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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 25.06.1997
Aktenzeichen: T-7/96
Rechtsgebiete: EG-Vertrag


Vorschriften:

EG-Vertrag Art. 178
EG-Vertrag Art. 215
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

3 Bei einer Schadensersatzklage gegen die Kommission im Rahmen eines vom Europäischen Entwicklungsfonds gemäß dem Vierten AKP-EWG-Abkommen finanzierten Lieferauftrags ist das Gericht für eine Entscheidung über die Ansprüche nicht zuständig, die der Zuschlagsempfänger gegebenenfalls aus dem Auftrag herleiten kann, um dessen Durchführung zu erreichen. Dagegen ist das Gericht durch nichts daran gehindert, das Verhalten der Delegation der Kommission in dem betreffenden AKP-Staat unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtungen aus Artikel 317 des Abkommens zu überprüfen, wonach sie die Vorbereitung, Prüfung und Durchführung der Projekte und Programme gemäß den Erfordernissen einer ordnungsgemässen Verwaltung zu erleichtern und zu beschleunigen hat. Soweit die Delegation diese Erfordernisse nicht ausreichend beachtet hat, führt ihre Pflichtverletzung jedoch nicht als solche zu einer Haftung der Kommission, die für den Zuschlagsempfänger einen Anspruch auf Ersatz der von ihm geltend gemachten Schäden begründet. Die Haftung der Gemeinschaft setzt nämlich voraus, daß der Kläger nicht nur die Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ zur Last gelegten Verhaltens und das Vorliegen eines Schadens, sondern auch das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem Schaden beweist, wobei sich der Schaden ausserdem mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem gerügten Verhalten ergeben muß.

4 Ist die Entstehung eines Rechtsstreits durch das Verhalten des beklagten Organs, das die Erfordernisse einer ordnungsgemässen Verwaltung nicht ausreichend beachtet hat, begünstigt worden, so kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, daß er das Gericht angerufen hat, damit es dieses Verhalten und den daraus möglicherweise entstandenen Schaden prüft. Unter derartigen Umständen ist somit Artikel 87 § 3 Absatz 2 der Verfahrensordnung anzuwenden, wonach das Gericht auch der obsiegenden Partei auferlegen kann, die Kosten eines Verfahrens, das durch ihr eigenes Verhalten verursacht wurde, der Gegenpartei zu erstatten.


Urteil des Gerichts erster Instanz (Erste Kammer) vom 25. Juni 1997. - Francesco Perillo gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. - Abkommen von Lomé - Europäischer Entwicklungsfonds - Nichtzahlung des Auftragspreises - Außervertragliche Haftung der Kommission. - Rechtssache T-7/96.

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen und Sachverhalt

1 Der Rat und die Kommission genehmigten mit Beschluß 91/400/EGKS, EWG vom 25. Februar 1991 das am 15. Dezember 1989 in Lomé unterzeichnete Vierte AKP-EWG-Abkommen (ABl. 1989, L 229, S. 1; im folgenden: Abkommen). Nach Artikel 222 des Abkommens sind die in dessen Rahmen finanzierten Maßnahmen von den AKP-Staaten und der Gemeinschaft in enger Zusammenarbeit durchzuführen. Aufgrund dieser Verpflichtung zur Zusammenarbeit sind die AKP-Staaten u. a. verantwortlich für die Vorbereitung und Vorlage der Projekte und Programmunterlagen, während die Gemeinschaft für die Finanzierungsbeschlüsse betreffend die Projekte und Programme verantwortlich ist; gemeinsam sind die AKP-Staaten und die Gemeinschaft verantwortlich für die Gewährleistung einer angemessenen, raschen und effizienten Durchführung der Projekte und Programme.

2 Artikel 316 des Abkommens sieht dazu vor, daß die Kommission in jedem AKP-Staat oder in jeder regionalen Gruppe von AKP-Staaten durch einen Beauftragten vertreten ist. Nach Artikel 317 des Abkommens hat der Beauftragte die Aufgabe, die Vorbereitung, Prüfung und Durchführung der Projekte und Programme zu erleichtern und zu beschleunigen, und zwar in enger Zusammenarbeit mit dem nationalen Anweisungsbefugten des AKP-Staates seiner dienstlichen Verwendung. Nach Artikel 312 des Abkommens wird der nationale Anweisungsbefugte von der Regierung des betreffenden AKP-Staates bestellt und vertritt diesen Staat bei allen finanziellen Maßnahmen, die im Rahmen der AKP-EWG-Zusammenarbeit erfolgen, wie die Maßnahmen, die die Mittel des Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) betreffen.

3 1993 erhielt das Unternehmen italienischen Rechts ITAM SIDER, dessen Inhaber der Kläger ist, den Zuschlag für einen Lieferauftrag im Rahmen eines vom EEF finanzierten Programms. Der Auftrag betraf die Lieferung von 40 000 leeren Gasflaschen an die Société mauritanienne de gaz (Somagaz mit Sitz in Nouakchott, Mauretanien), die somit die Rolle des Auftraggebers übernahm.

4 Der Auftrag wurde am 27. Juni 1993 unterzeichnet, und sein Betrag wurde auf 66 384 000 Ouguiyas (die vereinbarungsgemäß 457 144 ECU entsprachen) festgesetzt. Im Auftrag war festgelegt, daß "[sich] der Auftragnehmer... gegen die vom Auftraggeber unter den im Auftrag genannten Bedingungen an ihn zu leistenden Zahlungen [verpflichtet], den Auftrag gemäß den Auftragsbedingungen auszuführen", und daß "[sich] der Auftraggeber verpflichtet..., an den Auftragnehmer als Entgelt für die Ausführung des Auftrags die im Auftrag vorgesehenen Beträge zu zahlen".

5 Nach Artikel 43 der Allgemeinen Bedingungen begeht eine Partei einen Vertragsbruch, wenn sie ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt; in diesem Fall ist die geschädigte Partei berechtigt, Strafen zu verlangen und/oder den Vertrag zu kündigen. In Artikel 44 sind die Voraussetzungen für eine Kündigung durch den Auftraggeber genannt.

6 Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß als äusserster Termin für die Ausführung des Auftrags der 13. September 1993 festgelegt wurde.

7 Im Juli 1993 leistete ITAM SIDER Somagaz eine Bankgarantie für die ordnungsgemässe Ausführung, die 10 % des Auftragspreises abdeckte. Ende Juli teilte ITAM SIDER Somagaz mit, daß sie mit der Produktion der Flaschen begonnen habe, und kündigte an, daß ihr Werk vom 5. bis 28. August 1993 geschlossen sei.

8 Am 22. August 1993 forderte Somagaz ITAM SIDER auf, ihr eine Zahlungsforderung für einen Vorschuß in Höhe von 60 % des Auftragspreises zuzusenden und eine Bankgarantie über diesen Vorschuß beizufügen. ITAM SIDER übersandte diese Forderung, fügte aber nur eine Bankgarantie über 25 % des Auftragspreises bei. Infolgedessen zahlte Somagaz an ITAM SIDER einen Vorschuß in Höhe von 25 % des Auftragspreises.

9 Am 5. Oktober 1993 sandte ITAM SIDER 7 007 Flaschen nach Mauretanien. Am 1. Dezember 1993 sandte sie einen zweiten Posten von 24 381 Flaschen, am 7. Februar 1994 einen dritten Posten von 6 779 Flaschen und am 14. Februar 1994 einen letzten Posten von 1 889 Flaschen.

10 Am 6. Dezember 1993 erhielt Somagaz den ersten Posten und beanstandete die Qualität der Flaschen in mehrerer Hinsicht. Mit Fernkopien vom 7. und 13. Dezember 1993 teilte Somagaz diese Beanstandungen dem Kläger mit. Mit Schreiben vom 14. Dezember 1993 übermittelte sie die Beanstandungen auch dem Anweisungsbefugten Mauretaniens, den sie bat, einen Sachverständigen mit der Begutachtung der Qualität der Flaschen zu beauftragen.

11 Mit Schreiben vom 20. Dezember 1993 bat der Anweisungsbefugte Mauretaniens den Kommissionsbeauftragten in Mauretanien, einen Sachverständigen für die Prüfung der Qualität der Flaschen zu bestellen. Der Kommissionsbeauftragte entsprach diesem Ersuchen und beauftragte einen unabhängigen Sachverständigen französischer Staatsangehörigkeit damit, die Flaschen vor Ort zu untersuchen und sich gegebenenfalls zu Art und Umfang der Abweichungen zwischen den technischen Merkmalen der gelieferten Flaschen und den im Rahmen des Auftrags verlangten technischen Spezifikationen zu äussern. Zu diesem Zweck wurde zwischen der Kommission und dem technischen Beratungsunternehmen, dem der bestellte Sachverständige angehörte, ein Gutachtervertrag geschlossen. Der Vertrag wurde am 18. Februar 1994 in Paris von einem Vertreter dieses Unternehmens und am 20. Februar 1994 in Nouakchott vom Kommissionsbeauftragten in Mauretanien unterzeichnet.

12 Mit Fernkopie vom 20. Februar 1994 teilte Somagaz dem Kläger mit, daß der von der Kommission bestellte Sachverständige am 21. Februar 1994 in Mauretanien mit seinen Arbeiten beginnen werde, und forderte den Kläger auf, dabei anwesend zu sein. Am 24. Februar 1994 antwortete der Kläger Somagaz, daß er aufgrund von Problemen bei der Flugreservierung erst am 5. und 6. März 1994 in Mauretanien sein könne, und bat, daß der Besuch des Sachverständigen an diesen Tagen stattfinde. Dieser Bitte wurde nicht entsprochen. Am 1. März 1994 stellte der Sachverständige fest, daß die Flaschen in mehrfacher Hinsicht nicht den verlangten technischen Spezifikationen entsprächen und daß sie angesichts der für die Benutzer bestehenden Risiken nicht in den Verkehr gebracht werden könnten.

13 Mit Fernkopie vom 8. März 1994 teilte Somagaz dem Kläger mit, daß sie die Annahme des ersten Postens wegen Nichtübereinstimmung mit den technischen Spezifikationen ablehne, und forderte ihn unter Androhung der Auftragskündigung auf, die restlichen Flaschen vor dem 23. März 1994 zu liefern. Am 21. April 1994 kündigte Somagaz den Auftrag mit einer an den Kläger gerichteten Fernkopie. Diese Kündigung wurde mit der Nichtlieferung der verlangten Menge Flaschen und mit den Mängeln begründet, die der Sachverständige bei dem ersten Flaschenposten festgestellt hatte.

14 Die anderen Posten wurden nach ihrem Eintreffen in Mauretanien für längere Zeit im Hafen von Nouakchott blockiert. So bemerkte der Sachverständige in einem Postskriptum zu seinem Gutachten, daß 27 000 Flaschen seit fast drei Monaten in diesem Hafen blockiert seien. Mit Fernkopien vom 26. Juni und 7. August 1994 teilte Somagaz dem Kläger mit, daß sie bereit sei, die im Hafen von Nouakchott blockierten Posten Flaschen abzunehmen, sofern ITAM SIDER den Transport vom Hafen zu ihren Anlagen übernehme.

15 Mit Fernkopie vom 30. Juni 1994 kündigte der Kläger Somagaz gegenüber an, er werde einen Sachverständigen für ein Gegengutachten über den ersten Flaschenposten bestellen. Mit Fernkopie vom 17. Juli 1994 erklärte sich Somagaz mit einem Gegengutachten grundsätzlich einverstanden. Letzten Endes bestellte der Kläger keinen Sachverständigen, so daß es kein Gegengutachten gab.

16 Am 18. September und 13. Dezember 1994 bestätigte Somagaz den Erhalt der anderen Flaschenposten. Nach Angaben des Klägers wurden diese Flaschen und die Flaschen des ersten Postens von Somagaz verwendet.

17 Mit Schreiben vom 24. Januar 1995 machte der Kläger bei der Kommission geltend, die von Somagaz mit Fernkopie vom 21. April 1994 mitgeteilte Auftragskündigung sei nicht gemäß den in Artikel 44 der Allgemeinen Bedingungen festgelegten Voraussetzungen erfolgt.

18 Der Kläger übersandte Somagaz die Rechnungen für seine Lieferungen; Somagaz hat jedoch bis heute nicht den Rest des Auftragspreises (75 %) bezahlt. Der Kläger trägt vor, der Generaldirektor von Somagaz habe ihm gegenüber erklärt, daß er sich gegen eine Provision von 10 % der Bezahlung der Flaschen nicht mehr widersetzen werde. Diesen Korruptionsversuch könne er durch Zeugen beweisen.

19 1995 wurde ITAM SIDER zahlungsunfähig gegenüber ihren italienischen Gläubigern, die daraufhin Konkursantrag stellten. Zwar wurde über das Unternehmen kein Konkurs eröffnet, doch wurde die Zahl seiner Beschäftigten stark verringert. Ausserdem kündigten mehrere Banken die Kredite, über die der Kläger bei ihnen verfügte. Somagaz beabsichtigte, sich den Vorschuß in Höhe von 25 % des Auftragspreises erstatten zu lassen, doch erwies sich dies als unmöglich, da die Bankgarantie über diesen Betrag am 31. Dezember 1993 abgelaufen war. Somagaz konnte aber die Garantie für die ordnungsgemässe Ausführung in Anspruch nehmen, die 10 % des Auftragspreises darstellte.

Verfahren und Anträge der Parteien

20 Unter diesen Umständen hat der Kläger mit Klageschrift, die am 17. Januar 1996 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

21 Zum Beweis seiner Behauptung, daß Somagaz die von ihm gelieferten Flaschen verwendet habe, hat der Kläger seiner Erwiderung die Niederschrift eines Telefongesprächs zwischen ihm und dem Generaldirektor von Somagaz beigefügt, das er auf Band aufgenommen hatte.

22 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Im Rahmen der prozeßleitenden Maßnahmen sind die Parteien jedoch aufgefordert worden, vor der mündlichen Verhandlung schriftlich Fragen zu beantworten.

23 Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 29. Januar 1997 mündlich verhandelt und die mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

24 Der Kläger beantragt,

- die Beklagte vorbehaltlich einer Erhöhung oder Verringerung im Laufe des Verfahrens zur Zahlung einer Entschädigung von 838 776 ECU zu verurteilen;

- die Beklagte zur Zahlung von Zinsen aus den geschuldeten Beträgen ab 14. April 1994 zu verurteilen;

- der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;

- das Urteil ungeachtet jedes Rechtsbehelfs für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

25 Die Beklagte beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Vorbringen der Parteien

26 Der Kläger beanstandet das Verhalten der Delegation der Kommission in Mauretanien, da sie Somagaz Beistand geleistet und sich nicht unparteiisch über den fraglichen Vorgang unterrichtet habe. Soweit er diesen Vorwurf in seinen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung substantiiert hat, wirft er der Delegation vor, daß sie nicht die Kommission über die Bösgläubigkeit von Somagaz und über den Korruptionsversuch des Generaldirektors dieser Gesellschaft unterrichtet habe, daß sie ein Scheingutachten organisiert habe, daß sie nicht den kontradiktorischen Charakter und die Qualität des Gutachtens gewährleistet habe und schließlich daß sie nicht den Verfahrensfehler bei der Auftragskündigung bemerkt habe.

27 Insbesondere zur Organisation des Gutachtens weist der Kläger darauf hin, daß er mit Fernkopie vom 20. Februar 1994 aufgefordert worden sei, sich zur Begutachtung einzufinden, die am 21. Februar 1994 habe beginnen sollen. Auf diese Weise habe das Gutachten zwangsläufig keinerlei kontradiktorischen Charakter gehabt, da es ihm wegen der Fristen für die Ausstellung eines Visums und die Reservierung von Flügen nach Mauretanien unmöglich gewesen sei, am 21. Februar 1994 in Nouakchott zu sein. Daß dies verkannt worden sei, sei der Delegation der Kommission zuzurechnen, da sie den Sachverständigen bestellt und alle Vereinbarungen mit ihm getroffen habe.

28 Der Kläger hat im Laufe des Verfahrens klargestellt, daß er den durch diese Verhaltensweisen verursachten Schaden mit 838 776 ECU bewerte. Dieser Betrag setze sich wie folgt zusammen: 338 775 ECU (d. h. die noch nicht gezahlten 75 % des Auftragspreises) als Schadensersatz für die nicht erfolgte Bezahlung seiner Rechnungen, 500 000 ECU als Ersatz des darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und finanziellen Schadens, der in den Kosten, die im Zusammenhang mit seinen im Rahmen des Auftrags erfolgten Reisen nach Mauretanien entstanden seien, und in den ITAM SIDER entstandenen strukturellen Schäden bestehe, sowie vorläufig 1 ECU als Ersatz anderer als der vorstehend genannten Schäden. Bezueglich des Postens von 500 000 ECU hat der Kläger näher ausgeführt, die Nichtbezahlung seiner Rechnungen habe bei ihm zu einem unerwarteten Liquiditätsmangel geführt und so seine Zahlungsunfähigkeit, den Verlust seiner Bankgarantien und die Entlassung von 15 der 21 Fachkräfte von ITAM SIDER zur Folge gehabt.

29 Hinzu komme, daß bei ihm kein Verschulden vorliege. Erstens seien die Verzögerungen bei der Ausführung des Auftrags zu einem Teil auf die wiederholten, aber nicht eingehaltenen Versprechen von Somagaz, das Werk von ITAM SIDER zu besichtigen, um die Produktion der Flaschen zu prüfen, und zu einem anderen Teil auf eine Reihe von Streiks der italienischen Frachtführer im Zeitraum der Versendung der Flaschen zurückzuführen. Die Ankündigungen von Somagaz, das Werk zu besichtigen, bedeuteten eine stillschweigende Verschiebung des Endtermins für die Ausführung, und Streiks würden in Artikel 46 der Allgemeinen Bedingungen als ein Fall von höherer Gewalt qualifiziert. Zweitens seien die gelieferten Flaschen von guter Qualität. Dies gelte sowohl für die des ersten Postens, deren Qualität zwar beanstandet worden sei, die von Somagaz aber dennoch verwendet worden seien, als auch für die der anderen Posten, die ebenfalls verwendet worden seien und deren Qualität nicht einmal beanstandet worden sei.

30 Die Beklagte weist darauf hin, daß sie die Finanzierung von Lieferungen durch den EEF nur gewährleisten könne, wenn der betreffende Lieferant die Vertragsbedingungen eingehalten habe. Die Lieferungen des Klägers hätten aber nicht vom EEF finanziert werden können, weil Somagaz sie abgelehnt habe, und zwar auf der Grundlage eines unparteiischen Gutachtens. Unter diesen Umständen seien die Nichtbezahlung der Rechnungen und die anderen Schäden, die sich daraus möglicherweise ergeben hätten, keinesfalls der Delegation der Kommission zuzurechnen.

31 Ausserdem habe der Kläger die Schlußfolgerungen des Sachverständigen keineswegs widerlegt. Er beanstande nicht die zahlreichen technischen Feststellungen im Gutachten und habe sein Vorhaben, ein Gegengutachten erstellen zu lassen, aufgegeben.

32 Bezueglich der Bösgläubigkeit, wenn nicht der Korruptionsabsicht, deren der Kläger den Generaldirektor von Somagaz bezichtige und an der der Kommissionsbeauftragte beteiligt gewesen sein soll, bemerkt die Beklagte, daß hierfür kein Beweis vorgelegt worden sei. Das gleiche gelte für die Behauptung des Klägers, die Flaschen seien von Somagaz verwendet worden.

33 Hoechst hilfsweise zu ihrem Vorbringen in bezug auf die Rechtmässigkeit ihres Verhaltens weist die Beklagte darauf hin, daß das Unternehmen des Klägers selbst fahrlässig gehandelt habe, indem es die Ausführung des Auftrags verzögert habe, ohne eine Verschiebung des Endtermins für die Ausführung auch nur zu verlangen. Ausserdem hätte ITAM SIDER den Schaden begrenzen können, wenn sie den ersten, von Somagaz nicht angenommenen Flaschenposten zurückgenommen und nach der Kündigung des Auftrags durch Somagaz keine Flaschen mehr geliefert hätte.

34 Schließlich hätten die finanziellen Schwierigkeiten von ITAM SIDER schon vor der Lieferung der Flaschen bestanden, was die Tatsache veranschauliche, daß ITAM SIDER keine Bankgarantie über 60 % des Auftragspreises habe erhalten können. Demzufolge könne der etwaige Konkurs von ITAM SIDER nicht in Zusammenhang mit der Nichtbezahlung der Lieferungen gebracht werden.

Würdigung durch das Gericht

35 Das Gericht weist vorab darauf hin, daß es für eine Entscheidung über die Ansprüche nicht zuständig ist, die der Kläger gegebenenfalls aus dem betreffenden Auftrag herleiten kann, um Bezahlung der Rechnungen für die Auftragsausführung zu erhalten. Diese und alle anderen Fragen, die die Erfuellung des Vertrages zwischen dem Kläger und Somagaz betreffen, sind auf dem in Artikel 48 der Allgemeinen Bedingungen vorgesehenen Weg, also durch gütliche Regelung, Schlichtung oder Schiedsspruch, zu entscheiden. Ausserdem ergibt sich aus den Artikeln 178 und 215 Absatz 2 des Vertrages, daß die Zuständigkeit des Gerichts für Schadensersatzklagen auf Fragen der ausservertraglichen Haftung beschränkt ist.

36 Daher braucht nicht geprüft zu werden, inwieweit der Kläger und Somagaz die Auftragsbedingungen eingehalten haben. Insbesondere fallen die Fragen bezueglich der Einhaltung der Lieferfristen, der Übereinstimmung der Flaschen mit den technischen Spezifikationen des Auftrags, des Empfangs und der Verwendung der Flaschen sowie der Ordnungsmässigkeit der Kündigung nicht in die Zuständigkeit des Gerichts. Aus dem gleichen Grund braucht auch nicht über die Beweisangebote des Klägers wie die Aufzeichnung eines Telefongesprächs zwischen ihm und dem Generaldirektor von Somagaz (siehe oben, Randnr. 21) entschieden zu werden.

37 Dagegen ist das Gericht durch nichts daran gehindert, das Verhalten der Delegation der Kommission unter Berücksichtigung ihrer Verpflichtungen zu überprüfen und über die sich daraus möglicherweise ergebende ausservertragliche Haftung der Kommission zu entscheiden (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1985 in der Rechtssache 118/83, CMC/Kommission, Slg. 1985, 2325, Randnr. 31; Urteil des Gerichts vom 16. November 1994 in der Rechtssache T-451/93, San Marco/Kommission, Slg. 1994, II-1061, Randnrn. 42, 43 und 86).

38 In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die Delegation der Kommission in Mauretanien bei der Organisation des Gutachtens ihre Verpflichtungen eingehalten hat. Dazu ist festzustellen, daß die Delegation den Sachverständigen ausgewählt, seine Aufgabe festgelegt und mit ihm den Gutachtervertrag geschlossen sowie diesen Vertrag am 20. Februar 1994 unterzeichnet hat. Wie oben erwähnt, entsprachen diese Maßnahmen einem Ersuchen des mauretanischen Anweisungsbefugten vom 20. Dezember 1993. Sie bezogen sich somit auf die in Artikel 317 Buchstabe m des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Vierten AKP-EWG-Abkommens geregelte Verpflichtung der Delegation, "mit dem nationalen Anweisungsbefugten enge, ständige Kontakte [zu halten], um spezifische Probleme, die sich bei der Durchführung der Zusammenarbeit bei der Entwicklungsfinanzierung ergeben, zu analysieren und zu lösen". Wie jede Aufgabe, die den Organen durch die Gemeinschaftsregelung übertragen wird, hatte die Delegation der Kommission diese Verpflichtung gemäß den Erfordernissen einer ordnungsgemässen Verwaltung zu erfuellen.

39 In diesem rechtlichen Rahmen ist das Gericht angesichts der Tatsache, daß die Delegation die vorbereitenden Kontakte zu dem Sachverständigen hergestellt und bis zum 20. Februar 1994 einen Beitrag zur Organisation des Gutachtens geleistet hat, der Auffassung, daß die Delegation wusste oder jedenfalls wissen musste, daß der Sachverständige nach Mauretanien kommen und dort unmittelbar nach Unterzeichnung des Gutachtervertrags, also am 21. Februar 1994, mit seinen Arbeiten beginnen würde. Da sie auch wusste, daß der Kläger in Italien wohnte und zwangsläufig mehrere Tage benötigte, um sich nach Mauretanien zu begeben, war die Delegation der Kommission in der Lage, zu erkennen, daß der Kläger bei der Durchführung des Gutachtens nicht anwesend sein konnte. Es darf aber angenommen werden, daß die Delegation der Kommission imstande war, mit dem Sachverständigen eine Abmachung zu treffen, damit dieser nicht unmittelbar nach Unterzeichnung des Gutachtervertrags mit seinen Arbeiten beginnen würde, so daß der Kläger ebenso wie Somagaz bei der Durchführung des Gutachtens hätte anwesend sein können.

40 Daraus folgt, daß zwar nicht dargetan worden ist, daß die Delegation der Kommission ein Scheingutachten organisieren oder für Somagaz Partei ergreifen wollte, daß sie aber nicht ausreichend die für sie geltenden Erfordernisse einer ordnungsgemässen Verwaltung beachtet hat, indem sie bei der Organisation des Gutachtens nicht dafür gesorgt hat, daß dem Kläger ermöglicht wurde, bei dessen Durchführung anwesend zu sein.

41 Diese Pflichtverletzung führt jedoch nicht als solche zu einer Haftung der Kommission, die für den Kläger einen Anspruch auf Ersatz der von ihm geltend gemachten Schäden begründet. Die Haftung der Gemeinschaft setzt nämlich voraus, daß der Kläger nicht nur die Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ zur Last gelegten Verhaltens und das Vorliegen eines Schadens, sondern auch das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem Schaden beweist (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 17. Dezember 1981 in den Rechtssachen 197/80, 198/80, 199/80, 200/80, 243/80, 245/80 und 247/80, Ludwigshafener Walzmühle u. a./Rat und Kommission, Slg. 1981, 3211, Randnr. 18, und vom 14. Januar 1993 in der Rechtssache C-257/90, Italsolar/Kommission, Slg. 1993, I-9, Randnr. 33, Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 80). Ausserdem muß sich nach ständiger Rechtsprechung der Schaden mit hinreichender Unmittelbarkeit aus dem gerügten Verhalten ergeben (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 4. Oktober 1979 in den Rechtssachen 64/76, 113/76, 167/78, 239/78, 27/79, 28/79 und 45/79, Dumortier frères u. a./Rat, Slg. 1979, 3091, Randnr. 21, Urteil des Gerichts vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache T-175/94, International Procurement Services/Kommission, Slg. 1996, II-729, Randnr. 55).

42 Aus den Akten ergibt sich aber eindeutig, daß sich der erste vom Kläger geltend gemachte Schadensposten seinem Wesen nach aus der Weigerung von Somagaz ergibt, den restlichen Auftragspreis zu zahlen, und daß die anderen von ihm geltend gemachten Schadensposten ebenfalls mit dieser Nichtzahlung zusammenhängen. Der Einfluß, den die oben festgestellte Pflichtverletzung der Delegation der Kommission auf die Entscheidung von Somagaz gehabt hat, den restlichen Auftragspreis nicht zu zahlen, ist allenfalls mittelbar und unbestimmt. Es trifft zwar zu, daß der Kläger ohne die von der Delegation begangene Pflichtverletzung bei der Durchführung des Gutachtens hätte anwesend sein können, doch ist nicht sicher, daß der Sachverständige zu einer anderen Schlußfolgerung gelangt wäre. Ausserdem ist festzustellen, daß der Kläger weder in seinen Schriftsätzen noch in der mündlichen Verhandlung den Inhalt der technischen Feststellungen des Sachverständigen und die in dessen Gutachten genannten zahlreichen Nichtübereinstimmungen mit den technischen Spezifikationen des Auftrags in präziser Weise bestritten hat und daß er sein ursprüngliches Vorhaben, ein Gegengutachten erstellen zu lassen, aufgegeben hat (siehe oben, Randnr. 15).

43 Überdies ist keineswegs sicher, daß Somagaz selbst im Fall eines für den Kläger günstigen Gutachtens den restlichen Auftragspreis gezahlt hätte. Nach ihrer Fernkopie vom 21. April 1994 hat Somagaz den Auftrag nicht nur aufgrund der Ergebnisse des Gutachtens hinsichtlich der Flaschen des ersten Postens, sondern auch aufgrund der Verzögerung gekündigt, die bei der Lieferung der anderen Flaschen eingetreten war.

44 Das Bestehen eines hinreichend unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der Art und Weise, wie die Delegation der Kommission den betreffenden Vorgang behandelt hat, und der Nichtzahlung des restlichen Auftragspreises ist um so schwerer festzustellen, als die Delegation nicht kontaktiert wurde, um Rechnungen abzeichnen zu lassen, und vom Kläger nicht darüber informiert wurde, daß den zuständigen mauretanischen Behörden Rechnungen gestellt worden waren. Dies ist von der Beklagten auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigt und vom Kläger nicht bestritten worden. Ausserdem ist nicht sicher, daß den mauretanischen Behörden tatsächlich Rechnungen vorgelegt worden waren, da der Kläger auf eine dahin gehende Frage des Gerichts nur erklärt hat, er habe dem Auftraggeber Rechnungen vorgelegt. Diese Antwort beweist keineswegs, daß die Delegation der Kommission für die Nichtzahlung des restlichen Auftragspreises verantwortlich ist, sondern weckt eher Zweifel an der Einhaltung der Zahlungsmodalitäten durch den Kläger selbst, insbesondere derjenigen, die in Artikel 22 des Dokuments "Auszug aus den allgemeinen Klauseln und bestimmte besondere Bedingungen für die Ausschreibungen der vom EEF finanzierten Lieferaufträge" (Teil B), die Bestandteil des Auftrags waren, vorgesehen sind.

45 Ausserdem ist nach gefestigter Rechtsprechung ein Auftragnehmer dann, wenn ein Streit über die Vertragserfuellung zwischen ihm und dem Auftraggeber für einen vom EEF finanzierten Auftrag nicht vorher einvernehmlich oder aber durch Schlichtung oder Schiedsspruch beigelegt wurde, ausserstande, nachzuweisen, daß ihm durch das Verhalten der Kommission ein anderer Schaden entstanden ist als der, dessen Ersatz er auf den vorgenannten Wegen gegenüber dem Auftraggeber geltend machen muß (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 1985 in der Rechtssache 33/82, Murri frères/Kommission, Slg. 1985, 2759, Randnr. 38, Urteil International Procurement Services/Kommission, a. a. O., Randnr. 58). Es steht aber fest, daß der Kläger die Weigerung von Somagaz, ihm den restlichen Auftragspreis zu zahlen, bis heute nicht auf dem geeigneten Rechtsweg in Frage gestellt hat.

46 Da kein Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten der Beklagten und dem vom Kläger geltend gemachten Schaden dargetan werden konnte, ist die Klage abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

47 Gemäß Artikel 87 § 3 Absatz 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht auch der obsiegenden Partei auferlegen, die Kosten eines Verfahrens, das durch ihr eigenes Verhalten verursacht wurde, der Gegenpartei zu erstatten (vgl. mutatis mutandis Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1983 in der Rechtssache 263/81, List/Kommission, Slg. 1983, 103, Randnrn. 30 und 31, und Urteil des Gerichts vom 16. Oktober 1996 in der Rechtssache T-336/94, Efisol/Kommission, Slg. 1996, II-0000, Randnrn. 38 und 39).

48 Im vorliegenden Fall ist der Kläger mit seinen Anträgen unterlegen. Bei der Entscheidung über die Kosten ist jedoch das Verhalten der Beklagten zu berücksichtigen, die die Erfordernisse einer ordnungsgemässen Verwaltung nicht ausreichend beachtet hat, indem sie ein Gutachten organisiert hat, ohne dafür zu sorgen, daß der Kläger bei dessen Durchführung anwesend sein konnte.

49 Unter diesen Umständen kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, daß er das Gericht angerufen hat, damit es dieses Verhalten und den daraus möglicherweise entstandenen Schaden prüft. Es ist festzustellen, daß die Entstehung des Rechtsstreits durch das Verhalten der Beklagten gefördert wurde. Daher ist die Kommission zur Tragung der gesamten Kosten zu verurteilen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT

(Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kommission trägt die gesamten Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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