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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 10.07.1991
Aktenzeichen: T-70/89
Rechtsgebiete: EWG, VO 17, Berner Übereinkunft


Vorschriften:

EWG Art. 86
EWG Art. 190
EWG Art. 36
VO 17 Art. 3
Berner Übereinkunft Art. 9 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Der Markt der wöchentlichen Fernsehprogrammvorschauen und derjenige der Fernsehzeitschriften, in denen sie veröffentlicht werden, stellen im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 86 EWG-Vertrag Teilmärkte des allgemeinen Marktes der Information über die Fernsehprogramme dar. Auf ihnen wird ein Erzeugnis, die Information über die wöchentlichen Programme, angeboten, nach dem eine besondere Nachfrage sowohl seitens Dritter, die einen umfassenden Fernsehprogrammführer veröffentlichen und vertreiben möchten, als auch seitens der Fernsehzuschauer besteht.

2. Nach der Systematik des Vertrages ist Artikel 36, wenn es darum geht, den Umfang des Schutzes zu ermitteln, den er dem gewerblichen und kommerziellen Eigentum gewähren will, aus der Sicht der Ziele und der Tätigkeit der Gemeinschaft, wie sie in den Artikeln 2 und 3 EWG-Vertrag definiert sind, auszulegen. Dabei sind insbesondere die Erfordernisse zu berücksichtigen, die mit der Schaffung des in Artikel 3 Buchstabe f genannten Systems des freien Wettbewerbs innerhalb der Gemeinschaft verbunden sind und ihren Ausdruck unter anderem in den durch die Artikel 85 und 96 EWG-Vertrag aufgestellten Verboten finden.

3. Wenn auch der Schutz des spezifischen Gegenstands des Urheberrechts dessen Inhaber grundsätzlich das vom EWG-Vertrag nicht berührte Recht verleiht, sich die ausschließliche Befugnis zur Vervielfältigung des geschützten Werkes vorzubehalten, und wenn auch die Ausübung dieses ausschließlichen Rechts als solche nicht mißbräuchlich ist, so gilt dies doch dann nicht, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, daß mit den Bedingungen und Modalitäten der Ausübung dieses ausschließlichen Rechts in Wirklichkeit ein Ziel verfolgt wird, das in offensichtlichem Widerspruch zu den Zwecken des Artikels 86 EWG-Vertrag steht. In einem solchen Fall entspricht nämlich die Ausübung des Urheberrechts nicht mehr der wesentlichen Funktion dieses Rechts im Sinne des Artikels 36 EWG-Vertrag, die darin besteht, den Schutz der Rechte an dem geistigen Werk und die Vergütung der schöpferischen Arbeit unter Beachtung der Zwecke insbesondere des Artikels 86 sicherzustellen.

Dies ist der Fall, wenn eine Sendeanstalt das ihr nach dem nationalen Recht zustehende Urheberrecht an ihren wöchentlichen Fernsehprogrammvorschauen in der Weise ausübt, daß sie sich deren ausschließliche Veröffentlichung vorbehält und dadurch verhindert, daß ein neues Erzeugnis, das die Programme aller Sender, die die Fernsehzuschauer empfangen können, zusammenfasst und nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher besteht, auf den abgeleiteten Markt der Fernsehzeitschriften kommt, auf dem sie ein Monopol besitzt.

4. Die Kommission hat nach Artikel 190 EWG-Vertrag bei einer Entscheidung über die Anwendung der Wettbewerbsregeln zwar die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmässigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen aufzuführen, die sie zum Erlaß ihrer Entscheidung veranlasst haben; sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind.

5. Bei der Auslegung und Anwendung der in Artikel 86 EWG-Vertrag enthaltenen Voraussetzung betreffend die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten muß man von dem Zweck dieser Voraussetzung ausgehen, auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des innerstaatlichen Rechts abzugrenzen. Unter den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen so alle Übungen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird. Für die Anwendbarkeit des Artikels 86 reicht es somit aus, daß das mißbräuchliche Verhalten geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, ohne daß es erforderlich wäre, das Vorliegen einer gegenwärtigen und tatsächlichen Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel festzustellen.

6. Die der Kommission durch Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 eingeräumte Befugnis, die betroffenen Unternehmen zu verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen, umfasst das Recht der Kommission, diesen aufzugeben, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen, um die Zuwiderhandlung abzustellen. Unter diesem Blickwinkel bestimmen sich die diesen Unternehmen auferlegten Verpflichtungen unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls nach den Erfordernissen der Wiederherstellung der Legalität.

7. Ein Mitgliedstaat kann sich nicht nach Artikel 234 EWG-Vertrag auf eine vor Inkrafttreten des EWG-Vertrags geschlossene Übereinkunft berufen, um Beschränkungen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten zu rechtfertigen. Denn diese Vorschrift, mit der bezweckt ist, sicherzustellen, daß die Geltung des EWG-Vertrags weder der gebotenen Achtung der Rechte, die dritten Ländern aufgrund einer früher mit einem Mitgliedstaat geschlossenen Übereinkunft zustehen, noch der Einhaltung der sich aus der Übereinkunft ergebenden Verpflichtungen durch diesen Mitgliedstaat entgegensteht, bezieht sich nur auf die Rechte und Pflichten im Verhältnis zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 10. JULI 1991. - BRITISH BROADCASTING CORPORATION UND BBC ENTERPRISES LTD GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - MISSBRAUCH EINER BEHERRSCHENDEN STELLUNG - URHEBERRECHT - PRAKTIKEN ZUR VERHINDERUNG DER VEROEFFENTLICHUNG UND DES VERKAUFS VON UMFASSENDEN WOECHENTLICHEN FERNSEHPROGRAMMFUEHRERN. - RECHTSSACHE T-70/89.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt und Verfahren

1 Die British Broadcasting Corporation (BBC) und die BBC Enterprises Limited haben mit Klageschrift, die am 10. März 1989 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, die Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 21. Dezember 1988 (im folgenden: Entscheidung) beantragt, in der festgestellt wurde, daß die Praxis und Politik der Klägerinnen in der entscheidungserheblichen Zeit hinsichtlich ihrer wöchentlichen Vorausschauen über Fernseh- und Hörfunkprogramme (1), die in Irland und Nordirland empfangen werden können, Zuwiderhandlungen gegen Artikel 86 EWG-Vertrag darstellen, insoweit sie die Veröffentlichung und den Verkauf von umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführern in diesem Gebiet verhindern. Die vorliegende Klage steht in Zusammenhang mit den Nichtigkeitsklagen, die die beiden anderen Adressatinnen dieser Entscheidung, nämlich die Radio Telefis Eireann (RTE) und die Independent Television Publications Ltd (ITP) parallel gegen diese Entscheidung erhoben haben (Rechtssachen T-69/89 und T-76/89).

2 Der Hintergrund der Entscheidung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die meisten Haushalte in Irland und 30 bis 40 % der Haushalte in Nordirland können mindestens sechs Sender empfangen: RTE 1 und RTE 2, die von RTE beschickt werden, die ein gesetzliches Monopol für die landesweite Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen auf Hertzschen Wellen in Irland innehat, BBC 1 und BBC 2, beschickt von der BBC, sowie ITV und Channel 4, die in der entscheidungserheblichen Zeit von Fernsehgesellschaften beschickt wurden, die von der Independent Broadcasting Authority (im folgenden: IBA) eine Konzession für die Durchführung von Sendungen für das Privatfernsehen erhalten hatten. Im Vereinigten Königreich bestand ein Duopol der BBC und der IBA für die landesweite Veranstaltung von Fernsehsendungen auf Hertzschen Wellen. Ausserdem empfingen viele Zuschauer in Großbritannien und Irland, sei es direkt, sei es über Kabelgesellschaften, mehrere Satellitenfernsehprogramme. In Nordirland gab es jedoch kein Kabelfernsehen.

In der entscheidungserheblichen Zeit gab es in Irland und Nordirland wegen der Politik der Adressatinnen der Entscheidung hinsichtlich der Verbreitung von Informationen über die Programme der sechs genannten Sender keinen umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführer. Jede Adressatin veröffentlichte einen Fernsehprogrammführer, der ausschließlich ihre eigenen Programme enthielt, und widersetzte sich ihrer Wiedergabe durch Dritte unter Berufung auf den urheberrechtlichen Schutz ihrer wöchentlichen Programmvorschauen nach dem United Kingdom Copyright Act 1956 (Urheberrechtsgesetz des Vereinigten Königreichs) und dem Irish Copyright Act 1963 (Irisches Urheberrechtsgesetz).

Diese Programmvorschauen geben den Inhalt der Programme, den Sendekanal sowie das Datum, die Zeit und den Titel der Sendungen wieder. Sie durchlaufen mehrere Entwurfsstadien, in denen sie zunehmend genauer werden. Das endgültige Wochenprogramm wird etwa zwei Wochen vor der Sendung festgelegt. In diesem Augenblick werden die Programmvorschauen, wie es in der Entscheidung (Randnr. 7) heisst, zu vermarktbaren Produkten.

3 Was insbesondere den vorliegenden Fall betrifft, ist festzustellen, daß die Klägerinnen sich das ausschließliche Recht der Veröffentlichung der Wochenprogramme von BBC 1 und BBC 2 in der Radio Times, ihrer eigenen Zeitschrift für die Präsentation ihrer Programme, vorbehalten haben.

4 Die BBC wurde im Vereinigten Königreich aufgrund einer Royal Charter errichtet. Sie veranstaltet aufgrund einer ihr vom Secretary of State für Home Affairs erteilten Konzession Hörfunk- und Fernsehsendungen. Ihr Hauptzweck ist es, als öffentliche Dienststelle Hörfunk- und Fernsehsendungen für den allgemeinen Empfang im Vereinigten Königreich zu veranstalten. In einer ihrer Konzession als Anhang beigefügten Entschließung vom 8. Januar 1981 erkannte die BBC es als ihre Verpflichtung an, sicherzustellen, daß die Programme ein hohes allgemeines Niveau hinsichtlich der Qualität ihrer Dienstleistung besitzen, und eine grosse Vielfalt von Programmen auszustrahlen. Ein anderer in der Charter genannter Zweck der BBC ist es, Druckwerke, die eventuell der Verwirklichung eines ihrer Zwecke förderlich sind, entgeltlich oder unentgeltlich zusammenzustellen, zu drucken, zu veröffentlichen, herauszugeben, zu verteilen und zu vertreiben.

5 Die BBC wird finanziert durch eine Gebühr, die ihre Haupteinnahmequelle darstellt, durch Subventionen und durch ihre eigenen kaufmännischen Tätigkeiten, insbesondere ihre verlegerische Tätigkeit, die sie über ihre 100%ige Tochtergesellschaft BBC Enterprises Limited ausübt. So betrug nach den Verfahrensakten der Gewinn der BBC aus Gebühren und Subventionen vor Steuern zum Beispiel für das am 31. März 1988 abgelaufene Geschäftsjahr 1 198 Millionen UKL. Für denselben Zeitraum belief sich der Gewinn vor Steuern der BBC Enterprises Limited auf 6,4 Millionen UKL, wovon 4,2 Millionen UKL auf die Radio Times entfielen.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Radio Times in der Absicht kaufmännischer Gewinnerzielung von der BBC Enterprises Limited unter der Aufsicht ihrer Muttergesellschaft veröffentlicht wird, die auch die allgemeine Politik für die Erteilung der Lizenzen für ihre Hörfunk- und Fernseh- Programmvorschauen festlegt. Aus diesem Grund vertrat die Kommission die Auffassung, daß die beiden Klägerinnen insoweit für die Anwendung von Artikel 86 im vorliegenden Fall als ein Unternehmen anzusehen seien (siehe Randnr. 19 der Entscheidung).

6 Zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung veröffentlichte die Radio Times nur die Fernsehprogrammvorschauen von BBC 1 und BBC 2, die unter anderem durch Darstellerlisten und vergleichende Übersichten ergänzt wurden, sowie die BBC-Hörfunk-Programmvorschauen. Die Radio Times enthielt auch Beiträge zu Schwerpunktthemen, Hintergrundinformationen und Leserbriefe, die ungefähr ein Drittel der Seiten der Zeitschrift unter Ausschluß des Platzes für die Werbung einnahmen. Um den verschiedenen örtlichen und regionalen Gegebenheiten Rechnung zu tragen, wurden jede Woche sechzehn Ausgaben der Radio Times veröffentlicht. Der Verkaufspreis der Radio Times betrug 0,37 UKL oder 0,52 IRL. In Irland wurden jede Woche etwa 15 000 Exemplare der Radio Times verkauft. In Nordirland wurden wöchentlich ungefähr 75 000 Exemplare abgesetzt, was nach den Akten bedeutet, daß die Radio Times von ungefähr 25 % aller Haushalte gekauft wurde. Nach Auskunft der Klägerinnen waren die Radio Times und die TV Times, der von ITP veröffentlichte Fernsehprogrammführer, die beiden meistverkauften Zeitschriften im Vereinigten Königreich, wo mehr als 97 % der wöchentlichen Gesamtverkäufe (durchschnittlich mehr als 3 Millionen Exemplare) der Radio Times erzielt wurden.

7 Dritten gegenüber praktizierten die Klägerinnen in der entscheidungserheblichen Zeit folgende Politik hinsichtlich der Information über ihre Programme: Sie verteilten die Programme ihrer Sendungen auf Anfrage kostenlos an Tageszeitungen oder Zeitschriften; gleichzeitig erteilten sie dabei eine unentgeltliche Lizenz, in der die Bedingungen festgesetzt waren, unter denen diese Informationen abgedruckt werden durften. Tageszeitungen konnten so unter Beachtung bestimmter, das Format dieser Veröffentlichung betreffender Bedingungen die Programme des jeweiligen Tages sowie am Vorabend von Feiertagen die Programme von zwei Tagen veröffentlichen. Wochenzeitungen wurde es darüber hinaus gestattet, die "Höhepunkte" der Fernsehprogramme der Woche zu veröffentlichen. Die Klägerinnen wachten über die strenge Einhaltung der in der Lizenz genannten Bedingungen und gingen gegen Veröffentlichungen, die diese Bedingungen nicht erfuellten, gegebenenfalls gerichtlich vor.

8 Der Verlag Magill TV Guide Ltd. (im folgenden: Firma Magill), eine Gesellschaft irischen Rechts, ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Magill Publications Holding Ltd. Er wurde zu dem Zweck gegründet, in Irland und Nordirland eine Wochenzeitschrift, den Magill TV Guide, zu veröffentlichen, die Informationen über die von den Zuschauern in diesem Gebiet zu empfangenden Fernsehprogramme enthalten sollte. Nach den Angaben der Beteiligten wurde mit der Veröffentlichung im Mai 1985 begonnen. Ursprünglich habe sich die Zeitschrift darauf beschränkt, Informationen über die Wochenendprogramme von BBC, RTE, ITV und Channel 4 sowie über Höhepunkte ihrer wöchentlichen Programme zu geben. Am 28. Mai 1986 wurde eine Nummer des Magill TV Guide veröffentlicht, in der die wöchentlichen Programme aller in Irland zu empfangenden Fernsehsender - einschließlich BBC 1 und BBC 2 - ganz wiedergegeben waren. Daraufhin verpflichtete ein irisches Gericht auf Antrag von BBC, RTE und ITP die Firma Magill durch einstweilige Anordnung, die Veröffentlichung der wöchentlichen Programme dieser drei Gesellschaften einzustellen. Aufgrund dieser Anordnung gab die Firma Magill ihre verlegerische Tätigkeit auf. Die Hauptsache wurde teilweise vom High Court geprüft, der in einem am 26. Juli 1989 von Richter Lardner erlassenen Urteil zum Umfang des Urheberrechts an den Programmvorschauen nach irischem Recht Stellung nahm. In dem Urteil heisst es dazu: "Aufgrund der vorgebrachten Beweise bin ich davon überzeugt, daß die wöchentlichen Fernsehprogrammvorschauen der BBC, wie sie in der Radio Times veröffentlicht werden, das Endprodukt eines langen Planungs-, Vorbereitungs-, Zusammenstellungs- und Überprüfungsprozesses sind, der ein erhebliches Maß an Arbeit und Erfahrung sowie Können und Urteilsvermögen erfordert. Sie sind eine Schöpfung der BBC und stellen meines Erachtens literarische Orginalwerke im Sinne einer Zusammenstellung gemäß den Sections 2 und 8 des Copyright Act 1963 dar; die BBC und BBC Enterprises Limited haben nachgewiesen, daß sie für diese Programmvorschauen in Irland urheberrechtlichen Schutz genießen (Irish Law Reports Monthly 1990, 550).

9 Bereits am 4. April 1986 hatte die Firma Magill, da sie vollständige wöchentliche Programmvorschauen veröffentlichen wollte, eine Beschwerde nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrages (ABl. 1962 Nr. 13, S. 204), bei der Kommission eingereicht, um feststellen zu lassen, daß ITP, BBC und RTE ihre beherrschende Stellung mißbrauchten, indem sie es ablehnten, Lizenzen für die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu erteilen. Am 16. Dezember 1987 beschloß die Kommission, ein Verfahren einzuleiten; im März 1988 übersandte sie der Klägerin eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Nach Abschluß dieses Verfahrens erließ sie am 21. Dezember 1988 die Entscheidung, die Gegenstand der vorliegenden Klage ist.

10 In der Entscheidung werden die relevanten Produkte gegenüber den drei genannten Unternehmen wie folgt umschrieben: Es handelt sich um die wöchentlichen Programmvorschauen von ITP, BBC und RTE sowie die Fernsehprogrammführer, in denen diese veröffentlicht werden (Randnr. 20 Absatz 1 der Entscheidung). Eine Programmvorschau enthält nach der Umschreibung durch die Kommission "eine Liste der Sendungen, die von oder im Auftrag einer Sendeanstalt in einem bestimmten Zeitraum ausgestrahlt werden. Sie umfasst zumindest die folgenden Informationen: den Titel jeder Sendung, den Sendekanal, das Datum und die Zeit der Sendung" (Randnr. 7 der Entscheidung).

Die Kommission stellt fest, aufgrund des faktischen Monopols der Sendeanstalten für ihre wöchentlichen Programmvorschauen seien Dritte, die an der Veröffentlichung eines wöchentlichen Fernsehprogrammführers interessiert seien, "in einer Situation wirtschaftlicher Abhängigkeit, die für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung charakteristisch" sei. Darüber hinaus werde dieses Monopol insofern zu einem rechtlichen Monopol verstärkt, als diese Anstalten den Schutz des Urheberrechts für ihre jeweiligen Programmvorschauen in Anspruch nähmen. Das Ergebnis ist nach Auffassung der Kommission, daß "einem Wettbewerb durch Dritte auf diesen Märkten keine Existenzmöglichkeit eingeräumt wird". Die Kommission leitet daraus her, daß "ITP, BBC und RTE eine beherrschende Stellung im Sinne des Artikels 86 einnehmen" (Randnr. 22 der Entscheidung).

11 Um das Vorliegen eines Mißbrauchs darzutun, stützt sich die Entscheidung namentlich auf Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe b EWG-Vertrag, wonach es einen Mißbrauch darstellt, wenn ein Unternehmen, das eine beherrschende Stellung einnimmt, die Erzeugung oder den Absatz zum Schaden der Verbraucher einschränkt (Randnr. 23 Absatz 1 der Entscheidung). Die Kommission ist insbesondere der Auffassung, daß auf dem Markt eine "wesentliche potentielle Nachfrage... nach umfassenden Fernsehprogrammführern" (Randnr. 23 Absatz 4) bestehe. Sie stellt fest, daß die Klägerin ihre beherrschende Stellung dadurch mißbrauche, daß sie sie dazu benutze, "die Einführung eines neuen Produktes auf den Markt, nämlich eines umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführers, zu verhindern". Sie fügt hinzu, der Mißbrauch beruhe zusätzlich auch darauf, daß die Klägerin mit Hilfe der ihr vorgeworfenen Politik hinsichtlich der Information über ihre Programme auch den abgeleiteten Markt der wöchentlichen Führer für diese Programme für sich behalte (Randnr. 23 der Entscheidung).

Die Kommission wendet sich daher gegen das Vorbringen, die beanstandeten Handlungen seien durch den Urheberrechtsschutz gerechtfertigt, und erklärt, daß im vorliegenden Fall ITP, BBC und RTE "das Urheberrecht als Mittel des Mißbrauchs einsetzen, in einer Art, die nicht vom spezifischen Gegenstand dieses Immaterialgüterrechts erfasst wird" (Randnr. 23 vorletzter Absatz).

12 Bezueglich der Maßnahmen zur Abstellung der Zuwiderhandlung bestimmt Artikel 2 der Entscheidung: "ITP, BBC und RTE stellen die in Artikel 1 genannten Zuwiderhandlungen unverzueglich ab, indem sie sich gegenseitig und Dritten auf Anfrage ihre jeweiligen wöchentlichen Programmvorschauen auf nichtdiskriminierender Basis zur Verfügung stellen und die Wiedergabe durch Dritte gestatten. Diese Forderung erstreckt sich nicht auf die in der vorliegenden Entscheidung umschriebenen Zusatzinformationen zu den Vorschauen. Wenn sie sich dafür entscheiden, diese Programme aufgrund von Lizenzen zur Verfügung zu stellen und wiedergeben zu lassen, so müssen die von ITP, BBC und RTE geforderten Lizenzgebühren angemessen sein. ITP, BBC und RTE können in ihre Lizenzen, die sie Dritten erteilen, Bedingungen aufnehmen, die sie für erforderlich halten, um eine umfassende und hochwertige Berichterstattung über alle ihre Programme einschließlich derjenigen für Minderheiten und/oder der Regionalprogramme sowie der Programme von kultureller, historischer oder erzieherischer Bedeutung sicherzustellen. Den Adressaten wird deshalb aufgegeben, der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung Vorschläge über die Bedingungen, zu denen Dritten die Veröffentlichung der wöchentlichen Programmvorschauen, die Gegenstand dieser Entscheidung sind, gestattet werden soll, zur Zustimmung zu unterbreiten."

13 Parallel zur vorliegenden Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung haben die Klägerinnen mit Schriftsatz vom selben Tag, das heisst vom 10. März 1989, die Aussetzung des Vollzugs des Artikels 2 der Entscheidung beantragt. Der Präsident des Gerichtshofes hat durch Beschluß vom 11. Mai 1989 folgendes angeordnet: "Der Vollzug von Artikel 2 der [angefochtenen] Entscheidung..., soweit diese Bestimmung die Antragstellerinnen verpflichtet, unverzueglich die von der Kommission festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen, indem sie sich gegenseitig und Dritten auf Anfrage und auf einer nichtdiskriminierenden Basis ihre jeweiligen vorausschauenden wöchentlichen Programmlisten zur Verfügung stellen und die Veröffentlichung durch diese gestatten, wird ausgesetzt." Im übrigen ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen worden (verbundene Rechtssachen 76/89, 77/89 und 91/89 R, Slg. 1989, 1141, Randnr. 20).

Im Rahmen der vorliegenden Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung hat der Gerichtshof durch Beschluß vom 6. Juli 1989 die Firma Magill als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen. Das schriftliche Verfahren hat teilweise vor dem Gerichtshof stattgefunden, der die vorliegende Rechtssache durch Beschluß vom 15. November 1989 gemäß Artikel 14 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften an das Gericht verwiesen hat. Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters nach Ablauf des schriftlichen Verfahrens beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen.

Anträge der Parteien

14 Die Klägerinnen beantragen,

- die Entscheidung insoweit für nichtig zu erklären, als sie sie betrifft,

- hilfsweise festzustellen, daß die Kommission nach dem Gemeinschaftsrecht nicht befugt ist, sie anzuweisen, Dritten ihre wöchentlichen Programmvorschauen zur Verfügung zu stellen und die Wiedergabe dieser Vorschauen unter von der Kommission genehmigten Bedingungen oder aufgrund anderer Bedingungen einschließlich der Erteilung von Lizenzen zu gestatten,

- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Die Kommission als Beklagte beantragt,

- die Klage abzuweisen,

- den Klägerinnen die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung insgesamt

15 Zur Begründung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der Entscheidung berufen sich die Klägerinnen auf Verletzung des Artikels 86 EWG-Vertrag und unzureichende Begründung der Entscheidung, soweit darin eine Zuwiderhandlung gegen diesen Artikel festgestellt wird.

- Verletzung des Artikels 86 EWG-Vertrag und unzureichende Begründung

- Vorbringen der Beteiligten

16 Was das Vorliegen einer beherrschenden Stellung als Voraussetzung für die Anwendung des Artikels 86 angeht, wenden sich die Klägerinnen gegen die in der Entscheidung enthaltene Umschreibung des relevanten Marktes. Sie vertreten im Gegensatz zur Kommission den Standpunkt, die bei der Prüfung ihrer Stellung auf dem Markt gemäß Artikel 86 zu berücksichtigenden Erzeugnisse seien nicht ihre wöchentlichen Programmvorschauen und die Fernsehprogrammführer, in denen diese veröffentlicht würden, sondern die Hörfunk- und Fernsehdienstleistungen. Zu ihrer Aufgabe als öffentliche Sendeanstalt gehöre nicht nur die Zusammenstellung von Programmvorschauen als Teil der Programmplanung, sondern auch die möglichst breit gestreute Information über ihre Programme. Die Veröffentlichung der Radio Times habe somit die Anforderungen, die ihre Aufgabe als öffentliche Anstalt mit sich bringe, insoweit erfuellt, als diese ihre Programme in allen Einzelheiten wiedergegeben habe, sich in den Dienst von Regionalinteressen und Minderheiten gestellt habe und zu einem angemessenen Preis auf dem Markt erhältlich gewesen sei.

Die Klägerinnen behaupten, sie nähmen keine beherrschende Stellung auf dem Markt der Hörfunk- und Fernsehdienstleistungen ein. Die bedeutendste Sendeanstalt in Irland sei RTE, der Empfang der Sendungen der BBC sei dort vom Zufall abhängig. In Nordirland seien sie einem lebhaften Wettbewerb durch private Fernsehveranstalter ausgesetzt.

17 Die Klägerinnen machen jedoch weiterhin hilfsweise geltend, wenn die Veranstaltung von Sendungen entgegen ihrem Vorbringen nicht als der relevante Markt angesehen würde, so müsse dieser Markt als der Markt der Information über Fernsehprogramme allgemein definiert werden. Verschiedene Quellen der Information über Fernsehprogramme wie Tages- und Wochenzeitungen, Trailer, Teletextdienste sowie die vorherige Kenntnis der Sendezeiten könnten an die Stelle von Fernsehprogrammführern treten, was sich insbesondere daran ablesen lasse, daß relativ wenige Personen in Irland die Radio Times kauften. Fernsehzeitschriften bildeten somit keinen getrennten Markt neben demjenigen der Information über die Programme im allgemeinen.

In diesem Zusammenhang führen die Klägerinnen aus, sie hätten keine beherrschende Stellung auf dem Markt der Information über Fernsehprogramme im allgemeinen inne, da nur ein kleiner Prozentsatz der Fernsehzuschauer wöchentliche Programmführer wie die Radio Times kaufe. Für die meisten Zuschauer seien die unter anderem in den Tages- und Wochenzeitungen veröffentlichten Programminformationen weitgehend geeignet, die wöchentlichen Fernsehprogrammführer zu ersetzen.

Im Anschluß an diese Darlegung ihres Standpunkts wenden sich die Klägerinnen gegen das Vorbringen der Kommission, daß ihre Programmvorschauen einen Markt darstellten. Sie weisen zunächst darauf hin, daß ihr tatsächliches oder rechtliches Monopol an ihren eigenen Programmvorschauen, das lediglich die Konsequenz ihres Urheberrechts und der Ausübung dieses Rechts durch seinen Inhaber sei, als solches nicht zu einer beherrschenden Stellung im Sinne des Artikels 86 führe. Sie verweisen dazu auf das Urteil des Gerichtshofes vom 8. Juni 1971 in der Rechtssache 78/70 (Deutsche Grammophon/Metro, Slg. 1971, 487, Randnr. 16). Nach dieser ersten Bemerkung stellen die Klägerinnen insbesondere fest, daß umfassende wöchentliche Fernsehprogrammführer auf dem relevanten räumlichen Markt niemals existiert hätten. Somit befinde sich, was ihre wöchentlichen Programmvorschauen angehe, kein Dritter faktisch in einer wirtschaftlich abhängigen Stellung, wie sie für das Vorliegen einer beherrschenden Stellung kennzeichnend sei. Die Klägerinnen leiten daraus her, daß das blosse Vorhandensein von "potentiellen Verlegern" auf einem Markt für umfassende wöchentliche Fernsehzeitschriften, das sie als ganz hypothetisch ansehen, keine ausreichende Grundlage für die Feststellung sei, daß eine beherrschende Stellung im Sinne des Artikels 86 vorliege.

18 Die Klägerinnen wenden sich weiterhin gegen die Prüfung, aufgrund deren die Kommission zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Politik der Klägerinnen hinsichtlich der Information über ihre Programme einen Mißbrauch im Sinne des Artikels 86 darstelle. Sie machen in erster Linie geltend, sie hätten dadurch, daß sie sich das ausschließliche Recht der Wiedergabe und des ersten Inverkehrbringens ihrer Programmvorschauen vorbehalten hätten, nicht mehr getan, als den spezifischen Gegenstand ihres Urheberrechts zu schützen, was keinesfalls einen Mißbrauch im Sinne des Artikels 86 darstellen könne. Hilfsweise führen sie aus, selbst wenn die umstrittenen Handlungen geeignet wären, einen Mißbrauch darzustellen, sei nicht bewiesen, daß sie im vorliegenden Fall als solcher angesehen werden könnten. Die Ausführungen der Klägerinnen dazu gliedern sich in vier Teile.

19 Erstens berufen sich die Klägerinnen auf ihr Urheberrecht an ihren eigenen Programmvorschauen in Irland und in Nordirland. Sie bemerken unter Bezugnahme auf die Urteile des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 238/87 (Volvo, Slg. 1988, 6211) und vom 14. September 1982 in der Rechtssache 144/81 (Keurkoop, Slg. 1982, 2853), daß es beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts mangels einer Rechtsvereinheitlichung oder -angleichung innerhalb der Gemeinschaft Sache des nationalen Gesetzgebers sei, die Voraussetzungen und die Modalitäten des Schutzes des Urheberrechts festzulegen und insbesondere zu regeln, welche Erzeugnisse schutzfähig seien. Die Klägerinnen führen aus, daß die Programmvorschauen, so wie die Kommission sie in Randnr. 7 der Entscheidung umschrieben habe, in den beiden betroffenen Gebieten urheberrechtlich geschützt seien. Sie verweisen insofern auf das Urteil des englischen High Court of Justice in der Rechtssache BBC und ITP/Time Out Limited (1984, FSR 64) und das oben zitierte Urteil des irischen High Court in der Rechtssache RTE, BBC und ITP/Magill. Sie heben hervor, daß das Urheberrecht nach britischem und nach irischem Recht seinem Inhaber insbesondere das Recht verleihe, sich der Vervielfältigung und der Veröffentlichung des Werkes zu widersetzen.

20 Zweitens tragen die Klägerinnen vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes könne ein Verhalten, durch das ein Unternehmen nach nationalem Recht den spezifischen Gegenstand eines Immaterialgüterrechts schützen wolle, als solches keine "mißbräuchliche Ausnutzung" im Sinne des Artikel 86 darstellen. Sie verweisen namentlich auf das Urteil in der Rechtssache Volvo (a. a. O., Randnr. 8) und führen unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes vom 6. Oktober 1982 und die Schlussanträge des Generalanwalts Reischl in der Rechtssache 262/81 (Coditel, Slg. 1982, 3381) aus, daß der Vertrag den spezifischen Gegenstand von Immaterialgüterrechten, die durch die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten verliehen würden, nicht berühre. Der spezifische Gegenstand des Urheberrechts, um den es im vorliegenden Verfahren gehe, umfasse notwendigerweise das ausschließliche Recht, das geschützte Werk zu vervielfältigen und zu veröffentlichen sowie die entsprechenden Rechtschutzmöglichkeiten zu nutzen (Urteil des Gerichtshofes vom 17. Mai 1988 in der Rechtssache 158/86, Warner Brothers, Slg. 1988, 2605, Randnr. 13).

21 Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen stellen die Klägerinnen drittens fest, sie hätten durch ihre Weigerung, die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten, und durch ihr gerichtliches Vorgehen gegen Magill lediglich den spezifischen Gegenstand ihres Urheberrechts an ihren eigenen Programmvorschauen geschützt. Die Auffassung der Kommission, die vorgenannten Praktiken würden nicht "vom spezifischen Schutzgegenstand" des Urheberrechts erfasst, sei deshalb offensichtlich unrichtig.

22 Ausserdem habe die Kommission ihre Verpflichtung, ihre Entscheidung zu begründen, verletzt und dadurch gegen Artikel 190 EWG-Vertrag in der Auslegung des Gerichtshofes in seinem Urteil vom 26. November 1975 in der Rechtssache 73/74 (Papiers Peints/Kommission, Slg. 1975, 1491) verstossen. Die Klägerinnen werfen der Kommission vor, sie habe in der Entscheidung nicht erklärt, was sie unter dem "spezifischen Schutzgegenstand" des Urheberrechts verstehe, und auch nicht angegeben, aus welchen Gründen sie - nach Auffassung der Klägerinnen entgegen der ständigen Rechtsprechung, die im Urteil in der Rechtssache Volvo bestätigt worden sei - die Auffassung vertreten habe, daß das streitige Verhalten nicht vom spezifischen Schutzgegenstand des Urheberrechts erfasst werde. Die Entscheidung enthalte insbesondere keinen Hinweis auf aussergewöhnliche Umstände von der in Randnr. 9 des Volvo-Urteils (s. u. Randnr. 33) genannten Art, die gegebenenfalls die Feststellung ermöglichen würden, daß die Nutzung eines Immaterialgüterrechts durch seinen Inhaber mißbräuchlich sei. Die mangelnde Angabe stichhaltiger Gründe sei insbesondere deshalb rechtswidrig, weil die Kommission in dieser Entscheidung erstmals das ausschließliche Recht der Vervielfältigung und des ersten Inverkehrbringens eines urheberrechtlich geschützten Werkes in Frage gestellt habe.

23 Viertens und abschließend machen die Klägerinnen hilfsweise geltend, selbst wenn die streitigen Handlungen entgegen ihrem Vorbringen als mißbräuchliche Ausnutzung ihrer beherrschenden Stellung anzusehen wären, habe die Kommission das Vorliegen eines solchen Mißbrauchs nicht dargetan. Sie habe nicht bewiesen, daß das Fehlen umfassender wöchentlicher Fernsehprogrammführer infolge der Lizenzpolitik der Klägerinnen im Sinne von Artikel 86 Absatz 2 Buchstabe b die Verbraucher insgesamt schädige. Die blosse Weigerung des Inhabers eines Urheberrechts, an der Entwicklung eines neuen Erzeugnisses, im vorliegenden Fall eines umfassenden Fernsehprogrammführers, mitzuwirken, könne nicht allein deshalb einen Mißbrauch darstellen, weil die Kommission der Auffassung sei, daß damit eine besondere Nachfrage befriedigt würde. Dazu tragen die Klägerinnen unter Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes vom 29. Juni 1978 in der Rechtssache 77/77 (BP/Kommission, Slg. 1978, 1513) vor, mangels einer nachgewiesenen Schädigung der Verbraucher sei die Kommission nicht berechtigt, gegen die von ihnen rechtmässig verfolgte Politik ihren eigenen Standpunkt durchzusetzen.

24 Zu der für die Anwendung des Artikels 86 erforderlichen Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten führen die Klägerinnen lediglich aus, der High Court habe in seinem Urteil vom 26. Juli 1989 festgestellt, die Firma Magill habe nicht bewiesen, daß die Politik der Klägerinnen hinsichtlich der Information über ihre Programme bedeutende oder spürbare Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten gehabt habe.

25 Die Kommission wendet sich gegen das gesamte Vorbringen der Klägerinnen zur angeblichen Verletzung des Artikels 86 und zur unzureichenden Begründung.

26 Um das Vorliegen einer beherrschenden Stellung darzutun, wiederholt die Kommission die Argumente, mit denen sie die Entscheidung begründet hat. Sie trägt im wesentlichen vor, daß jede der Klägerinnen eine beherrschende Stellung auf zwei engen Märkten innehabe. Der erste Markt betreffe ihre eigenen Programmvorschauen für die darauffolgende Woche, für den sie ein Monopol innehabe. Der zweite sei der Markt der wöchentlichen Fernsehzeitschriften, der einen vom allgemeinen Markt der täglichen und wöchentlichen Veröffentlichungen getrennten Teilmarkt darstelle, denn er allein biete ein Erzeugnis - hier: vollständige Informationen über die wöchentlichen Programme der Klägerinnen - an, nach dem eine besondere Nachfrage der Fernsehzuschauer bestehe. Im entscheidungserheblichen Zeitraum seien Irland und das Vereinigte Königreich die einzigen Mitgliedstaaten gewesen, in denen es keinen umfassenden wöchentlichen Fernsehprogrammführer gegeben habe, der mit der Radio Times hätte konkurrieren können; diese habe somit eine Monopolstellung eingenommen.

27 Um die Mißbräuchlichkeit des beanstandeten Verhaltens darzutun, legt die Kommission ihrer Argumentation die - in der mündlichen Verhandlung von ihr ausdrücklich akzeptierte - Prämisse zugrunde, daß die Programmvorschauen nach dem innerstaatlichen Recht Urheberrechtsschutz genießen. Sie führt erstens aus, selbst unter diesen Umständen fielen die Politik und die Verhaltensweisen der Klägerinnen, die Gegenstand des Rechtsstreits seien, nicht unter den Schutz des Urheberrechts, wie dieses im Gemeinschaftsrecht anerkannt sei.

28 In diesem Zusammenhang weist die Kommission zunächst allgemein darauf hin, daß ein nationales Recht, das ein Urheberrecht an Programmvorschauen anerkenne, nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Nach ständiger Rechtsprechung unterliege die Fernsehindustrie dem Gemeinschaftsrecht (siehe insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 262/81, Coditel, a. a. O.). Nationale Rechtsvorschriften, die ein Urheberrecht an Programmvorschauen vorsähen, ermöglichten es den Sendeanstalten, ein rechtmässiges gesetzliches Monopol für die Ausstrahlung von Hörfunk- und Fernsehsendungen auf einer bestimmten Frequenz dazu zu benutzen, ein rechtswidriges Monopol auf dem damit zusammenhängenden nachgelagerten Markt der Veröffentlichung dieser Wochenprogramme aufrechtzuerhalten und auf diese Weise das Auftreten eines neuartigen Konkurrenzprodukts in Form eines umfassenden Fernsehprogrammführers zu verhindern. Ausserdem bilde der urheberrechtliche Schutz der Programmvorschauen ein Hindernis für die Verwirklichung des auf Artikel 59 EWG-Vertrag gegründeten einheitlichen Marktes der Hörfunk- und Fernsehdienstleistungen. Wenn es keinen einheitlichen Markt der Information über die Programme gebe, sei nämlich das Recht der Verbraucher auf ein "Fernsehen ohne Grenzen" beeinträchtigt, denn die Fernsehzuschauer, die wenig Neigung hätten, eine Vielzahl von Zeitschriften zu kaufen, die jeweils nur die Programme eines einzigen Senders enthielten, seien auch weniger geneigt, Sendungen - insbesondere in einer fremden Sprache - anzusehen, über die sie nur wenige Informationen besässen.

29 Um den in der vorstehenden Randnummer genannten Konflikt zwischen dem Urheberrecht und den Vorschriften - unter anderem - über den freien Wettbewerb zu lösen, müsse nach ständiger Rechtsprechung in jedem Einzelfall der "spezifische Gegenstand" des Immaterialgüterrechts ermittelt werden, der allein einen besonderen Schutz in der Gemeinschaftsrechtsordnung verdiene und deshalb Einschränkungen der Gemeinschaftsvorschriften rechtfertige. Zu diesem Zweck stellt die Kommission zunächst Überlegungen zur Rechtmässigkeit und zu den unausgesprochenen Gründen der - ihrer Meinung nach ungewöhnlichen - Aufrechterhaltung eines Urheberrechts an den Programmvorschauen an. Im vorliegenden Fall müsse der "Wert" oder die "Fundiertheit" des Urheberrechts an den Wochenprogrammen mit Blick auf die diesem Recht normalerweise zugeschriebenen Zwecke untersucht werden. Dabei seien unter anderem die Natur des geschützten Gutes unter seinen technischen, kulturellen oder innovativen Aspekten sowie die Zwecke und die Rechtfertigung des Urheberrechts an den Programmvorschauen nach nationalem Recht zu berücksichtigen (siehe insbesondere die Urteile des Gerichtshofes vom 8. Juni 1982 in der Rechtssache 258/78, Nungesser/Kommission, Slg. 1982, 2015, vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 262/81, Coditel, a. a. O., vom 30. Juni 1988 in der Rechtssache 35/87, Thetford, Slg. 1988, 3585, Randnrn. 17 bis 21, und vom 17. Mai 1988 in der Rechtssache 158/86, Warner Brothers, a. a. O., Randnrn. 10 bis 16).

30 Die Kommission vertritt in Anwendung dieser Kriterien die Auffassung, im vorliegenden Fall seien die Programmvorschauen selbst weder geheim noch innovativ, noch forschungsbezogen. Sie stellten vielmehr einfache tatsächliche Informationen dar und könnten folglich nicht unter das Urheberrecht fallen. Die schöpferische Anstrengung, die für ihre Aufstellung erforderlich sei, werde nämlich durch die Höhe der Einschaltquote für die Sendungen direkt belohnt. Die Beeinträchtigung des Urheberrechts an den Programmvorschauen durch die Entscheidung betreffe keinesfalls die Sendetätigkeit, die etwas anderes sei als eine verlegerische Betätigung. Die Kommission bemerkt unter Hinweis auf die Schlussanträge des Generalanwalts Mischo in der vorgenannten Rechtssache Thetford, daß die Aufrechterhaltung des Urheberrechts an den Programmvorschauen nur mit dem Bestreben erklärt werden könne, zugunsten seines Inhabers "ein Monopol zu schaffen".

31 Nachdem die Kommission, wie söben ausgeführt, dargelegt hat, daß der Schutz der Programmvorschauen durch das Urheberrecht nicht der wesentlichen Funktion dieses Rechts entspreche, hebt sie zweitens hervor, daß die Politik der Klägerinnen hinsichtlich der Information über ihre wöchentlichen Programmvorschauen mißbräuchlich sei. Diese Mißbräuchlichkeit bestehe insbesondere in der willkürlichen, das heisst ohne Rechtfertigung durch Erfordernisse der Geheimhaltung, der Forschung oder der Entwicklung oder durch andere objektiv nachprüfbare Erwägungen ausgesprochenen Weigerung, es der Firma Magill und anderen "potentiellen neuen Konkurrenten" auf dem Markt für Fernsehwochenzeitschriften zu gestatten, die betreffenden Informationen zu veröffentlichen, und dies mit dem alleinigen Ziel, das Auftreten jeglichen Konkurrenzerzeugnisses zu verhindern.

32 Dazu führt die Kommission in ihren Erklärungen aus, die Lizenzpolitik der Klägerin diskriminiere "das Auftreten eines neuen Erzeugnisses in der Form eines Führers für mehrere Sender, der in Wettbewerb zu [dem] hauseigenen Programmführer [jeder der fraglichen Anstalten] treten würde"; anders ausgedrückt diskriminiere diese Politik "die Firma Magill und andere potentielle neue Konkurrenten auf dem Markt, die umfassende wöchentliche Programmführer anbieten". Hätten die Sendeanstalten aus irgendeinem Grund beschlossen, die Informationen über die vorgesehenen Programme an niemanden weiterzugeben, so würde die Prüfung möglicherweise anders ausfallen; sie stellten sie jedoch zwei Gruppen von Wirtschaftsteilnehmern zur Verfügung, nämlich ihren hauseigenen Zeitschriften und Tageszeitungen, die diesen Zeitschriften keine Konkurrenz machten. Diese Faktoren zeigten, daß die Weigerung, die Veröffentlichung durch andere Unternehmen zu gestatten, willkürlich und diskriminierend sei. Diese Willkürlichkeit werde durch den Umstand bestätigt, daß die BBC in bestimmten Mitgliedstaaten veröffentlichte umfassende Fernsehprogrammführer diskriminiere, derartige Veröffentlichungen in Belgien und in den Niederlanden jedoch nicht verhindere.

33 Darüber hinaus verweist die Kommission zur Begründung ihres Vorbringens auf die Urteile des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1988 in den Rechtssachen 238/87 (Volvo, a. a. O., Randnr. 9) und 53/87 (Renault, Slg. 1988, 6039, Randnr. 16). Sie zitiert insbesondere Randnr. 9 des Urteils Volvo, wo es heisst, daß "die Ausübung des ausschließlichen Rechts durch den Inhaber eines Musters für Kraftfahrzeugkarosserieteile gemäß Artikel 86 verboten sein kann, wenn sie bei einem Unternehmen, das eine beherrschende Stellung einnimmt, zu bestimmten mißbräuchlichen Verhaltensweisen führt, etwa der willkürlichen Weigerung, unabhängige Reparaturwerkstätten mit Ersatzteilen zu beliefern, der Festsetzung unangemessener Ersatzteilpreise oder der Entscheidung, für ein bestimmtes Modell keine Ersatzteile mehr herzustellen, obwohl noch viele Fahrzeuge dieses Modells verkehren, sofern diese Verhaltensweisen geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen". Nach Auffassung der Kommission entspricht das den Klägerinnen vorgeworfene Verhalten der vom Gerichtshof in den vorgenannten Urteilen erwähnten willkürlichen Weigerung des Inhabers eines Musters, unabhängige Reparaturwerkstätten, die für die Fortführung ihrer Tätigkeit von einer solchen Belieferung abhängig sind, mit Ersatzteilen zu beliefern. Die Klägerinnen hätten nämlich durch die Weigerung, unter anderem der Firma Magill die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten, deren Tätigkeit der Herausgabe von umfassenden Fernsehzeitschriften behindert.

Die Kommission ist in diesem Zusammenhang weiterhin der Auffassung, daß das den Klägerinnen vorgeworfene Verhalten sich von dem unterscheide, das der Gerichtshof im Urteil Volvo für rechtmässig gehalten habe. Danach stelle es für sich genommen keinen Mißbrauch dar, wenn sich ein Kraftfahrzeughersteller, der Inhaber eines Geschmacksmusterrechts sei, die Herstellung aller Ersatzteile für seine Fahrzeuge vorbehalte (Randnr. 11 des Urteils). Die Kommission hebt hervor, daß in jenem Fall der Ersatzteilmarkt zum Haupttätigkeitsbereich der Firma Volvo gehört habe. Die Klägerinnen dagegen hätten eine beherrschende Stellung auf einem Markt (dem Markt der Information über ihre Programme), der Teil ihres Haupttätigkeitsbereichs, der Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen, sei, dazu ausgenutzt, Vorteile auf dem Markt des Verlagswesens zu erlangen, das einen nachgelagerten gesonderten Wirtschaftssektor darstelle. Darüber hinaus bilde der Schaden, den die Verbraucher erlitten, die trotz starker Nachfrage nicht über ein neues Erzeugnis, nämlich eine umfassende Fernsehzeitschrift, verfügen könnten, einen erschwerenden Umstand, der die Politik der Klägerinnen hinsichtlich der Information über ihre wöchentlichen Programmvorschauen mißbräuchlich mache. In der Rechtssache Volvo dagegen hätten die Verbraucher sich die Ersatzteile beschaffen können, und es sei ein Wettbewerb möglich gewesen zwischen den unabhängigen Reparaturwerkstätten oder sogar zwischen den verschiedenen Herstellern selbst, da die Kunden sich für andere Marken hätten entscheiden können, wenn die Ersatzteile zu teuer oder auf dem Markt zu schwer erhältlich geworden seien.

34 Die Kommission wendet sich weiterhin gegen das Vorbringen der Klägerinnen zu ihren Verpflichtungen als Erbringer öffentlicher Dienstleistungen und trägt vor, es sei Sache der Klägerinnen, Inhalt und Aufmachung der Radio Times anzupassen, wenn sie dies für zweckmässig hielten.

35 Die Kommission bemerkt ferner, daß ihre Analyse bezueglich der mißbräuchlichen Ausnutzung des Urheberrechts auch für andere Situationen als die des vorliegenden Falles Gültigkeit besitze, zum Beispiel für den Bereich der EDV-Software.

36 Um darzutun, daß das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, trägt die Kommission vor, die Auswirkung auf den Handel zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich sei - unter anderem - am potentiellen Umfang des Handels mit umfassenden Programmführern zu messen. Das Vorliegen eines potentiellen Handels mit Fernsehprogrammführern zwischen Irland und Nordirland werde durch die Feststellungen eines Sachverständigen der BBC bei der mündlichen Anhörung der Klägerinnen bestätigt. Dieser Sachverständige habe erklärt, daß der Widerstand der Klägerinnen gegen die Veröffentlichung von Programmführern für mehrere Sender auf der Befürchtung beruhe, daß derartige Programmführer, wenn sie in englischer Sprache erscheinen und unter anderem Informationen über die Programme der BBC enthalten würden, in das Vereinigte Königreich eingeführt werden könnten.

37 Die Streithelferin Magill trägt vor, der High Court habe nun festgestellt, daß nach irischem Recht ein Urheberrecht an den Programmvorschauen bestehe und daß sie dieses verletzt habe. Folglich hänge der Ausgang des Rechtsstreits zwischen ihr und den Klägerinnen, der ITP und RTE vor dem irischen Gericht davon ab, in welchem Sinn der Gemeinschaftsrichter die Frage der Vereinbarkeit der in der Entscheidung der Kommission gerügten Verhaltensweisen mit dem Gemeinschaftsrecht beantworte. Infolge der einstweiligen Anordnungen von 1986 sowie wegen der Kosten der Verfahren vor dem nationalen Gericht habe sie ihre Geschäftstätigkeit aufgeben müssen und sei als Konkurrentin von BBC, ITP und RTE vom Markt verdrängt worden.

38 Im übrigen unterstützt die Firma Magill alle Erklärungen der Kommission. Sie wendet sich gegen die Auslegung der Klägerinnen, die Entscheidung schreibe die Erteilung von Zwangslizenzen vor. Sie hebt die Bedeutung der Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts hervor und führt aus, wenn keinem Dritten eine Lizenz erteilt worden wäre, könnten die Klägerinnen wirklich behaupten, daß sie nichts anderes täten, als das ihnen zustehende ausschließliche Recht zu ihrem Vorteil zu nutzen. Sobald die Klägerinnen aber Lizenzen für die Wiedergabe der Informationen über ihre täglichen Programme erteilten, dürften sie ihr Urheberrecht nicht dazu benutzen, die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen durch Dritte zu verhindern.

39 Die Firma Magill meint weiterhin, das beanstandete Verhalten sei gerade deshalb mißbräuchlich im Sinne von Artikel 86, weil es von den drei nationalen Fernsehanstalten gemeinschaftlich in gleicher Weise ausgedacht worden sei, um allen konkurrierenden Medien im gesamten Gebiet zweier Mitgliedstaaten ohne objektive Rechtfertigung ein gemeinsames System aufzuzwingen und auf diese Weise einen Marktanteil zu schützen, den sie sich für ihre eigenen drei Veröffentlichungen angeeignet hätten. Die Firma Magill vertritt die Auffassung, daß dieses gemeinsame System auf einer stillschweigenden Vereinbarung beruhe.

40 Die Klägerinnen entgegnen, die Kommission mache vor dem Gericht neue Tatsachen und Argumente geltend, die weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der Entscheidung enthalten seien. Sie verletze damit den Anspruch auf rechtliches Gehör sowohl im Verwaltungsverfahren als auch vor dem Gericht (Urteile des Gerichtshofes vom 4. Juli 1963 in der Rechtssache 24/62, Deutschland/Kommission, Slg. 1963, 143, und vom 15. März 1967 in den verbundenen Rechtssachen 8/66 bis 11/66, Cimenteries CBR/Kommission, Slg. 1967, 100).

Insbesondere sei das Vorbringen der Beklagten, mit dem diese die Vereinbarkeit der ein Urheberrecht für Programmvorschauen vorsehenden nationalen Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht in Frage stelle, im Stadium des Gerichtsverfahrens unzulässig, da es neu sei. In diesem Zusammenhang vertreten die Klägerinnen die Auffassung, das Argument, das Urheberrecht an den Programmvorschauen stelle ein "Urheberrecht an Tatsachen und Ideen" dar, sei unzulässig. Dasselbe gelte für das Vorbringen der Kommission über den willkürlichen und diskriminierenden Charakter des beanstandeten Verhaltens; dieses Vorbringen sei ebenfalls weder in der Mitteilung der Beschwerdepunkte noch in der Entscheidung enthalten. Unter diesem letzten Gesichtspunkt führt die Klägerin aus, daß die in Randnr. 23 der Entscheidung dargelegten Gründe - unterstellt, sie wären stichhaltig - nicht hinfällig würden, wenn sie niemals Dritten eine Lizenz gewährt hätten. Dies zeige, daß die Entscheidung nicht auf die Feststellung einer Diskriminierung gegründet sei. Daraus folge, daß die Entscheidung nicht mit dem Vorliegen einer Diskriminierung begründet werden könne, da diese nicht die Grundlage bilde. Ausserdem wenden sich die Klägerinnen gegen die Zulässigkeit der nur von der Firma Magill aufgestellten Behauptung, es liege eine stillschweigende Vereinbarung zwischen den Klägerinnen, ITP und RTE vor. Mit diesem Vorbringen werde eine Verletzung des Artikels 85 Absatz 1 EWG-Vertrag geltend gemacht; es sei somit unzulässig.

41 Zur Sache führen die Klägerinnen aus, hinsichtlich der angeblichen Mißbräuchlichkeit ihrer Lizenzpolitik setze sich die Kommission nicht mit der Tatsache auseinander, daß die Weigerung, die Wiedergabe der Programmvorschauen zu gestatten, schwerlich als Mißbrauch angesehen werden könne, weil dies für den Rechtsinhaber den Verlust der Substanz seines ausschließlichen Rechts bedeuten würde. Die Natur und der relative Wert des urheberrechtlich geschützten Gutes seien für die Beurteilung des Umfangs dieses Rechts unerheblich. Der wesentliche Gegenstand und die Rechtfertigung des Urheberrechts seien nämlich dieselben, ob die geschützten Erzeugnisse nun innovativ seien, unter das "Betriebsgeheimnis" fielen oder sich auf eine Forschungstätigkeit bezögen oder aber ob nichts von alledem der Fall sei. So mache das Urheberrecht Irlands und des Vereinigten Königreichs keinen Unterschied zwischen - wie die Kommission es ausdrücke - "banalen" und anderen Werken; diese Unterscheidung sei im übrigen eine Frage der rein subjektiven Bewertung. Desgleichen bedeute der Umstand, daß die Klägerinnen es vielen Dritten kostenlos gestatteten, urheberrechtlich geschützte Informationen täglich abzudrucken, nicht nur nicht, daß diese Informationen einen geringen Wert hätten oder kein "wertvolles" Gut darstellten, sondern er sei auch unerheblich für die Beurteilung des Umfangs des urheberrechtlichen Schutzes dieser Informationen.

42 Weiterhin weisen die Klägerinnen das Vorbringen der Kommission zurück, sie betrieben eine "diskriminierende Lizenzpolitik", indem sie die Lizenz für die Veröffentlichung der geschützten Angaben bestimmten Gruppen von Dritten vorbehielten und von der Lizenzgewährung diejenigen ausschlössen, die eine umfassende wöchentliche Fernsehzeitschrift herausgeben wollten. Sie führen aus, das Wesen einer Diskriminierung bestehe darin, daß objektiv gleiche Sachverhalte ungleich behandelt würden, und machen geltend, daß ihre Politik nicht diskriminierend sei, da sie ja bereit seien, jeder Zeitung oder Zeitschrift unter den bisher angewandten Bedingungen Lizenzen zu erteilen. Desgleichen wenden sie sich gegen das Vorbringen der Streithelferin, das beanstandete Verhalten gehe über den spezifischen Gegenstand des Urheberrechts hinaus, weil sie zunächst ihre Programmvorschauen Dritten zur Verfügung gestellt, dann aber deren Recht, sie zu veröffentlichen, einschränkenden Bedingungen unterworfen hätten. Sie tragen dazu vor, wenn der Inhaber eines Urheberrechts eine liberale Politik verfolge und, wenngleich unter bestimmten Bedingungen, Lizenzen erteile, übernehme er dadurch keine Verpflichtung zur Erteilung von Lizenzen ohne Einschränkungen.

43 Die Klägerinnen wenden sich auch gegen den Vorwurf der Willkürlichkeit. Sie weisen darauf hin, daß der wesentliche Gegenstand des Urheberrechts das Recht sei, Dritte daran zu hindern, das geschützte Werk ohne die Zustimmung des Inhabers des Urheberrechts zu vervielfältigen, ohne daß dafür ein "objektiv nachprüfbarer Grund" bestehen müsse. Sie machen jedoch geltend, daß ihre Politik objektiv gerechtfertigt sei. Eine Kombination der auf dem Markt erhältlichen verschiedenen Quellen der Information über die Programme und die Veröffentlichung der Radio Times als Teil der Aufgabe der BBC als öffentliche Sendeanstalt (siehe oben Randnr. 16) sei die beste Art und Weise, den Bedürfnissen und den Anforderungen des Publikums gerecht zu werden. Die Klägerinnen bemerken in diesem Zusammenhang, daß die Fortsetzung der Veröffentlichung der Radio Times in ihrer gegenwärtigen Form als ein auf die BBC-Programme spezialisierter Programmführer wahrscheinlich nicht mehr rentabel wäre, wenn umfassende wöchentliche Programmführer in Irland und im Vereinigten Königreich veröffentlicht würden.

44 Im Gegensatz zu den Klägerinnen ist die Kommission der Auffassung, die rechtlichen und tatsächlichen Argumente, die sie im vorliegenden Verfahren vorbringe, gingen lediglich dahin, die der Begründung der Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen ausführlicher darzulegen, zu verdeutlichen und zu verstärken, und stimmten daher mit diesen durchaus überein. Auch wenn es anders wäre, würde dies entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen keineswegs deren Anspruch auf rechtliches Gehör vor dem Gericht oder im Verwaltungsverfahren beeinträchtigen, sondern allenfalls dazu führen, daß die Begründung der Entscheidung unzureichend oder unrichtig wäre, was hier aber nicht der Fall sei. Die Kommission weist darauf hin, daß der Gerichtshof entschieden habe, daß nicht für jeden Teil der Entscheidung eine "selbständige und erschöpfende Begründung" nötig sei, wenn "eine ausreichende Begründung... sich aus dem Zusammenhang aller zur Gesamtentscheidung herangezogenen Feststellungen ergeben [kann]" (Urteil vom 20. März 1957 in der Rechtssache 2/56, Geitling/Hohe Behörde, Slg. 1957, 11, 37). Im vorliegenden Fall seien die der Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Punkte zwar knapp, aber doch klar dargelegt worden.

45 Die Kommission trägt insbesondere vor, der Umstand, daß in der Entscheidung davon ausgegangen werde, daß die in Rede stehenden Angaben urheberrechtlich geschützt seien, sei voll und ganz damit vereinbar, daß im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werde, daß ein solches Urheberrecht für die Zusammenstellung banaler Angaben nicht bestehen sollte.

Zu der Feststellung, daß das Verhalten der Klägerinnen mißbräuchlich sei, führt die Kommission aus, die Qualifizierung dieses Verhaltens als willkürlich und diskriminierend bringe keinen neuen Gedanken zum Ausdruck, selbst wenn diese Begriffe im Verwaltungsverfahren nicht verwendet worden seien. Sie beschrieben den Mißbrauch, der darin bestehe, daß die Klägerinnen durch ihre Lizenzpolitik das Auftreten eines neuen Erzeugnisses in der Form eines Führers für mehrere Sender, der in Wettbewerb zu ihrem hauseigenen Programmführer treten würde, diskriminierten, zugleich aber die Veröffentlichung ihrer Programme in den Tageszeitungen förderten. FORTSETZUNG DER GRÜNDE UNTER DOK.NUM : 689A0070.1

46 Zur Sache hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Sorge der Klägerinnen um die Lebensfähigkeit der Radio Times für den Fall, daß diese dem Wettbewerb mit umfassenden Fernsehzeitschriften ausgesetzt wäre, habe sich inzwischen infolge des Erlasses des Broadcasting Act 1990 durch das Parlament des Vereinigten Königreichs als unbegründet erwiesen. Die durch dieses Gesetz bewirkten Änderungen hätten dazu geführt, daß BBC und ITP ihre jeweiligen Zeitschriften seit März 1991 in der Form eines Programmführers für mehrere Sender veröffentlichten, der die Fernsehzuschauer über die Programme von BBC, ITV und Channel 4 sowie über Satellitenprogramme informiere.

- Rechtliche Würdigung

47 Angesichts der vorgenannten Argumente der Beteiligten muß sich die Prüfung der Stichhaltigkeit des Klagegrundes der Verletzung des Artikels 86 und der unzureichenden Begründung durch das Gericht auf vier Punkte erstrecken. Erstens ist die Umschreibung des Marktes der relevanten Erzeugnisse zu prüfen und zweitens die Stellung der Klägerinnen auf diesem Markt zu bestimmen. Drittens muß das Gericht untersuchen, ob das beanstandete Verhalten mißbräuchlich war und ob die Entscheidung insoweit hinreichend begründet ist. Viertens muß es feststellen, welche Auswirkungen das beanstandete Verhalten auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hatte.

- Umschreibung der relevanten Erzeugnisse

48 Zur Bestimmung des Marktes der relevanten Erzeugnisse - nach der Entscheidung sind dies die wöchentlichen Programmvorschauen der Klägerinnen und die Fernsehprogrammführer, in denen diese veröffentlicht werden - stellt das Gericht fest, daß für die so umschriebenen Erzeugnisse entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen besondere Märkte bestehen, die weder mit dem Markt der Hörfunk- und Fernsehdienstleistungen noch mit dem Markt der Information über die Fernsehprogramme im allgemeinen gleichgesetzt werden können.

49 Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Rechtsstreit gehören der Markt der wöchentlichen Programmvorschauen und derjenige der Fernsehzeitschriften, in denen sie veröffentlicht werden, zu einem Wirtschaftsbereich - dem Verlagswesen -, der von dem der Veranstaltung von Hörfunk- und Fernsehsendungen völlig verschieden ist. Insoweit ist hervorzuheben, daß die Programmvorschauen nur als Information über die Programme benutzt werden können und für die Produktion von Fernsehzeitschriften unerläßlich sind. Sie können deshalb deutlich von den Programmen selbst unterschieden werden. Weiter ist die von den Klägerinnen vorgenommene Veröffentlichung ihrer eigenen Fernsehzeitschrift eine kaufmännische Tätigkeit, die von ihrer Haupttätigkeit, der Veranstaltung von Sendungen, völlig unabhängig ist. Dem steht nicht entgegen, daß die Klägerinnen sich im Rahmen ihrer Aufgabe als öffentliche Dienststelle bemühen, für die Sendungen, die sie ausstrahlen, zu werben, und zwar unter anderem dadurch, daß sie sicherstellen, daß die in der Radio Times veröffentlichten Informationen über ihre Programme bestimmten Qualitätsmaßstäben genügen und diese Programme in den sechzehn Regionalausgaben dieser Zeitschrift umfassend bekanntgemacht werden.

50 Tatsächlich stellen der Markt der wöchentlichen Programmvorschauen und derjenige der Fernsehzeitschriften, in denen sie veröffentlicht werden, Teilmärkte des allgemeinen Marktes der Information über die Fernsehprogramme dar. Auf ihnen wird ein Erzeugnis, die Information über die wöchentlichen Programme, angeboten, nach dem eine besondere Nachfrage sowohl seitens Dritter, die einen umfassenden Fernsehprogrammführer veröffentlichen und vertreiben möchten, als auch seitens der Fernsehzuschauer besteht. Den ersteren ist es unmöglich, einen solchen Führer herauszugeben, wenn sie nicht über sämtliche wöchentlichen Programmvorschauen der Sender verfügen, die auf dem relevanten räumlichen Markt empfangen werden können. Was die letzteren betrifft, so ist festzustellen, daß, wie die Kommission in der Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, die zur Zeit des Erlasses der Entscheidung auf dem Markt verfügbaren Informationen über die Programme, nämlich die in bestimmten Tages- und Sonntagszeitungen veröffentlichten vollständigen Programmvorschauen für einen Zeitraum von 24 Stunden oder von 48 Stunden am Wochenende oder am Vortag von Feiertagen sowie die Fernsehrubriken bestimmter Zeitschriften, die zusätzlich über die Höhepunkte der wöchentlichen Programme berichten, eine vorherige Information der Fernsehzuschauer über alle wöchentlichen Programme kaum ersetzen können. Denn nur wöchentliche Fernsehprogrammführer, die umfassende Programmvorschauen für die kommende Woche enthalten, gestatten es den Verbrauchern, im voraus zu entscheiden, welche Sendungen sie ansehen wollen, und gegebenenfalls ihre Freizeitaktivitäten der Woche dementsprechend zu planen.

Diese geringe Austauschbarkeit der Informationen über die wöchentlichen Programme wird insbesondere durch den Erfolg bestätigt, den die spezialisierten Fernsehzeitschriften, die es als einzige auf dem Markt der wöchentlichen Führer in Irland und im Vereinigten Königreich gab, und in der übrigen Gemeinschaft die umfassenden Fernsehprogrammführer, die in den anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt erhältlich waren, in der entscheidungserheblichen Zeit hatten. Dies zeigt deutlich, daß unabhängig davon, welche anderen Informationsquellen auf dem Markt verfügbar sind, eine besondere, ständige und regelmässige potentielle Nachfrage der - im vorliegenden Fall irischen und nordirischen - Fernsehzuschauer nach Fernsehzeitschriften besteht, die umfassende Fernsehprogrammvorschauen für die kommende Woche enthalten.

- Vorliegen einer beherrschenden Stellung

51 Zur Stellung der Klägerinnen auf dem relevanten Markt stellt das Gericht fest, daß diese aufgrund ihres Urheberrechts an ihren Programmvorschauen das ausschließliche Recht hatten, diese Vorschauen zu vervielfältigen und auf den Markt zu bringen. Dies ermöglichte es ihnen, sich in der entscheidungserheblichen Zeit das Monopol für die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen in einer auf ihre eigenen Programme spezialisierten Zeitschrift, der Radio Times, zu sichern. Daraus folgt, daß die Klägerinnen im fraglichen Zeitraum sowohl auf dem Markt ihrer wöchentlichen Programmvorschauen als auch auf dem Markt der Zeitschriften, in denen diese in Irland und Nordirland veröffentlicht wurden, offensichtlich eine beherrschende Stellung einnahmen. Dritte wie die Firma Magill, die eine umfassende Fernsehzeitschrift herausgeben wollten, befanden sich in einer Stellung wirtschaftlicher Abhängigkeit von den Klägerinnen, die auf diese Weise die Möglichkeit hatte, sich jeglichem wirksamen Wettbewerb auf dem Markt der Information über ihre wöchentlichen Programme zu widersetzen (Urteil des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, 3461, Randnr. 30).

- Vorliegen eines Mißbrauchs

52 Im Anschluß an die Feststellung, daß die Klägerinnen in der entscheidungserheblichen Zeit eine beherrschende Stellung innehatten, ist zu prüfen, ob ihre Politik hinsichtlich der Verbreitung der Informationen über ihre wöchentlichen Programme, die auf die Verwertung ihres Urheberrechts an den Programmvorschauen gegründet war, mißbräuchlich im Sinne des Artikels 86 war. Dazu ist Artikel 86 im Zusammenhang mit dem Urheberrecht an den Programmvorschauen auszulegen.

53 Mangels einer Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften oder einer Vereinheitlichung im Rahmen der Gemeinschaft ist die Festsetzung der Voraussetzungen und der Modalitäten des Urheberrechtsschutzes Sache der Mitgliedstaaten. Diese Zuständigkeitsverteilung im Bereich der Immaterialgüterrechte hat der Gerichtshof im Urteil vom 14. September 1982 in der Rechtssache 144/81 (Keurkoop, a. a. O., Randnr. 18) ausdrücklich anerkannt und namentlich in den Urteilen vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 53/87 (Renault, a. a. O., Randnr. 10) und in der Rechtssache 238/87 (Volvo, a. a. O., Randnr. 7) bekräftigt.

54 Der Zusammenhang zwischen den nationalen Rechtsvorschriften über das geistige Eigentum und den allgemeinen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ist ausdrücklich in Artikel 36 EWG-Vertrag geregelt, der die Möglichkeit vorsieht, zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums von den Vorschriften über den freien Warenverkehr abzuweichen. Diese Abweichung wird jedoch ausdrücklich unter bestimmte Vorbehalte gestellt. So wird der von den nationalen Rechtsvorschriften gewährte Schutz der Immaterialgüterrechte im Gemeinschaftsrecht nur unter den in Artikel 36 Satz 2 aufgeführten Voraussetzungen anerkannt. Danach dürfen sich aus dem Schutz des geistigen Eigentums ergebende Beschränkungen des freien Warenverkehrs "weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen". Auf diese Weise unterstreicht Artikel 36, daß die Erfordernisse des freien Warenverkehrs und die den Immaterialgüterrechten gebührende Achtung so aufeinander abgestimmt werden müssen, daß die rechtmässige Ausübung dieser Rechte, die allein im Sinne dieses Artikels gerechtfertigt ist, geschützt und jede mißbräuchliche Ausübung, die geeignet ist, den Markt künstlich abzuschotten oder die Wettbewerbsordnung in der Gemeinschaft zu beeinträchtigen, ausgeschlossen ist. Die Ausübung der durch das nationale Recht eingeräumten Immaterialgüterrechte ist daher so weit einzuschränken, wie die genannte Abstimmung es erfordert (Urteil vom 14. September 1982 in der Rechtssache 144/81, Keurkoop, a. a. O., Randnr. 24).

55 Nach der Systematik des Vertrages ist Artikel 36, wie der Gerichtshof im Urteil vom 9. Februar 1982 in der Rechtssache 270/80 (Polydor, Slg. 1982, 329, Randnr. 16) ausgeführt hat, "aus der Sicht der Ziele und der Tätigkeit der Gemeinschaft, wie sie in den Artikeln 2 und 3 EWG-Vertrag definiert sind", auszulegen. Dabei sind insbesondere die Erfordernisse zu berücksichtigen, die mit der Schaffung des in Artikel 3 Buchstabe f genannten Systems des freien Wettbewerbs innerhalb der Gemeinschaft verbunden sind und ihren Ausdruck unter anderem in den durch die Artikel 85 und 86 EWG-Vertrag aufgestellten Verboten finden.

56 Insoweit folgt aus Artikel 36, wie ihn der Gerichtshof im Lichte der mit den Artikeln 85 und 86 verfolgten Ziele sowie der Vorschriften über den freien Waren- oder den freien Dienstleistungsverkehr ausgelegt hat, daß nur diejenigen Beschränkungen des freien Wettbewerbs, Warenverkehrs oder Dienstleistungsverkehrs gemeinschaftsrechtlich zulässig sind, die sich aus dem Schutz der eigentlichen Substanz des Immaterialgüterrechts ergeben. Der Gerichtshof hat im Urteil vom 8. Juni 1971 in der Rechtssache 78/70 (Deutsche Grammophon, a. a. O., Randnr. 11) bezueglich eines dem Urheberrecht verwandten Rechts folgendes entschieden: "Artikel 36 lässt zwar Verbote oder Beschränkungen des freien Warenverkehrs zu, die zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind, erlaubt aber solche Beschränkungen der Freiheit des Handels nur, soweit sie zur Wahrung der Rechte berechtigt sind, die den spezifischen Gegenstand dieses Eigentums ausmachen" (siehe auch die Urteile vom 18. März 1980 in der Rechtssache 62/79, Coditel, Slg. 1980, 881, Randnr. 14, vom 22. Januar 1981 in der Rechtssache 58/80, Dansk Supermarked, Slg. 1981, 181, Randnr. 11, vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 262/81, Coditel, a. a. O., Randnr. 12; zu den anderen Immaterialgüterrechten als dem Urheberrecht siehe die Urteile vom 31. Oktober 1974 in der Rechtssache 16/74, Centrafarm, Slg. 1974, 1183, vom 23. Mai 1978 in der Rechtssache 102/77, Hoffmann-La Roche, Slg. 1978, 1139, Randnr. 8, vom 25. Februar 1986 in der Rechtssache 193/83, Windsurfing International/Kommission, Slg. 1986, 611, Randnr. 45, vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache 53/87, Renault, a. a. O., Randnr. 11, und in der Rechtssache 238/87, Volvo, a. a. O., Randnr. 8, sowie vom 17. Oktober 1990 in der Rechtssache C-10/89, Hag GF, Slg. 1990, I-3711, Randnr. 12).

57 Unstreitig verleiht der Schutz des spezifischen Gegenstands des Urheberrechts dessen Inhaber grundsätzlich das Recht, sich die ausschließliche Befugnis zur Vervielfältigung des geschützten Werkes vorzubehalten. Der Gerichtshof hat dies im Urteil vom 17. Mai 1988 in der Rechtssache 158/86 (Warner Brothers, a. a. O., Randnr. 13) ausdrücklich festgestellt, in dem er folgendes entschieden hat: "Die beiden grundlegenden Rechte des Urhebers, das ausschließliche Recht der Aufführung und das ausschließliche Recht der Vervielfältigung, werden von den Bestimmungen des EWG-Vertrages nicht berührt" (siehe auch Urteil vom 24. Januar 1989 in der Rechtssache 341/87, EMI Electrola, Slg. 1989, 79, Randnrn. 7 und 14).

58 Wenn auch die Ausübung des ausschließlichen Rechts der Vervielfältigung des geschützten Werkes als solche gewiß nicht mißbräuchlich ist, so gilt dies doch dann nicht, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, daß mit den Bedingungen und Modalitäten der Ausübung dieses Rechts in Wirklichkeit ein Ziel verfolgt wird, das in offensichtlichem Widerspruch zu den Zwecken des Artikels 86 steht. In einem solchen Fall entspricht nämlich die Ausübung des Urheberrechts nicht mehr der wesentlichen Funktion dieses Rechts im Sinne des Artikels 36 EWG-Vertrag, der darin besteht, den Schutz der Rechte an dem geistigen Werk und die Vergütung der schöpferischen Tätigkeit unter Beachtung der Zwecke insbesondere des Artikels 86 sicherzustellen (siehe - mit Bezug auf das Patentrecht - die Urteile des Gerichtshofes vom 14. Juli 1981 in der Rechtssache 187/80, Merck, Slg. 1981, 2063, Randnr. 10, und vom 9. Juli 1985 in der Rechtssache 19/84, Pharmon, Slg. 1985, 2281, Randnr. 26, und - mit Bezug auf das Urheberrecht - Urteil vom 17. Mai 1988 in der Rechtssache 158/86, Warner Brothers, a. a. O., Randnr. 15). In diesem Fall bewirkt der Vorrang des Gemeinschaftsrechts, insbesondere bei so grundlegenden Prinzipien wie denjenigen des freien Warenverkehrs und des freien Wettbewerbs, daß dieses einer den genannten Prinzipien zuwiderlaufenden Inanspruchnahme einer nationalen Vorschrift über das geistige Eigentum vorgeht.

59 Diese Analyse wird durch die Rechtsprechung des Gerichtshofes bestätigt, der in seinen vorgenannten Urteilen vom 5. Oktober 1988 in der Rechtssache Volvo, auf das sich die Kommission beruft, und in der Rechtssache Renault entschieden hat, daß die Ausübung eines ausschließlichen Rechts, das grundsätzlich zur Substanz des fraglichen Immaterialgüterrechts gehört, gleichwohl gemäß Artikel 86 verboten sein kann, wenn sie bei dem Unternehmen, das eine beherrschende Stellung einnimmt, zu bestimmten mißbräuchlichen Verhaltensweisen führt. Die dem Gerichtshof in diesen beiden Vorabentscheidungsverfahren gestellten Fragen betrafen die Rechtmässigkeit des Verhaltens zweier Kraftfahrzeughersteller, die sich unter Berufung auf ihr eingetragenes Geschmacksmusterrecht an den Ersatzteilen das ausschließliche Recht der Herstellung und des Vertriebs der Ersatzteile für die von ihnen hergestellten Kraftfahrzeuge vorbehielten. Als Beispiele für mißbräuchliche Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 86 hat der Gerichtshof dabei genannt: die willkürliche Weigerung, unabhängige Reparaturwerkstätten mit diesen Ersatzteilen zu beliefern, die Festsetzung unangemessener Ersatzteilpreise und die Entscheidung, für ein bestimmtes Modell keine Ersatzteile mehr herzustellen, obwohl noch viele Fahrzeuge dieses Modells verkehren (Rechtssache 238/87, Volvo, a. a. O., Randnr. 9, und Rechtssache 53/87, Renault, a. a. O., Randnr. 18).

60 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, daß die Klägerinnen dadurch, daß sie sich die ausschließliche Befugnis zur Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Fernsehprogrammvorschauen vorbehielten, verhinderten, daß ein neues Erzeugnis, nämlich eine umfassende Fernsehzeitschrift, die mit ihrer eigenen Zeitschrift, der Radio Times, in Wettbewerb hätte treten können, auf den Markt kommt. Sie übten ihr Urheberrecht an ihren Programmvorschauen, die im Rahmen ihrer Sendetätigkeit erstellt wurden, auf diese Weise aus, um sich ein Monopol auf dem abgeleiteten Markt der wöchentlichen Fernsehprogrammführer zu sichern. Insoweit erscheint bedeutsam, daß die Klägerinnen im übrigen die Veröffentlichung ihrer täglichen Programmvorschauen und die Berichterstattung über die Höhepunkte ihrer wöchentlichen Programme in der Presse Irlands und des Vereinigten Königreichs unentgeltlich gestatteten. Ausserdem genehmigten sie auch die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen in den anderen Mitgliedstaaten, ohne Lizenzgebühren zu verlangen.

Ein derartiges Verhalten - das darin besteht, daß die Klägerinnen mit dem alleinigen Ziel, ihr Monopol aufrechtzuerhalten, die Herstellung und den Vertrieb eines neuen Erzeugnisses, nach dem eine potentielle Nachfrage der Verbraucher besteht, auf dem abgeleiteten Markt der Fernsehprogrammführer verhindern und dadurch jeden Wettbewerb auf diesem Markt ausschließen - geht offensichtlich über das hinaus, was zur Verwirklichung der wesentlichen Funktion des Urheberrechts, wie sie im Gemeinschaftsrecht anerkannt ist, unerläßlich ist. Die Weigerung der Klägerinnen, Dritten die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten, war im vorliegenden Fall willkürlich, da sie weder durch die besondere Notwendigkeiten des Hörfunk- und Fernsehsektors, den das vorliegende Verfahren nicht betrifft, noch durch die besonderen Erfordernisse der Herausgabe von Fernsehzeitschriften gerechtfertigt war. Die Klägerinnen hatten somit die Möglichkeit, sich den Bedingungen eines Marktes für Fernsehzeitschriften, der dem Wettbewerb offensteht, anzupassen, um die wirtschaftliche Lebensfähigkeit ihrer Wochenzeitschrift, der Radio Times, sicherzustellen. Unter diesen Umständen können die beanstandeten Handlungen im Gemeinschaftsrecht nicht durch den aus dem Urheberrecht an den Programmvorschauen resultierenden Schutz gedeckt sein.

61 Zur Untermauerung dieser Feststellung ist noch darauf hinzuweisen, daß sich die Weigerung der Klägerinnen, Dritten die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten, entgegen ihrem Vorbringen von der in den vorgenannten Urteilen vom 5. Oktober 1988 untersuchten Weigerung der Firmen Volvo und Renault, Dritten Lizenzen für die Herstellung und den Vertrieb von Ersatzteilen zu erteilen, unterscheidet. Denn im vorliegenden Fall bezweckten und bewirkten die Klägerinnen mit der ausschließlichen Vervielfältigung ihrer Programmvorschauen durch sie selbst, jeden potentiellen Wettbewerb auf dem abgeleiteten Markt der Information über die wöchentlichen Programme ihrer Sender auszuschließen, um das Monopol aufrechtzuerhalten, das sie auf diesem Markt durch die Veröffentlichung der Radio Times innehatten. Von der Warte der dritten Unternehmen aus, die an der Veröffentlichung einer Fernsehzeitschrift interessiert waren, kam die Weigerung der Klägerinnen, auf Anfrage jedem Dritten ohne Diskriminierung die Veröffentlichung ihrer Programmvorschauen zu gestatten, wie die Kommission zu Recht bemerkt, der willkürlichen Weigerung eines Kraftfahrzeugherstellers gleich, eine unabhängige, auf dem abgeleiteten Markt der Instandhaltung und der Reparatur von Kraftfahrzeugen tätige Reparaturwerkstatt mit - im Rahmen seiner Haupttätigkeit, der Produktion von Kraftfahrzeugen, hergestellten - Ersatzteilen zu beliefern. Ausserdem stellte das den Klägerinnen vorgeworfene Verhalten ein grundlegendes Hindernis für das Auftreten einer bestimmten Art von Erzeugnissen, der umfassenden Fernsehzeitschriften, auf dem Markt dar. Es wies deshalb, insofern es unter diesem Gesichtspunkt insbesondere durch eine mangelnde Berücksichtigung der Bedürfnisse der Verbraucher gekennzeichnet war, auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem - vom Gerichtshof in den vorgenannten Urteilen ins Auge gefassten - Fall der Entscheidung eines Kraftfahrzeugherstellers auf, für bestimmte Modelle keine Ersatzteile mehr herzustellen, obwohl noch eine Nachfrage auf dem Markt besteht (Rechtssachen 238/37, Volvo, a. a. O., Randnr. 9, und 53/87, Renault, a. a. O., Randnr. 18). Aus diesem Vergleich geht somit hervor, daß die den Klägerinnen vorgeworfenen Handlungen nach den Kriterien, die in der von den Beteiligten ausgeführten Rechtsprechung entwickelt worden sind, nicht zur eigentlichen Substanz des Urheberrechts gehören.

62 Aufgrund dieser Erwägungen stellt das Gericht fest, daß das beanstandete Verhalten, obwohl die Programmvorschauen in der entscheidungserheblichen Zeit durch das Urheberrecht geschützt waren, wie es in dem für die Ausgestaltung dieses Schutzes weiterhin maßgeblichen nationalem Recht niedergelegt ist, im Rahmen der notwendigen Abstimmung der Immaterialgüterrechte und der im EWG-Vertrag verankerten grundlegenden Prinzipien des freien Warenverkehrs und des freien Wettbewerbs nicht unter diesen Schutz fallen konnte. Denn mit diesem Verhalten wurden Ziele verfolgt, die zu denen des Artikels 86 in einem offensichtlichen Widerspruch stehen.

63 In diesem Zusammenhang machen die Klägerinnen jedoch weiter geltend, daß die Entscheidung keine ausreichende Darlegung der Gründe enthalte, auf denen sie beruhe. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Die Kommission brachte in der Entscheidung deutlich zum Ausdruck, aus welchen Gründen sie zu der Auffaßsung gelangt war, daß die Klägerinnen dadurch, daß sie ihr ausschließliches Recht der Vervielfältigung der Programmvorschauen als Instrument einer den Zielen des Artikels 86 zuwiderlaufenden Politik benutzten, über das hinausgingen, was erforderlich war, um den Schutz der eigentlichen Substanz ihres Urheberrechts sicherzustellen, und einen Mißbrauch im Sinne des Artikels 86 begingen. Entgegen den Ausführungen der Klägerinnen reicht die Darlegung der Gründe in der angefochtenen Entscheidung somit aus, um die Betroffenen instand zu setzen, die hauptsächlichen rechtlichen und tatsächlichen Kriterien zu erkennen, auf die die Kommission ihre Feststellungen stützte, und um dem Gericht seine Nachprüfung zu ermöglichen. Sie erfuellt somit die Voraussetzungen der Wahrung der Verteidigungsrechte, wie sie in ständiger Rechtsprechung festgelegt worden sind. So hat der Gerichtshof namentlich in seinem Urteil vom 17. Januar 1984 in den verbundenen Rechtssachen 43/82 und 63/82 (VBVB und VBBB/Kommission, Slg. 1984, 19, Randnr. 22) folgendes entschieden: "Die Kommission hat nach Artikel 190 des Vertrages zwar die sachlichen Gesichtspunkte, von denen die Rechtmässigkeit der Entscheidung abhängt, sowie die rechtlichen Erwägungen aufzuführen, die sie zum Erlaß ihrer Entscheidung veranlasst haben; sie braucht jedoch nicht auf alle sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die im Verwaltungsverfahren behandelt worden sind" (siehe auch Urteil vom 11. Juli 1989 in der Rechtssache 246/86, Belasco u. a./Kommission, Slg. 1989, 2117, Randnrn. 55 und 56). Ferner waren die tragenden rechtlichen und tatsächlichen Argumente für die gegen die Klägerinnen in der Entscheidung erhobenen Vorwürfe in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angegeben. Das Vorbringen der Klägerinnen, das Verwaltungsverfahren sei rechtswidrig gewesen, ist somit ebenfalls zurückzuweisen (Urteil des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1983 in der Rechtssache 107/82, AEG/Kommission, Slg. 1983, 3151, Randnr. 30).

- Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten

64 Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß man bei der Auslegung und Anwendung der für die Anwendbarkeit des Artikels 86 geltenden Voraussetzung, daß das mißbräuchliche Verhalten geeignet sein muß, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, "von dem Zweck dieser Voraussetzung ausgehen [muß],... auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts von dem des innerstaatlichen Rechts abzugrenzen. Unter den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen so alle Kartelle und alle Übungen, die geeignet sind, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten in einer Weise zu gefährden, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen Marktes zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig sein kann, indem insbesondere die nationalen Märkte abgeschottet werden oder die Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt verändert wird" (Urteil des Gerichtshofes vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 22/78, Hugin/Kommission, Slg. 1979, 1869, Randnr. 17; siehe auch die Urteile vom 6. März 1974 in den verbundenen Rechtssachen 6/73 und 7/73, Commercial Solvents/Kommission, Slg. 1974, 223, Randnr. 32, vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnr. 125, und vom 14. Februar 1978 in der Rechtssache 27/76, United Brands/Kommission, Slg. 1978, 207, Randnr. 201). Für die Anwendbarkeit des Artikels 86 reicht es nämlich aus, daß das mißbräuchliche Verhalten geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Es ist somit nicht erforderlich, das Vorliegen einer gegenwärtigen und tatsächlichen Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel festzustellen (siehe unter anderem die Urteile des Gerichtshofes vom 9. November 1983 in der Rechtssache 322/81, Michelin, a. a. O., Randnr. 104, und vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-41/90, Höfner und Elser, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 32).

65 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, daß das beanstandete Verhalten die Struktur des Wettbewerbs auf dem Markt der Fernsehprogrammführer in Irland und Nordirland verändert und so die potentiellen Handelsströme zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich beeinträchtigt hat.

Die Weigerung der Klägerinnen, interessierten Dritten die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten, hatte in dem aus Irland und Nordirland bestehenden Gebiet entscheidende Auswirkungen auf die Struktur des Wettbewerbs im Bereich der Fernsehzeitschriften. Die Klägerinnen verdrängten durch ihre Lizenzpolitik, durch die sie unter anderem die Firma Magill an der Herausgabe einer umfassenden Fernsehzeitschrift hinderten, die sowohl in Irland als auch in Nordirland vertrieben werden sollte, nicht nur ein Konkurrenzunternehmen vom Markt der Fernsehprogrammführer, sondern sie schlossen auch jeden potentiellen Wettbewerb auf diesem Markt aus; dies hatte zur Folge, daß die Abschottung der beiden Märkte, von denen Irland den einen und Nordirland den anderen bildete, aufrechterhalten blieb. Unter diesen Umständen ist unbestreitbar, daß das fragliche Verhalten geeignet war, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Darüber hinaus wird die spürbare Auswirkung der beanstandeten Politik auf die potentiellen Handelsströme zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich eindeutig durch den Umstand bewiesen, daß eine spezifische Nachfrage nach einer umfassenden Fernsehzeitschrift von der Art des Magill TV Guide besteht; von einer solchen Nachfrage zeugt der Erfolg, den die auf die Programme eines einzigen Fernsehsenders spezialisierten Fernsehzeitschriften mangels eines allgemeinen Fernsehprogrammführers in der entscheidungserheblichen Zeit auf dem relevanten räumlichen Markt hatten. Insoweit ist daran zu erinnern, daß die Politik der Klägerinnen hinsichtlich der Information über die wöchentlichen Programme die Produktion und den Vertrieb umfassender Fernsehzeitschriften, die für alle Fernsehzuschauer Irlands und Nordirlands bestimmt gewesen wären, verhindert hat. Denn das relevante geographische Gebiet, in dem ein einheitlicher Markt für Fernsehdienstleistungen schon verwirklicht ist, stellt in Korrelation dazu einen einheitlichen Markt der Information über die Fernsehprogramme dar, zumal der Handel durch die gemeinsame Sprache sehr erleichtert wird.

66 Aus allen diesen Gründen sind die auf Verletzung des Artikels 86 und unzureichende Begründung der Entscheidung gestützten Klagegründe als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

67 Nach alledem ist der Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung insgesamt zurückzuweisen.

Hilfsantrag auf Nichtigerklärung des Artikels 2 der Entscheidung

68 Die Klägerinnen stützen ihren Hilfsantrag, die Entscheidung teilweise, nämlich insoweit, als Artikel 2 eine zwangsweise Lizenzvergabe vorschreibt, für nichtig zu erklären, auf die Rügen der Verletzung des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 und der Verletzung der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst von 1886, revidiert in Brüssel im Jahr 1948 und in Paris im Jahr 1971 (im folgenden: Berner Übereinkunft).

1. Verletzung des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 des Rates

- Vorbringen der Parteien

69 Die Klägerinnen wenden sich hilfsweise gegen die ihnen durch Artikel 2 der Entscheidung auferlegte Verpflichtung, Dritten die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen zu gestatten. Sie sind der Auffassung, daß die Kommission gegen Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 verstossen habe, der folgendes bestimmt: "Stellt die Kommission auf Antrag oder von Amts wegen eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 oder 86 des Vertrages fest, so kann sie die beteiligten Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen." Diese Vorschrift ermächtige die Kommission lediglich, den Unternehmen aufzugeben, die Zuwiderhandlung abzustellen. Die Kommission habe sich nicht darauf beschränkt, sie zu verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen, sondern sie habe genau festgelegt, wie dies zu geschehen habe, indem sie die Gewährung von "Zwangslizenzen für die geschützten Werke" vorgeschrieben habe. Die Klägerinnen weisen auf andere Möglichkeiten der Abstellung der Zuwiderhandlung hin: Einstellung der Veröffentlichung der Radio Times zumindest in Irland, Verkauf dieser Zeitschrift als bestehendes Unternehmen oder Versteigerung der wöchentlichen Programmvorschauen an den Meistbietenden. Allein die Beteiligten hätten festzulegen, wie das von der Kommission angeordnete Abstellen der Zuwiderhandlung zu erfolgen habe.

70 Die Kommission ist dagegen der Auffassung, daß mit Artikel 2 der Entscheidung nicht die ihr in Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 eingeräumten Befugnisse überschritten worden seien. Sie weist darauf hin, daß Artikel 2 zwei Möglichkeiten vorschlage, die Zuwiderhandlung abzustellen. Entweder könnten - was sie selbst vorziehe - die streitigen Programmvorschauen Dritten auf Anfrage und auf nichtdiskriminierender Basis zur Veröffentlichung übermittelt werden, oder es könnten Lizenzen zu Bedingungen erteilt werden, die den legitimen Anliegen der Beteiligten entsprächen. Die Entscheidung schreibe somit entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen nicht nur eine einzige Lösung vor, sondern schlage in flexibler Weise gemäß der ständigen Rechtsprechung und Praxis (siehe Urteil des Gerichtshofes vom 6. März 1974, Commercial Solvents, a. a. O.) bestimmte Verhaltensweisen vor, durch die die Zuwiderhandlung abgestellt werden solle.

- Rechtliche Würdigung

71 Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 ist im Hinblick darauf auszulegen, ob die Kommission berechtigt ist, die Klägerinnen zu verpflichten, die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen durch Dritte, gegebenenfalls aufgrund von Lizenzen, zu gestatten. Nach ständiger Rechtsprechung umfasst die der Kommission in Artikel 3 eingeräumte Befugnis, die betroffenen Unternehmen zu verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen, das Recht, diesen Unternehmen aufzugeben, bestimmte Handlungen vorzunehmen oder zu unterlassen, um die Zuwiderhandlung abzustellen. Unter diesem Blickwinkel bestimmen sich die den Unternehmen auferlegten Verpflichtungen unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls nach den Erfordernissen der Wiederherstellung der Legalität. Wie der Gerichtshof im Urteil vom 6. März 1974 in den verbundenen Rechtssachen 6/73 und 7/73 (Commercial Solvents, a. a. O., Randnr. 45) entschieden hat, muß "[d]ie Anwendung [des Artikels 3 der Verordnung Nr. 17]... der Natur der festgestellten Zuwiderhandlung angepasst sein und kann deshalb sowohl die Anordnung [der] Vornahme bestimmter Tätigkeiten oder Leistungen, die unrechtmässig unterblieben sind, beinhalten als auch das Verbot, bestimmte Tätigkeiten, Praktiken oder Zustände, die dem Vertrag widersprechen, fortzuführen oder fortdauern zu lassen. Zu diesem Zweck kann die Kommission erforderlichenfalls den beteiligten Unternehmen aufgeben, ihr Vorschläge zu machen, wie der dem Vertrag entsprechende Zustand wiederhergestellt werden kann." Ausserdem hat der Gerichtshof in einem Beschluß vom 17. Januar 1980 ausdrücklich festgestellt, daß die Kommission in der Lage sein muß, die ihr in Artikel 3 Absatz 1 verliehene Entscheidungsbefugnis "auf die wirksamste und den Umständen des Einzelfalls am ehesten angemessene Weise" auszuüben (Rechtssache 792/79 R, Camera Care/Kommission, Slg. 1980, 119, Randnr. 17).

72 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, daß die im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes festgestellten Umstände, aufgrund deren hier eine Zuwiderhandlung vorliegt, die in Artikel 2 der Entscheidung auferlegten Maßnahmen rechtfertigen. Die Anordnung, daß die Klägerinnen ITP, RTE oder Dritten auf Anfrage ihre Programmvorschauen auf nichtdiskriminierender Basis zur Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen haben, ist, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung dargetan hat, angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden Falles, wie sie das Gericht bei der Prüfung der Tatbestandsmerkmale der Zuwiderhandlung festgestellt hat, das einzige Mittel, um diese Zuwiderhandlung abzustellen. Die verschiedenen von den Klägerinnen genannten anderen Möglichkeiten - deren tatsächliche Durchführung sie anscheinend weder ins Auge fassen noch vorschlagen, von denen sie aber behaupten, daß durch sie der Mißbrauch abgestellt werden könnte, was beweise, daß die Kommission durch die Anordnung der Lizenzvergabe ihre Befugnisse überschritten habe - reichen angesichts der Struktur des Marktes für Fernsehzeitschriften nicht aus, um die oben beschriebene, einen Mißbrauch darstellende Wirkung des Ausschlusses des Wettbewerbs zu beseitigen. Unter diesen Umständen hat die Kommission nicht dadurch, daß sie den Klägerinnen aufgab, Dritten auf Anfrage die Veröffentlichung ihrer wöchentlichen Programmvorschauen auf nichtsdiskriminierender Basis zu gestatten, den Klägerinnen die Möglichkeit der Wahl zwischen den verschiedenen Maßnahmen genommen, die geeignet sind, die Zuwiderhandlung abzustellen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die den Klägerinnen auferlegte Verpflichtung, die Veröffentlichung ihrer Programme durch Dritte - gegebenenfalls gegen eine angemessene Lizenzgebühr - zu gestatten, mit der den Klägerinnen in Artikel 2 der Entscheidung zu Recht eingeräumten Möglichkeit verbunden worden ist, in die erteilten Lizenzen Bedingungen aufzunehmen, die erforderlich sind, um "eine umfassende und hochwertige Berichterstattung über alle ihre Programme einschließlich derjenigen für Minderheiten und/oder der Regionalprogramme sowie der Programme von kultureller, historischer oder erzieherischer Bedeutung sicherzustellen". Unter diesem Gesichtspunkt verpflichtete die Kommission die Klägerinnen in Artikel 2, ihr Vorschläge für solche Bedingungen zur Zustimmung zu unterbreiten. Alle den Klägerinnen in Artikel 2 der Entscheidung auferlegten Verpflichtungen sind somit im Hinblick auf ihren in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 umschriebenen Zweck, die Abstellung der Zuwiderhandlung, gerechtfertigt. Somit hat die Kommission bei der Anwendung dieser Vorschrift die Grenzen ihres Ermessens nicht überschritten.

73 Aus allen diesen Gründen ist das Vorbringen, Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung Nr. 17 sei verletzt worden, als unbegründet zurückzuweisen.

2. Verletzung der Berner Übereinkunft

- Vorbringen der Parteien

74 Die Klägerinnen machen weiter hilfsweise geltend, selbst wenn Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 es der Kommission gestatte, gegebenenfalls die Erteilung von Zwangslizenzen vorzuschreiben, so sei dies doch mit der Berner Übereinkunft unvereinbar. Da alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Parteien der Berner Übereinkunft seien, sei diese gemäß Artikel 234 EWG-Vertrag als Teil des Gemeinschaftsrechts und Ausdruck seiner wesentlichen Prinzipien anzusehen.

Nach Artikel 9 Absatz 1 der Berner Übereinkunft genössen die Urheber von Werken der Literatur und Kunst das ausschließliche Recht der Vervielfältigung der geschützten Werke. Der aufgrund der Revision durch die Pariser Fassung von 1971 eingefügte Artikel 9 Absatz 2 ermächtige die Unterzeichnerstaaten, die Vervielfältigung von Werken der Literatur und Kunst in gewissen Sonderfällen unter der Voraussetzung zu gestatten, daß eine solche Vervielfältigung weder die normale Auswertung des Werkes beeinträchtige noch die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletze.

Die Klägerinnen leiten daraus her, daß Artikel 2 der Entscheidung mit der Berner Übereinkunft unvereinbar sei, da er die normale Auswertung ihres Urheberrechts an den Programmvorschauen beeinträchtige und ihre berechtigten Interessen erheblich verletze.

75 Die Kommission vertritt dagegen die Auffassung, daß die Berner Übereinkunft auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sei. Die Gemeinschaft sei nämlich nicht Partei der Übereinkunft, und nach ständiger Rechtsprechung gehe "der EWG-Vertrag... auf den von ihm geregelten Gebieten den vor seinem Inkrafttreten zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften vor" (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Februar 1962 in der Rechtssache 10/61, Kommission/Italien, Slg. 1962, 3). Ausserdem sei die Übereinkunft ohnehin nicht anwendbar, da für Programmvorschauen kein Urheberrecht im Sinne dieser Übereinkunft bestehen könne. Hilfsweise macht die Kommission geltend, selbst wenn die Entscheidung doch urheberrechtlich geschützte Informationen betreffen sollte, zeige der Umstand, daß die Informationen kostenlos bestimmten Dritten zur Veröffentlichung zur Verfügung gestellt worden seien, daß die zwangsweise Erteilung von Lizenzen gegen eine angemessene Gebühr die berechtigten Interessen der Klägerinnen nicht beeinträchtigen und demzufolge mit der Übereinkunft in Einklang stehen würde.

- Rechtliche Würdigung

76 An erster Stelle sind denknotwendig das Problem der Anwendbarkeit der Berner Übereinkunft auf den vorliegenden Fall und das Vorbringen der Kommission zu prüfen, daß das Gemeinschaftsrecht den Bestimmungen dieser Übereinkunft vorgehe. Dazu stellt das Gericht zunächst fest, daß die Gemeinschaft - auf die beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts keine Zuständigkeit im Bereich der Immaterialgüterrechte übertragen worden ist - nicht Partei der von allen ihren Mitgliedstaaten ratifizierten Berner Übereinkunft ist. Was die von den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünfte betrifft, so regelt der EWG-Vertrag in Artikel 234 das Verhältnis zwischen den Vertragsvorschriften und den von den Mitgliedstaaten vor Inkrafttreten des Vertrages geschlossenen völkerrechtlichen Übereinkünften. Dort heisst es: "Die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor Inkrafttreten dieses Vertrages zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren dritten Ländern andererseits geschlossen wurden, werden durch diesen Vertrag nicht berührt." Der Gerichtshof hat diese Vorschrift dahin ausgelegt, daß sie sich nur auf die Verpflichtungen bezieht, die die Mitgliedstaaten gegenüber Drittstaaten eingegangen sind. Wie er in seinem Urteil vom 11. März 1986 in der Rechtssache 121/85 (Conegate, Slg. 1986, 1007, Randnr. 25) entschieden hat, ist mit Artikel 234 EWG-Vertrag bezweckt, daß die Geltung des EWG-Vertrags weder der gebotenen Achtung der Rechte, die dritten Ländern aufgrund einer früher mit einem Mitgliedstaat geschlossenen Übereinkunft zustehen, noch der Einhaltung der sich aus der Übereinkunft ergebenden Verpflichtungen durch diesen Mitgliedstaat entgegensteht; ein Mitgliedstaat kann sich also im Rahmen seiner Beziehungen zu anderen Mitgliedstaaten nicht auf vor Inkrafttreten des EWG-Vertrags geschlossene Übereinkünfte berufen, um Beschränkungen des innergemeinschaftlichen Handels zu rechtfertigen (siehe auch die Urteile vom 27. Februar 1962 in der Rechtssache 10/61, Kommission/Italien, a. a. O., hier S. 23, und vom 14. Oktober 1980 in der Rechtssache 812/79, Burgoa, Slg. 1980, 2787, Randnr. 8).

77 Im vorliegenden Fall, der Irland und das Vereinigte Königreich betrifft, ist Artikel 234 EWG-Vertrag gemäß Artikel 5 der Beitrittsakte auf die Übereinkünfte anwendbar, die vor dem Beitritt dieser beiden Staaten zur Gemeinschaft, das heisst vor dem 1. Januar 1973, geschlossen wurden. Daraus folgt, daß die Vertragsvorschriften in den innergemeinschaftlichen Beziehungen durch die Berner Übereinkunft, die von Irland und dem Vereinigten Königreich vor dem 1. Januar 1973 ratifiziert wurde, nicht berührt werden können. Die Klägerinnen können sich somit nicht zur Rechtfertigung von Einschränkungen des Systems des freien Wettbewerbs, wie es in der Gemeinschaft gemäß dem Vertrag und insbesondere seinem Artikel 86 errichtet und durchgeführt worden ist, auf die Berner Übereinkunft berufen. Das Vorbringen, Artikel 2 der Entscheidung widerspreche Artikel 9 Absatz 1 der Berner Übereinkunft, ist deshalb zurückzuweisen, ohne daß es in materiell-rechtlicher Hinsicht geprüft zu werden brauchte.

Gleiches gilt auch für Artikel 9 Absatz 2. Insoweit genügt es, festzustellen, daß dieser durch die Pariser Fassung von 1971 eingefügt wurde, deren Partei das Vereinigte Königreich seit dem 2. Januar 1990 ist und die Irland nicht ratifiziert hat. Für das Vereinigte Königreich ist die Pariser Fassung - insbesondere Artikel 9 Absatz 2 der Übereinkunft - somit nach dem Beitritt zur Gemeinschaft ratifiziert worden und kann deshalb eine Vorschrift des EWG-Vertrags nicht berühren. Die Mitgliedstaaten können nämlich die Vertragsvorschriften nicht durch den Abschluß einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder Übereinkunft ausschalten. Sie müssen sich dazu des in Artikel 236 EWG-Vertrag vorgesehenen Verfahrens bedienen. Artikel 9 Absatz 2 der Berner Übereinkunft kann somit nicht herangezogen werden, um die Zuständigkeit zu begrenzen, die der Vertrag der Gemeinschaft für die Durchführung der in ihm enthaltenen Wettbewerbsregeln, insbesondere des Artikels 86 und seiner Durchführungsvorschriften wie Artikel 3 der Verordnung Nr. 17, übertragen hat.

78 Das Vorbringen, die Berner Übereinkunft sei verletzt worden, ist deshalb auf jeden Fall als nicht stichhaltig zurückzuweisen.

79 Da die Hilfsanträge auf Nichtigerklärung des Artikels 2 der Entscheidung zurückzuweisen sind, ist demnach die Klage insgesamt abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

80 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, die nach Artikel 11 Absatz 3 des vorgenannten Beschlusses des Rates vom 24. Oktober 1988 für das Verfahren vor dem Gericht entsprechend gilt, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem gesamten Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin.

Ende der Entscheidung

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