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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 12.12.2002
Aktenzeichen: T-63/01
Rechtsgebiete: der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung


Vorschriften:

Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung Art. 7 Abs. 1 Buchst. b
Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in ihrer geänderten Fassung Art. 132
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die Beschwerdekammern des Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) können nicht als Gericht" angesehen werden. Eine Beschwerdekammer handelt nämlich, da sie insbesondere über die gleichen Befugnisse wie der Prüfer verfügt, bei deren Ausübung als Verwaltungsstelle des Amtes. Eine Beschwerde vor der Beschwerdekammer fügt sich somit in das Verwaltungsverfahren der Eintragung im Anschluss an eine durch eine erste Prüfungsinstanz" vorgenommene Abhilfe" im Sinne von Artikel 60 der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke ein. Folglich kann sich eine Parteien nicht auf einen Anspruch auf einen fairen Prozess" vor den Beschwerdekammern des Amtes berufen.

( vgl. Randnrn. 22-23 )

2. Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 über die Gemeinschaftsmarke sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben", von der Eintragung ausgeschlossen. Handelt es sich insoweit um die Eintragung einer dreidimensionalen Marke in Form eines Quaders mit abgerundeten Kanten, die für Seifen der Klasse 3 im Sinne des Abkommens von Nizza begehrt wird, so fehlt dieser Marke die Unterscheidungskraft insoweit, als die angemeldete Form, auch wenn sie keiner marktgängigen Seifenform völlig gleicht, doch keine Eigenheiten aufweist, die geeignet wären, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der Waren hinzuweisen.

( vgl. Randnrn. 36, 47 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte Kammer) vom 12. Dezember 2002. - The Procter & Gamble Company gegen Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM). - Gemeinschaftsmarke - Form einer Seife - Durchführung eines Urteils des Gerichts - Rechtliches Gehör - Absolute Eintragungshindernisse - Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94. - Rechtssache T-63/01.

Parteien:

In der Rechtssache T-63/01

The Procter & Gamble Company mit Sitz in Cincinnatti, Ohio (Vereinigte Staaten), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt T. van Innis, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch O. Montalto und E. Joly als Bevollmächtigte,

eklagter,

betreffend eine Klage gegen die der Klägerin am 11. Januar 2001 zugestellte Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 14. Dezember 2000 (Sache R 74/1998-3)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras, der Richterin V. Tiili und des Richters P. Mengozzi,

Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin

aufgrund der am 16. März 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 29. Mai 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

aufgrund der prozessleitenden Maßnahmen,

auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2002,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1 Die Klägerin reichte am 16. April 1996 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in ihrer geänderten Fassung die Anmeldung einer Gemeinschaftsbildmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) ein. Eine Wiedergabe der angemeldeten Marke, die nunmehr als dreidimensionale Bildmarke bezeichnet wurde, ging am 25. Februar 1997 beim HABM ein.

2 Das Zeichen, dessen Eintragung begehrt wird, besteht aus der nachstehend wiedergegebenen Form:

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perspektivische Ansicht

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Vorderansicht

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Seitenansicht

3 Die Markeneintragung wurde für Seifen beantragt, die zu Klasse 3 im Sinne des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in seiner revidierten und geänderten Fassung gehören.

4 Am 18. März 1998 teilte der Prüfer der Klägerin mit, dass die Anmeldung zurückgewiesen worden sei, weil das Zeichen ausschließlich in der durch die Art der Ware selbst bedingten Form im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Verordnung Nr. 40/94 bestehe.

5 Mit Entscheidung vom 15. März 1999 bestätigte die Beschwerdekammer die Entscheidung des Prüfers mit der Begründung, erstens stelle die Abänderung der ursprünglichen Anmeldung einer Bildmarke in die Anmeldung einer dreidimensionalen Marke eine wesentliche Änderung des Antrags auf Eintragung als Gemeinschaftsmarke dar, die nach Artikel 44 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 verboten sei, zweitens bestehe das Zeichen ausschließlich in der durch die Art der Ware selbst bedingten Form im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Verordnung Nr. 40/94, drittens bestehe das Zeichen aus einer zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlichen Form im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer ii und viertens habe das Zeichen im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 keine Unterscheidungskraft.

6 Mit Urteil vom 16. Februar 2000 in der Rechtssache T-122/99 (Procter & Gamble/HABM, [Form einer Seife"], Slg. 2000, II-265) hat das Gericht die Entscheidung der Beschwerdekammer mit der Begründung aufgehoben, erstens habe die Beschwerdekammer ihre Befugnisse überschritten, indem sie die streitige Anmeldung von Amts wegen für unzulässig erklärt habe, zweitens habe sie das rechtliche Gehör der Klägerin dadurch verletzt, dass sie dieser keine Gelegenheit gegeben habe, sich zu den beiden von ihr von Amts wegen berücksichtigten neuen absoluten Eintragungshindernissen nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und e Ziffer ii der Verordnung Nr. 40/94 zu äußern, und drittens habe sie einen Rechtsfehler begangen, indem sie die Eintragung des angemeldeten Zeichens mit der Begründung abgelehnt habe, dieses bestehe gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe e Ziffer i der Verordnung Nr. 40/94 ausschließlich in einer Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei. Nach Auffassung des Gerichts ist die letztgenannte Bestimmung nicht anwendbar, da im Handel andere Formen von Seifenstücken erhältlich seien, die nicht die Merkmale der Seifenform aufwiesen, um die es hier gehe (Urteil Form einer Seife", Randnr. 55).

7 Im Hinblick auf die Durchführung des Urteils Form einer Seife" forderte der Berichterstatter der Dritten Beschwerdekammer die Klägerin durch Mitteilung vom 7. Juni 2000 auf, sich zur Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und e Ziffer ii der Verordnung Nr. 40/94 auf den vorliegenden Fall zu äußern.

8 Mit Entscheidung vom 14. Dezember 2000 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Dritte Beschwerdekammer die Anmeldung im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dem fraglichen Zeichen fehle die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94.

Anträge der Parteien

9 Die Klägerin beantragt,

- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

- dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

10 Das HABM beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.

Entscheidungsgründe

11 Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Gründe: eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94.

Zum ersten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

Vorbringen der Parteien

12 Die Klägerin macht geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör sei insoweit verletzt worden, als die angefochtene Entscheidung von denselben Mitgliedern der Dritten Beschwerdekammer erlassen worden sei, die schon am 15. März 1999 die durch das Urteil Form einer Seife" aufgehobene Entscheidung erlassen hätten, die dieselben Parteien, dieselbe Anmeldung und dasselbe absolute Eintragungshindernis betroffen habe.

13 Zwar sähen die Vorschriften, die das Verfahren vor den Beschwerdekammern regelten, nicht die Ablehnung eines ihrer Mitglieder vor, das in dieser Eigenschaft zuvor an der Entscheidung derselben Frage zwischen denselben Parteien mitgewirkt habe. Die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör setze jedoch einen fairen Prozess voraus, d. h. ein Verfahren, das nicht den Eindruck hervorrufen dürfe, dass eine Entscheidung auf einer Voreingenommenheit beruhe.

14 Insoweit seien in den meisten Rechtsstaaten Richter, Schiedsrichter oder gerichtliche Sachverständige verpflichtet, sich zur Wahrung ihrer Unbefangenheit in einem Rechtsstreit ihres Amtes zu enthalten, wenn sie sich zuvor in einer dieser Eigenschaften zu diesem Rechtsstreit geäußert hätten.

15 Das HABM weist das Vorbringen der Klägerin zurück, da die angeführten Grundsätze nicht auf die in der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Verfahren vor ihm anwendbar seien und die Beschwerdekammern nicht als Gericht" qualifiziert werden könnten.

16 Weder die in Artikel 132 der Verordnung Nr. 40/94 festgelegten Ablehnungsfälle noch ein in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten allgemein anerkannter für Verwaltungsverfahren geltender Rechtsgrundsatz, den das HABM nach Artikel 79 der Verordnung Nr. 40/94 zu berücksichtigen hätte, seien verkannt worden.

17 Im Übrigen gebe es keine gemeinschaftsrechtliche Verfahrensvorschrift, nach der mit einer Angelegenheit, in der die Entscheidung einer Dienststelle auf einen Rechtsbehelf hin aufgehoben worden sei, für das weitere Verfahren nicht mehr die Dienststelle betraut werden könne, die die betreffende Entscheidung erlassen habe.

18 Die Dritte Beschwerdekammer habe schließlich in mehreren Entscheidungen die Unterscheidungskraft von Marken anerkannt, die in der Form einer Ware bestuenden. Es gebe daher keinen Grund zu der Annahme, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Voreingenommenheit zu Lasten der Klägerin beruhe.

Würdigung durch das Gericht

19 Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdekammern aus Mitgliedern bestehen, deren Unabhängigkeit durch die Art der Ernennung, die Dauer des Mandats und die Modalitäten der Ausübung ihres Amtes gewährleistet ist. Außerdem wird insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör der Parteien durch einige Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 garantiert, die das Verfahren vor den Beschwerdekammern regeln.

20 Die Beschwerdekammern sind jedoch Teil des HABM, also der Verwaltung, die damit betraut ist, die Eintragung von Gemeinschaftsmarken unter den in der Verordnung Nr. 40/94 vorgesehenen Voraussetzungen vorzunehmen, und tragen innerhalb der durch diese Verordnung gesetzten Grenzen ebenfalls zur Verwirklichung der Gemeinschaftsmarke bei (Urteil des Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-163/98, Procter & Gamble/HABM [BABY-DRY], Slg. 1999, II-2383, Randnrn. 36 und 37).

21 Hierzu ist dem Urteil BABY-DRY (Randnrn. 38 bis 43) zu entnehmen, dass zwischen den verschiedenen Dienststellen des HABM eine funktionale Kontinuität besteht und dass die Beschwerdekammern u. a. für die Entscheidung über eine Beschwerde über die gleichen Befugnisse wie die Prüfer verfügen. Somit sind die Beschwerdekammern, auch wenn sie in der Ausübung ihres Amtes weitgehende Unabhängigkeit genießen, doch Dienststellen des HABM, die unter den in der Verordnung Nr. 40/94 genannten Voraussetzungen und innerhalb der dort gesetzten Grenzen für die Kontrolle der Tätigkeit der übrigen Dienststellen der Verwaltung, zu der sie gehören, zuständig sind.

22 Eine Beschwerdekammer handelt nämlich, da sie insbesondere über die gleichen Befugnisse wie der Prüfer verfügt, bei deren Ausübung als Verwaltungsstelle des HABM. Eine Beschwerde vor der Beschwerdekammer fügt sich somit in das Verwaltungsverfahren der Eintragung im Anschluss an eine durch eine erste Prüfungsinstanz" vorgenommene Abhilfe" im Sinne von Artikel 60 der Verordnung Nr. 40/94 ein.

23 Aufgrund dessen können die Beschwerdekammern nicht als Gericht" angesehen werden. Folglich kann sich die Klägerin nicht auf einen Anspruch auf einen fairen Prozess" vor den Beschwerdekammern des HABM berufen.

24 Außerdem wird der Anspruch auf rechtliches Gehör im Verfahren vor den Beschwerdekammern durch Artikel 132 der Verordnung Nr. 40/94 garantiert, der regelt, in welchen Fällen die Mitglieder der Beschwerdekammern ausgeschlossen oder abgelehnt werden können, und in Absatz 3 insbesondere bestimmt, dass Mitglieder, bei denen die Besorgnis der Befangenheit" besteht, von jedem Beteiligten abgelehnt werden können.

25 Nach dieser Bestimmung ist jedoch die Ablehnung nicht zulässig, wenn der Beteiligte im Verfahren Anträge gestellt oder Stellungnahmen abgegeben hat, obwohl er den Ablehnungsgrund bereits kannte. Das HABM macht zu Recht geltend, dass dieser Fall hier vorliegt. Denn zum einen hat die Klägerin zu dem Zeitpunkt, als sie von dem Mitglied der fraglichen Beschwerdekammer, das Berichterstatter in der vorliegenden Sache gewesen war und das auch Berichterstatter bei der ersten Entscheidung derselben Kammer war, zur Äußerung aufgefordert wurde, nicht geltend gemacht, dass diese oder ihr betreffendes Mitglied befangen sein könnte. Zum anderen hat sie mit ihrer Äußerung vor der Beschwerdekammer eine Stellungnahme im Sinne von Artikel 132 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 abgegeben und damit die Möglichkeit verloren, die Mitglieder der fraglichen Beschwerdekammer abzulehnen.

26 Unter diesen Umständen ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

27 Die Klägerin trägt vor, zwar könne die Form einer Seife, die nur geringfügige und damit kaum auffallende Abweichungen von der üblichen Form einer Seife aufweise, von den betroffenen Verkehrskreisen grundsätzlich nicht als Marke wahrgenommen werden. Im vorliegenden Fall unterscheide sich das Zeichen jedoch in ganz besonderer Weise von herkömmlichen Seifenformen, da es ein konkaves Längsprofil aufweise, während die üblichen Formen zumindest in einer Längsrichtung konvex seien.

28 Daher sei das Zeichen insofern, als es ungebräuchlich sei, geeignet, in der Vorstellung der Verkehrskreise eine Assoziation zwischen der Form der Ware und dem Umstand zu erzeugen, dass es von einem bestimmten Unternehmen stamme.

29 In der Aussage der Beschwerdekammer, die Verkehrskreise müssten vorab darüber informiert werden, dass die Form eine individuelle Marke sei, komme eine gewisse Voreingenommenheit gegen dreidimensionale Marken zum Ausdruck. Ein solches Erfordernis entbehre aber der Rechtsgrundlage. Denn nach der Rechtsprechung der Gerichte der Benelux-Staaten sei es weder notwendig noch erlaubt, strengere Maßstäbe als die gesetzlich vorgesehenen anzulegen; diese Rechtsprechung verlange auch nicht, dass die Verkehrskreise sich dessen bewusst seien, dass das Zeichen gezielt als ein Zeichen entwickelt worden sei, das dazu diene, die Ware von anderen zu unterscheiden und auf ihre Herkunft hinzuweisen.

30 Die Klägerin beruft sich für ihre Auffassung auf verschiedene in Frankreich und in den Benelux-Staaten ergangene Entscheidungen, in denen ein solcher Ansatz sowohl in Bezug auf Marken, die aus der Form der Verpackung bestuenden, als auch in Bezug auf die Form der Waren vertreten worden sei.

31 Bei einer Seife sei überdies die Form dauerhafter als die Wortmarke, mit der sie möglicherweise versehen sei, und die Form werde leichter als jedes andere Zeichen wahrgenommen. Außerdem sei bei einer Seife die Form besonders geeignet, sie von anderen Seifen zu unterscheiden, da sie nicht in ihrer Originalverpackung aufbewahrt werde.

32 Die Erwägung schließlich, dass die fragliche Form Gebrauchsfunktion habe, schließe es nicht aus, dass sie auch die Funktion, auf die Herkunft hinzuweisen, erfuelle, da ein und dasselbe Zeichen mehrere Funktionen haben könne.

33 Das HABM vertritt die Auffassung, um als Herkunftshinweis dienen zu können, müsse eine Marke als solche und nicht als bloßes beschreibendes, nützliches oder verzierendes Attribut wahrgenommen werden. Hierzu müsse ein Zeichen leicht erkannt und behalten werden können. Das sei nicht der Fall, wenn die Form wie hier in der körperlichen Darstellung der Waren bestehe, die sie unterscheidbar machen solle. Formen als solche könnten eine Markenfunktion nur dann erfuellen, wenn sie sich von den üblichen Formen der betreffenden Waren unterschieden.

34 Zwar schließe die Unterscheidungsfunktion andere Funktionen nicht aus. Doch könne, wie die Beschwerdekammer im vorliegenden Fall ausgeführt habe, das Vorhandensein solcher Funktionen die Fähigkeit der Form verringern, die Ware zu kennzeichnen und auf deren Herkunft hinzuweisen.

35 Die Form eines Seifenstücks müsse schon beachtliche Besonderheiten gegenüber anderen marktgängigen Formen von Seifenstücken aufweisen, um als unterscheidungskräftig angesehen werden zu können. Sie sei ausschließlich anhand der Wiedergabe der Marke zu beurteilen, wie sie von der Klägerin in der Anmeldung eingereicht worden sei.

Würdigung durch das Gericht

36 Die Form oder die Aufmachung einer Ware kann nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 40/94 eine Gemeinschaftsmarke sein, sofern sie geeignet ist, die Waren eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben", von der Eintragung ausgeschlossen.

37 Daraus, dass die Zeichen einer Kategorie allgemein eine Marke sein können, folgt jedoch nicht, dass die zu dieser Kategorie gehörenden Zeichen im Hinblick auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung notwendig Unterscheidungskraft gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 haben.

38 Zeichen, die keine Unterscheidungskraft haben, gelten als ungeeignet, die wesentliche Funktion der Marke zu erfuellen, auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung hinzuweisen, damit der Verbraucher, der die durch die Marke bezeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt oder in Anspruch nimmt, bei einem späteren Erwerb oder einer späteren Inanspruchnahme, wenn die Erfahrung positiv war, die gleiche Wahl oder, wenn sie negativ war, eine andere Wahl treffen kann (Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2002 in der Rechtssache T-79/00, REWE Zentral/HABM [LITE], Slg. 2002, II-705, Randnr. 26).

39 Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen für die Erzeugnisse und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die angesprochenen Verkehrskreise zu prüfen (Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T-358/00, DaimlerChrysler/HABM [TRUCKCARD], Slg. 2002, II-1993, Randnr. 55).

40 Außerdem ist festzustellen, dass Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 nicht zwischen verschiedenartigen Zeichen unterscheidet. Der Verbraucher nimmt jedoch ein Zeichen, das in der Form einer Ware als solcher besteht, nicht notwendig in gleicher Weise wahr wie eine Wort- oder Bildmarke, die aus einem Zeichen besteht, das von den von ihr gekennzeichneten Waren unabhängig ist. Während nämlich Wort- oder Bildmarken im Verkehr gewöhnlich unmittelbar als herkunftskennzeichnende Zeichen wahrgenommen werden, gilt nicht notwendig das Gleiche für den Fall, dass das Zeichen mit dem äußeren Erscheinungsbild der Ware selbst übereinstimmt.

41 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Seifen für alle Verbraucher bestimmte gewöhnliche Verbrauchsgüter sind. Bei den angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich somit um die durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Zeichen unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das im Gedächtnis behaltene unvollkommene Bild verlassen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26).

42 Weiter ist festzustellen, dass sich die angemeldete Form im Wesentlichen durch einen Quader mit abgerundeten Kanten kennzeichnen lässt.

43 Der Quader ist aber eine für Seifen gewöhnlich verwendete Form. Da es sich bei der angemeldeten Form nur um eine leichte Abwandlung der für Seifen gewöhnlich verwendeten unterschiedlichen rechteckigen Formen handelt, ermöglicht sie es den angesprochenen Verkehrskreisen nicht, die Seifen der Klägerin unmittelbar und eindeutig von denen mit anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.

44 Zu dem Argument der Klägerin, diese Form unterscheide sich von den gewöhnlich verwendeten Formen durch das Vorhandensein konkaver Konturen, ist festzustellen, dass diese Besonderheit nicht ausreicht, da sie nur ein Detail des vom Verbraucher wahrgenommenen Ganzen darstellt, das nicht geeignet ist, seinen Gesamteindruck zu verändern.

45 Das Vorhandensein konkaver Konturen beeinflusst nämlich das äußerliche Erscheinungsbild der Seife nicht erheblich, so dass nicht angenommen werden kann, dass es eine wahrnehmbare Abweichung von den für Seifen gewöhnlich verwendeten Formen darstellt.

46 Selbst wenn der Verbraucher aber durch die konkaven Konturen aufmerksam gemacht würde, würde er sie doch nicht sogleich als Hinweis auf die betriebliche Herkunft wahrnehmen. Konvexe oder konkave Konturen sind nämlich Elemente, die vor allem als funktional aufgefasst werden, weil sie ein leichteres Ergreifen der Seife oder eine ästhetische Endbearbeitung ermöglichen. Sie werden daher nicht als Unterscheidungszeichen unmittelbar wahrgenommen und im Gedächtnis behalten und können den angesprochenen Verkehrskreisen nicht zur zweifelsfreien Unterscheidung einer Seife dieser Form von solchen mit ähnlicher Form dienen.

47 Somit weist die angemeldete Form, auch wenn sie keiner marktgängigen Seifenform völlig gleicht, doch keine Eigenheiten auf, die geeignet wären, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der Waren hinzuweisen.

48 Zu dem Argument der Klägerin, möglicherweise werde das Zeichen im Verkehr zwar unbewusst, aber in einer Weise wahrgenommen, die für einen Schluss auf seine betriebliche Herkunft genügen könne, ist festzustellen, dass sich diese Auffassung in Wirklichkeit auf die Prüfung der Frage bezieht, ob die Unterscheidungskraft infolge Benutzung erlangt worden ist, die Gegenstand einer besonderen Bestimmung, nämlich des Artikels 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 ist; die so erlangte Unterscheidungskraft wirkt sich nämlich in der Anerkennung des Bestehens eines anfänglich nicht wahrnehmbaren Zeichens aus.

49 Auch das Vorbringen der Klägerin, die Form einer Seife sei dauerhafter als die Wortmarke, mit der die Seife möglicherweise versehen sei, und die Seife werde nicht in ihrer Originalverpackung aufbewahrt, ist unerheblich, da es sich auf den Gebrauch der Ware durch den Benutzer im Alltag und nicht auf die Wahrnehmung des Zeichens durch den Verbraucher beim Kauf bezieht. Im Übrigen wäre diese Form völlig unsichtbar, wenn die Verpackung nicht die gleiche Form aufwiese.

50 Zu dem auf die Rechtsprechung der nationalen Gerichte gestützten Vorbringen der Klägerin ist schließlich festzustellen, dass zum einen nach gefestigter Gemeinschaftsrechtsprechung die Gemeinschaftsregelung für Marken ein autonomes System ist (Urteil Form einer Seife", Randnrn. 60 und 61, und Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T-32/00, Messe München/HABM [electronica], Slg. 2000, II-3829, Randnr. 47) und dass zum anderen die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung insofern nicht einschlägig ist, als sie sich weder auf Formen, die mit der angemeldeten Form vergleichbar sind, noch auf Waren, die Seifen gleichgestellt werden könnten, bezieht. Hingegen ist darauf hinzuweisen, dass die angefochtene Entscheidung zwei nationale Entscheidungen anführt, mit denen die Markenanmeldung der Klägerin für diese Seifenform zurückgewiesen wurde.

51 Mit der Feststellung, dass es sich bei der angemeldeten Form nur um eine geringfügige Abwandlung typischer Seifenformen handele und dass den Merkmalen der fraglichen Form, sofern sie von den angesprochenen Verkehrskreisen erkannt würden, vor allem die Gebrauchsfunktion zugeschrieben werde, dass sie das Ergreifen der Seife erleichtere, hat die Beschwerdekammer demnach zu Recht entschieden, dass diese Form nicht geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar auf einen besonderen betrieblichen Ursprung hinzuweisen.

52 Der zweite Klagegrund ist somit als unbegründet zurückzuweisen.

53 Demgemäß ist die Klage insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

54 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM dessen Kosten aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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