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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 28.10.1993
Aktenzeichen: T-83/92
Rechtsgebiete: VO (EWG) Nr. 4064/89, EWG-Vertrag


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 4064/89 Art. 6 Abs. 1 a
VO (EWG) Nr. 4064/89 Art. 4
EWG-Vertrag Art. 173 Abs. 2
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Die schriftliche Beantwortung eines Antrags durch ein Gemeinschaftsorgan reicht nicht aus, um das entsprechende Schreiben an den Antragsteller als Entscheidung im Sinne von Artikel 173 des Vertrages anzusehen, gegen die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Nur Maßnahmen, die bindende, die Interessen des Klägers beeinträchtigende Rechtsfolgen haben, indem sie dessen Rechtslage erheblich verändern, stellen Handlungen oder Entscheidungen dar, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 des Vertrages sein können.

2. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage gegen eine ablehnende Entscheidung eines Gemeinschaftsorgans ist diese nach der Art des Antrags zu beurteilen, der durch sie beschieden wird. Insbesondere kann die Weigerung eines Gemeinschaftsorgans, eine Handlung zu widerrufen oder zu ändern, nur dann eine nach Artikel 173 des Vertrages auf ihre Rechtmässigkeit überprüfbare Handlung sein, wenn die Handlung, deren Widerruf oder Änderung das Gemeinschaftsorgan verweigert, selbst nach dieser Bestimmung anfechtbar gewesen wäre.

3. Die Tatsache allein, daß eine Entscheidung der Kommission, mit der festgestellt wird, daß ein Zusammenschluß nicht unter die Verordnung Nr. 4064/89 fällt, die Beziehungen zwischen den verschiedenen Aktionären der Gesellschaften, die den Zusammenschluß angemeldet haben, beeinflussen kann, rechtfertigt es nicht, jeden dieser Aktionäre als von dieser Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen anzusehen. Die betreffende Entscheidung ist nämlich für sich genommen nicht geeignet, den Inhalt oder den Umfang der Rechte dieser Aktionäre zu verändern, weder was ihre vermögensrechtliche Stellung noch was ihr durch diese begründetes Recht auf Mitwirkung an der Leitung der Gesellschaft betrifft.

4. Die den Wirtschaftsteilnehmern zu gewährende Rechtssicherheit und die Kürze der Fristen, die ein kennzeichnendes Merkmal der allgemeinen Systematik der die Unternehmenszusammenschlüsse betreffenden Verordnung Nr. 4064/89 ist, machen es jedenfalls erforderlich, daß Anträge auf Wiedereröffnung des durch diese Verordnung vorgesehenen Prüfungsverfahrens, die auf das Bekanntwerden einer angeblich neuen Tatsache gestützt sind, innerhalb einer angemessenen Frist gestellt werden.

Ein Aktionär einer der betroffenen Gesellschaften kann nicht unter Berufung auf einen verspätet gestellten derartigen Antrag geltend machen, daß er von der Entscheidung, die die Kommission zum Abschluß des genannten Verfahrens erlassen hat, im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 des Vertrages unmittelbar betroffen sei, weil er, wenn ihm die angeblich neue Tatsache von vornherein bekannt gewesen wäre, beantragt hätte, ihm die Beteiligung an dem Verfahren zu gestatten, und ihm dann zum Schutz seiner berechtigten Interessen eine Klagebefugnis zugestanden hätte.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (ZWEITE KAMMER) VOM 28. OKTOBER 1993. - ZUNIS HOLDING SA UND FINAN SRL UND MASSINVEST SA GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - WETTBEWERB - KONTROLLE VON ZUSAMMENSCHLUESSEN - ZULAESSIGKEIT. - RECHTSSACHE T-83/92.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Am 27. November 1991 wurde bei der Kommission gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (berichtigte Fassung im ABl. 1990, L 257, S. 14; im folgenden: Verordnung Nr. 4064/89) eine Transaktion angemeldet, die darin bestand, daß Mediobanca ° Banca di Credito Finanziario SpA (im folgenden: Mediobanca) ihre Beteiligung an der Assicurazioni Generali SpA (im folgenden: Generali) von 5,98 % auf 12,84 % erhöhte.

2 Mit Entscheidung vom 19. Dezember 1991 stellte die Kommission auf der Grundlage von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 4064/89 fest, daß die angemeldete Transaktion nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung falle, weil sie Mediobanca nicht in die Lage versetze, allein oder gemeinsam mit anderen einen "bestimmenden Einfluß" auf Generali auszuüben.

3 In einem Schreiben an die Kommission vom 26. Juni 1992 beantragten die Klägerinnen, die sämtlich Aktionärinnen von Generali sind, das Verfahren wiederzueröffnen, nachdem die italienische Tageszeitung Il Sole 24 Ore einen Artikel veröffentlicht hatte, in dem der vollständige Text einer am 26. Juni 1985 in Paris unterzeichneten und bis dahin angeblich geheimen Vereinbarung zwischen Mediobanca, Lazard Frères de Paris (im folgenden: Lazard) (deren Tochtergesellschaft Euralux SA mit einem Kapitalanteil von 4,77 % zweitgrösster Aktionär von Generali war) und Generali selbst (im folgenden: das Abkommen) wiedergegeben wurde. Diese Vereinbarung sah u. a. die Bildung eines aus Vertretern von Generali und ihrer beiden Hauptaktionäre bestehenden Lenkungsausschusses vor, der Generali betreffende Probleme von gemeinsamem Interessen prüfen und auf die Ernennung bestimmter Mitglieder der Verwaltungs- und Leitungsgremien von Generali Einfluß nehmen sollte.

4 Wie die Klägerinnen in Beantwortung einer Frage des Gerichts ausgeführt haben, erlangten sie von diesem Artikel "Ende März oder Anfang April 1992" Kenntnis. Ihr erster informeller Kontakt mit den Dienststellen der Kommission habe am 6. Mai 1992 stattgefunden, bevor mit dem Schreiben vom 26. Juni 1992 der formelle Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens gestellt worden ist.

5 Mit diesem Antrag machten die Klägerinnen im wesentlichen geltend, die von der Kommission in ihrer Entscheidung vom 19. Dezember 1991 gezogene Schlußfolgerung, daß die angemeldete Transaktion nicht unter die Verordnung Nr. 4064/89 falle, beruhe auf einer grundlegenden Verkennung der wesentlichen Tatsachen betreffend das Ausmaß des Einflusses und der Kontrolle, die Mediobanca vor der Erhöhung ihrer Beteiligung durch die angemeldete Transaktion allein und zusammen mit Lazard ausgeuebt habe. Nach Ansicht der Klägerinnen lässt sich eine solche Verkennung nur auf offensichtlich unvollständige oder unzutreffende Informationen über den Inhalt der Vereinbarung zwischen Mediobanca, Lazard und Generali und insbesondere über deren Wirkungen zurückführen. Ferner führten die Klägerinnen aus, eine unvollständige und unzutreffende Anmeldung habe verfahrensrechtlich zur Folge, daß die Kommission weiterhin befugt sei, das Verfahren wiederzueröffnen, was sowohl durch das öffentliche Interesse als auch durch das Interesse der Beteiligten gerechtfertigt wäre.

6 Mit einem vom Generaldirektor für Wettbewerb unterzeichneten Schreiben vom 31. Juli 1992 lehnte die Kommission den Antrag der Klägerinnen auf Wiedereröffnung des Verfahrens ab. Sie begründete dies u. a. wie folgt:

"... die Entscheidung im Fall Mediobanca/Generali beruhte entgegen Ihrer Behauptung nicht auf 'unzutreffenden Informationen' , da die Kommission Kenntnis von der 1985 in Paris geschlossenen Vereinbarung hatte und sie bei Erlaß ihrer Entscheidung berücksichtigt hat. Ich beziehe mich auf folgende Feststellung der Kommission: 'Il predetto accordo non contiene disposizioni circa l' esercizio congiunto dei diritti di voto né include qualsivoglia meccanismo societario che garantisca il risultato finale delle proposizioni concernenti la composizione degli organi sociali.' (' Die erwähnte Vereinbarung enthält weder Bestimmungen über eine gemeinsame Ausübung des Stimmrechts noch sieht sie irgendeinen gesellschaftsrechtlichen Mechanismus vor, der den letztlichen Erfolg von Vorschlägen über die Zusammensetzung der Gesellschaftsorgane gewährleisten soll' [Punkt 9 Absatz 2 der Entscheidung]).

Demnach liegt kein Grund für eine erneute Prüfung des Falles vor, und es ist infolgedessen nicht nötig, eine Entscheidung über die Aussetzung der Transaktion zu treffen."

Verfahren und Anträge der Parteien

7 Im Hinblick auf diesen Sachverhalt haben die Klägerinnen mit Klageschrift, die am 30. September 1992 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingegangen ist, die Nichtigerklärung der in dem vorgenannten Schreiben angeblich enthaltenen Entscheidung beantragt.

8 Mit Schriftsatz, der am 17. Dezember 1992 bei der Kanzlei des Gerichts erster Instanz eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Artikel 114 der Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit gegen die Klage erhoben.

9 Die Klägerinnen beantragen:

° der Kommission zum Zweck der Beweiserhebung aufzugeben, den vollständigen Text der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 und der von Generali/Mediobanca vorgenommenen formellen Anmeldung sowie alle sonstigen die Vereinbarung und deren Wirkungen betreffenden Unterlagen vorzulegen;

° die mit Schreiben vom 31. Juli 1992 bekanntgegebene Entscheidung der Kommission für nichtig zu erklären;

° der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

10 Die Kommission beantragt:

° die Klage als unzulässig abzuweisen;

° den Klägerinnen als Gesamtschuldnerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

11 In ihren schriftlichen Stellungnahmen zur Unzulässigkeitseinrede der Kommission beantragen die Klägerinnen:

° die Einrede der Kommission als unbegründet zurückzuweisen und die Klage für zulässig zu erklären;

° hilfsweise die Entscheidung über die Nichtigkeit der Klage dem Endurteil vorzubehalten und alle für die Untersuchung der tatsächlichen Rechtsnatur des Schreibens vom 31. Juli 1992 erforderlichen Beweiserhebungen vorzunehmen;

° der Kommission die gesamten Kosten aufzuerlegen.

12 Das Gericht erster Instanz (Zweite Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, gemäß dem Antrag der Kommission vorab über die Unzulässigkeitseinrede zu entscheiden. Gleichzeitig hat es die Parteien aufgefordert, eine Reihe schriftlicher Fragen zu beantworten. Die Klägerinnen und die Kommission haben die Fragen des Gerichts mit am 14. Juni 1993 eingegangenen Schriftsätzen beantwortet. In der Sitzung vom 24. Juni 1993 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

13 Am Schluß der Sitzung hat der Präsident die mündliche Verhandlung über die Unzulässigkeitseinrede für geschlossen erklärt.

Zur Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage

Vorbringen der Parteien

14 Die Kommission stützt ihre Unzulässigkeitseinrede erstens darauf, daß das Schreiben vom 31. Juli 1992 keine der gerichtlichen Überprüfung unterliegende Entscheidung darstelle, da damit lediglich die Klägerinnen darüber unterrichtet worden seien, daß die Kommission bei Erlaß ihrer Entscheidung die Vereinbarung gekannt und berücksichtigt habe. Sie führt hierzu aus, es sei zwar zulässig, eine Untersuchung eines Zusammenschlusses, die zu einer Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 4064/89 geführt habe, wiederzueröffnen, es gebe aber keine gemeinschaftsrechtliche Vorschrift, die sie verpflichten würde, eine solche Untersuchung auf Antrag eines beteiligten Unternehmens oder gar eines Dritten, der sich auf eine angeblich neue Tatsache stütze, wiederzueröffnen. Die Kommission ist überdies der Auffassung, sie müsse bei der Ausübung ihres Ermessens hinsichtlich der Wiedereröffnung eines Verfahrens auf diesem Gebiet mit Rücksicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes und angesichts der Schwierigkeit, die Folgen eines Zusammenschlusses rückgängig zu machen, behutsam vorgehen.

15 Die Kommission zieht in diesem Zusammenhang eine Parallele zu den Vorschriften über gegen ein Urteil des Gerichtshofes oder des Gerichts erster Instanz gerichtete Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und vertritt die Ansicht, ein Antrag auf erneute Prüfung einer nach der Verordnung Nr. 4064/89 erlassenen Entscheidung wäre nur nach dem Zutagetreten einer Tatsache "gültig", die der Kommission und der die erneute Prüfung beantragenden Partei unbekannt gewesen sei. Der Kommission zufolge haben die Klägerinnen keine neue Tatsache vorgebracht und nicht behauptet, daß die Vereinbarung eine Tatsache darstelle, die der Kommission bei Erlaß ihrer Entscheidung vom 19. Dezember 1991 unbekannt gewesen sei; vielmehr machten sie nur geltend, daß die Kommission die Wirkungen der Vereinbarung nicht zutreffend bewertet habe.

16 Mit ihrer Unzulässigkeitseinrede bringt die Kommission weiterhin vor, das Schreiben vom 31. Juli 1992 enthalte keine Entscheidung; aus seinem Wortlaut und Sinn gehe vielmehr hervor, daß es in einem vorbereitenden Stadium der Prüfung des Antrags der Klägerinnen verfasst worden sei und nicht mehr ausdrücke als eine erste Reaktion der Dienststellen der Kommission, der keine rechtliche Wirkung zukomme. Die Kommission macht ferner geltend, eine endgültige Ablehnung der Wiedereröffnung des Verfahrens hätte von der Stelle ausgesprochen werden müssen, die auch für die Wiedereröffnung eines Fusionskontrollverfahrens zuständig gewesen wäre, d. h. von der Kommission als Kollegialorgan. In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission jedoch bemerkt, sie wolle auf diesem Vorbringen nicht weiter bestehen.

17 Zweitens ist die Kommission der Ansicht, das Schreiben vom 31. Juli 1992 könne jedenfalls nicht dahin ausgelegt werden, daß es einen die Klägerinnen unmittelbar und individuell betreffenden Rechtsakt darstelle; diesen stehe infolgedessen ebensowenig ein Klagerecht gegen dieses Schreiben zu, wie sie befugt seien, die Entscheidung vom 19. Dezember 1991 anzufechten oder die Wiedereröffnung des Verfahrens zu beantragen, das zu dieser Entscheidung geführt habe. Die Kommission bemerkt in diesem Zusammenhang, unabhängig von der allgemeinen Frage, ob und wann Minderheitsaktionäre von aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89 getroffenen Entscheidungen unmittelbar und individuell betroffen sein könnten, seien dies die Klägerinnen jedenfalls nicht. Ausserdem hätten sich die Klägerinnen in dem Verwaltungsverfahren, das zu der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 geführt habe, nicht geäussert oder sich in sonstiger Weise an ihm beteiligt.

18 Hilfsweise macht die Kommission schließlich noch geltend, das Schreiben vom 31. Juli 1992 könne nicht Gegenstand einer getrennten gerichtlichen Überprüfung sein, da es lediglich die frühere Entscheidung bestätige. Der Kommission hat das Schreiben lediglich zum Inhalt, die Feststellung, daß keine Bestimmung der Vereinbarung Mediobanca allein oder zusammen mit anderen die Kontrolle über Generali verschaffe, zu wiederholen und die einschlägige Stelle der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 zu zitieren. Nach Auffassung der Kommission stellt die Klage in Wirklichkeit einen unzulässigen Versuch dar, die frühere Entscheidung lange Zeit nach Ablauf der in Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag festgesetzten Frist in Frage zu stellen.

19 In ihrer Klageschrift legen die Klägerinnen zunächst dar, die Kommission habe in ihrem Schreiben vom 31. Juli 1992 nicht das Recht der Klägerinnen bestritten, eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu beantragen, und damit stillschweigend anerkannt, daß für sie ein hinreichender Grund zur Wiedereröffnung des Verfahrens in dieser Sache vorliegen würde, wenn ihre Entscheidung auf unrichtigen Informationen der Anmelderinnen beruhen sollte.

20 Die Klägerinnen führen hierzu erstens aus, der Sachverhalt, der zu dem vorliegenden Rechtsstreit geführt habe, gehe auf eine im Juli 1991 erfolgte Erhöhung des Aktienkapitals von Generali zurück, dessen unübliche Struktur es Mediobanca ermöglicht habe, die Kontrolle über ungefähr 50 000 000 der 145 750 000 neuen Aktien zu erlangen; dadurch habe sie ihren unmittelbaren Anteil von 5,98 % auf 12,84 % des ausgegebenen Aktienkapitals erhöht. Nach Ansicht der Klägerinnen war es das hauptsächliche, wenn nicht das einzige Ziel der Kapitalerhöhung, Mediobanca eine Handhabe zu verschaffen, ihren Einfluß auf Generali unverhältnismässig zu steigern und auf diese Weise eine Stellung zu erlangen, die es ihr gestatten würde, zusammen mit Euralux, der Tochtergesellschaft von Lazard, eine wirksame Kontrolle über Generali auszuüben.

21 Den Klägerinnen zufolge ergibt sich aus den Akten, daß die Kommission, hätten Mediobanca und Generali den Sachverhalt in vollem Umfang tatsächlich offengelegt, wie dies die maßgeblichen Rechtsvorschriften forderten, nicht zu dem Schluß hätte gelangen können, die Zusammensetzung des Verwaltungsrats von Generali belege, daß Mediobanca keinen bestimmenden Einfluß auf irgendeines der Organe von Generali ausüben könne; ebensowenig hätte sie es unterlassen, auf die Zusammensetzung des geschäftsführenden Ausschusses Bezug zu nehmen. Auch sei undenkbar, daß, wären Inhalt und Wirkungen der Vereinbarung vollständig und redlich offengelegt worden, die Kommission zu dem in Punkt 9 der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 dargelegten Schluß hätte gelangen können, es gebe keinen "gesellschaftsrechtlichen Mechanismus", der den Erfolg von die Gesellschaftsorgane betreffenden Vorschlägen gewährleiste.

22 In ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede wenden sich die Klägerinnen insbesondere gegen die Ansicht der Kommission, daß die "neue Tatsache", auf die sie sich beriefen, lediglich die Veröffentlichung des Textes der Vereinbarung gewesen sei. Nach Ansicht der Klägerinnen bestand die infolge dieser Veröffentlichung zutage getretene "neue Tatsache" darin, daß die Kommission im Verwaltungsverfahren über die tatsächlichen Wirkungen der Vereinbarung, namentlich über die wirkliche Rolle und den wirklichen Einfluß des Koordinierungsausschusses auf die Unternehmensführung von Generali, getäuscht worden sei. Dieser Irrtum der Kommission über den wahren Charakter des Antrags der Klägerinnen entkräfte die Argumentation der Kommission zur Unzulässigkeit der Klage.

23 Die Klägerinnen widersprechen ferner der Ansicht der Kommission, die Gültigkeit eines Antrags auf erneute Prüfung unterliege denselben Voraussetzungen wie gegen Urteile des Gerichtshofes oder des Gerichts erster Instanz gerichtete Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Eine solche Analogie sei aus zwei Gründen nicht statthaft. Erstens sei die Kommission ein Verwaltungsorgan und kein Gericht, so daß Erwägungen, die im Zusammenhang mit dem Interesse an der Endgültigkeit gerichtlicher Entscheidungen stuenden, hier nicht unmittelbar relevant seien. Zweitens sei die Befugnis der Kommission, Verfahren, die zu einer früheren Entscheidung geführt hätten, wiederzueröffnen, wenn den Antragstellern eine wesentlich neue Tatsache bekannt geworden sei, auf anderen Gebieten des Gemeinschaftsrechts weithin anerkannt.

24 Zum Vorbringen der Kommission, die Klägerinnen seien nicht klagebefugt, machen die Klägerinnen insbesondere geltend, wenn sie beantragt hätten, ihnen die Beteiligung an dem Verfahren zu gestatten, das vor Erlaß der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 stattgefunden habe ° was sie unzweifelhaft getan hätten, wären ihnen seinerzeit die Tatsachen bekannt gewesen, die ihnen später zur Kenntnis gelangt seien °, so hätte ihre Klagebefugnis nicht in Abrede gestellt werden können. Sie betonen, ihre Interessen seien in jedem Falle unmittelbarer betroffen als diejenigen der Angestellten der beteiligten Unternehmen, deren potentielles Interesse in der einstweiligen Anordnung des Präsidenten des Gerichts erster Instanz vom 15. Dezember 1992 in der Rechtssache T-96/92 R (Comité Central d' Entreprise de la Société Générale des Grandes Sources u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2579, Randnrn. 31 ff.) anerkannt worden sei. In der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen ausgeführt, das Bestehen einer Vereinbarung zwischen Mediobanca und Lazard, die ihnen verbiete, ihre Aktien an Dritte zu veräussern, sei seit langem bekannt gewesen und bereits im Protokoll der Hauptversammlung von Generali von 1991 erwähnt worden. Der wahre Charakter der Vereinbarung sei ihnen jedoch nicht offengelegt worden, was der Grund dafür gewesen sei, daß sie sich an dem vor der Kommission durchgeführten Verfahren nicht beteiligt und sich auch nicht um den Text der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 bemüht hätten.

25 Abschließend widersprechen die Klägerinnen dem Vorbringen der Kommission, das Schreiben vom 31. Juli 1992 könne nicht Gegenstand einer getrennten gerichtlichen Überprüfung sein, da es lediglich die frühere Entscheidung vom 19. Dezember 1991 bestätige. Sie machen insbesondere geltend, ihr Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens sei fast ausschließlich der Darlegung der neuen, nach der ursprünglichen Entscheidung vom 19. Dezember 1991 zutage getretenen Faktoren gewidmet gewesen. Die Kommission könne die unterlassene Berücksichtigung dieser neuen Faktoren nicht als Begründung dafür anführen, daß sie das Schreiben vom 31. Juli 1992 als blosse Bestätigung der früheren Entscheidung betrachte.

Beurteilung durch das Gericht

Rechtlicher Rahmen des Rechtsstreits

26 Nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 4064/89 sind Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung innerhalb einer Woche nach dem Vertragsabschluß, der Veröffentlichung des Kauf- oder Tauschangebots oder des Erwerbs einer die Kontrolle begründenden Beteiligung bei der Kommission anzumelden. Diese Anmeldung hat insofern aufschiebenden Charakter, als der Zusammenschluß, von ausdrücklichen Ausnahmen abgesehen, weder vor der Anmeldung noch innerhalb der ersten drei auf die Anmeldung folgenden Wochen durchgeführt werden darf. Um die Wirksamkeit der Kontrolle und die Rechtssicherheit der beteiligten Unternehmen zu gewährleisten, verpflichtet Artikel 10 der Verordnung gleichzeitig die Kommission zur Einhaltung strenger Fristen für die Einleitung eines Verfahrens und den Erlaß der endgültigen Entscheidung; werden diese überschritten, so gilt der Zusammenschluß als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt.

27 Was insbesondere die Überprüfung der Anmeldung und die Einleitung des Verfahrens angeht, so verpflichtet Artikel 10 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4064/89 die Kommission, innerhalb eines Monats durch Entscheidung festzustellen, daß der Zusammenschluß nicht unter die Verordnung fällt, daß er keinen Anlaß zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt und deshalb keine Einwände zu erheben sind oder schließlich daß er Anlaß zu ernsthaften Bedenken gibt und die Einleitung eines Verfahrens erforderlich ist.

28 Die Verordnung Nr. 4064/89 sieht nirgends ausdrücklich die Möglichkeit vor, bei der Kommission Anträge auf Wiedereröffnung des Verfahrens zu stellen. Jedoch ermächtigt Artikel 8 Absatz 5 Buchstabe a die Kommission, eine aufgrund von Artikel 8 Absatz 2 getroffene Entscheidung, mit der ein Zusammenschluß für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden ist, zu widerrufen, namentlich wenn die Entscheidung auf unrichtigen Angaben beruht oder arglistig herbeigeführt worden ist.

Zur Unzulässigkeitseinrede der Kommission

29 Gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag kann jede natürliche oder juristische Person unter den Voraussetzungen des Artikels 173 Absatz 1 "gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen".

30 Im Hinblick auf die Entscheidung über die Zulässigkeit der vorliegenden Klage ist erstens zu bemerken, daß, wie der Gerichtshof festgestellt hat (Beschluß vom 27. Januar 1993 in der Rechtssache C-25/92, Miethke/Parlament, Slg. 1993, I-473), die schriftliche Beantwortung eines Antrags durch ein Gemeinschaftsorgan nicht ausreicht, um das entsprechende Schreiben an den Antragsteller als Entscheidung im Sinne von Artikel 173 des Vertrages anzusehen, gegen die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Nur Maßnahmen, die bindende, die Interessen des Klägers beeinträchtigende Rechtsfolgen hervorbringen, indem sie dessen Rechtslage erheblich verändern, stellen Handlungen oder Entscheidungen dar, die Gegenstand einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 173 EWG-Vertrag sein können (Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1992 in den Rechtssachen T-10/92 bis T-12/92 und T-15/92, SA Cimenteries CBR u. a./Kommission, Slg. 1992, II-2667, Randnr. 28).

31 Zweitens ist festzustellen, daß eine ablehnende Maßnahme der Kommission, wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt, nach der Art des Antrags zu beurteilen ist, der durch sie beschieden wird (zuletzt Urteil des Gerichtshofes vom 24. November 1992 in den Rechtssachen C-15/91 und C-108/91, Buckl & Söhne u. a./Kommission, Slg. 1992, I-6061, Randnr. 22). Insbesondere kann die Weigerung eines Gemeinschaftsorgans, eine Handlung zu widerrufen oder zu ändern, nur dann eine nach Artikel 173 EWG-Vertrag auf ihre Rechtmässigkeit überprüfbare Handlung sein, wenn die Handlung, deren Widerruf oder Änderung das Gemeinschaftsorgan verweigert, selbst nach dieser Bestimmung anfechtbar gewesen wäre (siehe hinsichtlich von Handlungen, die in Form einer Verordnung ergehen, die Urteile des Gerichtshofes vom 8. März 1972 in der Rechtssache 42/71, Nordgetreide/Kommission, Slg. 1972, 105, Randnr. 5, vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97/86, 193/86, 99/86 und 215/86, Asteris/Kommission, Slg. 1988, 2181, Randnr. 17, und vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-87/89, Sonito u. a./Kommission, Slg. 1990, I-1981, Randnr. 8; siehe ferner Schlussanträge des Generalanwalts Gulmann in der erwähnten Rechtssache Buckl u. a./Kommission, Nr. 14).

32 Im vorliegenden Fall haben die Klägerinnen bei der Kommission einen Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens betreffend den Zusammenschluß zwischen Mediobanca und Generali gestellt, über den die Kommission in ihrer Entscheidung vom 19. Dezember 1991 entschieden hat. In dieser Entscheidung hat die Kommission festgestellt, daß die angemeldete Transaktion nicht unter die Verordnung Nr. 4064/89 falle, weil Mediobanca nicht in der Lage sein würde, aufgrund dieser Transaktion allein oder zusammen mit anderen einen "bestimmenden Einfluß" auf Generali auszuüben (siehe oben, Randnr. 2).

33 Die Klägerinnen zielten mit ihrem Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens in Wirklichkeit darauf ab, von der Kommission erstens den Erlaß einer Entscheidung, mit der die frühere Entscheidung vom 19. Dezember 1991 mit der Begründung widerrufen worden wäre, sie beruhe auf unzutreffenden Angaben, und zweitens den Erlaß einer neuen Entscheidung der Kommission über die bei ihr angemeldete Transaktion zu erwirken. Das Schreiben vom 31. Juli 1992, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, ist deshalb dahin auszulegen, daß die Kommission damit die Vornahme eines solchen Widerrufs und infolgedessen auch die erneute Prüfung der Transaktion, mit der die Anmelderinnen sie befasst hatten, ablehnte. Unbestritten befinden sich die Klägerinnen gegenüber der ursprünglichen, an die an dem fraglichen Zusammenschluß beteiligten Unternehmen gerichteten Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 1991 in der Lage eines Dritten. Unter diesen Umständen können die Klägerinnen gemäß dem oben (Randnr. 31) dargelegten Grundsatz den Widerruf der ursprünglichen Entscheidung vom 19. Dezember 1991 nur dann beantragen, wenn sie im Sinne von Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag von dieser Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen sind.

34 Hierzu ist zunächst zu bemerken, daß allein die Tatsache, daß eine Maßnahme die Beziehungen zwischen den verschiedenen Aktionären einer Gesellschaft beeinflussen kann, es nicht rechtfertigt, jeden dieser Aktionäre als von dieser Maßnahme unmittelbar und individuell betroffen anzusehen. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände kann ein solcher Aktionär mit der Begründung, die Maßnahme wirke sich auf seine Stellung innerhalb der Gesellschaft aus, gemäß Artikel 173 EWG-Vertrag vorgehen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1969 in den Rechtssachen 10/68 und 18/68, Eridania u. a./Kommission, Slg. 1969, 459).

35 In der Frage, ob solche besonderen Umstände hier vorliegen, ist erstens festzustellen, daß die Klägerinnen, die sich auf ihre Eigenschaft als Aktionärinnen einer der Anmelderinnen berufen, nicht zu den Dritten gehören, deren rechtliche oder tatsächliche Stellung durch die genannte Entscheidung berührt werden kann. Die von der Kommission gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung Nr. 4064/89 getroffene Feststellung, daß ein bei ihr angemeldeter Zusammenschluß nicht unter diese Verordnung falle, ist für sich genommen nicht geeignet, den Inhalt oder den Umfang der Rechte der Aktionäre der Anmelder zu verändern, weder was ihre vermögensrechtliche Stellung noch was ihr durch diese begründetes Recht auf Mitwirkung an der Leitung der Gesellschaft betrifft. Die Klägerinnen machen in dieser Hinsicht lediglich geltend, es sei "selbstverständlich, daß die Tatsache, daß Mediobanca einen derartigen Einfluß erlangt hat, die Wirksamkeit der Stimmen der übrigen Aktionäre wie der Klägerinnen, die sich künftig ständig in der Minderheit befinden werden, gravierend verringern wird" (Abschnitt 3.3 ihrer Stellungnahme zur Unzulässigkeitseinrede); damit haben sie nicht nachgewiesen, daß die Entscheidung vom 19. Dezember 1991 ihre rechtliche oder tatsächliche Stellung berührt hat.

36 Zweitens ist zu bemerken, daß diese Entscheidung, mit der festgestellt wurde, daß der angemeldete Zusammenschluß nicht unter die Verordnung Nr. 4064/89 falle, die Klägerinnen in ihrer Eigenschaft als Aktionärinnen von Generali in gleicher Weise wie alle übrigen der etwa 140 000 Aktionäre dieser Gesellschaft berührt. Selbst wenn mit den Klägerinnen entgegen den Feststellungen in der Entscheidung anzunehmen wäre, daß Mediobanca allein oder zusammen mit anderen Unternehmen die Kontrolle über Generali erlangt hätte, würde eine solche Kontrollübernahme die Interessen der Klägerinnen in der gleichen Weise berühren wie diejenigen der übrigen Aktionäre. Hieraus folgt, daß die Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 1991 die Klägerinnen nicht individuell betreffen kann, insbesondere weil ihr jeweiliger Aktienanteil am Kapital von Generali zum maßgeblichen Zeitpunkt weniger als 0,5 % des Grundkapitals ausmachte und sie nicht nachgewiesen haben, daß sie durch diese Entscheidung in eine andere Lage als jeder andere Aktionär versetzt worden sind. "Wer nicht Adressat einer Entscheidung ist, kann", wie der Gerichtshof entschieden hat, "nur dann geltend machen, von ihr individuell betroffen zu sein, wenn die Entscheidung ihn wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten" (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 213).

37 Schließlich machen die Klägerinnen zur Stützung ihrer Behauptung, sie seien von der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 individuell betroffen, zu Unrecht geltend, ihre Klagebefugnis könne nicht bezweifelt werden, denn wenn sie beantragt hätten, ihnen die Beteiligung an dem Verfahren zu gestatten, das zum Erlaß dieser Entscheidung geführt habe (was sie getan hätten, wenn ihnen die später zutage getretenen Umstände bekannt gewesen wären), so hätte ihnen nach der ständigen Rechtsprechung auf den Gebieten des Wettbewerbs, der staatlichen Beihilfen, des Dumping und der Subventionen (Beschluß Comité Central d' Entreprise de la Société Générale des Grandes Sources u. a./Kommission, a. a. O., und die dort angeführten Urteile des Gerichtshofes) zum Schutz ihrer berechtigten Interessen eine Klagebefugnis zugestanden.

38 Selbst wenn diese Rechtsprechung auf Rechtsstreitigkeiten über Zusammenschlüsse anwendbar sein sollte, würden es Gründe, die mit der den Wirtschaftsteilnehmern zu gewährenden Rechtssicherheit und der Kürze der Fristen zusammenhängen, die ein kennzeichnendes Merkmal der allgemeinen Systematik der Verordnung Nr. 4064/89 ist, doch jedenfalls erforderlich machen, daß Anträge auf Wiedereröffnung des Verfahrens, die auf das Bekanntwerden einer angeblich neuen Tatsache gestützt sind, innerhalb einer angemessenen Frist gestellt werden.

39 Im vorliegenden Fall kann die informelle Kontaktaufnahme mit den Dienststellen der Kommission vom 6. Mai 1992 nicht als Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens angesehen werden. Da die Klägerinnen überdies selbst ausgeführt haben, sie hätten "Ende März oder Anfang April 1992" von der angeblichen neuen Tatsache, dem vollen Wortlaut der 1985 in Paris geschlossenen Vereinbarung, erfahren, war ihr am 26. Juni 1992 bei der Kommission eingereichter Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens verspätet, da er nicht innerhalb einer angemessenen Frist gestellt wurde. Das auf das angebliche Vorliegen einer neuen Tatsache gestützte Vorbringen der Klägerinnen ist daher zurückzuweisen.

40 Nach alledem sind die Klägerinnen von der Entscheidung der Kommission vom 19. Dezember 1991 nicht unmittelbar und individuell betroffen. Die Klage ist daher unzulässig, wobei dahingestellt bleiben kann, ob die Klägerinnen die im Vertrag vorgesehenen Klagefristen unter anderen Umständen durch die Geltendmachung einer neuen Tatsache hätten umgehen können.

Kostenentscheidung:

Kosten

41 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerinnen mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind die Kosten gemäß dem Antrag der Kommission den Klägerinnen als Gesamtschuldnerinnen aufzuerlegen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Die Klägerinnen haben als Gesamtschuldnerinnen die Kosten zu tragen.

Ende der Entscheidung

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