ff.).

289 Sie habe die den Unternehmen im Polypropylenbereich während eines sehr langen Zeitraums entstandenen erheblichen Verluste als mildernden Umstand bei der Bußgeldbemessung anerkannt (Entscheidung, Randnr. 108), obwohl sie nicht verpflichtet sei, bei der Bemessung der Geldbussen wegen eines Verstosses gegen die Wettbewerbsregeln die ungünstigen Wirtschaftsbedingungen eines Sektors zu berücksichtigen.

290 Das Gericht weist darauf hin, daß entgegen den Behauptungen der Klägerin die Kommission in Randnummer 108 letzter Gedankenstrich der Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß sie dem Umstand Rechnung getragen habe, daß die Unternehmen für einen grossen Zeitraum erhebliche Verluste im Polypropylensektor hätten hinnehmen müssen; dies zeigt, daß die Kommission nicht nur den Verlusten, sondern damit auch den ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen des Sektors Rechnung getragen hat (Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, a. a. O., Randnrn. 111 f.), um bei gleichzeitiger Berücksichtigung der anderen in Randnummer 108 aufgeführten Kriterien das allgemeine Niveau der gegen die beteiligten Unternehmen zu verhängenden Geldbussen festzusetzen.

291 Auch wenn die Kommission in der Vergangenheit die Auffassung vertreten hat, daß angesichts der tatsächlichen Umstände die Krisensituation zu berücksichtigen sei, in der sich der betreffende Wirtschaftssektor befand, ist sie dadurch nicht gezwungen, eine solche Situation im vorliegenden Fall in gleicher Weise zu berücksichtigen, da ihr rechtlich der Beweis gelungen ist, daß die Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, einen besonders schweren Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag begangen haben.

292 Folglich ist die Rüge zurückzuweisen.

E - Fehlen früherer Verstösse

293 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, daß Anic in der Vergangenheit im Gegensatz zu anderen Herstellern nie ein Verstoß gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln vorgeworfen worden sei.

294 Die Kommission erklärt, sie sei rechtlich nicht verpflichtet gewesen, den Unternehmen, die in der Vergangenheit bereits wegen Verstosses gegen die Wettbewerbsregeln verfolgt worden seien, höhere Strafen aufzuerlegen.

295 Das Gericht stellt fest, daß zu Lasten eines Unternehmens erschwerend berücksichtigt werden kann, daß die Kommission in der Vergangenheit bereits Verstösse dieses Unternehmens gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt und insoweit gegebenenfalls eine Strafe verhängt hat. Demgegenüber stellt das Fehlen einer früheren Zuwiderhandlung keinen besonderen Umstand dar, den die Kommission als mildernd berücksichtigen müsste, zumal es sich im vorliegenden Fall um einen besonders offenkundigen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag handelt.

296 Die Rüge muß daher zurückgewiesen werden.

F - Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise

297 Nach Auffassung der Klägerin muß zwischen den Begriffen der Vereinbarung und der abgestimmten Verhaltensweise nicht nur wegen der Art, sondern auch wegen des Grades der Verantwortlichkeit für einen Verstoß gegen Artikel 85 Absatz 1 EWG-Vertrag unterschieden werden, weil es im Falle einer abgestimmten Verhaltensweise keinen Beweis für eine Absprache als solche gebe.

298 Für die Kommission ist die Unterscheidung dieser beiden Begriffe hinsichtlich des Grads der Verantwortlichkeit ohne Bedeutung.

299 Das Gericht ist aufgrund seiner Würdigung der Feststellung der Zuwiderhandlung zu der Auffassung gelangt, daß die Kommission die Zuwiderhandlung zu Recht als "eine Vereinbarung und aufeinander abgestimmte Verhaltensweise" qualifiziert hat, da sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, daß die beobachteten verschiedenen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen ein einheitliches System bildeten, dem sich die Klägerin durch ihre Teilnahme an diesen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen angeschlossen hat. Infolgedessen ist die Kommission bei der Festsetzung der Höhe der gegen die Klägerin zu verhängenden Geldbusse von dieser zutreffenden Qualifizierung der Zuwiderhandlung ausgegangen.

300 Somit ist diese Rüge zurückzuweisen.

301 Aus alldem ergibt sich, daß die gegen die Klägerin verhängte Geldbusse der Schwere des zu Lasten der Klägerin festgestellten Verstosses gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln angemessen ist, daß sie jedoch wegen der kürzeren Dauer dieses Verstosses herabzusetzen ist.

302 Hierzu stellt das Gericht erstens fest, daß die Dauer des Verstosses von insgesamt 62 Monaten sich um 14 Monate verkürzt, da die Kommission die Beteiligung der Klägerin an der Zuwiderhandlung für den Zeitraum von ungefähr November 1977 bis Ende 1978 oder Anfang 1979 nicht nachgewiesen hat. Allerdings hat die Kommission bei der Festsetzung der Geldbussen bereits berücksichtigt, daß der Mechanismus der Zuwiderhandlung bis etwa Anfang 1979 noch nicht völlig funktionierte (Entscheidung, Randnr. 105, letzter Absatz).

303 Zweitens verkürzt sich die Dauer der Zuwiderhandlung um weitere zwei Monate, da die Zuwiderhandlung für die Zeit von Ende Oktober 1982 bis Ende 1982 oder Anfang 1983 rechtlich nicht hinreichend bewiesen ist. Dabei muß auf die besondere Schwere der Zuwiderhandlung während dieser zwei Monate hingewiesen werden.

304 Drittens hat die Kommission - abgesehen von der von der Klägerin Ende Oktober 1982 an ICI gerichteten Mitteilung ihrer Bestrebungen bezueglich der Verkaufsmengen für das erste Quartal 1983 - eine Beteiligung der Klägerin an einem der Tatbestände der Zuwiderhandlung nach Mitte 1982 nicht bewiesen.

305 Viertens ist die Klägerin nicht an Maßnahmen zur Förderung der Durchführung der Preisinitiativen beteiligt gewesen, nicht einmal an denen, die für den Zeitraum vor Mitte 1982 beschlossen worden sind.

306 Nach alledem ist die gegen die Klägerin verhängte Geldbusse um 40 % herabzusetzten.

Kostenentscheidung:

Kosten

307 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Artikel 87 § 3 kann das Gericht die Kosten jedoch teilen oder beschließen, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da der Klage zum Teil stattgegeben worden ist und die Parteien beantragt haben, der jeweils anderen Partei die Kosten aufzuerlegen, hat jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Artikel 1 der Entscheidung der Kommission vom 23. April 1986 (IV/31.149 - Polypropylen; ABl. L 230, S. 1) wird für nichtig erklärt, soweit dort festgestellt wird, daß die Klägerin

- vor Ende 1978 oder Anfang 1979 und nach Ende Oktober 1982 an der Zuwiderhandlung,

- nach Mitte 1982 an dem System regelmässiger Sitzungen der Polypropylenhersteller, an den Preisinitiativen und an der Begrenzung der monatlichen Verkäufe im Verhältnis zu einem vorausgegangenen Bezugszeitraum,

- an Maßnahmen zur Förderung der Durchführung der Preisinitiativen

beteiligt gewesen ist.

2) Die in Artikel 3 dieser Entscheidung gegen die Klägerin verhängte Geldbusse wird auf 450 000 ECU bzw. 662 215 500 LIT festgesetzt.

3) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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