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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Beschluss verkündet am 15.03.2004
Aktenzeichen: T-66/02
Rechtsgebiete: Strukturfondsverordnung, EG-Vertrag


Vorschriften:

Strukturfondsverordnung Art. 15
Strukturfondsverordnung Art. 8
EG-Vertrag Art. 232
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Beschluss des Gerichts Erster Instanz (Vierte Kammer) vom 15. März 2004. - Idiotiko Institouto Epaggelmatikis Katartisis N. Avgerinopoulou Anagnorismenes Technikes Idiotikes Epaggelmatikes Scholes AE und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Untätigkeitsklage - Erledigung der Hauptsache. - Rechtssache T-66/02.

Parteien:

In der Rechtssache T-66/02

Idiotiko Institouto Epaggelmatikis Katartisis N. Avgerinopoulou Anagnorismenes Technikes Idiotikes Epaggelmatikes Scholes AE mit Sitz in Athen (Griechenland),

Panellinia Enosi Idiotikon Institouton Epaggelmatikis Katartisis mit Sitz in Athen,

Panellinia Enosi Idiotikis Technikis Epaggelmatikis Ekpaidefsis kai Katartisis mit Sitz in Athen,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. Antoniou und C. Tsiliotis

Klägerinnen,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Condou-Durande und L. Flynn als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

betreffend einer Untätigkeitsklage nach Artikel 232 EG auf Feststellung, dass die Kommission dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds (ABl. L 161, S. 1) und aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, dass sie nicht die rechtswidrige Diskriminierung zwischen privaten und öffentlichen IEK in Griechenland, die darauf beruht, dass nur die öffentlichen IEK durch das dritte gemeinschaftliche Förderkonzept, insbesondere durch das operationelle Programm Allgemeinbildung und berufliche Erstausbildung finanziert werden, beseitigt hat,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Legal sowie der Richterin V. Tiili und des Richters M. Vilares

Kanzler: H. Jung,

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Die erstgenannte Klägerin, die Aktiengesellschaft Idiotiko Institouto Epaggelmatikis Katartisis N. Avgerinopoulou Anagnorismenes Technikes Idiotikes Epaggelmatikes Scholes AE, ist eine private Berufsbildungseinrichtung in Griechenland. Sie ist Mitglied der zweitgenannten Klägerin, der Panellinia Enosi Idiotikon Institouton Epaggelmatikis Katartisis, einer Vereinigung, in der die privaten Berufsbildungseinrichtungen in Griechenland zusammengeschlossen sind. Die drittgenannte Klägerin, die Panellinia Enosi Idiotikis Technikis Epaggelmatikis Ekpaidefsis kai Katartisis, ist eine Vereinigung, in der private Einrichtungen der technischen Berufsbildung in Griechenland zusammengeschlossen sind.

2. In Griechenland begann die finanzielle Beteiligung der Strukturfonds am Aufbau und Betrieb eines öffentlichen Netzes von Berufsbildungseinrichtungen (im Folgenden: IEK) mit der Entscheidung 90/203/EWG der Kommission vom 30. März 1990 über die Erstellung des gemeinschaftlichen Förderkonzepts für die Strukturinterventionen der Gemeinschaft in den unter Ziel Nr. 1 fallenden Regionen Griechenlands, also im gesamten griechischen Hoheitsgebiet (ABl. L 106, S. 26). Dieses erste gemeinschaftliche Förderkonzept wurde für den Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1993 genehmigt.

3. Die Beteiligung der Strukturfonds wurde im Zeitraum vom 1. Januar 1994 bis 31. Dezember 1999 aufgrund der Entscheidung 94/627/EG der Kommission vom 13. Juli 1994 zur Erstellung des gemeinschaftlichen Förderkonzepts für die Strukturinterventionen der Gemeinschaft in den griechischen Ziel-1-Regionen, d. h. das gesamte Staatsgebiet (ABl. L 250, S. 15), fortgesetzt. Im Rahmen dieses zweiten gemeinschaftlichen Förderkonzepts genehmigte die Kommission auch das operationelle Programm für Allgemeinbildung und berufliche Erstausbildung (EPEAEK I).

4. Am 29. September 1999 legte die griechische Regierung der Kommission einen regionalen Entwicklungsplan für das gesamte Gebiet vor, das nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds (ABl. L 161, S. 1, im Folgenden: Strukturfondsverordnung) unter das Ziel 1 fällt.

5. Auf der Grundlage dieses Planes, der von der Hellenischen Republik im Rahmen der Partnerschaft im Sinne von Artikel 8 der Strukturfondsverordnung vorgelegt worden war, erstellte die Kommission nach Artikel 15 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Strukturfondsverordnung im Einvernehmen mit der Hellenischen Republik das gemeinschaftliche Förderkonzept für die Strukturinterventionen der Gemeinschaft in Griechenland.

6. Dieses gemeinschaftliche Förderkonzept wurde durch die Entscheidung 2002/322/EG der Kommission vom 28. November 2000 zur Genehmigung des gemeinschaftlichen Förderkonzepts für die Strukturinterventionen der Gemeinschaft in den in Griechenland unter das Ziel 1 fallenden Regionen (ABl. 2002, L 122, S. 7, im Folgenden: drittes GFK) für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2006 genehmigt. Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i dieser Entscheidung gehören zu den Schwerpunkten für die gemeinsame Aktion der gemeinschaftlichen Strukturfonds und des betreffenden Mitgliedstaats die Entwicklung der Humanressourcen und [die] Förderung der Beschäftigung.

7. Am 31. März 2000 reichte die griechische Regierung bei der Kommission den Entwurf eines operationellen Programms mit dem Titel Allgemeinbildung und berufliche Erstausbildung (im Folgenden: EPEAEK II) ein.

8. Gemäß Artikel 15 Absatz 4 Unterabsatz 2 der Strukturfondsverordnung prüfte die Kommission den Inhalt des EPEAEK II im Hinblick auf seine Übereinstimmung mit den Zielen des entsprechenden gemeinschaftlichen Förderkonzepts und auf seine Vereinbarkeit mit den Gemeinschaftspolitiken. Sie stellte fest, dass der Entwurf nach Artikel 3 Absatz 1 der Strukturfondsverordnung unter das Ziel 1 fiel und die in Artikel 18 der Verordnung genannten Ziele umfasste, insbesondere eine Beschreibung der Schwerpunkte des Programms, einen indikativen Finanzierungsplan, der für jeden Schwerpunkt und jedes Jahr Angaben zu dem vorgesehenen Hoechstbetrag für die Beteiligung des Europäische Sozialfonds und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung enthält, sowie den Betrag der zuschussfähigen öffentlichen und geschätzten privaten Beiträge des Mitgliedstaats.

9. Mit Schreiben vom 27. Februar 2001 forderte die zweitgenannte Klägerin die Kommission auf, das EPEAEK II nicht zu genehmigen.

10. Das EPEAEK II wurde durch die Entscheidung der Kommission vom 16. März 2001 über die Genehmigung des zum dritten GFK gehörenden EPEAEK II für die Strukturinterventionen der Gemeinschaft in den in Griechenland unter das Ziel 1 fallenden Regionen für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2006 (im Folgenden: Entscheidung über die Genehmigung des EPEAEK II) genehmigt.

11. Nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a Nummer 2 dieser Entscheidung umfassen die Schwerpunkte des EPEAEK II die Förderung und [die] Verbesserung der Allgemeinbildung und der beruflichen Erstausbildung im Rahmen des lebenslangen Lernens.

12. Zu den Maßnahmen und Aktionen, die das EPEAEK II in diesem Zusammenhang vorsieht, gehören u. a. die Maßnahmen 2.3 (Allgemeinbildung und berufliche Erstausbildung) und 2.4 (Berufliche Orientierung und Verbindung zum Arbeitsmarkt).

13. Was insbesondere die Finanzierung der Aktionen betrifft, die die IEK zur Verbesserung der beruflichen Erstausbildung durchzuführen haben, so weist das EPEAEK II darauf hin, dass in einem ersten Abschnitt... die öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen finanziert [werden] (Maßnahme 2.3, Buchstabe C). Außerdem sieht es im Hinblick auf eine Beteiligung der privaten IEK an den Vorhaben der beruflichen Erstausbildung vor, dass eine Studie erstellt wird, die die Modalitäten einer solchen Beteiligung festlegt (Maßnahme 2.3, Buchstabe D).

14. Mit Schreiben vom 26. April 2001, mit dem sie das oben genannte Schreiben der zweitgenannten Klägerin vom 27. Februar 2001 beantwortete, wies die Kommission diese Klägerin darauf hin, dass die Interventionen der Gemeinschaft die Interventionen auf nationaler Ebene ergänzten oder einen Beitrag zu diesen darstellen sollten. Sie fügte hinzu, dass das EPEAEK II im Sektor der beruflichen Erstausbildung bei der Zwischenbewertung die Durchführung einer Studie über die zukünftige Beteiligung der privaten IEK an kofinanzierten Aktionen vorsehe und dass beschlossen worden sei, die Direktbeihilfe für die öffentlichen IEK schrittweise zugunsten eines allmählichen Übergangs zu offenen Verfahren abzubauen, ohne jedoch die in diesem Bereich geleistete Arbeit zu gefährden. Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass das EPEAEK II dem Geist des dritten GFK entspreche und einen bedeutenden Beitrag zu den Bemühungen der griechischen Behörden um eine Modernisierung des Erziehungssystems leisten werde.

15. Im Mai 2001 erstellten die griechischen Behörden eine Ergänzung zur Programmplanung im Sinne des Artikels 9 der Strukturfondsverordnung. Aus dieser Ergänzung geht hervor, dass die juristischen Personen des Privatrechts zu den potenziellen Endbegünstigten sowohl der Maßnahme Allgemeinbildung und berufliche Erstausbildung (Maßnahme 2.3, Buchstabe F) als auch der Maßnahme Berufliche Orientierung und Verbindung zum Arbeitsmarkt (Maßnahme 2.4, Buchstabe F) gehörten.

16. Die Ergänzung zur Programmplanung wurde nach einigen Anpassungen, Änderungen und Zusätzen vom Begleitausschuss des EPEAEK II in seiner ersten Sitzung vom 29. Mai 2001 gebilligt und der Kommission nach Artikel 9 Buchstabe m und Artikel 34 Absatz 3 der Strukturfondsverordnung zur Information übermittelt. In Nummer 5.4 seiner Schlussfolgerung-Entscheidung, die am selben Tag getroffen wurde, ersetzte der Begleitausschuss bei allen Maßnahmen den Ausdruck potenzielle Endbegünstigte durch den Ausdruck Kategorien der Endbegünstigten und stellte fest, dass die juristischen Personen des Privatrechts zu den Kategorien der Endbegünstigten gehörten. Was jedoch insbesondere die Aktion angeht, die die sonstigen Einrichtungen der beruflichen Erstausbildung (Aktion 2.3.3 der Maßnahme 2.3) betrifft, die unter der Aufsicht nicht des Bildungsministeriums, sondern anderer Ministerien stehen, so gehören die juristischen Personen des Privatrechts nicht zu diesen Begünstigten. Schließlich wurde vorgesehen, dass erforderlichenfalls für jede Maßnahme nach Prüfung durch die Sonderverwaltungsbehörde des EPEAEK II weitere Kategorien der Endbegünstigten gebildet werden konnten.

17. Die Rechtmäßigkeit des EPEAEK II, der Ergänzung zur Programmplanung, der Entscheidung des Begleitausschusses sowie verschiedener nationaler Maßnahmen zur Durchführung dieser Rechtsakte wurde im Rahmen mehrerer von den Klägerinnen beim Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) eingereichter Klagen in Frage gestellt. Die Klagen sind gegenwärtig anhängig.

18. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2001, bei der Kommission eingegangen am 25. Oktober 2001, richteten die Klägerinnen nach Artikel 232 Absatz 2 Satz 1 EG an die Kommission eine Aufforderung zum Tätigwerden. In diesem Schreiben stellten die Klägerinnen bei der Kommission den Antrag,

1. dem rechtswidrigen Ausschluss der Klägerinnen von den Finanzierungen im Rahmen des [dritten GFK] ein Ende zu setzen und

2. sich unter Hinweis auf die in Artikel 8 Absatz 2 der [Strukturfondsverordnung] genannte Partnerschaft, die sich auf die Vorbereitung, Finanzierung, Begleitung und Bewertung der Interventionen erstreckt, bei der nationalen Behörde für eine Änderung [des EPEAEK II] und der Ergänzung des operationellen Programms von Mai 2001 einzusetzen, damit die Kofinanzierung auf die privaten Berufsbildungseinrichtungen ausgedehnt wird;

3. die [Entscheidung über die Genehmigung des EPEAEK II] so zu ändern, dass die privaten Bildungseinrichtungen finanziell gefördert werden...;

4. die für die Begleitung zuständige griechische Behörde darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Entscheidung vom 29. Mai 2001 insofern rechtswidrig war, als sie die privaten Berufsbildungseinrichtungen nicht in die Finanzierung aufgenommen hat;

5. die Anwendung der Entscheidung über die Beteiligung der Fonds auf die Durchführung [des EPEAEK II] bis zum Erlass einer neuen Entscheidung über die Modalitäten und die Höhe der Finanzierung auszusetzen.

Verfahren

19. Mit Klageschrift, die am 25. Februar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Klägerinnen die vorliegende Klage erhoben.

20. Mit Schreiben des Generaldirektors der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales vom 27. Februar 2002 antwortete die Kommission auf die Aufforderung zum Tätigwerden. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:

...

Die Strukturfonds haben innerhalb ihrer Interventionsbereiche in Griechenland den Aufbau eines bedeutenden öffentlichen Netzes von Berufsbildungseinrichtungen (IEK) finanziert und deren Betrieb gefördert. Die Beteiligung der Strukturfonds begann in diesem Bereich mit dem ersten für Griechenland geltenden GFK (1989-1993) und wurde mit dem zweiten GFK (1994-1999) fortgesetzt.

Bei den Verhandlungen über das dritte GFK 2000-2006 haben die Dienststellen der Europäischen Kommission die Bedeutung hervorgehoben, die die schrittweise Anwendung der offenen Verfahren für die Vergabe von Projekten hat, die von den Strukturfonds kofinanziert werden.

Um die in diesem Bereich geleistete Arbeit nicht zu gefährden, wurde daher mit den nationalen Behörden im Rahmen [des EPEAEK II] (vgl. hierzu die Ergänzung zur Programmplanung) vereinbart, die Aktionen der öffentlichen IEK degressiv zu finanzieren, um nach den gegenwärtigen Modalitäten nach 2003 eine Nullfinanzierung zu erreichen. Nach diesem Zeitpunkt kann nur noch eine bestimmte, sehr begrenzte Art von Projekten, wie z. B. innovative Aktionen, Lehrerausbildung usw., die von den öffentlichen oder - gegebenenfalls - den privaten IEK durchgeführt werden, nach offenen Auswahlverfahren kofinanziert werden. Im Hinblick auf eine eventuelle Beteiligung der privaten IEK an diesen Projekten ist in [dem EPEAEK II] außerdem vorgesehen, dass eine Studie erstellt wird, die die Modalitäten einer solchen Beteiligung festlegt.

Aus dem Vorstehenden wird deutlich, dass das Ziel der Strukturfonds in der Praxis darin besteht, Griechenland bei der Schaffung eines Berufsbildungssystems zu unterstützen und zu dessen Förderung und Verbesserung im Rahmen einer aktiven Beschäftigungspolitik und gemäß den Leitlinien der europäischen Beschäftigungsstrategie beizutragen.

Ist [das EPEAEK II], das vom Mitgliedstaat vorgeschlagen wurde, aufgestellt, fällt nach Artikel 8 Absatz 3 der Strukturfondsverordnung [i]n Anwendung des Subsidiaritätsprinzips... die Durchführung der Interventionen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten auf der den besonderen Regelungen in den einzelnen Mitgliedstaaten entsprechenden geeigneten Gebietsebene, und zwar unbeschadet der Zuständigkeiten der Kommission, insbesondere für die Ausführung des Gesamthaushaltsplans der Europäischen Gemeinschaften.

Was den Beihilfecharakter der staatlichen Finanzierung öffentlicher Berufsbildungseinrichtungen betrifft, so berücksichtigt die Kommission, dass die Berufsbildungsmaßnahmen dieser Einrichtungen durch das Gesetz Nr. 2009/1992 geregelt sind. Das Gesetz bestimmt den einheitlichen organisatorischen Rechtsrahmen des nationalen Erziehungs und Berufsbildungssystems in Griechenland. Artikel 5 des Gesetzes sieht vor, dass die öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen durch gemeinsame Verordnung des Bildungsministers und des Finanzministers (und in bestimmten Fällen auch durch Verordnung anderer Minister) errichtet werden. Alle Berufsbildungseinrichtungen stehen unter der Aufsicht des Bildungsministers. Das Gesetz richtet auch eine öffentliche Stelle ein (Einrichtung für Allgemeinbildung und Berufsausbildung - OEEK), die für den Inhalt, die Planung und die Organisation der von den Berufsbildungseinrichtungen veranstalteten Lehrgänge zuständig ist. Das OEEK ist ebenfalls für die Aufsicht über die privaten Berufsbildungseinrichtungen zuständig.

Daraus ergibt sich, dass die Tätigkeiten der öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen nach den griechischen Rechtsvorschriften zum nationalen Bildungssystem Griechenlands gehören und nicht als wirtschaftlich gewinnbringende Tätigkeiten angesehen werden können. Die Kommission vertritt daher die Auffassung, dass die staatliche Finanzierung dieser Tätigkeiten keine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG darstellt. Dies wird durch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften bestätigt, wonach der Staat durch die... Erhaltung eines solchen Systems keine gewinnbringende Tätigkeit aufnehmen [will]; vielmehr erfuellt er dadurch auf sozialem, kulturellem und bildungspolitischem Gebiet seine Aufgaben... [D]ieses System [wird] in der Regel aus dem Staatshaushalt... finanziert (Urteile des Gerichtshofes vom 27. September 1988 in der Rechtssache 263/86, Humbel, Slg. 1988, 5365, und vom 7. Dezember 1993 in der Rechtssache C109/92, Wirth, Slg. 1993, I6447). Bei zahlreichen Gelegenheiten hat die Kommission in Bezug auf die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf die öffentliche Finanzierung von Einrichtungen des nationalen Bildungssystems dieselbe Auffassung vertreten.

Abschließend sind die Dienststellen der Kommission unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte der Ansicht, dass die Förderung der öffentlichen IEK keine Wettbewerbsverzerrung darstellen und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen kann und somit nicht den Charakter einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag hat.

21. Mit Klageschrift, die am 29. April 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist und unter der Nummer T139/02 eingetragen wurde, haben die Klägerinnen Klage auf Nichtigerklärung der im erwähnten Schreiben enthaltenen Entscheidung erhoben.

22. Mit besonderem Schriftsatz, der am 4. Juni 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission im Rahmen der vorliegenden Klage beantragt, die Hauptsache für erledigt zu erklären, und hilfsweise eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Die Klägerinnen haben ihre Stellungnahme zum Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache und zur Einrede der Unzulässigkeit am 12. August 2002 eingereicht.

Anträge der Parteien

23. Die Klägerinnen beantragen in ihrer Klageschrift, der Klage stattzugeben und festzustellen, dass die Kommission es zu Unrecht unterlassen hat, die rechtswidrige Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen in Bezug auf die Finanzierung durch das dritte GFK, insbesondere durch das EPEAEK II, zu beseitigen.

24. Die Kommission beantragt im Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache und in der Einrede der Unzulässigkeit,

- die Hauptsache für erledigt zu erklären;

- hilfsweise, die Klage als offensichtlich unzulässig abzuweisen;

- den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

25. Die Klägerinnen beantragen in ihrer Stellungnahme zum Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache und zur Einrede der Unzulässigkeit,

- den Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache zurückzuweisen;

- die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen.

Rechtliche Würdigung

Vorbringen der Parteien

26. Die Kommission macht geltend, die vorliegende Klage sei infolge ihrer Stellungnahme im Schreiben vom 27. Februar 2002 gegenstandslos geworden. Nach ständiger Rechtsprechung entfalle der Gegenstand der Untätigkeitsklage, wenn die Kommission zu den Rügen des Klägers, wenn auch verspätet, Stellung nehme. Dass die Stellungnahme des Gemeinschaftsorgans den Kläger nicht zufriedenstelle, habe darüber hinaus keine Bedeutung, da eine Untätigkeit des Organs im Sinne des Artikels 232 EG dann vorliege, wenn ein Bescheid oder eine Stellungnahme unterbleibe, nicht aber dann, wenn ein anderer als der vom Kläger gewünschte oder für notwendig gehaltene Rechtsakt erlassen werde (Urteil des Gerichts vom 17. Februar 1998 in der Rechtssache T107/96, Pantochim/Kommission, Slg. 1998, II311, Randnrn. 28 bis 3).

27. Hilfsweise trägt die Kommission vor, die Klage sei als offensichtlich unzulässig abzuweisen, da sich ihr Gegenstand nicht mit dem der Aufforderung der Klägerinnen zum Tätigwerden decke. Zum einen ähnele die Klage einer Nichtigkeitsklage, und zum anderen werde mit ihr nicht die Feststellung beantragt, dass die Kommission es unterlassen habe, zu den besonderen Anträgen in der Aufforderung zum Tätigwerden Stellung zu nehmen, sondern dass sie es unterlassen habe, die angeblich rechtswidrige Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen IEK in Bezug auf die Kofinanzierung nach dem EPEAEK II zu beseitigen. Dieser Antrag sei jedoch weit und vage, da er sich auf die Einleitung eines Verfahrens nach Artikel 226 EG oder Artikel 88 Absatz 2 EG oder auch Artikel 86 EG Absatz 3 EG beziehe. Die Klägerinnen könnten jedenfalls nicht als die Adressaten der Handlungen gelten, die sie von der Kommission verlangt hätten, und seien von diesen Handlungen auch nicht unmittelbar und individuell betroffen.

28. Die Klägerinnen bestreiten im Wesentlichen, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom 27. Februar 2002 über ihre Anträge entschieden hat. Anders als in der Rechtssache, die zum Urteil Pantochim/Kommission (zitiert oben in Randnr. 26) geführt habe und in der die Kommission nach Klageerhebung eine konkrete Entscheidung erlassen habe, stehe im vorliegenden Fall nicht von vornherein fest, ob die im Schreiben vom 27. Februar 2002 enthaltene Antwort eine Entscheidung oder eine Stellungnahme im Sinne von Artikel 232 EG sei.

29. In diesem Zusammenhang machen die Klägerinnen geltend, sie hätten in ihrer Aufforderung zum Tätigwerden Rügen in Bezug auf Ereignisse vorgebracht, die nach der Entscheidung über die Genehmigung des EPEAEK II lägen, wie die Ergänzung zur Programmplanung von Mai 2001 und die Entscheidung des Begleitausschusses vom 29. Mai 2001. Die Kommission sei auch aufgefordert worden, sich bei den nationalen Behörden für eine Änderung des EPEAEK II und der Ergänzung zur Programmplanung einzusetzen, den Begleitausschuss darauf hinzuweisen, dass es rechtswidrig gewesen sei, in seiner Entscheidung vom 29. Mai 2001 die privaten IEK nicht zu erwähnen, sowie die Durchführung der Entscheidung über die Genehmigung des EPEAEK II bis zum Erlass einer neuen Entscheidung über die Modalitäten und die Höhe der Finanzierung auszusetzen. Da die Kommission in ihrem Schreiben vom 27. Februar 2002 nicht im verlangten Sinne Stellung genommen habe, bestehe die Untätigkeit fort.

30. Die Klägerinnen bestreiten außerdem, dass, wie die Kommission meinte, die Anträge in der Aufforderung zum Tätigwerden und die Anträge in der vorliegenden Klage nicht übereinstimmten. Im Übrigen seien Adressaten der mit der Aufforderung zum Tätigwerden geforderten Maßnahmen zwar nicht die Klägerinnen, sondern die Hellenischen Republik, doch seien die Klägerinnen von diesen Maßnahmen trotzdem unmittelbar und individuell betroffen.

Würdigung durch das Gericht

31. Nach ständiger Rechtsprechung beruht die mit Artikel 232 EG eröffnete Klagemöglichkeit auf der Vorstellung, dass die beanstandete rechtswidrige Untätigkeit des Gemeinschaftsorgans die Anrufung des Gerichtshofes ermöglicht, damit er feststellt, dass die Unterlassung, soweit das betroffene Organ sie nicht abgestellt hat, gegen den EG-Vertrag verstößt. Diese Feststellung hat nach Artikel 233 EG zur Folge, dass das beklagte Organ die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes oder des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu treffen hat, unbeschadet der Klagen aus außervertraglicher Haftung, die sich aus dieser Feststellung ergeben können. Ist die Handlung, deren Unterlassung Gegenstand des Rechtsstreits ist, nach Klageerhebung, aber vor Verkündung des Urteils vorgenommen worden, so könnte eine Entscheidung des Gemeinschaftsrichters, die die Rechtswidrigkeit der ursprünglichen Unterlassung feststellt, die in Artikel 233 EG bezeichneten Rechtsfolgen nicht mehr auslösen. In einem solchen Fall ist der Rechtsstreit daher ebenso wie in dem Fall, dass das beklagte Organ der Aufforderung zum Tätigwerden innerhalb der Zweimonatsfrist entsprochen hat, gegenstandslos geworden und hat sich in der Hauptsache erledigt (Beschluss des Gerichtshofes vom 13. Dezember 2000 in der Rechtssache C44/00 P, Sodima/Kommission, Slg. 2000, I11231, Randnr. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32. Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen in ihrer Aufforderung zum Tätigwerden, die sie am 25. Oktober 2001 an die Kommission richteten, diese im Wesentlichen aufgefordert, die Entscheidung über die Genehmigung des EPEAEK II so zu ändern, dass die privaten IEK zu den Begünstigten dieses Programms gehören. Sie haben die Kommission außerdem aufgefordert, sich bei den griechischen Behörden dafür einzusetzen, dass die privaten IEK in den Kreis der Begünstigten einer Kofinanzierung nach dem EPEAEK II aufgenommen werden.

33. Nach Erhebung der vorliegenden Klage hat die Kommission in ihrem Schreiben vom 27. Februar 2002 an die Klägerinnen die Gründe dargelegt, aus denen sie das EPEAEK II genehmigte. Aus diesem Schreiben geht eindeutig hervor, dass das EPEAEK II nach Auffassung der Kommission mit den Zielen des dritten GFK für Griechenland und mit den Gemeinschaftspolitiken in Einklang stand und es daher keinen Grund gab, ihre Entscheidung über die Genehmigung des EPEAEK II in diesem Stadium, wie von den Klägerinnen verlangt, zu ändern. In diesem Schreiben legte die Kommission außerdem dar, weshalb ihrer Meinung nach das Vorbringen der Klägerinnen, wonach die vorrangige Finanzierung der öffentlichen IEK in einem ersten Abschnitt eine Wettbewerbsverzerrung darstelle und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige, zurückzuweisen sei. In Bezug auf die Maßnahmen schließlich, die die Kommission gegenüber den griechischen Behörden ergreifen sollte, um die Kofinanzierung im Rahmen des EPEAEK II auf die privaten IEK auszudehnen, stellte die Kommission in demselben Schreiben eindeutig klar, dass nach dem Subsidiaritätsprinzip die Durchführung der Interventionen in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten auf der territorialen Ebene falle, die der besonderen Situation der einzelnen Mitgliedstaaten entspreche.

34. Somit steht fest, dass die Kommission in ihrem Schreiben vom 27. Februar 2002 zu den Anträgen der Klägerinnen Stellung genommen hat, so dass die vorliegende Klage gegenstandslos geworden ist. Die Tatsache, dass die Stellungnahme der Kommission die Klägerinnen nicht zufriedengestellt hat, ist insoweit ohne Bedeutung. Nach der Rechtsprechung bezieht sich Artikel 232 EG nämlich auf die Untätigkeit durch Unterlassung eines Bescheids oder einer Stellungnahme und nicht auf den Erlass einer anderen als der vom Kläger gewünschten oder für notwendig gehaltenen Handlung (Beschluss Sodima/Kommission, zitiert oben in Randnr. 31, Randnr. 83, und die dort angeführte Rechtsprechung).

35. Demnach ist, ohne dass noch das auf die Unzulässigkeit der Klage gestützte Vorbringen der Kommission geprüft werden müsste, festzustellen, dass sich die vorliegende Untätigkeitsklage in der Hauptsache erledigt hat (vgl. Beschluss des Gerichtshofes vom 10. Juni 1993 in der Rechtssache C41/92, The Liberal Democrats/Parlament, Slg. 1993, I3153, Randnr. 4, und Urteil des Gerichtshofes vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen C302/99 P und C308/99 P, Kommission und Frankreich/TF1, Slg. 2001, I5603, Randnr. 28).

Kostenentscheidung:

Kosten

36. Erklärt das Gericht die Hauptsache für erledigt, so entscheidet es nach Artikel 87 § 6 der Verfahrensordnung über die Kosten nach freiem Ermessen. Im vorliegenden Fall hat die Kommission zwar nach Klageerhebung zur Aufforderung der Klägerinnen, tätig zu werden, Stellung genommen, die Klägerinnen haben aber keinen Kostenantrag gestellt. Unter diesen Umständen ist das Gericht der Auffassung, dass jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen hat.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Vierte Kammer)

beschlossen:

1. Die Hauptsache wird für erledigt erklärt.

2. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

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