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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: T-82/00
Rechtsgebiete: Verordnung 384/96/EWG


Vorschriften:

Verordnung 384/96/EWG Art. 3 Abs. 1
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

Die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung, bei der es sich um eine wesentliche Formvorschrift im Sinne des Artikels 230 EG handelt, muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen vermag. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Artikel 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet.

( vgl. Randnr. 24 )


Urteil des Gerichts erster Instanz (Zweite erweiterte Kammer) vom 5. April 2001. - BIC SA, Flamagas SA und Swedish Match SA gegen Rat der Europäischen Union. - Antidumpingverfahren - Taschenfeuerzeuge mit Feuerstein mit Ursprung in Japan - Verordnung zur Aufhebung eines Antidumpingzolls - Begründungspflicht - Nichtigkeitsklage. - Rechtssache T-82/00.

Parteien:

In der Rechtssache T-82/00

BIC SA mit Sitz in Clichy (Frankreich),

Flamagas SA mit Sitz in Barcelona (Spanien),

Swedish Match SA mit Sitz in Nyon (Schweiz),

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Vianello, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerinnen,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch S. Marquardt und F. P. Ruggeri Laderchi als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt G. M. Berrisch, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

eklagter,

wegen Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 174/2000 des Rates vom 24. Januar 2000 zur Aufhebung der Teile der Verordnung (EWG) Nr. 3433/91 betreffend die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von nichtnachfuellbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in Japan (ABl. L 22, S. 16)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter K. Lenaerts, A. Potocki, M. Jaeger und J. Pirrung,

Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2001,

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe:

Rechtlicher Rahmen

Grundverordnung

1 Nach der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1, im Folgenden: Grundverordnung) kann auf jede Ware, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht, ein Antidumpingzoll erhoben werden (Artikel 1 Absatz 1), wobei der Begriff Schädigung" u. a. bedeutet, dass ein Wirtschaftszweig der Gemeinschaft bedeutend geschädigt wird oder geschädigt zu werden droht (Artikel 3 Absatz 1).

2 Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, dass Dumping und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen und das Gemeinschaftsinteresse ein Eingreifen zur Abwehr erfordert, so setzt der Rat auf einen nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss von der Kommission unterbreiteten Vorschlag mit einfacher Mehrheit einen endgültigen Antidumpingzoll fest (Artikel 9 Absatz 4 der Grundverordnung).

3 Artikel 11 der Grundverordnung betrifft u. a. die Geltungsdauer und die Überprüfung von Antidumpingmaßnahmen. Er hat folgenden Wortlaut:

(1) Eine Antidumpingmaßnahme bleibt nur so lange und in dem Umfang in Kraft, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen.

(2) Eine endgültige Antidumpingmaßnahme tritt fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft, die sowohl das Dumping als auch die Schädigung betraf, außer wenn in einer Überprüfung festgestellt wird, daß das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. Eine solche Überprüfung bei Auslaufen der Maßnahme wird von der Kommission von Amts wegen oder auf einen von den Gemeinschaftsherstellern oder in deren Namen gestellten Antrag hin eingeleitet, und die Maßnahme bleibt bis zum Abschluss einer solchen Überprüfung in Kraft.

...

(5)... [Die] Überprüfungen werden ohne Verzögerungen durchgeführt und normalerweise innerhalb von zwölf Monaten nach der Einleitung der Überprüfungen abgeschlossen.

(6) Überprüfungen nach Maßgabe dieses Artikels werden von der Kommission nach Konsultationen im Beratenden Ausschuss eingeleitet. Sofern die Überprüfungen dies rechtfertigen, werden die Maßnahmen von dem für ihre Einführung zuständigen Gemeinschaftsorgan gemäß Absatz 2 aufgehoben oder aufrechterhalten..."

Die angefochtene Antidumpingmaßnahme

4 Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3433/91 vom 25. November 1991 (ABl. L 326, S. 1, im Folgenden: ursprüngliche Verordnung) führte der Rat einen endgültigen Antidumpingzoll auf die Einfuhren von nicht nachfuellbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in Japan, der Volksrepublik China, der Republik Korea und Thailand ein. Da diese Maßnahme gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung normalerweise fünf Jahre nach ihrer Einführung auslaufen sollte, nahm die Kommission auf Antrag der Klägerinnen auf Überprüfung der Einfuhren von Feuerzeugen mit Ursprung in Japan eine Überprüfung der Maßnahme vor, wobei die ursprünglichen Antidumpingzölle gemäß Artikel 11 Absatz 2 Unterabsatz 1 Satz 2 dieser Verordnung bis zum Abschluss der Überprüfung in Kraft blieben.

5 Die Untersuchung für die Überprüfung wurde am 30. November 1996 eingeleitet. Insbesondere wegen umfangreicher Beratungen im Rat dauerte sie länger als in Artikel 11 Absatz 5 der Grundverordnung vorgesehen.

6 Nach Abschluss der Überprüfung stellte die Kommission Folgendes fest:

- Die Einfuhren mit Ursprung in Japan seien auf ein sehr geringes Volumen zurückgegangen und die ursprüngliche Antidumpingmaßnahme habe somit die Auswirkungen des Dumpings tatsächlich eingeschränkt.

- Das geringe Volumen der Einfuhren aus Japan sei jedoch auch das Ergebnis einer erkennbaren Strategie des japanischen Ausfuhrkonzerns. Dieser habe nach Einführung der überprüften Antidumpingmaßnahme im Jahr 1991 die Produktion der zur Ausfuhr in die Gemeinschaft bestimmten Feuerzeuge nach Mexiko verlagert und die Einfuhren mit Ursprung in Mexiko seien von 1991 an einfach an die Stelle derjenigen aus Japan getreten.

- 1997 sei ein Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Feuerzeugen mit Ursprung in Mexiko eingeführt worden.

- Der mit diesem Antidumpingzoll belegte mexikanische Ausführer habe zum japanischen Ausfuhrkonzern gehört, der in Japan über Anlagen verfüge, die ihm hinreichende - gegenwärtig nicht ausgelastete - Produktionskapazität verleihe, um bei Auslaufen der vorliegenden, die Einfuhr japanischer Feuerzeuge betreffenden Maßnahme in großem Umfang Ausfuhren aus Japan wieder aufzunehmen. Der Konzern könnte folglich diese Waren auf dem Gemeinschaftsmarkt noch billiger anbieten als die Einfuhren aus Mexiko.

Sodann vertrat die Kommission dort die Auffassung, dass ein erneutes schädigendes Dumping wahrscheinlich sei, wenn die ursprüngliche Verordnung aufgehoben würde. Sie führte u. a. aus, es bestehe die ernste Gefahr, dass der Wirtschaftszweig der Gemeinschaft, der in den letzten Jahren erhebliche Rationalisierungen vorgenommen habe, im Fall des Auslaufens der Antidumpingmaßnahme zu Betriebsschließungen gezwungen wäre.

7 Im Rat konnte jedoch die einfache Mehrheit nicht erreicht werden, die für den Erlass einer Verordnung über die Aufrechterhaltung der Antidumpingmaßnahme aufgrund der von der Kommission im Oktober 1998 und im April 1999 vorgelegten Vorschläge erforderlich gewesen wäre. Im Hinblick darauf, dass der mit der ursprünglichen Verordnung eingeführte Antidumpingzoll Ende 1999 noch in Kraft war, da das Ergebnis der Überprüfung noch ausstand, obwohl diese doch normalerweise binnen zwölf Monaten nach ihrer Einleitung, d. h. bis zum 30. November 1996, hätte abgeschlossen sein müssen, gelangten die Kommission und der Rat demzufolge zu der Ansicht, dass diese Situation nicht hinnehmbar sei, da sie die Aufrechterhaltung der vorliegenden Antidumpingmaßnahme auf unbegrenzte Zeit bewirke.

8 Dementsprechend legte die Kommission dem Rat einen Vorschlag zur Aufhebung des mit der ursprünglichen Verordnung eingeführten Antidumpingzolls vor.

9 Auf diesen Vorschlag erließ der Rat am 24. Januar 2000 die Verordnung (EG) Nr. 174/2000 des Rates zur Aufhebung der Teile der Verordnung (EWG) Nr. 3433/91 betreffend die Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von nichtnachfuellbaren Taschenfeuerzeugen mit Feuerstein für Gas mit Ursprung in Japan (ABl. L 22, S. 16, im Folgenden: angefochtene Verordnung).

Verfahren

10 Daraufhin haben die Klägerinnen, Gemeinschaftshersteller von Taschenfeuerzeugen, die die Einleitung der oben erwähnten Überprüfung bei der Kommission beantragt hatten, mit Klageschrift, die am 5. April 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

11 Nach Einreichung der Klagebeantwortung haben die Klägerinnen innerhalb der ihnen gesetzten Frist keine Erwiderung eingereicht, so dass das schriftliche Verfahren am 13. Oktober 2000 geschlossen worden ist.

12 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

13 Die Parteien haben in der öffentlichen Sitzung vom 24. Januar 2001 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

14 Die Klägerinnen beantragen,

- die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären;

- dem Rat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

15 Der Rat beantragt,

- die Klage abzuweisen;

- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Begründetheit

16 Auf eine Frage des Gerichts haben die Klägerinnen in der Sitzung vorgetragen, ihre Klage sei auf einen einzigen Klagegrund gestützt, nämlich einen Verstoß gegen die dem Rat gemäß Artikel 253 EG obliegende Begründungspflicht. Sie haben u. a. erklärt, dass sie sich des weiten Ermessens bewusst seien, über das der Rat auf dem Gebiet der Antidumpingzölle verfüge, und sie nicht behaupteten, diesem sei ein offensichtlicher Ermessensfehler unterlaufen.

17 Daher ist dieser eine Klagegrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht zu prüfen.

Vorbringen der Parteien

18 Nach Ansicht der Klägerinnen ist die angefochtene Verordnung wegen Verstoßes gegen Artikel 253 EG für nichtig zu erklären, da sie gemessen an den in ihr enthaltenen Bestimmungen eine unzureichende, widersprüchliche und offensichtlich unlogische Begründung aufweise. Sie führen hierzu näher aus, die Begründung der angefochtenen Verordnung sei unzureichend, weil sie nicht die geringste Spur von Überlegungen aufweise, die für die Abschaffung des Antidumpingzolls auf Feuerzeuge mit Ursprung in Japan sprächen. Die Aufhebung dieses Zolles werde weder durch irgendwelche statistischen Angaben noch durch irgendeinen Beweis gerechtfertigt, nachdem die gesamte von der Kommission durchgeführte Untersuchung diese zu der gegenteiligen Feststellung veranlasst habe, dass eine schwere Gefahr für das Überleben des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft in dem betroffenen Sektor bestehe.

19 In Wirklichkeit habe der Rat durch die streitige Aufhebung des Antidumpingzolls das Ziel verfolgt, die Überprüfung rasch abzuschließen. In diesem Bestreben habe er es für besser gehalten, auf eine rechtswidrige, weil ohne Begründung ergangene Verordnung zurückzugreifen, als die Verantwortung der Gemeinschaftsorgane für die beim Erlass einer abschließenden Maßnahme entstandene Verzögerung anzuerkennen. Bei der Untersuchung seien jedenfalls Tatsachen zutage getreten, die man nicht übergehen könne, nämlich, dass die Aufhebung des fraglichen Zolles dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft einen sehr schweren Schaden zufügen würde. In der angefochtenen Verordnung gebe es jedoch keinerlei Hinweis auf die Gründe, weshalb der Rat wiederholt seine Zustimmung zu den ersten beiden Vorschlägen der Kommission verweigert habe. Demzufolge stehe der Erlass der angefochtenen Verordnung im Widerspruch zu sämtlichen Ergebnissen der von der Kommission durchgeführten Untersuchung.

20 Unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts weisen die Klägerinnen darauf hin, dass die Begründung die Überlegungen der Verwaltungsbehörde, die den angefochtenen Rechtsakt erlassen habe, so klar und unzweideutig wiedergeben müsse, dass der Betroffene die Gründe für die getroffene Maßnahme erkennen und seine Rechte wahrnehmen könne. Diese Möglichkeit sei ihnen nicht geboten worden, da sich aus dem gesamten Wortlaut der angefochtenen Verordnung keine einzige Tatsache ergebe, die für die Aufhebung der Antidumpingmaßnahmen spräche. Aus sämtlichen Begründungserwägungen dieser Verordnung gehe vielmehr hervor, dass die ernste Bedrohung für den Wirtschaftszweig der Gemeinschaft fortbestehe. Hebe der Rat einen Antidumpingzoll auf, könne er sich aber nur auf die sich aus der endgültigen Sachverhaltsfeststellung ergebende Lage sowie auf die Ergebnisse der Untersuchung stützen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des betreffenden Rechtsakts zur Verfügung stuenden.

21 In der Sitzung haben die Klägerinnen zudem ausgeführt, dass auch der von der Kommission dem Rat letztlich vorgelegte vorbereitende Rechtsakt unzureichend und widersprüchlich begründet gewesen sei, da die Kommission nicht erläutert habe, weshalb sie dem Rat die Aufhebung der ursprünglichen Antidumpingmaßnahme empfohlen habe, obwohl sie zum Abschluss der Untersuchung zu dem Ergebnis gelangt sei, dass diese Maßnahme aufrechterhalten werden sollte. Dieser Verfahrensfehler erstrecke sich notwendig auf die angefochtene Verordnung.

22 Unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts, insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P (Kommission/Sytraval und Brink's France, Slg. 1998, I-1719) erwidert der Rat, die Verpflichtung, eine hinreichende Begründung anzugeben, entspreche einem reinen Form- und Verfahrenserfordernis. Ob die Begründung zutreffend sei oder ob die Gemeinschaftsorgane die Akten hinreichend geprüft hätten, seien zwei völlig davon verschiedene Fragen, die nur untersucht werden könnten, wenn insoweit unterschiedliche Klagegründe geltend gemacht worden seien; dies sei hier nicht der Fall.

23 Der Rat ist ferner der Ansicht, er habe die angefochtene Verordnung hinreichend begründet. Jedenfalls habe die Kommission den Klägerinnen in einem (der Klageschrift beigefügten) Schreiben vom 20. September 1999 mitgeteilt, bei den Beratungen über ihre Vorschläge im Rat habe sich herausgestellt, dass dem fehlenden Zustandekommen einer ausreichenden Mehrheit Zweifel der Mitglieder des Rates hinsichtlich einer Lage zugrunde gelegen hätten, die gleichzeitig durch ein ziemlich hohes Rentabilitätsniveau in dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft, den sehr geringen Marktanteil der Einfuhren mit Ursprung in Japan während des Untersuchungszeitraums und die Unsicherheit über die Verlagerung der auf die Versorgung des Gemeinschaftsmarktes gerichteten Produktion der Ausführer von Mexiko nach Japan gekennzeichnet gewesen sei. Aus diesen Gründen und angesichts der ziemlich langen Dauer der Untersuchung sei eine Mehrheit der Mitglieder des Rates zu dem Ergebnis gelangt, dass es angemessener sei, die laufende Überprüfung abzuschließen.

Würdigung durch das Gericht

24 Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Artikel 253 EG vorgeschriebene Begründung, bei der es sich um eine wesentliche Formvorschrift im Sinne des Artikels 230 EG handelt, der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrzunehmen vermag. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen von Artikel 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (u. a. Urteil Kommission/Sytraval und Brink's France, Randnr. 63).

25 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die angefochtene Verordnung ordnungsgemäß begründet ist. In ihren Begründungserwägungen 1 bis 37 schildert der Rat zunächst den Ablauf der von der Kommission eingeleiteten Überprüfung sowie die Schlussfolgerungen, zu denen die Kommission hinsichtlich der betroffenen Erzeugnisse gelangt sei. Der Rat erinnert weiter an die Feststellungen der Kommission, wonach bei den in Rede stehenden Einfuhren ein Dumping vorliege, sowie an die Berechnungen der Kommission zur Klärung der Frage, wie weit die vom Ausführer auf dem Gemeinschaftsmarkt verlangten Preise die vom Wirtschaftszweig der Gemeinschaft verlangten Preise unterbieten.

26 Es trifft zu, dass der Rat in den Begründungserwägungen 38 bis 84 der angefochtenen Verordnung in Bezug auf die Schädigung, die Wahrscheinlichkeit eines erneuten schädigenden Dumpings und das Interesse der Gemeinschaft nur die Feststellungen und Erwägungen der Kommission wiedergibt. Diese Begründungserwägungen könnten bei isolierter Betrachtung ihrem Inhalt nach den Eindruck erwecken, dass sich der Rat nur den Schlussfolgerungen habe anschließen können, die die Kommission noch in ihrem Vorschlag vom April 1999 dargelegt habe und in denen ein erneutes schädigendes Dumping für wahrscheinlich gehalten wurde, wenn die ursprüngliche Verordnung aufgehoben würde.

27 Die Begründungserwägungen 85 bis 89 der angefochtenen Verordnung in Abschnitt H (Aufhebung der Antidumpingmaßnahme") zeigen jedoch eindeutig, dass der Rat als derjenige, der die angefochtene Verordnung erlassen hat, sich diese frühere Beurteilung der Kommission nicht zu eigen gemacht hat.

28 Der Rat legt nämlich in Begründungserwägung 85 der angefochtenen Verordnung unter Bezugnahme auf die Begründungserwägungen davor Folgendes dar: Auf Grund dieser Tatsachen kam die Kommission [ursprünglich] zu dem Schluss, dass Dumping und Schädigung wahrscheinlich erneut auftreten würden und legte im April 1999 ihren zweiten Vorschlag zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls... vor." Dem fügt er hinzu: Im Rat fand sich jedoch nicht die erforderliche Mehrheit für die Annahme einer Verordnung auf der Grundlage eines der beiden Kommissionsvorschläge."

29 Diese Begründungserwägung gibt somit klar den Grund - nämlich die fehlende Mehrheit im Rat - dafür an, warum der Rat den Vorschlägen der Kommission, die auf die Aufrechterhaltung des durch die ursprüngliche Verordnung eingeführten Antidumpingzolls gerichtet waren, nicht gefolgt ist.

30 In den Begründungserwägungen 86, 87 und 88 der angefochtenen Verordnung führt der Rat aus, dass seine Entscheidung, keine Verordnung auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags anzunehmen", im vorliegenden Fall gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung zur Folge hätte, dass das Überprüfungsverfahren nicht abgeschlossen wird und die geltenden Maßnahmen auf unbegrenzte Zeit in Kraft bleiben", obwohl eine Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 5 der Grundverordnung normalerweise innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Einleitung abgeschlossen werden sollte.

31 Schließlich enthält Begründungserwägung 89 der angefochtenen Verordnung den Hinweis, dass die Kommission [u]nter diesen Umständen" die Auffassung vertrete, dass der Antidumpingzoll auf die Einfuhren der betreffenden Erzeugnisse aufzuheben sei, damit zum einen die Überprüfungsdauer nicht ungebührlich ausgedehnt werde und zum anderen die Antidumpingmaßnahme nicht für einen unbegrenzten Zeitraum in Kraft bleibe.

32 Hinzu kommt, dass den Klägerinnen, wie in Begründungserwägung 90 der angefochtenen Verordnung angegeben, mit Schreiben der Kommission vom 20. September 1999 (oben, Randnr. 23) die - vom Rat vor dem Gericht nicht bestrittenen - Gründe, weshalb im Rat keine Mehrheit für eine Aufrechterhaltung des fraglichen Antidumpingzolls zustande gekommen sei, sowie der Umstand mitgeteilt wurden, dass die Kommission dem Rat angesichts dessen Standpunkts einen neuen, diesmal auf die Aufhebung der ursprünglichen Verordnung gerichteten Vorschlag vorlegen werde.

33 Nach alledem war die Begründung der angefochtenen Verordnung angesichts ihres Inhalts und der Begleitumstände ihres Erlasses weder unzulänglich noch widersprüchlich, so dass weder für den Rat noch für die Kommission ein Verstoß gegen Artikel 253 EG angenommen werden kann. Diese Begründung machte es den Klägerinnen vielmehr möglich, sowohl den Sachverhalts- und Verfahrensrahmen des Falles als auch die Grundlage der von Rat und Kommission daraus gezogenen rechtlichen Schlüsse zu erkennen. Somit hätten die Klägerinnen anhand dieser Begründung in sachdienlicher Weise ihre Interessen vor dem Gericht verteidigen und die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung auch mit anderen Mitteln als durch das Rügen eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht in Frage stellen können.

34 Demzufolge kann der Klagegrund nicht durchgreifen.

35 Die Klage ist demnach abzuweisen.

Kostenentscheidung:

Kosten

36 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, haben sie gemäß dem Antrag des Rates die Kosten zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.

Ende der Entscheidung

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