Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 08.07.2004
Aktenzeichen: T-67/00
Rechtsgebiete: Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag


Vorschriften:

Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag Art. 1 Abs. 2
Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Art. 81 EG-Vertrag Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite Kammer) vom 8. Juli 2004. - JFE Engineering Corp., anciennement NKK Corp. (T-67/00), Nippon Steel Corp. (T-68/00), JFE Steel Corp. (T-71/00) und Sumitomo Metal Industries Ltd (T-78/00) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Kartelle - Markt für nahtlose Stahlrohre - EFTA - Zuständigkeit der Kommission - Zuwiderhandlung - Geldbußen. - Verbundene Rechtssachen T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00.

Parteien:

In den verbundenen Rechtssachen T-67/00, T-68/00, T-71/00 und T-78/00

JFE Engineering Corp., ehemals NKK Corp., mit Sitz in Tokyo (Japan), Prozessbevollmächtigte: zunächst M. Smith und C. Maguire, Solicitors, dann Rechtsanwälte A. Vandencasteele und V. Dehin sowie A.-L. Marmagioli, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin in der Rechtssache T-67/00,

Nippon Steel Corp. mit Sitz in Tokyo, Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-F. Bellis und K. Van Hove, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin in der Rechtssache T-68/00,

JFE Steel Corp. , ehemals Kawasaki Steel Corp., mit Sitz in Tokyo, Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Vandencasteele, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin in der Rechtssache T-71/00,

Sumitomo Metal Industries Ltd mit Sitz in Tokyo, Prozessbevollmächtigte: C. Vajda, QC, G. Sproul und F. Weitzman, Solicitors, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin in der Rechtssache T-78/00,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Erhart und A. Whelan als Bevollmächtigte im Beistand von N. Khan, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte,

unterstützt durch

EFTA-Überwachungsbehörde , vertreten durch D. Sif Tynes und P. Bjørgan als Bevollmächtigte,

Streithelferin in den Rechtssachen T-68/00, T-71/00 und T-78/00,

wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache IV/E-1/35.860-B - Nahtlose Stahlrohre) (ABl. 2003, L 140, S. 1) oder, hilfsweise, Herabsetzung der gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter J. Pirrung und A. W. H. Meij,

Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19., 20. und

21. März 2003,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1. Die vorliegenden Rechtssachen betreffen die Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG (Sache IV/E1/35.860B - Nahtlose Stahlrohre) (ABl. 2003, L 140, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

2. Die Kommission richtete die angefochtene Entscheidung an acht Unternehmen, die unlegierte nahtlose Stahlrohre herstellen (im Folgenden: Adressaten der angefochtenen Entscheidung). Zu diesen Unternehmen gehören vier europäische Unternehmen (im Folgenden: europäische Hersteller oder Gemeinschaftshersteller), nämlich die Mannesmannröhren-Werke AG (im Folgenden: Mannesmann), die Vallourec SA (im Folgenden: Vallourec), die Corus UK Ltd (ehemals British Steel plc, dann British Steel Ltd, im Folgenden: Corus) und die Dalmine SpA (im Folgenden: Dalmine). Die übrigen vier Adressaten der Entscheidung sind japanische Unternehmen (im Folgenden: japanische Hersteller oder japanische Klägerinnen): die NKK Corp., die Nippon Steel Corp. (im Folgenden: Nippon), die Kawasaki Steel Corp. und die Sumitomo Metal Industries Ltd (im Folgenden: Sumitomo).

A - Das Verwaltungsverfahren

3. Mit Entscheidung vom 17. November 1994 ermächtigte die Überwachungsbehörde der Europäischen Freihandelszone (EFTA) gemäß Artikel 8 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, genehmigt durch den Beschluss 94/1/EGKS, EG des Rates und der Kommission vom 13. Dezember 1993 über den Abschluss des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten sowie der Republik Österreich, der Republik Finnland, der Republik Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen, dem Königreich Schweden und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (ABl. 1994, L 1, S. 1, im Folgenden: EWR-Abkommen oder EWR), ihr für Wettbewerbssachen zuständiges Mitglied, die Kommission um die Durchführung einer Untersuchung auf dem Gebiet der Gemeinschaft zu ersuchen, um festzustellen, ob im Hinblick auf unlegierte nahtlose Stahlrohre, die die norwegische Erdölindustrie für Bohrungen und Ölleitungen einsetzte, möglicherweise wettbewerbswidrige Praktiken vorlagen.

4. Mit einem nicht veröffentlichten Beschluss vom 25. November 1994 (Sache IV/35.304, im Folgenden: Beschluss vom 25. November 1994), der als Seite 3 in der Kommissionsakte enthalten ist und auf der doppelten Rechtsgrundlage von Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), und der Entscheidung der EFTAÜberwachungsbehörde vom 17. November 1994 erging, entschied die Kommission, eine Untersuchung durchzuführen. Diese Untersuchung sollte sich mit den in der Entscheidung der EFTA-Überwachungsbehörde vom 17. November 1994 genannten Praktiken befassen, soweit diese einen möglichen Verstoß nicht nur gegen Artikel 53 EWR, sondern auch gegen Artikel 81 EG darstellten. Die Kommission richtete ihren Beschluss vom 25. November 1994 an acht Unternehmen, darunter Mannesmann, Corus, Vallourec und eine Gesellschaft des Sumitomo-Konzerns, die Sumitomo Deutschland GmbH. Am 1. und 2. Dezember 1994 nahmen Beamte der Kommission und Vertreter der Wettbewerbsbehörden der jeweiligen Mitgliedstaaten bei diesen Unternehmen aufgrund dieses Beschlusses Nachprüfungen vor.

5. Mit Beschluss vom 6. Dezember 1995 stellte die EFTA-Überwachungsbehörde fest, dass die bei ihr anhängige Sache, da eine erhebliche Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft vorliege, nach Artikel 56 Absatz 1 Buchstabe c EWR in die Zuständigkeit der Kommission falle. Sie überwies die Sache daher gemäß Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 des EWR-Abkommens an die Kommission; diese gab der Sache von diesem Datum an ein neues Aktenzeichen (IV/E-1/35.860).

6. Zwischen September 1996 und Dezember 1997 nahm die Kommission gemäß Artikel 14 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 bei Vallourec, Dalmine und Mannesmann zusätzliche Nachprüfungen vor. Insbesondere führte sie am 17. September 1996 eine Nachprüfung bei Vallourec durch, bei der Herr Verluca, der Vorstandsvorsitzende der Vallourec Oil & Gas, eine auf Seite 6356 der Kommissionsakte wiedergegebene Erklärung (im Folgenden: Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996) abgab, auf die sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat. Anschließend richtete die Kommission an alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung und einige weitere Unternehmen Auskunftsersuchen nach Artikel 11 der Verordnung Nr. 17.

7. Da Dalmine und die argentinischen Unternehmen Siderca SAIC (im Folgenden: Siderca) und Techint Group einige der angeforderten Auskünfte verweigerten, richtete die Kommission am 6. Oktober 1997 an sie eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 (C[1997] 3036, IV/35.860, Stahlrohre, nicht veröffentlicht). Siderca und Dalmine erhoben gegen diese Entscheidung beim Gericht Nichtigkeitsklage. Die von Dalmine erhobene Nichtigkeitsklage wurde mit Beschluss vom 24. Juni 1998 in der Rechtssache T596/97 (Dalmine/Kommission, Slg. 1998, II2383) als offensichtlich unzulässig abgewiesen, während die Nichtigkeitsklage von Siderca nach ihrer Rücknahme durch die Klägerin mit Beschluss vom 7. Juni 1998 in der Rechtssache T8/98 (Siderca/Kommission, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht) aus dem Register des Gerichts gestrichen wurde.

8. Auch Mannesmann verweigerte verschiedene von der Kommission verlangte Auskünfte. Trotz einer gegen sie ergangenen Entscheidung der Kommission vom 15. Mai 1998 (C[1998] 1204, IV/35.860, Stahlrohre, nicht veröffentlicht) gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Verordnung Nr. 17 blieb Mannesmann bei ihrer Weigerung und erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Gericht. Mit Urteil vom 20. Februar 2001 in der Rechtssache T-112/98 (Mannesmannröhren-Werke/Kommission, Slg. 2001, II-729) erklärte das Gericht die Entscheidung für teilweise nichtig und wies die Klage im Übrigen ab.

9. Im Januar 1999 erließ die Kommission zwei Mitteilungen von Beschwerdepunkten, von denen die eine geschweißte, die andere nahtlose Stahlrohre zum Gegenstand hatte. Sie trennte somit das Verfahren, wobei die Sache IV/E1/35.860A unlegierte geschweißte Stahlrohre, die Sache IV/E1/35.860B unlegierte nahtlose Stahlrohre betraf.

10. In der nahtlose Stahlrohre betreffenden Sache sandte die Kommission ihre Mitteilung der Beschwerdepunkte an die acht Unternehmen, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet ist, sowie an Siderca und das mexikanische Unternehmen Tubos de Acero de México SA. Diese Unternehmen erhielten in der Zeit vom 11. Februar bis 20. April 1999 Einsicht in die Akten, die die Kommission in dieser Sache zusammengestellt hatte. Außerdem übersandte die Kommission mit Schreiben vom 11. Mai 1999 Kopien der Nachprüfungsbeschlüsse vom November 1994 an die Unternehmen, an die diese Beschlüsse nicht gerichtet worden waren und die sie daher noch nicht kannten.

11. Nach Einreichung ihrer schriftlichen Stellungnahmen wurden die Adressaten der beiden Mitteilungen der Beschwerdepunkte von der Kommission in der Sache der geschweißten Stahlrohre am 9. Juni 1999 und in der die nahtlosen Stahlrohre betreffenden Sache am 10. Juni 1999 angehört. Im Juli 1999 teilte die Kommission den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte in der unlegierte geschweißte Stahlrohre betreffenden Sache IV/E-1/35.860-A mit, dass sie dieses Verfahren eingestellt habe. Die Sache IV/E-1/35.860-B wurde hingegen weiterbetrieben.

12. Am 8. Dezember 1999 erließ die Kommission sodann die angefochtene Entscheidung

B - Die betroffenen Produkte

13. Die Produkte, um die es in der Sache IV/E1/35.860B geht, sind unlegierte nahtlose Stahlrohre, die in der Öl- und Gasindustrie verwendet werden und zu denen zwei große Produktgruppen gehören.

14. Die erste Produktgruppe sind die Ölfeldrohre, die gemeinhin als Oil Country Tubular Goods oder OCTG bezeichnet werden. Diese Rohre werden entweder ohne Gewinde (so genannte Glattendrohre) oder als Gewinderohre verkauft. Das Gewindeschneiden dient dazu, die OCTGRohre miteinander verbinden zu können. Das Gewinde kann entweder in einer vom American Petroleum Institute (API) normierten Standardausführung (nach dieser Norm hergestellte Gewinderohre werden im Folgenden als OCTG-Standardrohre bezeichnet) oder in Spezialausführungen nach in der Regel patentgeschützten Techniken geschnitten werden. Im letzteren Fall spricht man von erstklassigen oder Premiumgewinden oder gegebenenfalls erstklassigen oder Premiumverbindungen (Gewinderohre in einer solchen Ausführung werden im Folgenden als OCTGPremiumrohre bezeichnet).

15. Die zweite Produktgruppe besteht aus den Leitungsrohren für Öl und Gas (line pipe) aus unlegiertem nahtlosem Stahl, bei denen unterschieden wird zwischen Rohren in einer Standardausführung und den für bestimmte Projekte maßgefertigten Rohren (im Folgenden: projektbezogene Leitungsrohre).

C - Die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen

16. In der angefochtenen Entscheidung nimmt die Kommission zunächst an, dass die acht Hersteller, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet ist, eine Übereinkunft getroffen hätten, die neben anderen Punkten den gegenseitigen Schutz ihrer nationalen Heimatmärkte zum Gegenstand gehabt habe (Randnrn. 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung). Nach dieser Übereinkunft habe jedes Unternehmen davon Abstand genommen, OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre auf dem Heimatmarkt eines anderen Teilnehmers an der Übereinkunft zu verkaufen. Diese Übereinkunft sei im Rahmen von Sitzungen, die von Herstellern der Gemeinschaft und aus Japan abgehalten worden seien, geschlossen worden, wobei diese Zusammenkünfte als der so genannte EuropäischJapanische Club bekannt gewesen seien. Der Grundsatz des Schutzes der Heimatmärkte sei unter der Bezeichnung Grundregeln (fundamentals) bekannt gewesen. Hilfsweise weist die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die Grundregeln tatsächlich respektiert worden seien und die Übereinkunft folglich wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Gemeinsamen Markt gehabt habe (Randnr. 68 der angefochtenen Entscheidung).

17. Die Kommission sah in dieser Übereinkunft einen Verstoß gegen den Verbotstatbestand des Artikels 81 Absatz 1 EG (Randnr. 109 der angefochtenen Entscheidung). Sie stellte daher in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen dieser Zuwiderhandlung fest und verhängte gegen die acht Unternehmen, an die sich die Entscheidung richtete, Geldbußen.

18. Hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung ging die Kommission davon aus, dass zwar der EuropäischJapanische Club bereits seit 1977 Sitzungen veranstaltet habe (Randnr. 55 der angefochtenen Entscheidung), dass aber für die Festsetzung der Geldbußen als Beginn der Zuwiderhandlung das Jahr 1990 anzusetzen sei, weil 1977 bis 1990 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Japan Abkommen über eine Selbstbeschränkung (im Folgenden: Selbstbeschränkungsabkommen) bestanden hätten (Randnr. 108 der angefochtenen Entscheidung). Nach Auffassung der Kommission endete die Zuwiderhandlung im Jahr 1995 (Randnrn. 96 und 97 der angefochtenen Entscheidung).

19. Im Rahmen der Bemessung der Geldbußen, die gegen die acht von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Unternehmen verhängt wurden, stufte die Kommission die Zuwiderhandlung als äußerst schweren Verstoß ein, weil die fragliche Vereinbarung über den Schutz der Heimatmärkte das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt habe (Randnrn. 161 und 162 der angefochtenen Entscheidung). Sie wies allerdings darauf hin, dass die Adressaten der Entscheidung in den vier betroffenen Mitgliedstaaten jährlich nahtlose Stahlrohre nur im Wert von etwa 73 Millionen Euro abgesetzt hätten. Nach diesen Gesichtspunkten bezifferte die Kommission den Bußgeldbetrag wegen der Schwere des Verstoßes für jedes der acht Unternehmen auf 10 Millionen Euro. Da es sich durchweg um Großunternehmen handelte, hielt die Kommission eine Abstufung der Geldbußen nach der Unternehmensgröße nicht für notwendig (Randnrn. 162, 163 und 165 der angefochtenen Entscheidung).

20. Da der Verstoß von mittlerer Dauer gewesen sei, wandte die Kommission, um den Grundbetrag der gegen jedes der beteiligten Unternehmen zu verhängenden Geldbuße festzusetzen, für jedes Jahr der Beteiligung an der Zuwiderhandlung einen Aufschlag von 10 % auf den wegen der Schwere des Verstoßes angesetzten Betrag an (Randnr. 166 der angefochtenen Entscheidung). Da sich aber die Stahlrohrproduktion in einer langjährigen Krisensituation befunden und sich die Branchenlage seit 1991 noch weiter verschlechtert habe, minderte die Kommission wiederum den Grundbetrag um 10 % wegen mildernder Umstände (Randnrn. 168 und 169 der angefochtenen Entscheidung). Schließlich setzte die Kommission gemäß Abschnitt D Nummer 2 ihrer Mitteilung 96/C 207/04 über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit) die gegen Vallourec zu verhängende Geldbuße um 40 % und die gegen Dalmine zu verhängende Geldbuße um 20 % niedriger fest, weil zu berücksichtigen sei, dass diese beiden Unternehmen im Verwaltungsverfahren mit der Kommission kooperiert hätten (Randnrn. 170 bis 173 der angefochtenen Entscheidung).

21. Die Beträge der gegen die betroffenen Unternehmen jeweils verhängten Geldbußen, wie sie sich aus der in den beiden vorstehenden Randnummern dargelegten Berechnung ergaben, sind in Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung aufgeführt (siehe unten, Randnr. 33).

22. Zweitens stellte die Kommission in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung fest, dass auch die Verträge zwischen den Gemeinschaftsherstellern über den Verkauf von Glattendrohren auf dem britischen Markt eine Zuwiderhandlung darstellten (Randnr. 116 der angefochtenen Entscheidung). Sie verhängte jedoch wegen dieses Verstoßes keine zusätzliche Geldbuße, weil dieser nur ein Mittel zur Durchführung des im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs vereinbarten Prinzips des Heimatmarktschutzes gewesen sei (Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung).

D - Der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellte wesentliche Sachverhalt

23. Laut der angefochtenen Entscheidung kam der Europäisch-Japanische Club von 1977 bis 1994 in der Regel zweimal jährlich zusammen (Randnr. 60 der angefochtenen Entscheidung). Nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 hätten solche Sitzungen am 14. April 1992 in Florenz, am 23. Oktober 1992 in Tokyo, am 19. Mai 1993 in Paris, am 5. November 1993 in Tokyo und am 16. März 1994 in Cannes stattgefunden. Wie sich aus dem Vermerk Einige Informationen zum Europäisch-Japanischen Club von Vallourec vom 4. November 1991 (S. 4350 der Kommissionsakte, im Folgenden: Vermerk Einige Informationen) und dem Vermerk vom 24. Juli 1990 mit dem Titel Sitzung vom 24. Juli 1990 mit British Steel (S. 15586 der Kommissionsakte, im Folgenden: Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990) ergebe, seien auch in den Jahren 1989 und 1991 weitere Sitzungen des Europäisch-Japanischen Clubs abgehalten worden.

24. Die im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs getroffene Übereinkunft habe auf drei Säulen geruht, nämlich erstens den (oben in Randnr. 16 erwähnten) Grundregeln (fundamentals) des Heimatmarktschutzes, die den Verstoß nach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung bildeten, zweitens Preisabstimmungen für Ausschreibungen und der Festlegung von Mindestpreisen auf den so genannten Sondermärkten (special markets) und drittens der Aufteilung der restlichen Weltmärkte, außer Kanada und den Vereinigten Staaten von Amerika, mittels Verteilerschlüsseln (sharing keys) (Randnr. 61 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission stützte ihre Feststellung, dass das Vorliegen der Grundregeln erwiesen sei, auf ein Bündel von schriftlichen Indizien, die in den Randnummern 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung aufgeführt sind, sowie auf die Tabelle in deren Randnummer 68. Dieser Tabelle sei zu entnehmen, dass der Anteil des jeweiligen heimischen Herstellers am Gesamtabsatz von OCTG- und Leitungsrohren durch alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung zusammen in Japan ebenso wie auf den Heimatmärkten der vier Gemeinschaftshersteller sehr hoch gewesen sei. Hieraus sei zu schließen, dass die heimischen Märkte von den Parteien der Übereinkunft insgesamt durchaus respektiert worden seien. Die Beweise für die anderen beiden Säulen der Übereinkunft legte die Kommission in den Randnummern 70 bis 77 der angefochtenen Entscheidung dar.

25. Als Corus im Jahr 1990 ihre Produktion von Glattendrohren habe einstellen wollen, sei für die Gemeinschaftshersteller die Frage entstanden, wie der in den Grundregeln festgelegte Heimatmarktschutz für den Markt des Vereinigten Königreichs beibehalten werden könne. Daraufhin hätten Vallourec und Corus ein Konzept von verbesserten Grundregeln (fundamentals improved) vorgeschlagen, deren Zweck es gewesen sei, die Zugangsbeschränkungen der japanischen Hersteller für den britischen Markt trotz des Rückzugs von Corus aufrechtzuerhalten. Im Juli 1990 hätten sich Vallourec und Corus, und zwar anlässlich der Verlängerung des Lizenzvertrags für die VAMGewindeschneidetechnik, schließlich in diesem Sinne dahin geeinigt, dass die künftige Versorgung von Corus mit Glattendrohren den Unternehmen Vallourec, Mannesmann und Dalmine vorbehalten bleiben solle (Randnr. 78 der angefochtenen Entscheidung).

26. Im April 1991 habe Corus ihr Werk in Clydesdale (Vereinigtes Königreich) dann tatsächlich geschlossen, in dem sie zuvor ungefähr 90 % ihrer Glattendrohre hergestellt habe. Anschließend habe Corus Verträge über die Lieferung von Glattendrohren für ursprünglich fünf Jahre mit stillschweigender Verlängerung bei Ausbleiben einer Kündigung mit einer Frist von zwölf Monaten mit Vallourec (am 24. Juli 1991), Dalmine (am 4. Dezember 1991) und Mannesmann (am 9. August 1993) geschlossen (im Folgenden auch: Lieferverträge). Diese drei Verträge, die in der Kommissionsakte auf den Seiten 12867, 12910 und 12948 enthalten sind, weisen den begünstigten Unternehmen eine Lieferquote von 40 % respektive 30 % und 30 % des Bedarfes von Corus zu; davon ausgenommen sind Rohre mit schmalem Durchmesser (Randnrn. 79 bis 82 der angefochtenen Entscheidung).

27. Im Jahr 1993 seien die Grundsätze, nach denen der EuropäischJapanische Club funktioniert habe, durch drei Faktoren ins Wanken geraten. Erstens habe sich damals eine Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie vollzogen. So habe im Vereinigten Königreich Corus ihre letzten Produktionsbereiche, nämlich von nahtlosen Gewinderohren, aufgeben wollen. In Belgien sei zum 31. Dezember 1993 das Unternehmen New Tubemeuse (im Folgenden: NTM), dessen geschäftlicher Schwerpunkt der Export nach dem Mittleren und Fernen Osten gewesen sei, liquidiert worden. Als zweiter Faktor habe der Zugang der lateinamerikanischen Hersteller zum Gemeinschaftsmarkt den Fortbestand der im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs vereinbarten Verteilerschlüssel bedroht. Drittens und letztens sei auf dem Weltmarkt für Rohre zur Erdöl- und Gasprospektierung und -förderung trotz bleibender starker regionaler Unterschiede die Nachfrage nach geschweißten Rohren stark gestiegen (Randnrn. 83 und 84 der angefochtenen Entscheidung).

28. In diesem Zusammenhang hätten sich die Mitglieder des Europäisch-Japanischen Clubs am 5. November 1993 in Tokyo getroffen, um zu versuchen, eine neue Marktaufteilungsvereinbarung mit den lateinamerikanischen Herstellern zu treffen. Der Inhalt der getroffenen Übereinkunft lasse sich einem Dokument mit einem Verteilerschlüssel (sharing key) entnehmen, das der Kommission am 12. November 1997 von einem am Verfahren nicht beteiligten Informanten übergeben worden sei (S. 7320 der Kommissionsakte, im Folgenden: Verteilerschlüssel-Papier). Nach Aussage des Informanten stamme das Dokument von einem Handelsvertreter eines der Teilnehmer an dieser Sitzung. Was die Folgen der Umstellung der europäischen Stahlindustrie angehe, so habe die Schließung von NTM den Gemeinschaftsherstellern Zugeständnisse der japanischen und südamerikanischen Hersteller eingebracht, die vom Rückzug von NTM aus den Exportmärkten am meisten profitiert hätten (Randnrn. 85 bis 89 der angefochtenen Entscheidung).

29. Corus habe ihrerseits endgültig entschieden, ihre letzte verbleibende Erzeugung von nahtlosen Rohren einzustellen. Am 22. Februar 1994 habe Vallourec die Kontrolle über die Gewindeschneide- und sonstigen Produktionsanlagen für Rohre von Corus übernommen und zu diesem Zweck das Unternehmen Tubular Industries Scotland Ltd gegründet; dieses Unternehmen habe zum 31. März 1994 die Lieferverträge für Glattendrohre übernommen, die Corus mit Dalmine und Mannesmann geschlossen habe. Am 24. April 1997 sei der mit Mannesmann geschlossene Vertrag noch in Kraft gewesen. Am 30. März 1999 habe Dalmine den Liefervertrag mit der Tubular Industries Scotland Ltd beendet (Randnrn. 90 bis 92 der angefochtenen Entscheidung).

30. Die Kommission meint, die Gemeinschaftshersteller hätten mit diesen Verträgen die Lieferquoten für Glattendrohre für den britischen Markt, auf den mehr als die Hälfte des Gemeinschaftsverbrauchs an OCTGRohren entfalle, untereinander aufgeteilt; die Verträge seien daher eine nach Artikel 81 Absatz 1 EG verbotene Übereinkunft (vgl. oben, Randnr. 22).

E - Der Tenor der angefochtenen Entscheidung

31. Nach Artikel 1 Absatz 1 der angefochtenen Entscheidung haben die acht Unternehmen, an die die Entscheidung gerichtet ist, gegen die Bestimmungen des Artikels 81 Absatz 1 EGVertrag aufgrund der Beteiligung an einer Übereinkunft, die unter anderem den Schutz der Heimatmärkte für nahtlose [OCTGStandardrohre] und [projektbezogene Leitungsrohre] vorsah,... verstoßen.

32. Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung erstreckte sich die Zuwiderhandlung im Fall von Mannesmann, Vallourec, Dalmine, Sumitomo, Nippon, der Kawasaki Steel Corp. und der NKK Corp. auf den Zeitraum 1990 bis 1995 und im Fall von Corus auf den Zeitraum von 1990 bis Februar 1994.

33. Die weiteren einschlägigen Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung lauten:

Artikel 2

(1) [Mannesmann], [Vallourec], [Corus] und [Dalmine] haben gegen Artikel 81 Absatz 1 EGVertrag verstoßen, indem sie im Rahmen der in Artikel 1 erwähnten Zuwiderhandlung Verträge abgeschlossen haben, die zu einer Aufteilung der Glattendrohrlieferungen an [Corus] (ab 1994 [Vallourec]) geführt haben.

(2) Im Falle von [Corus] dauerte die Zuwiderhandlung vom 24. Juli 1991 bis Februar 1994, im Falle von [Vallourec] vom 24. Juli 1991 bis 30. März 1999, im Falle von [Dalmine] vom 4. Dezember 1991 bis 30. März 1999 und im Falle von [Mannesmann] vom 9. August 1993 bis 24. April 1997.

...

Artikel 4

Gegen die in Artikel 1 genannten Unternehmen werden wegen der dort bezeichneten Zuwiderhandlung folgende Geldbußen verhängt:

1. [Mannesmann] 13 500 000 EUR

2. [Vallourec] 8 100 000 EUR

3. [Corus] 12 600 000 EUR

4. [Dalmine] 10 800 000 EUR

5. [Sumitomo] 13 500 000 EUR

6. [Nippon] 13 500 000 EUR

7. [Kawasaki Steel Corp.] 13 500 000 EUR

8. [NKK Corp.] 13 500 000 EUR

...

F - Verfahren vor dem Gericht

34. Mit sieben Klageschriften, die zwischen dem 28. Februar und dem 3. April 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben Mannesmann, Corus, Dalmine, NKK Corp., Nippon, Kawasaki Steel Corp. und Sumitomo gegen die angefochtene Entscheidung Klagen erhoben.

35. Mit drei Beschlüssen vom 23. April 2002 ist die EFTAÜberwachungsbehörde nach Artikel 116 § 6 der Verfahrensordnung des Gerichts in den Rechtssachen T68/00, T71/00 und T78/00 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen worden.

36. Mit Beschluss vom 18. Juni 2002 sind gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten die sieben Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und die vier Rechtssachen, in denen die Klägerinnen japanische Unternehmen sind (T67/00, T68/00, T71/00 und T78/00), auch zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden. Nach diesen Verbindungen konnten die Klägerinnen in den sieben Rechtssachen sämtliche Akten des vorliegenden Verfahrens bei der Kanzlei des Gerichts einsehen. Es sind ferner prozessleitende Maßnahmen erlassen worden.

37. Das Gericht (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Verfahrensbeteiligten, darunter die EFTAÜberwachungsbehörde als Streithelferin in den Rechtssachen T68/00, T71/00 und T78/00, haben in der Sitzung vom 19., 20. und 21. März 2003 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Verfahrensbeteiligten

38. In der Rechtssache T67/00 beantragt die NKK Corp.,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betrifft;

- die gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären;

- hilfsweise für den Fall, dass die angefochtene Entscheidung ganz oder teilweise aufrechterhalten werden sollte, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen;

- der Kommission ihre Kosten im vorliegenden Verfahren aufzuerlegen;

- nötigenfalls weitere Anordnungen zu erlassen, um dem Urteil Wirksamkeit zu verschaffen.

39. In der Rechtssache T68/00 beantragt Nippon,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese sie betrifft;

- die gegen sie verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder jedenfalls herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

40. In der Rechtssache T71/00 beantragt die Kawasaki Steel Corp.,

- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

- hilfsweise, die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

41. In der Rechtssache T78/00 beantragt Sumitomo,

- die Artikel 1 bis 5 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit diese Artikel sie betreffen;

- hilfsweise, Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 13,5 Millionen Euro verhängt wird, und eine wesentlich niedrigere Geldbuße festzusetzen;

- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

42. In allen vier Rechtssachen beantragt die Kommission,

- die Klage abzuweisen;

- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Zu den Auswirkungen des Zusammenschlusses zwischen der Kawasaki Steel Corp. und der NKK Corp.

43. Mit gesonderten Schreiben vom 9. Mai 2003 haben die NKK Corp. und die Kawasaki Steel Corp. dem Gericht mitgeteilt, dass sie im Rahmen eines Zusammenschlusses der beiden Konzerne, denen sie angehören, ihren Namen geändert hätten und nunmehr JFE Steel Corp. hießen. Nach Prüfung der ihren Schreiben beigefügten Unterlagen über die Namensänderung ersuchte die Kanzlei des Gerichts die beiden Klägerinnen und die Kommission um eine Stellungnahme, welche Lage sich aus dem Zusammenschluss ergebe. Die beiden Klägerinnen haben darauf mit Schreiben jeweils vom 11. September 2003 und die Kommission mit Schreiben vom 22. September 2003 geantwortet.

44. Aus den genannten Unterlagen und diesen Antworten ergibt sich, dass die Kawasaki Steel Corp. ihren Namen geändert hat und so zur JFE Steel Corp. geworden ist, während die NKK Corp. in JFE Engineering Corp. umbenannt wurde. In ihren beiden Schreiben vom 11. September 2003 tragen die beiden Klägerinnen indessen vor, dass die Rechte und Pflichten des Stahlunternehmens der NKK Corp. auf die JFE Steel Corp. übergegangen seien.

45. Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Gemeinschaftsgerichte zwar die Namensänderung einer Partei berücksichtigen können.

46. Ebenso ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine von dem Adressaten eines Rechtsakts erhobene Nichtigkeitsklage von seinem alleinigen Rechtsnachfolger fortgeführt werden kann, so etwa beim Tode einer natürlichen Person oder beim Untergang einer juristischen Person unter gleichzeitiger Übertragung aller ihrer Rechte und Pflichten auf einen neuen Inhaber (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 20. Oktober 1983 in der Rechtssache 92/82, Gutmann/Kommission, Slg. 1983, 3127, Randnr. 2, und vom 23. April 1986 in der Rechtssache 294/83, Les Verts/Parlament, Slg. 1986, 1339, Randnrn. 13 bis 18). In einem solchen Fall tritt der alleinige Rechtsnachfolger von Rechts wegen und zwangsläufig uneingeschränkt in die Rechtsstellung seines Vorgängers als Adressat des angefochtenen Rechtsakts ein.

47. Dagegen besitzt der Gemeinschaftsrichter weder im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG noch selbst bei der Ausübung seiner unbeschränkten Ermessensnachprüfung von Zwangsmaßnahmen gemäß Artikel 229 EG eine Zuständigkeit dafür, die Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans durch den Austausch ihres Adressaten gegen eine andere natürliche oder juristische Person zu ändern, solange der Adressat noch existiert. Diese Zuständigkeit besitzt von vornherein allein das Organ, das die fragliche Entscheidung erlassen hat. Hat also das zuständige Organ eine Entscheidung bereits erlassen und damit die Person identifiziert, an die die Entscheidung zu richten war, so ist es nicht Sache des Gerichts, diese Person durch eine andere zu ersetzen.

48. Es ist ferner zu berücksichtigen, dass eine Klage, die eine Person als Adressat eines Rechtsakts zur Geltendmachung ihrer Rechte durch einen Nichtigkeitsantrag nach Artikel 230 EG und/oder einen Änderungsantrag nach Artikel 229 EG erhebt, nicht auf einen Dritten übertragen werden kann, der nicht Adressat des Rechtsakts ist. Würde eine solche Übertragung zugelassen, so entstuende nämlich eine Abweichung zwischen der Eigenschaft, in der die Klage erhoben wurde, und der Eigenschaft, in der sie vorgeblich weiterverfolgt wird. Damit entstuende überdies eine Disparität zwischen der Identität des Adressaten des Rechtsakts und der Person, die im gerichtlichen Verfahren als Adressat auftritt.

49. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Entscheidung wie die angefochtene Entscheidung, obgleich sie in Form nur einer Entscheidung abgefasst und veröffentlicht worden ist, ein Bündel von Einzelentscheidungen darstellt, mit denen gegenüber jedem der Unternehmen, die Adressaten der Entscheidung sind, festgestellt wird, welche Zuwiderhandlung oder Zuwiderhandlungen es begangen hat, und gegebenenfalls eine Geldbuße gegen es festgesetzt wird. Diese Regel ergibt sich aus dem Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache T227/95 (AssiDomän Kraft Products u. a./Kommission, Slg. 1997, II1185, Randnr. 56) in Verbindung mit dem im Rechtsmittelverfahren ergangenen Urteil des Gerichtshofes vom 14. September 1999 in der Rechtssache C310/97 P (Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., Slg. 1999, I5363, Randnr. 49). Im vorliegenden Fall war und bleibt damit die NKK Corp. die alleinige Adressatin der an sie gerichteten Entscheidung, während die Kawasaki Steel Corp. die Adressatin einer im selben Rechtsakt enthaltenen, jedoch rechtlich gesonderten Entscheidung ist.

50. Zwar kann schließlich die Person, die die Verantwortung für die Geschäftstätigkeiten eines Unternehmens übernommen hat, im Verwaltungsverfahren vor der Kommission durch eine entsprechende Erklärung die Verantwortung für Handlungen übernehmen, die dem wirklichen Verantwortlichen zur Last gelegt werden, obwohl grundsätzlich die natürliche oder juristische Person, die das betreffende Unternehmen zum Zeitpunkt der Zuwiderhandlung leitete, für diese einzustehen hat (in diesem Sinne, wenn auch mit Rechtsmittel angefochten, Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2001 in den Rechtssachen T45/98 und T47/98, Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, Slg. 2001, II3757, Randnrn. 57 und 62). Wie sich aus den vorstehenden Erwägungen in den Randnummern 46 bis 49 ergibt, kann eine solche Erklärung jedoch, wenn eine Entscheidung der Kommission bereits ergangen ist, weder die Identität ihres Adressaten noch, wenn gegen die Entscheidung bereits eine Nichtigkeitsklage erhoben wurde, die Identität der Klägerin ändern.

51. Im Ergebnis ist damit zwar die Umbenennung der Kawasaki Steel Corp. in JFE Steel Corp. und der NKK Corp. in JFE Engineering Corp. zu berücksichtigen. Jedoch kann in der Rechtssache T67/00 die JFE Engineering Corp. nicht durch die JFE Steel Corp. ersetzt werden, und zwar ungeachtet der Wirkungen, die der zwischen diesen beiden Gesellschaften geschlossene Fusionsvertrag im japanischen Recht hat. Somit bleibt die JFE Steel Corp. (im Folgenden: JFEKawasaki) die Klägerin in der Rechtssache T71/00, während die JFE Engineering Corp. (im Folgenden: JFENKK) weiterhin die Klägerin in der Rechtssache T67/00 ist.

Begründetheit

A - Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, insbesondere ihres Artikels 1

52. Die japanischen Klägerinnen tragen dreizehn gesonderte Nichtigkeitsgründe vor. Dabei werden manche dieser Klagegründe von mehreren japanischen Klägerinnen oder von ihnen allen geltend gemacht.

1. Zum ersten Klagegrund, wonach die Kommission das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung nicht rechtlich hinreichend bewiesen habe

53. Dieser Klagegrund wird von allen vier japanischen Klägerinnen geltend gemacht.

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

54. Die japanischen Klägerinnen äußern sich vorab zu Fragen der Beweisführung im Falle eines Verstoßes gegen Artikel 81 Absatz 1 EG. In der Sache gliedert sich der Klagegrund sodann in drei Teile.

55. So machen sie erstens geltend, dass sich die fehlenden japanischen Ausfuhren auf die europäischen Festlandmärkte (im Folgenden auch: OnshoreMärkte) aus objektiven Handelserwägungen erklärten, während die behauptete Übereinkunft andererseits unvereinbar gewesen wäre mit ihren bedeutenden Lieferungen der fraglichen Erzeugnisse auf den Markt des vom Vereinigten Königreich genutzten Nordsee-Festlandsockels (im Folgenden: OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs oder britischer OffshoreMarkt), so dass die ihnen angelastete Zuwiderhandlung jedenfalls keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen hätte entfalten können. Zweitens belegten die von der Kommission zusammengetragenen Beweise weder das Vorliegen der behaupteten Übereinkunft selbst noch, falls diese nachgewiesen wäre, die Beteiligung einer der Klägerinnen daran. Drittens sei die von der Kommission vorgenommene Analyse der Ziele der Glattendrohr-Lieferverträge, die von den europäischen Herstellern geschlossen worden seien und die die vorgebliche Zuwiderhandlung gemäß Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung bildeten, in sich unstimmig. Diese Analyse lasse zugleich deutlich werden, dass auch das Vorbringen der Kommission zur Beteiligung der japanischen Klägerinnen an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung unbegründet sei.

- Vorbemerkungen

56. Sumitomo und JFENKK machen geltend, dass die Beweislast für alle Tatbestandsmerkmale einer Zuwiderhandlung bei der Kommission liege (Schlussanträge von Generalanwalt Slynn vom 8. Februar 1983 in der Rechtsache 100/80 bis 103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, 1914; Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C185/95 P, Baustahlgewebe/Kommission, Slg. 1998, I8417, Randnr. 58, und vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C49/92 P, Kommission/Anic Partecipazioni, Slg. 1999, I4125, Randnr. 86). Das Bestehen eines Zweifels komme daher den Unternehmen zugute, die der Beteiligung an einer Zuwiderhandlung beschuldigt würden (Urteile des Gerichtshofes vom 16. Dezember 1975 in den Rechtssachen 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Suiker Unie u. a./Kommission, Slg. 1975, 1663, Randnrn. 203, 304, 359 und 363, und vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnr. 265; Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Vesterdorf vom 10. Juli 1991 in der Rechtssache T1/89, Rhône-Poulenc/Kommission, Slg. 1991, II867, II-869, II-954). Daher sei es Sache der Kommission, das Vorliegen der von ihr vorgebrachten Umstände so nachzuweisen, dass jeder vernünftige Zweifel ausgeschlossen werde (Schlussanträge von Generalanwalt Darmon vom 7. Juli 1992 in den Rechtssachen C89/85, C104/85, C114/85, C116/85, C117/85 und C125/85 bis C129/85, Ahlström Osakeytiö u. a./Kommission, Zellstoff II, Slg. 1993, I1307, Nr. 195). Umgekehrt brauche ein Kläger nur nachzuweisen, dass die Entscheidung, die eine Zuwiderhandlung feststelle, auf einer unsicheren Grundlage beruhe, um ihre Nichtigerklärung zu erreichen (Schlussanträge von Generalanwalt Slynn in der Rechtssache Musique diffusion française u. a. /Kommission, Slg. 1983, 1825, 1931).

57. Weiterhin müsse die Kommission, um das Vorliegen einer Zuwiderhandlung zu beweisen, genaue und übereinstimmende Beweise beibringen, die die feste Überzeugung begründeten, dass die Zuwiderhandlung wirklich begangen worden sei (Urteile des Gerichtshofes vom 28. März 1984 in den Rechtssachen 29/83 und 30/83, CRAM und Rheinzink/Kommission, Slg. 1984, 1679, Randnr. 20, und in der Rechtssache Zellstoff II, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 127; Urteile des Gerichts vom 10. März 1992 in den Rechtssachen T68/89, T77/89 und T78/89, SIV u. a./Kommission, Slg. 1992, II1403, insbesondere Randnrn. 193 bis 195, 198 bis 202, 205 bis 210, 220 bis 232, 249, 250 und 322 bis 328, und vom 6. Juli 2000 in der Rechtssache T62/98, Volkswagen/Kommission, Slg. 2000, II2707, Randnrn. 43 und 72). Diese Beweise müssten insbesondere die Feststellung ermöglichen, dass die beanstandeten Zuwiderhandlungen eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG darstellten. Dieses Erfordernis sei insbesondere dann nicht erfuellt, wenn eine andere plausible Erklärung gegeben werden könne, die einen Verstoß gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln ausschließe (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache CRAM und Rheinzink/Kommission, Randnrn. 16 ff.; Urteile des Gerichts vom 21. Januar 1999 in den Rechtssachen T185/96, T189/96 und T190/96, Riviera Auto Service u. a./Kommission, Slg. 1999, II93, Randnr. 47, und in der Rechtssache Volkswagen/Kommission).

58. Darüber hinaus müssten die beigebrachten Beweise die erwähnten Kriterien der Genauigkeit und Übereinstimmung hinsichtlich jedes Tatbestandsmerkmals der festgestellten Zuwiderhandlung erfuellen, insbesondere hinsichtlich der Identität der Parteien und ihrer Beteiligung an der Zuwiderhandlung (Urteile Zellstoff II, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 69, und Kommission/Anic Partecipazioni, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 87; Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T295/94, Buchmann/Kommission, Slg. 1998, II813, Randnr. 121), der betroffenen Erzeugnisse oder Dienstleistungen (Urteile Suiker Unie u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnrn. 301 bis 304, und SIV u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnrn. 175 bis 194 und 324), der zwischen den Parteien vereinbarten Beschränkungen (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-337/94, Enso-Gutzeit/Kommission, Slg. 1998, II-1571, Randnrn. 102 bis 150) und der Dauer der Zuwiderhandlung (Urteile des Gerichts vom 7. Juli 1994 in der Rechtssache T43/92, Dunlop Slazenger/Kommission, Slg. 1994, II441, Randnr. 79, und Volkswagen/Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnr. 188). Was insbesondere die Dauer der Zuwiderhandlung betreffe, müssten entweder unmittelbare Beweise oder hinreichend zeitnahe Beweise erbracht werden, also zeitgleiche Beweise.

59. JFENKK macht insbesondere geltend, dass sich die Kommission nach dem Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-348/94 (Enso Española/Kommission, Slg. 1998, II-1875, Randnrn. 160 bis 171) auf konkrete Beweise stützen müsse und sich nicht mit bloßen Behauptungen über Inhalt und Gegenstand von Sitzungen begnügen dürfe, an denen Beteiligte an einer angeblichen Übereinkunft teilgenommen hätten.

60. Die Kommission weist zunächst darauf hin, dass die japanischen Klägerinnen, auch wenn sie mit ihrem Vorbringen die von der Kommission festgestellten Tatsachen in einem anderen Licht erscheinen ließen, damit doch nicht die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erreichen könnten. Das Vorbringen von JFENKK, das sich insbesondere auf die Urteile CRAM und Rheinzink/Kommission (zitiert oben in Randnr. 57) und Zellstoff II (zitiert oben in Randnr. 56, Randnrn. 126 und 127) stütze, wäre nur einschlägig, wenn eine Entscheidung der Kommission ausschließlich auf der Annahme beruhe, dass die festgestellten Tatsachen nicht anders als durch eine Abstimmung zwischen den Unternehmen erklärt werden könnten. Das sei aber hier nicht der Fall.

61. Auch das Vorbringen, wonach die Kommission das Vorliegen der von ihr behaupteten Zuwiderhandlung jenseits aller vernünftigen Zweifel nachzuweisen habe, sei nicht begründet. Es sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof der in der Rechtssache Zellstoff II (zitiert oben in Randnr. 56) von Generalanwalt Darmon in seinen Schlussanträgen vorgeschlagenen Auslegung des Begriffes hinreichend eindeutige[r] und übereinstimmende[r] Beweise nicht gefolgt sei. Ebenso habe es das Gericht in seinem Urteil vom 20. April 1999 in den Rechtssachen T305/94 bis T307/94, T313/94 bis T316/94, T318/94, T325/94, T328/94, T329/94 und T335/94 (Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, PVC II, Slg. 1999, II931) vorgezogen, global festzustellen, ob die im gegebenen Fall herangezogenen Beweise für den Nachweis des Vorliegens der Zuwiderhandlung ausreichend seien. Was insbesondere die Dauer der Zuwiderhandlung angehe, so würden Eindeutigkeit und Übereinstimmung nicht für den Nachweis des Vorliegens der Zuwiderhandlung gefordert, sondern dienten ausschließlich der Feststellung, inwieweit die Geldbuße der Dauer angepasst werden müsse. Auf jeden Fall sei der genaue Zeitpunkt des Beginns der Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall unerheblich, soweit er vor 1990 liege, da die Kommission die Zuwiderhandlung für die Bemessung der Geldbuße erst von diesem Zeitpunkt an berücksichtigt habe.

Zum ersten Teil des Klagegrundes, wonach das Bestehen der behaupteten Übereinkunft mit der vorhandenen Lage auf dem britischen OffshoreMarkt und den übrigen europäischen Märkten unvereinbar gewesen wäre

62. Die japanischen Klägerinnen machen im Wesentlichen geltend, dass das Bestehen von Handelsbarrieren für die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte eine glaubhafte andere Erklärung für die fehlenden japanischen Verkäufe auf den europäischen Märkten bilde. Da die Erwägungen der Kommission auf der Annahme beruhten, die fehlenden Verkäufe könnten nicht anders erklärt werden als durch eine Abstimmung zwischen den Beteiligten der inkriminierten Übereinkunft, sei Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung nach den Kriterien, die in den Urteilen CRAM und Rheinzink/Kommission (zitiert oben in Randnr. 57, Randnr. 16), Zellstoff II (zitiert oben in Randnr. 56, Randnrn. 126 und 127) und PVC II (zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 725) entwickelt worden seien, für nichtig zu erklären.

63. Es bestehe ein tief greifender Widerspruch zwischen der Behauptung, dass die japanischen Hersteller an einer Übereinkunft beteiligt gewesen seien, mit der sie sich verpflichtet hätten, von einer Belieferung des europäischen Marktes Abstand zu nehmen, und ihrem tatsächlichen Marktverhalten. Entgegen der Darstellung der Kommission zeige eine Prüfung der Handelsströme zwischen Japan und Europa, dass die japanischen Hersteller den europäischen Herstellern einen heftigen Wettbewerb auf den OffshoreMärkten insbesondere des Vereinigten Königreichs und Norwegens geliefert hätten, die zusammen aus objektiven geschäftlichen Gründen den einzigen Markt darstellten, der für diese Hersteller von Bedeutung sei. Im Übrigen betreffe die Nachfrage auf dem britischen OffshoreMarkt im Wesentlichen OCTGPremiumrohre und nicht die in der Entscheidung genannten OCTGStandardrohre. Die Kommission habe zumindest einen Fehler bei der Beurteilung und Einstufung der Tatsachen begangen, indem sie in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen einer Zuwiderhandlung sowohl für die europäischen OffshoreMärkte als auch für die europäischen OnshoreMärkte festgestellt habe.

64. Nippon stellt die Frage, wie es denn angesichts der in der vorstehenden Randnummer beschriebenen Umstände überhaupt vorstellbar sein solle, dass die japanischen Hersteller an einer Absprache mit den europäischen Herstellern beteiligt gewesen sein sollten, mit der ihnen verboten worden wäre, ihre Erzeugnisse auf die europäischen Märkte zu liefern. JFE-Kawasaki und Sumitomo weisen darauf hin, dass nach der Tabelle in Randnummer 68 der angefochtenen Entscheidung kein einziger einheimischer Hersteller bei OCTGRohren und Leitungsrohren auf seinem einheimischen Markt einen Marktanteil von 100 % erreicht habe. Insbesondere auf dem Markt des Vereinigten Königreichs hätten die Einfuhren dieser Erzeugnisse zwischen 16 % und 22 % gelegen. Auf das Vorbringen der Kommission, dies liege an der besonderen Stellung des britischen Marktes im Sinne eines bloßen Teilschutzes nach den Grundregeln, entgegnet JFENKK, dass der französische Markt, der keine solche Stellung gehabt habe, 1991 einen weniger wirksamen und 1994 einen gleichwertigen Schutz aufgewiesen habe, wie die erwähnte Tabelle zeige. Dass die japanischen Hersteller die in der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte während einiger Jahre des von der Kommission herangezogenen Zeitraums auf einigen europäischen Märkten überhaupt nicht verkauft hätten, erklärt sich für JFENKK aus den Schwankungen beim Absatz dieser Produkte, deren Verbrauch stark von der Tätigkeit in den Sektoren Erdöl und Gas abhängig sei.

65. Sumitomo räumt ausdrücklich ein, dass ihr Vorbringen zu den Auswirkungen der Übereinkunft im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes nur erheblich sei, wenn das Gericht davon ausgehe, dass die Kommission das Vorliegen der Zuwiderhandlung mit den in der angefochtenen Entscheidung angeführten Urkundsbeweisen rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen habe. Sie weist insoweit darauf hin, dass sich die Kommission hauptsächlich auf den Zweck der Übereinkunft und nur hilfsweise auf deren Wirkungen gestützt habe.

66. Zum Vorbringen der Kommission, dass nach Randnummer 1088 des Urteils des Gerichts vom 15. März 2000 in den Rechtssachen T25/95, T26/95, T30/95 bis T32/95, T34/95 bis T39/95, T42/95 bis T46/95, T48/95, T50/95 bis T65/95, T68/95 bis T71/95, T87/95, T88/95, T103/95 und T104/95 (Cimenteries CBR u. a./Kommission, Zement, Slg. 2000, II491) eine Zuwiderhandlung besonders schwer sei, wenn durch eine Übereinkunft der geringe Wettbewerb, den es auf dem Markt noch gebe, beseitigt werden solle, weist JFEKawasaki darauf hin, dass der vorliegende Fall den Umständen nach ganz anders liege als der Sachverhalt der Rechtssachen Zement. Im vorliegenden Fall habe innerhalb Europas zumindest auf struktureller Ebene wegen der Präsenz von vier großen Gemeinschaftsherstellern ein lebhafter Wettbewerb geherrscht, weshalb jeder potenzielle japanische Wettbewerb ohnehin vernachlässigenswert gewesen wäre. In den Rechtssachen Zement habe hingegen eine Reihe geschlossener Flächenmonopole vorgelegen.

67. JFEKawasaki führt aus, dass schon nach den Randnummern 61 bis 77 der angefochtenen Entscheidung selbst die Grundregeln den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs und auch die übrigen OffshoreMärkte der Gemeinschaft nicht betroffen hätten. Insbesondere aus Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung ergebe sich, dass die Grundregeln für die Lage auf den Heimatmärkten gegolten hätten, während der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs eine besondere, so genannte teilgeschützte oder beschränkt geschützte Stellung eingenommen habe. Die Behauptung in Randnummer 102 der angefochtenen Entscheidung, dass die an der Übereinkunft Beteiligten auf die Belieferung der Heimatmärkte mit den betreffenden Rohren hätten verzichten müssen, sei mit der hybriden Stellung unvereinbar, die dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs in Randnummer 62 zugeschrieben werde.

68. Die Lieferungen von unlegierten nahtlosen Stahlrohren aus Japan auf den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs seien durch ihre Dauerhaftigkeit und ihren Umfang gekennzeichnet. Nippon stützt sich insoweit auf die Tabelle in Randnummer 68 der angefochtenen Entscheidung, der zu entnehmen sei, dass die japanischen Klägerinnen große Mengen nahtloser Stahlrohre auf dem Markt des Vereinigten Königreichs abgesetzt hätten. Der Umstand, dass diese Zahlen alle Stahlrohre und nicht nur die in der angefochtenen Entscheidung genannten beträfen, schränke ihre Aussagekraft nicht ein und beruhe darauf, dass die japanischen Hersteller den Festlandsockel des Vereinigten Königreichs mit mehreren Sorten von Stahlrohren beliefert hätten, nämlich OCTGStandardrohren, Leitungsrohren und OCTGPremiumrohren. Nippon beruft sich ferner auf die von den japanischen Zollbehörden festgehaltenen Exportumfänge der Jahre 1988 bis 1996 und Statistiken des japanischen Verbandes der Stahlexporteure für die Jahre 1977 bis 1987, die das Vorliegen eines solchen Wettbewerbs belegten. Auch Sumitomo meint, dass ihre Rohrverkäufe auf den Märkten der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf dem Festlandsockel des Vereinigten Königreichs, durchaus umfangreich gewesen seien, und legt hierfür Beweismittel vor. Sie bestreitet insbesondere die Zahl von 230 000 Tonnen, die die Kommission als durchschnittliche Jahresverkäufe an Leitungsrohren durch die Mitglieder des Europäisch-Japanischen Clubs auf den betreffenden Gemeinschaftsmärkten ermittelt haben wolle. Die von allen Mitgliedern erzielten Umsätze beliefen sich auf 71 000 Tonnen Leitungsrohre jährlich. JFENKK verweist ihrerseits auf die ausführlichen Zahlen, die sie der Kommission auf deren Auskunftsverlangen hin geliefert habe und denen zu entnehmen sei, dass sie keineswegs davon Abstand genommen habe, während des angeblichen Zeitraums der Zuwiderhandlung Rohre auf den europäischen Märkten abzusetzen. JFEKawasaki weist darauf hin, dass ihre Umsätze zwar auf allen europäischen Märkten bescheiden geblieben seien, dass sie aber gleichwohl große Anstrengungen in diese Richtung unternommen habe, vor allem auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs.

69. Außerdem werde ein lebhafter Wettbewerb durch die japanischen Hersteller insbesondere auf dem Markt des Vereinigten Königreichs explizit durch die Beweisdokumente belegt, die die Kommission während ihrer Untersuchung bei den europäischen Herstellern zusammengetragen habe. Insbesondere das in der Kommissionsakte auf S. 4902 enthaltene Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden (Paper for Presidents) spreche von der gegenwärtige[n] Aggression [der Japaner] bei den... OCTG[Rohren], und die fünf Vermerke von Vallourec - vom 23. März 1990 mit der Überschrift Überlegungen zur Verlängerung des VAMVertrags (S. 15622 der Kommissionsakte, im Folgenden: Vermerk Überlegungen zum VAM-Vertrag), vom 2. Mai 1990 mit der Überschrift Strategische Überlegungen zu den Beziehungen der VLR (S. 15610 der Kommissionsakte, im Folgenden: Vermerk Strategische Überlegungen), vom 1. Juni 1990 mit der Überschrift Verlängerung des VAM-Vertrags mit BSC (S. 15591 der Kommissionsakte), der Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 und schließlich der undatierte Vermerk mit der Überschrift Unterredung mit BSC (S. 15596 der Kommissionsakte) - bestätigten allesamt, dass Vallourec die Umsätze der japanischen Hersteller auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs als sehr Besorgnis erregend empfunden habe. Auch ein Fax von Mannesmann vom 16. August 1993 (S. 2493 der Kommissionsakte) spreche von einer japanischen Preiskonkurrenz, die es für Mannesmann uninteressant mache, sich an bestimmten Ausschreibungen zu beteiligen.

70. Außerdem ergebe sich aus dem vom 6. Juni 1994 datierenden Schreiben des Verbindungsausschusses der Stahlrohrindustrie der Europäischen Gemeinschaft an die Kommission (S. 5243 der Kommissionsakte, im Folgenden: Schreiben des Verbindungsausschusses vom 6. Juni 1994) und dem Protokoll über die Sitzung dieses Ausschusses vom 24. August 1994 (S. 5103 der Kommissionsakte), dass die europäischen Hersteller die japanischen Unternehmen als aggressive Wettbewerber betrachtet und ihre umfangreichen Verkäufe als Bedrohung ihrer eigenen Position auf dem OffshoreMarkt der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft empfunden hätten. Das Sitzungsprotokoll des Verbindungsausschusses vom 24. August 1994 belege auch, dass sich die Marktanteile der japanischen Hersteller auf den OffshoreMärkten der Gemeinschaft und der FaroeerInseln bei OCTGRohren sämtlicher Stahlarten auf 25 % und auf den OffshoreMärkten der Gemeinschaft und Norwegens bei OCTGRohren aus unlegiertem Stahl auf 34 % belaufen habe. Sumitomo verweist zur Bedeutung der japanischen Einfuhren ferner auf ein in der Kommissionsakte auf S. 4723 enthaltenes, vom 5. Oktober 1994 datierendes Fax des Europäischen Stahlrohrverbandes (vormals Verbindungsausschuss der Stahlrohrindustrie der Europäischen Gemeinschaft) sowie auf einen nicht datierten Entwurf eines Schreibens an Herrn Large bei der Kommission (S. 4725 der Kommissionsakte). Auch die Erklärungen der europäischen Hersteller im Verwaltungsverfahren - insbesondere die Antworten von Dalmine vom 29. Mai 1997 auf die Fragen der Kommission gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 (S. 15162 der Kommissionsakte, im Folgenden: Antworten von Dalmine vom 29. Mai 1997) und die von Corus vom 13. August 1997 (S. 11916 der Kommissionsakte, im Folgenden: Antworten von Corus) - bestätigten diese Auffassung. Insbesondere die Antworten von Corus belegten, dass die japanischen Hersteller am OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs interessiert gewesen seien. Nippon weist darauf hin, dass laut dem Dokument g) Japaner (g] Japanese document), das in der Kommissionsakte auf S. 4909 enthalten sei und von einem der europäischen Unternehmen stamme, Nippon Steel... auf dem Festlandsockel des Vereinigten Königreichs immer aggressiver [werde]....

71. Für die japanischen Hersteller ist der Umstand, dass sie auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs große Mengen von Stahlrohren, insbesondere OCTGPremiumrohre und projektbezogene Leitungsrohre, abgesetzt hätten, ohne jedoch signifikante Mengen dieser Erzeugnisse auf den OnshoreMärkten der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft verkauft zu haben, vollkommen logisch und, anders als die Kommission meine, mit dem Nichtvorliegen der angeblichen Übereinkunft ohne weiteres vereinbar. So seien diese Produkte, wenn sie für OffshoreVerwendungen bestimmt seien, von hoher Qualität und sehr teuer. Außerdem sei es für ausländische Hersteller ganz allgemein leichter, mit lokalen Herstellern bei differenzierten Produkten wie OCTGPremiumrohren zu konkurrieren als bei homogenen Produkten wie OCTGStandardgewinderohren.

72. Überdies stelle der NordseeFestlandsockel und insbesondere der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs den größten Teil des europäischen Stahlrohrmarktes dar, wie das Dokument g) Japaner belege. Die gemeinschaftlichen OnshoreMärkte für diese Produkte seien daher relativ begrenzt. Sie erschienen daher nicht sehr rentabel. Außerdem herrschten auf dem britischen OffshoreMarkt ganz andere Wettbewerbsbedingungen als auf den OnshoreMärkten der Gemeinschaft. Die japanischen Verkäufe auf den letztgenannten Märkten seien durch das Zusammenwirken verschiedener Handelshindernisse beeinträchtigt worden, die es auf dem britischen OffshoreMarkt überwiegend nicht gebe. Die Kommission habe dies übergangen und es versäumt, in der angefochtenen Entscheidung zwischen den Offshore und den OnshoreMärkten zu unterscheiden. Laut Nippon sind die OnshoreMärkte wegen dieser Hindernisse den japanischen Herstellern praktisch verschlossen gewesen, jedenfalls wenn man sie insgesamt betrachte. Für Sumitomo wird dies hinsichtlich OCTGStandardrohren durch das Schreiben eines Unternehmens belegt, das diese Produktart kaufe; das Schreiben bestätige, dass japanische Hersteller ihm diese Ware zum Kauf angeboten hätten, dass aber der vorgeschlagene Preis nicht interessant und die Lieferfristen länger seien als die der europäischen Hersteller. Der Hinweis auf japanische Hersteller auf der InternetSeite desselben Unternehmens, auf den sich die Kommission berufe, betreffe OCTGPremiumrohre und nicht OCTGStandardrohre.

73. Hinsichtlich der Handelshindernisse, die der Einfuhr von japanischen Rohren in die Europäische Gemeinschaft entgegenstuenden, tragen die japanischen Klägerinnen erstens vor, dass ein solches Hindernis in der traditionellen Handelspolitik der Gemeinschaft liege, die die europäischen Märkte insbesondere durch Selbstbeschränkungsabkommen zwischen der Kommission und der japanischen Regierung habe schützen wollen. Ziel dieser Politik sei es im Wesentlichen gewesen, die bestehenden Handelsströme aufrechtzuerhalten. Sie hätten während der Geltung der Selbstbeschränkungsabkommen nahtlose Rohre nicht oder nur in sehr geringen Mengen auf die OnshoreMärkte der Gemeinschaft geliefert, was zeige, dass diese Politik sie entmutigt habe, ihre Produkte auf diese Märkte auszuführen.

74. Praktisch sei das erste Selbstbeschränkungsabkommen für Stahlrohre im März 1978 geschlossen worden. Das letzte Abkommen vom Dezember 1989 zur Verlängerung der Selbstbeschränkungspflicht sei bis Ende 1990 in Kraft geblieben. Die Kommission habe selbst in Randnummer 134 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass diese Abkommen die japanischen Hersteller davon abgehalten habe, ihre Stahlrohre vor 1990 nach Europa auszuführen. Auch nur die Möglichkeit einer ausreichenden Willensübereinstimmung im Sinne des Urteils des Gerichts vom 11. März 1999 in der Rechtssache T141/94 (Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 1999, II347, Randnr. 262) und des Urteils Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 917) sei daher bei den japanischen Herstellern in der Zeit, in der das Selbstbeschränkungsabkommen in Kraft gewesen sei, ausgeschlossen gewesen. JFENKK fügt hinzu, dass somit die Kommission selbst die japanischen Hersteller ermutigt habe, eben jene Handelspolitik zu verfolgen, die sie ihnen heute vorwerfe, obwohl sie nicht einmal einen Beweis für den Zeitpunkt beigebracht habe, zu dem die Selbstbeschränkungsabkommen ausgelaufen seien. Zur Stützung ihrer Anträge, die Geldbußen herabzusetzen, berufen sich die japanischen Klägerinnen allgemein darauf, dass die Selbstbeschränkungsabkommen verlängert worden seien (vgl. unten, Randnrn. 136 ff. und 511 bis 513).

75. Zweitens seien die japanischen Stahlrohrerzeuger durch die hohen Einfuhrzölle nach dem Gemeinsamen Zolltarif von der Ausfuhr unlegierter nahtloser Stahlrohre nach den OnshoreMärkten der Gemeinschaft abgehalten worden. Zwischen 1977 und 1994 hätten die Zölle für die Einfuhr nahtloser Stahlrohre auf die OnshoreMärkte der Gemeinschaft nie unter 9 % gelegen. Die Beteuerung der Kommission in Randnummer 138 der angefochtenen Entscheidung, sie habe diesen Faktor berücksichtigt, könne nicht begreiflich machen, warum nach Meinung der Kommission dieser Umstand nicht als Hindernis für die japanischen Verkäufe betrachtet werden könne. Sumitomo weist insoweit darauf hin, dass die lateinamerikanischen Hersteller im Rahmen eines Systems allgemeiner Präferenzen niedrigere Zölle gezahlt hätten. Während des Zeitraums, den die Kommission für die Zuwiderhandlung angesetzt habe, hätten ferner mehrere Freihandelsabkommen mit den Ländern Mittel und Osteuropas die auf Stahlerzeugnisse aus diesen Ländern erhobenen Zölle beseitigt. Die Einfuhren aus all diesen Drittländern seien folglich gegenüber den japanischen Einfuhren begünstigt worden.

76. Drittens hätten die Kosten für den Transport und bei Rohren für OnshoreEinsätze auch die Kosten der Beladung, der Entladung im Ankunftshafen der Gemeinschaft und der Lieferung zu Wasser oder über Land bis zum Bestimmungsort den Wettbewerbsnachteil der japanischen Stahlrohrhersteller gegenüber den europäischen Herstellern weiter verschärft, besonders auf den OnshoreMärkten der Gemeinschaft. Ferner seien die Transportkosten je Frachttonne wegen der geringen Bestellmengen auf den europäischen Onshore-Märkten noch höher gewesen. Die Transportpreise seien übrigens bei den von der angefochtenen Entscheidung betroffenen OCTGStandardrohren wegen deren relativ geringen Wertes in Prozenten des Rechnungspreises ohnehin besonders hoch. Hierfür nennen die japanischen Hersteller verschiedene Zahlen über tatsächlich erzielte Preise bei der Lieferung von nahtlosen Rohren nach Europa. Der Einwand der Kommission, dass die Frachten zusammengelegt werden könnten, um so die Transportkosten zu verringern, entkräfte ihren Standpunkt nicht, weil das Kostenniveau trotz dieser Möglichkeit eine Hemmschwelle bleibe. Die Bedeutung der Frachtkosten für die japanischen Hersteller sei auch in dem Schreiben des Verbindungsausschusses vom 6. Juni 1994 bestätigt worden, obwohl mit dem Schreiben eigentlich das Ziel verfolgt worden sei, die Kommission auf die schwere Bedrohung durch japanische Rohreinfuhren aufmerksam zu machen. Mittelbar sei dieser Umstand auch durch die Entscheidungspraxis der Kommission bestätigt worden, insbesondere durch die Entscheidung 93/247/EWG vom 12. November 1992 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (IV/M.222 - Mannesmann/Hoesch, Randnr. 102, ABl. 1993, L 114, S. 34). Ebenso sei der Entscheidung der Kommission vom 26. Februar 1998, mit der eine Fusion als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar genehmigt worden sei (IV/M.1014 - British Steel/Europipe, ABl. C 181, S. 3), zu entnehmen, dass bei Verkäufen geringer Mengen von schwach spezifizierten Produkten die Entfernung für Hersteller außerhalb der Gemeinschaft ein beträchtlicher Nachteil sei.

77. JFEKawasaki ergänzt zu diesem Punkt, dass die japanischen Hersteller nicht nur gegenüber den europäischen, sondern auch gegenüber den anderen Herstellern aus Drittländern benachteiligt seien. So lägen die Kosten für Fracht von Japan nach Italien oder dem Vereinigten Königreich um 40 % bis 50 % höher als für Fracht ab Argentinien. Gegenüber dem Vorbringen der Kommission, aus Anhang 5 der angefochtenen Entscheidung ergebe sich, dass der italienische Markt gegen japanische, nicht aber gegen Einfuhren aus Drittländern geschützt worden sei, verweist Sumitomo darauf, dass dieser Anhang sämtliche OCTG-Rohre und Leitungsrohre betreffe, so dass er für die Beurteilung der besonderen Situation bei den in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Produkten wertlos sei.

78. JFEKawasaki und JFENKK treten auch den Ausführungen der Kommission in Randnummer 137 der Entscheidung entgegen, wonach angesichts der strukturellen Überkapazitäten des Stahlrohrmarktes jeder Verkauf zu einem Preis über den Grenzkosten sinnvoll gewesen wäre, weil er zur Deckung der Fixkosten beigetragen hätte. Zum einen seien bei Stahlrohren die Transportkosten im Vergleich zu anderen Stahlprodukten wegen des hohen Raumbedarfs besonders hoch. Zum anderen berücksichtige die Kommission nicht, dass die japanischen Hersteller nur eine beschränkte Stahlproduktionskapazität und darum ein Interesse hätten, ihre Gewinne durch den Verkauf von möglichst vielen Stahlprodukten mit der höchsten Gewinnspanne zu maximieren. Die Möglichkeit, die Grenzkosten aus den Verkäufen eines besonderen Produkts zu decken, trage daher nicht den Schluss, dass die Durchführung solcher Verkäufe im geschäftlichen Interesse der japanischen Hersteller liege.

79. Auf das Argument der Kommission, bei Stahlerzeugnissen seien die Produktionskapazitäten spezialisiert, so dass sie nicht auf das Erzeugnis mit der höchsten Gewinnspanne ausgerichtet werden könnten, entgegnet JFEKawasaki, dass die erste Stufe des Produktionsprozesses für alle Stahlprodukte gleich sei. Gerade auf dieser Stufe aber seien ihre Kapazitäten begrenzt. Sumitomo macht weiter geltend, dass es Überkapazitäten sowohl bei europäischen als auch bei japanischen Herstellern gegeben habe. Dieser Umstand sei mithin neutral, und der Nachteil infolge der anderen aufgezeigten Faktoren bleibe bestehen, selbst wenn man annehme, dass die japanischen Hersteller Interesse an Verkäufen zu Preisen knapp unterhalb ihrer Grenzkosten gehabt hätten.

80. Viertens seien die japanischen Hersteller gegenüber ihren europäischen Konkurrenten auf der Ebene der Lieferfristen benachteiligt. Es dauere nämlich vier bis sechs Wochen, in Japan hergestellte Stahlrohre nach Europa zu transportieren. Wenn die Kommission in Randnummer 137 der angefochtenen Entscheidung darauf hinweise, dass die Lieferfristen kein Hindernis für japanische Einfuhren von OCTGPremiumrohren gewesen seien, die insbesondere auf dem Festlandsockel des Vereinigten Königreichs bei ganz bestimmten Vorhaben verwendet würden, so gelte dies nicht für OCTGStandardrohre. Es sei nämlich für einen Verwender von OCTGPremiumrohren teuer, Premiumverbindungen zu wechseln, sobald er sich erst einmal für die eine oder andere der von den einzelnen Herstellern angebotenen Verbindungen dieser Art entschieden habe, so dass auf diesem Markt die Bedeutung der Lieferfristen geringer sei. Auf dem Markt der OCTGStandardrohre hingegen stelle die Möglichkeit, Rohre innerhalb einer kürzeren Frist liefern zu können, einen erheblichen Vorteil dar. Bei projektbezogenen Leitungsrohren zwinge die besondere Behandlung, die bei ihnen erforderlich sei, den Lieferanten, sich innerhalb sehr strenger Fristen zu bewegen, so dass die Lieferfristen bei ihnen eine noch größere Bedeutung hätten. Da schließlich die OCTG-Produkte und die projektbezogenen Leitungsrohre unmittelbar an die Endverbraucher geliefert würden, könne dieses Hemmnis nicht durch mittelbare Verkäufe etwa an Großhändler umgangen werden.

81. Fünftens sei der Heimatmarkt jedes der vier Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, bei denen die umfangreichsten Onshore-Verkäufe möglich seien - Deutschland, Frankreich, Italien und das Vereinigte Königreich -, von einem einheimischen Hersteller beherrscht worden. Diese Lage sei nicht notwendig auf eine Marktaufteilungsabsprache zurückzuführen, da bestimmte objektive wirtschaftliche und sonstige Faktoren die einheimischen Hersteller begünstigten. Die Marktposition dieser einheimischen Hersteller sei insbesondere durch die Einkaufspolitik ihrer wichtigsten Kunden auf diesem Markt, den einheimischen Gasversorgungsunternehmen, die häufig öffentliche Unternehmen seien, gestärkt worden. Die Kommission habe das Vorliegen einer solchen Situation in ihrer Entscheidung 93/247 eingeräumt.

82. Beispielsweise habe Corus (ehemals British Steel) im maßgebenden Zeitraum besondere Beziehungen zu den Unternehmen British Gas und BP (ehemals British Petroleum) unterhalten, was für BP durch das in der Kommissionsakte auf S. 681 enthaltene Protokoll der technischen Abstimmungssitzung BP engineering/British Steel (Minutes of technical liaison meeting by BP engineering/British Steel) belegt werde. Außerdem bewiesen die Aussagen der Belegschaftsmitglieder von Dalmine (S. 8220b, S4 der Kommissionsakte) zum einen, dass diese die Angestellten von AGIP, dem bedeutendsten Erdöl- und Gasunternehmen in Italien, bestochen hätten, um sicherzustellen, dass die Bestellungen dieses Unternehmens für nahtlose Stahlrohre nicht bei anderen Herstellern untergebracht würden, und zum anderen, dass AGIP ganz allgemein bemüht gewesen sei, italienische Hersteller zu bevorzugen. In gleicher Weise dokumentiere der Vermerk Treffen mit Distrigaz (S. 2298 der Kommissionsakte) die Absicht des Unternehmens Distrigaz, keine Bestellung an Lieferanten außerhalb der Gemeinschaft zu vergeben. Ganz allgemein bestätige die Richtlinie 90/531/EWG vom 17. September 1990 des Rates betreffend die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 297, S. 1) in ihrer elften und zwölften Begründungserwägung, dass der Zugang zu öffentlichen Aufträgen in den Sektoren Gewinnung und Transport von und Versorgung mit Gas und Erdöl vor ihrem Inkrafttreten abgeschottet gewesen sei. Im Übrigen biete Artikel 29 dieser Richtlinie, der die Stellung der Hersteller von Drittländern für die Zukunft regele, diesen entgegen der Darstellung in der angefochtenen Entscheidung keinen gleichen Zugang zu europäischen öffentlichen Aufträgen. Laut JFENKK haben die japanischen Hersteller nicht in vollem Umfang Nutzen aus den Bestimmungen der Richtlinie 90/531 gezogen, weil das Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (im Anhang des Beschlusses 80/271/EWG des Rates vom 10. Dezember 1979 über den Abschluss der multilateralen Übereinkommen, die im Zuge der Handelsverhandlungen von 1973-1979 ausgehandelt wurden, ABl. 1980, L 71, S. 1) nicht für die Sektoren Prospektierung, Förderung und Transport von Erdöl und/oder Gas gelte.

83. Sechstens hätten die europäischen Unternehmen bei der Kommission Antidumpingbeschwerden eingereicht, um die nicht der Gemeinschaft angehörenden Hersteller von den Gemeinschaftsmärkten auszuschließen. So seien zwischen 1977 und 1998 sieben Verfahren gegen nicht der Gemeinschaft angehörende Hersteller von nahtlosen Stahlrohren eingeleitet worden, von denen nur eines abgeschlossen worden sei, ohne dass eine Verpflichtung eingegangen oder ein Zoll vorgeschrieben worden sei. Wenn auch keines der Antidumpingverfahren Einfuhren aus Japan gegolten habe, so sei dies doch für den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs unverdächtig, weil die Festlandsockel der Mitgliedstaaten außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der seinerzeit geltenden gemeinschaftlichen Antidumpingregelung gelegen hätten. Demgegenüber habe die Möglichkeit der Einleitung eines solchen Verfahrens für die Onshore-Märkte entgegen der Behauptung der Kommission in Randnummer 137 der angefochtenen Entscheidung auf die japanischen Importeure eine nachhaltig abschreckende Wirkung gehabt. Allein die bloße Einleitung eines Antidumpingverfahrens hätte wegen der Untersuchungsmaßnahmen der Kommission zu einer kostenaufwendigen Arbeitslast für die japanischen Hersteller geführt. Die Richtigkeit dieses Arguments werde laut dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden dadurch bestätigt, dass die europäischen Unternehmen erwogen hätten, die japanischen Unternehmen mit Antidumpingbeschwerden zu überziehen. Die europäischen Hersteller hätten zudem Druck auf die Kommission ausgeübt mit dem Ziel, das Zollgebiet der Gemeinschaft auf die OffshoreMärkte der Mitgliedstaaten auszudehnen, was vor allem das Schreiben des Verbindungsausschusses vom 6. Juni 1994 belege.

84. Siebtens hätten die Kosten im Zusammenhang mit der ständigen Beachtung der verschiedenen nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die sehr unterschiedlichen Bedingungen für die Erteilung von Lizenzen weitere wichtige Handelshindernisse dargestellt. Die APIStandards stellten lediglich eine Grundnorm dar, so dass auch nationale Regeln zu beachten seien, ja sogar zusätzliche Normierungsvorschriften, deren Einhaltung von bestimmten Kunden verlangt werde. In Deutschland z. B. seien, so Nippon, Qualitätsbescheinigungen für die Produktionstechnik, die Vorrichtungen zur Produktkontrolle und die Qualifikationen der Belegschaft erforderlich. Das Verfahren zur Erteilung dieser Bescheinigungen setze die Einreichung umfangreicher Unterlagen in deutscher Sprache und die Zahlung einer Gebühr voraus, die bis zu 45 000 DM alle zwei oder drei Jahre betragen könne. In ihrer Entscheidung 93/247 habe die Kommission eingeräumt, dass solche nationalen Vorschriften ein schweres Hindernis für den innergemeinschaftlichen Handel mit Stahlrohren darstellten. Dies gelte erst recht für Einfuhren aus Japan. Diese objektive Feststellung, wie sie in der Entscheidung 93/247 getroffen worden sei, könne im vorliegenden Fall nicht unbeachtet bleiben, nur weil der Kommission, wie sie vorgebracht habe, zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung das Vorliegen der Zuwiderhandlung unbekannt gewesen sei. Zu den unternehmensspezifischen Anforderungen bestimmter Erdölkonzerne weist JFEKawasaki darauf hin, dass das französische Unternehmen Total und die italienische Gesellschaft AGIP auf einer OfflineInspektion aller ihnen gelieferten Stahlrohre bestuenden. Diese Inspektionspflicht verursache Kosten von über 100 USD je 1 000 Tonnen.

85. Achtens machen JFENKK, Nippon und JFEKawasaki in ihren Erwiderungen geltend, Corus habe Vorteil aus der Politik der Regierung des Vereinigten Königreichs gezogen, Lieferungen britischer Lieferanten auf dem britischen Festlandsockel zu fördern. Die britische Regierung habe diese Politik durch Schaffung eines Versorgungsamts für den OffshoreMarkt (Offshore Supplies Office, im Folgenden: OSO) umgesetzt. Durch Druck auf die auf dem Festlandsockel des Vereinigten Königreichs tätigen Wirtschaftsteilnehmer sei es dem OSO gelungen, die Marktanteile der britischen Lieferanten von 25 % bis 30 % im Jahr 1972 (nach einem 1997 vom britischen Ministerium für Handel und Industrie veröffentlichten Bericht, wiedergegeben in Anhang 4 der Erwiderung in der Rechtssache T67/00) auf 75 % im Jahr 1984 und 87 % im Jahr 1987 zu erhöhen (vgl. Bulletin der Europäischen Gemeinschaften , Beilage 6/1988, Randnr. 115). Unter diesen Umständen sei es für Corus unnötig gewesen, mit den japanischen Herstellern eine Übereinkunft zu treffen, die ihr einen entsprechenden Schutz auf dem OffshoreMarkt geboten hätte, da ihr bereits die Interventionen des OSO zugute gekommen seien. Damit stehe das Konzept der Grundregeln, insbesondere das der verbesserten Grundregeln, in Zusammenhang mit der privilegierten Stellung von Corus auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs infolge dieser Politik der nationalen Präferenz; diese Privilegierung habe auch den anderen europäischen Herstellern Nutzen gebracht, weil sie nach der Schließung des Werkes Clydesdale an Corus Glattendrohre geliefert hätten. Die angefochtene Entscheidung weise jedenfalls in diesem Punkt einen offensichtlichen Fehler auf, weil sie die Rolle des OSO auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs nicht berücksichtige. Dieses britische Präferenzsystem habe bis Juli 1993 Anwendung gefunden, als es durch das in der Richtlinie 90/531 vorgesehene System der Gemeinschaftspräferenz abgelöst worden sei. JFENKK bringt vor, sie habe diese Umstände erst nach Einreichung ihrer Klage in der Rechtssache T67/00 in Erfahrung gebracht und auch die Dokumente im Anhang ihrer Erwiderung erst danach erhalten.

86. Die drei genannten Klägerinnen meinen, dass sich verschiedene Beweisstücke der Kommission auf die Politik des OSO bezögen und damit ihr Vorbringen zu diesem Punkt bestätigten. So enthalte der Vermerk Verlängerung des VAMVertrags mit BSC den Hinweis, dass den Japanern von den Briten nicht das Tor zum britischen Markt geöffnet werden darf, und erkläre der Verfasser des Sitzungsvermerks vom 24. Juli 1990, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das OSO [19]93 den europäischen Herstellern die 3 %-Präferenz zugesteht, die sie im Augenblick den britischen Herstellern zubilligt. Die Hinweise im Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 auf die Stärkung der Europäischen Gemeinschaft und die etwaige Weitergabe der Präferenz von 3 % an die europäischen Hersteller bezögen sich auf das Inkrafttreten der Richtlinie 90/531, die eine Gemeinschaftspräferenz vorsehe, soweit die Preise der Gemeinschaftshersteller die von Drittlandsherstellern nicht um mehr als 3 % überstiegen.

87. Dass praktisch keiner der europäischen Hersteller nahtlose Stahlrohre nach Japan geliefert habe, wie die Tabelle in Randnummer 68 der angefochtenen Entscheidung zeige, sei ebenfalls auf geschäftspolitische Gründe zurückzuführen. Daraus folge, dass jede Aufteilungsabsprache für diesen Markt geschäftlich nicht zu rechtfertigen gewesen wäre.

88. Zum anderen ergebe sich insbesondere aus dem Schreiben des Verbindungsausschusses vom 6. Juni 1994, dass japanische öffentliche Aufträge im Bereich der Stahlrohre für die Europäer vollkommen abgeschottet gewesen seien, dass der japanische Rohrmarkt von mit den Rohrherstellern eng verbundenen großen Konsortien beherrscht worden sei, dass die Transport- und Vertriebskosten in Japan für die europäischen Hersteller sehr hoch und die Tätigkeiten der Prospektierung und Erzeugung von Erdöl und Gas und somit auch der Sektor der OCTG-Rohre auf jeden Fall sehr beschränkt gewesen seien. Außerdem hätten die ausländischen Rohrhersteller, wie dem Fax des Europäischen Stahlrohrverbandes vom 16. November 1994 an die Kommission zu entnehmen sei, für den Verkauf ihrer Produkte nach Japan ein sehr ausführliches Formular über die Erfuellung der japanischen Normen ausfuellen müssen.

89. Die Kommission führt zunächst aus, dass sich die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen auf die wettbewerbsbeschränkende Zielsetzung der Übereinkunft stütze. Sie habe daher nicht zugleich das Vorliegen konkreter Auswirkungen auf die Gemeinschaftsmärkte zu beweisen brauchen, um die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung nachzuweisen. Selbst wenn man nämlich annähme, dass die von den japanischen Klägerinnen angeführten Handelshindernisse erklären könnten, weshalb sie die in der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Produkte auf den Gemeinschaftsmärkten nicht verkauft hätten, so habe die Kommission dennoch das Vorliegen einer Übereinkunft bewiesen, deren Zweck es gewesen sei, den Wettbewerb einzuschränken. Wenn aber die von den Klägerinnen angeführten Umstände tatsächlich vorgelegen hätten, so würden sie die Schwere der Zuwiderhandlung erhöhen und nicht vermindern, wie die Klägerinnen anzunehmen schienen. Aus dem Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66) ergebe sich nämlich, dass eine wirtschaftliche Analyse, mit der das Vorliegen objektiver Handelshemmnisse belegt werden solle, nichts an der unleugbaren Stichhaltigkeit schriftlicher Beweise ändern könne. Das Gericht habe ferner klargestellt, dass die von den dortigen Klägerinnen vorgeschlagene wirtschaftliche Analyse, wenn sie zutreffend wäre, in Wirklichkeit die Schwere der begangenen Zuwiderhandlung unterstreiche, da die Unternehmen versucht hätten, durch den Abschluss der betreffenden Übereinkunft den geringen Wettbewerb zu beseitigen, den es auf dem Markt noch gegeben habe (Randnrn. 1087 und 1088 des Urteils).

90. Auf das Vorbringen von JFEKawasaki, dass die angefochtene Entscheidung ihrem Wortlaut nach den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs von der Marktaufteilungsabsprache ausnehme, entgegnet die Kommission, in Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung werde ganz eindeutig gesagt, dass dieser Markt von der Übereinkunft im Sinne eines Teilschutzes betroffen sei.

91. Zweitens nimmt die Kommission für sich in Anspruch, jedenfalls auch ausreichend nachgewiesen zu haben, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung konkrete Auswirkungen auf die Märkte der Gemeinschaft gehabt habe. Insbesondere bestätige die Tabelle in Randnummer 68 der angefochtenen Entscheidung, dass die Übereinkunft auf den europäischen Märkten effektiv weitgehend angewandt worden sei. Dass es auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs einen gewissen Wettbewerb durch die japanischen Hersteller gegeben habe, könne die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung nicht ausräumen, weil dieser Markt eben nur teilgeschützt gewesen sei.

92. Zu dem Vorbringen, dass sich aus bestimmten von der Kommission herangezogenen Dokumenten wie dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und dem Vermerk Unterredung mit BSC ergebe, dass die europäischen Hersteller den japanischen Wettbewerb auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs gefürchtet hätten, meint die Kommission, diese Furcht sei einfach darauf zurückzuführen, dass der Teilschutz dieses Marktes nach der Übereinkunft ein Anlass für besondere Spannung gewesen sei. Folglich spreche dieses Vorbringen nicht gegen das Vorliegen dieser Übereinkunft.

93. Die Kommission ist zugleich der Auffassung, dass das Vorbringen zum britischen Präferenzsystem für die von der Erdölindustrie auf den Märkten des Festlandsockels des Vereinigten Königreichs verwendeten Produkte, wie es JFENKK, Nippon und JFEKawasaki erstmals in ihrer Erwiderung formuliert hätten, ein neues Angriffsmittel darstelle, das gemäß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig sei. Hilfsweise sei dieses Vorbringen auf Beweismittel in der Anlage zur Erwiderung gestützt, die gemäß Artikel 48 § 1 der Verfahrensordnung unzulässig seien, weil Nippon und JFEKawasaki nicht versucht hätten, die Verspätung dieser Beweisangebote zu rechtfertigen. Das Vorbringen von JFENKK, die lediglich behaupte, dass ihr diese Beweismittel bei Klageerhebung nicht bekannt gewesen seien, erscheine wenig glaubhaft.

94. Im Fall von JFENKK sei das neue Vorbringen auch nach Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung unzulässig.

95. Jedenfalls aber sei dieses neue Vorbringen unbegründet.

96. Im Übrigen hätten die von den japanischen Klägerinnen geltend gemachten Handelshemmnisse niemals ein absolutes Hindernis für die Einfuhr von japanischen Rohren nach der Gemeinschaft gebildet. Keines dieser angeblichen Handelshemmnisse habe andere Hersteller aus Drittländern, insbesondere aus Lateinamerika, jemals an der Einfuhr der in der angefochtenen Entscheidung genannten Erzeugnisse nach den OnshoreMärkten der Gemeinschaft gehindert.

97. Schließlich stelle das angebliche Fehlen von Lieferungen nahtloser Stahlrohre durch Gemeinschaftshersteller nach Japan kein wesentliches Element der angefochtenen Entscheidung dar, da sich diese nicht unmittelbar mit Hindernissen in den Handelsbeziehungen zu Japan befasse. Das Schreiben des Verbindungsausschusses vom 6. Juni 1994 und das Fax des Europäischen Stahlrohrverbandes vom 16. November 1994, auf die sich die japanischen Klägerinnen als Nachweis für die Abschottung des japanischen Marktes beriefen, beträfen einen Zeitraum, in dem ihr das Vorliegen der rechtswidrigen Absprache nicht bekannt gewesen sei. Folglich dienten die Darlegungen der europäischen Hersteller in diesen Dokumenten im Wesentlichen der Verschleierung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung. Auf jeden Fall seien die Gründe, aus denen die Parteien die Übereinkunft getroffen hätten, für den Nachweis ihres Vorliegens nicht erheblich.

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes, wonach die vorgebrachten Beweismittel nicht beweiskräftig seien

98. Nach Auffassung der japanischen Klägerinnen belegen die von der Kommission beigebrachten Dokumente nicht das Vorliegen einer Willensübereinstimmung, die die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung geahndete rechtswidrige Übereinkunft hätte bilden können, jedenfalls aber nicht ihre Teilnahme an dieser Zuwiderhandlung. Sie seien in praktisch keinem dieser Dokumente genannt, so dass diese von der Kommission nicht zu ihren Lasten herangezogen werden dürften. Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung müsse daher für nichtig erklärt werden, weil er auf einer rechtlich nicht hinreichend untermauerten Beurteilung beruhe und folglich gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstoße. JFENKK und Nippon sprechen in diesem Zusammenhang von einem offensichtlichen Beurteilungsfehler.

99. Ihre europäischen Wettbewerber bezögen sich in den von der Kommission verwerteten Dokumenten lediglich auf die Sachlage, die sich aus den Handelshindernissen ergeben habe, durch die die japanischen Hersteller an der Ausfuhr ihrer Erzeugnisse nach dem europäischen Markt gehindert worden seien. Besonders spärlich seien die Beweise hinsichtlich der projektbezogenen Leitungsrohre, und jedenfalls insoweit sei die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären. JFENKK betont, dass die Neuorganisation des angeblichen EuropäischJapanischen Clubs in Form verbesserter Grundregeln auf der Sitzung in Tokyo vom 5. November 1993 (Randnrn. 83 bis 94 der angefochtenen Entscheidung) in den von der Kommission angeführten Dokumenten, etwa dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden, dem Dokument g) Japaner und dem Verteilerschlüssel-Papier, keinerlei Gewährung finde.

100. JFENKK macht weiter geltend, dass die Kommission jedenfalls die Dokumente, die sich auf die Grundregeln und die verbesserten Grundregeln bezögen, insbesondere die entsprechenden Unterlagen von Dalmine, fehlerhaft analysiert habe. Die in der Kommissionsakte enthaltenen Beweisunterlagen deuteten darauf hin, dass diese Konzepte mit der notwendigen Rationalisierung der Gemeinschaftsindustrie und nicht mit irgendeiner rechtswidrigen Übereinkunft zusammenhingen. So hieße es insbesondere in dem Dokument von Dalmine vom Mai-August 1993 mit dem Titel System für nahtlose Stahlrohre in Europa und Marktentwicklung (Seamless Steel Tube System in Europe and Market Evolution, S. 2051 der Kommissionsakte, im Folgenden: Dokument Stahlrohrsystem): [E]ine für alle zufrieden stellende Lösung des Problems [Corus] kann nur im Kreise der Europäer gefunden werden, was auf die Übernahme und die Schließung von Produktionsstätten nach einem Rationalisierungsplan hinausläuft. Wir sehen, wie sich dieser Prozess in Grundschritten vollzieht.... Entgegen dem Vorbringen der Kommission habe sich die Sitzung vom 6. Oktober 1992 nicht nur mit den mittel- und osteuropäischen Märkten, sondern auch, wie das in der Kommissionsakte auf S. 15178 enthaltene Sitzungsprotokoll belege, mit der Rationalisierung der Gemeinschaftsindustrie befasst. Diese Rationalisierungspolitik sei übrigens auch von der Kommission unterstützt worden, die den Unternehmen dieses Verhalten jetzt vernunftwidrig vorwerfe, obgleich sie damit doch nur Ratschläge der Kommission selbst befolgt hätten. Außerdem belege keines der von der Kommission angeführten Dokumente irgendeinen Zusammenhang zwischen der Schließung des belgischen Unternehmens NTM, die insbesondere in den Randnummern 88 und 89 der angefochtenen Entscheidung erwähnt werde, und den japanischen Herstellern.

101. Überdies sicherten die von der Kommission herangezogenen Beweismittel nicht die Marktdefinition ab, die der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung zugrunde gelegt worden sei. Da eine angemessene Bestimmung des betroffenen Marktes eine wesentliche Voraussetzung für jede Einschätzung der wettbewerbswidrigen Wirkungen einer Absprache sei (vgl. z. B. Urteil SIV u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 57), seien schon diese fehlenden Beweise ein ausreichender Grund, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

102. Die japanischen Klägerinnen bewerten die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 als lediglich ganz vage; sie belege die von der Kommission behauptete Übereinkunft keineswegs. Die überaus knapp gefasste Erklärung bestätige im Wesentlichen nur, dass die Heimatmärkte einen Schutz genossen hätten, ohne dessen Natur und genaue Tragweite zu benennen. Sie bestätige entgegen der Darstellung in der angefochtenen Entscheidung keineswegs, dass mit dem Ausdruck Grundregeln (Fundamentals) die Respektierung der Heimatmärkte im Sinne eines Verbotes für jeden Hersteller gemeint gewesen sei, Stahlrohre auf den jeweiligen Heimatmärkten der an der Absprache beteiligten Wettbewerber zu verkaufen. JFEKawasaki betont, dass Herr Verluca in seiner Erklärung vom 17. September 1996 nur ein einziges Dokument kommentiere, nämlich den Vermerk Einige Informationen, der aber über das Funktionieren der Übereinkunft keinen Aufschluss gebe.

103. Außerdem bestätige die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 nicht, dass das Vereinigte Königreich einer der Heimatmärkte gewesen sei, auf denen das Angebot durch die Weigerung der anderen an der Übereinkunft Beteiligten beschränkt gewesen sei, Rohre auf diese Märkte zu liefern. Diese Erklärung bezeichne nämlich den Markt des Vereinigten Königreichs als teilgeschützt in dem Sinne, dass ein Konkurrent vor Abgabe eines Angebots zunächst mit dem einheimischen Rohrhersteller habe Kontakt aufnehmen müssen, und stelle klar, dass dieser Grundsatz mehr oder weniger eingehalten worden sei. Nippon verneint ausdrücklich, vor Abgabe eines Angebots für den betreffenden Markt mit Corus Kontakt aufgenommen zu haben, und weist darauf hin, dass die Kommission keine gegenteiligen stichhaltigen Beweise vorgelegt habe. Die japanischen Klägerinnen meinen, dass aus dem Vorbringen der Kommission, wonach die teilgeschützte Stellung des britischen OffshoreMarktes mit dem Vorliegen japanischer Verkäufe auf diesem Markt zu vereinbaren sei, jedenfalls nicht recht erhelle, welche Verpflichtungen die japanischen Hersteller für diesen Markt denn eigentlich angeblich übernommen hätten.

104. Zu den Ausführungen der Kommission, dass die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 besonders beweiskräftig sei und notfalls allein die Zuwiderhandlung beweisen könne, weisen Sumitomo und JFENKK darauf hin, dass sich Randnummer 1838 des Urteils Zement (zitiert oben in Randnr. 66), auf die sich die Kommission berufe, ausschließlich auf zeitgleiche Beweismittel beziehe. Außerdem ergebe sich aus dem Urteil Enso-Gutzeit (zitiert oben in Randnr. 58), dass erstens das Geständnis eines Unternehmens nicht als Beweis gegenüber einem anderen Unternehmen verwendet werden dürfe, wenn es nicht durch andere Beweismittel untermauert werde (Randnr. 91), und dass zweitens, falls ein solches Geständnis auf einer Annahme desjenigen beruhe, von dem die Erklärung stamme, diese Person zwingend die Grundlage für ihre Annahme angeben müsse; anderenfalls könne die Kommission die Erklärung einem Dritten nicht entgegenhalten (Randnr. 131). Schließlich stehe die Auffassung der Kommission, dass nicht jedes Beweismittel gesondert geprüft werden müsse, in Widerspruch zur Vorgehensweise des Gerichts im Urteil Enso-Gutzeit (zitiert oben in Randnr. 58, insbesondere Randnrn. 102 und 151 bis 153).

105. Ferner werde die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 durch die anderen in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweisstücke nicht erhärtet, vor allem nicht hinsichtlich der in Artikel 1 der Entscheidung genannten Produktskala, des Sinns und der Tragweite der Grundregeln und der Dauer der Zuwiderhandlung.

106. Die in der angefochtenen Entscheidung und in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 genannten Produkte, nämlich ausschließlich OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre, stimmten nicht mit den in anderen Dokumenten angeführten Erzeugnissen überein, die von der Kommission zur Untermauerung dieser Erklärung herangezogen worden seien, insbesondere nicht mit den Produkten von Vallourec, bei der Herr Verluca seinerzeit angestellt gewesen sei. Unter diesen Umständen seien diese anderen Dokumente für die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung ohne Beweiswert.

107. Insbesondere die von Vallourec stammenden Vermerke Überlegungen zum VAM-Vertrag, Strategische Überlegungen, Verlängerung des VAM-Vertrags mit BSC, der Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 und der Vermerk Unterredung mit BSC beträfen allesamt Gewinderohre mit der als VAM bezeichneten Premiumverbindung und nicht OCTGStandardrohre.

108. Die japanischen Klägerinnen sehen ihre Auffassung auch dadurch bestätigt, dass zum einen der Vermerk Strategische Überlegungen den Markt P erwähne, d. h. den Markt für OCTGPremiumrohre, und zum anderen Herr Verluca ausdrücklich klarstelle (S. 15619 der Kommissionsakte), dass sich seine Analyse nicht auf die Buttress genannten Standardgewindeverbindungen beziehe. Auch der Hinweis in dem Vermerk Unterredung mit BSC auf das Unternehmen Hunting und die Erwähnung von anderen Verbindungen bezögen sich auf OCTGPremiumrohre und nicht, wie die Kommission behaupte, auf OCTGStandardrohre. Der Verfasser des Vermerks erwähne nämlich die Notwendigkeit, Fox zu neutralisieren, womit eine von JFE-Kawasaki patentierte Premiumverbindung gemeint sei. Der Vermerk Überlegungen zum VAM-Vertrag beziehe sich auf Glattendrohre und lokal mit Gewinden versehene OCTG-Premiumrohre, insbesondere Fox-Rohre. Auch der Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 betreffe rostfreie Stahlrohre, die ohne Rücksicht auf die Gewindeart in Randnummer 28 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich von deren Anwendungsbereich ausgenommen würden.

109. Schließlich betreffe keiner dieser Vermerke Leitungsrohre. Ohnehin enthielten die Vermerke nur bloße Überlegungen und persönliche Mutmaßungen von Vallourec-Angestellten und bezögen sich auf Grundregeln, ohne diese jedoch näher darzulegen. Alles dies beweise mithin keineswegs eine Willensübereinstimmung unter den Adressaten der angefochtenen Entscheidung und passe auch nicht zur Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996.

110. Die Kommission berufe sich sodann auf einen internen Vermerk von Vallourec vom 27. Januar 1994 mit dem Titel Protokoll der Unterredung mit JF in Brüssel am 25/1 (S. 4822 der Kommissionsakte, im Folgenden: Protokoll der Unterredung mit JF). Dieser Vermerk sei unerheblich, weil er nicht die in der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte, sondern lediglich Trapezgewinde und VLRRohre und NTMGewinde betreffe.

111. Außerdem habe die Kommission das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und das Dokument g) Japaner herangezogen, obwohl es nicht möglich sei, die genaue Produktskala zu ermitteln, auf die sie sich bezögen. Diese Beweisstücke enthielten ebenso viele Hinweise auf andere als die in der angefochtenen Entscheidung und in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 genannten Produkte, z. B. auf rostfreie OCTGRohre und geschweißte Rohre, wie Hinweise auf eine Skala von Produkten, von denen einige dort genannt seien und andere nicht. Aus diesen Dokumenten ergebe sich eindeutig, dass in ihnen im Wesentlichen der Markt der OCTGPremiumrohre und nicht der in der angefochtenen Entscheidung genannte Markt analysiert werde. Das Vorbringen der Kommission in Randnummer 10 ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache T68/00, wonach das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden auf der Prämisse beruhe, dass der Gegenstand der damals bestehenden Absprachen die OCTGStandardrohre und nicht die OCTGPremiumrohre gewesen seien, bestätige, dass die dort erwähnte japanische Aggression notwendig die OCTGStandardrohre betroffen habe.

112. Das Verteilerschlüssel-Papier betreffe seinerseits nur eine sichtlich beschränktere Produktskala als die, von der in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 die Rede sei. Das Papier enthalte nämlich den Hinweis Offene Ausschreibungen für nahtlose APIRohre (SMLS API OPEN TENDER) und spreche somit von dem Markt für nahtlose OCTGStandardrohre, auf dem es offene Ausschreibungen gegeben habe. Hingegen habe es nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 für die in ihr angesprochenen Produkte keine großen Ausschreibungen (pas de gros Tenders) gegeben. Der Markt, der Gegenstand des VerteilerschlüsselPapiers sei, sei folglich inexistent. Dies entspreche auch den Bedingungen des damaligen europäischen Marktes, womit der vorgeschlagene Verteilungsschlüssel für Europa keinen Sinn gemacht hätte, weil er sich auf einen inexistenten Markt bezogen hätte. Sumitomo meint, der Verfasser des VerteilerschlüsselPapiers habe sich vermutlich geirrt, weil das Papier nicht stimmig und vernünftig erklärt werden könne. Überdies habe es in Japan während des Zeitraums, für den in der angefochtenen Entscheidung die Zuwiderhandlung angenommen worden sei, niemals öffentliche Ausschreibungen für OCTGRohre gegeben.

113. Entgegen der Darstellung der Kommission sei klar, dass das VerteilerschlüsselPapier Leitungsrohre überhaupt nicht betreffe. Die Kommission habe nämlich in Randnummer 27 der angefochtenen Entscheidung erklärt, dass die Abkürzung API für OCTGStandardrohre stehe, und könne von ihrem Verständnis der Bedeutung dieses Hinweises während des Gerichtsverfahrens nicht mehr abgehen. Im Übrigen bestätigten dies die Abkürzungen C/S und T/B in dem Papier selbst. Schließlich gebe es in Wirklichkeit APINormen für sämtliche OCTGRohre und Leitungsrohre, so dass man aus dem Vorbringen der Kommission schließen müsse, dass dieses Dokument ebenfalls Produkte betreffe, die in der angefochtenen Entscheidung nicht behandelt würden.

114. Zum Beweiswert der schriftlichen Belege für die Zuwiderhandlung selbst weisen die japanischen Klägerinnen zunächst darauf hin, dass Herr Verluca in dem Vermerk Strategische Überlegungen eine Lösung vertreten habe, die der VAMGruppe den Vorrang eingeräumt hätte und wonach die japanischen Hersteller auf dem britischen Markt mit den VAMRohren weiterhin frei konkurriert hätten. Dieser Vermerk beziehe sich außerdem auf die Geltungszeit der Selbstbeschränkungsabkommen, in der ein System der Marktaufteilung nicht rechtswidrig gewesen sei. Für Sumitomo folgt hieraus, dass, sollte das Gericht dem Vorbringen der japanischen Klägerinnen zur Geltungszeit der Selbstbeschränkungsabkommen folgen (vgl. unten, Randnrn. 139 ff.), dies den Beweiswert aller Dokumente aus dem Jahr 1990 und insbesondere der verschiedenen Vermerke von Vallourec minderte. Diese Beweisstücke könnten dann nämlich allenfalls als Dokumente zur Vorbereitung einer Übereinkunft betrachtet werden, nicht aber als Beweise für eine zum Zeitpunkt ihrer Abfassung bereits bestehende Übereinkunft. Ferner beziehe der Hinweis auf das aktuelle System in dem Vermerk Unterredung mit BSC ausdrücklich den Fernen Osten, Südamerika und den Mittleren Osten mit ein, und der Hinweis im selben Vermerk auf eine für die [Nordsee-Geschäfte] verfolgte Preispolitik, die die Japaner seinerzeit von Fall zu Fall akzeptiert hätten, widerspreche der Annahme eines Verbotes zu Lasten der japanischen Hersteller, die betreffenden Produkte, wie sie in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 beschrieben würden, zu verkaufen. JFENKK weist insoweit darauf hin, dass Herr Verluca selbst Verfasser des Vermerks Unterredung mit BSC sei.

115. Überdies erwähne der Vermerk Überlegungen zum VAM-Vertrag die Möglichkeit, dass... die Japaner dazu gebracht werden können,... sich vom britischen Markt [fernzuhalten] und den Europäern [zu] gestatten, das Problem unter sich zu regeln, so dass es offensichtlich im März 1990 keine Übereinkunft über den Markt des Vereinigten Königreichs gegeben habe. Da auch der Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 bei der Erwähnung der Möglichkeit, verbesserte Grundregeln festzulegen, die den Japanern den Zugang zum britischen Markt auch nach der Schließung von Clydesdale untersag[en] sollten (qui interdiraient aux Japonais l'accès du UK même après que Clydesdale aurait été fermé), im französischen Originaltext das Konditional gebrauche, ergebe sich hieraus, dass im Juli 1990 eine Übereinkunft noch nicht bestanden habe.

116. Bei dem Dokument g) Japaner und dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden handele es sich ausschließlich um vorbereitende Dokumente, die vermutlich von einem Angestellten von Corus im Hinblick auf ein Zusammentreffen der europäischen Hersteller, das vor dem in Tokyo am 5. November 1993 habe stattfinden sollen, verfasst worden seien. Diese Dokumente hätten folglich keinen Beweiswert für die Haltung der japanischen Hersteller und erst recht nicht für ihre angebliche Beteiligung an der Übereinkunft, die die Kommission in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellt habe. Aus diesen Dokumenten ergebe sich ganz im Gegenteil, dass die japanischen Hersteller auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs aggressive Wettbewerber gewesen seien und dass die Gemeinschaftshersteller allenfalls versucht hätten, mit den japanischen Herstellern zu einer Übereinkunft zu gelangen, deren Inhalt freilich unklar bleibe. Nippon betont, dass das Dokument g) Japaner ausdrücklich ihre Aggressivität auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs erwähne.

117. Ferner sei das System zur Beschränkung der japanischen Verkäufe, das in dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und dem Dokument g) Japaner angeblich vorgesehen worden sei, unvereinbar mit der Auslegung der Grundregeln in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996, wonach die japanischen Hersteller verpflichtet gewesen seien, vor Absatz ihrer Erzeugnisse auf dem Markt des Vereinigten Königreichs Kontakt mit Corus aufzunehmen. JFENKK weist darauf hin, dass die Beschreibung der Grundregeln in der angefochtenen Entscheidung weder mit den von der Kommission herangezogenen Beweismitteln noch mit der Auslegung der Grundregeln in der Klagebeantwortung der Kommission in der Rechtssache T-67/00 übereinstimme. Ein solcher Widerspruch müsse nach der Rechtsprechung (z. B. Urteil SIV u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 57) notwendig zur Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung führen.

118. Außerdem erwähne das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden eine Verpflichtung der japanischen Hersteller, einige ihrer Lieferungen (some of their deliveries) auf dem Festlandsockel des Vereinigten Königreichs einzuschränken, während in den Randnummern 101 und 102 der angefochtenen Entscheidung schlicht und einfach von einer Marktaufteilung ausgegangen werde. Diesen Widerspruch hält JFENKK auch allein für ausreichend, um die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären. Aus dem Dokument g) Japaner gehe hervor, dass die japanischen Hersteller auf jeden Fall davon ausgegangen seien, dass auf Verträgen beruhende Verkäufe von jeder Übereinkunft ausgenommen seien, was im Übrigen den Beweiswert des Verteilerschlüssel-Papiers mindere, das sich, soweit es die europäischen Märkte betreffe, allein auf den Vertragssektor beziehe. Ferner vermöge das Argument der Kommission, dass diese Dokumente von der Prämisse einer Übereinkunft ausgingen, die bereits bestanden und die japanischen Hersteller verpflichtet habe, die in der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte auf den Festlandsmärkten der Mitgliedstaaten nicht mehr zu verkaufen, das Vorliegen einer solchen Übereinkunft nicht zu belegen, zumindest nicht mit dem Grad an Genauigkeit und Sicherheit, wie dies nach der Rechtsprechung erforderlich sei.

119. Der Vermerk mit der Überschrift VAM-Lizenz für Siderca vom 20. Juni 1994 (S. 15809 der Kommissionsakte), dem insbesondere zu entnehmen sei, dass Mannesmann den Markt des Vereinigten Königreichs im Großen und Ganzen habe respektieren müssen, bestätigt nach Meinung der japanischen Klägerinnen keineswegs, dass sie damit einverstanden gewesen wären, ihre Rohre nicht auf den europäischen Märkten zu verkaufen.

120. Das VerteilerschlüsselPapier betrachtet JFEKawasaki als unzulässiges Beweismittel, weil es nicht datiert sei und die Kommission weder die Identität des Verfassers noch die der Person offenbart habe, die es ihr übermittelt habe, weshalb es den Klägerinnen weder möglich sei, den Kontext zu ermitteln, in dem es entstanden sei, noch die Gründe, weshalb es der Kommission zugeleitet worden sei. Es sei das erste Mal, dass die Kommission aufgrund eines anonymen Dokuments das Vorliegen einer Zuwiderhandlung zu Lasten von Unternehmen festgestellt habe. Der Standpunkt der Kommission in den Randnummern 121 und 122 der angefochtenen Entscheidung, dass das VerteilerschlüsselPapier zulässig und zuverlässig sei, weil es durch andere Beweismittel untermauert werde, sei unbegründet, weil dieses Papier in Wirklichkeit, gerade auch hinsichtlich wesentlicher Tatsachen, in Widerspruch zu anderen Beweisstücken der Akte stehe, was die Kommission in Randnummer 86 der angefochtenen Entscheidung für die Rolle der südamerikanischen Hersteller auch selbst einräume. JFE-Kawasaki verweist insoweit auf das Urteil Volkswagen/Kommission (zitiert oben in Randnr. 57, Randnr. 72), wonach die Kommission das Vorliegen einer Übereinkunft oder abgestimmten Verhaltensweise hinreichend eindeutig und widerspruchsfrei nachweisen müsse.

121. JFEKawasaki ist gemeinsam mit den übrigen japanischen Klägerinnen der Auffassung, dass das VerteilerschlüsselPapier, selbst wenn es zulässig sein sollte, jedenfalls kein verlässliches Belastungsmaterial darstellt, weil es nicht in angemessener Weise identifizierbar sei. Dass dieses Papier nicht das einzige Indiz sei, auf das sich die Kommission stütze, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung zu belegen, befreie sie nicht davon, die Glaubhaftigkeit dieses Materials nachzuweisen. Außerdem widerspreche das VerteilerschlüsselPapier der Einlassung von Herrn Verluca in dem Dokument Nachprüfung bei Vallourec (vom 18. Dezember 1997, S. 7317 der Kommissionsakte, Nr. 1.3) zu der Frage, ob sich die lateinamerikanischen Hersteller zu den Anregungen der europäischen Hersteller Ende 1993 positiv geäußert hätten; dies stelle die Verlässlichkeit beider Beweisstücke in Frage. Ferner habe nach der Antwort des Unternehmensleiters von Mannesmann, Herrn Becher, vom 22. April 1997 (S. 10989A der Kommissionsakte) auf eine Frage nach dem Wesen der Grundregeln, die ihm bei einer Überprüfung vor Ort am 21. April 1997 gestellt worden sei (im Folgenden: Antwort Becher), der Begriff Verteilerschlüssel lediglich für Drittlandsmärkte gegolten. Dies werde auch durch die Randnummern 101 und 103 der angefochtenen Entscheidung bestätigt.

122. Im Übrigen gebe das Verteilerschlüssel-Papier keine fertige Übereinkunft wieder, weil Vallourec in dem Dokument Nachprüfung bei Vallourec angegeben habe, es handele sich um den bloßen Versuch einer Änderung von Verteilerschlüsseln, und das Dokument selbst eine erneute europäische Sitzung vorgesehen habe, um die Modalitäten für die Anwendung des in ihm vorgeschlagenen Verteilerschlüssels zu prüfen.

123. Sodann zeige das VerteilerschlüsselPapier, dass die japanischen Hersteller einen Vorbehalt zu diesem Vorschlag geäußert hätten, weil sie der Auffassung gewesen seien, dass der Anwendungsbereich des Verteilerschlüssels auf ERW OCTGRohre, d. h. auf geschweißte Rohre, ausgedehnt werden müsse. Vor dem Hintergrund des VerteilerschlüsselPapiers hätte die Kommission daher die japanischen Hersteller ebenso behandeln müssen wie die lateinamerikanischen Hersteller, denen gegenüber sie ihre Beschuldigung mit der Begründung zurückgenommen habe, sie hätten gegen den vorgeschlagenen Verteilerschlüssel, soweit er den europäischen Markt betreffe, ebenfalls einen Vorbehalt geäußert und anschließend durchaus Stahlrohre nach Europa verkauft. Die Kommission könne nicht behaupten, die unterschiedliche Behandlung der japanischen und der lateinamerikanischen Hersteller erkläre sich aus dem Umfang der lateinamerikanischen Verkäufe auf den europäischen Märkten, weil sie dafür keine Belegzahlen genannt habe, die einen tauglichen Vergleich der betreffenden Verkäufe ermöglichten. Es handele sich mithin um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, und die Rücknahme der Beschuldigung gegen die lateinamerikanischen Hersteller schwäche die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellung einer von den japanischen Klägerinnen begangenen Zuwiderhandlung.

124. Dass das VerteilerschlüsselPapier keine von den japanischen Herstellern geschlossene Übereinkunft wiedergebe, werde schon dadurch zur Genüge bewiesen, dass sie auf bestimmten europäischen Märkten tatsächlich Rohre verkauft hätten. Nach diesem Papier hätten sie nämlich keine Rohre auf dem europäischen Markt verkaufen dürfen, wobei dieses Verbot uneingeschränkt und vorbehaltlos gegolten hätte. Außerdem habe der Vorbehalt der lateinamerikanischen Hersteller dem vorgeschlagenen Verteilerschlüssel vom Standpunkt der europäischen Hersteller aus jeden wirtschaftlichen Sinn genommen, so dass seine spätere Vereinbarung vernunftwidrig gewesen wäre und daher unwahrscheinlich sei.

125. Zur Erklärung von Herrn Verluca vom 14. Oktober 1996, die in der Kommissionsakte auf S. 6354 enthalten ist (im Folgenden: Erklärung von Herrn Verluca vom 14. Oktober 1996), machen die japanischen Klägerinnen geltend, sie stelle keinen Beweis für ihre Beteiligung an der von der Kommission unterstellten Übereinkunft dar. Die maßgebliche Passage dieser Erklärung bestätige einfach, dass die japanischen Klägerinnen regelmäßig an den im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs veranstalteten Sitzungen teilgenommen hätten, die sich übrigens nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 mit anderen als den Heimatmärkten der europäischen und japanischen Hersteller befasst hätten. Nach ihrem Verständnis hätten die Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs nur Verkäufen auf Drittlandsmärkten wie China und Russland gegolten. Es gebe keinen Beweis dafür, dass diese Sitzungen auf den Abschluss der von der Kommission behaupteten rechtswidrigen Übereinkunft hinausgelaufen seien. In ihrer Erwiderung macht Sumitomo geltend, dass das Dokument Nachprüfung bei Vallourec, das eine Erklärung von Herrn Verluca vom 18. Dezember 1997 enthalte, sowie die Erklärung von Herrn Jachia, eines Mitarbeiters von Dalmine, gegenüber der Staatsanwaltschaft von Bergamo vom 5. Juni 1995 (S. 8220b, S6 der Kommissionsakte, im Folgenden: Erklärung von Herrn Jachia) die projektbezogenen Leitungsrohre vom Anwendungsbereich der Übereinkunft ausschlössen, weil darin von Standardprodukten die Rede sei. Es bestehe folglich ein Widerspruch zwischen der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 und seinen Ausführungen im Dokument Nachprüfung bei Vallourec bezüglich der Erzeugnisse, für die die Grundregeln gegolten haben sollen.

126. JFEKawasaki weist darauf hin, dass Herr Verluca im Dokument Nachprüfung bei Vallourec erklärt habe, dass allgemein die übrigen OffshoreMärkte, mit Ausnahme desjenigen des Vereinigten Königreichs, nicht als Heimatmärkte betrachtet worden seien. Somit sei das Vorliegen einer Zuwiderhandlung für diese OffshoreMärkte nicht nachgewiesen.

127. Die Erklärung von Herrn Biasizzo, eines ehemaligen Dalmine-Mitarbeiters, gegenüber der Staatsanwaltschaft von Bergamo vom 1. Juni 1995 (S. 8220b, S10 der Kommissionsakte, im Folgenden: Erklärung von Herrn Biasizzo) besage gleichfalls nicht, dass die japanischen Klägerinnen die von der Kommission in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Übereinkunft geschlossen hätten. Zwar erwähne diese Erklärung eine unverbindliche Absprache (gentleman's agreement), der zufolge die ausländischen Hersteller bei Ausschreibungen um 8 % bis 10 % höhere Preise als der inländische Hersteller hätten bieten sollen, doch habe Herr Biasizzo in seiner späteren Aussage Commento alle mie deposizioni (S. 8220b, S14 der Kommissionsakte, im Folgenden: Erläuterungen zu meiner Aussage) alle objektiven wirtschaftlichen Vorteile eines örtlichen Rohrherstellers auf seinem Heimatmarkt gegenüber ausländischen Herstellern betont und nicht mehr auf eine internationale Absprache abgestellt (Anlage 15 der Mitteilung der Beschwerdepunkte, S. 8220b, S16). Überdies sei der Hinweis auf Ausschreibungen unvereinbar mit der Aussage in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996, wonach es keine wichtigen Ausschreibungen auf den europäischen Märkten gegeben habe.

128. Zwischen der Erklärung von Herrn Biasizzo und seinen Erläuterungen zu meiner Aussage bestehe daher ein schwerwiegender Widerspruch. Aus den beiden Aussagen sei jedenfalls weder erkennbar, auf welche Produkte der Übereinkunft sich Herr Biasizzo beziehe, noch deren angebliche Geltungsdauer. Es sei umso unwahrscheinlicher, dass sich die Erklärung und die Erläuterungen zu meiner Aussage auf die in der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte bezögen, als der italienische Stahlrohrmarkt seinerzeit in erster Linie andere Produkte, nämlich OCTGPremiumrohre und handelsübliche Leitungsrohre, umfasst habe. Im Übrigen beträfen die Aussagen von Herrn Biasizzo über die Respektierung des eingependelten Gleichgewichts der überkommenen Marktanteile Drittlandsmärkte, die durch die angefochtene Entscheidung nicht berührt würden. Auf jeden Fall seien die Erklärung und die Erläuterungen zu meiner Aussage nicht glaubhaft. Sie seien nämlich unter Zwang in einem Kontext abgegeben worden, in dem ihr Urheber habe erklären müssen, aus welchen anderen Gründen als den unlauteren Praktiken, die zu Ermittlungen gegen ihn geführt hätten, Dalmine alle öffentlichen Ausschreibungen der AGIP gewonnen habe. Anders als es die Kommission darstelle, sei Herr Biasizzo von Anfang 1992 bis Mitte 1993 nur für den Verkauf von OCTG-Rohren und nicht für den von Leitungsrohren verantwortlich gewesen.

129. Nippon und JFEKawasaki sind der Auffassung, dass die Definition der Grundregeln in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in den Randnummern 61 und 101, wonach es den an der Übereinkunft Beteiligten formell untersagt gewesen sei, ihre Produkte auf den Heimatmärkten ihrer Wettbewerber abzusetzen, jedenfalls nicht mit der von Herrn Biasizzo in seiner Erklärung gegebenen Definition vereinbar sei, wonach die Beteiligten ihre Produkte zu höheren Preisen als die inländischen Hersteller hätten anbieten dürfen.

130. Was die Antwort von Dalmine vom 4. April 1997 auf eine Frage der Kommissionsbediensteten bei einer Überprüfung vor Ort (S. 15099 der Kommissionsakte, im Folgenden: Antwort von Dalmine vom 4. April 1997) betreffe, so erwähne diese zwar die Anknüpfung von Kontakten zur japanischen Industrie, diese Kontakte hätten aber Märkten außerhalb der Europäischen Gemeinschaft wie etwa dem Russlands gegolten. Im Übrigen ergebe sich aus diesem Dokument, dass der Begriff der Grundregeln möglicherweise die innergemeinschaftliche Lage im Bereich der nahtlosen Stahlrohre ab 1986/87 widerspiegele; es erwähne auch unkontrollierte Rohrimporte aus anderen Weltgegenden in jener Zeit. Jedenfalls aber erhelle aus dem Dokument, dass die damaligen leitenden Angestellten von Dalmine keine Kenntnis von etwaigen Vorgängen in der Zeit vor Februar 1996 gehabt hätten und dass das Unternehmen nichts in seinen Unterlagen gefunden habe, was Sitzungen mit japanischen und europäischen Herstellern belege. Dies alles sei von Dalmine in ihrer Antwort vom 29. Mai 1997 auf ein Schreiben der Kommission bekräftigt worden, das diese gemäß Artikel 11 der Verordnung Nr. 17 an sie gerichtet habe (S. 15162 der Kommissionsakte, im Folgenden: Antwort von Dalmine vom 29. Mai 1997). Im Übrigen stehe die Antwort von Dalmine vom 29. Mai 1997 im Widerspruch zu den beiden vorgenannten Aussagen von Herrn Biasizzo, weil sich aus diesen ergebe, dass zum einen lediglich nichtgemeinschaftliche Märkte Gegenstand von Erörterungen im Rahmen des Europäisch-Japanischen Clubs gewesen seien und dass zum anderen Ausfuhren von Rohren in die Europäische Gemeinschaft zwar beschränkt, aber nicht verboten gewesen seien. Sumitomo weist insoweit darauf hin, dass die Antwort von Dalmine vom 29. Mai 1997 auf den Erinnerungen eines Herrn R. beruhe, der die genaue Quelle seiner Erinnerungen angebe, nämlich Unterhaltungen mit Herrn Biasizzo, der an den betreffenden Sitzungen teilgenommen habe.

131. Die japanischen Klägerinnen machen geltend, dass die Grundregeln nach dem Dokument Stahlrohrsystem von Dalmine, das sich zwar in der Kommissionsakte befinde, in der angefochtenen Entscheidung aber nicht verwendet werde, die Beziehungen zwischen den europäischen Herstellern zum Gegenstand gehabt hätten. Entgegen der Behauptung der Kommission beschränke sich dieses Dokument nicht darauf, nur die Folgen des Rückzugs von Corus vom Markt für nahtlose Rohre zu analysieren.

132. Zur Antwort von Herrn Becher weisen die japanischen Klägerinnen darauf hin, dass Herr Becher nach eigenem Bekunden keine persönliche Kenntnis der von ihm kommentierten Umstände gehabt habe, was die Kommission, als sie diese Erklärung in Randnummer 63 der angefochtenen Entscheidung zitiert habe, irrtümlich nicht erwähnt habe. Sein Zeugnis habe daher keinen großen Beweiswert; nach Meinung von JFENKK ist es sogar unzulässig (Urteil Rhône-Poulenc/Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, und Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Vesterdorf in dieser Rechtssache, S. 955 bis 957). Ferner dürfe die Kommission diese Antwort nicht einerseits als zuverlässiges Beweismittel betrachten, soweit sie das Vorliegen einer Übereinkunft zwischen europäischen und japanischen Herstellern bestätige, sie aber andererseits außer Betracht lassen, soweit darin das Vorliegen einer Übereinkunft über eine gegenseitige Respektierung der Heimatmärkte zwischen den europäischen Herstellern verneint werde. Soweit die Antwort von Herrn Becher das Vorliegen einer Marktaufteilungsabsprache zwischen den europäischen Herstellern in Abrede stelle, stehe sie im Widerspruch zum Dokument Stahlrohrsystem, das Herr Becher als falsch bezeichne. Außerdem sei sie unvereinbar mit der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 und der Antwort von Dalmine vom 29. Mai 1997.

133. Zur Antwort von Corus vom 31. Oktober 1997 auf ein Auskunftsersuchen der Kommission (S. 11932 der Kommissionsakte, im Folgenden: Antwort von Corus), wonach die Heimatmärkte den örtlichen Herstellern vorbehalten gewesen seien, weisen die japanischen Hersteller darauf hin, dass Corus in einem Schreiben vom 30. März 1999 an die Kommission (Anlage C.5 der Klageschrift in der Rechtssache T68/00, im Folgenden: Schreiben vom 30. März 1999) eindeutig erklärt habe, dass keine ihrer Erklärungen dahin verstanden werden dürfe, dass zwischen europäischen und japanischen Herstellern eine Übereinkunft getroffen worden sei. Dem Vorbringen der Kommission, dass es in dem Schreiben vom 30. März 1999 um das Verfahren der geschweißten Rohre gehe, halten die japanischen Klägerinnen entgegen, dass die Erklärung, die dort klargestellt werde, von Corus in dem Verfahren der nahtlosen Rohre in gleichen Wendungen formuliert worden sei. Der Äußerung der Kommission, die Position von Corus sei paradox, hält Nippon entgegen, dass es im Gegenteil die Kommission sei, die sich auf ein Verständnis der Aussagen von Corus stützen wolle, die diese gerade ausgeschlossen habe. JFEKawasaki und Sumitomo halten das angebliche Geständnis von Corus für unklar und mehrdeutig. Sumitomo betont, dass in der Antwort von Corus nur OCTGRohre erwähnt seien. Für sie wie auch für JFENKK betrifft diese Antwort zudem lediglich Drittlandsmärkte.

134. Nach Auffassung der japanischen Klägerinnen hatten die europäischen Hersteller offensichtlich ein Interesse an Schadensbegrenzung, das sie dazu motiviert habe, u. a. eine Übereinkunft mit den japanischen Herstellern in der Absicht einzuräumen, die Kommission so von der wirklichen Bedeutung der Grundregeln abzulenken, mit denen eine Aufteilung der europäischen Märkte zwischen europäischen Herstellern angestrebt worden sei; Letztere sei eine wesentlich schwerere Zuwiderhandlung als die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte und hätte, falls aufgedeckt, höhere Geldbußen für sie zur Folge gehabt. Diese Analyse werde dadurch bestätigt, dass die Strategie von Vallourec, die Kommission über das Vorliegen einer Übereinkunft mit den japanischen Herstellern aufzuklären, ihr eine Ermäßigung von 40 % der ohne Kooperation zu erwartenden Geldbuße eingebracht habe und ihr zugleich eine weitere Geldbuße für die Zuwiderhandlung bei Glattendrohren, die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellt werde, erspart habe. Auch Dalmine habe eine Ermäßigung ihrer Geldbuße um 20 % erreicht. Vor diesem Hintergrund müssten die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweisstücke, insbesondere die Erklärungen von Herrn Verluca, gewürdigt werden. Ebenso müsse berücksichtigt werden, dass Vallourec die Entscheidung nicht angefochten und Dalmine die Tatsachen, auf denen sie beruhe, nicht bestritten habe. Sumitomo weist ferner darauf hin, dass alle angeführten Erklärungen, insbesondere die von Herrn Verluca, Herrn Becher und Herrn Biasizzo, nachträglich abgegeben worden seien; bei Widersprüchen müsse aber Beweisen, die in zeitgleichen Dokumenten wie dem VerteilerschlüsselPapier enthalten seien, gegenüber Beweisen, die sich aus den genannten Erklärungen ergäben, der Vorzug gegeben werden.

135. Nippon trägt vor, dass sie entgegen der Feststellung in Randnummer 131 der angefochtenen Entscheidung sowohl in ihrer schriftlichen Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der Anhörung durch die Kommission ausdrücklich zu dem Vorwurf Stellung bezogen habe, dass die in den Randnummern 62 bis 67 und 100 aufgeführten Dokumente das Vorliegen und den Inhalt der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Übereinkunft belegten, indem sie deren Beweiswert jeweils in Zweifel gezogen hätten. Ferner bestreitet Nippon die Behauptung in Randnummer 131 der angefochtenen Entscheidung, die japanischen Unternehmen hätten eingeräumt, keine näheren Angaben zu den Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs machen zu können. So habe sie in ihrer Antwort auf eine Frage in der Anhörung klar gesagt, dass es Sitzungen von europäischen und japanischen Herstellern gegeben habe, deren Ziel indessen die Koordinierung der Verkäufe auf dem russischen und dem chinesischen Markt gewesen sei.

136. Was die Dauer der Zuwiderhandlung angehe, so seien die Daten in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 unbestimmt. Die Kommission habe daher die Dauer der Zuwiderhandlung nicht gebührend nachgewiesen.

137. Zum Jahr 1977, in dem der Austausch laut Herrn Verluca begonnen haben soll, erheben die japanischen Klägerinnen im Wesentlichen zwei Einwände.

138. Erstens weisen sie darauf hin, dass der französische Ausdruck échanges sehr vage sei und in Fußnote 10 der angefochtenen Entscheidung ins Englische mit trade übersetzt worden sei, was mit der Beurteilung der Kommission in Randnummer 108 der angefochtenen Entscheidung, wonach es sich um Sitzungen von Teilnehmern an einer rechtswidrigen Absprache gehandelt habe, nicht zu vereinbaren sei.

139. Zweitens machen sie geltend, die Kommission habe für den Zeitraum vor 1990 eingeräumt, dass die Selbstbeschränkungsabkommen damals dem Warenabsatz der japanischen Hersteller auf den Gemeinschaftsmärkten entgegengestanden hätten. Der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 sei indessen keineswegs zu entnehmen, dass 1990 oder 1991 an die Stelle der zwischenstaatlichen Selbstbeschränkungsabkommen eine rechtswidrige Übereinkunft zwischen japanischen und europäischen Herstellern getreten sei. Daraus folge, dass die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 die Feststellungen der Kommission zum Beginn der Zuwiderhandlung nicht stütze. Damit sei die Kommission aber nicht ihrer Pflicht nachgekommen, auch die Dauer der Zuwiderhandlung durch hinreichend genaue und übereinstimmende Beweismittel zu belegen (Urteil CRAM und Rheinzink/Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnr. 20).

140. Selbst wenn man im Übrigen davon ausgehe, dass das Vorliegen der Zuwiderhandlung seit 1977 ordnungsgemäß nachgewiesen sei, habe die Kommission die Dauer der Zuwiderhandlung dennoch fehlerhaft berechnet, weil die Selbstbeschränkungsabkommen zwischen der Gemeinschaft und Japan am 31. Dezember 1990 und nicht am 31. Dezember 1989 ausgelaufen seien. Dies werde durch die ihren Klageschriften beigefügten Beweismittel belegt, so insbesondere durch einen Auszug aus dem Weißbuch über den internationalen Handel, das das japanische Ministerium für Handel und Industrie (im Folgenden auch: MITI) am 25. Juni 1991 veröffentlicht habe und dem zu entnehmen sei, dass die Selbstbeschränkungsabkommen während des Jahres 1990 in Kraft geblieben seien. Nach den japanischen Rechtsvorschriften sei das MITI ermächtigt worden, die japanischen Stahlrohrhersteller zur Respektierung der Selbstbeschränkungsabkommen zu zwingen. In Ausübung dieser Befugnis habe das MITI sechs japanische Unternehmen, darunter die japanischen Klägerinnen, aufgefordert, Selbstbeschränkungsabkommen für den Export abzuschließen, die dann vom MITI genehmigt worden seien. Dazu haben die japanischen Klägerinnen japanische Dokumente über die Verlängerung des Abkommens für das Jahr 1990 vorgelegt, nämlich das vom MITI am 28. Dezember 1989 genehmigte Verlängerungsabkommen und das Notifikationsschreiben an das MITI mit einer Erläuterung der Gründe, aus denen die Verlängerung erforderlich gewesen sei. Ferner hat Nippon einen Beschlussentwurf ihres Vorstandes vorgelegt sowie dessen Beschluss, mit dem er eine Verlängerung des Abkommens zwischen den japanischen Herstellern bis zum 31. Dezember 1990 billigte.

141. In ihren Erwiderungen bringen Nippon und JFEKawasaki ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, dass die Kommission in ihrer Klagebeantwortung nicht klar angegeben habe, wann die Selbstbeschränkungsabkommen außer Kraft getreten seien; schließlich sei sie selbst an dem zugrunde liegenden Regierungsabkommen beteiligt gewesen. Unter diesen Umständen sei es nicht glaubwürdig, dass die Kommission den Abschluss des Abkommens zwischen den japanischen Herstellern nicht gekannt habe. Nippon ersucht das Gericht, die Kommission zur Mitteilung des genauen Zeitpunktes des endgültigen Außerkrafttretens der Abkommen aufzufordern. Ferner machen die beiden vorgenannten Klägerinnen und JFENKK geltend, dass die Kommission eine Änderung wie das Außerkrafttreten der Selbstbeschränkungsabkommen mit Japan in ihrem 24. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften für das Jahr 1990 erwähnt hätte, wenn sie in diesem Jahr wirklich eingetreten wäre. In dem Bericht heiße es aber, dass die Einfuhrregelung für Stahlerzeugnisse im Vergleich zum Jahr 1989 unverändert geblieben sei (Randnr. 840 des Berichts).

142. Demnach sei offenkundig, dass die Kommission das Vorliegen der Zuwiderhandlung für das Jahr 1990 ohne diesen Sachverhaltsirrtum nicht festgestellt hätte.

143. Zum Ende der festgestellten Zuwiderhandlung weisen die japanischen Klägerinnen darauf hin, dass sich die Kommission in ihrer Datierung des Endzeitpunkts auf 1995 ausschließlich auf eine unbestimmte Angabe in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 stütze, wonach die Kontakte etwas mehr als [ein] Jahr zuvor aufgehört hätten. Das andere von der Kommission zu diesem Punkt herangezogene Dokument, das VerteilerschlüsselPapier, lege einen Zeitraum zugrunde, der im März 1994 geendet habe. Es gebe keinen Beweis für Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs nach diesem Zeitpunkt. Man müsse daher davon ausgehen, dass die Zuwiderhandlung auf jeden Fall nicht über das erste Halbjahr 1994 hinaus angehalten habe. Sumitomo und Nippon meinen, dass das Verteilerschlüssel-Papier nur eine Zuwiderhandlung von der Dauer eines Jahres (1993 bis März 1994) belegen könne. Der Hinweis in der Erklärung von Herrn Becher, den die Kommission als Nachweis für die Zuwiderhandlungsdauer in Randnummer 97 der angefochtenen Entscheidung anführe und wonach die Übereinkunft vor dem 1. April 1995 bestanden habe, sei hinsichtlich der Dauer der Zuwiderhandlung in Wirklichkeit ohne Bedeutung, weil dieser Zeitpunkt ganz einfach der sei, zu dem Herr Becher Generaldirektor von Mannesmann geworden sei. Soweit in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellt werde, dass die Zuwiderhandlung während des Jahres 1995 fortgedauert habe, sei dies mit den verwerteten Beweisstücken unvereinbar. Die angefochtene Entscheidung müsse daher zumindest insoweit für nichtig erklärt werden, als sie das Vorliegen einer Zuwiderhandlung jenseits der Zeiträume feststelle, für die die Beweise ausreichten.

144. Die Kommission betont zunächst, dass die Taktik der japanischen Klägerinnen, jedes Beweisstück aus seinem Zusammenhang zu reißen und es einer komplexen juristischen Analyse zu unterwerfen, bei einer Gesamtwürdigung der Tatsachen nicht verfangen könne, deren Analyse in ihrem wirklichen Kontext vielmehr das Vorliegen der Zuwiderhandlung beweise (z. B. Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T334/94, Sarrió/Kommission, Slg. 1998, II1439, Randnr. 103). Das Gericht habe im Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1838) entschieden, dass bei der Beurteilung des Beweiswerts eines Dokuments zunächst zu untersuchen sei, mit welcher Wahrscheinlichkeit die darin enthaltenen Informationen zuträfen; dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, von wem das Dokument stamme, unter welchen Umständen es erstellt worden sei, an wen es gerichtet sei und ob es seinem Inhalt nach vernünftig und glaubwürdig wirke.

145. Im vorliegenden Fall sei das Vorbringen, dass die Grundregeln, auf die sich die einzelnen Beweisstücke bezögen, eher einen Zustand als eine Marktaufteilungsabsprache beschrieben, wirklichkeitsfern. Ebenso wenig stützten die Beweismittel das Vorbringen, wonach die Grundregeln nur für die Beziehungen zwischen europäischen Herstellern gegolten hätten. Außerdem habe die Kommission den innergemeinschaftlichen Aspekt der Übereinkunft in der angefochtenen Entscheidung keineswegs vernachlässigt. Die Darstellung der Zuwiderhandlung in deren Gründen und in Artikel 1 lasse nicht nur erkennen, dass die japanischen Hersteller nicht berechtigt gewesen seien, ihre Produkte in Europa abzusetzen, sondern auch, dass keiner der europäischen Hersteller das Recht gehabt habe, seine Produkte auf den Heimatmärkten der anderen europäischen Hersteller abzusetzen.

146. Die Kommission tritt insbesondere dem Vorbringen von JFENKK entgegen, dass sich die Begriffe Grundregeln und verbesserte Grundregeln auf die notwendige Rationalisierung der Gemeinschaftsindustrie und nicht auf eine rechtswidrige Übereinkunft bezögen. Das Dokument Stahlrohrsystem und besonders die dort erwähnte Sitzung vom 6. Oktober 1992 beträfen einen Rationalisierungsprozess, der durch von der Kommission gemäß Artikel 87 EG genehmigte staatliche Beihilfen finanziert worden sei.

147. Was die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 angehe, so sei ihr besondere Bedeutung beizumessen, da ihr Urheber als Vorstandsvorsitzender der Vallourec Oil & Gas von den Tätigkeiten des EuropäischJapanischen Clubs unmittelbare Kenntnis gehabt habe. So habe er an mehreren der halbjährlichen Sitzungen dieses Clubs teilgenommen, was in seinen Erklärungen festgehalten sei (vgl. oben, Randnr. 23). Die Kommission beruft sich auf den allgemeinen Grundsatz, dass im Rahmen der Beweiswürdigung Erklärungen, die den Interessen des Erklärenden zuwiderliefen, als beweiskräftig anzusehen seien. Im vorliegenden Fall laufe die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 den Interessen von Vallourec, die er vertreten habe, aber durchaus zuwider, da gegen Vallourec damals eine Untersuchung der Kommission anhängig gewesen sei.

148. Zu dem Vorbringen, die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 werde hinsichtlich aller spezifischen Aspekte der Zuwiderhandlung, so besonders hinsichtlich der Definition der Grundregeln, durch kein anderes Beweisstück gestützt, verweist die Kommission darauf, dass das Gemeinschaftsrecht dem Urteil Zement zufolge (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1838) keinen Grundsatz kenne, der sie daran hindere, aus nur einem Schriftstück auf die Existenz einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG zu schließen.

149. Freilich werde die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 auch durch weitere Beweismittel in der Akte bestätigt, so durch die in der angefochtenen Entscheidung zitierten Dokumente (vgl. unten, Randnrn. 161 ff.). Wenn in den meisten dieser Beweisurkunden die Grundregeln als solche nicht definiert oder in ihrer Tragweite umschrieben würden, so nur deshalb, weil deren Sinn und Zweck sowohl den Verfassern dieser Schriftstücke als auch ihren Adressaten völlig bekannt gewesen seien.

150. Die Kommission weist auch das Argument zurück, dass sich der Ausdruck échanges in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 nicht auf Sitzungen beziehe; die Übersetzung dieses Ausdrucks in Fußnote 10 der englischen Fassung der angefochtenen Entscheidung (trade) sei ein Versehen.

151. Zur beweisrechtlichen Zulässigkeit des VerteilerschlüsselPapiers macht die Kommission geltend, dass der Begriff der Unzulässigkeit von Beweismitteln nach der Rechtsprechung im Gemeinschaftsrecht nur sehr beschränkt Anwendung finde. Wie Richter Vesterdorf in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache RhônePoulenc/Kommission (zitiert oben in Randnr. 56) dargelegt habe, sei das grundlegende Prinzip das der freien Beweiswürdigung.

152. Zur Tragweite des VerteilerschlüsselPapiers sei vor allem darauf hinzuweisen, dass sich die Angabe API sowohl auf OCTGStandardrohre als auch auf Leitungsrohre beziehen könne, denn für beide Produktarten gebe es APIStandards (vgl. die Anlage der Klagebeantwortung in der Rechtssache T78/00). Was das Vorbringen angehe, dass der vom VerteilerschlüsselPapier betroffene Markt nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 nicht existiere, so hätte es, träfe dies zu, keinen Grund gegeben, Europa, wie aber geschehen, in den vorgeschlagenen Verteilerschlüssel einzubeziehen.

153. Zum Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden bemerkt die Kommission, dass es zwar von Corus verfasst worden sei, aber von Mannesmann den Vorstandsvorsitzenden habe vorgestellt werden sollen. Dies belege das handschriftliche Zeichen HN (Hans Nolte von Mannesmann) auf seiner ersten Seite, wonach es in die Präsentation von Herrn Nolte habe aufgenommen werden sollen. Auch Vallourec habe den Inhalt dieses Papiers gebilligt, so dass es den gemeinsamen Standpunkt der drei genannten europäischen Hersteller zum Ausdruck bringe.

154. Zu dem Vorbringen, die lateinamerikanischen Hersteller seien bevorzugt worden, weist die Kommission darauf hin, dass es neben dem Verteilerschlüssel-Papier andere unmittelbare Beweise für die Beteiligung der japanischen Hersteller an der Zuwiderhandlung gebe, so etwa die Erklärungen von Herrn Verluca vom 17. September und 14. Oktober 1996, was hingegen bei den lateinamerikanischen Herstellern nicht der Fall sei.

155. Hinsichtlich der Erklärung von Herrn Biasizzo tritt die Kommission der Auffassung der japanischen Klägerinnen entgegen, dass dieser in seinen Erläuterungen zu meiner Aussage seine Angaben zum Vorliegen einer internationalen Marktaufteilungsvereinbarung zurückgenommen habe, und führt dazu besonders Passagen aus diesen Erläuterungen an, in denen Herr Biasizzo von der Notwendigkeit spreche, in enger Abstimmung mit allen anderen Herstellern vorzugehen und zu neuen Regeln und Verhaltensweisen zu finden.

156. Zur Antwort von Dalmine vom 4. April 1997 meint die Kommission, sie enthalte zwar bestimmte Enthüllungen über die Übereinkunft, sei aber im Übrigen der Versuch, deren Konsequenzen einzudämmen, so dass sie nicht die eindeutigen und ausdrücklichen Erklärungen ehemaliger Angestellter dieses Unternehmens widerlegen könne. Bei dem Dokument Stahlrohrsystem sei der Umstand, dass es im Gegensatz zu anderen Beweismitteln, insbesondere den Erklärungen der Herren Verluca und Biasizzo, ausschließlich auf europäische Märkte Bezug nehme, darauf zurückzuführen, dass es, wie schon sein Titel andeute, lediglich die Lage der europäischen Hersteller habe beschreiben sollen.

157. Zu den in der Erklärung Herrn Verlucas vom 17. September 1996 enthaltenen Angaben über die Dauer der Übereinkunft macht die Kommission geltend, dass die genaue Zeitdauer nur für die Bemessung der Geldbuße Bedeutung habe. Was den Zeitraum zwischen 1977 und Anfang 1990 betreffe, so habe sie ihn bei der Bemessung der Geldbuße nicht berücksichtigt; aus der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 ergebe sich indessen eindeutig, dass die Übereinkunft während dieses gesamten Zeitraums durchaus gegolten habe.

158. Zur Festlegung des Beginns der Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission klar, sie habe das Nichtvorliegen einer Zuwiderhandlung zwischen 1977 und 1989 infolge der Geltung der Selbstbeschränkungsabkommen nicht anerkannt. Sie habe vielmehr bloß erklärt, dass die zwischen 1977 und Ende 1989 begangene Zuwiderhandlung nicht berücksichtigt werde.

159. Zu dem Vorbringen, dass nach dem 24. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaften für das Jahr 1990 die Einfuhrregelung für Stahlerzeugnisse im Vergleich zum Jahr 1989 unverändert geblieben sei, weist die Kommission vor allem darauf hin, dass der 25. Gesamtbericht für 1991 insoweit wortgleich formuliert sei, obgleich die Klägerinnen nicht behaupteten, dass die Selbstbeschränkungsabkommen auch 1991 in Kraft geblieben seien.

160. Weiterhin belegten die Klageschriften der japanischen Klägerinnen und die ihnen beigefügte Dokumentation lediglich, dass diese Unternehmen mit den japanischen Behörden ein Selbstbeschränkungsabkommen für ihre Exporte bis Ende 1990 abgeschlossen hätten. Die japanischen Klägerinnen hätten hingegen keineswegs bewiesen, dass dieses Abkommen eine Verlängerung des von der Europäischen Kommission und der japanischen Regierung geschlossenen, internationalen Abkommens widerspiegele. Die Kommission habe ihrerseits ihre Archive durchforscht, aber keine Spur von der angeblichen Verlängerung der Selbstbeschränkungsabkommen bis in das Jahr 1990 hinein entdeckt.

161. Auf jeden Fall beruhe das Vorbringen der japanischen Klägerinnen zum Anfangszeitpunkt der Zuwiderhandlung auf der Prämisse, dass ihnen durch die Selbstbeschränkungsabkommen Rohrexporte nach der Gemeinschaft untersagt worden seien. Das sei aber zu bezweifeln, weil in den Abkommen zugunsten der japanischen Hersteller verschiedene Quoten festgelegt worden seien.

162. Zum Endzeitpunkt der Zuwiderhandlung verweist die Kommission darauf, dass die Übereinkunft nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 etwas mehr als ein Jahr zuvor beendet worden sei. Die in der Erklärung von Herrn Becher enthaltene Angabe, dass die Übereinkunft vor dem 1. April 1995 gegolten habe, stimme mit dieser Aussage von Herrn Verluca überein. Da der der Dauer der Übereinkunft entsprechende Teil der Geldbuße auf der Grundlage der Feststellung berechnet worden sei, dass diese von 1990 bis einschließlich 1994 gegolten habe, reiche der Hinweis von Herrn Verluca ohne weiteres aus, um die insoweit zugrunde gelegte Zuwiderhandlungsdauer zu belegen. Dass das VerteilerschlüsselPapier die Abhaltung von Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs nur bis März 1994 belege, beweise keineswegs, dass die Übereinkunft zu diesem Zeitpunkt tatsächlich beendet worden sei.

Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes, wonach die Reichweite der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung fehlerhaft beurteilt worden sei

163. Nach Auffassung der japanischen Klägerinnen ist die in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung formulierte Annahme der Kommission, die in Artikel 2 festgestellte Zuwiderhandlung habe bezweckt, den dem britischen Markt nach den Grundregeln zuerkannten Status als Heimatmarkt mit Hilfe verbesserter Grundregeln aufrechtzuerhalten, von Grund auf unschlüssig. Corus habe sich mit der Beendigung ihrer Glattendrohrproduktion in Clydesdale nicht vom britischen Markt für OCTGStandardgewinderohre und projektbezogene Leitungsrohre zurückgezogen, sondern hätte ihre Tätigkeit auf diesem Markt fortgeführt und diese Produkte weiterhin abgesetzt, selbst wenn sie keine Lieferverträge für Glattendrohre mit Vallourec, Dalmine und Mannesmann geschlossen hätte. Die japanischen Klägerinnen verweisen auf ihr Vorbringen, wonach die Präsenz von Corus auf dem britischen Markt für OCTGGewinderohre und Leitungsrohre sie jedenfalls nie daran gehindert habe, einen lebhaften Wettbewerb im OffshoreBereich dieses Marktes anzustrengen. JFENKK führt hierzu aus, nach Auffassung der Kommission hätte ein britischer Hersteller gefunden werden müssen, der seine eigenen Glattendrohre erst herstelle und dann selbst mit Gewinden versehe, um Corus vom Markt des Vereinigten Königreichs zu verdrängen, was aber nicht der Fall gewesen sei. Die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung habe daher 1990 nicht überdauern können, weil Corus seine Produktion nahtloser Rohre im Laufe dieses Jahres eingestellt habe.

164. Sumitomo macht weiter geltend, es könne legitimerweise nicht angenommen werden, dass die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte, zweite Zuwiderhandlung schlicht ein Mittel zur Durchführung des in Artikel 1 festgestellten Verstoßes unter angeblicher Beteiligung der japanischen Hersteller gewesen sei, es sei denn, die Begehung dieser zweiten Zuwiderhandlung wäre die unvermeidliche und notwendige Konsequenz der ersten gewesen. Die von der Kommission beigebrachten Beweise rechtfertigten diesen Schluss aber nicht und belegten nicht einmal, dass die japanischen Hersteller von dieser selbständigen Übereinkunft Kenntnis gehabt hätten. Entgegen der Behauptung der Kommission in Randnummer 94 der angefochtenen Entscheidung habe das Verteilerschlüssel-Papier keinen Beweiswert, soweit die Neustrukturierung der europäischen Industrie in Frage stehe. Da im Übrigen Vallourec, wie sich aus ihren vorgenannten Vermerken, insbesondere dem Vermerk Strategische Überlegungen, ergebe, die Vereinbarungen der europäischen Hersteller über Glattendrohre im Kontext ihrer als VAM bezeichneten PremiumGewindeschneidetechnik gesehen habe, könne die Kommission nicht behaupten, dass sich diese Vereinbarungen auf OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre bezogen hätten.

165. In ihren Erwiderungen führen Nippon, JFEKawasaki und JFENKK aus, dass sich der Hinweis auf die Stärkung der EWG in dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990, die zu verbesserten Grundregeln habe führen sollen, auf das Inkrafttreten der Richtlinie 90/531 im Jahre 1990 beziehe. Auf dem britischen Markt habe die Richtlinie eine Ablösung des vom OSO eingeführten Präferenzsystems durch eine Regelung der Gemeinschaftspräferenz bewirken müssen, wonach den Gemeinschaftsherstellern der Auftrag sicher gewesen sei, wenn ihre Preise nicht mehr als 3 % über denen von Drittlandsherstellern gelegen hätten. So erkläre sich auch der Hinweis in dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 auf die Möglichkeit, dass OSO 1993 den europäischen Herstellern die 3 %Präferenz zugesteht, die sie im Augenblick den britischen Herstellern zubilligt. Nach der Schließung des Werkes in Clydesdale habe sich Corus folglich bei europäischen Herstellern mit Glattendrohren eindecken müssen, um weiterhin in den Genuss der von nun an gemeinschaftlichen Präferenz zu kommen. Dies allein erkläre bereits, weshalb sie diesen Weg des Bezugs von Glattendrohren gewählt habe. Außerdem habe Vallourec, die dieses neue Versorgungssystem für Corus organisiert habe, größtes Interesse daran gehabt, die Stellung von Corus auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs für Premiumgewinderohre aufrechtzuerhalten, aus der sie als Lizenzgeberin der von Corus eingesetzten VAM-Technologie Nutzen gezogen habe.

166. Insoweit ergebe sich aus dem Vermerk Strategische Überlegungen, dass Vallourec erwogen habe, Corus die Rücknahme der VAM-Lizenz anzudrohen, um zu verhindern, dass Corus Glattendrohre von Nippon und JFEKawasaki kaufe. Die Lieferverträge über Glattendrohre zwischen Vallourec und den anderen Herstellern von Glattendrohren einerseits und Corus andererseits seien mithin die Folge des geschäftlichen Interesses der europäischen Hersteller, ihre eigenen Glattendrohrumsätze zu erhöhen. Es gebe keinen Grund für die Annahme, dass diese Aufteilung des Glattendrohrmarktes unter den Europäern einer Verstärkung durch eine Absprache mit den japanischen Herstellern bedurft hätte.

167. Auf jeden Fall könnten die Lieferverträge über Glattendrohre zwischen Corus und jedem der drei anderen europäischen Hersteller, die zwischen 1997 und 1999 beendet worden seien, schwerlich als Teil der Durchführung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung betrachtet werden, die doch nur bis allerspätestens 1995 Bestand gehabt habe.

168. Ebenfalls erheblich sei insoweit das oben wiedergegebene Vorbringen der japanischen Klägerinnen, wonach die Kommission die Dokumente, die sich auf die Grundregeln und im vorliegenden Kontext insbesondere auf die verbesserten Grundregeln bezögen, falsch ausgelegt habe.

169. Schließlich hätten sie durchaus ein rechtliches Interesse an einer Anfechtung der Ausführungen in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung, denn auf deren Grundlage habe die Kommission gegen die europäischen und die japanischen Hersteller die gleiche Geldbuße verhängt, obwohl die einen an zwei Zuwiderhandlungen, die anderen aber nur an einer beteiligt gewesen seien.

170. Für die Kommission ergibt sich aus dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 eindeutig, dass die europäischen Hersteller Maßnahmen für erforderlich hielten, um zu verhindern, dass infolge der Schließung des Corus-Werkes in Clydesdale der britische Markt kein im Sinne der Grundregeln geschützter Heimatmarkt mehr sein würde. Wie in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung dargelegt, habe die in Artikel 2 festgestellte Zuwiderhandlung nach Ansicht der Kommission daher bewirken sollen, dass Corus als einheimischer Hersteller im Sinne der Übereinkunft, wie sie auch in Randnummer 102 der Entscheidung näher erläutert sei, erhalten werden könne.

171. Die Kommission ist der Auffassung, dass die japanischen Klägerinnen keinerlei rechtliches Interesse an einer Beanstandung jener Feststellungen hätten, die die den anderen Parteien in Artikel 2 vorgeworfene Zuwiderhandlung beträfen. Sie hätten nicht einmal an der dort festgestellten Zuwiderhandlung beteiligt sein müssen, um aus ihr, wie in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung umrissen, als Absicherung der ihnen in Artikel 1 angelasteten Zuwiderhandlung Nutzen zu ziehen. Es sei daher ohne Bedeutung, dass Sumitomo möglicherweise, wie sie behaupte, keine Kenntnis von den in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannten Verträgen gehabt habe und dass diese zweite Zuwiderhandlung möglicherweise später beendet worden sei als die in Artikel 1 festgestellte.

172. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die japanischen Klägerinnen die Feststellungen der Kommission zum Übergang von den Grundregeln zu den verbesserten Grundregeln widerlegt hätten, würde dies doch an der zentralen Feststellung der Kommission über die Vereinbarung der Grundregeln nichts ändern. Das Vorbringen, die Hinweise auf die verbesserten Grundregeln bezögen sich auf das Inkrafttreten der Richtlinie 90/531, sei im Licht sämtlicher in der angefochtenen Entscheidung angeführter Beweisurkunden, besonders des Sitzungsvermerks vom 24. Juli 1990, wenig glaubhaft.

b) Würdigung durch das Gericht

Vorbemerkungen

173. Zur Beweislage im Fall einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG ist vorab darauf hinzuweisen, dass es der Kommission obliegt, die von ihr festgestellten Zuwiderhandlungen zu beweisen. Sie hat dafür die Beweismittel beizubringen, die die Tatsachen, die die Zuwiderhandlung bilden, rechtlich hinreichend nachweisen (Urteile Baustahlgewebe/Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 58, und Kommission/Anic Partecipazioni, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 86).

174. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass der Gemeinschaftsrichter im Rahmen einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG nur die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung nachzuprüfen hat.

175. Demnach besteht die Rolle des Richters, der mit einer Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung der Kommission befasst wird, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt worden ist und den Adressaten der Entscheidung Geldbußen auferlegt worden sind, in der Prüfung, ob die von der Kommission in ihrer Entscheidung angeführten Beweise und sonstigen Darlegungen genügen, um das Vorliegen der festgestellten Zuwiderhandlung zu beweisen (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 891).

176. Daraus folgt, dass sich die Kommission nicht, um die angefochtene Entscheidung zu stützen, auf neue belastende Beweismittel berufen kann, die in der Entscheidung selbst nicht angegeben sind. Soweit die Klägerinnen allerdings durch weitere Unterlagen, die sie beim Gericht einreichen, nachzuweisen versuchen, dass die Beurteilung der Kommission auf Sachverhaltsirrtümern beruht, darf die Kommission auf dieses Vorbringen unter Bezugnahme auf diese Unterlagen antworten.

177. Verbleiben dem Richter Zweifel, so müssen sie dem Unternehmen, an das die eine Zuwiderhandlung feststellende Entscheidung gerichtet ist, zugute kommen (in diesem Sinne Urteil United Brands/Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 265). Der Richter kann also, besonders im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung einer eine Geldbuße verhängenden Entscheidung, nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Kommission die betreffende Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend nachgewiesen hat, wenn ihm in dieser Frage ein Zweifel verbleibt.

178. Denn in diesem Fall ist der insbesondere in Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) niedergelegte Grundsatz der Unschuldsvermutung zu berücksichtigen, der zu den Grundrechten gehört, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes, die im Übrigen durch die Präambel der Einheitlichen Europäischen Akte, durch Artikel 6 Absatz 2 des Vertrages über die Europäische Union und durch Artikel 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza verkündeten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2000, C 364, S. 1) bekräftigt worden ist, in der Gemeinschaftsrechtsordnung geschützt sind. Angesichts der Art der fraglichen Zuwiderhandlungen sowie der Art und der Schwere der ihretwegen verhängten Sanktionen gilt der Grundsatz der Unschuldsvermutung auch in Verfahren wegen Verletzung der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln, in denen Geldbußen oder Zwangsgelder verhängt werden können (in diesem Sinne u. a. Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 21. Februar 1984 in der Rechtssache Öztürk, Serie A, Nr. 73, und vom 25. August 1987 in der Rechtssache Lutz, Serie A, Nr. 123A; Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in den Rechtssachen C199/92 P, Hüls/Kommission, Slg. 1999, I4287, Randnrn. 149 und 150, und C235/92 P, Montecatini/Kommission, Slg. 1999, I4539, Randnrn. 175 und 176).

179. Daher muss die Kommission, wie die japanischen Klägerinnen zutreffend hervorheben, genaue und übereinstimmende Beweise beibringen, die die feste Überzeugung begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde (in diesem Sinne Urteile CRAM und Rheinzink/Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnr. 20, und Zellstoff II, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 127; Urteile SIV u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnrn. 193 bis 195, 198 bis 202, 205 bis 210, 220 bis 232, 249, 250 und 322 bis 328, und Volkswagen/Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnrn. 43 und 72).

180. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise diesen Kriterien notwendig hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung genügen muss. Es reicht aus, dass das von der Kommission angeführte Indizienbündel bei seiner Gesamtwürdigung dieser Anforderung genügt (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnrn. 768 bis 778, insbesondere Randnr. 777, insoweit bestätigt durch das auf Rechtsmittel ergangene Urteil des Gerichtshofes vom 15. Oktober 2002 in den Rechtssachen C238/99 P, C244/99 P, C245/99 P, C247/99 P, C250/99 P bis C252/99 P und C254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 2002, I8375, Randnrn. 513 bis 523).

181. Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich außerdem schon aus dem Wortlaut von Artikel 81 Absatz 1 EG selbst, dass Vereinbarungen zwischen Unternehmen unabhängig von ihrer Wirkung verboten sind, wenn mit ihnen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird (u. a. Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 123). Im vorliegenden Fall hat die Kommission tatsächlich in erster Linie auf den wettbewerbsbeschränkenden Zweck der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Übereinkunft abgestellt. Sie hat außerdem, insbesondere in den Randnummern 62 bis 67 der angefochtenen Entscheidung, zahlreiche Urkundenbeweise angeführt, die ihrer Auffassung nach sowohl das Vorliegen dieser Übereinkunft als auch deren wettbewerbsbeschränkenden Zweck belegen.

182. Dieser Umstand hat möglicherweise weitreichende Konsequenzen für den ersten Teil des vorliegenden Klagegrundes, mit dem im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung keine wettbewerbswidrigen Wirkungen gehabt habe (vgl. oben, Randnr. 55, erster Satz).

183. Insoweit ist erstens festzustellen, dass das Vorbringen der japanischen Klägerinnen, die fragliche Übereinkunft sei ohne Auswirkungen geblieben, auch dann, wenn es zuträfe, grundsätzlich allein nicht zur Nichtigerklärung von Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung führen kann (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 11. Januar 1990 in der Rechtssache C277/87, Sandoz Prodotti Farmaceutici/Kommission, Slg. 1990, I45, und Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T143/89, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1995, II917, Randnr. 30).

184. Speziell zu Vereinbarungen, die wie die von der Kommission hier festgestellte Übereinkunft die Respektierung der Inlandsmärkte vorsahen, hat das Gericht in seinem Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnrn. 1085 bis 1088) zum einen entschieden, dass sie als solche eine Einschränkung des Wettbewerbs zum Gegenstand haben und zu einer Gruppe von durch Artikel 81 Absatz 1 EG ausdrücklich untersagten Vereinbarungen gehören, und zum anderen ausgeführt, dass dieser Gegenstand der Vereinbarung, der im dort zugrunde liegenden Sachverhalt unzweifelhaft durch Urkundenbeweise nachgewiesen war, nicht durch eine Analyse des wirtschaftlichen Kontextes, in dem das fragliche wettbewerbswidrige Verhalten stand, gerechtfertigt werden kann.

185. Dazu ist hervorzuheben, dass die Frage, ob der Abschluss der von der Kommission in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Übereinkunft mit wettbewerbswidriger Zielsetzung im wirtschaftlichen Interesse der japanischen Klägerinnen lag oder nicht, für das Vorliegen der Zuwiderhandlung unerheblich wäre, wenn auf der Grundlage der in der Kommissionsakte enthaltenen Beweismittel nachgewiesen ist, dass sie diese Übereinkunft tatsächlich geschlossen haben.

186. Zweitens ist festzustellen, dass das Vorbringen, die japanischen Klägerinnen hätten das Vorliegen von Umständen nachgewiesen, die den von der Kommission festgestellten Sachverhalt in einem anderen Licht erscheinen ließen und damit eine andere plausible Erklärung der Tatsachen ermöglichten, aus denen die Kommission auf die Begehung einer Zuwiderhandlung gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln geschlossen habe (Urteile CRAM und Rheinzink/Kommission, zitiert oben in Randnr. 57, Randnr. 16, Zellstoff II, zitiert oben in Randnr. 56, Randnrn. 126 und 127, und PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 725), im vorliegenden Fall nicht stichhaltig ist. Denn die diesem Vorbringen zugrunde liegende Rechtsprechung bezieht sich auf eine Fallkonstellation, in der sich die Kommission für ihre Feststellung, dass eine Zuwiderhandlung vorlag, ausschließlich auf das Marktverhalten der Unternehmen stützte (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnrn. 727 und 728).

187. Wie vorstehend erwähnt, stützte sich die Kommission jedoch im vorliegenden Fall für ihre Feststellung einer wettbewerbswidrigen Übereinkunft auf Urkundenbeweise. Die von den japanischen Klägerinnen angeführte Rechtsprechung könnte darum im vorliegenden Fall nur einschlägig sein, wenn es der Kommission nicht gelungen wäre, mit den von ihr angeführten Urkundenbeweisen die Begehung der Zuwiderhandlung nachzuweisen. Unter diesen Umständen haben die Klägerinnen, die die Nichtigerklärung von Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung begehren, nicht bloß eine plausible Alternative zur Darstellung der Kommission darzutun, sondern müssen außerdem aufzeigen, dass die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise für den Nachweis der Zuwiderhandlung nicht genügen (in diesem Sinne Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 728).

188. Daraus ergibt sich, dass die ersten beiden Teile des vorliegenden Klagegrundes zusammen zu prüfen sind, weil der erste Teil gegenüber dem zweiten Teil, mit dem die mangelnde Stichhaltigkeit der Urkundenbeweise gerügt wird, subsidiär ist. Der dritte Teil des Klagegrundes ist anschließend gesondert zu prüfen.

Zum zweiten Teil des Klagegrundes, wonach die Beweismittel nicht beweiskräftig seien, und subsidiär zum ersten Teil des Klagegrundes, wonach das Vorliegen der behaupteten Übereinkunft mit der Situation auf dem britischen OffshoreMarkt und auf den übrigen Märkten unvereinbar gewesen sei

- Erklärungen von Herrn Verluca

189. Es ist zunächst zu konstatieren, dass sich die Kommission sowohl in der angefochtenen Entscheidung (vgl. insbesondere Randnr. 131) als auch in ihren Schriftsätzen in den vorliegenden Rechtssachen weitestgehend auf die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 in Verbindung mit seiner Erklärung vom 14. Oktober 1996 und das Schriftstück Nachprüfung bei Vallourec stützt (im Folgenden zusammen bezeichnet als Erklärungen von Herrn Verluca). Dabei soll die Bedeutung der Erklärungen von Herrn Verluca darin liegen, dass sie die einzigen Beweismittel sind, durch die alle Aspekte der Zuwiderhandlung, insbesondere ihre Dauer und die betroffenen Produkte, belegt werden.

190. Der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 ist zu entnehmen, dass die Heimatmärkte der Beteiligten an der als Fundamentals bezeichneten Übereinkunft Schutz genossen, ausgenommen der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs, der als teilgeschützt[es Gebiet galt], d. h. ein Konkurrent musste vor Abgabe eines Angebots zunächst mit dem heimischen ÖlfeldRohrhersteller [Corus] Kontakt aufnehmen (vgl. Randnrn. 53 und 62 der angefochtenen Entscheidung). Die von der Übereinkunft erfassten Produkte waren nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 nahtlose StandardOCTG und [projektbezogene Leitungsrohre] (Randnr. 56 der angefochtenen Entscheidung). Auch die Dauer der Vereinbarung wird von Herrn Verluca in dieser Erklärung dahin präzisiert, dass [d]er Austausch... nach dem Einbruch des Marktes 1977 [begann] ([c]es échanges ont commencé après la chute du marché de 1977) (Randnr. 55 der angefochtenen Entscheidung) und vor etwas mehr als einem Jahr beendet worden sei (se sont achevés il y a un peu plus d'un an) (Randnr. 96 der angefochtenen Entscheidung). Was die praktischen Modalitäten der Übereinkunft angeht, so beschreibt Herr Verluca eine Gepflogenheit von grundsätzlich zwei Sitzungen pro Jahr (Randnr. 60 der angefochtenen Entscheidung).

191. Die Kommission weist in Randnummer 57 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass Herr Verluca in seiner Erklärung vom 14. Oktober 1996 als übliche Teilnehmer an den Sitzungen für Europa... [Corus] (bis zur Einstellung ihrer OCTGTätigkeiten), Dalmine, Mannesmann und Vallourec [und] für Japan... [JFENKK], [JFE]Kawasaki, [Nippon] und [Sumitomo] benannte. Außerdem listete Herr Verluca, wie die Kommission in Randnummer 60 der angefochtenen Entscheidung erwähnt, - allerdings nicht in seiner Erklärung vom 17. September 1996, wie die Kommission schreibt, sondern in Anlage 2 seiner Erklärung vom 14. Oktober 1996 - fünf Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs auf, und zwar am 14. April 1992 in Florenz, am 23. Oktober 1992 in Tokyo, am 19. Mai 1993 in Paris, am 5. November 1993 in Tokyo und am 16. März 1994 in Cannes.

192. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass keine Bestimmung und kein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts es der Kommission untersagt, gegen ein Unternehmen die Erklärungen anderer beschuldigter Unternehmen zu verwenden (Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnrn. 109 und 512). Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die den Artikeln 81 EG und 82 EG zuwiderlaufen, nicht tragbar und mit der ihr vom EGVertrag übertragenen Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmungen zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 512).

193. Im vorliegenden Fall ist zunächst die Bedeutung des von Herrn Verluca in seiner Erklärung vom 17. September 1996 gebrauchten Begriffes Austausch (échanges) zu klären. Wie die Kommission anmerkt, ist die Übersetzung dieses Begriffes durch das englische Wort trade in der Fußnote auf Seite 10 der englischen Fassung der angefochtenen Entscheidung in der Tat offenkundig irrig und besagt der Begriff in Wirklichkeit, dass es zwischen den japanischen und den europäischen Stahlherstellern Kontakte gab. Die Kommission verweist zu Recht auf den oben in Randnummer 190 zitierten Satz, in dem dieser Begriff im Rahmen der Beschreibung der den japanischen und europäischen Herstellern angelasteten Übereinkunft verwendet wird.

194. Weiterhin stellen die japanischen Klägerinnen nicht in Abrede, dass die japanischen und die europäischen Hersteller von nahtlosen Stahlrohren gemeinsame Sitzungen abhielten (vgl. Randnr. 131 der angefochtenen Entscheidung). JFENKK, JFEKawasaki und Sumitomo bestreiten auch nicht ihre Teilnahme an diesen Sitzungen, behaupten aber, dass die einzigen Informationen, die ihnen darüber vorlägen, die Erinnerungen ihrer Angestellten seien, die angesichts der seither verstrichenen Zeit wenig verlässlich erschienen.

195. Nippon trägt vor, dass ihres Wissens keiner ihrer gegenwärtigen Angestellten an den Sitzungen teilgenommen habe; sie könne aber nicht ausschließen, dass einige ihrer früheren Angestellten daran teilgenommen hätten. Eine Einzelheit in der Antwort von Nippon vom 4. Dezember 1997 auf die ergänzenden Fragen der Kommission, nämlich der Umstand, dass Herr X, der Verantwortliche für Stahlrohrausfuhren, vom 14. bis 17. März 1994 eine Dienstreise nach Cannes unternahm, stützt indessen die Auffassung der Kommission, dass Nippon an den Sitzungen teilnahm, da eine der von Herrn Verluca erwähnten Zusammenkünfte des EuropäischJapanischen Clubs am 16. März 1994 in Cannes stattfand (Randnr. 60 der angefochtenen Entscheidung). In derselben Antwort teilt Nippon weiter mit, dass sie den Zweck dieser Dienstreise und den von weiteren Dienstreisen ihrer Angestellten nach Florenz nicht erklären könne, da sie in beiden Städten keine Kunden habe.

196. Unter diesen Umständen zog die Kommission zu Recht den Schluss, dass die von Herrn Verluca in seiner Erklärung vom 14. Oktober 1996 benannten japanischen Klägerinnen (vgl. oben, Randnr. 191) einschließlich Nippon tatsächlich an den von ihm beschriebenen Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs teilnahmen.

197. Die vier japanischen Klägerinnen bestreiten jedoch, dass bei diesen Sitzungen eine Übereinkunft über die Aufteilung der japanischen und europäischen Märkte geschlossen worden sei. JFENKK, JFEKawasaki und Sumitomo behaupten, dass in den Sitzungen im Wesentlichen nur über Fragen allgemeiner Art oder über die Märkte von Drittländern wie Russland oder China gesprochen worden sei.

198. Somit ist zwischen der Kommission und den japanischen Klägerinnen die Frage streitig, ob die japanischen und die europäischen Hersteller in den Sitzungen für die beiden in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte, nämlich OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre, eine rechtswidrige Übereinkunft über den gegenseitigen Schutz der Heimatmärkte schlossen.

199. Hierzu machen die japanischen Klägerinnen geltend, dass die Erklärungen von Herrn Verluca zu unbestimmt seien, um auch nur schwache Beweise für das Bestehen der von der Kommission angenommenen Marktaufteilungsvereinbarung bilden zu können. Besonders die von Herrn Verluca gegebene Beschreibung der angeblichen Regelung über einen Teilschutz des OffshoreMarktes des Vereinigten Königreichs, wonach [d]as UK (offshore)... als teilgeschützt [galt], d. h. ein Konkurrent musste vor Abgabe eines Angebots zunächst mit dem heimischen ÖlfeldRohrhersteller Kontakt aufnehmen, [und] diese Regel... mehr oder weniger eingehalten worden sei, sei nicht hinreichend genau und entspreche nicht der Wahrheit, denn kein anderes der übrigen von der Kommission angeführten Dokumente stütze diese Aussage. Es bestehe außerdem ein Widerspruch zwischen der auf der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 beruhenden und in Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Ansicht der Kommission, dass der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs nur teilgeschützt gewesen sei, und den Randnummern 101 und 102 der Entscheidung, in denen ohne jede Nuancierung einfach von einer Regelung über die Marktaufteilung gesprochen werde.

200. Zu dieser letzteren Rüge genügt die Feststellung, dass in den Randnummern 101 und 102 im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung in allgemeiner Form der wettbewerbswidrige Zweck der Grundregeln beschrieben wird und dass diese beiden Randnummern im Licht der Randnummer 62 zu sehen sind, in der im Zuge einer eingehenden, auf die zusammengetragenen Urkundenbeweise gestützten Erläuterung der Funktionsweise der Grundregeln bereits dargelegt ist, dass der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs einen besonderen Status hatte. Dieses Vorbringen der japanischen Klägerinnen ist deshalb zurückzuweisen.

201. Zu dem Vorbringen, die Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs hätten sich niemals auf die Märkte der Gemeinschaft bezogen, ist darauf hinzuweisen, dass laut Herrn Verluca in den Sitzungen zwar die großen Entwicklungen mit Bedeutung für den Ölmarkt (amerikanisches VRA, politische Umwälzungen in der UdSSR, Entwicklung in China...) diskutiert, dort aber auch die Anwendung der genannten Grundregeln festgestellt worden sei. So geht aus der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 hervor, dass die Anwendung der Grundregeln, die insbesondere die Respektierung der vier Heimatmärkte der Gemeinschaftshersteller durch die japanischen Klägerinnen einschlossen, eines der auf den Sitzungen erörterten Themen bildete.

202. Insoweit ist daran zu erinnern, dass es die Aufgabe der Kommission ist, Zuwiderhandlungen gegen Artikel 81 Absatz 1 EG zu ahnden, und dass nach Buchstabe c dieser Bestimmung Vereinbarungen zur Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen ausdrücklich verboten sind. Eine Vereinbarung ist daher bereits dann eine Zuwiderhandlung, wenn die Kommission nachweist, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen Unternehmen handelt, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet ist und eine Aufteilung der Gemeinschaftsmärkte für ein Produkt oder mehrere Produkte unter diesen Unternehmen bezweckte oder bewirkte.

203. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Kommission das Bestehen einer Zuwiderhandlung oft unter dafür ungünstigen Voraussetzungen nachweisen muss, da seit den Vorgängen, die die Zuwiderhandlung bilden, ein Jahr oder mehrere Jahre vergangen sein können und möglicherweise mehrere von der Untersuchung betroffene Unternehmen nicht aktiv mit der Kommission zusammengearbeitet haben. Wenn die Kommission somit auch notwendig nachweisen muss, dass eine rechtswidrige Vereinbarung über die Aufteilung von Märkten geschlossen wurde (vgl. oben, Randnrn. 177 und 178), wäre es überzogen, außerdem noch zu verlangen, dass sie den speziellen Mechanismus nachweist, mit dem dieses Ziel erreicht werden sollte (vgl. analog Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T310/94, Gruber + Weber/Kommission, Slg. 1998, II1043, Randnr. 214). Es wäre nämlich für ein Unternehmen, das einer Zuwiderhandlung schuldig ist, zu einfach, sich jeder Sanktion zu entziehen, könnte es sich in einer Situation, in der das Bestehen einer rechtswidrigen Vereinbarung und ihr wettbewerbswidriger Zweck hinreichend bewiesen sind, darauf berufen, dass die über die Funktionsweise der Vereinbarung vorgelegten Informationen zu unbestimmt sind. Die Unternehmen können sich in einer solchen Situation sachgerecht dadurch verteidigen, dass sie zu allen von der Kommission gegen sie angeführten Beweisen Stellung nehmen können.

204. Die Kommission macht im Übrigen unter Verweis auf das Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1838) geltend, dass sie sich für den Nachweis einer Zuwiderhandlung notfalls auch auf nur ein einziges Schriftstück stützen könne, wenn dessen Beweiswert außer Zweifel stehe und es das Vorliegen der Zuwiderhandlung mit Gewissheit bestätige. Diese Regel könne hier auf die Erklärungen von Herrn Verluca angewandt werden.

205. Dazu ist festzustellen, dass die Erklärungen von Herrn Verluca entgegen der Auffassung der japanischen Klägerinnen nicht nur verlässlich, sondern von besonders hohem Beweiswert sind, weil sie im Namen von Vallourec abgegeben wurden. Antworten, die im Namen eines Unternehmens als solches abgegeben werden, haben aber eine höhere Glaubhaftigkeit als die Antwort eines Mitarbeiters des Unternehmens, unabhängig von dessen persönlicher Erfahrung oder Meinung (vgl., wenn auch mit Rechtsmittel angefochten, Urteil des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T23/99, LR AF 1998/Kommission, Slg. 2002, II1705, Randnr. 45).

206. Dass die von Herrn Verluca abgegebenen Erklärungen überlegt und mit Ernsthaftigkeit abgegeben wurden, wird dadurch unterstrichen, dass er als Vorstandsvorsitzender der Vallourec Oil & Gas die berufliche Pflicht hatte, im Interesse dieses Unternehmens zu handeln. Er konnte daher nicht leichthin das Bestehen einer Zuwiderhandlung einräumen, ohne die Konsequenzen dieser Handlungsweise abzuwägen, und nichts in den Akten deutet darauf hin, dass er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen wäre.

207. Jedenfalls war Herr Verluca unmittelbarer Zeuge der von ihm beschriebenen Vorgänge. So hat die Kommission u. a. in Randnummer 28 ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache T67/00 unwidersprochen darauf hingewiesen, dass Herr Verluca als Vorstandsvorsitzender der Vallourec Oil & Gas selbst an Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs teilgenommen hatte.

208. Überdies antwortete Herr Verluca mit einer schriftlichen Erklärung auf mündliche Fragen, mit denen ihn die Kommissionsbediensteten bei der Inspektion vom 17. September 1996 aufgefordert hatten, sich zu den überwiegend von ihm selbst verfassten Schriftstücken zu äußern, die die Kommission zuvor, nämlich bei der Nachprüfung am 1. und 2. Dezember 1994, beschlagnahmt hatte. Herr Verluca bestätigte und ergänzte anschließend seine bereits gemachten Angaben mit seiner Erklärung vom 14. Oktober 1996 und, wiederum schriftlich, anlässlich einer weiteren Nachprüfung am 18. Dezember 1996. Seine Erklärung vom 14. Oktober 1996 beantwortete ein Auskunftsersuchen, das er nach seiner Angabe am 30. September 1996 erhalten hatte, und wurde der Kommission mit Kopie an Rechtsanwalt Winckler vom Kabinett Cleary, Gottlieb, Steen & Hamilton übersandt.

209. Bei der Inspektion am 17. September 1996 wusste Herr Verluca außerdem seit mehr als 18 Monaten, dass die Kommission im Besitz von ihm selbst verfasster Dokumente über Kontakte mit Konkurrenten, darunter Corus, war. Er hatte damit überdenken können, wie er etwaige Fragen der Kommission zu diesen Unterlagen beantworten würde. Weiterhin hatte Herr Verluca, um seine Erklärung vom 14. Oktober 1996 vorzubereiten, über eine zweiwöchige Frist verfügt.

210. Diese Umstände lassen in ihrer Gesamtschau erkennen, dass Herr Verluca seine Erklärungen bedacht und nach reiflicher Überlegung abgab. Diese sind folglich umso glaubhafter.

211. Die Kommission weist im Übrigen zu Recht darauf hin, dass Erklärungen, die den Interessen des Erklärenden zuwiderlaufen, grundsätzlich als besonders verlässliche Beweise anzusehen sind. Im vorliegenden Fall liefen die Erklärungen von Herrn Verluca den Interessen des von ihm vertretenen Unternehmens, Vallourec, klar zuwider, weil die Kommission eine Untersuchung gegen es eingeleitet hatte.

212. Insbesondere kann daraus, dass eine Person, die - wie hier Herr Verluca durch die Kommissionsbediensteten - zur Stellungnahme zu bestimmten Unterlagen aufgefordert wird, zugibt, dass sie eine Zuwiderhandlung verwirklichte, und die damit Tatsachen einräumt, die über die den fraglichen Unterlagen unmittelbar zu entnehmenden Tatsachen hinausgehen, a priori, sofern keine bestimmten Anhaltspunkte für das Gegenteil bestehen, der Schluss gezogen werden, dass sich der Betreffende dazu entschlossen hat, die Wahrheit zu sagen.

213. Die japanischen Klägerinnen erheben gegen diesen Schluss vor allem den Einwand, dass die Angestellten der europäischen Hersteller, die als deren Vertreter Erklärungen abgaben, das größte Interesse daran gehabt hätten, den Schaden zu begrenzen, indem sie u. a. das Vorliegen einer Übereinkunft mit den japanischen Herstellern eingeräumt hätten, um so die Kommission von der wahren Bedeutung der Grundregeln abzulenken, mit denen eine Aufteilung der europäischen Märkte zwischen europäischen Herstellern angestrebt worden sei, also eine weitaus schwerwiegendere Zuwiderhandlung.

214. Wenn die europäischen Hersteller das Vorliegen einer Marktaufteilungsabsprache mit den japanischen Herstellern einräumten, diente dies indessen nicht notwendig dazu, das Bestehen einer Übereinkunft über die Aufteilung der europäischen Märkte unter ihnen selbst zu verheimlichen. Im Übrigen ist es nicht wahrscheinlich, dass Vallourec durch Herrn Verluca das Vorliegen einer Zuwiderhandlung zugab und dabei gleichzeitig das Vorliegen einer anderen Zuwiderhandlung verheimlichen wollte, die gleichartig war und überdies auf bestimmten der eingeräumten Tatsachen beruhte, sich aber in geografischer Hinsicht von der eingeräumten Zuwiderhandlung unterschied. Wer so handelte, liefe nämlich, wenn die Kommission die wahren Vorgänge ermittelt, das schwerwiegende Risiko, ihr beim Nachweis einer von ihm selbst begangenen Zuwiderhandlung geholfen zu haben, ohne dafür aber eine nennenswerte Herabsetzung seiner Geldbuße wegen Zusammenarbeit zu erlangen.

215. Das genannte Vorbringen der japanischen Klägerinnen ist daher nicht überzeugend und vermag die Glaubhaftigkeit der Erklärungen von Herrn Verluca nicht zu erschüttern. Zu dem Argument von JFEKawasaki, Herr Verluca habe mit seiner Erklärung vom 17. September 1996 nur ein einziges Schriftstück, nämlich den Vermerk Einige Informationen, kommentieren wollen, genügt der Hinweis, dass in der Erklärung, in der dieser Vermerk im Übrigen unerwähnt bleibt, ausdrücklich vom Bestehen einer allgemeinen Übereinkunft über die Aufteilung der Märkte für zwei bestimmte Produktarten gesprochen wird. Es besteht daher kein Grund zu der Annahme, dass Herr Verluca mit seiner Erklärung nur dieses Dokument habe kommentieren wollen, und zu einer entsprechenden Relativierung der seiner Erklärung zukommenden Tragweite.

216. Zu dem Dokument Nachprüfung bei Vallourec macht JFEKawasaki geltend, Herr Verluca habe darin angegeben, dass die übrigen von der angefochtenen Entscheidung erfassten OffshoreMärkte, also die Märkte außerhalb des Vereinigten Königreichs, nicht als Heimatmärkte im Sinne der Grundregeln angesehen worden seien. Dazu genügt der Hinweis, dass Herr Verluca mit dieser Aussage folgende Frage der Kommission beantwortete: Welchen Status hatten die verschiedenen OffshoreMärkte (Holland, Dänemark, UK, Norwegen, China)[?] Damit bedeutete diese Aussage offenkundig nur, dass der niederländische, der dänische, der norwegische und der chinesische Markt keine Heimatmärkte waren, und ist sie für den Status des deutschen, des französischen und des italienischen OffshoreMarktes völlig unbeachtlich.

217. Soweit Sumitomo geltend macht, dass der Verteilerschlüssel nach dem Dokument Nachprüfung bei Vallourec nur für Standardprodukte gegolten habe und damit nicht für Leitungsrohre, die keine Standardprodukte seien, ist darauf hinzuweisen, dass Herr Verluca mit dieser Aussage speziell auf eine Frage nach dem Protokoll der Unterredung mit JF antwortete. Diesem Protokoll ist aber zu entnehmen, dass es ausschließlich OCTGRohre und nicht Leitungsrohre betraf, woraus zu schließen ist, dass sich die Ausführungen von Herrn Verluca ausschließlich auf OCTGRohre bezogen.

218. Aber selbst wenn man annähme, dass sich diese Aussage von Herrn Verluca nicht nur auf OCTGRohre bezog, für die er schon in seiner Erklärung vom 17. September 1996 klargestellt hatte, dass die Zuwiderhandlung nur die Standardprodukte betraf, sondern auch auf Leitungsrohre, geht jedenfalls aus dem Wortlaut dieser Erklärung hervor, dass die Respektierung der Heimatmärkte der dem EuropäischJapanischen Club angehörenden Hersteller und die für Drittlandsmärkte geltende VerteilerschlüsselRegelung zwei gesonderte Teile der Grundregeln bildeten. Diese Präzisierung, die sich ausschließlich auf die Drittlandsmärkte bezog, entkräftet daher nicht die zentrale Annahme der Kommission, dass Gegenstand der Aufteilung der Heimatmärkte unter den Mitgliedern des EuropäischJapanischen Clubs nicht nur die OCTGStandardrohre, sondern auch die projektbezogenen Leitungsrohre waren. Es ist auch hervorzuheben, dass Herr Verluca seine Aussage, die rechtswidrige Übereinkunft habe auch Leitungsrohre erfasst, später niemals änderte.

219. Es ist weiterhin daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des Gerichts eine Erklärung, die ein der Beteiligung an einer Absprache beschuldigtes Unternehmen abgibt und deren Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten wird, nicht als hinreichender Beweis für die Begehung einer Zuwiderhandlung durch diese anderen Unternehmen angesehen werden kann, wenn sie nicht durch andere Beweismittel untermauert wird (in diesem Sinne Urteil EnsoGutzeit/Kommission, zitiert oben in Randnr. 58, Randnr. 91). Um das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung zu beweisen, müssen die Erklärungen von Herrn Verluca daher trotz ihrer Glaubhaftigkeit durch weitere Beweismittel erhärtet werden.

220. Allerdings ist der Grad, in dem eine solche Erhärtung im vorliegenden Fall zu verlangen ist, wegen der Glaubhaftigkeit dieser Erklärungen sowohl nach der erforderlichen Genauigkeit als auch der nötigen Intensität nach geringer als im Fall von nicht sonderlich glaubhaften Erklärungen. Wäre somit vom Gericht festzustellen, dass das Vorliegen und bestimmte spezifische Aspekte der von Herrn Verluca genannten und in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Vereinbarung über die Marktaufteilung durch ein Bündel übereinstimmender Indizien erhärtet wird, so können nach der Regel, die sich aus dem Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1838) ergibt und auf die sich die Kommission hier beruft (vgl. oben, Randnr. 204), die Erklärungen von Herrn Verluca allein ausreichen, um andere Aspekte der angefochtenen Entscheidung zu belegen. Soweit außerdem ein Dokument nicht in offenkundigem Widerspruch zu den Erklärungen von Herrn Verluca über das Vorliegen oder den wesentlichen Inhalt der Marktaufteilungsabsprache steht, kommt ihm bereits dann ein gewisser Wert als erhärtendes Beweismittel im Bündel der belastenden Beweise zu, wenn es bestimmte signifikante Merkmale der von Herrn Verluca beschriebenen Vereinbarung bezeugt (vgl. oben, Randnr. 180 und die dort zitierte Rechtsprechung).

221. Im Licht dieser Erwägungen sind die übrigen in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in ihren Randnummern 62 bis 67 und 100, bezeichneten Beweismittel und bestimmte weitere in der Kommissionsakte enthaltene Dokumente, soweit sich die Verfahrensbeteiligten zu ihnen vor dem Gericht im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Glaubhaftigkeit bestimmter in der angefochtenen Entscheidung selbst ausdrücklich angeführter Beweismittel geäußert haben, nacheinander zu würdigen.

- Vermerke von Vallourec

222. In Randnummer 67 der angefochtenen Entscheidung stützt sich die Kommission auf den Vermerk Unterredung mit BSC, der zwar undatiert ist, aber vom Juni 1990 stammen soll, und zwei weitere Vermerke, nämlich den von Herrn Verluca unterzeichneten Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 und den Vermerk Verlängerung des VAMVertrags mit BSC. Die Kommission zitiert in dieser Randnummer der Entscheidung aus dem Vermerk Unterredung mit BSC folgenden Passus:

[Vallourec] ist der Ansicht, dass den Japanern von den Briten nicht das Tor zum britischen Markt geöffnet werden darf. Die Fundamentals müssen voll ausgereizt werden. In einem ersten Schritt müssen die japanischen Vorstände vom Clubvorstand schriftlich über das Vordringen der [Japaner] in den britischen Markt informiert werden. Es scheint schwer vorstellbar, dass es [Corus] gelingt, einen Verteilerschlüssel für japanische PJ auszuhandeln, wo sich doch SMI hieran seit Monaten die Zähne ausbeißt.

(L'analyse de [Vallourec] est qu'il ne faut pas ouvrir la porte aux Jap[onai]s en les favorisant d'un british content. Il faut jouer les fondamentals à fond, la première démarche étant d'écrire via le pt du Club aux pt Jap pour signaler les implantations des [Japonais] en UK. Il paraît ambitieux d'imaginer que [Corus] puisse organiser un sharing key en PJ japonais alors que SMI se casse les dents sur ce point depuis de longs mois.)

223. In Randnummer 78 der angefochtenen Entscheidung, der sich auf die in Artikel 2 der Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung bezieht, wird aus dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 folgender Passus wiedergegeben:

[Mannesmann] ist der einzige europäische Hersteller, der den Japanern Angst macht und sie daher zur Einhaltung der Fundamentals improved zwingen kann. Die Anwendung der Fundamentals auf das Vereinigte Königreich wäre ganz im Interesse von [Mannesmann], da dieses nach der Schließung von Clydesdale einen Teil des Bedarfes Großbritanniens an Glattendrohren decken wird.

([Mannesmann] est le seul producteur européen qui fasse peur aux Japonais et qui puisse donc imposer un respect des fundamentals improved'. [Mannesmann] aurait un intérêt à la défense des fundamentals' sur le UK puisqu'il fournirait une partie des [tubes lisses] après l'arrêt de Clydesdale.)

224. In derselben Randnummer der angefochtenen Entscheidung wird auch folgender Auszug aus demselben Vermerk zitiert:

[Corus] und [Vallourec] sind gemeinsam der Ansicht, dass die Stellung der EWG so weit gestärkt ist, dass eine Nachbesserung der Fundamentals möglich sein muss, die den Japanern den Zugang zum britischen Markt auch nach der Schließung von Clydesdale untersagt. [Philip Varley von Corus] fügt hinzu, dass eine 100%ige Einhaltung der Fundamentals im Vereinigten Königreich unmöglich ist und man daher zufrieden sein könne, solange Lieferungen 15 000 Tonnen jährlich nicht überschreiten. [Corus] macht auf die Möglichkeit aufmerksam, Glattendrohre auch bei [den lateinamerikanischen Herstellern] UTM, SIDERCA und TAMSA einzukaufen, um sich vor deren unkontrollierter Konkurrenz zu schützen.

([Corus] et [Vallourec] s'accordent pour dire que ce renforcement de la CEE est jouable et doit aboutir à des fundamentals improved' qui interdiraient aux Japonais l'accès du UK même après que Clydesdale aurait été fermé. [Philip Varley de Corus] ajoute qu'un respect à 100 % des fundamentals' en UK est impossible mais que si les exceptions ne dépassent pas 15 000 tonnes par an, la situation sera supportable. [Corus] évoque toutefois la possibilité d'acheter des [tubes lisses] à UTM, SIDERCA et TAMSA [producteurs d'Amérique latine] pour éviter leur concurrence sauvage.)

225. In der Begründung, die die angefochtene Entscheidung zum Vorliegen der in ihrem Artikel 2 festgestellten Zuwiderhandlung gibt (Randnr. 80), zitiert die Kommission weiterhin folgenden Passus aus dem Vermerk Überlegungen zum VAMVertrag:

... wenn... die Japaner dazu gebracht werden können, dass sie sich vom britischen Markt fernhalten und den Europäern gestatten, das Problem unter sich zu regeln. In diesem Fall würden sich [Mannesmann], [Vallourec] und Dalmine die Glattendrohrlieferungen an [Corus] teilen. Dann wäre es wahrscheinlich günstig, die [Vallourec]Lieferungen an den Preis und die Menge der von [Corus] verkauften VAM zu koppeln.

([...] si [...] on peut obtenir des Japonais qu'ils n'interviennent pas sur le marché UK, et que le problème se règle entre Européens. Dans ce cas on partagerait effectivement les tubes lisses entre [Mannesmann], [Vallourec] et Dalmine. Dans ce scénario II, on aurait probablement intérêt à lier les ventes de [Vallourec] à la fois au prix et au volume du VAM vendu par [Corus].)

226. In derselben Randnummer zitiert die Kommission ferner folgenden Satz aus dem Vermerk Strategische Überlegungen, der die im Rahmen des vorstehenden Szenarios ins Auge gefassten Konditionen betrifft:

[Mannesmann]/DALMINE/[Vallourec] haben [Corus] dazu gebracht, seine Glattendrohre in erster Linie bei den Europäern zu kaufen, die das Auftragsvolumen nach einem genauen Schema untereinander aufteilen.

([Mannesmann]/DALMINE/[Vallourec] obtiennent que [Corus] achète ses tubes lisses en priorité aux Européens qui se répartissent cette fourniture selon une règle stricte.)

227. In einem anderen Passus des Vermerks Strategische Überlegungen, den die Kommission in dem Teil der angefochtenen Entscheidung zitiert, der sich mit den die Drittlandsmärkte betreffenden Aspekten der Grundregeln befasst (Randnr. 73), heißt es im Übrigen, es sei, wolle man erreichen, dass die Japaner das UK nicht anrühren,... zu befürchten, dass die Europäer etwas im Gegenzug (FAR EAST, MIDDLE EAST, Revidierung des weltweiten Prozentsatzes...) geben müssten.

228. Diese Auszüge aus den Vermerken von Vallourec erhärten klar und unzweideutig die in den Erklärungen von Herrn Verluca enthaltene Aussage über das Bestehen der Grundregeln (Fundamentals). Wie die Kommission in ihren Schriftsätzen hervorhebt, geht aus diesen Vermerken klar hervor, dass die Grundregeln eindeutig festgelegt waren, da sie ohne weitere Erläuterungen von den Vallourec-Mitarbeitern, die die Vermerke verfassten, und den Adressaten verstanden werden konnten.

229. Wenn die Vermerke von Vallourec auch nicht das Wesen der Grundregeln ausdrücklich beschreiben, ist ihnen doch darüber hinaus klar zu entnehmen, dass die japanischen Hersteller die Grundregeln einzuhalten hatten und dass die Angst vor Mannesmann ein Mittel war, mit dem diese Einhaltung insbesondere [im] Vereinigte[n] Königreich möglicherweise erreicht werden konnte. Dies wird dadurch bestätigt, dass laut dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 die von Vallourec und Corus angestrebte Neufassung der Grundregeln, die verbesserten Grundregeln (Fundamentals improved), den Japanern den Zugang zum britischen Markt auch nach der Schließung von Clydesdale untersag[en] sollte.

230. Demnach erhärten diese Vermerke die von Herrn Verluca in seinen Erklärungen gegebene Beschreibung der Grundregeln, wonach diese grundsätzlich den Schutz der Heimatmärkte der vier europäischen Hersteller gegenüber den japanischen Herstellern beinhalteten. Sie stützen die Erklärungen von Herrn Verluca im Übrigen auch darin, dass diese Schutzregeln auch für den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs galten, dieser aber einen Sonderstatus hatte. Den Vermerken ist nämlich zu entnehmen, dass es den europäischen Herstellern darum ging, diesen Schutz des OffshoreMarktes des Vereinigten Königreichs, obwohl dessen heimischer Hersteller Corus seine Glattendrohrproduktion einstellen und stattdessen nur noch die bei anderen Herstellern gekauften Rohre mit Gewinden versehen wollte, aufrechtzuerhalten und maximal zu verstärken.

231. Die japanischen Klägerinnen weisen zutreffend darauf hin, dass in den Vermerken von Vallourec nur interne Überlegungen des Unternehmens und, in manchen von ihnen, Kommentare zu Gesprächen zwischen Vallourec und Corus enthalten sind. Auch wenn dies den Beweiswert der Vermerke im Hinblick auf die japanischen Klägerinnen zwangsläufig relativiert, hindert es doch die Kommission nicht daran, diese Vermerke, vor allem im Rahmen eines größeren Bündels von übereinstimmenden Beweismitteln, als belastende Beweismittel zur Erhärtung der ausdrücklichen Erklärungen von Herrn Verluca heranzuziehen. Dass die Vallourec-Angestellten an die Wirksamkeit der Grundregeln zum Schutz der europäischen Heimatmärkte gegen die japanischen Hersteller glaubten, ist nämlich selbst ein Indiz dafür, dass es diesen Schutz tatsächlich gab.

232. Die japanischen Klägerinnen formulieren zu den Vermerken Strategische Überlegungen und Überlegungen zum VAMVertrag ein spezielles Argument, wonach die Stärkung des Teiles der Grundregeln, der angeblich die Respektierung der europäischen Heimatmärkte durch die japanischen Hersteller betroffen habe, nicht dem Szenario entspreche, das Herr Verluca, der Verfasser der beiden Vermerke, darin unter insgesamt drei Szenarien letztlich vorgeschlagen habe.

233. Jedoch ist dem Wortlaut der beiden Vermerke klar zu entnehmen, dass ihr Verfasser diese Lösung bevorzugte und sie nur widerstrebend mit der Begründung verwarf, sie sei nicht zu verwirklichen. So bestand insbesondere nach dem Vermerk Strategische Überlegungen die günstigste Lösung für [Vallourec] darin, dass die Europäer von den Japanern [erreichten], dass sie das UK bei Buttress und Premium respektieren. Herr Verluca verwirft diese Lösung in dem Vermerk nur mit der Begründung, dass er leider nicht [glaube], dass diese Lösung funktionieren könne. Da jedoch diese Lösung, die in der Fortgeltung der Grundregeln und ihrer etwaigen Verstärkung bestand, verwirklicht wurde, ist ihre vorläufige Preisgabe durch Herrn Verluca in den Vermerken wesentlich weniger aussagekräftig als der Umstand, dass er sie gegenüber den anderen erwogenen Lösungen bevorzugte.

234. Die Richtigkeit dieser Analyse wird auch dadurch bestätigt, dass die Aufteilung der Lieferungen von Glattendrohren an Corus unter Vallourec, Mannesmann und Dalmine, die Herr Verluca in seinen beiden Vermerken im Rahmen des fraglichen Szenarios (vgl. oben, Randnr. 226) vorsah, später, jedenfalls vom 9. August 1993 an, dadurch verwirklicht wurde, dass nacheinander die drei in Randnummer 79 der angefochtenen Entscheidung genannten Lieferverträge geschlossen wurden (vgl. oben, Randnr. 26). Auch der von Herrn Verluca formulierte Vorschlag (vgl. oben, Randnr. 225, und Randnr. 80 der angefochtenen Entscheidung), Vallourecs Verkäufe von Glattendrohren an Corus an den Preis und das Volumen der von Corus verkauften OCTGPremiumrohre mit nach der VAMMethode geschnittenen Gewinden zu koppeln, entspricht tatsächlich den später geschlossenen Verträgen, die dem Gericht insbesondere in der Rechtssache T44/00 vorgelegt worden sind und zu denen sich die japanischen Klägerinnen in der gemeinsamen mündlichen Verhandlung äußern konnten (vgl. auch Randnrn. 79, 81 und 111 der angefochtenen Entscheidung).

235. Die japanischen Klägerinnen machen geltend, dass sich sämtliche Überlegungen in den Vermerken von Vallourec, die die Kommission anführt, nahezu ausschließlich auf die Lage des OffshoreMarktes des Vereinigten Königreichs für OCTGPremiumrohre bezogen hätten, während die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung hingegen OCTGStandardrohre (API) und projektbezogene Leitungsrohre, nicht jedoch OCTGPremiumrohre betroffen habe. Auch in dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 sei von rostfreien Stahlprodukten die Rede.

236. Was die OCTGStandardrohre angeht, so werden sie in der Stahl und Ölindustrie unstreitig gelegentlich als Buttress bezeichnet. Soweit in dem Vermerk Strategische Überlegungen von der Respektierung des OffshoreMarktes des Vereinigten Königreichs durch die japanischen Hersteller im Hinblick auf Buttress gesprochen wird, bezieht sich dies daher notwendig auf diese Produkte (vgl. oben, Randnr. 233). Überdies heißt es in dem Vermerk Überlegungen zum VAMVertrag mit BSC, dass Corus ihren Anteil an VAM besser als an Buttress halten werde.

237. Dass die Vermerke von Vallourec auch, wie die japanischen Klägerinnen hervorheben, zahlreiche Bezugnahmen auf OCTGPremiumrohre enthalten, entkräftet nicht die Beurteilung der Kommission im Hinblick auf die OCTGStandardrohre. So kann erstens aus den Bezugnahmen auf OCTGPremiumrohre keineswegs geschlossen werden, dass die Kontakte zwischen Vallourec und Corus ausschließlich diese Rohre betrafen. Zweitens lässt sich die von der Kommission getroffene Feststellung einer Zuwiderhandlung im Hinblick auf zwei spezielle Produkte nicht mit der Begründung angreifen, dass bestimmte von ihr vorgelegte Beweise auch die Einbeziehung anderer Erzeugnisse in die sanktionierte Vereinbarung zeigten.

238. Auch wenn der Umstand, dass die Vermerke von Vallourec keine genaue und übereinstimmende Beschreibung der von den Grundregeln betroffenen Erzeugnisse enthalten, ihren Beweiswert zwangsläufig mindert, kann daraus jedenfalls nicht hergeleitet werden, dass die Kommission diese Vermerke, soweit sie bestimmte wesentliche Aussagen von Herrn Verluca bestätigten, nicht als Erhärtung seiner Erklärungen heranziehen dürfte. Denn dass sich ein Dokument nur auf manche der in anderen Beweismitteln erwähnten Tatsachen bezieht, kann keine Verpflichtung der Kommission begründen, dieses Dokument aus dem belastenden Beweisbündel herauszunehmen (vgl. oben, Randnrn. 180 und 220).

239. Die japanischen Klägerinnen machen außerdem geltend, dass die anderen Gemeinschaftsmärkte als der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs in den Vermerken von Vallourec an keiner Stelle Erwähnung fänden. Dazu ist jedoch festzustellen, dass sich diese Vermerke auf die Probleme konzentrieren, die aus der erwarteten Einstellung der Glattendrohrproduktion durch den britischen Hersteller Corus auf dem britischen Markt resultieren konnten, was das Fehlen spezieller Hinweise auf sonstige Märkte erklärt, die von diesem bevorstehenden Ereignis nicht unmittelbar betroffen waren.

240. Die japanischen Klägerinnen argumentieren sodann dahin, dass nach dem Vermerk Überlegungen zum VAMVertrag und dem Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 die Fernhaltung der japanischen Hersteller vom britischen Markt eine für die Zukunft vorgeschlagene Maßnahme gewesen sei, woraus folge, dass zur Zeit ihrer Abfassung, also 1990, keine Vereinbarung mit den japanischen Herstellern bestanden habe (vgl. oben, Randnr. 115). Indessen ist den Vermerken von Vallourec insgesamt, insbesondere dem in Randnummer 67 der angefochtenen Entscheidung zitierten Auszug aus dem Vermerk Unterredung mit BSC, zu entnehmen, dass die Grundregeln 1990 bereits eine von den Vallourec-Angestellten verstandene Bedeutung hatten und dass das im Vermerk Überlegungen zum VAMVertrag angesprochene Problem, das unter den Europäern geregelt werden sollte, darin bestand, den Heimatmarktstatus des britischen Marktes im Rahmen der Grundregeln auch nach der Einstellung der Glattendrohrproduktion durch Corus beizubehalten (vgl. unten, Randnr. 283). Hierfür sollte eine verbesserte Fassung der Grundregeln beschlossen werden, die, wie es im Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 heißt, in der Zukunft wie in der Vergangenheit den Japanern den Zugang zum britischen Markt... untersag[en] sollten (vgl. oben, Randnrn. 223 und 229).

241. Schließlich machen die japanischen Klägerinnen zum Funktionsmodus der Schutzregelung für den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs geltend, dass die von Herrn Verluca in seiner Erklärung vom 17. September 1996 gegebene Beschreibung, wonach ein Wettbewerber vor dem Angebot von unter die Grundregeln fallenden Produkten zunächst Corus zu kontaktieren hatte, weder mit den Beweismitteln, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anführe, noch mit der Wirklichkeit übereinstimme. Dagegen führt die Kommission in Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung aus, dass der Vermerk Unterredung mit BSC für die Richtigkeit dieser Beschreibung einen weiteren Beweis liefere.

242. Dazu ist festzustellen, dass im Vermerk Unterredung mit BSC ein Angestellter von Vallourec, wahrscheinlich Herr Verluca, ausführt: [U]nsere Freunde von BSC [Corus]... stützen sich auf die Diskussionen von Kyoto und Marbella und meinen, dass sich die [Japaner], auch wenn sie heute bereit sind, für die [Nordsee-Geschäfte] von Fall zu Fall eine Preispolitik einzuhalten, morgen, wenn [das Werk] Clydesdale geschlossen wird, davon lossagen werden. Tatsächlich erhärtet dieses Zitat nicht die von Herrn Verluca gegebene Beschreibung, weil es nicht bestätigt, dass es zwischen Corus und den übrigen Mitgliedern des EuropäischJapanischen Clubs Kontakte wegen einzelner Lieferungen auf den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs gab. Jedoch belegt das Zitat eindeutig, dass die japanischen Hersteller bei Abfassung des Vermerks im Jahr 1990 Wettbewerbsbeschränkungen auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs akzeptiert hatten. Der Ausdruck von Fall zu Fall könnte im Übrigen dahin auszulegen sein, dass es tatsächlich Kontakte in einzelnen Angelegenheiten gab, so dass der Vermerk Unterredung mit BSC eindeutig nicht in Widerspruch zur Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 steht.

243. Jedenfalls ist daran zu erinnern, dass die Kommission für die Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG nur nachzuweisen braucht, dass zwischen Unternehmen eine Vereinbarung mit wettbewerbswidrigem Zweck geschlossen wurde (vgl. oben, Randnr. 203). Dass sich die im vorliegenden Fall angeführten Beweismittel zu dem Beleg dafür verdichten, dass es Vereinbarungen über die Beschränkung des Wettbewerbs durch die japanischen Hersteller auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs gab, reicht deshalb aus, um die von der Kommission über diesen Markt getroffenen Feststellungen zu erhärten, auch wenn aus den Dokumenten die Funktionsweise dieses Aspekts der Grundregeln nicht sicher und genau nachvollziehbar wird.

244. Im Ergebnis sind die Vermerke von Vallourec daher insgesamt geeignet, die Erklärungen von Herrn Verluca zu erhärten und damit zu bestätigen, dass diese wahrheitsgemäß sind.

- Englische Dokumente aus dem Jahr 1993

245. Die Kommission bezieht sich in Randnummer 84 der angefochtenen Entscheidung weiter auf zwei Dokumente aus dem Jahr 1993, nämlich das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und das Dokument g) Japaner (im Folgenden zusammen: englische Dokumente von 1993). Die Kommission zitiert diese Dokumente in der angefochtenen Entscheidung nicht, aber ihr Inhalt wird in Randnummer 83 im Hinblick auf bestimmte Faktoren, die das Funktionieren der Grundregeln gestört hätten, und in Randnummer 84 hinsichtlich dafür vorgeschlagener Lösungen kurz zusammengefasst. Damit stützt sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung also auf diese Dokumente, um das Vorliegen und die Reichweite der Grundregeln und vor allem deren Entwicklung zu den verbesserten Grundregeln im Jahr 1993, d. h. zu dem Zeitpunkt zu erklären, zu dem Corus ihren endgültigen Rückzug vom Markt für OCTGGewinderohre vorbereitete.

246. Die japanischen Klägerinnen bestreiten die Relevanz dieser Dokumente. Sie meinen vor allem, dass sie sich auf eine japanische Aggression bezögen; nach Auffassung von Nippon ist im Dokument g) Japaner speziell sie selbst gemeint. Diese Aggression und die am Anfang des Arbeitspapiers für die Vorstandsvorsitzenden beschriebene, relativ begrenzte Verpflichtung der japanischen Hersteller zur Beschränkung von manche[n] ihrer Lieferungen seien mit der in den Randnummern 101 und 102 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Regelung über die Respektierung der Heimatmärkte unvereinbar.

247. Insoweit heißt es in dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden:

Die gegenwärtigen Vereinbarungen sind für die OffshoreGebiete der EG unbefriedigend, weil die Japaner zwar zugesagt haben, manche ihrer Lieferungen in diese Gebiete zu beschränken (in Mengen, die für die Europäer nie zufrieden stellend waren und die nur für die Hälfte der Kunden gelten), aber ihre gegenwärtige Aggression bei den (nahtlosen und geschweißten) OCTG und geschweißten Leitungsrohren für die Europäer geringere Preise und einen reduzierten Marktanteil bedeutet.

(The current agreements are unsatisfactory for the EC offshore areas because, although the Japanese have agreed to limit some of their deliveries to these areas [at levels which have never been satisfactory to the Europeans and which only cover half of the customers] their current aggression on OCTG [seamless and welded] and welded linepipe means lower prices and reduced share for the Europeans.)

248. Weiter heißt es in dem Arbeitspapier:

Die Japaner haben zwar erklärt, dass sie sich auch im Falle einer Umstrukturierung der gemeinschaftlichen Industrie im Bereich nahtloser Rohre an die Abmachungen halten werden, doch fragt sich, ob dies auch gilt, wenn [Corus] sich aus der Rohrenherstellung oder fertigbearbeitung im Vereinigten Königreich zurückzieht.

(Although the Japanese have agreed not to request changes in our agreements if the EC seamless industry were to restructure, there is no guarantee that they would follow this precept if [Corus] were to exit tubemaking or finishing in the UK.)

249. Im Übrigen heißt es in dem Dokument g) Japaner, dass die Grundposition für den Kontinentalsockel des Vereinigten Königreichs nicht gefestigt sei (the fundamental position on the UKCS ist not firm'), und dessen Verfasser, ein Angestellter von Corus, erörtert die besten Taktiken, um die Japaner anzugreifen (attack the Japanese), und zwar vermutlich auf dem chinesischen Markt mit dem Hauptziel, sie aus Europa zu verdrängen (with the prime objective of forcing them out of Europe).

250. Diese beiden Dokumente, besonders die vorstehend wiedergegebenen Auszüge, stützen mehrere wesentliche Aussagen in den Erklärungen von Herrn Verluca und rechtfertigen daher grundsätzlich die Feststellung, dass die Kommission sie zu Recht als Bestätigung für das Bestehen der Grundregeln und der verbesserten Grundregeln anführte.

251. Den beiden Dokumenten ist insbesondere zu entnehmen, dass die als fundamental[s] bezeichneten Vereinbarungen zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern bereits 1993 existierten und aus Sicht der europäischen Hersteller für den OffshoreSektor des Vereinigten Königreichs vor allem deshalb unbefriedigend waren, weil mit ihnen nur ganz bestimmte japanische Verkäufe auf diesem Markt begrenzt werden konnten. Man kann im Übrigen aus diesen Dokumenten schließen, dass die dort in Bezug genommenen Abmachungen eben die von Herrn Verluca in seinen Erklärungen beschriebenen Grundregeln sind und dass die europäischen Hersteller mit diesen für die OnshoreGebiete zufriedener waren als für den OffshoreSektor des Vereinigten Königreichs. Damit ergibt sich aus diesen Dokumenten mittelbar, dass für die OnshoreSektoren der betroffenen europäischen Märkte ein angemessener Schutz vorhanden sein musste.

252. Auch soweit sich der Verfasser dieser Dokumente über bedeutende japanische Verkäufe auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs beklagt und Lösungen für deren künftige Begrenzung vorschlägt, stimmen diese Beweismittel mit der Beschreibung der Grundregeln in den Erklärungen von Herrn Verluca überein. Denn sie bestätigen nicht nur, dass mit den Grundregeln eine Aufteilung der betreffenden Märkte bezweckt wurde, sondern auch, dass der OffshoreSektor des Vereinigten Königreichs einen weniger effizienten Schutz genoss als die übrigen von der Aufteilung erfassten Sektoren.

253. Da die japanischen Klägerinnen jedoch eine Reihe von Rügen erheben, mit denen sie den Beweiswert der beiden Dokumente in Frage stellen, und ihnen sogar entlastende Gesichtspunkte entnehmen, sind diese Rügen im Hinblick darauf zu prüfen, ob sie den Beweiswert der beiden Dokumente tatsächlich verringern.

254. Insoweit sind zunächst die Argumente der japanischen Klägerinnen zurückzuweisen, die sie aus den Hinweisen auf ihre Aggression und auf den nur begrenzten Charakter ihrer Verpflichtungen auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs herleiten. Denn diese Hinweise stehen in einem Kontext, in dem sich der Verfasser der beiden Dokumente über die japanischen Verkäufe, besonders auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs, beklagt und die Beschränkungen der japanischen Verkäufe auf diesem Markt als unzureichend beschreibt. Nach der generellen Ausrichtung der Dokumente belegen die Hinweise auf die Aggression der japanischen Hersteller eine in der Praxis bestehende Überschreitung der zwischen den Mitgliedern des EuropäischJapanischen Clubs vereinbarten Begrenzungen auf dem lediglich teilgeschützten OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs, nicht aber einen freien und starken Wettbewerb durch die japanischen Hersteller auf diesem Markt. Diese Hinweise entkräften daher keineswegs die Feststellung der Kommission über das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Übereinkunft.

255. Die japanischen Klägerinnen machen sodann geltend, dass das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und das Dokument g) Japaner das Vorliegen einer Zuwiderhandlung in ihrem Fall deshalb nicht belegen könnten, weil diese Dokumente nur interne Überlegungen von Corus-Mitarbeitern enthielten. Da jedoch der bei Corus beschäftigte Autor der Dokumente die Lage auf den europäischen Märkten und deren voraussichtliche Entwicklung erörtert, besteht kein Grund zur Annahme, dass seine Analyse nicht die damalige wirkliche Lage reflektiert. Der Detailliertheit und der Formulierungsweise der Dokumente ist zu entnehmen, dass ihr Verfasser notwendig an der Ausarbeitung einer Handelsstrategie für Stahlrohre innerhalb von Corus beteiligt war.

256. Die in den beiden Dokumenten gegebene, vorstehend analysierte Beschreibung einer Vereinbarung zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern zur Beschränkung der Verkäufe der japanischen Hersteller auf den europäischen Märkten erscheint daher trotz des internen Charakters der Dokumente verlässlich.

257. Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass die Kommission vor dem Gericht unwidersprochen seitens der japanischen und der europäischen Klägerinnen ausgeführt hat, dass das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden zwar von Corus verfasst worden sei, aber den Vorstandsvorsitzenden der europäischen Hersteller von Mannesmann habe vorgestellt werden sollen, wie der auf der ersten Seite des Papiers handschriftlich angebrachte Hinweis belege, wonach es in die Präsentation von HN (Hans Nolte von Mannesmann) habe einbezogen werden sollen. Demnach bringt das Dokument die gemeinsame Beurteilung von mindestens zwei europäischen Herstellern und nicht nur die eines einzigen zum Ausdruck, was es zu einem besonders stichhaltigen Beweismittel macht.

258. Schließlich meinen die japanischen Klägerinnen, dass die von den englischen Dokumenten von 1993 betroffenen Produkte nicht genau abgrenzbar seien.

259. Es trifft zwar zu, dass die Passagen des Dokuments g) Japaner, die sich auf Rohre mit 13 % Chrom und in rostfreier Qualität (stainless) beziehen, ebenso wie die dieselben Begriffe verwendenden Teile des Vermerks Unterredung mit BSC und des Sitzungsvermerks vom 24. Juli 1990 im vorliegenden Fall nicht einschlägig sind, weil die angefochtene Entscheidung ausschließlich unlegierte Stahlrohre betrifft (Randnr. 28 der angefochtenen Entscheidung). Jedoch ist festzustellen, dass diese Passagen den Geltungsbereich der Marktaufteilungsabsprache nicht abschließend beschreiben und deshalb mit dem Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung nicht unvereinbar sind.

260. Außerdem enthält das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und das Dokument g) Japaner verschiedene Hinweise auf OCTGRohre allgemein, und es ist folgerichtig anzunehmen, dass sich diese Hinweise sowohl auf die von der angefochtenen Entscheidung erfassten OCTGStandardrohre als auch auf OCTGPremiumrohre beziehen. So werden in dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden Lieferbeschränkungen für nahtlose und geschweißte OCTG und Leitungsrohre (seamless and welded OCTG and linepipe) vorgeschlagen, und im Dokument g) Japaner findet Erwähnung, dass die J[apaner] für OCTGRohre... allgemein eine Begrenzung ihrer Verkäufe auf dem [Festlandsockel des Vereinigten Königreichs] auf 15 % der nichtvertraglichen Geschäfte akzeptiert hätten ([o]n OCTG in general J's have agreed to limit their sales to the UKCS to 15 % of the non contract business). Außerdem bezieht sich der in dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden enthaltene Hinweis auf die japanische Aggression bei (nahtlosen und geschweißten) OCTG und geschweißten Leitungsrohren (OCTG [seamless and welded] and welded linepipe) (vgl. oben, Randnr. 247) notwendig auf OCTGStandardrohre und nicht OCTGPremiumrohre, weil der Verfasser im folgenden Satz die fehlende Kontrolle der gelieferten Mengen an OCTGPremiumrohren bedauert.

261. Soweit bestimmte Passagen in diesen Dokumenten sowie in den Vermerken von Vallourec (vgl. oben, Randnr. 237, und die Bezugnahme auf den Vermerk Unterredung mit BSC oben in Randnr. 259) darauf hindeuten, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Marktaufteilungsabsprache eine größere Produktpalette erfasste oder erfassen konnte, zu der auch OCTGPremiumrohre gehörten, ändert dies doch nichts daran, dass diese Unterlagen das Vorliegen der geahndeten, begrenzteren Zuwiderhandlung bestätigen. Dass sich diesen Dokumenten der Status der OCTGPremiumrohre im Hinblick auf die Grundregeln nicht klar und unzweideutig entnehmen lässt, ist ohne Bedeutung, da diese Produkte von der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung nicht erfasst sind.

262. Hinsichtlich der nahtlosen Leitungsrohre sind die englischen Dokumente von 1993 hingegen unklarer. Während nämlich der erste Passus über die Lieferungen von nahtlose[n] und geschweißte[n] OCTG und Leitungsrohre[n] eine Einbeziehung der nahtlosen Leitungsrohre in die Grundregeln impliziert, könnte die weitere Angabe im selben Abschnitt zu den (nahtlosen und geschweißten) OCTG und geschweißten Leitungsrohren möglicherweise dahin auszulegen sein, dass diese Produkte von den rechtswidrigen Vereinbarungen ausgeschlossen waren. Demnach ist festzustellen, dass die beiden Dokumente hinsichtlich der Frage, ob nahtlose projektbezogene Leitungsrohre von den Grundregeln erfasst waren, mehrdeutig und deshalb neutral sind. Die englischen Dokumente von 1993 können daher die Erklärungen von Herrn Verluca in diesem speziellen Aspekt der Zuwiderhandlung nicht bestätigen, sind hinsichtlich dieser Produkte aber auch keine entlastenden Beweismittel.

263. Auch wenn die mangelnde Klarheit der beiden Dokumente hinsichtlich der Produkte, die von der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung betroffen waren, ihren Wert als Beweismittel unbestreitbar mindert, sind sie doch deshalb nicht vollständig zu verwerfen. Vielmehr ist, wie schon hinsichtlich der Vermerke von Vallourec (vgl. oben, Randnr. 238), ein weiteres Mal daran zu erinnern, dass der Umstand, dass sich ein Dokument nur auf manche der in anderen Beweismitteln erwähnten Tatsachen bezieht, nicht zur Konsequenz haben kann, dass es die Kommission nicht zur Erhärtung anderer Beweise heranziehen dürfte.

264. Nach alledem bestätigen die englischen Dokumente von 1993 die Erklärungen von Herrn Verluca in mehrfacher Hinsicht und bilden zu Recht einen Teil des Bündels von übereinstimmenden Indizien, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführt hat.

- Dokument Stahlrohrsystem

265. Dieses Dokument wurde von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht ausdrücklich angeführt, jedoch ist auf das Vorbringen der japanischen Klägerinnen einzugehen, dass das Dokument sie entlaste.

266. Dazu ist zunächst festzustellen, dass der Gedanke, wonach sich die nahtlose Stahlrohre herstellende europäische Industrie in der fraglichen Zeit in einer Umstrukturierung befand und sich die europäischen Hersteller zur Kontrolle dieser Umstrukturierung untereinander abstimmten, mit der Darstellung der Kommission keineswegs unvereinbar ist. Den Randnummern 87 bis 94 der angefochtenen Entscheidung ist vielmehr zu entnehmen, dass die Kommission die Auswirkungen der Umstrukturierung der europäischen Stahlindustrie durchaus berücksichtigte.

267. Überdies geht aus der angefochtenen Entscheidung und aus den oben geprüften Vermerken von Vallourec hervor, dass die europäischen Hersteller die Umstrukturierung der europäischen Industrie im speziellen Kontext der Grundregeln und besonders unter dem Gesichtspunkt analysierten, ob sie Auswirkungen auf ihre Beziehungen zu den japanischen Herstellern haben könne. Sie befürchteten insbesondere, dass der Markt des Vereinigten Königreichs, vor allem sein bedeutender OffshoreSektor, nach Schließung des Corus-Werkes in Clydesdale von den japanischen Herstellern nicht mehr als Heimatmarkt respektiert werden könnte (vgl. oben, Randnrn. 170, 223 und 242). Außerdem wurde in dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und in dem Dokument g) Japaner vorgeschlagen, dass die europäischen Hersteller die mögliche Liquidation von NTM bei den Verhandlungen mit den japanischen Herstellern berücksichtigen sollten.

268. Der Umstand, dass im Dokument Stahlrohrsystem der englische Ausdruck Fundamentals im Rahmen einer Diskussion der Rationalisierung der Gemeinschaftsindustrie verwendet wird, heißt daher keineswegs, dass die Grundregeln ihrer Konzeption nach diesen Prozess und nicht die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Marktaufteilungsvereinbarung betrafen. Ebenso wenig ist diesem Dokument - in dem ohne Erwähnung der japanischen Hersteller davon gesprochen wird, dass sich die Beziehungen zwischen den europäischen Herstellern nach den Grundregeln bestimmten - zu entnehmen, dass die Grundregeln nur Europa betroffen hätten. Dass die japanischen Hersteller in dem Dokument nicht erwähnt werden, erklärt sich, betrachtet man den Inhalt des Dokuments insgesamt, nämlich daraus, dass es eindeutig einer Analyse der Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsherstellern gewidmet war. Aus dem Dokument kann daher nicht geschlossen werden, dass die Grundregeln entgegen der Aussage von Herrn Verluca in seiner Erklärung vom 17. September 1996, die durch weitere Beweismittel erhärtet wird, nur Gegenstand innereuropäischer Diskussionen gewesen wären.

269. Demnach kann das Dokument Stahlrohrsystem hinsichtlich der den japanischen Klägerinnen vorgeworfenen Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG nicht als entlastendes Beweismittel angesehen werden.

- VerteilerschlüsselPapier (sharing key)

270. Um insbesondere ihre Darstellung zu untermauern, wie sich die Entwicklungen innerhalb des EuropäischJapanischen Clubs seit Ende 1993 entwickelt hätten, bezieht sich die Kommission in den Randnummern 85 und 86 der angefochtenen Entscheidung auf ein Schriftstück, das ihr am 12. November 1997 von einer am Verfahren nicht beteiligten Person ausgehändigt wurde. Der Informant gab an, er habe das Papier von einem Handelsvertreter eines der dem Club angehörenden Unternehmen erhalten. Nach Auffassung der Kommission belegt das Papier, dass die Kontaktaufnahme mit den lateinamerikanischen Herstellern teilweise erfolgreich gewesen sei. Die im Papier enthaltene Tabelle gebe die Marktaufteilung zwischen den europäischen, den japanischen und den lateinamerikanischen Herstellern wieder. So sehe das Papier einen Marktanteil von 100 % für die europäischen Hersteller in Europa und für die japanischen Hersteller in Japan vor. Auf den übrigen Märkten hätten die europäischen Hersteller einen Anteil von 0 % im Fernen Osten, von 20 % im Mittleren Osten und von 0 % in Lateinamerika erhalten.

271. JFEKawasaki hält das Papier als Beweismittel für unzulässig, da es undatiert sei und die Kommission weder die Identität seines Verfassers noch der Person, die es ihr ausgehändigt habe, offenbart habe, so dass die Klägerinnen nicht wissen könnten, in welchem Kontext das Papier ausgearbeitet und aus welchen Gründen es der Kommission zugeleitet worden sei. Es sei das erste Mal, dass die Kommission das Vorliegen einer Zuwiderhandlung zu Lasten eines Unternehmens auf der Grundlage eines anonymen Schriftstücks annehme.

272. Dieses Vorbringen ist zurückzuweisen.

273. Im Gemeinschaftsrecht gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, und das alleinige Kriterium für die Beurteilung von Beweismitteln ist ihre Glaubhaftigkeit (Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Vesterdorf in der Rechtssache RhônePoulenc/Kommission, zitiert oben in Randnr. 56). Im Übrigen kann es für die Kommission erforderlich sein, die Anonymität von Informanten zu schützen (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 7. November 1985 in der Rechtssache 145/83, Adams/Kommission, Slg. 1985, 3539, Randnr. 34), und dies allein verpflichtet sie nicht dazu, ein in ihrem Besitz befindliches Beweismittel außer Betracht zu lassen. Wenn das Vorbringen von JFEKawasaki somit auch für die Prüfung zu berücksichtigen ist, ob das VerteilerschlüsselPapier glaubhaft ist, ist das Papier doch kein unzulässiges Beweismittel.

274. Insoweit machen JFEKawasaki und die anderen japanischen Klägerinnen geltend, dass das VerteilerschlüsselPapier, selbst wenn es ein zulässiges Beweismittel wäre, jedenfalls nicht verlässlich sei, weil es nicht angemessen identifiziert sei. Tatsächlich wird die Glaubhaftigkeit des Papiers unstreitig dadurch gemindert, dass der Kontext seiner Abfassung weitgehend unbekannt ist und die Angaben der Kommission hierzu nicht nachprüfbar sind (vgl. oben, Randnr. 270).

275. Soweit das VerteilerschlüsselPapier indessen spezielle Informationen enthält, die mit den in anderen Schriftstücken enthaltenen Informationen übereinstimmen, können sich die Beweismittel dennoch gegenseitig verstärken.

276. So erwähnt Herr Verluca in seiner Erklärung vom 17. September 1996 einen ursprünglichen Verteilerschlüssel, der für internationale Ausschreibungen gegolten und sich auf die Verträge zwischen den japanischen und den europäischen Herstellern bezogen habe, so dass das Bestehen einer solchen Aufteilung im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs hinreichend bewiesen ist. Weiter heißt es in dem Protokoll der Unterredung mit JF, dass Vallourec, um im Rahmen des Systems [zu bleiben]..., auf den Fernen Osten [und] Lateinamerika [verzichten] und sich im Mittleren Osten auf einen Marktanteil von 20 % zu dritt [beschränken] müsse. Von der Kommission zur Erläuterung dieser beiden Schriftstücke aufgefordert, gab Herr Verluca an, sie hätten sich auf den 1993 unternommenen Versuch einer Änderung der geltenden Verteilerschlüssel bezogen, mit der die Verkäufe der lateinamerikanischen Hersteller und die auf den verschiedenen Märkten erworbenen Positionen hätten berücksichtigt werden sollen.

277. Die japanischen Klägerinnen führen gegen die Verwertung des VerteilerschlüsselPapiers durch die Kommission verschiedene ergänzende Argumente ins Feld. So verweisen sie zunächst darauf, dass das Papier nur eine viel beschränktere Produktpalette betreffe als die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996. In dem Papier gehe es ausschließlich um den Marktanteil bei nahtlosen OCTGStandardrohren, soweit sie Gegenstand von offenen Ausschreibungen gewesen seien. Nach dem Papier werde die Tragweite des Verteilerschlüssels durch den Hinweis Offene Ausschreibungen für nahtlose APIRohre (SMLS API OPEN TENDER) eingeschränkt, während es nach der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 für die in der Erklärung genannten Produkte in Europa keine bedeutenden Ausschreibungen (pas de gros Tenders) gegeben habe. Nach den Angaben von Herrn Verluca sei der vom Verteilerschlüssel betroffene Markt folglich inexistent.

278. Dazu ist zunächst festzustellen, dass sich das VerteilerschlüsselPapier entgegen den Ausführungen der Kommission nur auf nahtlose OCTGRohre und nicht auf Leitungsrohre bezieht. Wie die japanischen Klägerinnen nämlich ohne Widerspruch seitens der Kommission in der mündlichen Verhandlung erläutert haben, beziehen sich die zweimal in dem Papier verwendeten Abkürzungen C/S und T/B, die für Futterrohre (casing) und Steigrohre (tubing) stehen, nach der Produktbeschreibung in Randnummer 29 der angefochtenen Entscheidung auf zwei wesentliche Elemente eines OCTGRohrs und damit zwingend und ausschließlich auf dieses Produkt.

279. Zu dem Hinweis Offene Ausschreibungen für nahtlose APIRohre (SMLS API OPEN TENDER) im VerteilerschlüsselPapier ist festzustellen, dass in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 die Angabe, es habe keine bedeutenden Ausschreibungen in Europa gegeben, im Abschnitt 1.4 Sonstige Märkte gemacht wird, während die Heimatmärkte der Mitglieder des EuropäischJapanischen Clubs im Abschnitt 1.1 Heimatmärkte, und zwar unter ausdrücklicher Erwähnung des UK (offshore), behandelt werden. Daraus ist a priori zu schließen, dass sich der in Abschnitt 1.4 der Erklärung verwendete Begriff Europa auf die anderen europäischen Märkte als die vier Heimatmärkte bezieht, die von der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung betroffen waren, also die europäischen Märkte außer dem deutschen, dem französischen, dem italienischen und dem britischen Markt.

280. Jedoch bleibt diese Bezugnahme auf Europa unbestimmt und daher mehrdeutig, und bezöge sie sich entgegen der in der vorstehenden Randnummer gegebenen Auslegung auch auf diese vier Märkte, so könnte das VerteilerschlüsselPapier die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 hinsichtlich der auf diesen vier Märkten bestehenden Lage zwangsläufig nicht unmittelbar stützen. Denn hätte es auf diesen Märkten keine offenen Ausschreibungen gegeben, so könnte sich das VerteilerschlüsselPapier, da es durch solche Ausschreibungen erfasste nahtlose APIRohre betrifft, nicht auf diese Märkte beziehen. Diese Mehrdeutigkeit, die sich angesichts des Akteninhalts und des Vorbringens der Klägerinnen nicht ausräumen lässt, mindert daher den Beweiswert des VerteilerschlüsselPapiers für eine Erhärtung der Erklärungen von Herrn Verluca.

281. Weiterhin widerspricht das VerteilerschlüsselPapier nach Ansicht der japanischen Klägerinnen der im Vermerk Nachprüfung bei Vallourec (in Abschnitt 1.3) enthaltenen Angabe von Herrn Verluca zur Frage, ob die lateinamerikanischen Hersteller Ende 1993 positiv auf die Avancen der europäischen Hersteller reagiert hätten, was die Verlässlichkeit beider Beweisurkunden in Frage stelle. Tatsächlich hat die Kommission in Randnummer 86 der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage des VerteilerschlüsselPapiers ausgeführt, dass die Kontaktaufnahme mit den Lateinamerikanern teilweise erfolgreich gewesen sei, und sie räumt selbst ein, dass diese Angabe in Widerspruch zu folgender Angabe von Herrn Verluca im Vermerk Nachprüfung bei Vallourec steht:

Die südamerikanischen Hersteller gehörten nicht zum EuropäischJapanischen Club... Ende 1993 gab es Kontaktaufnahmen mit ihnen zur Erkundung, ob ein die erworbenen Positionen widerspiegelndes Gleichgewicht erreicht werden könne (etwa 20 % für die Europäer im Mittleren Osten). Es wurde sehr rasch klar, dass diese Versuche ohne Erfolgsaussicht waren.

282. Nach dem VerteilerschlüsselPapier akzeptierten die lateinamerikanischen Hersteller zwar den vorgeschlagenen Verteilerschlüssel, aber außer für den europäischen Markt, wo die Märkte in einem Geist der Zusammenarbeit von Fall zu Fall geprüft werden sollten. Daraus hat die Kommission in Randnummer 94 der angefochtenen Entscheidung geschlossen, dass die lateinamerikanischen Hersteller nicht damit einverstanden gewesen seien, den europäischen Markt den europäischen Herstellern vorzubehalten.

283. Den oben geprüften Unterlagen, d. h. den Vermerken von Vallourec, dem Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden und dem Dokument g) Japaner, ist zu entnehmen, dass es für die europäischen Hersteller in ihren Kontakten mit den japanischen Herstellern eines ihrer wesentlichen Ziele bildete, ihre Heimatmärkte zu schützen und insbesondere den Heimatmarktstatus des britischen Marktes nach Schließung des CorusWerkes in Clydesdale aufrechtzuerhalten. Wenn der vorstehend in Randnummer 281 aufgezeigte Widerspruch auch den Beweiswert des VerteilerschlüsselPapiers und in gewissem Umfang auch den der Erklärungen von Herrn Verluca schwächt, wird sein Gewicht durch diese, im vorstehenden Satz genannte Gegebenheit doch erheblich relativiert. Denn selbst wenn die lateinamerikanischen Hersteller der Anwendung eines Verteilerschlüssels für andere Märkte als den europäischen Markt zugestimmt haben sollten, waren damit doch die mit ihnen geführten Verhandlungen aus europäischer Sicht im Wesentlichen gescheitert, womit die negative Beurteilung des Verhandlungsergebnisses durch Herrn Verluca in diesem entscheidenden Punkt tatsächlich mit dem VerteilerschlüsselPapier übereinstimmt.

284. Demnach wird durch den Widerspruch zwischen den Angaben von Herrn Verluca in einer seiner Erklärungen und dem VerteilerschlüsselPapier, den die Kommission in Randnummer 86 der angefochtenen Entscheidung selbst erwähnt, die Glaubhaftigkeit beider Beweisurkunden nicht wesentlich gemindert.

285. Schließlich machen die japanischen Hersteller geltend, dass sie im VerteilerschlüsselPapier gegen den darin enthaltenen Vorschlag einen Vorbehalt dahin geäußert hätten, dass der Anwendungsbereich des Verteilerschlüssels auch auf ERW OCTGRohre, d. h. geschweißte Stahlrohre, auszudehnen sei. Die Kommission hätte daher die japanischen Hersteller ebenso behandeln müssen wie die lateinamerikanischen Hersteller, denen gegenüber sie ihre Beschuldigung mit der Begründung zurückgenommen habe, sie hätten gegen den vorgeschlagenen Verteilerschlüssel, soweit er den europäischen Markt betreffe, ebenfalls einen Vorbehalt geäußert und sodann in erheblichem Umfang nach Europa Stahlrohre verkauft. Es handele sich somit um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung, und die Rücknahme der Beschuldigung gegen die lateinamerikanischen Hersteller entkräfte folglich die Meinung der Kommission, dass im Fall der japanischen Klägerinnen die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung vorliege.

286. Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Angabe von Herrn Verluca im Vermerk Nachprüfung bei Vallourec die südamerikanischen Hersteller... nicht zum EuropäischJapanischen Club [gehörten]. Da sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für den Nachweis, dass die japanischen Hersteller an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, hauptsächlich auf die Erklärungen von Herrn Verluca stützte, blieb ihr angesichts dieser kategorischen Behauptung keine andere Wahl, als die lateinamerikanischen Hersteller vom Geltungsbereich des Artikels 1 der Entscheidung auszuschließen. Denn hieraus folgt, dass sich die japanischen Hersteller und die lateinamerikanischen Hersteller hinsichtlich der sie belastenden Beweise keineswegs in einer vergleichbaren Lage befanden.

287. Jedenfalls ist der von den japanischen Herstellern im VerteilerschlüsselPapier geäußerte Vorbehalt nicht von gleicher Art wie der Vorbehalt der lateinamerikanischen Hersteller. Denn nach dem VerteilerschlüsselPapier lehnten Letztere die automatische Anwendung des Verteilerschlüssels auf den europäischen Markt ab, während die japanischen Hersteller die Einbeziehung der ERWRohre, also geschweißter Rohre, in den Schlüssel vorschlugen, um die Übereinkunft klarer zu fassen (to avoid gray area). Während somit der von den lateinamerikanischen Herstellern geäußerte Vorbehalt dem VerteilerschlüsselPapier in ihrem Fall einen großen Teil seiner Beweiskraft für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung auf dem Gemeinschaftsmarkt nimmt, gilt Gleiches keineswegs für die japanischen Hersteller. Die Lage der japanischen Hersteller unterschied sich damit objektiv von der der lateinamerikanischen Hersteller.

288. Im Ergebnis verbleibt dem VerteilerschlüsselPapier damit ein gewisser Beweiswert, um im Rahmen eines von der Kommission zusammengetragenen Bündels von übereinstimmenden Indizien bestimmte wesentliche Aussagen in den Erklärungen von Herrn Verluca über das Vorliegen einer Marktaufteilungsvereinbarung für nahtlose OCTGRohre zu erhärten. Denn aus diesem Beweismittel ergibt sich, dass die japanischen Hersteller einerseits und die europäischen Hersteller andererseits das Prinzip billigten, bestimmte nahtlose Stahlrohre nicht im Rahmen offener Ausschreibungen auf dem Heimatmarkt der anderen Hersteller zu verkaufen. Das Papier bestätigt außerdem das Vorliegen eines Verteilerschlüssels für Märkte in verschiedenen Weltgegenden und stärkt damit die Glaubhaftigkeit der Erklärungen von Herrn Verluca, soweit dieser Begriff darin ebenfalls verwendet wird.

- Antworten der europäischen Hersteller

289. Die Kommission führt in der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 63, 65 und 66) als belastende Beweismittel auch die Antworten von Mannesmann, Dalmine und Corus auf ihre Auskunftsersuchen an.

290. So heißt es in der vom 22. April 1997 datierenden Antwort von Herrn Becher (Mannesmann), dass die Grundregeln für OCTG-Rohre und projektbezogene Leitungsrohre gegolten und bedeutet hätten, dass japanische Hersteller in diesen Bereichen nicht in europäische Märkte vordrängen sollten, während europäische Hersteller nicht nach Japan liefern sollten. Corus erklärte in ihrer Antwort vom 31. Oktober 1997 (S. 11932 der Kommissionsakte) zum Europäisch-Japanischen Club, es hätten ihm japanische und europäische Hersteller von nahtlosen OCTG-Rohren angehört und in der Praxis [seien] die inländischen Märkte in erster Linie den heimischen Herstellern vorbehalten gewesen. Dalmine räumte in ihrer Antwort vom 4. April 1997 ein, dass es zwischen den europäischen und japanischen Herstellern Kontakte gab, behauptet aber, bei diesen Kontakten [sei] es um die Ausfuhr von (insbesondere für die Erdölindustrie bestimmten) Rohren in Nicht-EG-Länder (Russland und China) sowie um die Begrenzung der Ausfuhren in die EG im Anschluss an die Schließung der [Corus-]Werke, d. h. um den Schutz der EGHersteller von nahtlosen Rohren gegangen.

291. Weiterhin wird die Antwort von Mannesmann vom 22. April 1997 in Randnummer 74 der angefochtenen Entscheidung bei der Beschreibung der Drittlandsmärkte wie folgt zitiert:

Für sonstige Märkte, bei denen weltweit Tender ausgeschrieben wurden, waren bestimmte Lieferanteile japanischer und europäischer Hersteller vorgesehen, die seinerzeit mit dem Begriff sharing key beschrieben wurden. Es sollten offenbar die jeweils historisch entstandenen Lieferanteile fortgeschrieben werden.

292. Nach Darstellung der japanischen Klägerinnen hatten die europäischen Hersteller angesichts der Untersuchung der Kommission ein offenkundiges Interesse daran, den Schaden zu begrenzen, indem sie u. a. das Vorliegen einer Übereinkunft mit den japanischen Herstellern einräumten, um so die Kommission von der wirklichen Bedeutung der Grundregeln abzulenken, mit denen eine Aufteilung der europäischen Märkte zwischen europäischen Herstellern angestrebt worden sei, also eine weitaus schwerwiegendere Zuwiderhandlung als der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Verstoß, die für die europäischen Hersteller wesentlich höhere Geldbußen bedeutet hätte. Soweit daher in bestimmten Antworten der europäischen Hersteller auf Fragen der Kommission von einer japanischen Beteiligung an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung die Rede sei, sei dies unglaubhaft.

293. Wie dazu festzustellen ist, diente das von den europäischen Herstellern geäußerte Eingeständnis einer Marktaufteilungsabsprache mit den japanischen Herstellern nicht notwendig dazu, das Bestehen einer Übereinkunft über die Aufteilung der europäischen Märkte unter den europäischen Herstellern selbst zu verheimlichen (vgl. oben, Randnr. 214). Aus den oben in Randnummer 214 genannten Gründen erscheint es vielmehr unwahrscheinlich, dass die europäischen Hersteller rechtswidrige Vereinbarungen mit den japanischen Herstellern erfanden, um das Bestehen eines innereuropäischen Kartells zu verdunkeln. Jedenfalls ist insoweit festzustellen, dass Dalmine in ihrer Antwort vom 29. Mai 1997, die auf S. 15162 in die Kommissionsakte aufgenommen wurde und Dalmines frühere Angaben vom 4. April 1997 ergänzte, sowohl Kontakte mit den japanischen Herstellern als auch Sitzungen nur unter den europäischen Herstellern erwähnte. Auch Corus beschränkte ihre Darstellung des Marktschutzes nicht auf die Beziehungen zwischen Herstellern im japanischeuropäischen Verhältnis (vgl. oben, Randnr. 290).

294. Zur Antwort von Mannesmann machen die japanischen Klägerinnen geltend, dass ihr Verfasser, Herr Becher, nach eigener Angabe keine persönliche Kenntnis der von ihm kommentierten Umstände gehabt habe, da er erst im April 1995 Leiter von Mannesmann geworden sei. Sein Zeugnis sei daher nicht sonderlich beweiskräftig, nach Meinung von JFENKK sogar unzulässig.

295. Zum Sachverhalt ist zunächst anzumerken, dass Herr Becher zwar erst im April 1995 Leiter von Mannesmann wurde, aber nach seiner eigenen Angabe in der mündlichen Verhandlung vorher andere Aufgaben bei Mannesmann wahrgenommen hatte.

296. Weiterhin ist an die oben in Randnummer 205 zitierte Rechtsprechung zu erinnern, wonach im Namen eines Unternehmens abgegebene Antworten glaubhafter sind als Antworten eines Mitarbeiters des Unternehmens, welche persönlichen Erfahrungen oder Meinungen er auch haben mag (Urteil LR AF 1998/Kommission, zitiert oben in Randnr. 205, Randnr. 45). In Randnummer 45 des Urteils LR AF 1998/Kommission wurde ausdrücklich festgestellt, dass der Beweiswert der dort in Frage stehenden Antwort zu Lasten eines Drittunternehmens nicht dadurch beeinträchtigt wurde, dass der Unterzeichner der im Namen der Gesellschaft abgegebenen Antwort weder an dem fraglichen Treffen teilgenommen hatte noch auch nur zu dieser Zeit Mitarbeiter der die Antwort erteilenden Gesellschaft war.

297. Gibt nämlich, wie hier für Mannesmann, eine Person, die von den fraglichen Vorgängen keine unmittelbare Kenntnis hat, eine Erklärung als Vertreter einer Gesellschaft ab, mit der diese das Vorliegen einer durch sie selbst und durch andere Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung einräumt, so stützt sich der Erklärende notwendig auf die Informationen, die ihm sein Unternehmen und insbesondere dessen unmittelbar über die fraglichen Praktiken unterrichteten Angestellten zur Verfügung gestellt haben. Wie oben in Randnummer 211 festgestellt, sind Erklärungen, die dem eigenen Interesse des Erklärenden zuwiderlaufen, grundsätzlich als beweiskräftig anzusehen, womit der Erklärung von Herrn Becher im vorliegenden Fall erhebliches Gewicht beizumessen ist.

298. Soweit sich JFENKK auf die Rechtssache RhônePoulenc/Kommission (zitiert oben in Randnr. 56) und insbesondere die dortigen Schlussanträge des zum Generalanwalt bestellten Richters Vesterdorf bezieht, ist ihr Vorbringen zurückzuweisen. In seinen Schlussanträgen wies Richter Vesterdorf darauf hin, dass Zeugnisse von Personen, die von den Vorgängen eigene Kenntnis haben, grundsätzlich besonders hohen Beweiswert haben (Slg. 1991, II956 f.).

299. Daraus kann jedoch nicht hergeleitet werden, dass die Erklärung eines Unternehmensleiters, die sein eigenes Unternehmen und weitere Unternehmen belastet, deshalb von nur begrenztem Beweiswert wäre, weil der Erklärende den Sachverhalt nicht aus eigener Anschauung kennt. Erst recht gibt es keinen Grund dafür, ein solches Beweismittel als unzulässig zurückzuweisen.

300. Im vorliegenden Fall stellt die fragliche Erklärung, wie im Entscheidungssachverhalt des Urteils LR AF 1998/Kommission (zitiert oben in Randnr. 205), tatsächlich das Eingeständnis einer Zuwiderhandlung durch das Unternehmen dar, das der Erklärende vertritt.

301. Die japanischen Klägerinnen rügen außerdem, die Kommission könne die Antwort von Mannesmann nicht einerseits als verlässliches Beweismittel werten, soweit sie das Vorliegen einer Übereinkunft zwischen europäischen und japanischen Herstellern bestätige, sie aber andererseits außer Betracht lassen, soweit darin das Vorliegen einer Übereinkunft über eine gegenseitige Respektierung der Heimatmärkte zwischen den europäischen Herstellern verneint werde.

302. Dass Herr Becher das Bestehen einer innereuropäischen Seite der Grundregeln im Sinne einer Verpflichtung zur gegenseitigen Respektierung der Heimatmärkte unter den europäischen Herstellern verneinte, schwächt zwar in gewissem Umfang seine Erklärung als Beweismittel für die Erhärtung der Erklärung von Herrn Verluca. Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass Herr Becher das Bestehen einer Marktaufteilungsabsprache unter den europäischen und den japanischen Herstellern für OCTGRohre und projektbezogene Leitungsrohre eindeutig bestätigte (vgl. oben, Randnr. 290). Seine Erklärung erhärtet damit die Erklärungen von Herrn Verluca hinsichtlich dieses Aspektes der Zuwiderhandlung und damit auch hinsichtlich des Umstands, dass die japanischen Klägerinnen an einer Marktaufteilungsabrede beteiligt waren, mit der sie sich dazu verpflichteten, auf den Gemeinschaftsmärkten keine OCTGStandardrohre und projektbezogenen Leitungsrohre zu vermarkten. Dass die Erklärung von Mannesmann die OCTGPremiumrohre von der in ihr beschriebenen Übereinkunft nicht ausnimmt, ist aus den oben in Randnummer 261 genannten Gründen unerheblich. Schließlich wird der Beweiswert der von Mannesmann abgegebenen Erklärung dadurch gestärkt, dass sie die Erklärungen von Herrn Verluca auch hinsichtlich der Existenz eines Verteilerschlüssels für die Aufteilung von internationalen Ausschreibungen auf Drittlandsmärkten erhärtet (vgl. oben, Randnr. 291).

303. Die Klägerinnen heben sodann hervor, Dalmine habe in ihren Antworten an die Kommission vom 4. April und 29. Mai 1997 erklärt, dass ihre Diskussionen mit den japanischen Herstellern im Wesentlichen die Drittlandsmärkte, besonders den russischen und den chinesischen Markt, betroffen hätten. Dazu ist sogleich festzustellen, dass diese Diskussionen nach dem oben zitierten Passus aus der Antwort vom 4. April 1997 auch dem Schutz der Gemeinschaftsmärkte galten (vgl. oben, Randnr. 290). Jedenfalls haben die Ausführungen der japanischen Klägerinnen zu diesem Punkt gerade aus dem von ihnen selbst genannten Grund (vgl. oben, Randnr. 292), dass Dalmine den Schaden begrenzen wollte, nur sehr begrenzt Gewicht. Da Dalmine ihre Kontakte zu den japanischen Herstellern und den anderen europäischen Herstellern nicht abstreiten konnte, suchte sie sie so darzustellen, dass ihr Charakter als gemeinschaftsrechtliche Zuwiderhandlung ausgeräumt oder zumindest so weit wie möglich minimiert wurde.

304. So erhärten die beiden Antworten von Dalmine, besonders der in Randnummer 65 der angefochtenen Entscheidung zitierte Passus aus der Antwort vom 4. April 1997 (vgl. oben, Randnr. 290), die Erklärungen von Herrn Verluca über das Bestehen der Kontakte zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern, mit denen bestimmte räumliche Märkte unter ihnen aufgeteilt und besonders japanische Rohrverkäufe auf den Gemeinschaftsmärkten verboten werden sollten.

305. Zur Antwort von Corus vom 31. Oktober 1997 tragen die japanischen Klägerinnen vor, Corus habe in einem Schreiben vom 30. März 1999 klargestellt, dass keine ihrer Erklärungen dahin ausgelegt werden könne, es hätte ihnen zufolge eine Übereinkunft zwischen europäischen und japanischen Herstellern gegeben. Dem Argument der Kommission, das Schreiben vom 30. März 1999 betreffe das Verfahren der geschweißten Rohre, halten die japanischen Klägerinnen entgegen, dass die so präzisierte Erklärung von Corus wortgleich sei mit ihrer Erklärung im Verfahren wegen der nahtlosen Rohre.

306. Dass im Verfahren wegen der nahtlosen Rohre (Sache IV/E1/35.860B) ein Parallelschreiben zu dem Schreiben im Verfahren wegen der geschweißten Rohre (Sache IV/E1/35.860A) fehlt, ist tatsächlich eigenartig und legt die Vermutung nahe, dass es sich eher um ein Versäumnis als bewusst divergierende Stellungnahmen in beiden Verfahren handelt.

307. Jedenfalls sind die Ausführungen im Schreiben vom 30. März 1999, wonach sich die Antwort vom 31. Oktober 1997 nicht auf das Vorliegen einer Übereinkunft beziehe und insoweit nicht als Geständnis gewertet werden könne, nicht ausreichend, um den Sinn dieser Antwort zu erklären. Mangels einer völlig überzeugenden Erklärung des Sinnes, der der Angabe in der Praxis waren die inländischen Märkte in erster Linie den heimischen Herstellern vorbehalten zukommt, und mit Rücksicht darauf, dass sie in einem die Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs behandelnden Absatz steht, stellt sie einen sehr stichhaltigen Beweis dar.

308. Dass Corus möglicherweise in einem der Kommission ein Jahr später zugesandten Schreiben die Tragweite ihrer Angabe zur Marktaufteilung einschränken wollte, ändert schwerlich etwas an deren Beweiswert. Auch die Antwort von Corus erhärtet daher die Erklärungen von Herrn Verluca über das Vorliegen einer Marktaufteilungsabsprache für OCTGRohre im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs.

- Aussage von Herrn Biasizzo

309. Die Kommission bezieht sich in Randnummer 64 der angefochtenen Entscheidung auch auf die vom 1. Juni 1995 datierende Aussage eines früheren Angestellten von Damine, Herrn Biasizzo, vor dem Staatsanwalt von Bergamo (Italien) im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Bestechlichkeit. Nach dieser Aussage gab es einen Club der Stahlrohrhersteller, der sich zweimal jährlich getroffen habe, einmal in Europa und einmal in Japan. Nach der Aussage von Herrn Biasizzo hatte jeder Hersteller einen Anspruch darauf, die Ausschreibungen auf seinem Heimatmarkt zu gewinnen, und war vereinbart, dass die anderen Hersteller stets um 8 % bis 10 % über dem Angebot des heimischen Herstellers liegende Preise anboten, wobei diese Regel strikt eingehalten worden sei.

310. Die japanischen Klägerinnen halten diese Aussage von Herrn Biasizzo für nicht glaubhaft, weil er sie unter Zwang in einem Kontext gemacht habe, in dem er daran interessiert gewesen sei, für den Umstand, dass Dalmine stets den Zuschlag für alle öffentlichen Aufträge von Agip erhalten habe, eine andere Erklärung zu finden als die unlauteren Praktiken, die Gegenstand der gegen ihn eingeleiteten Ermittlungen gewesen seien.

311. Dazu ist festzustellen, dass Herr Biasizzo aussagte, er selbst habe vorgeschlagen, die Praxis der rechtsgrundlosen Zahlungen auf die Angestellten von Agip auszuweiten. Nach seiner Aussage dienten diese Zahlungen im Übrigen dazu, die weiteren Schritte der Auftragserledigung zu erleichtern, nachdem Dalmine gemäß der rechtswidrigen Vereinbarung den Zuschlag erhalten habe. Demnach lässt sich der Inhalt der Aussage von Herrn Biasizzo nicht mit der Annahme in Einklang bringen, dass er seine Beteiligung an rechtswidrigen Praktiken dadurch verdunkeln wollte, dass er die Machtstellung von Dalmine auf dem italienischen Markt einer nicht existenten Vereinbarung zuschrieb. Das Vorbringen der japanischen Klägerinnen zu diesem Punkt ist daher zurückzuweisen.

312. Dass diese Aussagen gegenüber dem Staatsanwalt von Bergamo in einem Ermittlungsverfahren gemacht wurden, mindert nicht, wie die japanischen Klägerinnen behaupten, ihren Beweiswert, sondern stärkt ihn. Wenn eine Aussage vor einem Staatsanwalt auch nicht den gleichen Wert wie eine eidliche Zeugenaussage vor Gericht hat, ist doch eine solche Aussage angesichts der Ermittlungsbefugnisse des Staatsanwalts und der möglichen strafrechtlichen Folgen für einen Beteiligten, der im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gelogen hat, verlässlicher als eine einfache Erklärung.

313. Die japanischen Klägerinnen machen weiter geltend, dass die Mitteilungen von Herrn Biasizzo über die Ausschreibungen auf dem italienischen Markt unvereinbar seien mit der Angabe von Herrn Verluca in seiner Erklärung vom 17. September 1996, wonach es auf den europäischen Märkten keine bedeutenden Ausschreibungen gegeben habe.

314. Insoweit ist daran zu erinnern, dass in der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 die Angabe, es habe keine bedeutenden Ausschreibungen in Europa gegeben, im Abschnitt 1.4 Sonstige Märkte (OPEN TENDERS) unter dem Stichwort Offene Ausschreibungen für nahtlose API-Rohre gemacht wird, während die Heimatmärkte der Mitglieder des EuropäischJapanischen Clubs im Abschnitt 1.1 Heimatmärkte behandelt werden, woraus a priori zu schließen ist, dass sich der in Abschnitt 1.4 der Erklärung verwendete Begriff Europa auf die anderen europäischen Märkte als die vier Heimatmärkte bezieht, die von der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung erfasst werden (vgl. oben, Randnrn. 279 und 280).

315. Außerdem beschrieb Herr Biasizzo nur die Lage auf dem italienischen Markt. Daher kann unterschieden werden zwischen den wichtigen internationalen Ausschreibungen (gros tenders), die laut Herrn Verluca die europäischen Märkte einschließlich gegebenenfalls der Heimatmärkte der vier europäischen Hersteller nicht betrafen, und den Ausschreibungen von Agip auf dem italienischen Markt. Hierfür spricht auch der erste Satz in Abschnitt 1.4 der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996, wonach [d]ie großen Geschäfte, für die es internationale Ausschreibungen (OPEN TENDERS) gab,... nach einem Verteilerschlüssel aufgeteilt worden seien, da diese Formulierung die große Dimension und den internationalen Charakter der in diesem Abschnitt der Erklärung gemeinten Ausschreibungen unterstreicht.

316. Zwar mindert die Erwähnung von Ausschreibungen auf dem italienischen Markt in gewissem Umfang den Beweiswert der Aussage von Herrn Biasizzo für eine Erhärtung der Erklärungen von Herrn Verluca. Allenfalls nämlich hat die von Herrn Biasizzo gegebene Beschreibung über die Art und Weise, wie die Verträge auf dem italienischen Markt aufgeteilt wurden, in den Erklärungen von Herrn Verluca keinerlei Entsprechung, und im ungünstigsten Fall widerlegt sie sie.

317. Indessen ist erneut daran zu erinnern, dass die Kommission nicht beweisen musste, durch welchen spezifischen Mechanismus die Marktaufteilung ins Werk gesetzt werden sollte, sofern der wettbewerbswidrige Zweck der rechtswidrigen Vereinbarung hinreichend bewiesen ist (vgl. oben, Randnr. 203). Dass im vorliegenden Fall hinsichtlich des Anwendungsmodus der Grundregeln auf den Heimatmärkten der Mitglieder des EuropäischJapanischen Clubs zwischen den Erklärungen von Herrn Verluca und der Aussage von Herrn Biasizzo keine vollständige Übereinstimmung besteht, mindert den Beweiswert dieser Beweismittel nur begrenzt, da die Aussage von Herrn Biasizzo die Erklärungen von Herrn Verluca hinsichtlich anderer spezifischer Aspekte der festgestellten Übereinkunft erhärtet (vgl. auch unten, Randnr. 334).

318. Die japanischen Klägerinnen machen weiter geltend, dass Herr Biasizzo in seinen späteren Erläuterungen zu meiner Aussage alle objektiven wirtschaftlichen Vorteile des örtlichen Stahlrohrherstellers auf seinem Heimatmarkt gegenüber ausländischen Herstellern aufgezählt und nicht mehr auf eine internationale Absprache abgestellt habe.

319. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung schon aus dem Wortlaut von Artikel 81 Absatz 1 EG selbst ergibt, dass Vereinbarungen zwischen Unternehmen unabhängig von ihrer Wirkung verboten sind, wenn mit ihnen ein wettbewerbswidriger Zweck verfolgt wird (vgl. oben, Randnr. 181 und die dort zitierte Rechtsprechung). Dass Herr Biasizzo die objektiven wirtschaftlichen Vorteile eines örtlichen Stahlrohrherstellers auf seinem Heimatmarkt erläuterte, wirkt daher unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht entlastend und relativiert somit nicht den Beweiswert seiner ursprünglichen Aussage.

320. Auch das Vorbringen, dass in den Erläuterungen zu meiner Aussage nicht ein weiteres Mal ausdrücklich auf das Bestehen einer internationalen Übereinkunft Bezug genommen worden sei, kann nicht durchgreifen, da Herr Biasizzo seine ursprüngliche Aussage in diesem Punkt keineswegs änderte. Vielmehr spielte er in den Erläuterungen zu meiner Aussage ein weiteres Mal auf das Bestehen einer solchen Übereinkunft an, denn er bestätigte, dass die starke Stellung von Dalmine auf dem italienischen Markt u. a. von dem Einfluss [herrühre], den jeder Hersteller auf seinen eigenen Märkten gegenüber den anderen Herstellern gehabt habe (l'influenza che ogni produttore ha, per le sue aree di mercato, nei confronti degli altri produttori). Insoweit verwies Herr Biasizzo sogar auf die in seiner ursprünglichen Aussage gegebene Beschreibung, wonach [d]as System... insgesamt auf der Respektierung des eingependelten Gleichgewichts der überkommenen Marktanteile [beruht habe], wie [er] bereits mehrfach ausgeführt habe (Tutto il sistema è basato sul rispetto di equilibri consolidati da quote storiche... come già ho detto più volte nel corso del mio memoriale).

321. Da die japanischen Klägerinnen die Verlässlichkeit der Aussage von Herrn Biasizzo in Frage stellen, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese durch weitere Aussagen seiner Kollegen gestützt wird, die in der Kommissionsakte enthalten sind und von der Kommission vor dem Gericht angeführt worden sind, ohne indessen in der angefochtenen Entscheidung genannt zu sein. So ist etwa der Aussage von Herrn Jachia vom 5. Juni 1995 (S. 8220b, S6, der Kommissionsakte) zu entnehmen, dass eine Vereinbarung über die Respektierung der den verschiedenen Akteuren gehörenden Zonen bestanden habe. Herr Ciocca sagte am 8. Juni 1995 aus, dass es ein weltweites Kartell von Rohrherstellern gegeben habe (S. 8220b, S3, der Kommissionsakte). Ferner geht aus der Antwort von Dalmine vom 29. Mai 1997 hervor, dass Herr Biasizzo mindestens einmal an einer Sitzung mit den japanischen Herstellern in Japan teilnahm, so dass er vom Bestehen und vom Inhalt der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Übereinkunft unmittelbare Kenntnis hatte.

322. Schließlich machen die japanischen Klägerinnen geltend, dass Herr Biasizzo in seinen beiden Erklärungen nicht angebe, welche Produkte die von ihm genannte Übereinkunft betroffen habe.

323. Dazu ist ein weiteres Mal darauf hinzuweisen, dass nicht jeder der von der Kommission vorgelegten Beweise die Erklärungen von Herrn Verluca hinsichtlich jedes Merkmals der Zuwiderhandlung bestätigen muss (vgl. oben, Randnr. 180). Denn einem Beweisstück kommt bereits dann ein gewisser Wert als erhärtendes Beweismittel im Bündel der belastenden Beweise zu, wenn es bestimmte signifikante Merkmale der von Herrn Verluca beschriebenen Vereinbarung bezeugt (vgl. oben, Randnr. 220). Es ist jedenfalls - ohne dass die zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehende Meinungsverschiedenheit darüber, in welchem genauen Zeitraum Herr Biasizzo für den Verkauf der beiden in der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte verantwortlich war, geklärt zu werden braucht - unstreitig, dass er bei Dalmine während eines erheblichen Teils des festgestellten Zeitraums der Zuwiderhandlung für den Verkauf von OCTGRohren und während mindestens fünf Monaten innerhalb dieses Zeitraums auch für den Verkauf von Leitungsrohren verantwortlich war, so dass er die von ihm beschriebenen Vorgänge aus eigener Anschauung kannte.

324. Es ist festzustellen, dass die Aussage von Herrn Biasizzo die Erklärungen von Herrn Verluca hinsichtlich des Bestehens der von Herrn Verluca beschriebenen Übereinkunft über die Aufteilung der Heimatmärkte erhärtet. Seine Aussage bestätigt insbesondere, dass die Heimatmärkte jedes Herstellers von den anderen Mitgliedern des Clubs zu respektieren waren, dass dieser Grundsatz in Sitzungen vereinbart wurde, die zweimal jährlich stattfanden, einmal in Europa und einmal in Japan, und zu denen die japanischen Klägerinnen Vertreter entsandten (vgl. oben, Randnrn. 192 bis 196).

325. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass JFENKK in ihrer Antwort vom 7. November 1997 auf ein Auskunftsersuchen, die auf S. 14451 in die Akte der Kommission aufgenommen wurde und in Fußnote 41 der angefochtenen Entscheidung erwähnt ist, einräumte, dass die europäischen Hersteller sie in den Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs zur Respektierung ihrer Heimatmärkte aufforderten (We recall that other [European] mills requested that JFE respect their home markets); jedoch habe sie darauf nicht zustimmend reagiert (However we were neither bound by nor did we respect such requests).

326. Diese Antwort von JFENKK bestätigt zunächst, dass die Diskussionen auf den Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs nicht nur Drittlandsmärkte betrafen, sondern, wie in den Erklärungen von Herrn Verluca beschrieben, auch die Gemeinschaftsmärkte.

327. Nimmt überdies ein Unternehmen, selbst ohne sich aktiv zu beteiligen, an Treffen von Unternehmen mit wettbewerbswidrigem Zweck teil und distanziert es sich nicht offen vom Inhalt dieser Treffen, so dass es den anderen Teilnehmern Anlass zu der Annahme gibt, dass es dem Ergebnis der Treffen zustimmt und sich daran halten wird, so kann nach ständiger Rechtsprechung der Nachweis als erbracht angesehen werden, dass es sich an der aus diesen Treffen resultierenden Absprache beteiligt hat (Urteile des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, II1711, Randnr. 232, vom 10. März 1992 in der Rechtssache T12/89, Solvay/Kommission, Slg. 1992, II907, Randnr. 98, vom 6. April 1995 in der Rechtssache T141/89, Tréfileurope/Kommission, Slg. 1995, II791, Randnrn. 85 und 86, und in der Rechtssache Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1353).

328. Diese Rechtsprechung ist zwar auf die Lage von JFENKK nicht unmittelbar anwendbar, weil in den Entscheidungssachverhalten der zitierten Urteile das Vorliegen einer Zuwiderhandlung durch andere Unternehmen bewiesen war und als einzige Frage zu klären blieb, ob sich das fragliche passive Unternehmen an der Zuwiderhandlung beteiligt hatte.

329. Der Grundsatz jedoch, wonach ein Unternehmen, das an Treffen mit wettbewerbswidrigem Zweck teilnimmt, den anderen Teilnehmern, wenn es sich nicht offen vom Inhalt der Treffen distanziert, Anlass zu der Annahme gibt, es stimme dem Ergebnis der Treffen zu und werde sich daran halten, und wonach es sich damit an der Zuwiderhandlung beteiligt, ist auch im vorliegenden Fall anwendbar. Dass JFENKK an den fraglichen Sitzungen teilnahm, steht umso sicherer fest, als sie einräumt, sie sei in den Sitzungen gezielt zur Respektierung der Gemeinschaftsmärkte aufgefordert worden. Die Antwort von JFENKK ist daher ein besonders stichhaltiges Beweismittel, das die Erklärungen von Herrn Verluca darin erhärtet, dass sich JFENKK an einer Absprache mit den vier europäischen Herstellern beteiligte.

330. Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass auch die anderen drei japanischen Hersteller an denselben Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs teilnahmen wie JFENKK. Nach dem Funktionieren und den Zielsetzungen des EuropäischJapanischen Clubs, wie sie aus den vorstehend geprüften Unterlagen hervorgehen, erscheint es jedoch undenkbar, dass die europäischen Hersteller allein JFENKK und nicht auch die anderen japanischen Hersteller, die dem Club angehörten, zur Respektierung ihrer Heimatmärkte aufforderten. Damit ist davon auszugehen, dass die Antwort von JFENKK auch die Beteiligung der anderen drei japanischen Hersteller an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung bestätigt.

331. Demnach genügt das von der Kommission angeführte Bündel von Indizien bei weitem, um die Erklärungen von Herrn Verluca darin zu erhärten, dass die japanischen und die europäischen Hersteller tatsächlich im Rahmen des von Herrn Verluca beschriebenen EuropäischJapanischen Clubs eine Vereinbarung über die Marktaufteilung für bestimmte nahtlose Stahlrohre schlossen, nach der insbesondere jeder Hersteller den Verkauf der betroffenen Produkte auf dem Heimatmarkt der übrigen Clubmitglieder zu unterlassen hatte.

332. Den meisten Beweismitteln in diesem Indizienbündel kann nicht klar entnommen werden, welche nahtlosen Stahlrohre von der Aufteilung erfasst waren, ihnen ist aber eindeutig zu entnehmen, dass zu den betroffenen Produkten die OCTGStandardrohre gehörten. Denn die Hinweise speziell auf diese Produkte in den Vermerken Strategische Überlegungen und Überlegungen zum VAMVertrag, im VerteilerschlüsselPapier und in der Antwort von Mannesmann sowie, ohne nähere Spezifizierung, auf OCTGRohre im Allgemeinen in den übrigen von der Kommission angeführten Unterlagen bestätigen angemessen und eindeutig die in den Erklärungen von Herrn Verluca enthaltene Aussage, dass die Grundregeln diese Produkte betrafen.

333. Was die projektbezogenen Leitungsrohre angeht, so wird die Aussage von Herrn Verluca, dass die rechtswidrige Übereinkunft auch diese Produkte erfasst habe, in eindeutiger Weise nur durch ein einziges Beweismittel bestätigt, nämlich die von Herrn Becher verfasste Antwort von Mannesmann. Da diese Antwort jedoch, wie oben in den Randnummern 294 bis 302 festgestellt, in besonderem Maße beweiskräftig ist, ist sie als ausreichend anzusehen, um die Erklärungen von Herrn Verluca, die bereits als solche sehr verlässlich sind (vgl. oben, Randnrn. 205 bis 207), im Hinblick auf diese Produkte zu erhärten.

334. Wie oben ausgeführt (vgl. oben, Randnrn. 204 und 220), können nach der Regel, die sich aus dem Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1838) ergibt und auf die sich die Kommission hier beruft, jedoch dann, wenn das Vorliegen und bestimmte spezifische Aspekte der von Herrn Verluca beschriebenen und in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Vereinbarung über die Marktaufteilung durch ein Bündel übereinstimmender Indizien erhärtet wird, die Erklärungen von Herrn Verluca allein ausreichen, um andere Aspekte der angefochtenen Entscheidung zu belegen. Wie oben in den Randnummern 330 und 332 bereits festgestellt, ist das von der Kommission vorgelegte Indizienbündel aber ausreichend, um die Erklärungen von Herrn Verluca in mehrerer Hinsicht zu erhärten, so namentlich hinsichtlich der OCTGStandardrohre.

335. Demnach ist anzunehmen, dass Herr Verluca in seinen Erklärungen eindeutig die Wahrheit sagte und dass sie damit ausreichende Beweismittel für den Nachweis bilden, dass die Vereinbarung der Mitglieder des EuropäischJapanischen Clubs über die Aufteilung ihrer Heimatmärkte nicht nur für die OCTGStandardrohre galt, sondern auch, wie mehrere weitere Beweismittel belegen, für die projektbezogenen Leitungsrohre. Denn es besteht kein Grund zur Annahme, dass Herr Verluca, der den Sachverhalt aus eigener Anschauung kannte, zu den Leitungsrohren unzutreffende Angaben machte, während seine Angaben über das Vorliegen der Vereinbarung und deren Geltung für die OCTGStandardrohre durch andere Beweismittel bestätigt werden.

336. Selbst wenn es den japanischen Klägerinnen gelungen wäre, Zweifel daran zu erwecken, welche speziellen Produkte die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Übereinkunft erfasste, was jedoch nicht aufgezeigt worden ist, so könnte der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung keine genaue und abschließende Aufzählung aller von der Zuwiderhandlung betroffenen Produktarten enthält, allein nicht genügen, um ihre Nichtigerklärung zu rechtfertigen, wenn aus der Entscheidung als Ganzem hervorgeht, dass die festgestellte Zuwiderhandlung eine bestimmte Produktart betraf, und sie die dieses Ergebnis stützenden Nachweise angibt (vgl. analog, im Kontext des Klagegrundes eines Begründungsmangels, Urteil Gruber + Weber/Kommission, zitiert oben in Randnr. 203, Randnr. 214). Andernfalls könnte sich ein Unternehmen jeder Sanktion entziehen, obgleich die Kommission mit Gewissheit festgestellt hat, dass es eine Zuwiderhandlung unter Umständen verwirklichte, unter denen die Identität der einzelnen Produkte innerhalb einer Palette von gleichartigen Produkten, die das Unternehmen vermarktet, nicht feststellbar ist.

337. Die Rechtsprechung zur ordnungsgemäßen Definition des Marktes, auf die sich JFENKK beruft (vgl. oben, Randnr. 101, und Urteil SIV u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 57), ist insoweit nicht einschlägig, da sie sich auf den Fall bezieht, dass die Kommission eine Zuwiderhandlung auf der Grundlage der wettbewerbswidrigen Wirkungen des Verhaltens der in Frage stehenden Unternehmen feststellt, während aber im vorliegenden Fall die wettbewerbswidrige Zielsetzung der rechtswidrigen Übereinkunft durch Urkundenbeweise nachgewiesen ist.

- Dauer der Zuwiderhandlung

338. Zur Dauer der Zuwiderhandlung ist zunächst auf die in Randnummer 108 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellung der Kommission hinzuweisen, dass sie das Vorliegen der Zuwiderhandlung ab 1977 hätte feststellen können, hiervon aber wegen des Bestehens der Selbstbeschränkungsabkommen abgesehen habe. Demgemäß hat sie in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung das Vorliegen der Zuwiderhandlung erst vom Jahr 1990 an festgestellt.

339. Es ist daher irrig, wenn die japanischen Klägerinnen vortragen, die Kommission habe das Vorliegen einer Zuwiderhandlung in der angefochtenen Entscheidung deshalb erst von 1990 an festgestellt, weil sie der Meinung gewesen wäre, dass die japanischen Klägerinnen durch die Selbstbeschränkungsabkommen an der Ausfuhr ihrer Stahlrohre nach der Gemeinschaft gehindert gewesen wären. Allerdings stimmt auch die von der Kommission in den vorliegenden Rechtssachen eingenommene Position, sie habe das Vorliegen der Zuwiderhandlung bereits ab 1977 festgestellt, diese aber für die Bemessung der Geldbuße erst ab 1990 berücksichtigt, nicht mit dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung, insbesondere ihres Artikels 1, überein.

340. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den vorliegenden Rechtssachen nicht beantragt hat, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung für die Zeit vor 1990 festzustellen. Sie betont zwar in ihren Schriftsätzen, dass ihr Verzicht auf die Berücksichtigung einer Zuwiderhandlung für die Laufzeit der Selbstbeschränkungsabkommen ein Zugeständnis an die Adressaten der angefochtenen Entscheidungen sei, zu dem nichts sie verpflichtet habe, aber sie hat vor dem Gericht nicht vorgetragen, dass dieses Zugeständnis im vorliegenden Verfahren in Frage zu stellen sei.

341. Das Gericht hat daher nicht die Frage zu prüfen, ob dieses Zugeständnis rechtmäßig oder angezeigt war, sondern allein die Frage, ob die Kommission, die dieses Zugeständnis in der Begründung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich machte, es im vorliegenden Fall auch fehlerfrei umsetzte. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Kommission genaue und übereinstimmende Beweise beibringen muss, die die feste Überzeugung begründen, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde, da sie für das Vorliegen der Zuwiderhandlung und damit auch für deren Dauer die Beweislast trägt (vgl. oben, Randnrn. 177 bis 179 und die dort zitierte Rechtsprechung).

342. Da es hier um internationale Abkommen zwischen der japanischen Regierung, vertreten durch das Ministerium für Handel und Industrie, und der Gemeinschaft, vertreten durch die Kommission, geht, wäre es nach dem Grundsatz der guten Verwaltung Sache der Kommission gewesen, die Dokumente zu archivieren, aus denen sich das Datum des Außerkrafttretens der Abkommen ergibt. Sie hätte daher in der Lage sein müssen, diese Dokumente dem Gericht vorzulegen. Hingegen hat sie vor dem Gericht vorgetragen, sie habe zwar ihre Archive durchsucht, könne aber keine Dokumente über das Ende der Geltungsdauer der Abkommen vorlegen.

343. Auch wenn ein Kläger die Beweislast im Allgemeinen nicht auf den Beklagten abwälzen kann, indem er sich auf Umstände beruft, die er nicht beweisen kann, lässt sich der Begriff der Beweislast hier nicht zugunsten der Kommission im Hinblick auf das Datum anwenden, zu dem von ihr geschlossene internationale Abkommen ausliefen. Das unerklärliche Unvermögen der Kommission zur Vorlage von Beweismitteln für einen Umstand, der sie unmittelbar betrifft, nimmt dem Gericht die Möglichkeit, seine Entscheidung in Kenntnis des Datums zu erlassen, zu dem die Abkommen ausliefen. Es widerspräche dem Grundsatz der geordneten Rechtspflege, die Folgen dieses Unvermögens den Unternehmen aufzubürden, an die die angefochtene Entscheidung gerichtet war und die im Gegensatz zu dem beklagten Organ zur Führung dieses Nachweises nicht in der Lage sind.

344. Unter diesen Umständen ist ausnahmsweise festzustellen, dass es Sache der Kommission war, den Beweis für das Außerkrafttreten der Selbstbeschränkungsabkommen zu erbringen. Die Kommission hat den Beweis für das Datum des Außerkrafttretens aber weder in der angefochtenen Entscheidung noch vor dem Gericht geführt.

345. Wenn die japanischen Klägerinnen ihrerseits auch keine Beweise für die internationale Fortgeltung der Selbstbeschränkungsabkommen erbracht haben, haben sie doch sehr stichhaltige Beweise darüber vorgelegt, wie die japanische Seite den Status der Selbstbeschränkungsabkommen während des Jahres 1990 auffasste. Dazu gehören u. a. ein am 22. Dezember 1989 von sechs japanischen Stahlrohrherstellern, darunter den vier japanischen Klägerinnen, gestellter Antrag, eine Verlängerung der internen Vereinbarung über die Begrenzung ihrer Ausfuhren nach der Europäischen Gemeinschaft bis zum 31. Dezember 1990 zu genehmigen, und die entsprechende Genehmigungsentscheidung des MITI vom 28. Dezember 1989. Aus diesen Dokumenten lässt sich sicher schließen, dass sowohl die japanischen Klägerinnen als auch die zuständigen japanischen Behörden das mit den Europäischen Gemeinschaften geschlossene internationale Selbstbeschränkungsabkommen für während des Jahres 1990 weiterhin anwendbar hielten.

346. Unter diesen Umständen ist im vorliegenden Verfahren auf der Grundlage der dem Gericht vorgelegten Beweismittel und angesichts der der Kommission obliegenden Beweislast für das Bestehen einer Zuwiderhandlung davon auszugehen, dass die Selbstbeschränkungsabkommen zwischen der Kommission und den japanischen Behörden während des Jahres 1990 fortgalten. Angesichts dieses Umstands und des genannten Zugeständnisses, das die Kommission selbst in der angefochtenen Entscheidung machte, ist die Dauer der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung um ein Jahr zu reduzieren.

347. Was den Endzeitpunkt der Zuwiderhandlung angeht, so stützte sich die Kommission in den Randnummern 96 und 108 der angefochtenen Entscheidung auf die Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996, nach der der Austausch vor etwas mehr als einem Jahr zuvor beendet worden war, und schloss daraus, dass die Zuwiderhandlung bis 1995 gedauert habe. Nach der Berechnung des Betrages der Geldbußen in Randnummer 166 der angefochtenen Entscheidung wurde aber im Fall der japanischen Klägerinnen eine Zuwiderhandlung von nur fünf Jahren zugrunde gelegt, so dass die Zuwiderhandlung am 1. Januar 1995 hätte enden müssen. Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die angefochtene Entscheidung tatsächlich in diesem Sinne auszulegen sei.

348. Die japanischen Klägerinnen weisen darauf hin, dass unter den übrigen von der Kommission angeführten Unterlagen das einzige Dokument mit Angaben zur Dauer der Zuwiderhandlung, nämlich das VerteilerschlüsselPapier, einen Zeitraum nenne, der bereits im März 1994 geendet habe. Für die Zeit nach März 1994 gebe es auch keine Beweise für Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs.

349. Hierzu ist zunächst zu konstatieren, dass die Erklärungen von Herrn Verluca zwar besonders verlässlich sind, dass aber der Satz, aus dem die Kommission auf eine Zuwiderhandlungsdauer bis Anfang 1995 schließt, äußerst unbestimmt ist. Deshalb sind die übrigen Beweismittel, die die Erklärungen von Herrn Verluca in anderen Punkten erhärten, nicht dafür ausreichend, dass sich die Kommission in dieser Frage allein auf diese Erklärungen stützen könnte. Auch wenn nämlich kein

350. Zweifel daran besteht, dass die Aussagen von Herrn Verluca zur Dauer der Zuwiderhandlung wahrheitsgemäß sind, ist doch seine Angabe zu deren Ende so unbestimmt, dass seine Erklärung allein nicht genügen kann, um den Endzeitpunkt rechtlich hinreichend zu beweisen.

351. Im Übrigen fanden die Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs nach der Beschreibung, die Herr Verluca von ihnen in seinen Erklärungen gab, zweimal jährlich, einmal in Europa und einmal in Japan (im Allgemeinen im März oder April in Europa und im Oktober oder November in Japan), statt (Erklärung von Herrn Verluca vom 14. Oktober 1996). Hätte die Zuwiderhandlung bis Anfang 1995 gedauert, wie die Kommission annimmt, so hätte normalerweise im Herbst 1994 eine weitere Sitzung des Clubs abgehalten werden müssen. Jedoch gibt es zwar verschiedene Beweise, darunter das VerteilerschlüsselPapier, für die Sitzung vom März 1994, aber in den Akten keinerlei Spur von einer Sitzung im Herbst 1994. Demnach lässt sich nicht hinreichend sicher annehmen, dass die Zuwiderhandlung über das erste Halbjahr 1994 hinaus fortdauerte.

352. Folglich ist davon auszugehen, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung am 1. Juli 1994 endete, und ist somit im Fall der vier japanischen Klägerinnen die Dauer der Zuwiderhandlung neben der oben in Randnummer 346 genannten Verkürzung um weitere sechs Monate zu reduzieren.

353. Nach alledem hat die Kommission nach den oben in den Randnummern 173 bis 180 wiedergegebenen Beweisregeln das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlung zu Lasten der japanischen Klägerinnen durch die in der Begründung der Entscheidung angeführten Beweismittel nachgewiesen, jedoch nur für einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren, nämlich vom 1. Januar 1991 bis 1. Juli 1994. Im Übrigen, also abgesehen von dieser Verkürzung der Zuwiderhandlungsdauer, ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes damit zurückzuweisen. Da das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend bewiesen ist, sind die speziellen Argumente der Klägerinnen, die das Gericht nicht ausdrücklich zurückgewiesen hat, insoweit unbeachtlich.

354. Ist der zweite Teil des Klagegrundes somit zurückzuweisen, weil der Abschluss der geahndeten Übereinkunft mit wettbewerbswidrigem Zweck durch die japanischen Klägerinnen nachgewiesen ist, so hat dies im Übrigen zur Folge, dass auch der erste Teil des Klagegrundes zurückzuweisen ist. Denn die auf der Grundlage von Urkundenbeweisen getroffene Feststellung, dass es diese Übereinkunft tatsächlich gab, kann aus den oben in den Randnummern 181 bis 186 genannten Gründen weder durch etwaige Handelshindernisse, die japanischen Einfuhren entgegenstanden, noch durch mögliche japanische Verkäufe der von der Übereinkunft betroffenen Produkte auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs entkräftet werden.

Zum dritten Teil des Klagegrundes, wonach die Kommission die Bedeutung der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung verkannt habe

355. Nach Auffassung der japanischen Klägerinnen ist die Überlegung der Kommission in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung, die in Artikel 2 festgestellte Zuwiderhandlung habe bezweckt, den dem britischen Markt nach den Grundregeln zuerkannten Heimatmarktstatus mit Hilfe verbesserter Grundregeln aufrechtzuerhalten, von Grund auf unschlüssig. Insbesondere habe sich Corus nicht allein durch die Beendigung ihrer Glattendrohrproduktion in Clydesdale vom britischen Markt für OCTGStandardgewinderohre und projektbezogene Leitungsrohre zurückgezogen, sondern habe ihre Tätigkeit auf ihrem Heimatmarkt fortgeführt und diese Produkte weiterhin abgesetzt, selbst wenn sie keine Lieferverträge für Glattendrohre mit Vallourec, Dalmine und Mannesmann geschlossen hätte.

356. Hinsichtlich dieses Teils des ersten Klagegrundes hat das Gericht nur die Frage zu prüfen, ob die Kommission das Vorliegen der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung als Bestätigung ihrer Feststellung werten durfte, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde.

357. Da das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung durch die von der Kommission in der Entscheidung angeführten Urkundenbeweise nachgewiesen ist, ist es nicht zwingend erforderlich, die Auswirkungen der zweiten Zuwiderhandlung auf diese Frage zu ermitteln. Dennoch ist das genannte Vorbringen der japanischen Klägerinnen vorsorglich zu prüfen, weil es Auswirkungen auf andere ihrer Klagegründe hat, besonders auf den Klagegrund einer Ungleichbehandlung im Rahmen ihrer Anträge auf Herabsetzung der Geldbußen.

358. Den von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweismitteln ist zu entnehmen, dass die europäischen Hersteller fürchteten, eine weitere Tätigkeit von Corus nur im Bereich des Gewindeschneidens werde nicht genügen, um die japanischen Hersteller zur weiteren Respektierung des britischen Marktes als Heimatmarkt im Sinne der Grundregeln zu bewegen. So enthält das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden folgende, in Randnummer 90 der angefochtenen Entscheidung zitierte Beurteilung:

Die Japaner haben zwar erklärt, dass sie sich auch im Falle einer Umstrukturierung der gemeinschaftlichen Industrie im Bereich nahtloser Rohre an die Abmachungen halten werden, doch fragt sich, ob dies auch gilt, wenn [Corus] sich aus der Rohrherstellung oder fertigbearbeitung im Vereinigten Königreich zurückzieht.

(Although the Japanese have agreed not to request changes in our agreements if the EC seamless industry were to restructure, there is no guarantee that they would follow this precept if [Corus] were to exit tubemaking or finishing in the UK.)

359. Diese Angabe wird durch die Vermerke von Vallourec gestützt, so insbesondere durch den Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990 und den Vermerk Überlegungen zum VAMVertrag mit BSC, die in den Randnummern 78 und 80 der angefochtenen Entscheidung angeführt werden, sowie den Vermerk Unterredung mit BSC. In diesen Vermerken wird auf das Risiko verwiesen, dass die japanischen Hersteller nach der Schließung des Corus-Werkes in Clydesdale eine erhebliche Ausweitung ihres Marktanteils anstreben könnten, und die Notwendigkeit betont, den britischen Markt zu schützen. Der Beurteilung der Kommission liegt der - auch von Vallourec in den Vermerken Strategische Überlegungen und Verlängerung des VAMVertrags mit BSC ausdrücklich als Möglichkeit benannte - Gedanke zugrunde, dass die japanischen Hersteller die Behandlung des britischen Marktes als Heimatmarkt im Sinne der Grundregeln nicht unbedingt länger akzeptieren würden, wenn Corus ihre Glattendrohrproduktion einstellen und diese Rohre, um sie selbst mit Gewinden zu versehen, bei Herstellern in Drittländern einkaufen würde. Dagegen beurteilten die Verfasser der Vallourec-Vermerke die Möglichkeit, die japanischen Hersteller zur weiteren Respektierung der Grundregeln zu bewegen, optimistischer für den Fall, dass Corus einer ausschließlichen Versorgung mit Glattendrohren aus der Gemeinschaft selbst zustimmte, besonders wenn Mannesmann als der einzige europäische Hersteller, der den Japanern Angst macht, laut Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990, zu den an diesen Lieferverträgen beteiligten Herstellern gehören würde.

360. Dabei brauchte die Kommission nicht zu beweisen, dass die in den Vermerken von Vallourec und im Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden vertretene Auffassung in dem Sinne zutreffend war, dass sie eine auch von den japanischen Herstellern geteilte Auslegung der Grundregeln widerspiegelte. Im vorliegenden Zusammenhang brauchte die Kommission logischerweise nur nachzuweisen, dass die europäischen Hersteller diese Strategie zur Beibehaltung der Grundregeln für wirksam hielten, so dass sie die Lieferungen von Glattendrohren an Corus tatsächlich zwischen Vallourec, Mannesmann und Dalmine aufteilten, um dieses Ziel zu erreichen. Denn diese Strategie ergab nur Sinn, wenn zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern bereits eine Marktaufteilungsabsprache existierte, womit der Nachweis, dass eine solche Strategie verfolgt wurde, ebenfalls das Vorliegen einer solchen Absprache bestätigt.

361. Soweit sich die japanischen Klägerinnen auf die Präferenzpolitik des OSO und die Richtlinie 90/531, insbesondere auf die Bedeutung der Hinweise auf die Präferenz vom 3 %, beziehen, kann ihr Vorbringen nicht genügen, um den Urkundenbeweisen ihren Wert zu nehmen. Wenn dieses Vorbringen diese Hinweise auch verständlicher macht und einen zusätzlichen Grund verdeutlicht, der die Versorgung von Corus mit Glattendrohren aus innergemeinschaftlichen Quellen begünstigte, nämlich die bevorstehende Ablösung der britischen Präferenz durch eine Gemeinschaftspräferenz, geht doch aus den oben in den Randnummern 357 und 358 geprüften Unterlagen eindeutig hervor, dass die europäischen Hersteller ungeachtet des Bestehens dieser Präferenzen befürchteten, ihre japanischen Wettbewerber würden mit der Vermarktung von Rohren auf dem britischen Markt beginnen.

362. Auch das Vorbringen der japanischen Klägerinnen zu den unterschiedlichen Unterzeichnungsdaten der Lieferverträge kann nicht durchgreifen. Denn die vorstehend in den Randnummern 356 bis 359 dargelegten Erwägungen bleiben unabhängig davon gültig, zu welchen genauen Zeitpunkten die einzelnen europäischen Hersteller der Übereinkunft beitraten, die die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung bildet. Denn wie oben ausgeführt, kommt es hinsichtlich dieser Zuwiderhandlung darauf an, dass ihr Vorliegen, sei es ab 1991 oder ab 1993, die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung bestätigt.

363. Allerdings hat das Vorbringen der japanischen Klägerinnen insofern ein gewisses Gewicht, als in den Randnummern 110 bis 116 der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in Randnummer 111, ausgeführt wird, die zweite Zuwiderhandlung habe eine strenge Aufteilung der Glattendrohrlieferungen an Corus unter Vallourec, Mannesmann und Dalmine bezweckt und bewirkt. Geht nämlich auch aus den oben - insbesondere in den Randnummern 357 und 358 - geprüften Beweisurkunden klar hervor, dass einer der Zwecke der zweiten Zuwiderhandlung tatsächlich im Schutz des britischen Marktes bestand, so ist doch festzustellen, dass diese Vereinbarung darüber hinaus laut der angefochtenen Entscheidung selbst eine wettbewerbswidrige Zielsetzung und Auswirkung für den britischen Markt für Glattendrohre hatte.

364. Da die Lieferverträge für Glattendrohre außerdem am Ende des ersten Halbjahres 1994 verlängert wurden, also zu dem Zeitpunkt, von dem an der Fortbestand des Europäisch-Japanischen Clubs nicht mehr nachgewiesen ist, erscheint es schwerlich vorstellbar, dass die Verträge nach dieser Verlängerung noch ein Mittel zur Durchführung einer bereits beendeten Zuwiderhandlung darstellten. Jeder Vertrag war ursprünglich für fünf Jahre geschlossen worden, und zum Ende dieses Zeitraums konnte jede Vertragspartei ihn unter Einhaltung einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist gegenüber der anderen Vertragspartei beenden. Soweit insbesondere Vallourec und Dalmine den Vertrag vom 4. Dezember 1991 in der Zeit vom 4. Dezember 1996 bis 30. März 1999 fortführten (wobei Vallourec über die TISL im Jahr 1994 in die Rechte von Corus eingetreten war, vgl. Randnr. 92 der angefochtenen Entscheidung), lässt sich keine Verbindung zwischen diesem geschäftlichen Verhalten und der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlung ziehen. Jedenfalls hätten die Parteien die Lieferverträge nach der Beendigung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung jederzeit einverständlich beenden können. Es gibt allen Grund zur Annahme, dass sie dies spätestens 1995 getan hätten, wenn sie an den Verträgen allein das von der Kommission in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung benannte geschäftliche Interesse gehabt hätten.

365. Demnach ist die im ersten Satz der Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung der Kommission, dass die Lieferverträge, die die in Artikel 2 der Entscheidung genannte Zuwiderhandlung bilden, nur ein Mittel zur Durchführung der Zuwiderhandlung nach Artikel 1 der Entscheidung gewesen seien, zu weitgehend, weil die Durchführung der ersten Zuwiderhandlung nur einen Zweck der zweiten Zuwiderhandlung unter mehreren zwar zusammenhängenden, aber gesonderten wettbewerbswidrigen Zielen und Wirkungen darstellte. Die etwaige Auswirkung dieses Umstands auf die Berechnung der den japanischen Klägerinnen auferlegten Geldbußen wird nachstehend in den Randnummern 567 bis 574 erörtert.

366. Jedoch steht fest, dass die Annahme der Kommission, die zweite Zuwiderhandlung habe u. a. eine Stärkung oder, wie es in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung heißt, Durchführung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Marktaufteilungsabsprache bezweckt, begründet ist und dass sich die Kommission fehlerfrei auf das Vorliegen dieses zweiten Verstoßes stützen konnte, um das Vorliegen der in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlung zu erhärten (vgl. oben, Randnr. 359). Dieser Umstand genügt, um diesen Teil des ersten Klagegrundes zurückzuweisen.

367. Der erste Klagegrund ist damit insgesamt zurückzuweisen.

2. Zum zweiten Klagegrund, wonach in der Zuwiderhandlung gemäß Artikel 1 in Wirklichkeit zwei eigenständige Zuwiderhandlungen zu sehen seien

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

368. JFE-Kawasaki und Sumitomo machen hilfsweise geltend, dass die Kommission, selbst wenn man die Beteiligung der japanischen Hersteller an einer Übereinkunft unterstelle, die ihnen den Verkauf der in der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Rohre auf den Märkten der Gemeinschaftshersteller untersagt hätte, dennoch nicht zu der Annahme berechtigt wäre, dass sie damit an irgendeiner Übereinkunft mit den europäischen Herstellern beteiligt gewesen wären, nach der jeder der europäischen Hersteller darauf verzichtet habe, seine Rohre auf dem Heimatmarkt der anderen europäischen Hersteller abzusetzen. Die Kommission hätte nämlich, da sie nicht nachgewiesen habe, dass eine Beteiligung der japanischen Hersteller erforderlich gewesen sei, damit die europäischen Hersteller eine Vereinbarung unter sich träfen, diese beiden Aspekte der Grundregeln als zwei selbständige Zuwiderhandlungen behandeln müssen. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass die im Verteilerschlüssel-Papier wiedergegebene Tabelle lediglich vorsehe, dass die japanischen Hersteller den europäischen Markt respektieren müssten. Die anderen Beweismittel erwähnten allenfalls eine angebliche Verpflichtung der japanischen Hersteller, ihre Erzeugnisse nicht in Europa abzusetzen.

369. JFE-Kawasaki meint, dass es, sollte die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung als schlichtes Mittel zur Durchführung der in Artikel 1 festgestellten Zuwiderhandlung betrachtet werden müssen, abwegig wäre, davon auszugehen, dass die japanischen Hersteller an diesem selbständigen Teil der letztgenannten Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien.

370. Nach Auffassung der Kommission muss die Marktaufteilungsabsprache als eine Gesamtheit von Regeln behandelt werden, deren Aufspaltung in zwei Teile gekünstelt erschiene. Die Wirksamkeit des Kartells sei von der Beteiligung möglichst vieler Hersteller abhängig gewesen, wie die Versuche bezeugten, auch die lateinamerikanischen Hersteller zu einem Beitritt zu bewegen. Für den Fall, dass sich die japanischen Hersteller nicht an der Übereinkunft beteiligt hätten, dürfe man nicht davon ausgehen, dass die europäischen Hersteller diese Übereinkunft notwendig auch untereinander getroffen hätten.

b) Würdigung durch das Gericht

371. Die Kommission verweist zunächst zu Recht darauf, dass ein Unternehmen für ein Gesamtkartell zur Verantwortung gezogen werden kann, auch wenn es nachweislich nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieses Kartells unmittelbar mitgewirkt hat, sofern es wusste oder zwangsläufig wissen musste, dass die Absprache, an der es insbesondere durch die Teilnahme an regelmäßig über mehrere Jahre stattfindenden Sitzungen beteiligt war, Teil eines Gesamtsystems war, das auf die Verfälschung des normalen Wettbewerbs gerichtet war, und dass sich dieses System auf sämtliche Bestandteile des Kartells erstreckte (Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 773). Dass einzelne Unternehmen bei der Verfolgung eines gemeinsamen Zieles unterschiedliche Rollen spielten, ändert nichts an dem wettbewerbswidrigen Zweck und damit an der Zuwiderhandlung, sofern jedes Unternehmen auf seiner Ebene zur Verfolgung des gemeinsamen Zieles beitrug (in diesem Sinne Urteil Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 4123).

372. Im vorliegenden Fall geht aus den verschiedenen oben geprüften Beweismitteln, insbesondere aus der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996, klar hervor, dass eines der wesentlichen Prinzipien der Grundregeln in der gegenseitigen Respektierung der Heimatmärkte der Mitglieder des EuropäischJapanischen Clubs bestand. So betraf die von der Kommission beschriebene Übereinkunft über den Marktschutz auf Gemeinschaftsebene ausschließlich die Heimatmärkte der vier europäischen Hersteller und nicht die übrigen Gemeinschaftsmärkte. Auch wenn die Fernhaltung der europäischen Hersteller vom japanischen Markt logischerweise jener Aspekt dieses Bestandteils der Grundregeln war, an dem die japanischen Hersteller interessiert waren, wussten diese doch oder mussten sie wissen, dass das genannte Prinzip innergemeinschaftlich ebenso galt wie interkontinental.

373. Wie ausgeführt, barg die Einstellung der Glattendrohrproduktion von Corus in Clydesdale nach Überzeugung der europäischen Hersteller das Risiko, dass die japanischen Hersteller den weiteren Heimatmarktstatus des britischen Marktes negieren würden (vgl. oben, Randnrn. 354 bis 365). Daraus folgt aber zwingend, dass die Präsenz eines dem EuropäischJapanischen Club angehörenden nationalen Herstellers, der auf dem nationalen Markt eines Staates OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre produzierte und vermarktete, als Voraussetzung für die Respektierung eines Marktes durch die übrigen Clubmitglieder betrachtet wurde.

374. Überdies wird das Argument der japanischen Klägerinnen, wonach die Gemeinschaftsmärkte im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs als nur ein einziger Markt behandelt worden seien, durch den Umstand entkräftet, dass der britische OffshoreMarkt im Rahmen der Marktaufteilungsabsprache den Sonderstatus eines Teilschutzes innehatte. Die japanischen Klägerinnen behaupten nämlich selbst, sie hätten nahtlose Stahlrohre auf diesem Markt verkauft, ohne diese indessen auf den übrigen Gemeinschaftsmärkten abzusetzen.

375. Demnach war es für die Kommission im vorliegenden Fall nicht angezeigt, die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung als zwei selbständige Zuwiderhandlungen zu behandeln, mit denen erstens die Beziehungen zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern und zweitens die innergemeinschaftlichen Beziehungen geregelt worden wären. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

3. Zum dritten Klagegrund, wonach die Übereinkunft keine spürbaren Auswirkungen auf den Wettbewerb gehabt habe

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

376. JFE-Kawasaki und JFENKK machen unter Berufung auf das Vorliegen der oben in den Randnummern 73 bis 88 dargestellten Handelshindernisse, die Stahlrohrexporten der japanischen Hersteller auf die europäischen Märkte und insbesondere die OnshoreMärkte der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft entgegengestanden hätten, geltend, dass die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Übereinkunft zwischen den japanischen und den europäischen Herstellern das Angebot dieser Erzeugnisse auf diesen Märkten nicht notwendig spürbar beeinträchtigt habe.

377. Die japanischen Hersteller hätten im vorliegenden Fall kein wirtschaftliches Interesse daran gehabt, Stahlrohre auf den Heimatmärkten der europäischen Hersteller zu verkaufen. Sie hätten dies also ohnehin nicht getan, ob die ihnen vorgeworfene Übereinkunft nun zustande gekommen wäre oder nicht. Die Kommission habe daher in der angefochtenen Entscheidung nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzung einer spürbaren Beeinträchtigung des Handels hier durch die japanischen Rohrhersteller erfuellt worden sei.

378. JFE-Kawasaki beruft sich für dieses Vorbringen auf das Urteil des Gerichtshofes vom 25. November 1971 in der Rechtssache 22/71 (Béguelin, Slg. 1971, 949, Randnr. 16) und macht geltend, dass die Regel de minimis non curat praetor nach diesem Urteil ohne Rücksicht auf die Art der betreffenden Vereinbarung gelte. Daher könnten die vorerwähnten Randnummern 1087 und 1088 des Urteils Zement (zitiert oben in Randnr. 66) die DeminimisRegel nicht für bestimmte Fallgestaltungen ausschließen.

379. Nach Auffassung von JFE-NKK hat die Kommission den Nachweis zu erbringen, dass sich die Parteien ohne die Absprachen anders verhalten hätten, was sie im vorliegenden Fall nicht getan habe; insoweit sei zu verweisen auf das Urteil Suiker Unie u. a./Kommission (zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 196).

380. Sumitomo weist, ohne diesen Klagegrund ausdrücklich geltend zu machen, lediglich darauf hin, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass die japanischen Hersteller ohne die Zuwiderhandlung überhaupt Rohre auf den europäischen Märkten abgesetzt hätten.

381. Die Kommission hebt hervor, dass nach ihrer Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die nicht unter Artikel [81 Absatz 1 EG] fallen (ABl. 1997, C 372, S. 13), die Anwendung des Artikels 81 Absatz 1 EG auf horizontale Absprachen, die eine Aufteilung der Märkte oder der Versorgungsquellen bezweckten, auch dann nicht ausgeschlossen werden könne, wenn der von den betreffenden Unternehmen gehaltene Marktanteil gering sei. Die Minimierung des von bestimmten dieser Unternehmen gehaltenen Marktanteils sei nämlich gerade der Zweck einer solchen Absprache.

382. Hauptsächlich macht die Kommission geltend, dass das Vorliegen der von den japanischen Klägerinnen behaupteten Handelshindernisse selbst dann, wenn es - was hier nicht der Fall sei - nachgewiesen wäre, ohne Bedeutung sei.

b) Würdigung durch das Gericht

383. Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission für den Beweis eines Verstoßes gegen Artikel 81 EG keine nachteiligen Wirkungen auf den Wettbewerb nachweisen muss, wenn sie das Vorliegen einer Vereinbarung oder abgestimmten Verhaltensweise bewiesen hat, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckte (Urteile Ferriere Nord/Kommission, zitiert oben in Randnr. 183, Randnrn. 30 ff., und Thyssen Stahl/Kommission, zitiert oben in Randnr. 74, Randnr. 277; vgl. auch oben, Randnr. 181).

384. In der angefochtenen Entscheidung stützte sich die Kommission tatsächlich in erster Linie auf den wettbewerbswidrigen Zweck der im EuropäischJapanischen Club geschlossenen Übereinkunft. Wie oben bereits festgestellt, ist die angefochtene Entscheidung insoweit begründet (vgl. oben, Randnrn. 189 ff.). Demnach ist das Vorbringen der japanischen Klägerinnen, wonach die rechtswidrige Übereinkunft ohne wettbewerbswidrige Auswirkungen geblieben sei, für das Vorliegen der Zuwiderhandlung, selbst wenn dieses Vorbringen zuträfe, unbeachtlich.

385. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich Unternehmen, die eine Übereinkunft mit wettbewerbswidrigem Ziel schließen, grundsätzlich ihrer Verantwortung nicht mit dem Hinweis entziehen können, dass sich die Übereinkunft nicht spürbar auf den Wettbewerb ausgewirkt habe. Da die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Übereinkunft eine Aufteilung der Märkte unter den Mitgliedern des EuropäischJapanischen Clubs bezweckte, ist im vorliegenden Fall offenkundig, dass ihr Zweck in einer spürbaren Beeinträchtigung des Wettbewerbs lag.

386. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

4. Zum vierten Klagegrund, wonach sich die Übereinkunft nicht auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten ausgewirkt habe

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

387. JFEKawasaki und JFENKK tragen vor, dass sich die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Übereinkunft auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht, jedenfalls nicht spürbar, im Sinne der Rechtsprechung ausgewirkt habe (Urteil des Gerichtshofes vom 20. Juni 1978 in der Rechtssache 28/77, Tepea/Kommission, Slg. 1978, 1391, Randnr. 47). Auch in diesem Kontext betont JFENKK, es sei Sache der Kommission, nachzuweisen, dass sich die Parteien ohne Absprachen anders verhalten hätten (Suiker Unie u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 196). JFEKawasaki und JFENKK zufolge verkaufen die japanischen Hersteller die in der angefochtenen Entscheidung genannten Rohre, die allesamt Endprodukte seien, ausschließlich an Endverbraucher, d. h. an Erdölgesellschaften. Diese Produkte würden daher innerhalb des Gemeinschaftsmarktes nie weiterverkauft. JFENKK führt aus, dass diese Verkäufe meistens unter Einschaltung eines japanischen Handelshauses im Rahmen eines langfristigen Liefervertrags oder eines Rahmenvertrags stattfänden. Insbesondere projektbezogene Leitungsrohre seien keine Standarderzeugnisse, sondern würden auf Bestellung nach Kundenangaben maßgefertigt, wie die Kommission in Randnummer 34 der angefochtenen Entscheidung auch erwähnt habe. Sie seien daher ihrer Art nach nicht für den Weiterverkauf geeignet. Außerdem habe die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung so lange keine Wirkung auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt, als die Selbstbeschränkungsabkommen in Kraft gewesen seien.

388. JFEKawasaki ist der Auffassung, dass die fehlende Wiederverkaufsmöglichkeit den vorliegenden Fall von sämtlichen Verfahren unterscheide, die die Kommission in Fußnote 37 der angefochtenen Entscheidung als Beleg für ihre Schlussfolgerung angeführt habe, dass die in Artikel 1 festgestellte Übereinkunft den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt habe (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juni 1976 in der Rechtssache 51/75, EMI Records, Slg. 1976, 811, und Entscheidungen der Kommission 74/634/EWG vom 29. November 1974 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81 EG] [IV/27.095 - Französischjapanische Absprache über Kugellager] [ABl. L 343, S. 19], 75/77/EWG vom 8. Januar 1975 über ein Verfahren nach Artikel [81 EG] [IV/27.039 - Pilzkonserven] [ABl. L 29, S. 26] und 75/497/EWG vom 15. Juli 1975 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81 EG] [IV/27.000 - IFTRARegeln für Hersteller von Hüttenaluminium] [ABl. L 228, S. 3]). In allen diesen Fällen habe zumindest die Möglichkeit bestanden, die Produkte, deren Einfuhr aus einem Drittland durch eine rechtswidrige Absprache unterbunden worden sei, innerhalb der Gemeinschaft weiterzuverkaufen. Die Entscheidung 73/109/EWG der Kommission vom 2. Januar 1973 betreffend ein Verfahren nach den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (IV/26.918 - Europäische Zuckerindustrie) (ABl. L 140, S. 17), die in Fußnote 38 der angefochtenen Entscheidung angeführt werde, betreffe eher eine abgestimmte Verhaltensweise als eine rechtswidrige Absprache und sei daher hier nicht einschlägig.

389. Dem Argument der Kommission, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung eine einzige Globalvereinbarung sei, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt habe, hält JFEKawasaki ihr Vorbringen entgegen, dass diese Zuwiderhandlung in Wirklichkeit aus zwei selbständigen Übereinkünften bestehe, nämlich eine über die Beziehungen zwischen den japanischen Herstellern einerseits und den europäischen Herstellern andererseits und die andere über die Beziehungen der europäischen Hersteller untereinander. Selbst wenn die Kommission zu Recht angenommen haben sollte, dass nur eine Übereinkunft vorliege, hätte sie die Frage, ob das Verhalten der betroffenen Unternehmen nach dem gemeinschaftlichen Wettbewerbsrecht legal gewesen sei, für diese beiden eigenständigen Bestandteile des Verstoßes gesondert prüfen müssen.

390. JFEKawasaki macht außerdem geltend, dass die Kommission in Randnummer 103 der angefochtenen Entscheidung zwei Bestandteile der Übereinkunft, deren Vorliegen sie vermutet habe, nämlich über die Aufteilung von Drittlandsmärkten und die abgestimmte Preisbildung für diese Märkte, mangels ausreichender Beweise außer Betracht gelassen, an anderen Bestandteilen der Übereinkunft aber festgehalten habe. Sie könne daher nicht behaupten, es sei nicht möglich, jeden Aspekt der Vereinbarung selbständig zu prüfen.

391. Die Kommission verweist zunächst auf ihr Vorbringen, dass es nicht logisch sei, die Auswirkungen der Beteiligung der japanischen Hersteller an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung getrennt von den Auswirkungen der Beteiligung der europäischen Hersteller zu würdigen. Selbst wenn aber die Auswirkungen des Verhaltens jedes geahndeten Unternehmens auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten gesondert zu würdigen wären, wäre zu bedenken, dass mittels multilateraler Übereinkunft beispielsweise JFEKawasaki mit Vallourec übereingekommen sei, beiderseits keine Rohre auf den deutschen Markt zu liefern, was unbestreitbar eine Quelle des Handels zwischen Mitgliedstaaten beseitigt habe. Dass die Rohre üblicherweise unmittelbar an Endverbraucher verkauft würden, sei ohne Bedeutung, weil die Übereinkunft für das Verhalten aller Lieferanten bestimmend gewesen sei, die an der Übereinkunft über alle Märkte außer ihrem Heimatmarkt beteiligt gewesen seien.

392. Nach der Rechtsprechung reiche es aus, dass die Absprache unmittelbar oder mittelbar, aktuell oder potenziell die Handelsströme innerhalb der Gemeinschaft beeinflussen könne, um die in Artikel 81 Absatz 1 EG normierte Voraussetzung einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten zu erfuellen (Urteil Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 1986). Im Urteil vom 28. April 1998 in der Rechtssache C306/96 (Javico, Slg. 1998, I1983, Randnr. 17) habe der Gerichtshof zwar entschieden, dass eine Vereinbarung mit absolutem Gebietsschutz vom Verbot des Artikels 81 Absatz 1 EG nicht erfasst werde, wenn sie den Markt nur geringfügig beeinträchtige. Im vorliegenden Fall verhalte es sich aber offenkundig anders. Das Urteil Tepea/Kommission (zitiert oben in Randnr. 386) müsse in seinem Kontext gesehen werden und sei hier nicht einschlägig.

b) Würdigung durch das Gericht

393. Nach ständiger Rechtsprechung können ein Beschluss, eine Vereinbarung oder eine Verhaltensweise den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher und tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen können (u. a. Urteil des Gerichts vom 28. Februar 2002 in der Rechtssache T395/94, Atlantic Container Line u. a./Kommission, Slg. 2002, II875, Randnrn. 79 und 90). Folglich braucht die Kommission, da eine potenzielle Beeinflussung genügt, nicht nachzuweisen, dass der Handel tatsächlich beeinträchtigt wurde (in diesem Sinne Urteil Atlantic Container Line u. a./Kommission, Randnr. 90). Jedoch weisen die Klägerinnen zu Recht darauf hin, dass diese tatsächliche oder potenzielle Beeinflussung nicht nur geringfügig sein darf (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 2001 in der Rechtssache C475/99, Ambulanz Glöckner, Slg. 2001, I8089, Randnr. 48).

394. Wie oben in Randnummer 374 festgestellt, brauchte die Kommission die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung nicht als zwei eigenständige Zuwiderhandlungen zu behandeln. Da insoweit also nur eine einzige Zuwiderhandlung vorliegt, ist offenkundig, dass die innergemeinschaftliche Seite der geahndeten rechtswidrigen Übereinkunft zumindest potenziell den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigte, so dass die Voraussetzung einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten hier erfuellt ist.

395. Jedenfalls ist der bereits erwähnte Umstand (vgl. oben, insbesondere Randnrn. 357 bis 359 und 372), dass die Einstellung der Glattendrohrproduktion durch Corus in Clydesdale nach Überzeugung der europäischen Hersteller das Risiko barg, dass die japanischen Hersteller den Heimatmarktstatus des britischen Marktes negieren würden, ein genügender Beweis dafür, dass das Verhalten der japanischen Hersteller im Rahmen der europäischjapanischen Übereinkunft den innergemeinschaftlichen Handel jedenfalls potenziell beeinträchtigte. Denn aus dieser Feststellung folgt, dass die gegenseitige Respektierung der Heimatmärkte in der Gemeinschaft, wie sie durch die Verteidigung des Heimatmarktstatus des britischen Marktes illustriert wird, Teil der Grundregeln war und ein Hemmnis für den innergemeinschaftlichen Handel bildete.

396. Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

5. Zum fünften Klagegrund, wonach die Kommission ihre Beurteilung der Bedeutung, die der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung zukomme, nicht begründet habe

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

397. Sumitomo und JFENKK machen geltend, die Kommission habe ihre dem Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Schlussfolgerung, die Verträge, die zu der in diesem Artikel festgestellten Zuwiderhandlung geführt hätten, seien im Rahmen der in Artikel 1 festgestellten Zuwiderhandlung geschlossen worden, aus den oben in den Randnummern 163 ff. dargelegten Gründen nicht entsprechend den Erfordernissen des Artikels 253 EG begründet. Insoweit sei Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung jedenfalls für nichtig zu erklären.

398. Die Kommission entgegnet, sie habe in den Randnummern 90 bis 94 der angefochtenen Entscheidung hinreichend begründet, warum sich die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung in den Rahmen der Zuwiderhandlung gemäß Artikel 1 einfüge. Dort sei nachzulesen, dass mit den Absprachen der Gemeinschaftshersteller über den Glattendrohreinkauf von Corus das Ziel verfolgt worden sei, Corus als heimischen Hersteller im Vereinigten Königreich zu erhalten, um so die Einhaltung der Grundregeln auf dem britischen Markt für OCTG-Rohre und Leitungsrohre sicherzustellen.

b) Würdigung durch das Gericht

399. Nach ständiger Rechtsprechung soll die Begründung einer beschwerenden Entscheidung dem Gemeinschaftsrichter die Ausübung seiner Rechtmäßigkeitskontrolle ermöglichen und es dem Betroffenen gestatten, Kenntnis von den Gründen für die erlassene Maßnahme zu erlangen, damit er seine Rechte verteidigen und prüfen kann, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist (Urteil Buchmann/Kommission, zitiert oben in Randnr. 58, Randnr. 44 und die dort zitierte Rechtsprechung).

400. Der Vorwurf einer fehlenden oder unzureichenden Begründung stellt damit einen Klagegrund dar, mit dem die Verletzung von wesentlichen Formvorschriften geltend gemacht wird, und er ist als solcher zu unterscheiden vom Klagegrund der Unrichtigkeit der Begründung, der im Rahmen ihrer materiell-rechtlichen Kontrolle zu untersuchen ist (Urteil Buchmann/Kommission, zitiert oben in Randnr. 58, Randnr. 45).

401. Wie oben in Randnummer 364 festgestellt, rechtfertigen die in den Randnummern 90 bis 94 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Darlegungen nicht den von der Kommission in Randnummer 164 der Entscheidung gezogenen Schluss, dass die Lieferverträge nur ein Mittel zur Durchführung der europäischjapanischen Übereinkunft gewesen seien. So hat die Kommission später selbst in dem Teil der Begründung, in dem die Lieferverträge rechtlich beurteilt werden, festgestellt, dass diese Verträge schon nach ihren eigenen Merkmalen gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstießen (Randnrn. 110 ff. der angefochtenen Entscheidung).

402. Dass die in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung enthaltene Feststellung der Kommission rechtlich fehlerhaft ist, bildet zwar einen materiellrechtlichen Mangel der Entscheidung, aber keinen Begründungsmangel.

403. Denn aus den Randnummern 90 bis 94 der angefochtenen Entscheidung werden im Licht insbesondere der Randnummer 110 und des ersten Satzes der Randnummer 111, wonach Gegenstand dieser Verträge... die Versorgung des Marktführers für OCTG im Nordseeraum mit Glattendrohren [gewesen sei], um im Vereinigten Königreich einen heimischen Hersteller zu bewahren und so die Einhaltung der im Rahmen des EuropäischJapanischen Clubs vereinbarten Fundamentals erreichen zu können, durchaus die Gründe erkennbar, aus denen die Kommission zur in Randnummer 164 formulierten Schlussfolgerung gelangte. Der angefochtenen Entscheidung insgesamt ist nämlich durchaus zu entnehmen, dass die Kommission als primäres Ziel der Lieferverträge die Durchführung der europäischjapanischen Übereinkunft betrachtete und daraus schloss, dass diese in Wirklichkeit ausschließlich ein Mittel zu deren Durchführung seien.

404. Nach den Umständen des vorliegenden Falles ermöglicht die Begründung der angefochtenen Entscheidung somit dem Gemeinschaftsrichter die Ausübung seiner Rechtmäßigkeitskontrolle und gestattet es dem Betroffenen, Kenntnis von den Gründen für die erlassene Maßnahme zu erlangen, um seine Rechte zu verteidigen und um zu prüfen, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist.

405. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

6. Zum sechsten Klagegrund, wonach die angefochtene Entscheidung zum Status der OffshoreMärkte der Gemeinschaft, insbesondere des Vereinigten Königreichs, keine Begründung enthalte

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

406. JFEKawasaki macht geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung das System des Teilschutzes, das angeblich für die betroffenen Produkte auf dem britischen OffshoreMarkt gegolten habe, nicht erläutert. Auch ihre Schlussfolgerung, dass eine Zuwiderhandlung auf den OffshoreMärkten von Deutschland, Frankreich und Italien vorliege, habe sie nicht begründet.

407. Nach Auffassung der Kommission wird in Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung klar gesagt, dass der britische OffshoreMarkt von der rechtswidrigen Übereinkunft betroffen gewesen sei, weil er ein teilgeschütztes Gebiet gewesen sei. In ihrer Klagebeantwortung bekräftigt sie, dass dieser Teilschutz des britischen OffshoreMarktes durch Corus auf einem System der Preisabstimmung beruht habe, über das die europäischen Hersteller nach der Schließung der Fabrik Clydesdale die Kontrolle zu verlieren befürchtet hätten.

b) Würdigung durch das Gericht

408. Aus Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission auf der Grundlage von zwei Beweismitteln, nämlich der Erklärung von Herrn Verluca vom 17. September 1996 und des Vermerkes Unterredung mit BSC, annahm, dass auch der britische OffshoreMarkt von der sanktionierten Übereinkunft erfasst worden sei, er aber nur einen eingeschränkten Schutz in dem Sinne genossen habe, dass ein Konkurrent vor Abgabe eines Angebots zunächst mit Corus habe Kontakt aufnehmen müssen.

409. Diese Angaben sind ausreichend, um die Überlegungen der Kommission zu diesem Markt klar und eindeutig erkennen zu lassen. Wie in der Rechtsprechung verlangt (u. a. Urteil des Gerichts vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T266/97, Vlaamse Televisie Maatschappij/Kommission, Slg. 1999, II2329, Randnr. 143), ermöglicht diese Begründung dem Gemeinschaftsrichter die Ausübung seiner Kontrolle und erhellt den Betroffenen die Gründe für die erlassene Maßnahme.

410. Zu dem OffshoreSektor der anderen Gemeinschaftsmärkte, die von der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung erfasst sind, genügt der Hinweis, dass die Kommission zwischen dem Offshore und dem OnshoreSektor dieser Märkte zu keinem Zeitpunkt, weder in der angefochtenen Entscheidung noch vor dem Gericht, unterschieden hat. Dass zu diesem Teil der Märkte in der angefochtenen Entscheidung keine gesonderte Begründung gegeben wird, bildet daher auch keinen Begründungsmangel.

411. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

7. Zum siebten und achten Klagegrund, wonach die Entscheidung der Kommission, zwar Geldbußen gegen die japanischen Hersteller, nicht aber gegen die lateinamerikanischen Hersteller zu verhängen, nicht begründet worden sei und hierin eine Ungleichbehandlung liege

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

412. Nach Auffassung von JFEKawasaki hätte die Kommission die Gründe darlegen müssen, aus denen sie sich entschlossen habe, die lateinamerikanischen Hersteller anders als die japanischen Hersteller nicht mit einer Sanktion zu belegen, obwohl es, u. a. im VerteilerschlüsselPapier, Beweise gebe, dass auch diese sich zur Einhaltung eines partiellen Schutzsystems in Europa verpflichtet hätten. Insoweit sei zu verweisen auf das Urteil des Gerichts vom 17. Februar 2000 in der Rechtssache T241/97 (Stork Amsterdam/Kommission, Slg. 2000, II309), wonach der Kommission bei der Begründung ihrer Entscheidungen eine besondere Verantwortung obliege, wenn sie sich entschließe, auf der Grundlage desselben Sachverhalts eine zweite, abweichende Entscheidung zu treffen.

413. Für die Kommission ist die von den japanischen Klägerinnen gerügte unterschiedliche Behandlung insbesondere wegen der erheblichen Unterschiede bei den Beweismitteln gerechtfertigt, über die sie hinsichtlich der japanischen Hersteller einerseits und der lateinamerikanischen Hersteller andererseits verfügt habe. Die in der Untersuchung sichergestellten Dokumente hätten nämlich nur wenig Informationen zur Beteiligung der lateinamerikanischen Hersteller enthalten, während es hinsichtlich der japanischen Hersteller zahlreiche Indizien für das Vorliegen einer rechtswidrigen Übereinkunft gegeben habe.

b) Würdigung durch das Gericht

414. Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine Entscheidung wie die angefochtene Entscheidung, obgleich sie in Form nur einer Entscheidung abgefasst und veröffentlicht worden ist, ein Bündel von Einzelentscheidungen darstellt, mit denen gegenüber jedem der Unternehmen, die Adressaten der Entscheidung sind, festgestellt wird, welche Zuwiderhandlung oder Zuwiderhandlungen es begangen hat, und gegebenenfalls eine Geldbuße gegen es festgesetzt wird. Diese Regel ergibt sich aus dem Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1997 in der Rechtssache T227/95 (AssiDomän Kraft Products u. a./Kommission, Slg. 1997, II1185, Randnr. 56) in Verbindung mit dem im Rechtsmittelverfahren ergangenen Urteil des Gerichtshofes vom 14. September 1999 in der Rechtssache C310/97 P (Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., Slg. 1999, I5363, Randnr. 49).

415. Daher genügt hier der Hinweis, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht darzulegen brauchte, aus welchen Gründen die lateinamerikanischen Hersteller nicht Adressaten der Entscheidung waren. Die Pflicht zur Begründung eines Rechtsakts kann nämlich das Gemeinschaftsorgan, das ihn erlässt, nicht zur Angabe der Gründe verpflichten, aus denen es nicht gleichartige Rechtsakte gegenüber Dritten erließ.

416. Sollte das Vorbringen im Rahmen dieser beiden Klagegründe dahin aufzufassen sein, dass mit ihm auch eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der japanischen Klägerinnen geltend gemacht wird, so ist es dennoch zurückzuweisen. Wenn nämlich auch bestimmte in der Kommissionsakte enthaltene Beweismittel darauf hinweisen, dass die lateinamerikanischen Hersteller ebenfalls an einer Zuwiderhandlung beteiligt waren, bleibt doch festzustellen, dass die Akten weitaus konsistentere Beweismittel hinsichtlich der Beteiligung der japanischen Hersteller an einer Zuwiderhandlung enthalten. So bezeugte insbesondere Herr Verluca lediglich einen Versuch, auch ein Übereinkommen mit den lateinamerikanischen Herstellern zu erzielen, der aber gerade gescheitert sei. Die Kommission hebt außerdem in Randnummer 86 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die lateinamerikanischen Hersteller ausweislich des VerteilerschlüsselPapiers, auch wenn sie offenbar bestimmte Wettbewerbsbeschränkungen akzeptierten, gegen eine Respektierung des europäischen Marktes ausdrücklich einen Vorbehalt äußerten.

417. Unter diesen Umständen sind der siebte und der achte Klagegrund ebenfalls zurückzuweisen.

8. Zum neunten Klagegrund, wonach die Argumentation der Kommission zum Verkauf zu Preisen über den Grenzkosten fehlerhaft sei

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

418. JFENKK meint, dass die Argumentation der Kommission in Randnummer 137 der angefochtenen Entscheidung, wonach jeder Verkauf zu einem über den Grenzkosten liegenden Preis aus Sicht der japanischen Hersteller gerechtfertigt gewesen wäre, rechtlich nicht hinreichend begründet sei. Die Kommission habe es insbesondere versäumt, hierzu angemessene Informationen zusammenzutragen.

419. Die Kommission hat sich zu diesem Klagegrund nicht ausdrücklich geäußert.

b) Würdigung durch das Gericht

420. Das Vorbringen im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes bezieht sich nicht auf einen Begründungsmangel. Die von JFENKK gerügten Ausführungen behandeln nämlich ein wirtschaftliches Erfordernis, das aus sich selbst heraus verständlich ist. Wenn dieses Erfordernis, generell oder nach den Umständen des vorliegenden Falles, sachlich unrichtig wäre, so wäre daraus der Schluss zu ziehen, dass der Kommission ein Beurteilungsfehler unterlief, nicht jedoch, dass sie ihre Entscheidung unzureichend begründete.

421. Ebenso betrifft auch das Vorbringen, die Kommission habe die Einholung angemessener Informationen versäumt, keinen Begründungsmangel, sondern die sachliche Begründetheit einer Entscheidung (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C367/95 P, Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I1719, Randnr. 72).

422. Was die sachliche Richtigkeit der fraglichen Ausführungen angeht, so beziehen sie sich jedenfalls auf eines der von den japanischen Klägerinnen geltend gemachten Hindernisse für japanische Einfuhren. Das Vorbringen zum angeblichen Bestehen dieser Handelshindernisse ist jedoch in der Sache bereits oben in Randnummer 353 zurückgewiesen worden, weil es sich nur auf die wettbewerbswidrigen Wirkungen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung bezieht, die die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hilfsweise berücksichtigte. Da das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung mit wettbewerbswidriger Zielsetzung in der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage von Urkundenbeweisen nachgewiesen wurde, ist das angebliche Fehlen von wettbewerbswidrigen Wirkungen für die Feststellung, dass die Zuwiderhandlung vorliegt, ohne Bedeutung.

423. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

9. Zum zehnten Klagegrund, wonach durch Abweichungen zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des in Artikel 1 der Entscheidung genannten räumlichen Marktes die Rechte der Verteidigung verletzt worden seien

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

424. JFENKK und JFEKawasaki machen in ihrer Erwiderung geltend, die Kommission habe ihre Verteidigungsrechte verletzt, weil die Mitteilung der Beschwerdepunkte anders als die angefochtene Entscheidung nicht die europäischen OffshoreMärkte angesprochen habe, jedenfalls nicht hinreichend explizit, wie dies aber etwa nach dem Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 504) zu verlangen sei. JFEKawasaki trägt vor, sie habe in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte klargestellt, dass nach ihrem Verständnis die Kommission alle anderen OffshoreMärkte von der Untersuchung ausgeschlossen habe; dem habe die Kommission ihr gegenüber niemals widersprochen.

425. Die Kommission entgegnet, dass diese Rüge von JFEKawasaki erstmals in ihrer Erwiderung erhoben worden sei und daher, weil sie einen selbständigen Klagegrund und nicht ein einfaches Vorbringen darstelle, gemäß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig sei, soweit es diese Klägerin angehe. Jedenfalls stimme Randnummer 56 der Mitteilung der Beschwerdepunkte inhaltlich mit Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung überein. Beide brächten insbesondere klar zum Ausdruck, dass der britische OffshoreMarkt durchaus von der rechtswidrigen Absprache betroffen sei.

b) Würdigung durch das Gericht

426. Zur Zulässigkeit des vorliegenden Klagegrundes in der Rechtssache T71/00 ist darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung der Rechte der Verteidigung, die ihrem Wesen nach eine Verletzung von subjektiven Rechten ist, nicht zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften gehört und daher nicht von Amts wegen zu prüfen ist (in diesem Sinne Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 30; Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache 107/82, AEG/Kommission, Slg. 1983, 3151, Randnr. 30; Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T352/94, Mo och Domsjö/Kommission, Slg. 1998, II1989, Randnr. 74). Der Klagegrund ist somit, da ihn JFEKawasaki erstmals in ihrer Erwiderung geltend gemacht hat, nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung als unzulässig zurückzuweisen und kann im Rahmen der Rechtssache T71/00 nicht geprüft werden.

427. In der Rechtssache T67/00 ist der Klagegrund in der Sache zurückzuweisen. Denn wie die Kommission zutreffend ausführt, ist Randnummer 56 der Mitteilung der Beschwerdepunkte in der Definition der betroffenen Märkte sachlich deckungsgleich mit Randnummer 62 der angefochtenen Entscheidung und kann daher unter diesem Aspekt die Verteidigungsrechte nicht verletzen. Was das Fehlen ausdrücklicher Bezugnahmen auf den OffshoreSektor der Gemeinschaftsmärkte außer dem britischen Markt angeht, so erklärt es sich daraus, dass die Kommission zwischen den Onshore und OffshoreSektoren dieser Märkte niemals unterschieden hat (vgl. oben, Randnr. 409).

10. Zum elften Klagegrund, wonach durch Abweichungen zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der betroffenen Produkte die Rechte der Verteidigung verletzt worden seien

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

428. JFE-NKK trägt vor, dass der von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte herangezogene Markt größer sei als der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Markt, weil die Mitteilung der Beschwerdepunkte alle OCTG-Produkte (sowie projektbezogene Leitungsrohre) umfasst habe, während sich die angefochtene Entscheidung auf OCTG-Standardgewinderohre beschränke. Diese Änderung habe die Definition des Produktmarktes in der angefochtenen Entscheidung verfälscht und stelle eine Verletzung der Verteidigungsrechte und damit des Artikels 2 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 2842/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Anhörung in bestimmten Verfahren nach Artikel [81 EG] und [82 EG] (ABl. L 354, S. 18) dar. Die Unterschiede zwischen den beiden Definitionen der Produktmärkte seien erheblich und änderten damit die von JFE-NKK angeblich begangenen Zuwiderhandlungen. Außerdem habe im Urteil Zement (zitiert oben in Randnr. 66, Randnrn. 2212 bis 2225) der Umstand, dass im dortigen Sachverhalt der produktbezogene Anwendungsbereich der fraglichen Vereinbarung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte weiter definiert worden sei als später in der endgültigen Entscheidung, genügt, um die Entscheidung für nichtig zu erklären.

429. Die Kommission weist darauf hin, dass diese von JFE-NKK zitierten Randnummern des Urteils Zement (zitiert oben in Randnr. 66) die Frage beträfen, ob die in jenem Verfahren festgestellten Vereinbarungen ein bestimmtes räumliches Gebiet betroffen hätten oder nicht. Diese Frage sei für den vorliegenden Klagegrund ohne Bedeutung. Den Randnummern 852 bis 860 dieses Urteils sei aber im Gegenzug zu entnehmen, dass eine Abweichung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der endgültigen Entscheidung die Verteidigungsrechte nur dann verletze, wenn eine in der Entscheidung ausgesprochene Beanstandung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht so dargelegt worden sei, dass sich die Adressaten dagegen hätten verteidigen können. Da JFE-NKK hinsichtlich der Bezeichnung der Produkte in der angefochtenen Entscheidung eine solche Rüge nicht vorbringe, sei der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen. Wenn die Kommission ausweislich der Mitteilung der Beschwerdepunkte über ausreichende Beweise über einen größeren Markt als den verfügt habe, der in der angefochtenen Entscheidung letztlich zugrunde gelegt worden sei, so habe sie erst recht ausreichende Beweise für die in der Entscheidung genannten Produkte.

b) Würdigung durch das Gericht

430. Es ist zunächst festzustellen, dass die Rechte der Verteidigung durch eine Abweichung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der endgültigen Entscheidung nur dann verletzt werden, wenn eine in der Entscheidung ausgesprochene Beanstandung in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht so hinreichend dargelegt war, dass sich die Adressaten dagegen verteidigen konnten (in diesem Sinne Urteil Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnrn. 852 bis 860).

431. Grundsätzlich kann es der Kommission nicht zur Last gelegt werden, dass sie die Reichweite einer endgültigen Entscheidung enger fasst als die der vorangegangenen Mitteilung der Beschwerdepunkte, da die Kommission, eben um die Verteidigungsrechte der Adressaten der Mitteilung zu wahren, diese anhören und ihre Stellungnahme zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen berücksichtigen muss.

432. Dass die Kommission hier letztlich eine nur beschränktere Zuwiderhandlung annahm als ursprünglich in der Mitteilung der Beschwerdepunkte, war nach den Umständen des vorliegenden Falles folgerichtig und sogar erforderlich, weil sich die Erklärungen von Herrn Verluca nur auf OCTG-Standardrohre und projektbezogene Leitungsrohre bezogen. Es besteht im vorliegenden Fall kein Grund zur Annahme, dass JFE-NKK dadurch, dass die Kommission den Anwendungsbereich der angefochtenen Entscheidung auf zwei der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte genannten Produkte beschränkte, hinsichtlich dieser beiden Produkten an einer sachgemäßen Verteidigung im Verwaltungsverfahren gehindert war. JFE-NKK hat vor dem Gericht auch nicht dargelegt, in welcher Hinsicht ihr Vorbringen bei einer enger umgrenzten Reichweite der Mitteilung der Beschwerdepunkte anders ausgefallen wäre.

433. Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

11. Zum zwölften Klagegrund, wonach die Rechte der Verteidigung dadurch verletzt worden seien, dass die Auswirkungen der Selbstbeschränkungsabkommen in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht hinreichend analysiert worden seien und dass hinsichtlich der Reichweite dieser Abkommen Abweichungen zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung bestuenden

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

434. JFENKK macht geltend, die Kommission habe zu den Selbstbeschränkungsabkommen in der angefochtenen Entscheidung eine von Grund auf andere Position eingenommen als im Verwaltungsverfahren. Die Kommission hätte schon in der Mitteilung der Beschwerdepunkte eine Analyse geben müssen, wie sich die Abkommen auf ihre vorläufige Einschätzung der angeblichen Zuwiderhandlung auswirkten, dies aber versäumt. Mangels einer solchen Analyse hätten sich die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu dieser Frage auch nicht äußern können, bevor die Kommission über diese so entschieden habe, wie in den Randnummern 108 und 166 der angefochtenen Entscheidung dargelegt (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 14). Folglich sei JFENKK nicht Gelegenheit geboten worden, in ihrer Stellungnahme zur Mitteilung der Beschwerdepunkte den Beweis für die Verlängerung der Selbstbeschränkungsabkommen anzutreten, wodurch ihre Verteidigungsrechte verletzt worden seien.

435. Die Kommission hat zu diesem Klagegrund nicht ausdrücklich Stellung genommen.

b) Würdigung durch das Gericht

436. Die Kommission berücksichtigte das Bestehen der Selbstbeschränkungsabkommen in der angefochtenen Entscheidung nur insofern, als sie aus Opportunitätserwägungen im Rahmen der Bußgeldzumesssung für die Zeit der Geltung dieser Abkommen keine Zuwiderhandlung annahm (Randnrn. 108 und 164 der angefochtenen Entscheidung). Die Abweichung zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung wirkt daher zugunsten von JFE-NKK und kann folglich grundsätzlich ihre Interessen nicht beeinträchtigen.

437. Wie oben in den Randnummern 342 bis 346 ausgeführt, machen die vier japanischen Klägerinnen jedoch zu Recht geltend, dass die Kommission ihre eigene Auffassung, wonach das Vorliegen einer Zuwiderhandlung erst ab Außerkrafttreten der Selbstbeschränkungsabkommen zu berücksichtigen sei, in der angefochtenen Entscheidung fehlerhaft umsetzte.

438. Folglich hätten die japanischen Klägerinnen, wenn sie vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung über diese Auffassung der Kommission zur Dauer der Zuwiderhandlung unterrichtet worden wären, möglicherweise im Stadium des Verwaltungsverfahrens den Nachweis erbracht, dass die Selbstbeschränkungsabkommen bis zum 31. Dezember 1990 in Kraft geblieben waren.

439. Allerdings hatte JFE-NKK Gelegenheit, zur Mitteilung der Beschwerdepunkte und damit auch zu den Angaben über die Dauer der Zuwiderhandlung Stellung zu nehmen. Es ist besonders hervorzuheben, dass die Zuwiderhandlung laut der Mitteilung der Beschwerdepunkte bereits im Jahr 1977 begonnen hatte. JFE-NKK hätte sich daher vergegenwärtigen können, welche Relevanz die Selbstbeschränkungsabkommen in dieser Hinsicht hatten, und sie hätte die Kommission darauf hinweisen können, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung daher frühestens ab Auslaufen der Selbstbeschränkungsabkommen Ende 1990 begonnen haben oder berücksichtigt werden könne. Tatsächlich hat JFE-NKK das Bestehen der Selbstbeschränkungsabkommen jedoch weder in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte geltend gemacht noch der Kommission die Beweismittel vorgelegt, die sie später beim Gericht einreichte (vgl. oben, Randnr. 345).

440. Es ist ferner daran zu erinnern, dass die Kommission diese von ihr gewählte Beurteilungsweise als ein Zugeständnis an die japanischen Klägerinnen betrachtete (vgl. oben, Randnrn. 338 ff.).

441. Es widerspräche daher im vorliegenden Fall der dem Begriff der Verteidigungsrechte innewohnenden Logik, wenn man annähme, dass die Kommission, bevor sie der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Zuwiderhandlungsdauer nach ihrem Verständnis Entgegenkommen zeigte, den Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte erneut hätte Gelegenheit geben müssen, zur Berechtigung und Tragweite dieses Entgegenkommens Stellung zu nehmen.

442. Denn unabhängig davon, ob die Berücksichtigung dieses Umstands zu Recht als Zugeständnis bewertet wurde oder nicht, bleibt doch festzustellen, dass die Auswirkungen der Selbstbeschränkungsabkommen keineswegs eine zusätzliche Beschwer darstellen und die Interessen der japanischen Klägerinnen nicht beeinträchtigten, sondern im Ergebnis die Zuwiderhandlungsdauer verkürzten.

443. Auch wenn der der Kommission unterlaufene Fehler im Rahmen des vorliegenden Verfahrens eine Verkürzung der Zuwiderhandlungsdauer rechtfertigt, gibt es keinen Grund zu der Annahme, dass die Kommission in dieser Hinsicht die Verteidigungsrechte von JFE-NKK verletzte.

444. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht die Folgen dieses Fehlers hinsichtlich der mit dem vorliegenden Klagegrund angesprochenen Zuwiderhandlungsdauer für die Höhe der Geldbußen berücksichtigt hat (vgl. unten, Randnrn. 574, 588 und 590).

445. Demnach ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.

12. Zum dreizehnten Klagegrund, wonach die Rechte der Verteidigung dadurch verletzt worden seien, dass zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung Abweichungen hinsichtlich der Tragweite der in Artikel 2 der Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung bestuenden

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

446. Dieser Klagegrund wird von JFENKK und Sumitomo geltend gemacht. JFENKK bemerkt vorab, dass die Wahrung der Verteidigungsrechte ein Grundrecht sei, das zu dem umfassenderen Recht auf ein faires Verfahren gehöre, wie es in Artikel 6 EMRK niedergelegt sei, und das zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zähle, deren Einhaltung der Gemeinschaftsrichter sicherstelle (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1970 in der Rechtssache 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, 1125).

447. In Randnummer 63 der Mitteilung der Beschwerdepunkte habe sich die Kommission auf die Behauptung beschränkt, dass die Vereinbarung über die Aufteilung der Glattendrohrverkäufe an Corus zwischen Vallourec, Dalmine und Mannesmann dem Zweck gedient habe, im Vereinigten Königreich einen heimischen Hersteller zu erhalten, um so auf dem britischen Markt die Respektierung der Grundregeln im Sinne einer Fortführung des Heimatmarktstatus zu sichern. Nichts in diesen Ausführungen der Kommission aber habe darauf hingedeutet, dass sie diese Vereinbarung als bloßes Mittel zur Durchführung der Aufteilung der japanischen und europäischen Märkte für OCTG-Standardrohre und Leitungsrohre werten würde (Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung).

448. Sumitomo macht geltend, dass sie, wenn die Mitteilung der Beschwerdepunkte eine solche Behauptung enthalten hätte, dazu ausdrücklich Stellung genommen hätte, so dass sie um die Möglichkeit gebracht worden sei, entsprechend den Artikeln 2 und 3 der Verordnung Nr. 2842/98 und dem gemeinschaftsrechtlichen Grundprinzip des Rechtes auf ein faires Verfahren ihren Standpunkt zur Richtigkeit und Erheblichkeit dieser Tatsachenbehauptungen angemessen darzulegen.

449. Zur Stützung dieser Rechtsauffassung bringen Sumitomo und JFENKK vor, die Kommission habe nach ständiger Rechtsprechung ihre Argumentation in angemessener Weise darzulegen, um so den Adressaten einer Mitteilung der Beschwerdepunkte in die Lage zu versetzen, seinen Standpunkt zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände im Verwaltungsverfahren darzulegen (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Oktober 1974 in der Rechtssache 17/74, Transocean Marine Paint/Kommission, Slg. 1974, 1063, Randnr. 15; Schlussanträge von Generalanwalt Warner vom 14. Februar 1979 in der Rechtssache 113/77, NTN Toyo Bearing u. a./Rat, Slg. 1979, 1185, 1212 und 1261; Urteile des Gerichtshofes vom 20. März 1985 in der Rechtssache 264/82, Timex/Rat und Kommission, Slg. 1985, 849, Randnrn. 24 bis 30, und vom 27. Juni 1991 in der Rechtssache C-49/88, Al-Jubail Fertilizer/Rat, Slg. 1991, I3187, Randnrn. 15 bis 17; Urteil Mo och Domsjö/Kommission, zitiert oben in Randnr. 425, Randnr. 63, und Urteil Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnrn. 106 und 476). Es entspreche ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte die Schlussfolgerungen enthalten müsse, die die Kommission aus den Tatsachen, Dokumenten und Rechtsargumenten ziehen wolle (Urteil des Gerichtshofes vom 3. Juli 1991 in der Rechtssache C-62/86, AKZO/Kommission, Slg. 1991, I3359, Randnr. 29, Urteil Mo och Domsjö/Kommission, zitiert oben in Randnr. 425, Randnr. 63, und Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T9/89, Hüls/Kommission, Slg. 1992, II499, Randnr. 39); daran habe es aber hier gefehlt. Schließlich dürfe die Kommission, um die Verteidigungsrechte zu wahren, bei der Ausarbeitung ihrer Entscheidung nicht von Tatsachen abweichen, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte festgehalten seien (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnr. 11).

450. Die Kommission entgegnet, dass in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung die Gründe dargelegt seien, aus denen sie sich entschlossen habe, gegen die Gemeinschaftshersteller wegen der in Artikel 2 der Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung keine zusätzliche Geldbuße zu verhängen. Sie weist erneut darauf hin, dass die japanischen Klägerinnen kein rechtliches Interesse an der Beanstandung dieser Randnummer hätten, weil die gegen sie verhängte Geldbuße die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 EG betreffe.

451. Jedenfalls zeige die rechtliche Analyse in der Mitteilung der Beschwerdepunkte die Verbindung zwischen beiden Zuwiderhandlungen eindeutig auf und stelle klar, dass mit den Vereinbarungen der Gemeinschaftshersteller über die Glattendrohrlieferungen an Corus bezweckt worden sei, Corus als Heimathersteller im Vereinigten Königreich zu erhalten, um so die weitere Einhaltung der Grundregeln auf den britischen Endproduktmärkten sicherzustellen (vgl. insbesondere Randnr. 144 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Randnummer 164 der Entscheidung sei als einfache Zusammenfassung der in der Mitteilung der Beschwerdepunkte aufgeführten Einzelheiten zu betrachten. Sie beeinträchtige nicht die Verteidigungsrechte der Klägerinnen, weil Sumitomo und JFENKK Gelegenheit gehabt hätten, sich in Kenntnis der Sachlage zu den Vereinbarungen zwischen den europäischen Herstellern über Glattendrohre zu äußern.

b) Würdigung durch das Gericht

452. Hinsichtlich der Rüge, die sich auf das Vorliegen der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung bezieht, ist zunächst das Argument der Kommission zurückzuweisen, dass die japanischen Klägerinnen kein rechtliches Interesse daran hätten, die in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung formulierte Beurteilung der Kommission zum Verhältnis zwischen den beiden in der Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlungen anzugreifen. Wenn die japanischen Klägerinnen von der Feststellung der zweiten Zuwiderhandlung auch nicht unmittelbar betroffen sind, können sie doch, wie sie es im Rahmen ihres Antrags auf Herabsetzung der Geldbuße auch getan haben, geltend machen, es liege, weil gegen die europäischen Hersteller keine Geldbuße wegen der zweiten Zuwiderhandlung verhängt wurde, eine Ungleichbehandlung zu ihren Lasten vor. Dass die Kommission die die zweite Zuwiderhandlung bildenden Lieferverträge als bloßes Mittel zur Durchführung der u. a. gegenüber den japanischen Klägerinnen festgestellten ersten Zuwiderhandlung einstufte, begründet ein Interesse der japanischen Klägerinnen an der Rüge dieses Zusammenhangs, weil er die zweite Zuwiderhandlung zu einer Stütze für die erste, auch den japanischen Klägerinnen angelastete Zuwiderhandlung macht.

453. Allerdings ist der Klagegrund in der Sache zurückzuweisen.

454. Im Stadium der Mitteilung der Beschwerdepunkte ist die Kommission nur verpflichtet, die Beschwerdepunkte und den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt sowie dessen Bewertung so klar darzulegen, dass sich die Adressaten der Mitteilung sachgemäß verteidigen können (in diesem Sinne die von den Klägerinnen angeführten Urteile AKZO/Kommission, zitiert oben in Randnr. 448, Randnr. 29, und Mo och Domsjö/Kommission, zitiert oben in Randnr. 425, Randnr. 63). Sie braucht hingegen nicht die Schlussfolgerungen darzulegen, die sie aus dem Sachverhalt, den Unterlagen und den rechtlichen Erwägungen zieht.

455. Soweit sich die Klägerinnen speziell auf das Urteil Hüls/Kommission (zitiert oben in Randnr. 448, Randnr. 39 a. E.) beziehen, ist darauf hinzuweisen, dass es die Frage betrifft, unter welchen Umständen sich die Kommission in ihrer endgültigen Entscheidung auf Unterlagen stützen darf, die der Mitteilung der Beschwerdepunkte zwar beigefügt, darin aber nicht ausdrücklich erwähnt waren.

456. Im vorliegenden Fall besteht der einzige relevante Unterschied zwischen Randnummer 144 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung darin, dass die Kommission die die zweite Zuwiderhandlung bildenden Verträge in der Entscheidung als bloßes Mittel zur Durchführung der ersten Zuwiderhandlung bewertete, während sie sich in der Mitteilung der Beschwerdepunkte auf die Feststellung beschränkt hatte, dass der Zweck der Lieferverträge in der Aufrechterhaltung des Heimatmarktstatus des britischen Marktes im Sinne der Grundregeln bestanden habe.

457. Wie oben in Randnummer 364 festgestellt, ist die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung formulierte Auffassung insofern verfehlt, als die die zweite Zuwiderhandlung bildenden Verträge mehr als nur ein Ziel verfolgten. Aber selbst wenn man annimmt, dass sich insoweit zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der angefochtenen Entscheidung eine abweichende Beurteilung ausmachen lässt, ist doch offenkundig, dass sich die Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte zu dem der Auffassung der Kommission zugrunde liegenden Kerngedanken äußern konnten, wonach die europäischen Hersteller die die zweite Zuwiderhandlung bildenden Verträge geschlossen hatten, um die Geltung der Grundregeln auf dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs zu festigen.

458. Demnach liegt insoweit keine Verletzung der Verteidigungsrechte vor.

459. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht die Folgen, die sich aus dem dem vorliegenden Klagegrund zugrunde liegenden Beurteilungsfehler ergeben, im Rahmen des Klagegrundes einer Ungleichbehandlung berücksichtigt hat (vgl. unten, Randnrn. 574, 588 und 590).

13. Zum vierzehnten Klagegrund, wonach der Beschluss der Kommission vom 25. November 1994, mit dem die Nachprüfungen am 1. und 2. Dezember 1994 genehmigt wurden, rechtswidrig sei

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

460. Nach Auffassung der vier japanischen Klägerinnen ist der Beschluss vom 25. November 1994, auf den sich die Kommission für die Durchführung der Untersuchungen vom 1. und 2. Dezember 1994 stützte, rechtswidrig, weil er die Bediensteten der Kommission zu ihrer Untersuchung nach Maßgabe des Artikels 81 EG ermächtigt habe, obwohl klar gewesen sei, dass dafür nach Artikel 56 EWR die EFTAÜberwachungsbehörde ausschließlich zuständig gewesen sei. Der aufgrund dieser doppelten Rechtsgrundlage erlassene Beschluss vom 25. November 1994 sei deshalb rechtswidrig gewesen.

461. Der Beschluss der Kommission vom 25. November 1994 gehe zurück auf ein vom zuständigen Mitglied der EFTAÜberwachungsbehörde für Wettbewerbssachen geäußertes Ersuchen, im Rahmen einer von der EFTA-Überwachungsbehörde durchgeführten Untersuchung gemäß Artikel 8 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 des EWRAbkommens (im Folgenden: Protokoll Nr. 23) auf dem Gebiet der Europäischen Gemeinschaft Nachprüfungen durchzuführen. Die EFTAÜberwachungsbehörde habe das Ersuchen durch Entscheidung vom 17. November 1994 gebilligt. In Randnummer 1 der Mitteilung der Beschwerdepunkte habe die Kommission ausdrücklich eingeräumt, dass sie die Nachprüfungen vom 1. und 2. Dezember 1994 als Beauftragte der EFTAÜberwachungsbehörde durchgeführt habe. Die Richtigkeit dieser Betrachtungsweise werde durch die Fassung des Artikels 8 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 bestätigt, der die nach Artikel 56 EWR zuständige Überwachungsbehörde ermächtige, die andere Überwachungsbehörde um die Vornahme von Nachprüfungen auf ihrem Gebiet zu ersuchen. Nach Artikel 8 Absatz 5 des Protokolls müsse jede der beiden Überwachungsbehörden, wenn sie für die andere Behörde tätig werde, dieser unverzüglich nach Abschluss der Nachprüfungen alle dabei erlangten Informationen übermitteln.

462. Artikel 56 EWR, auf den Artikel 8 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 ausdrücklich verweise, sehe für die einzelnen Wettbewerbssachen eine strikte Zuständigkeitsteilung zwischen den beiden Überwachungsbehörden vor. Artikel 56 EWR sehe eine Regelung einer einzigen Anlaufstelle vor, wonach die Behandlung aller Sachverhalte, die unter Artikel 53 EWR fallen könnten, zwischen der Kommission und der EFTAÜberwachungsbehörde nach genauen Kriterien aufgeteilt würden, die jede Möglichkeit einer geteilten oder parallelen Zuständigkeit für ein und dieselbe Sache ausschlössen. Der Gerichtshof habe entgegen der Auffassung der Kommission in seinem Gutachten 1/92 vom 10. April 1992 (Slg. 1992, I2821) bestätigt, dass diese strenge Zuständigkeitsaufteilung die Zuständigkeiten der Gemeinschaft nicht verfälsche und daher mit dem EGVertrag vereinbar sei.

463. Daraus folge, dass die Kommission mit ihrem Beschluss vom 25. November 1994, mit dem sie dem im Namen der EFTAÜberwachungsbehörde an sie gerichteten Ersuchen um Amtshilfe auf dem Gebiet der Gemeinschaft nachgekommen sei, notwendig anerkannt habe, dass diese seinerzeit für die Untersuchung der Sache ausschließlich zuständig gewesen sei. Nach Artikel 56 EWR fielen Zuwiderhandlungen, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft beeinträchtigten und daher gegen Artikel 81 EG verstießen, in die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission. Wenn die Kommission damals, als sie ihren Beschluss vom 25. November 1994 gefasst habe, der Meinung gewesen wäre, dass sie selbst nach Artikel 81 EG für die Untersuchung zuständig gewesen sei, hätte sie das Amtshilfeersuchen der EFTAÜberwachungsbehörde ablehnen, diese um Schließung ihrer Akten bitten und eine eigene Untersuchung einleiten müssen. Nippon weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Entscheidung der EFTAÜberwachungsbehörde vom 17. November 1994 sowohl in ihrer Begründung als auch in ihrem verfügenden Teil bestätige, dass die Behörde lediglich mit Praktiken auf dem norwegischen OffshoreMarkt befasst gewesen sei. Damit sei klar, dass zu diesem Zeitpunkt sowohl die EFTAÜberwachungsbehörde als auch die Kommission davon ausgegangen seien, dass die zuständige Behörde für die Untersuchung der fraglichen Praktiken die EFTAÜberwachungsbehörde gewesen sei.

464. Mit ihrem Beschluss vom 25. November 1994, zugleich ihre eigene Untersuchung wegen einer möglichen Verletzung des Artikels 81 EG und/oder des Artikels 53 EWR einzuleiten, obwohl die EFTAÜberwachungsbehörde zu diesem Zeitpunkt für die Untersuchung der Angelegenheit zuständig gewesen sei, habe die Kommission mithin gegen Artikel 56 Absatz 1 EWR verstoßen. Erst am 6. Dezember 1995 habe die EFTAÜberwachungsbehörde, wie die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitgeteilt habe, ihre Akten mit der Begründung, die Umstände, die sie untersuche, beeinträchtigten den innergemeinschaftlichen Handel, der Kommission übersandt, was keinerlei Sinn gemacht hätte, wenn die Kommission zur Durchführung einer Untersuchung bereits befugt gewesen wäre. Die Kommission habe vielmehr im Anschluss an diese Übermittlung ein neues Untersuchungsverfahren eingeleitet.

465. Das Argument der Kommission, dass Artikel 56 EWR ausschließlich die Zuständigkeit zum Erlass von Entscheidungen betreffe, mit denen das Vorliegen einer Zuwiderhandlung festgestellt werde, werde durch Artikel 55 EWR widerlegt, wonach [d]as gemäß Artikel 56 zuständige Überwachungsorgan... die Fälle [untersucht], in denen Zuwiderhandlungen... vermutet werden. Ebenso bestätige Artikel 109 EWR, den der Gerichtshof in seinem Gutachten 1/92 (zitiert oben in Randnr. 461) bei der Würdigung der Vereinbarkeit des Artikels 56 EWR mit dem EGVertrag für einschlägig gehalten habe, dass sich die ausschließliche Zuständigkeit auch auf das Stadium der Untersuchung selbst erstrecke. Gemäß Artikel 109 Absatz 4 EWR prüften nämlich die Kommission und die EFTAÜberwachungsbehörde die unter ihre Zuständigkeit fallenden Beschwerden und übermittelten dem anderen Organ die Beschwerden, die unter dessen Zuständigkeit fielen. Nach Artikel 109 Absatz 5 EWR könne jede dieser Behörden, wenn Meinungsverschiedenheiten über das Vorgehen in einem Beschwerdefall oder über das Ergebnis der Prüfung aufträten, die Sache an den gemeinsamen EWRAusschuss überweisen. Es sei eine absurde Annahme, dass die strenge Aufteilung der Zuständigkeiten für Untersuchungen nach Einreichung einer Beschwerde gelte, nicht aber für Untersuchungen von Amts wegen.

466. Demgemäß müssten das Protokoll Nr. 23 und sein von der Kommission angeführter Artikel 10 Absatz 3 im Licht des Artikels 109 EWR ausgelegt werden. Folglich dürften Informationen, die im Rahmen einer von der oder für die EFTAÜberwachungsbehörde durchgeführten Untersuchung erlangt worden seien und in einer der Kommission von dieser Behörde gemäß Artikel 10 Absatz 3 des Protokolls Nr. 23 überwiesenen Akte enthalten seien, von der Kommission nur im Rahmen der Anwendung der Vorschriften des EWRAbkommens herangezogen werden. Diese Auslegung nehme Artikel 10 Absatz 3 nicht, wie die Kommission meine, jede praktische Wirkung. Auf jeden Fall bestätigten Wortlaut und Aufbau des Artikels 10 des Protokolls Nr. 23, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt für die Durchführung einer Untersuchung nur eine einzige Behörde zuständig sein könne.

467. Da der Beschluss vom 25. November 1994, auf dessen Grundlage die Kommission die Nachprüfungen vor Ort am 1. und 2. Dezember 1994 durchgeführt habe, rechtswidrig sei, müssten zumindest sämtliche Beweisurkunden, die bei diesen Nachprüfungen erlangt worden seien, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 26. März 1987 in der Rechtssache 46/87 R, Hoechst/Kommission, Slg. 1987, 1549, Randnr. 34, und Urteil PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, 395) aus den Akten entfernt werden. Die Kommission hätte von den betroffenen Unternehmen wie in der Rechtssache PVC II (zitiert oben in Randnr. 61, Randnrn. 474 bis 476) erneut Auskunft verlangen müssen.

468. Die von der Kommission für die EFTAÜberwachungsbehörde sichergestellten Beweisstücke müssten aus den Akten des vorliegenden Verfahrens nicht nur deshalb entfernt werden, weil der Beschluss der Kommission vom 25. November 1994 rechtswidrig gewesen sei, sondern auch aus dem weiteren Grund, dass der Zweck dieses Verfahrens nicht derselbe sei wie der einer Untersuchung der EFTAÜberwachungsbehörde.

469. Artikel 9 Absatz 1 des Protokolls Nr. 23 bestimme, dass die in Anwendung des Protokolls erlangten Kenntnisse nur zu dem mit den Verfahren nach den Artikeln 53 und 54 EWR verfolgten Zweck verwendet werden dürften, so wie auch Artikel 20 der Verordnung Nr. 17 die Verwertung von Erkenntnissen auf den mit der jeweiligen Auskunft oder Nachprüfung verfolgten Zweck beschränke. Bei der Anwendung der letztgenannten Vorschrift sei es ständige Rechtsprechung, dass das Berufsgeheimnis und die Verteidigungsrechte eines Unternehmens verletzt würden, wenn die Kommission oder gegebenenfalls eine nationale Behörde zu Lasten dieses Unternehmens Beweise verwende, die bei einer Untersuchung erlangt worden seien, die einem anderen Gegenstand als dem des betreffenden Verfahrens gegolten habe (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Oktober 1989 in der Rechtssache 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, 3137, Randnr. 18, vom 16. Juli 1992 in der Rechtssache C67/91, Asociación Española de Banca Privada u. a., Spanische Banken, Slg. 1992, I4785, Randnrn. 35 ff., und vom 10. November 1993 in der Rechtssache C60/92, Otto, Slg. 1993, I5683, Randnr. 20; Urteil des Gerichts PVC II, zitiert oben in Randnr. 61, Randnr. 472).

470. Der Gerichtshof habe in seinem Urteil Spanische Banken (zitiert oben in Randnr. 468) insbesondere entschieden, dass die von der Kommission bei einer Untersuchung gemäß Artikel 81 EG erlangten Informationen nicht von den nationalen Wettbewerbsbehörden verwendet werden dürften, und zwar selbst dann nicht, wenn diese zur Anwendung derselben gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift tätig würden (Randnr. 32 des Urteils). Ebenso sei der Gerichtshof im Urteil Otto (zitiert oben in Randnr. 468) davon ausgegangen, dass in einem nationalen Verfahren erlangte Informationen von der Kommission nicht verwendet werden dürften, um einen gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsverstoß zu belegen (Randnr. 20 des Urteils). JFEKawasaki verweist darauf, dass sich das Gericht in seinem Urteil PVC II (zitiert oben in Randnr. 61) bei seiner Feststellung, dass die Verteidigungsrechte in dieser Rechtssache gewahrt worden seien, darauf gestützt habe, dass die Kommission die Dokumente, die sie im Rahmen einer Untersuchung mit anderem Gegenstand bereits sichergestellt hätte, erneut angefordert habe (vgl. oben, Randnr. 466 a. E.).

471. Aus den gleichen Gründen müssten im vorliegenden Fall die Dokumente, die bei den Nachprüfungen im Rahmen der Untersuchung der EFTAÜberwachungsbehörde sichergestellt worden seien, aus den Akten entfernt werden. Das Ziel dieser ursprünglichen Untersuchung sei ein deutlich anderes gewesen als das der später von der Kommission eingeleiteten Untersuchung. Die Kommission habe nämlich eine Mitteilung der Beschwerdepunkte erstellt, die ausschließlich eine angebliche Vereinbarung im Sinne von Artikel 81 EG zum Gegenstand gehabt habe, während sich der Entscheidung der EFTAÜberwachungsbehörde vom 17. November 1994 entnehmen lasse, dass diese lediglich gemäß Artikel 53 EWR die Praktiken untersucht habe, die den OffshoreMarkt Norwegens betroffen hätten.

472. Die beiden Untersuchungen gehörten somit zu verschiedenen Rechtsordnungen. Man müsse daher analog zu den Urteilen Spanische Banken und Otto (zitiert oben in Randnr. 468) und unter Berücksichtigung der Fassung des Artikels 9 Absatz 1 des Protokolls Nr. 23 davon ausgehen, dass der Beweiswert von Beweisstücken, die im Rahmen einer Untersuchung der EFTAÜberwachungsbehörde erlangt würden, ausschließlich vom Recht des EWRAbkommens geregelt werde und nur im Rahmen eines von den internen Vorschriften dieser Behörde beherrschten Verfahrens geltend gemacht werden könne, etwa dem Protokoll Nr. 4 des Abkommens zwischen den EFTAStaaten über die Einsetzung einer Überwachungsbehörde und eines Gerichtshofes.

473. Angesichts des vorstehend aufgezeigten Verfahrensmangels müssten aus den Akten u. a. der Vermerk Einige Informationen, der einem Schreiben vom 15. Mai 1991 beigeheftete Vermerk RB an Herrn Patrier, das Fax Liste Vancouver von Mannesmann vom 16. Januar 1991 (S. 4782 der Kommissionsakte), das Fax Preisliste (Price List) von Sumitomo vom 19. Februar 1991 (S. 4789 der Kommissionsakte), das Arbeitspapier für die Vorstandsvorsitzenden, das Dokument g) Japaner, der Sitzungsvermerk vom 24. Juli 1990, das Dokument Stahlrohrmarkt 1970-1985 von Mannesmann vom 27. Januar 1986 (S. 2128 der Kommissionsakte) und das Dokument Stahlrohrsystem entfernt werden.

474. Das Gericht dürfe ferner nicht die Erklärungen berücksichtigen, mit denen die von der Untersuchung betroffenen Unternehmen auf solche Auskunftsersuchen oder Fragen der Kommission geantwortet hätten, die sich auf Dokumente bezogen oder gestützt hätten, die aus den vorgenannten Gründen aus den Akten hätten entfernt werden müssen. Die Heranziehung dieser Erklärungen sei nämlich ebenso rechtswidrig wie die Verwendung der Dokumente selbst, weil die Kommission ohne sie nicht in der Lage gewesen wäre, die von ihr gestellten konkreten Fragen zu formulieren und damit die zusätzlichen Informationen zu erlangen, die in diesen Erklärungen enthalten gewesen seien. Auszuscheiden aus dem vorliegenden Verfahren seien daher die Erklärungen von Herrn Verluca vom 17. September und 14. Oktober 1996, die Antwort von Herrn Becher, die Antworten von Corus, die Antworten von Nippon vom 17. November und 4. Dezember 1997 auf Fragen der Kommission (S. 13544 und 14157 der Kommissionsakte), die Antworten von Sumitomo vom 31. Oktober und 16. Dezember 1997 auf Fragen der Kommission (S. 14168 und 14430 der Kommissionsakte), die Antworten von JFENKK vom 7. November und 15. Dezember 1997 auf Fragen der Kommission (S. 14451 und 14491 der Kommissionsakte), die Antworten von JFEKawasaki vom 3. November und 18. Dezember 1997 (S. 14519 und 14615 der Kommissionsakte) und wahrscheinlich das Dokument Nachprüfung bei Vallourec.

475. Nach Auffassung von Nippon müssen weitere Dokumente unberücksichtigt bleiben, weil sie auf die Zeit vor den Nachprüfungen vom 1. und 2. Dezember 1994 zurückgehen, und zwar das Fax von Sumitomo an Vallourec vom 9. Oktober 1987 (S. 4283 der Kommissionsakte), das Protokoll der Unterredung mit JF, das Dokument Schätzung der Marktanteile durch SMI vom 19. September 1991 (S. 4848 der Kommissionsakte), das Dokument Japanische Ausfuhren nahtloser Rohre (Jan-Sept 95) (Japan's Exports of Seamless Pipe [jan-sep 95]) (S. 8514 der Kommissionsakte), das Dokument Bericht über Lieferung nahtloser OCTG-Rohre 1993 (Jan-Sept) (OCTG Seamless pipe supply record 1993 [jan-sept]) (S. 8692 der Kommissionsakte), die Vermerke Verlängerung des VAMVertrags mit BSC, Unterredung mit BSC, Strategische Überlegungen und Überlegungen zum VAM-Vertrag, der Vermerk Beziehungen zu JFEKawasaki von Vallourec vom 29. August 1991 (S. 15802 der Kommissionsakte) sowie der Vermerk VAMLizenz für Siderca von Vallourec vom 20. Juni 1994 (S. 15809 der Kommissionsakte).

476. Daraus, dass die besagten schriftlichen Beweisstücke und Erklärungen rechtswidrig erlangt seien, folge weiter, dass auch die angefochtene Entscheidung selbst rechtswidrig sei, insbesondere soweit die Verteidigungsrechte der betroffenen Unternehmen beeinträchtigt worden seien. Für JFEKawasaki ist dies allein ein ausreichender Grund, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären. Auf jeden Fall sind die japanischen Klägerinnen einvernehmlich der Meinung, dass die Zurücknahme jedes auf der Grundlage einer rechtswidrigen Entscheidung erlangten Beweismittels geboten sei; andernfalls müsse die angefochtene Entscheidung zum Nachteil der Kommission für nichtig erklärt werden, weil sie auf solche Beweismittel gestützt sei (Beschluss Hoechst/Kommission, zitiert oben in Randnr. 466, Randnr. 34).

477. Die Kommission ist der Auffassung, dass sie, wenn sie ihre Beamten und Bediensteten, insbesondere mit ihrem Beschluss vom 25. November 1994, ermächtigt habe, Zuwiderhandlungen gegen Artikel 81 EG zu untersuchen und zugleich aufgrund desselben Sachverhalts einen möglichen Verstoß gegen Artikel 53 EWR für die EFTAÜberwachungsbehörde entsprechend deren Ersuchen zu überprüfen, nicht gegen Artikel 53 EWR verstoßen habe. Die EFTAÜberwachungsbehörde sei nämlich zu dem Zeitpunkt, als dieser Beschluss gefasst worden sei, für die Durchführung einer Untersuchung nicht ausschließlich zuständig gewesen. Artikel 53 EWR mache Artikel 81 EG nicht unanwendbar, wenn die Voraussetzungen beider Artikel erfuellt seien. Diese Auslegung von Artikel 53 EWR werde durch die Gutachten 1/91 des Gerichtshofes vom 14. Dezember 1991 (Slg. 1991, I6079) und 1/92 (zitiert oben in Randnr. 461) bestätigt.

478. Demnach habe eine solche Untersuchung der EFTAÜberwachungsbehörde nicht auf die der Gemeinschaft in ihrem Zuständigkeitsbereich zustehenden Befugnisse übergreifen können. Der Kommission sei eine Untersuchung von Zuwiderhandlungen gegen Artikel 81 EG unbenommen geblieben. Sie sei nämlich insoweit die zuständige Überwachungsbehörde im Sinne des Artikels 55 EWR gewesen.

479. Die Kommission habe das Recht zur Durchführung einer Untersuchung jedenfalls behalten, um zumindest feststellen zu können, ob sie wegen Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten im vorliegenden Fall die zuständige Behörde sei oder nicht.

480. Zu den Hinweisen der japanischen Klägerinnen auf die Rechtsprechung führt die Kommission aus, dass in dem durch das EWR-Abkommen begründeten System ein Mechanismus bestehe, der die Überweisung von einer zu einer anderen Behörde ermögliche. Dies unterscheide den vorliegenden Fall vom Entscheidungssachverhalt des Urteils Spanische Banken (zitiert oben in Randnr. 468), da die Gemeinschaftsregelung einen analogen Mechanismus der Verweisung von Fällen zwischen der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden nicht kenne. Auch das Urteil PVC II (zitiert oben in Randnr. 61) sei hier nicht einschlägig, weil die beiden dort fraglichen Verfahren, in denen die gleichen Erkenntnisse gesammelt worden seien, einen unterschiedlichen Zweck gehabt hätten.

481. Außerdem habe die Kommission im vorliegenden Fall ihre Beweise nicht allein für die Zwecke eines anderen Verfahrens als des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Verfahrens zusammengetragen, sondern aufgrund von Untersuchungsbeschlüssen, die ausdrücklich etwaige Zuwiderhandlungen gegen Artikel 81 EG erwähnt hätten und auf einer doppelten Rechtsgrundlage beruhten. Wegen dieser doppelten Rechtsgrundlage sei der Beschluss vom 25. November 1994 jedenfalls rechtmäßig.

482. In der mündlichen Verhandlung hat sich die EFTAÜberwachungsbehörde zu dem vorliegenden Klagegrund nicht geäußert. Sie hat sich insoweit im Wesentlichen dem Vorbringen der Kommission angeschlossen.

b) Würdigung durch das Gericht

483. Es ist zunächst daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in seinem Gutachten 1/92 (zitiert oben in Randnr. 461) festgestellt hat, dass die von ihm in dem Gutachten zu prüfenden Bestimmungen des EWRAbkommens, insbesondere dessen Artikel 56 über die Aufteilung der Zuständigkeiten in Wettbewerbssachen zwischen der EFTAÜberwachungsbehörde und der Kommission, mit dem EGVertrag vereinbar sind.

484. Dieses Ergebnis hat der Gerichtshof hinsichtlich des Artikels 56 EWR in den Randnummern 40 und 41 des Gutachtens daraus hergeleitet, dass die Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss internationaler Abkommen auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts zwangsläufig die Möglichkeit einschließt, vertraglichen Bestimmungen über die Verteilung der jeweiligen Zuständigkeiten der Vertragsparteien in Wettbewerbssachen zuzustimmen, sofern diese Bestimmungen die Zuständigkeiten der Gemeinschaft und ihrer Organe, wie sie im EGVertrag ausgestaltet sind, nicht verfälschen.

485. Dem Gutachten 1/92 ist damit zu entnehmen, dass Artikel 56 EWR die vom EGVertrag vorgesehenen Zuständigkeiten der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts nicht verfälscht.

486. Insoweit geht sowohl aus Artikel 56 EWR selbst als auch aus seiner eingehenden Erläuterung im einleitenden Teil des Gutachtens 1/92, im Abschnitt Zusammenfassung des Antrags der Kommission, hervor, dass alle Angelegenheiten, die vor dem Inkrafttreten des EWRAbkommens in die wettbewerbsrechtliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fielen, auch nach dem Inkrafttreten des Abkommens in der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission verbleiben. So fallen alle Angelegenheiten, in denen der Handel zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft beeinträchtigt ist, weiterhin in die Zuständigkeit der Kommission, gleichviel ob auch der Handel zwischen der Gemeinschaft und den EFTAStaaten und/oder nur unter den EFTAStaaten beeinträchtigt ist.

487. Demnach können die Vorschriften des EWRAbkommens nicht in einer Weise ausgelegt werden, mit der der Kommission auch nur vorübergehend ihre Zuständigkeit genommen würde, Artikel 81 EG auf eine wettbewerbswidrige Vereinbarung anzuwenden, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beeinträchtigt.

488. Im vorliegenden Fall ist jedoch festzustellen, dass sich die Kommission in ihrem Beschluss vom 25. November 1994 über die Einleitung einer Untersuchung auf dem Stahlrohrsektor auch auf Artikel 81 EG und die Verordnung Nr. 17 als Rechtsgrundlage stützte. Im Rahmen dieser Untersuchung machte sie von den ihr durch die Verordnung Nr. 17 verliehenen Befugnissen Gebrauch, um die in der angefochtenen Entscheidung angeführten Beweise zusammenzutragen, und ahndete sie die rechtswidrigen Vereinbarungen in den Artikeln 1 und 2 der Entscheidung letztlich allein nach Artikel 81 EG.

489. Es ist weiterhin explizit auf die Argumentation einzugehen, mit der es die japanischen Klägerinnen als rechtswidrig rügen, dass die Kommission in ihrem Beschluss vom 25. November 1994 eine doppelte Rechtsgrundlage heranzog, nämlich nicht nur Artikel 81 EG und die Verordnung Nr. 17, sondern auch Artikel 53 EWR und die Entscheidung der EFTAÜberwachungsbehörde vom 17. November 1994, mit der ein Amtshilfeersuchen an die Kommission genehmigt wurde.

490. Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Kommission, als sie ihren Beschluss vom 25. November 1994 erließ, bei vernünftiger Betrachtung nicht wissen konnte, welches die richtige Rechtsgrundlage war, weil dies von der geografischen Reichweite einer etwaigen Zuwiderhandlung und besonders davon abhing, ob diese den Handel zwischen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beeinträchtigte. Die japanischen Klägerinnen weisen zutreffend darauf hin, dass das EWRAbkommen für die Anwendung der Wettbewerbsregeln in u. a. den Artikeln 56 und 109 das System einer einzigen Anlaufstelle schafft, die von der Untersuchung an gilt, so dass jede der beiden Behörden, sobald sie feststellt, dass die andere Behörde zuständig ist, verpflichtet ist, die Sache abzugeben und ihre Akten der anderen Behörde zuzuleiten.

491. Jedoch kann der Begriff der einzigen Anlaufstelle nicht vom Beginn einer Untersuchung an eingreifen, wenn zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellbar ist, welche Behörde zuständig ist, ohne, falls die EFTAÜberwachungsbehörde befasst wird, letztlich aber die Kommission zuständig ist, den vorstehend genannten Grundsatz zu verletzen, dass die Bestimmungen des EWRAbkommens der Kommission nicht ihre Zuständigkeit zur Untersuchung von den Handel zwischen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft beeinträchtigenden Wettbewerbsverstößen nehmen können.

492. Überdies kann der bloße Umstand, dass ein Gemeinschaftsorgan in einem Rechtsakt sowohl eine richtige Rechtsgrundlage als auch eine oder mehrere weitere Rechtsgrundlagen, die sich letztlich als ungeeignet erweisen, zugrunde legt, allein noch keinen rechtlichen Mangel des Rechtsakts begründen (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 19. März 2003 in der Rechtssache T213/00, CMA CGM u. a./Kommission, Slg. 2003, II913, Randnrn. 79 bis 103, insbesondere Randnr. 94).

493. Demnach war die Kommission zu jedem Zeitpunkt für die Untersuchung der in der angefochtenen Entscheidung letztlich geahndeten wettbewerbswidrigen Vereinbarungen zuständig, obgleich die EFTAÜberwachungsbehörde bereits eine Untersuchung von etwaigen gleichartigen Praktiken auf dem norwegischen Markt eingeleitet hatte. Auf die übrigen Argumente der japanischen Klägerinnen, insbesondere auf der Grundlage der sich an das Urteil Spanische Banken anschließenden Rechtsprechung (vgl. oben, Randnrn. 468 und 469), kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.

494. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

B - Zu den Anträgen auf Herabsetzung der Geldbußen

1. Zum ersten und zweiten Klagegrund, wonach die Nichtanwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit zugunsten von JFENKK nicht begründet worden sei und fehlerhaft sei

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

495. JFENKK ist der Auffassung, dass die Kommission ihre Weigerung, zu ihren Gunsten die Mitteilung über Zusammenarbeit anzuwenden, in Randnummer 175 der angefochtenen Entscheidung nicht ausreichend begründet habe.

496. Sie habe eingehend auf vier Auskunftsersuchen der Kommission geantwortet, was nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1972 in der Rechtssache 48/69 (ICI/Kommission, Slg. 1972, 619) eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße um 10 % rechtfertige. Außerdem sei sie der einzige Hersteller gewesen, der der Kommission die Daten, die Namen der Teilnehmer und die Orte der Sitzungen der europäischen und japanischen Hersteller mitgeteilt habe, was nach dem genannten Urteil zu einer Herabsetzung der ihr auferlegten Geldbuße um 20 % führen müsse.

497. Für die Kommission ist das Vorbringen von JFENKK zur fehlenden Begründung haltlos, weil in Randnummer 175 der angefochtenen Entscheidung dargelegt sei, dass in ihrem Fall keinerlei echte Zusammenarbeit erkennbar gewesen sei. Nach der Mitteilung über Zusammenarbeit müsse das Unternehmen gegenüber der Kommission zumindest erklären, dass sie den in der Mitteilung der Beschwerdepunkte dargestellten Sachverhalt nicht bestreite, was aber JFENKK nicht getan habe.

b) Würdigung durch das Gericht

498. Insoweit genügt der Hinweis, dass es in Randnummer 175 der angefochtenen Entscheidung heißt, es habe in der Untersuchung keinerlei echte Zusammenarbeit von JFENKK gegeben. Diese Feststellung ist unabhängig von ihrer sachlichen Richtigkeit eine hinreichende Begründung für die Weigerung der Kommission, die gegen JFENKK verhängte Geldbuße wegen Zusammenarbeit herabzusetzen.

499. Selbst wenn die vorliegenden Klagegründe dahin aufzufassen sein sollten, dass mit ihnen eine fehlerhafte Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit geltend gemacht wird, sind sie zurückzuweisen.

500. Die Herabsetzung einer Geldbuße wegen Kooperation ist nämlich nur gerechtfertigt, wenn das Verhalten eines Unternehmens der Kommission die Wahrnehmung ihrer Aufgabe erleichtert hat, Zuwiderhandlungen gegen die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln festzustellen und zu verfolgen (Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T347/94, MayrMelnhof/Kommission, Slg. 1998, II1751, Randnr. 309, und die dort zitierte Rechtsprechung).

501. Im vorliegenden Fall waren die Antworten von JFENKK auf die ihr gestellten Fragen, besonders die Angaben in ihrer Antwort vom 7. November 1997 über die Daten und Orte verschiedener Sitzungen des EuropäischJapanischen Clubs, für die Kommission zwar von gewissem Nutzen, bestätigten aber nur bestimmte Angaben in den Erklärungen von Herrn Verluca aus dem Jahr 1996. Es ist daher nicht zutreffend, dass JFENKK das einzige Unternehmen war, das diese Informationen offenbarte.

502. Zwar ist, soweit Unternehmen der Kommission im selben Stadium des Verwaltungsverfahrens und unter gleichgelagerten Umständen vergleichbare Informationen über den ihnen angelasteten Sachverhalt mitteilen, auch der Grad ihrer Zusammenarbeit als vergleichbar anzusehen (vgl. analog Urteil Krupp Thyssen Stainless und Acciai speciali Terni/Kommission, zitiert oben in Randnr. 50, Randnrn. 243 bis 245).

503. Hier war es jedoch Vallourec, die durch die Erklärungen von Herrn Verluca ausdrücklich einräumte, dass die fraglichen Sitzungen im Rahmen einer Vereinbarung zur Marktaufteilung, besonders zur Aufteilung der Heimatmärkte der vier europäischen Hersteller, abgehalten wurden. Herr Verluca führte nämlich aus, dass jedes Mitglied des EuropäischJapanischen Clubs den Heimatmarkt der anderen Clubmitglieder zu respektieren hatte, wobei der OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs einen besonderen Status im Sinne eines Teilschutzes innegehabt habe. Er machte auch Angaben über die Dauer und die Funktionsweise der Marktaufteilungsabsprache. Dagegen erklärte JFENKK in ihrer Antwort vom 7. November 1997, dass sie, soweit die europäischen Hersteller sie zur Respektierung ihrer Heimatmärkte aufgefordert hätten, hierauf niemals positiv reagiert habe

504. Herr Verluca beschränkte sich somit nicht darauf, nur die Fragen der Kommission anlässlich der ersten Nachprüfung bei Vallourec im September 1996 zu beantworten. Aus seinen Erklärungen insgesamt wird vielmehr ein echter Wille erkennbar, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung einzuräumen und im Rahmen der von der Kommission geführten Untersuchung wirkliche Zusammenarbeit zu zeigen. JFENKK machte der Kommission dagegen nur die von dieser angeforderten Angaben zum Sachverhalt und lehnte jede Bewertung dieser Angaben ab, aus der sich eine von ihr begangene Zuwiderhandlung hätte ergeben können.

505. Es ist festzustellen, dass der Nutzen der von JFENKK beigebrachten Informationen ausschließlich darin liegt, dass sie in gewissem Umfang die der Kommission bereits vorliegenden Erklärungen von Herrn Verluca erhärten. Die Offenbarung dieser Informationen erleichterte daher der Kommission ihre Aufgabe nicht nennenswert und genügt darum nicht, eine Herabsetzung der Geldbuße wegen Zusammenarbeit zu rechtfertigen.

506. Die Kommission hat überdies zutreffend darauf hingewiesen, dass JFENKK ihr gegenüber zu keinem Zeitpunkt des Verwaltungsverfahrens erklärt habe, dass sie die Richtigkeit des Sachverhalts einräume. Sie hat diesen im Übrigen vor dem Gericht weiterhin bestritten.

507. Nach alledem rechtfertigt das Vorbringen von JFENKK nicht die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit, um die gegen sie verhängte Geldbuße herabzusetzen.

2. Zum dritten Klagegrund, wonach die Berechnungsweise der Geldbußen nicht hinreichend begründet worden sei

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

508. JFENKK rügt, dass die Kommission die Berechnungsweise der Geldbußen nach den Anforderungen der Rechtsprechung (Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T148/89, Tréfilunion/Kommission, Slg. 1995, II1063, Randnr. 142) nicht eingehend genug dargelegt habe. Sie habe für die Bemessung der Geldbußen insbesondere nicht die Umsatzzahlen und die tatsächliche Beteiligung jedes Adressaten der angefochtenen Entscheidung an der Zuwiderhandlung geprüft. Dieses Versäumnis führe zu einem Begründungsmangel.

509. Die Kommission verweist darauf, dass sie die Berechnungsweise der Geldbußen in der angefochtenen Entscheidung, insbesondere in ihrer Randnummer 162, angemessen dargelegt habe.

b) Würdigung durch das Gericht

510. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Kommission in den Randnummern 156 bis 175 der angefochtenen Entscheidung klar und in sich stimmig die Gesichtspunkte dargelegt hat, die sie für die Bemessung der Geldbußen berücksichtigte. Aus dem Urteil Tréfilunion/Kommission (zitiert oben in Randnr. 507) kann JFENKK insoweit nichts herleiten, weil die Kommission danach lediglich die Berechnungsweise der Geldbußen anzugeben hat. Die gesonderte Frage, ob der Kommission bei der Berechnung der Geldbußen Beurteilungsfehler unterliefen, wird nachstehend unter den Randnummern 515 ff. geprüft.

511. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

3. Zum vierten Klagegrund einer fehlerhaften Beurteilung der Zuwiderhandlungsdauer

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

512. Das Vorbringen der japanischen Klägerinnen, wonach die Kommission allenfalls eine nur kürzere Zuwiderhandlung als laut Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung hätte feststellen dürfen, wurde oben in den Randnummern 136 ff. zusammengefasst.

513. Nachdem die Kommission eine Erhöhung von 10 % jährlich des wegen der Schwere festgesetzten Bußgeldes vorgenommen habe und die Zuwiderhandlung allerhöchstens vier volle Jahre (1991-1994), nicht aber fünf Jahre gedauert habe, müsse die Erhöhung von insgesamt 50 %, die in der angefochtenen Entscheidung im Hinblick auf die Dauer hinsichtlich aller japanischen Klägerinnen vorgenommen worden sei, auf höchstens 40 % festgesetzt werden. Das Vorbringen der Kommission, dass die Selbstbeschränkungsabkommen die japanischen Klägerinnen nicht daran gehindert hätten, nahtlose Rohre in der Gemeinschaft abzusetzen, weist Nippon in ihrer Erwiderung als unvereinbar mit dem Standpunkt zurück, den die Kommission in der angefochtenen Entscheidung für den Zeitraum 1977 bis 1989 eingenommen habe. Sumitomo weist darauf hin, dass sich die Bediensteten der Kommission nicht an die Stelle der Mitglieder dieses Organs setzen dürften, indem sie einfach erklärten, die Verhängung einer Geldbuße für das Jahr 1990 sei gerechtfertigt gewesen, selbst wenn man annehme, dass die Selbstbeschränkungsabkommen in diesem Jahr noch in Kraft gewesen seien.

514. Das Vorbringen der Kommission zur Dauer der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung wurde oben in den Randnummern 157 ff. zusammengefasst. Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, die Geldbußen seien nicht herabzusetzen, weil die Dauer der Zuwiderhandlung rechtlich hinreichend bewiesen sei.

b) Würdigung durch das Gericht

515. Nachdem das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Dauer der Zuwiderhandlung oben in den Randnummern 338 bis 352 geprüft worden ist, genügt im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes der Hinweis, dass die Dauer für jede der japanischen Klägerinnen von fünf Jahren auf drei Jahre und sechs Monate, d. h. die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 1. Juli 1994, zu reduzieren ist. Diese neue Dauer wird nachstehend in den Randnummern 588 und 590 für die Bemessung der den japanischen Klägerinnen aufzuerlegenden Geldbußen zu berücksichtigen sein.

4. Zum fünften Klagegrund einer fehlerhaften Beurteilung der Dokumente, die für das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung herangezogen worden seien

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

516. Die japanischen Klägerinnen rufen ihr Vorbringen in Erinnerung, wonach Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung deshalb für nichtig zu erklären sei, weil die Produkte, die in verschiedenen von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Beweisurkunden genannt seien, nicht mit den Produkten übereinstimmten, für die letztlich eine Zuwiderhandlung festgestellt worden sei (vgl. oben, Randnrn. 105 ff.). Sollte das Gericht einige der von der Kommission vorgebrachten schriftlichen Beweismittel zurückweisen, die angefochtene Entscheidung aber aufrechterhalten, so müssten die Geldbußen so herabgesetzt werden, dass sie der Produktpalette und der Dauer angepasst seien, wie sie sich aus den nicht zurückgewiesenen Beweisstücken ergäben. Ebenso müsse berücksichtigt werden, dass sich einige Beweismittel, insbesondere das Verteilerschlüssel-Papier, auf einen engeren Produktmarkt bezögen.

517. JFEKawasaki und Sumitomo meinen weiter, die Kommission hätte zumindest für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung einen engeren Markt zugrunde legen und demgemäß die Geldbußen gegen die Adressaten der angefochtenen Entscheidung niedriger festsetzen müssen. In räumlicher Hinsicht habe die Kommission insbesondere nicht ordnungsgemäß nachgewiesen, dass die Zuwiderhandlung den britischen OffshoreMarkt beeinträchtigt habe.

518. Die Kommission entgegnet, dass die Urkundenbeweise, wenn und soweit sie eine Abweichung des Anwendungsbereichs der Übereinkunft erkennen ließen, eher in Richtung eines größeren Anwendungsbereichs wiesen, als in der angefochtenen Entscheidung festgestellt. Auf die Behauptung, sie habe den räumlich relevanten Markt falsch ermittelt, erwidert sie, sie habe die Schwere der Zuwiderhandlung unter Berücksichtigung des Marktes ermittelt, wie er in den Randnummern 160 und 161 der angefochtenen Entscheidung aufgrund der von ihr bei ihrer Untersuchung zusammengetragenen Beweisstücke ordnungsgemäß bestimmt worden sei (vgl. auch oben, Randnrn. 144 ff.).

b) Würdigung durch das Gericht

519. Für die Zurückweisung des vorliegenden Klagegrundes genügt der Hinweis, dass die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung, wie oben in Randnummer 352 entschieden, rechtlich hinreichend bewiesen ist, und zwar in jeder Hinsicht außer ihrer Dauer, deren Auswirkung auf die Höhe der Geldbußen bereits oben in Randnummer 514 angesprochen wurde.

5. Zum fünften und sechsten Klagegrund, wonach bei der Berechnung der Geldbußen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen verletzt worden seien und ein Begründungsmangel vorliege

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

520. Nach Meinung der japanischen Klägerinnen hätte bei der Berechnung der ihnen auferlegten Geldbußen das Fehlen von Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den europäischen Markt berücksichtigt werden müssen (Urteil des Gerichtshofes vom 6. März 1974 in den Rechtssachen 6/73 und 7/73, Istituto chemioterapico italiano und Commercial Solvents/Kommission, Slg. 1974, 223, Randnrn. 51 ff., und Urteile Suiker Unie u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnrn. 614 ff., und Thyssen Stahl/Kommission, zitiert oben in Randnr. 74, Randnr. 672). Nippon und Sumitomo verweisen zu diesem Punkt auf ihre Ausführungen zu den Handelshindernissen, deren Vorliegen die japanischen Hersteller ohnehin daran gehindert hätte, ihre Produkte auf den Gemeinschaftsmärkten zu verkaufen, so dass sich die Zuwiderhandlung auf den Gemeinschaftsmarkt jedenfalls praktisch so gut wie nicht ausgewirkt habe. JFENKK beruft sich in diesem Zusammenhang auf Abschnitt 3 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), wonach die tatsächliche Nichtanwendung von Vereinbarungen über Verstöße einen mildernden Umstand darstelle. JFEKawasaki macht insoweit geltend, dass die Geldbußen einschließlich der gegen die japanischen Klägerinnen verhängten Bußen anscheinend auch die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung umfassten, was aber rechtswidrig sei, weil diese zweite Zuwiderhandlung lediglich die Gemeinschaftshersteller betreffe.

521. Ferner seien in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung weniger Produkte zugrunde gelegt als in der Mitteilung der Beschwerdepunkte. Dies seien so wenige Produkte, dass die Geldbußen von insgesamt 99 Millionen Euro außer Verhältnis zu dem durchschnittlichen Gesamtumsatz der Produkte durch alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung stuenden, der sich auf 73 Millionen Euro jährlich belaufe (Randnr. 162 der angefochtenen Entscheidung). Sumitomo beruft sich hierfür auf die Urteile des Gerichts vom 14. Juli 1994 in der Rechtssache T77/92 (Parker Pen/Kommission, Slg. 1994, II549, Randnr. 580) und vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T319/94 (Fiskeby Board/Kommission, Slg. 1998, II1331, Randnr. 40). In ihrer früheren Entscheidungspraxis habe die Kommission nie eine Geldbuße verhängt, die sich dem Jahresumsatz auf dem betreffenden Markt nähere. JFEKawasaki weist ferner darauf hin, dass dieser Betrag von 73 Millionen Euro die Umsätze auf den OffshoreMärkten der Gemeinschaft zu umfassen scheine, obwohl diese entsprechend ihrem oben in Randnummer 405 zusammengefassten Vorbringen nicht zu berücksichtigen seien.

522. Nippon betont, dass die Kommission nach dem Urteil PVC II (zitiert oben in Randnr. 61) bei der Ermittlung der Angemessenheit der Geldbuße sämtliche Umstände der Zuwiderhandlung berücksichtigen müsse. Hierzu gehörten insbesondere die Menge und der Wert der von der Zuwiderhandlung erfassten Waren (Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 120). Außerdem müsse nach den Leitlinien die konkrete Auswirkung einer Zuwiderhandlung auf den Markt berücksichtigt werden und in bestimmten Fällen der Betrag der Geldbuße nach dem spezifischen Gewicht, also der wirklichen Auswirkung und damit der Schwere des geahndeten Verhaltens jedes Unternehmens, abgewogen werden (vgl. auch Urteil des Gerichtshofes vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache C51/92 P, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1999, I4235, Randnr. 110, und Urteil Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnr. 4949). JFEKawasaki ergänzt hierzu, dass sie vom Gesamtumsatz her gesehen der kleinste der vier japanischen Hersteller sei, denen in der angefochtenen Entscheidung eine Sanktion auferlegt worden sei. JFENKK macht geltend, dass ihre Umsätze an OCTGRohren und projektbezogenen Leitungsrohren geringer seien als die der vier übrigen japanischen Hersteller. Ferner hätte die Kommission berücksichtigen müssen, dass die japanischen Klägerinnen die rechtswidrige Übereinkunft nicht eingehalten hätten, weil sie weiterhin ihre Produkte auf dem einzigen sie interessierenden Markt, dem OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs, abgesetzt hätten (Urteil Buchmann/Kommission, zitiert oben in Randnr. 58, Randnr. 121). Insoweit sei die Feststellung der Kommission in Randnummer 161 der angefochtenen Entscheidung, wonach die vier Herkunftsstaaten der von der angefochtenen Entscheidung betroffenen europäischen Erzeuger einen räumlich ausgedehnten Markt darstellten, unvereinbar mit den Erwägungen in den Randnummern 106 und 145 der angefochtenen Entscheidung, wo die Kommission von vier nationalen Märkten ausgehe.

523. Die Berufung der Kommission auf die Rechtsprechung, die bei der Bemessung der Geldbuße ein Ermessen bejahe, gehe fehl, weil sich die Kommission dennoch an Artikel 15 der Verordnung Nr. 17 zu halten habe. Im Übrigen könne ihr Vorbringen, dass die Leitlinien dem Grundsatz nach einen Basisbetrag von 20 Millionen Euro bei als besonders schwer eingestuften Zuwiderhandlungen vorsähen, bei der Berechnung des Betrages der Geldbuße keinen Vorrang gegenüber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beanspruchen.

524. Sumitomo ist der Auffassung, dass die Geltung der Selbstbeschränkungsabkommen bis 1991 ein mildernder Umstand sei, den die Kommission für den späteren Zeitraum hätte berücksichtigen müssen, auch wenn die Anwendung von Artikel 81 EG für die Zeit nach Außerkraftreten der Abkommen nicht länger unzulässig gewesen sei. Im vorliegenden Fall sei das Urteil Suiker Unie u. a./Kommission (zitiert oben in Randnr. 56, Randnrn. 619 und 620) analog anzuwenden. Soweit die Kommission in ihrer Klagebeantwortung in der Rechtssache T-78/00 vorgebe, dass die Geltung dieses Abkommens bis 1991 eher ein erschwerender als ein mildernder Umstand sei, sei ihr Vorbringen unvereinbar mit der in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Grundbewertung und verstoße daher gegen die Begründungspflicht des Artikels 253 EG.

525. Die Kommission stellt in Abrede, dass die Geldbuße unverhältnismäßig sei, und macht geltend, der Standpunkt der japanischen Klägerinnen beruhe auf der irrigen Annahme, dass die Geldbuße anhand des Zuschnitts des Marktes bemessen werden müsse. Die Geldbuße müsse aber richtigerweise der in ihrer Gesamtheit betrachteten Zuwiderhandlung angepasst werden, nicht allein dem Umsatz der Adressaten der angefochtenen Entscheidung. In Randnummer 162 der angefochtenen Entscheidung habe sie die Martktaufteilungsabsprache als äußerst schweren Verstoß gegen Artikel 81 EG eingestuft, weil diese bezweckt habe, die nationalen Märkte abzuschotten, die den größten Teil des Verbrauchs der Gemeinschaft an den von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Produkten darstellten. Es liege daher auf der Hand, dass diese Zuwiderhandlung das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes sowie den Wettbewerb auf diesem Markt beeinträchtigt habe.

526. Der in Randnummer 162 der angefochtenen Entscheidung gewählte Ansatz entspreche den Leitlinien, nach denen die Geldbußen zunächst in einem Rahmen von höchstens 10 % des Umsatzes je nach der Schwere des Verstoßes festzusetzen seien. Der Umsatz der Adressaten einer Bußgeldentscheidung sei also nur für diese Obergrenze von 10 % maßgebend (Urteil Zement, zitiert oben in Randnr. 66, Randnrn. 5005 bis 5025). Die Leitlinien sähen bei besonders schweren Verstößen einen Ausgangsbetrag von 20 Millionen Euro vor, und da sie diesen Betrag wegen der Marktgröße auf 10 Millionen Euro herabgesetzt habe (Randnr. 163 der angefochtenen Entscheidung), könne eine weitere Herabsetzung nicht in Betracht kommen. Außerdem sei nach den Leitlinien die Auswirkung einer Zuwiderhandlung auf den Markt nur dann ein zu berücksichtigender Faktor, wenn er messbar sei, und sei der Umsatz jedes Unternehmens nur zu berücksichtigen, wenn sich Unternehmen von deutlich unterschiedlicher Größe einer gleichartigen Zuwiderhandlung schuldig gemacht hätten, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe.

527. Der in der angefochtenen Entscheidung gewählte Ansatz entspreche auch der Rechtsprechung, die der Kommission bei der Festsetzung der Höhe einer Geldbuße ein Ermessen zugestehe (Urteil Mo och Domsjö/Kommission, zitiert oben in Randnr. 425, Randnr. 268). In Randnummer 358 des Urteils Mo och Domsjö/Kommission, das der Gerichtshof im Rechtsmittelverfahren mit Urteil vom 16. November 2000 in der Rechtssache C-283/98 P (Mo och Domsjö/Kommission, Slg. 2000, I9855, Randnr. 62) bestätigt habe, habe das Gericht ausgeführt, dass bei besonders schweren Zuwiderhandlungen die Auswirkung auf den Markt zu vermuten oder jedenfalls für die Würdigung ihrer Schwere unbeachtlich sei.

528. Die Argumentation von JFEKawasaki, dass die Geldbuße gegen die japanischen Hersteller auch das Bußgeld umfasse, das wegen der in Artikel 2 festgestellten Zuwiderhandlung zu verhängen gewesen wäre, hält die Kommission für verfehlt, weil wegen dieser Zuwiderhandlung gerade keinerlei Geldbuße oder Erhöhung festgesetzt worden sei.

529. Die Kommission führt weiter aus, dass es bereits ein Entgegenkommen gegenüber den japanischen Herstellern gewesen sei, wenn sie beschlossen habe, für die Geltungsdauer der Selbstbeschränkungsabkommen keine Geldbuße zu verhängen; sie habe damit vor allem ihre Bekanntmachung betreffend die Einfuhr japanischer Erzeugnisse in die Gemeinschaft, auf die der Vertrag von Rom anwendbar ist (ABl. 1972, C 111, S. 13; nachstehend: Bekanntmachung), berücksichtigt, der man entnehmen könne, dass die Selbstbeschränkungsabkommen den japanischen Herstellern für die Handhabung des Wettbewerbsrechts nicht von Hilfe gewesen seien. Daher sei die Geltung der Selbstbeschränkungsabkommen vor 1990 für die Bußgeldzumessung für die Zeit nach 1990, anders als Sumitomo meine, keineswegs ein mildernder Umstand.

530. Zu dem Vorbringen von Sumitomo, dass die Kommission nicht berechtigt sei, die Geltung der Selbstbeschränkungsabkommen vor 1990 erstmals vor dem Gericht als erschwerenden Umstand anzuführen, stellt die Kommission klar, dass es Sumitomo sei, die das Gericht ersuche, im Rahmen der unbeschränkten Ermessensnachprüfung den Betrag der Geldbuße herabzusetzen. Vor diesem Hintergrund halte sie es für angebracht, das Gericht auf sämtliche Aspekte ihrer Ermessensausübung aufmerksam zu machen.

531. Insoweit sei auch darauf hinzuweisen, dass Sumitomo im Rahmen ihres Antrags auf Herabsetzung der Geldbuße einen neuen Klagegrund einzuführen versuche, indem sie die Frage der Begründung erst in ihrer Erwiderung aufwerfe, während ihre Klageschrift noch keinen Klagegrund eines Begründungsmangels hinsichtlich der Bemessung der Geldbuße enthalten habe. Dieser Klagegrund sei gemäß Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung unzulässig.

b) Würdigung durch das Gericht

532. Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission Geldbußen in Höhe von 1 000 bis einer Million Euro oder über diesen Betrag hinaus bis zu 10 % des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen. Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

533. Dagegen ist die Höhe der Geldbuße weder nach der Verordnung Nr. 17 noch nach der Rechtsprechung, noch nach den Leitlinien unmittelbar nach der Größe des betroffenen Marktes festzusetzen, die vielmehr nur einen Gesichtspunkt unter anderen bildet. So ist der Bußgeldbetrag, der einem Unternehmen wegen einer wettbewerblichen Zuwiderhandlung auferlegt wird, nach der Verordnung Nr. 17 in ihrer Auslegung durch die Rechtsprechung so zu bemessen, dass er zu der Zuwiderhandlung bei deren Gesamtwürdigung und unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere im Verhältnis steht (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Oktober 1994 in der Rechtssache T83/91, Tetra Pak/Kommission, Slg. 1994, II755, Randnr. 240, und analog Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 1997 in der Rechtssache T229/94, Deutsche Bahn/Kommission, Slg. 1997, II1689, Randnr. 127). Wie der Gerichtshof in Randnummer 120 des Urteils Musique diffusion française u. a./Kommission (zitiert oben in Randnr. 56) entschieden hat, sind für die Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung sehr viele Faktoren zu berücksichtigen, die je nach Art der fraglichen Zuwiderhandlung und nach den Umständen des Einzelfalls von unterschiedlicher Art und Bedeutung sind (vgl. analog auch Urteil Deutsche Bahn/Kommission, Randnr. 127).

534. Insoweit ist weiter darauf hinzuweisen, dass der einzige ausdrückliche Hinweis auf den Umsatz des in Frage stehenden Unternehmens, nämlich die in Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 für die Bemessung von Geldbußen festgelegte Obergrenze von 10 % des Umsatzes, den weltweiten Gesamtumsatz des Unternehmens betrifft (in diesem Sinne Urteil Musique diffusion française u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 56, Randnr. 119) und nicht seinen Umsatz auf dem Markt, der von dem geahndeten Wettbewerbsverstoß betroffen ist. Wie derselben Randnummer dieses Urteils entnommen werden kann, sollen mit dieser Obergrenze Geldbußen vermieden werden, die außer Verhältnis zur Größe des Unternehmens stehen.

535. Allerdings ist diese Bezugnahme auf den weltweiten Umsatz nur für die Berechnung des Hoechstbetrags der Geldbuße maßgebend, den die Kommission verhängen darf (vgl. Abschnitt 1 der Leitlinien), und bedeutet keineswegs, dass zwischen der Größe eines Unternehmens und der Höhe der ihm auferlegten Geldbuße eine strenge Verhältnismäßigkeit zu wahren wäre.

536. Da im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht wird, dass der Betrag der Geldbußen 10 % des Gesamtumsatzes der japanischen Klägerinnen überschreite, lassen sich die Geldbußen nicht allein deshalb beanstanden, weil sie zusammen mit den Geldbußen gegen die europäischen Hersteller den auf dem betroffenen Markt erzielten Umsatz von 73 Millionen Euro überschreiten. Der Gerichtshof hat zwar im Urteil vom 16. November 2000 in der Rechtssache C248/98 P (KNP BT/Kommission, Slg. 2000, I9641, Randnr. 61) beiläufig darauf hingewiesen, dass Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17... gewährleisten [soll], dass die Sanktion in angemessenem Verhältnis zur Bedeutung des Unternehmens auf dem Markt der Erzeugnisse steht, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind. Abgesehen davon, dass sich der Gerichtshof dabei ausdrücklich auf Randnummer 119 des Urteils Musique diffusion française u. a./Kommission (zitiert oben in Randnr. 56) bezog, ist jedoch hervorzuheben, dass sich diese in der späteren Rechtsprechung nicht mehr aufgegriffene Formulierung in den besonderen Kontext des dem Urteil KNP BT/Kommission zugrunde liegenden Sachverhalts einfügt. Dort hatte die Klägerin der Kommission nämlich vorgeworfen, dass sie für die Bestimmung ihres Marktanteils den Wert von konzerninternen Verkäufen berücksichtigt hätte, was der Gerichtshof jedoch aus dem im Zitat genannten Grund für rechtmäßig hielt. Daraus lässt sich also nicht herleiten, dass die im vorliegenden Fall gegen die japanischen Klägerinnen verhängten Sanktionen unverhältnismäßig wären.

537. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Leitlinien zwar in der angefochtenen Entscheidung für die Berechnung der Geldbußen nicht ausdrücklich anführte, die den japanischen Klägerinnen auferlegten Geldbußen jedoch gleichwohl nach der in den Leitlinien festgelegten Berechnungsweise bemaß.

538. Auch wenn die Kommission für die Festsetzung der Höhe einer Geldbuße über ein Ermessen verfügt (Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T150/89, Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II1165, Randnr. 59, und analog Deutsche Bahn/Kommission, zitiert oben in Randnr. 532, Randnr. 127), darf sie nicht von den Regeln abweichen, die sie sich selbst auferlegt hat (Urteil Hercules Chemicals/Kommission, zitiert oben in Randnr. 327, Randnr. 53, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Urteil vom 8. Juli 1999 in der Rechtssache Hercules Chemicals/Kommission, zitiert oben in Randnr. 521, und die dort zitierte Rechtsprechung). Folglich hat die Kommission den Wortlaut der Leitlinien für die Bemessung von Geldbußen tatsächlich zu berücksichtigen, und zwar besonders die dort zwingend festgelegten Gesichtspunkte.

539. Indessen greifen das Ermessen der Kommission und die ihm von ihr selbst gezogenen Grenzen nicht der Ausübung der dem Gemeinschaftsrichter zustehenden Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung vor.

540. Nach Abschnitt 1 Buchstabe A der Leitlinien sind [b]ei der Ermittlung der Schwere des Verstoßes... seine Art und die konkreten Auswirkungen auf den Markt, sofern diese messbar sind, sowie der Umfang des betreffenden räumlichen Marktes zu berücksichtigen. In Randnummer 159 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission darauf hingewiesen, dass sie diese drei Kriterien für die Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe.

541. Allerdings stützte sich die Kommission in Randnummer 161 der angefochtenen Entscheidung für die Einstufung der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung als äußerst schwer im Wesentlichen auf die Art des rechtswidrigen Verhaltens aller betroffenen Unternehmen. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Vereinbarung über den Schutz von Heimatmärkten ihrer Art nach in erheblichem Maße wettbewerbswidrig sei und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigt habe und dass es sich um ein geheimes und institutionalisiertes System zur Beschränkung des Wettbewerbs gehandelt habe. In Randnummer 161 erwähnte die Kommission weiter, dass der überwiegende Teil des Verbrauchs an nahtlosen OCTG[Rohren] und [Leitungsrohren] in der Gemeinschaft auf die vier von der Übereinkunft betroffenen Mitgliedstaaten [entfalle], die somit einen räumlich ausgedehnten Markt [darstellten].

542. In Randnummer 160 der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission hingegen fest, dass [d]ie konkreten Auswirkungen des Verstoßes auf den Markt... begrenzt seien, weil die beiden von dem Verstoß betroffenen Produktarten, nämlich OCTGStandardrohre und projektbezogene Leitungsrohre, nur 19 % des gesamten Gemeinschaftsverbrauchs an nahtlosen OCTGRohren und Leitungsrohren ausmachten und weil wegen des technischen Fortschritts ein Teil der Nachfrage nach nahtlosen Rohren inzwischen durch geschweißte Rohre gedeckt werden könne.

543. So berücksichtigte die Kommission dann in Randnummer 162 der angefochtenen Entscheidung, nachdem sie die Zuwiderhandlung in Randnummer 161 auf der Grundlage der genannten Faktoren als äußerst schwer eingestuft hatte, den relativ begrenzten Umfang der Verkäufe der fraglichen Produkte durch die Adressaten der angefochtenen Entscheidung in den vier betroffenen Mitgliedstaaten (73 Millionen Euro jährlich). Diese Bezugnahme auf die Größe des Marktes entspricht der in Randnummer 160 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Beurteilung, dass die Zuwiderhandlung nur begrenzte Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. Demgemäß setzte die Kommission den Betrag wegen der Schwere der Zuwiderhandlung auf 10 Millionen Euro fest. Nach den Leitlinien ist indessen für eine Zuwiderhandlung, die zur Kategorie der besonders schweren Verstöße gehört, grundsätzlich eine Geldbuße von oberhalb von 20 Mio. [Euro] zu verhängen.

544. Es ist festzustellen, dass diese Herabsetzung des üblichen Mindestbetrags der für einen besonders schweren Verstoß verwirkten Geldbuße um 50 % der begrenzten Auswirkung des Verstoßes auf den Markt im vorliegenden Fall angemessen Rechnung trägt. Insoweit ist auch daran zu erinnern, dass Geldbußen im Wettbewerb eine abschreckende Wirkung entfalten sollen (vgl. Abschnitt 1 Buchstabe A vierter Absatz der Leitlinien). Da es sich bei den Adressaten der angefochtenen Entscheidung, wie in deren Randnummer 165 erwähnt (vgl. auch unten, Randnr. 552), um Großunternehmen handelt, hätte eine deutlich stärkere Herabsetzung des wegen der Schwere festgesetzten Betrages den Geldbußen ihre abschreckende Wirkung nehmen können.

545. Soweit die Klägerinnen mit dem Bestehen von Handelshindernissen für Ausfuhren nach den OnshoreMärkten der Gemeinschaft argumentieren, ist festzustellen, dass die Kommission diesen Gesichtspunkt in der angefochtenen Entscheidung für die Bemessung der Geldbußen deshalb nicht berücksichtigte, weil sie dieses Vorbringen für sachlich unzutreffend hielt. Da die Einstufung der Zuwiderhandlung als äußerst schwer auf deren Art und Zielsetzung, nicht aber auf ihren Auswirkungen beruht, wird diese Bewertung als solche durch das Vorbringen zu den Handelshindernissen nicht berührt.

546. Im Übrigen ist ein weiteres Mal darauf hinzuweisen, dass die Kommission den für eine Zuwiderhandlung dieser Schwere gewöhnlich angesetzten Betrag bereits erheblich reduzierte, eben um der begrenzten wirtschaftlichen Auswirkung der Übereinkunft Rechnung zu tragen.

547. Da überdies das Vorliegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Zuwiderhandlung durch Urkundenbeweise nachgewiesen ist, bildete die in diesem Artikel festgestellte Beteiligung der japanischen Klägerinnen an einer Übereinkunft mit wettbewerbswidrigem Ziel einen der Hauptgründe dafür, warum die Kommission jedenfalls nicht zu prüfen brauchte, ob die von den japanischen Klägerinnen geltend gemachten Handelshindernisse tatsächlich bestanden und welche Bedeutung sie hatten. Denn ein Unternehmen, das sich im Rahmen einer umfassenderen Übereinkunft bereit erklärt, ein bestimmtes Produkt auf einem bestimmten Markt nicht zu verkaufen, obwohl es dies ohnehin nicht vorhatte, macht es durch seine eigene Haltung praktisch unmöglich, festzustellen, wie es sich hinsichtlich des Verkaufs dieses Produkts auf dem fraglichen Markt ohne diese Übereinkunft verhalten hätte.

548. Nach Abschnitt 1 der Leitlinien ist die Auswirkung einer Zuwiderhandlung auf den Markt indessen zu berücksichtigen, sofern [sie] messbar ist (vgl. oben, Randnr. 539). Nach den Umständen des vorliegenden Falles ist es aber gerade das rechtswidrige Verhalten der japanischen Klägerinnen selbst, das es nahezu unmöglich gemacht hat, die Bedeutung der angeblichen Handelshindernisse abzuschätzen und diese damit für die Beurteilung zu berücksichtigen, wie sich die Zuwiderhandlung auf den Markt auswirkte.

549. Daher ist das Gericht im Rahmen seiner unbeschränkten Ermessensnachprüfung der Auffassung, dass die Kommission im vorliegenden Fall, selbst wenn die Ausführungen der Klägerinnen zur Existenz und Tragweite der Handelshindernisse als wahr unterstellt werden, bei der Bemessung des wegen der Schwere anzusetzenden Bußgeldbetrags keineswegs den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzte und dass daher eine weitere Herabsetzung dieses Betrages unter diesem Gesichtspunkt nicht gerechtfertigt wäre. Über die sachliche Richtigkeit dieser Ausführungen braucht daher nicht entschieden zu werden.

550. Ebenso ist das Vorbringen der japanischen Klägerinnen zurückzuweisen, dass sie die geahndete Übereinkunft für den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs nicht respektiert hätten, sondern dort große Mengen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte abgesetzt hätten. Wie die in den vorstehenden Randnummern geprüfte Argumentation dient dieses Vorbringen, selbst wenn es als wahr unterstellt wird, nur einer Relativierung der praktischen Auswirkungen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung geahndeten Übereinkunft. Dass die Zuwiderhandlung eine nur begrenzte Auswirkung auf den betroffenen Märkten hatte, ist jedoch von der Kommission bereits festgestellt und ordnungsgemäß berücksichtigt worden (vgl. oben, Randnrn. 542 und 543).

551. Jedenfalls wird der Einfluss dieser Nichteinhaltung der Übereinkunft für den OffshoreMarkt des Vereinigten Königreichs dadurch eingeschränkt, dass dieser Markt nach dem Wortlaut der angefochtenen Entscheidung ohnehin nur Teilschutz genoss, so dass sich die Kommission dieses Faktors bei ihrer Bemessung der Geldbußen bereits bewusst war (vgl. Randnr. 62 der angefochtenen Entscheidung).

552. Die japanischen Klägerinnen weisen ferner darauf hin, dass nach Abschnitt 1 Buchstabe A sechster Absatz der Leitlinien in bestimmten Fällen die innerhalb der einzelnen... Gruppen [von Zuwiderhandlungen] festgesetzten Beträge gewichtet werden [sollten], um das jeweilige Gewicht und damit die tatsächliche Auswirkung des Verstoßes jedes einzelnen Unternehmens auf den Wettbewerb zu berücksichtigen, vor allem wenn an einem Verstoß derselben Art Unternehmen von sehr unterschiedlicher Größe beteiligt waren.

553. Im vorliegenden Fall stellte die Kommission in Randnummer 165 der angefochtenen Entscheidung fest, dass alle Adressaten der angefochtenen Entscheidung Großunternehmen seien, so dass eine Abstufung der Geldbußen nach der Unternehmensgröße nicht nötig sei. Keine der japanischen Klägerinnen hat bestritten, dass sie ein Großunternehmen ist, sondern sie argumentieren in dieser Hinsicht lediglich mit bestimmten Vergleichen.

554. Überdies ist den Ausdrücken in bestimmten Fällen und vor allem in den Leitlinien zu entnehmen, dass eine Gewichtung nach der individuellen Unternehmensgröße kein durchgehend zu vollziehender Berechnungsschritt ist, zu dem sich die Kommission verpflichtet hat, sondern eine mögliche Flexibilität, die sie sich in den Sachen, die dies erfordern, vorbehält. In diesem Zusammenhang ist an die Rechtsprechung zu erinnern, nach der die Kommission über ein Ermessen verfügt, das es ihr erlaubt, für die Bemessung der von ihr zu verhängenden Geldbußen insbesondere nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls bestimmte Gesichtspunkte zu berücksichtigen oder nicht (in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I1611, Randnr. 54, und Urteile des Gerichtshofes vom 17. Juli 1997 in der Rechtssache C219/95 P, Ferriere Nord/Kommission, Slg. 1997, I4411, Randnrn. 32 und 33, und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 180, Randnr. 465; vgl. auch Urteil des Gerichtshofes vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T309/94, KNP BT/Kommission, Slg. 1998, II1007, Randnr. 68). Unter Berücksichtigung von Abschnitt 1 Buchstabe A sechster Absatz der Leitlinien ist davon auszugehen, dass der Kommission hinsichtlich der Frage, ob eine Gewichtung der Geldbußen nach der Größe des einzelnen Unternehmens angezeigt ist, ein gewisses Ermessen verbleibt.

555. Da die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass alle japanischen Klägerinnen Großunternehmen waren (vgl. oben, Randnr. 552), und die nur begrenzten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Märkten insgesamt berücksichtigt hat (vgl. oben, Randnrn. 542 und 543), genügt das Vorbringen der japanischen Klägerinnen nicht für den Nachweis, dass die Kommission die Grenzen ihres Ermessens hier deshalb überschritt, weil sie Abschnitt 1 Buchstabe A sechster Absatz der Leitlinien nicht anwandte.

556. Sumitomo macht weiterhin geltend, dass das Bestehen der Selbstbeschränkungsabkommen vor 1991 ein mildernder Umstand sei, den die Kommission für die Zeit nach Auslaufen dieser Abkommen hätte berücksichtigen müssen. Dazu genügt indessen der Hinweis, dass die Selbstbeschränkungsabkommen ungeachtet der Meinungsverschiedenheit, die es über ihren Status im vorliegenden Verfahren zwischen den japanischen Klägerinnen und der Kommission gab, unstreitig vom 1. Januar 1991 weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene länger in Kraft waren. Von dem Datum an, zu dem die Selbstbeschränkungsabkommen nicht länger galten, konnten sie aber auch das geschäftliche Verhalten der japanischen Klägerinnen nicht mehr beeinflussen und können daher von ihnen insoweit nicht als mildernder Umstand geltend gemacht werden.

557. Da die Selbstbeschränkungsabkommen in der angefochtenen Entscheidung nicht als erschwerender Umstand gewertet wurden, kann hinsichtlich einer solchen Wertung auch kein Begründungsmangel vorliegen.

558. Soweit JFEKawasaki schließlich eine Einbeziehung der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung rügt, ist Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung und den fehlenden Hinweisen auf die der zweiten Zuwiderhandlung zugrunde liegenden Lieferverträge in den Randnummern 159 bis 163 und 165 bis 175 zu entnehmen, dass die Kommission diese Zuwiderhandlung für die Bemessung der Geldbußen nicht berücksichtigte. Dieser Umstand genügt, um das Vorbringen von JFEKawasaki zu dieser Frage im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes als unbeachtlich anzusehen.

559. Der vorliegende Klagegrund ist damit insgesamt zurückzuweisen.

6. Zum sechsten Klagegrund einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes

a) Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

560. Nach Auffassung von Nippon, JFEKawasaki und Sumitomo steht die Höhe der gegen die japanischen Hersteller mit der Begründung verhängten Geldbuße, sie seien angeblich damit einverstanden gewesen, den Absatz der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannten Produkte in Europa zu unterlassen, außer Verhältnis zur Höhe der gegen die europäischen Hersteller verhängten Geldbuße. Diese hätten nämlich angeblich zwei Zuwiderhandlungen begangen, die eine Abschottung des Gemeinsamen Marktes bezweckt hätten, während dieser innergemeinschaftliche Aspekt bei der angeblichen Zuwiderhandlung der japanischen Hersteller fehle. Die Kommission habe damit das Diskriminierungsverbot verletzt, wonach unterschiedliche Sachverhalte ohne objektive Rechtfertigung nicht gleich behandelt werden dürften (Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1996 in der Rechtssache C342/93, Gillespie/Kommission, Slg. 1996, I475, Randnr. 16, sowie die Leitlinien). Sumitomo hält es für ungerechtfertigt, Konsequenzen daran zu knüpfen, dass die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung angeblich in den Rahmen der in Artikel 1 festgestellten Zuwiderhandlung falle, da die Kommission nicht behauptet habe, dass es nach der Übereinkunft zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern erforderlich gewesen wäre, dass die europäischen Hersteller diese zusätzliche Zuwiderhandlung begingen. Daraus folge weiterhin, dass die japanischen Klägerinnen sehr wohl ein rechtliches Interesse daran gehabt hätten, die Argumentation der Kommission in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung anzugreifen, wonach gegen die europäischen Hersteller keine zusätzliche Geldbuße zu verhängen sei.

561. JFEKawasaki wiederholt insoweit ihren Vortrag, dass die Beziehungen zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern und die Beziehungen nur unter den europäischen Herstellern als zwei selbständige Zuwiderhandlungen zu behandeln seien. Sumitomo meint, dass selbst dann, wenn eine Zuwiderhandlung, die eine Aufteilung der Gemeinschaftsmärkte unter den europäischen Herstellern bezwecke, wegen der möglichen Abschottung der Märkte der Mitgliedstaaten als besonders schwer einzustufen wäre, dies nicht für eine von Herstellern eines Drittlands eingegangene Verpflichtung gelte, ihre Produkte nicht auf dem Gemeinschaftsmarkt abzusetzen.

562. Laut Sumitomo hat die Kommission auch dadurch gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen, dass sie die längere Dauer der in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung bei der Festsetzung der gegen die europäischen Hersteller verhängten Geldbußen nicht berücksichtigt habe. Außerdem betreffe die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung nicht die gleichen Produkte wie die in Artikel 1 festgestellte, sondern nur Glattendrohre.

563. Nippon macht ferner geltend, dass die Selbstbeschränkungsabkommen bei der Berechnung der gegen die europäischen Hersteller verhängten Geldbußen nicht hätten berücksichtigt werden dürfen, weil sie keinerlei Auswirkung auf diesen innergemeinschaftlichen Aspekt der Zuwiderhandlungen gehabt hätten. Außerdem schließe die Geldbuße wegen der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung diejenige ein, die wegen der in Artikel 2 festgestellten Zuwiderhandlung zu verhängen gewesen wäre, mit der aber die japanischen Hersteller überhaupt nichts zu tun hätten. Bei Berücksichtigung aller dieser Argumente müsse die gegen die japanischen Hersteller verhängte Geldbuße herabgesetzt werden, um das Gleichgewicht zwischen ihnen und den europäischen Herstellern wieder herzustellen.

564. JFENKK meint, dass die Kommission mit ihrer Auffassung, wonach jeder Hersteller für die Durchführung der gesamten angeblichen Übereinkunft hafte, den Grundsatz der Kollektivhaftung angewandt und damit gegen den allgemeinen Grundsatz verstoßen habe, dass Sanktionen stets auf individueller Verantwortlichkeit beruhen müssten.

565. Nach Auffassung der Kommission liegt eine Diskriminierung der japanischen Klägerinnen nicht vor, da gegen jeden der europäischen und japanischen Beteiligten an der in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Zuwiderhandlung die gleiche Geldbuße wegen der Schwere des Verstoßes festgesetzt worden sei.

566. Die japanischen Klägerinnen hätten kein rechtliches Interesse daran, die Schlussfolgerung in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung anzugreifen, weil der Entschluss der Kommission, wegen der zweiten Zuwiderhandlung keine zusätzliche Geldbuße zu verhängen, sie nicht beschwere. Dass die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung länger gedauert habe als die Hauptzuwiderhandlung, deren Durchführung sie gedient habe, und dass sie den Glattendrohrmarkt betroffen habe, sei für die Höhe der wegen Artikel 1 der Entscheidung verhängten Geldbuße ohne Bedeutung.

b) Würdigung durch das Gericht

567. Zu dem Vorbringen, die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung bestehe in Wirklichkeit aus zwei Zuwiderhandlungen, einer innergemeinschaftlichen und einer interkontinentalen, genügt der Hinweis, dass es sich aus den oben in den Randnummern 370 bis 374 dargelegten Gründen um nur eine einzige Zuwiderhandlung handelt. Die Feststellung, dass alle Teilnehmer daran in gleichem Maße beteiligt waren, verstößt daher weder gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung noch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

568. Zu der Rüge, die sich auf die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung der europäischen Hersteller bezieht, ist bereits oben in Randnummer 557 festgestellt worden, dass die Kommission diese Zuwiderhandlung für die Berechnung der Bußgeldbeträge in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigte.

569. Allerdings ist oben in Randnummer 451 auch festgestellt worden, dass die japanischen Klägerinnen entgegen der Ansicht der Kommission durchaus ein rechtliches Interesse an einer Rüge der in Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Beurteilung des zwischen den beiden Zuwiderhandlungen bestehenden Verhältnisses haben.

570. Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission selbst in Randnummer 111 der angefochtenen Entscheidung nach ihrer Prüfung der besonderen Merkmale der Lieferverträge zu dem Ergebnis gelangte, dass diese als solche eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 81 Absatz 1 EG bildeten und dass ihre wettbewerbswidrige Zielsetzung und Wirkung über einen bloßen Beitrag zur Fortführung der europäischjapanischen Übereinkunft hinausgingen (vgl. oben, Randnrn. 362 bis 364). Insbesondere nahm die Kommission an, dass sich diese Zuwiderhandlung nicht nur auf dem den OCTGStandardrohren vorgelagerten Markt ausgewirkt habe, sondern - direkter und offensichtlicher - auch auf dem Markt, der dem Glattendrohrmarkt nachgelagert ist.

571. Es ist festzustellen, dass die Kommission aus diesen Feststellungen zum Sachverhalt und rechtlichen Bewertungen Konsequenzen für die Bemessung der Geldbußen hätte ziehen müssen, dies aber nicht getan hat.

572. Denn wie oben in Randnummer 364 dargelegt, enthält der erste Satz von Randnummer 164 der angefochtenen Entscheidung die fehlerhafte Beurteilung, dass die die zweite Zuwiderhandlung bildenden Verträge nur Mittel zur Durchführung der ersten Zuwiderhandlung gewesen seien. Damit wird aber dem zweiten Satz dieser Randnummer, in dem die Kommission ihrer Absicht Ausdruck gibt, wegen der zweiten Zuwiderhandlung keine zusätzliche Geldbuße zu verhängen, seine logische Basis entzogen.

573. Die Kommission verfügt für die Bemessung von Geldbußen über ein gewisses Ermessen und darf, soweit ihre Leitlinien sie nicht zur durchgehenden Berücksichtigung eines bestimmten Umstands verpflichten (vgl. oben, Randnrn. 537 bis 553, und die dort zitierte Rechtsprechung), auswählen, welche Gesichtspunkte dafür heranzuziehen sind; sie kann so ihre Beurteilung dem Einzelfall anpassen. Jedoch muss diese Beurteilung das Gemeinschaftsrecht wahren, zu dem nicht nur die Vorschriften des Vertrages gehören, sondern auch die allgemeinen Rechtsgrundsätze (vgl. analog Urteil des Gerichtshofes vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C50/00 P, Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002, I6677, Randnr. 38).

574. Indem die Kommission die in Artikel 2 der angefochtenen Entscheidung festgestellte Zuwiderhandlung für die Bemessung der gegen die europäischen Hersteller verhängten Geldbuße unberücksichtigt ließ, hat sie unterschiedliche Sachverhalte gleich behandelt, ohne indessen objektive Gründe anzuführen, die dies rechtfertigen können. Sie hat damit den allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung verkannt (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T311/94, BPB de Eendracht/Kommission, Slg. 1998, II1129, Randnr. 309, und die dort zitierte Rechtsprechung).

575. Der vorliegende Klagegrund eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz greift daher durch. Das Gericht hat demgemäß von seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung aus Artikel 229 EG und Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 Gebrauch zu machen, um die Höhe der in Artikel 4 der angefochtenen Entscheidung verhängten Geldbußen zu ändern.

576. Dazu hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass das etwaige Bestehen der vorgenannten Ungleichbehandlung logisch zu einer Erhöhung der Geldbußen gegen die europäischen Hersteller, nicht aber zu einer Herabsetzung der gegen die japanischen Hersteller verhängten Geldbußen führen müsste. Wie in diesem Zusammenhang anzumerken ist, unterliegt es entgegen den Ausführungen von JFEKawasaki im Rahmen eines anderen Klagegrundes (vgl. oben, Randnr. 512) keinen rechtlichen Bedenken, dass die Bevollmächtigten der Kommission - vorbehaltlich etwaiger ausdrücklicher Anweisungen ihrer Vorgesetzten im gegenteiligen Sinne - bei den Gemeinschaftsgerichten den Antrag stellen, die von den Mitgliedern der Kommission festgesetzten Geldbußen im Wege der unbeschränkten richterlichen Ermessensnachprüfung zu erhöhen. Denn ein Bevollmächtigter der Kommission setzt sich damit, dass er den Gemeinschaftsrichter um die Ausübung einer diesem zustehenden Befugnis ersucht und Argumente vorbringt, die dies rechtfertigen könnten, nicht an die Stelle eines Kommissionsmitglieds.

577. Um unter den Adressaten der angefochtenen Entscheidung ein gerechtes Gleichgewicht wieder herzustellen, bestuende die angemessenste Lösung nach den Umständen des vorliegenden Falles darin, anstelle einer Herabsetzung der Geldbußen, die gegen die japanischen Klägerinnen verhängt wurden, die Geldbußen für alle europäischen Hersteller zu erhöhen, die beim Gericht eine Änderung der gegen sie festgesetzten Geldbußen und damit deren Neubemessung beantragt haben. Denn die genannte Ungleichbehandlung resultiert nicht aus einer unverhältnismäßig strengen Ahndung der japanischen Hersteller, da die für die Festsetzung ihrer Geldbußen von der Kommission verwendete Berechnungsmethode, wie oben festgestellt (vgl. Randnrn. 531 bis 558), in jeder Hinsicht rechtmäßig war, sondern daraus, dass die Schwere des rechtswidrigen Verhaltens der europäischen Hersteller bei seiner Gesamtwürdigung im Vergleich zu der Schwere des rechtswidrigen Verhaltens der japanischen Hersteller unterbewertet wurde.

578. Überdies haben alle Klägerinnen in den Rechtssachen T44/00, T48/00 und T50/00, also Mannesmann, Corus und Dalmine, im Rahmen ihrer Klagen beantragt, im Wege der unbeschränkten Ermessensnachprüfung die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße neu festzusetzen. Begehrt ein Kläger die Ausübung der unbeschränkten Nachprüfungsbefugnis, und sei es durch einen Antrag auf Herabsetzung einer Geldbuße, so ist das Gericht jedoch ermächtigt, den angefochtenen Rechtsakt, auch ohne ihn für nichtig zu erklären, unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände abzuändern, um die Höhe der verhängten Geldbuße anders festzusetzen (in diesem Sinne Urteil Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, zitiert oben in Randnr. 180, Randnr. 692). Überdies schließt die dem Gemeinschaftsrichter in Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 im Einklang mit Artikel 229 EG verliehene Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung ausdrücklich die Befugnis ein, die verhängte Geldbuße gegebenenfalls zu erhöhen.

579. Die Kommission hat indessen weder in ihren Klagebeantwortungen in den Rechtssachen T44/00, T48/00 und T50/00, die mit den vorliegenden Rechtssachen zu gemeinsamer mündlicher Verhandlung verbunden worden sind (vgl. die Urteile vom heutigen Tage in den Rechtssachen MannesmannröhrenWerke/Kommission, Randnr. 38, Corus/Kommission, Randnr. 38, und Dalmine/Kommission, Randnrn. 38, 245 bis 247), noch in der mündlichen Verhandlung - auch wenn sie diese Möglichkeit erwähnt hat - den Antrag gestellt, die den Klägerinnen in diesen Rechtssachen auferlegten Geldbußen zu erhöhen. Das Gericht hat die Klägerinnen demgemäß nicht ersucht, hierzu Stellung zu nehmen. Sie hatten daher in den drei vorgenannten Rechtssachen nicht Gelegenheit, sich zur Berechtigung einer Erhöhung ihrer Geldbußen und zu den für deren Bezifferung maßgebenden Faktoren zu äußern. Deshalb sind die den Klägerinnen in den Rechtssachen T44/00, T48/00 und T50/00 auferlegten Geldbußen nicht erhöht worden (vgl. den Tenor der Urteile MannesmannröhrenWerke/Kommission, Corus/Kommission und Dalmine/Kommission).

580. Demnach besteht das geeignetste Mittel zur Behebung der vorstehend festgestellten Ungleichbehandlung darin, zur Bezifferung der den japanischen Klägerinnen aufzuerlegenden Geldbußen den Betrag zu mindern, den die Kommission in Randnummer 163 der angefochtenen Entscheidung für die Schwere der Zuwiderhandlung angesetzt hat. In Ausübung seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung hält es das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles für angezeigt, diesen Betrag für jede der japanischen Klägerinnen von 10 Millionen Euro auf 9 Millionen Euro herabzusetzen.

581. Dieser Betrag wird nachstehend in den Randnummern 588 und 590 zur Festsetzung der den japanischen Klägerinnen aufzuerlegenden Geldbußen zugrunde gelegt.

582. Soweit Nippon geltend macht, die Selbstbeschränkungsabkommen dürften für die Berechnung der Geldbußen gegen die europäischen Hersteller nicht berücksichtigt werden, weil sie ohne Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Aspekt der Zuwiderhandlungen geblieben seien, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass, wie oben entschieden, die in Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung genannte Zuwiderhandlung nicht als zwei selbständige Zuwiderhandlungen zum einen im Verhältnis zwischen den europäischen und den japanischen Herstellern und zum anderen auf innergemeinschaftlicher Ebene zu behandeln ist (vgl. unten, Randnr. 584).

583. Weiterhin liegt darin, dass sich die Kommission dafür entschied, für die Zeit vor 1990 wegen der Selbstbeschränkungsabkommen keine Zuwiderhandlung festzustellen, zwangsläufig ein Zugeständnis, das die Kommission aus Gründen der Handelspolitik in der Stahlbranche sowohl den japanischen Herstellern als auch den europäischen Herstellern machte. Denn nach dem Standpunkt der Kommission zur Einfuhr von japanischen Produkten in die Gemeinschaft war das Bestehen der Selbstbeschränkungsabkommen, was die Anwendung des Wettbewerbsrechts angeht, für die japanischen Hersteller nicht von Hilfe.

584. Dazu heißt es in Randnummer 27 der angefochtenen Entscheidung, dass die Selbstbeschränkungsabkommen seit den siebziger Jahren im Rahmen der handelspolitischen Maßnahmen, die die Kommission zur Bewältigung der Krise unternommen hat, geschlossen wurden, um der schwierigen Lage der Stahlindustrie der Gemeinschaft zu begegnen. Die japanischen Klägerinnen haben diese Feststellung im vorliegenden Verfahren nicht bestritten, und es ist daran zu erinnern, dass die Kommission allen Adressaten der angefochtenen Entscheidung eine Herabsetzung der Geldbußen wegen der mildernden Umstände gewährte, die darin lagen, dass sich die Stahlrohrproduktion... in einer langjährigen Krisensituation befand (Randnr. 168 der angefochtenen Entscheidung).

585. Die handelspolitischen Gründe, die dem in Randnummer 108 der angefochtenen Entscheidung formulierten Zugeständnis für den Zeitraum des Bestehens der Selbstbeschränkungsabkommen zugrunde lagen, hängen demnach nicht nur mit den Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsbehörden und den japanischen Stellen zusammen, sondern auch mit der Krise, die die japanischen Stahlrohrhersteller in dieser Zeit ebenso betraf wie die Stahlrohrproduzenten der Gemeinschaft.

586. Die Kommission hat im Übrigen in Randnummer 27 der angefochtenen Entscheidung und vor dem Gericht - unwidersprochen seitens der japanischen Klägerinnen - hervorgehoben, dass es sich bei den Selbstbeschränkungsabkommen lediglich um Quotenvereinbarungen handelte, die die Vermarktung japanischer Stahlrohre in der Europäischen Gemeinschaft nur begrenzten und nicht verboten. Die Unterschiedlichkeit der Sachverhalte, auf die sich Nippon beruft, ist daher nur relativer und nicht absoluter Art. Die Abkommen genügen daher nicht, um die Passivität der japanischen Klägerinnen auf den Gemeinschaftsmärkten zu erklären.

587. Das Gericht ist deshalb der Auffassung, dass die von Nippon behauptete Ungleichbehandlung nicht gegeben ist.

588. Außerdem bestuende angesichts des oben in den Randnummern 583 bis 585 dargelegten Kontextes, besonders angesichts des politischen Charakters des in seiner Rechtmäßigkeit unbestrittenen Zugeständnisses der Kommission, jedenfalls für den Gemeinschaftsrichter kein Anlass zu einer Abänderung der gegen die japanischen Klägerinnen verhängten Geldbußen, nachdem dieses Zugeständnis der Kommission, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, aus politischen Gründen gerechtfertigt erschien.

7. Zur Berechnung der Geldbußen

589. Demnach sind die Geldbußen gegen alle japanischen Klägerinnen so herabzusetzen, dass erstens die Minderung des wegen der Schwere angesetzten Betrages von 10 auf 9 Millionen Euro und zweitens die Zuwiderhandlungsdauer von dreieinhalb statt fünf Jahren berücksichtigt werden.

590. Da die Methode zur Berechnung der Geldbußen, die in den Leitlinien festgelegt ist und von der Kommission im vorliegenden Fall angewandt wurde, als solche nicht beanstandet worden ist, ist diese Methode auch vom Gericht im Rahmen seiner Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung anzuwenden, um die in der vorstehenden Randnummer genannte Herabsetzung zu vollziehen.

591. Demnach ist der Grundbetrag für jeden japanischen Hersteller auf 9 Millionen Euro festzusetzen. Dieser Betrag ist für jedes Jahr der Zuwiderhandlung um 10 %, also um insgesamt 35 %, zu erhöhen, womit sich ein Betrag von 12,15 Millionen Euro ergibt. Dieser Betrag ist sodann wegen der in den Randnummern 168 und 169 der angefochtenen Entscheidung dargelegten mildernden Umstände um 10 % zu verringern, woraus für jede der japanischen Klägerinnen ein Endbetrag von 10,935 Millionen Euro statt 13,5 Millionen Euro folgt.

Kostenentscheidung:

Kosten

592. Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Da im vorliegenden Fall jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt, sind jeder der japanischen Klägerinnen und der Kommission ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

593. Nach Artikel 87 § 4 Absatz 2 der Verfahrensordnung trägt die EFTA-Überwachungsbehörde, die dem Rechtsstreit als Streithelferin beigetreten ist, ihre eigenen Kosten.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Artikel 1 Absatz 2 der Entscheidung 2003/382/EG der Kommission vom 8. Dezember 1999 in einem Verfahren nach Artikel 81 EGVertrag (Sache IV/E1/35.860B - Nahtlose Stahlrohre) wird für nichtig erklärt, soweit darin die den vier Klägerinnen in den Rechtssachen T67/00, T68/00, T71/00 und T78/00 in diesem Artikel angelastete Zuwiderhandlung für die Zeit vor dem 1. Januar 1991 und nach dem 30. Juni 1994 festgestellt wird.

2. Die gegen jede der vier Klägerinnen in Artikel 4 der Entscheidung 2003/382 verhängte Geldbuße wird auf 10 935 000 Euro festgesetzt.

3. Im Übrigen werden die vier Klagen abgewiesen.

4. Die vier Klägerinnen und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

5. Die EFTAÜberwachungsbehörde trägt ihre eigenen Kosten.

Ende der Entscheidung

Zurück