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Beginn der Entscheidung

Gericht: Europäisches Gericht
Urteil verkündet am 08.10.1992
Aktenzeichen: T-84/91
Rechtsgebiete: EWG


Vorschriften:

EWG Art. 176
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in L-2925 Luxemburg

1. Will ein Beamter gegen das Organ, bei dem er beschäftigt ist, eine Schadensersatzklage erheben, so sieht das Beamtenstatut unterschiedliche Verfahren für den Fall, daß der Schaden, für den Ersatz beantragt ist, durch eine beschwerende Handlung im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 Beamtenstatut verursacht wurde, und für den Fall vor, daß der Schaden durch ein Verhalten verursacht wurde, das keine Entscheidung darstellt. Im ersten Fall ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger die Anstellungsbehörde fristgerecht mit einer Beschwerde gegen die beschwerende Handlung befasst und die Klage innerhalb von drei Monaten nach Zurückweisung dieser Beschwerde einreicht. Im zweiten Fall umfasst das Verwaltungsverfahren, das der Schadensersatzklage gemäß Artikel 90 und 91 Beamtenstatut vorausgehen muß, zwei Stufen: zunächst einen Antrag, dann eine Beschwerde gegen die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung dieses Antrags.

2. Was den Grundsatz anbetrifft, daß die Beschwerde denselben Gegenstand haben muß wie die anschließende Klage, so sind Anträge auf Ersatz des einem Beamten durch eine Entscheidung der Verwaltung zugefügten materiellen und immateriellen Schadens nicht von in der Beschwerde enthaltenen Anträgen auf Aufhebung der Entscheidung und auf Ersatz des dem Beamten entstandenen immateriellen Schadens verschieden.

Der in einer Beschwerde enthaltene Antrag auf Aufhebung einer Entscheidung kann nämlich einen Antrag auf Ersatz sowohl des materiellen wie des immateriellen Schadens implizieren, den diese Entscheidung verursachen konnte.

3. Nach Artikel 176 EWG-Vertrag ist es Aufgabe des Organs, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, zu bestimmen, welche Maßnahmen zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils erforderlich sind. Im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums muß die Verwaltung dabei sowohl die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts als auch den Tenor und die Gründe des durchzuführenden Urteils beachten.

Wird eine auf einer dem Beamtenstatut widersprechenden internen Dienstanweisung beruhende Entscheidung, mit der die Bewerbung eines Beamten für ein Auswahlverfahren zurückgewiesen wurde, vom Gericht für nichtig erklärt, so lässt der Erlaß einer neuen, auf künftige Fälle anwendbaren Regelung durch das Organ für den Bewerber, dem eine rückwirkende Anwendung nicht zugute kommt, die Auswirkungen des ihm gegenüber begangenen Unrechts bestehen. Demgemäß ist die Verwaltung verpflichtet, konkrete Maßnahmen zu erlassen, um dieses Unrecht zu beheben; sie kann sich nicht auf praktische Schwierigkeiten berufen, die solche Maßnahmen zur Folge haben könnten, um sich ihrer Verpflichtung zu entziehen. Es ist schließlich ihre Sache, im Rahmen des Entscheidungsspielraums, den ihr Artikel 176 EWG-Vertrag einräumt, eine Auswahl unter den möglichen Maßnahmen zu treffen, um die dienstlichen Interessen mit dem Erfordernis in Einklang zu bringen, das dem Betroffenen zugefügte Unrecht zu beheben.

Die Weigerung der Verwaltung, über die nicht rückwirkende Änderung der allgemeinen Regelung hinaus derartige Maßnahmen zu erlassen, stellt eine Verletzung des Artikels 176 EWG-Vertrag und einen dienstlichen Fehler dar. Die Verwaltung ist daher verpflichtet, den von dem Beamten erlittenen immateriellen Schaden zu beheben, der rechtmässig verlangen konnte, daß das Organ die Folgen des ihm zugefügten Unrechts beheben werde.


URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (FUENFTE KAMMER) VOM 8. OKTOBER 1992. - MIREILLE MESKENS GEGEN EUROPAEISCHES PARLAMENT. - BEAMTE - NICHTDURCHFUEHRUNG EINES URTEILS DES GERICHTS - SCHADENSERSATZKLAGE. - RECHTSSACHE T-84/91.

Entscheidungsgründe:

Sachverhalt

1 Am 22. Februar 1988 hat das Europäische Parlament das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 für die Einstellung von Hilfsassistenten (m/w) der Laufbahn B 5/B 4 ausgeschrieben.

2 Die Klägerin arbeitete damals als Bedienstete auf Zeit bei einer Fraktion des Parlaments. Nach ihrer Einstellung wurde sie auf eine Reserveliste für Posten der Laufbahngruppe C eingeschrieben, die aufgrund eines allgemeinen Auswahlverfahrens des Parlaments erstellt worden war. Sie bewarb sich im Auswahlverfahren Nr. B/164.

3 Diese Bewerbung wurde vom Generalsekretär des Parlaments mit der Begründung zurückgewiesen, die vom erweiterten Präsidium des Parlaments im Jahre 1979 erlassenen internen Dienstanweisungen betreffend die Einstellung von Beamten, Bediensteten auf Zeit, Hilfskräften und örtlichen Bediensteten sähen vor, daß Bedienstete auf Zeit, die ohne Rückgriff auf die Reservelisten der allgemeinen externen Auswahlverfahren eingestellt worden seien, nicht zu internen Auswahlverfahren zugelassen werden könnten.

4 Am 23. November 1988 erhoben die Klägerin und siebzehn andere Bewerber Klage gegen die Ablehnung ihrer Bewerbungen, wobei sie u. a. beantragten, die Entscheidung des Generalsekretärs des Parlaments aufzuheben, mit der ihre Bewerbung für das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 zurückgewiesen wurde, und ihnen zu erlauben, an diesem Auswahlverfahren teilzunehmen. Mit Urteil vom 8. November 1990 in der Rechtssache T-56/89 (Bataille u. a./Parlament, Slg. 1990, II-597) hat das Gericht entschieden: "Die Entscheidungen des Parlaments, mit denen die Bewerbungen der Kläger für das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 zurückgewiesen wurden, werden aufgehoben." Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.

5 Während des Verfahrens in der Rechtssache T-56/89 änderte das Parlament am 27. Februar 1989 seine interne Regelung über die Einstellung von Beamten und sonstigen Bediensteten. Nach dieser neuen Regelung sind Bedienstete auf Zeit nicht mehr schlechthin von der Teilnahme an internen Auswahlverfahren ausgeschlossen, müssen aber im allgemeinen sieben Jahre beim Parlament beschäftigt gewesen sein, um unter den gleichen Bedingungen wie Beamte zu diesen Auswahlverfahren zugelassen zu werden. Diese neuen Dienstanweisungen traten am 1. April 1989 in Kraft; eine Rückwirkung war nicht vorgesehen. Die Prüfungen des internen Auswahlverfahrens Nr. B/164 fanden somit am 6. März 1989 statt, ohne daß die Kläger der Rechtssache T-56/89 hieran hätten teilnehmen können.

6 Das Gericht hat von Amts wegen die Personalakte der Klägerin beigezogen. Nach dieser Akte wurde die Klägerin, die seit 1. Oktober 1981 Bedienstete auf Zeit war, ab 1. Januar 1986 in die Besoldungsgruppe C 1 eingeordnet. Mit Wirkung vom 1. Februar 1989 wurde sie zur Beamtin auf Probe der Besoldungsgruppe C 4, Dienstaltersstufe 3, ernannt. Mit Wirkung vom 1. August 1989 wurde sie zur Beamtin auf Lebenszeit unter Beibehaltung von Besoldungsgruppe und Dienstaltersstufe ernannt. Seit 1. September 1989 wurde die Klägerin im dienstlichen Interesse an die sozialistische Fraktion des Parlaments abgeordnet, wo sie in die Besoldungsgruppe C 1, Dienstaltersstufe 3 eingeordnet wurde. Seit dem 1. Mai 1991 ist sie in die Dienstaltersstufe 4 der Besoldungsgruppe C 1 eingeordnet.

7 Am 15. Januar 1991 sandte die Klägerin dem Generalsekretär des Parlaments ein Schreiben mit dem Antrag, die Maßnahmen anzugeben, die das Parlament gemäß Artikel 176 EWG-Vertrag infolge des Urteils der Fünften Kammer des Gerichts erster Instanz vom 8. November 1990 getroffen habe.

8 Mit einem weiteren Schreiben vom 1. März 1991 an den Generalsekretär wiederholte die Klägerin den Wortlaut ihres Schreibens vom 15. Januar und beantragte erneut, ihr die vom Parlament in der Folge des genannten Urteils ergriffenen Maßnahmen anzugeben. Zwei weitere Schreiben an den Generalsekretär des Parlaments datieren vom 20. März und vom 19. April 1991. Im letztgenannten Schreiben heisst es, in Ermangelung der Kenntnis der vom Parlament zur Durchführung des genannten Urteils ergriffenen Maßnahmen sehe sich die Klägerin gezwungen, Beschwerde einzulegen und gegebenenfalls Nichtigkeitsklage zu erheben, um feststellen zu lassen, daß das Parlament gegen seine Verpflichtungen verstossen habe, indem es nicht die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen ergriffen habe.

9 Dieses Schreiben kreuzte sich mit einem Schreiben des Generalsekretärs an die Klägerin vom 19. April 1991, in dem es heisst:

Was die Durchführung des Urteils Bataille betrifft, so hat das Parlament bereits vor der Verkündung dieses Urteils seine Praxis hinsichtlich der Bedingungen der Zulassung von Bediensteten auf Zeit zu internen Auswahlverfahren geändert, indem es am 15. März 1989 eine neue Regelung erließ.

Eine vertiefte Prüfung der vom Gericht erster Instanz in seinem Urteil entwickelten Grundsätze führt zu dem Ergebnis, daß die neue Regelung des Parlaments dem Statut ebenso wie der einschlägigen Gemeinschaftsrechtsprechung gerecht wird.

Mit ihrer Durchführung erfuellt das Organ somit seine Pflicht nach Artikel 176 EWG-Vertrag.

10 Am 30. April 1991 schrieb die Klägerin erneut an den Generalsekretär, zeigte den Erhalt des Schreibens vom 19. April 1991 an und verlangte nochmals die Angaben der Maßnahmen, die das Parlament zur Durchführung des Urteils getroffen habe. Die Klägerin werde gegen die Weigerung des Parlaments, dieses Urteil durchzuführen, Beschwerde einlegen, wenn sie nicht spätestens am 5. Mai eine Antwort erhalte.

11 Mit Einschreiben, das am 17. Juli 1991 beim Parlament einging, übersandte die Klägerin der Anstellungsbehörde des beklagten Organs ein Schreiben mit der Überschrift "Beschwerde nach Artikel 90 Absatz 2 Beamtenstatut", die sich gegen die Weigerung des Europäischen Parlaments richtete, die Maßnahmen zur Durchführung des Urteils des Gerichts in der Rechtssache T-56/89 vom 8. November 1990 zu erlassen.

12 Die Beschwerde sei zulässig. Die Klägerin habe so lange gewartet, daß das Organ vernünftigerweise die Maßnahmen zur Durchführung des Urteils hätte treffen können; ausserdem habe sie mehrmals um Mitteilung der getroffenen Maßnahmen gebeten. Die Antwort des Generalsekretärs auf das Schreiben vom 1. März 1991 sei ablehnend und stelle eine beschwerende Maßnahme dar; die Beschwerde erfolge somit innerhalb von drei Monaten nach dem Tag, an dem sie Kenntnis erlangt habe.

13 Was die Begründetheit anbelange, so sei das Parlament nach Artikel 176 EWG-Vertrag gehalten, zur Durchführung des Urteils das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 für alle Kläger der Rechtssache T-56/89 neu zu eröffnen, ihre Bewerbungen durch den Prüfungsausschuß unter Berücksichtigung der Grundsätze des Urteils erneut prüfen zu lassen und im Rahmen seiner dienstrechtlichen Befugnisse die Organisation der schriftlichen und mündlichen Prüfungen zu überwachen, die der Prüfungsausschuß für die zugelassenen Kläger speziell durchführen müsse. Der Erlaß einer neuen Regelung, von der die Klägerin und die siebzehn anderen Kläger der Rechtssache T-56/89 wegen fehlender Rückwirkung nichts gehabt hätten, könne nicht als den Anforderungen des Artikels 176 EWG-Vertrag entsprechend angesehen werden.

14 Die Klägerin kam zu folgendem Schluß:

Nach alledem hat das Europäische Parlament gegen seine Verpflichtungen verstossen, indem es sich weigerte, gegenüber der Klägerin die Maßnahmen zur Durchführung des Urteils vom 8. November 1990 zu ergreifen.

Die Klägerin beantragt deshalb, diese Entscheidung aufzuheben. Ausserdem hat das Europäische Parlament alle Maßnahmen zur Einberufung des Prüfungsausschusses des Auswahlverfahrens Nr. B/164 zu treffen, damit dieser ihre Bewerbung erneut prüfen und gegebenenfalls für sie ein neues Auswahlverfahren durchführen kann.

Daß sich das Europäische Parlament weigert, diese Maßnahmen zu ergreifen, verursacht der Klägerin einen bedeutenden immateriellen Schaden, der demjenigen gleichartig ist, den Beamte erleiden, wenn ihre Laufbahn sich mangels fristgerechter Erstellung ihrer Beurteilungen nicht ordnungsgemäß entwickelt.

Die Klägerin beantragt deshalb, ihr einen Betrag von 100 ECU pro Tag ab Einreichung dieser Beschwerde bis zu dem Tag zuzusprechen, an dem der Prüfungsausschuß des Auswahlverfahrens B/164 sich zur Überprüfung ihrer Bewerbung im Lichte des Urteils des Gerichts zusammensetzt.

Verfahren

15 Das beklagte Organ antwortete auf dieses Schreiben nicht binnen einer Frist von vier Monaten. Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 19. November 1991 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

16 Am 26. November 1991 sandte der Generalsekretär der Klägerin folgendes Schreiben:

Ihr Schreiben vom 17. Juli 1991, das Sie eine Beschwerde nennen, habe ich dankend erhalten.

Sie haben mit diesem Schreiben zum ersten Mal konkret Ihre Vorstellungen über die Durchführung des Urteils in der genannten Rechtssache benannt. Ich kann Ihr Schreiben daher nicht als Beschwerde im Sinne des Artikels 90 Absatz 2, sondern nur als Antrag im Sinne des Artikels 90 Absatz 1 Beamtenstatut ansehen.

Ziel Ihres Antrags ist es nach Ihren eigenen Worten, den Prüfungsausschuß des Auswahlverfahrens Nr. B/164 einzuberufen, damit dieser Ihre Bewerbung erneut prüfen und gegebenenfalls für Sie neue Prüfungen durchführen kann.

Wie erinnerlich, haben die Kläger in der Rechtssache Bataille u. a., darunter auch Sie, mit ihrer Klage einen ähnlichen Antrag gestellt, nämlich, ihnen zu erlauben, an diesem Auswahlverfahren teilzunehmen. Wenn die Kläger auch obsiegt haben, so hat doch das Gericht diesem Antrag nicht stattgegeben.

Demzufolge enthält das Urteil Bataille keine Rechtsgrundlage für das, was Sie mit Ihrem Antrag vom 17. Juli 1991 erstreben, so daß dieser nicht begründet ist.

Ich bedauere, Ihnen keine andere Auskunft geben zu können.

17 Das schriftliche Verfahren ist ordnungsgemäß abgelaufen. Mit Schreiben vom 22. Januar 1992 hat die Klägerin darauf verzichtet, eine Erwiderung einzureichen.

18 Mit Schriftsatz, der am 5. Februar 1992 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht wurde, hat die Union syndicale Brüssel beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Mit Beschluß vom 12. März 1992 hat das Gericht (Fünfte Kammer) diesem Antrag stattgegeben. Die Streithelferin hat ihren Streithilfeschriftsatz am 7. Mai 1992 eingereicht; der Präsident der Fünften Kammer hat den Parteien keine Antwortfrist eingeräumt. Das schriftliche Verfahren hat somit an diesem Tag seinen Abschluß gefunden.

19 Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung ohne vorherige Beweisaufnahme zu eröffnen. Auf Verlangen des Gerichts hat die Beklagte eine Ablichtung der beiden Schreiben vorgelegt, die die Klägerin am 19. bzw. am 30. April 1991 an den Generalsekretär des Parlaments gesandt hatte und auf die die Parteien in ihren Schriftsätzen Bezug genommen hatten.

20 Die Klägerin beantragt, zu erkennen:

1) Das Europäische Parlament hat dadurch gegen seine Verpflichtungen verstossen, daß es die zur Durchführung des vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften am 8. November 1990 verkündeten Urteils in der Rechtssache T-56/89 erforderlichen Maßnahmen nicht getroffen hat.

2) Das Europäische Parlament wird verurteilt, der Klägerin 100 ECU pro Tag ab 17. Juli 1991, dem Tag der Einreichung der Beschwerde, bis zu dem Tag zu zahlen, an dem die Durchführungsmaßnahmen getroffen werden.

3) Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

21 Das Europäische Parlament beantragt,

° die Klage für unzulässig, hilfsweise für unbegründet zu erklären;

° über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

22 Die Streithelferin beantragt,

° der Nichtigkeitsklage der Klägerin stattzugeben,

° dem Beklagten die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin aufzuerlegen.

Zulässigkeit

Parteivorbringen

23 Das Parlament hält die Klage aus zwei Gründen für unzulässig. Zunächst fehle es an einer Beschwerde im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und damit an einer unverzichtbaren Voraussetzung der Zulässigkeit der Klage. Das Schreiben der Klägerin vom 17. Juli 1991 mit der Überschrift "Beschwerde" sei in Wirklichkeit ein Antrag im Sinne des Artikels 90 Absatz 1 Beamtenstatut. Eine Beschwerde könne nur gegen eine beschwerende Maßnahme gerichtet werden, die die Anstellungsbehörde entweder durch eine Entscheidung oder durch das Unterlassen einer vom Beamtenstatut vorgeschriebenen Maßnahme getroffen habe. In jenem Schreiben habe die Klägerin zum ersten Mal vom Parlament verlangt, den Prüfungsausschuß des Auswahlverfahrens B/164 erneut zusammenzurufen, damit dieser ihre Bewerbung überprüfe und gegebenenfalls für sie neue Prüfungen durchführe. Zuvor habe der Beklagte daher keine Gelegenheit gehabt, über den konkreten Wunsch der Klägerin zu entscheiden, so daß das fragliche Schreiben nicht als beschwerend angesehen werden könne.

24 In Beantwortung einer Frage des Gerichts erklärt der Beklagte in der mündlichen Verhandlung, er habe das Schreiben des Generalsekretärs vom 19. April 1991 als beschwerdefähige Entscheidung angesehen. Später nahm er diese Erklärung zurück und führte aus, er habe dieses Schreiben als Antwort auf einen Antrag der Klägerin nach Artikel 25 Beamtenstatut angesehen.

25 Zum zweiten unterscheide sich der Gegenstand der Klage von dem des Vorverfahrens. Im Rahmen des Vorverfahrens habe die Klägerin beantragt, die Anstellungsbehörde möge konkrete Maßnahmen der Verwaltung treffen, während ihre Klage auf Schadensersatz gerichtet sei.

26 Die Klägerin hält ihre Klage für zulässig. Sie habe längere Zeit hin gewartet, bevor sie vorstellig geworden sei, um die Maßnahmen zur Durchführung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 zu erfahren. Sie habe ihre Beschwerde binnen drei Monaten nach dem Tag eingereicht, an dem sie von der Antwort des Generalsekretärs des Parlaments auf das Schreiben Kenntnis erlangt habe, mit dem sie die Erklärung dieser Maßnahmen verlangt habe. Diese Beschwerde sei am 17. November 1991 stillschweigend zurückgewiesen worden; die Klage sei damit fristgerecht erhoben worden.

27 In der mündlichen Verhandlung fügte sie hinzu, das Parlament sei gemäß Artikel 176 EWG-Vertrag verpflichtet gewesen, das Urteil des Gerichts durchzuführen, so daß ein vorhergehender Antrag ihrerseits nicht erforderlich gewesen sei, da die Verletzung dieser Verpflichtung bereits als solche eine beschwerende Handlung darstelle.

28 Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin klargestellt, ihre Klage sei als Schadensersatzklage, nicht als Nichtigkeitsklage aufzufassen; ihr Antrag unter 1 betreffe die Feststellung des dienstlichen Fehlers, der dem zu ersetzenden Schaden zugrunde liege.

29 Nach Auffassung der Streithelferin hat das Parlament das Schreiben der Klägerin mit der Überschrift "Beschwerde" vom 17. Juli 1991 zu Unrecht als Antrag angesehen. Die Weigerung des Parlaments, Maßnahmen zur Durchführung des Urteils des Gerichts in der Rechtssache T-56/89 zu treffen, sei zweifellos eine beschwerende Handlung, so daß es hier eines vorherigen Antrags nicht bedürfe.

Rechtliche Würdigung

30 Nach Artikel 91 Absatz 1 Satz 2 Beamtenstatut hat das Gericht bei der Entscheidung über die vorliegende Schadensersatzklage die Befugnis zur unbeschränkten Ermessensnachprüfung. Anders als im Fall einer Nichtigkeitsklage (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Dezember 1969 in der Rechtssache 12/69, Wonnerth/Kommission, Slg. 1969, 577, 584, und vom 13. Juli 1989 in der Rechtssache 108/88, Jänicke-Cendoya/Kommission, Slg. 1989, 2711, 2737) kann das Gericht deshalb im vorliegenden Verfahren über den Klageantrag zu 1 auf Feststellung eines dienstlichen Fehlers erkennen (Urteil des Gerichts vom 27. Juni 1991 in der Rechtssache T-156/89, Valverde/Gerichtshof, Slg. 1991, II-407, Randnr. 141).

31 Was den Klageantrag zu 2 betrifft, so ist zu prüfen, ob es sich dabei um einen Schadensersatzantrag oder um den Antrag handelt, dem beklagten Organ ein Zwangsgeld aufzuerlegen, damit dieses die Maßnahmen zur Durchführung des Urteils T-56/89 treffe. Da das Gericht für die Auferlegung eines solchen Zwangsgelds mangels Rechtsgrundlage unzuständig wäre, müsste ein solcher Antrag von Amts wegen als unzulässig zurückgewiesen werden. Der Antrag der Klägerin, das Parlament solle ihr täglich bis zu dem Tag, an dem die begehrten Maßnahmen getroffen würden, einen Geldbetrag zahlen, erinnert der Form und der Berechnungsweise nach an ein Zwangsgeld. Er ist jedoch im Lichte der Ausführungen in der Klageschrift auszulegen, daß die Klägerin ihren Schaden nach Billigkeit auf 100 ECU pro Tag seit Einreichung ihrer Beschwerde bis zu dem Tag bemesse, an dem der Prüfungsausschuß des Prüfungsverfahrens Nr. B/164 sich zusammensetze, um ihre Bewerbung erneut zu prüfen. Aufgrund dieser Erklärung ist der Antrag der Klägerin, ihr einen bestimmten Geldbetrag pro Tag zuzusprechen, als Antrag auf Schadensersatz anzusehen, der die Methode für die Berechnung der Schadenshöhe klarstellt.

32 Ausserdem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung bestätigt, sie habe nur eine Schadensersatzklage erheben wollen. Diese Ausführungen werden durch den Umstand belegt, daß sie nicht beantragt hat, das Parlament zu bestimmten Maßnahmen zu Durchführung des Urteils T-56/89 zu verurteilen. Nur in Verbindung mit einem solchen Antrag, für den das Gemeinschaftsrecht ebenfalls keine Rechtsgrundlage vorsieht, müsste der Antrag zu 2 als Antrag auf Verurteilung des Parlaments zu einem Zwangsgeld verstanden werden.

33 Somit ist zu prüfen, ob ein Vorverfahren nach den Artikeln 90 und 91 Beamtenstatut stattfand. Das Beamtenstatut sieht unterschiedliche Vorverfahren für den Fall, daß der Schaden, für den Ersatz beantragt ist, durch eine beschwerende Maßnahme im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 Beamtenstatut verursacht wurde, und für den Fall vor, daß der Schaden durch ein Verhalten verursacht wurde, das keine Entscheidung darstellt. Im ersten Fall ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger die Anstellungsbehörde fristgerecht mit einer Beschwerde gegen die beschwerende Handlung befasst und die Klage innerhalb von drei Monaten nach Zurückweisung dieser Beschwerde eingereicht hat (Urteil vom 22. Oktober 1975 in der Rechtssache 9/75, Meyer-Burckhardt/Kommission, Slg. 1975, 1171, 1182 ff.). Im zweiten Fall umfasst das Verwaltungsverfahren, das der Schadensersatzklage gemäß Artikel 90 und 91 Beamtenstatut vorausgehen muß, zwei Stufen: zunächst einen Antrag, dann eine Beschwerde gegen die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung dieses Antrags (Beschluß des Gerichts vom 25. Februar 1992 in der Rechtssache T-64/91, Marcato/Kommission, Slg. 1992, II-243, Randnrn. 2 und 3 ff.).

34 In ihren Ausführungen zur Begründetheit bezieht sich die Klägerin auf zwei Verhaltensweisen des Parlaments, die dem zu ersetzenden Schaden zugrunde lägen. Die eine Verhaltensweise bestehe darin, daß ihr die Teilnahme an den Prüfungen des Auswahlverfahrens Nr. B/164, das mit Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-56/89 aufgehoben worden sei, verweigert worden sei. Zum anderen handele es sich um die Weigerung, die Maßnahmen zur Durchführung dieses Urteils zu treffen. Die "Beschwerde" der Klägerin vom 17. Juli 1991 betraf nur diese zweite Verhaltensweise. Der Schaden, der sich möglicherweise aus der mit dem Urteil in der Rechtssache T-56/89 aufgehobenen Entscheidung ergeben hat, war hingegen vor der Erhebung der vorliegenden Klage nicht Gegenstand eines Vorverfahrens. Für ihn kann daher im Rahmen dieser Klage kein Ersatz verlangt werden; diese hat ausschließlich den Ersatz des Schadens zum Gegenstand, der der Klägerin durch die Weigerung des Parlaments, das Urteil in der Rechtssache T-56/89 durchzuführen, entstanden sein soll.

35 Damit ist zu prüfen, ob das Schreiben, das der Generalsekretär des Parlaments am 19. April 1991 der Klägerin sandte, eine Entscheidung und damit eine beschwerende Handlung im Sinne des Artikels 90 Absatz 2 Beamtenstatut darstellt, oder ob es sich dabei um eine schlichte Mitteilung handelte, in der die Verwaltung die Klägerin nur darüber unterrichtete, wie sich die Anstellungsbehörde zu gegebener Zeit in einer förmlichen Entscheidung äussern werde, was die Rechtslage der Klägerin nicht hätte beeinflussen können.

36 Dabei ist zunächst auf das rechtliche Umfeld dieses Schreibens abzustellen. Mit der Zurückweisung der Bewerbung der Klägerin zum Auswahlverfahren Nr. B/164 hatte die Anstellungsbehörde einen Einzelakt dieser gegenüber erlassen. Diesen hat das Gericht mit Urteil in der Rechtssache T-56/89 aufgehoben. Damit lag der Anstellungsbehörde erneut die Bewerbung der Klägerin zu diesem Auswahlverfahren vor; über diese war noch keine gültige Entscheidung ergangen. Damit war eine neue Entscheidung erforderlich, mit der die Folgerungen aus dem Urteil des Gerichts zu ziehen waren.

37 Aus dem Wortlaut des Schreibens vom 19. April 1991 ergibt sich klar, daß der Erlaß der neuen Regelung über die Einstellung von Beamten und sonstigen Bediensteten nach Auffassung des beklagten Organs den Erlaß jeder weiteren konkreten Maßnahme zur Durchführung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 überfluessig gemacht habe und daß die Anstellungsbehörde deshalb keine neuen Maßnahmen zu treffen beabsichtigte. Nach dem Wortlaut des Schreibens war diese Stellungnahme Ergebnis einer vertieften Prüfung des Urteils des Gerichts.

38 Damit durfte die Klägerin annehmen, wie sie in ihrem Schreiben vom 30. April 1991 ausführte, daß das Schreiben des Generalsekretärs eine endgültige Entscheidung der Anstellungsbehörde enthielt, ihr gegenüber keine individuelle Maßnahme zur Durchführung des Urteils des Gerichts zu treffen. Unter diesen Umständen müsste die allfällige Absicht des Verfassers des Briefes, die Klägerin nur zu unterrichten, hinter dessen objektivem Inhalt zurückstehen (Urteil des Gerichts vom 8. März 1990 in der Rechtssache T-28/89, Maindiaux/WSA, Slg. 1990, II-59, 71).

39 Insoweit ist es unerheblich, ob die Klägerin die Anstellungsbehörde zuvor mit einem Antrag nach Artikel 90 Absatz 1 Beamtenstatut im Hinblick auf die Annahme konkreter Maßnahmen befasst hatte. Schließlich hindert nichts die Anstellungsbehörde daran, an einen Beamten eine Verfügung zu richten, selbst wenn dieser keinen Antrag gestellt oder sich darauf beschränkt hat, einen Antrag auf Unterrichtung über die ihn betreffenden Absichten der Anstellungsbehörde zu stellen.

40 Unter diesen Umständen musste die Klägerin die Anstellungsbehörde innerhalb der Dreimonatsfrist des Artikels 90 Absatz 2 Beamtenstatut mit einer Beschwerde gegen die Entscheidung befassen, mit der es abgelehnt worden war, ihr gegenüber eine konkrete Maßnahme zur Durchführung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 zu treffen.

41 In ihrem Einschreiben vom 17. Juli 1991 beantragte die Klägerin, die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 19. April 1991 aufzuheben. Damit handelt es sich um den typischen Inhalt einer Beschwerde. Die Klägerin hat zwar darüber hinaus auch das Treffen konkreter Maßnahmen beantragt, was eher dem Inhalt eines Antrags entspricht. Jedoch steht der Umstand, daß die Klägerin der Anstellungsbehörde mitteilte, welche Folgen ihres Erachtens aus der beantragten Aufhebung zu ziehen seien, dem nicht entgegen, ihr Schreiben als Beschwerde aufzufassen.

42 Dasselbe gilt für den Antrag auf Ersatz des immateriellen Schadens, den die Entscheidung vom 19. April 1991 der Klägerin verursacht haben soll. Ein Beamter, gegen den eine beschwerende Handlung erfolgte, hat die Wahl, beim Gemeinschaftsgericht entweder die Aufhebung dieser Handlung oder Schadensersatz oder beides zu beantragen (Urteil des Gerichtshofes vom 22. Oktober 1985 in der Rechtssache 9/75, Meyer-Burckhardt). Das gilt nicht nur für die Klage, sondern auch für die Beschwerde.

43 Die Beschwerde der Klägerin wurde mit Ablauf von vier Monaten ab ihrer Einreichung, somit am 17. November 1991, stillschweigend zurückgewiesen. Die Klage, die am 19. November 1991 eingereicht wurde, wurde somit fristgerecht erhoben.

44 Aus diesen Ausführungen ergibt sich zugleich, daß die Anträge in der vorliegenden Schadensersatzklage keinen anderen Gegenstand haben als die Beschwerde. Die Klägerin hat zum einen bereits in ihrer Beschwerde Schadensersatz beantragt. Zwar enthielt die Beschwerde weder einen Antrag auf Feststellung eines Dienstfehlers noch einen Antrag auf Ersatz angeblichen materiellen Schadens. Jedoch kann der Antrag der Klägerin, die ihr gegenüber getroffene Entscheidung aufzuheben, einen Antrag auf Ersatz sowohl des materiellen wie des immateriellen Schadens implizieren, den diese Entscheidung ihr verursachen konnte (Urteil des Gerichtshofes vom 10. März 1989 in der Rechtssache 126/87, Del Plato/Kommission, Slg. 1989, 643, 663).

45 Folglich ist das Vorverfahren gemäß dem Beamtenstatut abgelaufen. Damit ist die vorliegende Schadensersatzklage zulässig.

Begründetheit

Parteivorbringen

46 Die Klägerin stützt ihren Schadensersatzantrag auf den Vortrag, die Entscheidung des Parlaments, keine Maßnahmen zu ergreifen, damit der Prüfungsausschuß des Auswahlverfahrens Nr. B/164 ihre Bewerbung im Lichte der Grundsätze des Urteils des Gerichts vom 8. November 1990 überprüfe, sei rechtswidrig.

47 Daß das Gericht die Entscheidung der Anstellungsbehörde, mit der ihre Bewerbung zurückgewiesen worden sei, aufgehoben habe, habe gemäß Artikel 176 EWG-Vertrag zur Folge, daß das Parlament verpflichtet gewesen sei, das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 für alle Kläger der Rechtssache T-56/89 erneut zu eröffnen, eine erneute Prüfung ihrer Bewerbungen durch den Prüfungsausschuß unter Berücksichtigung der Grundsätze des Urteils zu veranlassen und im Rahmen seiner dienstrechtlichen Befugnisse die ordnungsgemässe Durchführung der schriftlichen und mündlichen Prüfungen zu überwachen, die der Prüfungsausschuß eigens für die erfolgreichen Kläger durchführen müsse.

48 Der schlichte Umstand, daß das Parlament eine neue Regelung über die Bedingungen der Zulassung von Bediensteten auf Zeit zu internen Auswahlverfahren erlassen habe, genüge im Hinblick auf die Kläger der Rechtssache T-56/89 nicht den Anforderungen des Artikels 176 EWG-Vertrag. Mangels Rückwirkung der neuen Regelung sei diese weder der Klägerin noch ihren siebzehn Kollegen zugute gekommen.

49 Hätte der Erlaß der neuen Regelung, so fügte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hinzu, vor Erlaß des Urteils in der Rechtssache T-56/89, was sie anbelange, alles rechtmässig gemacht, hätte das Gericht entscheiden müssen, daß die Klage T-56/89 gegenstandslos geworden sei. Das Gericht habe damals jedoch die Entscheidungen aufgehoben, mit denen die Bewerbungen der Kläger abgelehnt worden seien.

50 Das Parlament habe somit gegen seine Verpflichtungen verstossen, als es ihr gegenüber keine Maßnahmen zur Durchführung des Urteils vom 8. November 1990 getroffen habe.

51 Dieses Verhalten habe ihr einen erheblichen materiellen und immateriellen Schaden zugefügt.

52 Der materielle Schaden bestehe darin, so trägt die Klägerin in ihrer Klageschrift vor, daß die Zurückweisung ihrer Bewerbung zum Auswahlverfahren Nr. B/164, die in der Rechtssache T-56/89 aufgehoben worden sei, ihr seit mehreren Jahren die Möglichkeit genommen habe, auf eine Stelle der Laufbahngruppe B ernannt zu werden. Auf entsprechende Fragen des Gerichts hat sie in der mündlichen Verhandlung klargestellt, der materielle Schaden ergebe sich in erster Linie aus der wahrscheinlichen Verschiebung ihrer Laufbahn. Andere erfolgreiche Bewerber des allgemeinen Auswahlverfahrens (Laufbahngruppe C), bei dem sie erfolgreich gewesen sei, und die vor ihr zu Beamten ernannt worden seien, hätten am Auswahlverfahren Nr. B/164 teilgenommen; ihre Erfolgsquote sei erheblich über dem Durchschnitt der Bewerber gelegen.

53 An zweiter Stelle machte sie in der mündlichen Verhandlung geltend, um künftig an internen Auswahlverfahren des Parlaments zur Besetzung von Stellen der Laufbahngruppe teilnehmen zu können, habe sie sich entschieden, Beamtin der Besoldungsgruppe C 4 zu werden, obwohl sie als Bedienstete auf Zeit in der Besoldungsgruppe C 1 eingestuft gewesen sei. Das habe zu einem erheblichen Einkommensausfall bis zu dem Zeitpunkt geführt, in dem sie erneut bei einer Fraktion in die Besoldungsgruppe C 1 eingeordnet worden sei.

54 An dritter Stelle hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, nach der Praxis der Fraktionen hätten ihre Zulassung zu einem Auswahlverfahren für eine Besoldungsgruppe der Laufbahngruppe B zur Folge haben können, daß sie auf der Stelle, zu der sie abgeordnet sei, in die Besoldungsgruppe B 3 und nicht in die Besoldungsgruppe C 1 eingeordnet worden wäre. So verhalte es sich bei einer Kollegin, die zum Auswahlverfahren Nr. B/164 zugelassen worden sei.

55 Was den immateriellen Schaden anbelange, so habe die Weigerung des Parlaments, Maßnahmen zur Durchführung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 zu erlassen, ihr einen Schaden derselben Art zugefügt, wie ihn Beamte erlitten, deren Laufbahnentwicklung durch die nicht fristgerechte Erstellung ihrer Beurteilungen gestört werde. Die Anstellungsbehörde habe zu diesem immateriellen Schaden dadurch beigetragen, daß sie zu einem Gespräch mit ihr nicht bereit gewesen sei.

56 Dieser Schaden, der andauere, sei nach Billigkeit auf 100 ECU pro Tag vom Tag der Erhebung der Beschwerde bis zu dem Tag anzusetzen, an dem der Prüfungsausschuß des Auswahlverfahrens Nr. B/164 zusammentrete, um ihre Bewerbung im Lichte der Grundsätze und des Urteils des Gerichts erneut zu prüfen.

57 Das Parlament glaubt nicht, gegen seine Verpflichtungen zur Durchführung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 verstossen zu haben. Das Urteil des Gerichts stelle keine Rechtsgrundlage für die Forderung der Klägerin dar, daß das Organ alle Maßnahmen treffe, um ihr die Teilnahme am Auswahlverfahren Nr. B/164 zu ermöglichen. In der Rechtssache T-56/89 hätten die Kläger nicht nur die Aufhebung der Entscheidungen beantragt, mit denen ihre Bewerbungen zurückgewiesen worden seien, sondern auch beantragt, das Gericht möge sie zu diesem Auswahlverfahren zulassen. Das Gericht habe sich darauf beschränkt, in seinem Urteil die streitigen Entscheidungen aufzuheben. Da das Gericht sich zum zweiten Antrag der Kläger nicht geäussert habe, habe es ihn stillschweigend zurückgewiesen.

58 In der mündlichen Verhandlung hat sich das Parlament weiter auf die Probleme berufen, die eine Wiedereröffnung des Auswahlverfahrens Nr. B/164 mit sich brächte. Bei der Verkündung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 sei dieses Auswahlverfahren abgeschlossen gewesen; eine Reserveliste sei erstellt gewesen, die einundvierzig Namen umfasst habe; sechs von diesen seien bereits ernannt worden. Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 144/82 (Detti/Gerichtshof, Slg. 1983, 2421) sei es unter diesen Umständen nicht erforderlich gewesen, die Ergebnisse des Auswahlverfahrens zu überprüfen. Im übrigen hätte die Durchführung eines eigenen Auswahlverfahrens für die Kläger der Rechtssache T-56/89 die Gefahr eines maßgeschneiderten Auswahlverfahrens mit sich gebracht.

59 Zudem habe die neue Regelung über die Einstellung von Beamten, die die Beteiligung von Bediensteten auf Zeit an internen Auswahlverfahren erlaube und die den Grundsätzen entspreche, die das Gericht in dem Urteil in der Rechtssache T-56/89 entwickelt habe, anscheinend allen Betroffenen mit Ausnahme der Klägerin Genüge getan.

60 In der mündlichen Verhandlung unterscheidet das Parlament hinsichtlich des immateriellen Schadens der Klägerin zwischen dem Schaden, der ihre Laufbahnentwicklung betreffe, einerseits, und dem Schaden, der ihr berufliches Ansehen betreffe und der sich aus der ungerechtfertigten Ablehnung ihrer Bewerbung ergebe, andererseits. Zum ersten Punkt trägt es vor, die Klägerin habe nur geringe Aussichten auf Erfolg in diesem Auswahlverfahren gehabt, da sie trotz ihrer Abordnung in einen Dienstposten der Besoldungsgruppe C 1 als Beamtin in die Besoldungsgruppe C 4 eingeordnet sei und somit am Anfang ihrer Laufbahn stehe. Im übrigen werde ein neues internes Auswahlverfahren für die Laufbahngruppe B im September 1992 stattfinden; die Klägerin könnte sich dort bewerben und bräuchte keine Diskriminierung zu fürchten.

61 Was die Beeinträchtigung ihres beruflichen Ansehens betreffe, so habe das Urteil vom 8. November 1990 der Klägerin volle Genüge getan.

62 Der Antrag, das Parlament zu verurteilen, ab 17. Juli 1991 einen Betrag von 100 ECU pro Tag zu zahlen, sei somit nicht begründet.

63 Die Streithelferin macht geltend, das Gericht habe in der Rechtssache T-56/89 das Vorbringen des Parlaments zurückgewiesen, es lägen keine individuellen Entscheidungen vor, mit denen den Klägern die Beteiligung am internen Auswahlverfahren Nr. B/164 verweigert worden sei, da ihr Ausschluß sich aus den einschlägigen internen Dienstanweisungen des Parlaments ergebe. Das Gericht habe eben die individuellen Entscheidungen aufgehoben, mit denen die Zulassung zum Auswahlverfahren verweigert worden sei; es sei somit Sache des Beklagten, gemäß Artikel 176 EWG-Vertrag die Maßnahmen zur Durchführung dieses Urteils zu treffen.

64 Das Parlament nehme zu Unrecht an, daß der Erlaß einer neuen Regelung über die Bedingungen, unter denen Bedienstete auf Zeit an internen Auswahlverfahren teilnehmen könnten, im Hinblick auf die Kläger der Rechtssache T-56/89 und insbesondere im Hinblick auf die Klägerin den Anforderungen des Artikels 176 EWG-Vertrag entspreche.

65 Unter Berufung auf den Beschluß des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 12. März 1992, mit dem sie als Streithelferin in der vorliegenden Rechtssache zugelassen worden sei, verwirft sie die Auffassung des Parlaments, der Umstand, daß das Gericht sich in der Rechtssache T-56/89 nicht ausdrücklich über den Antrag der Kläger ausgesprochen habe, sie zu den Prüfungen des internen Auswahlverfahrens Nr. B/164 zuzulassen, sei als stillschweigende Ablehnung dieses Antrags durch das Parlament aufzufassen. Ganz im Gegenteil habe das Gericht diesen Antrag als so eng mit dem Hauptantrag verbunden angesehen, daß es die beiden Anträge zusammengefasst und dem ersteren keine eigene Bedeutung neben dem letzteren beigemessen habe.

66 Die Beklagte habe daher unter Verstoß gegen Artikel 176 EWG-Vertrag angenommen, das streitige Urteil stelle keine Rechtsgrundlage für die Beschwerde der Klägerin vom 17. Juli 1991 dar.

Rechtliche Würdigung

67 Die Entscheidung des Generalsekretärs des Parlaments, infolge des Urteils des Gerichts vom 8. November 1990 keine konkrete Maßnahme gegenüber der Klägerin zu ergreifen, könnte einen dienstlichen Fehler darstellen, der die Haftung des Parlaments auslösen könnte.

68 Dabei ist zu prüfen, ob diese Entscheidung eine Verletzung der Pflicht aus Artikel 176 EWG-Vertrag darstellt, die sich aus dem Urteil des Gerichts ergebenden Maßnahmen zu ergreifen; mit diesem Urteil wurden die Entscheidungen über die Zurückweisung der Bewerbungen der Kläger in der Rechtssache T-56/89 zum Auswahlverfahren Nr. B/164 für nichtig erklärt.

69 Das Parlament ist der Auffassung, konkrete Maßnahmen seien nicht erforderlich gewesen, da das Gericht in dem genannten Urteil den Antrag der Kläger stillschweigend zurückgewiesen habe, ihnen die Teilnahme am Auswahlverfahren Nr. B/164 zu gestatten. Die Anträge der Kläger in der Rechtssache T-56/89 hatten folgenden Wortlaut:

° die Klage für zulässig und begündet zu erklären;

° demgemäß die Entscheidung des Generalsekretärs des Parlaments aufzuheben, mit der ihre Bewerbung für das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 zurückgewiesen wurde, und ihnen zu erlauben, an diesem Auswahlverfahren teilzunehmen, sowie die Entscheidungen des Generalsekretärs, mit denen ihre Beschwerden zurückgewiesen wurden, aufzuheben.

70 Der Antrag der Kläger, ihnen zu erlauben, am Auswahlverfahren teilzunehmen, und ihr Antrag auf Aufhebung der Entscheidungen, mit denen ihre Beschwerden zurückgewiesen wurden ° beide wurden neben dem Hauptantrag erhoben ° hat das Gericht als so eng mit dem Hauptantrag auf Aufhebung verbunden angesehen, daß sie mit diesem in eins flossen und gegenüber diesem keine eigene Bedeutung hatten. Der Antrag der Kläger, ihnen zu erlauben, an dem Auswahlverfahren Nr. B/164 teilzunehmen, stellte nämlich nur ihre Auffassung über die Folgen der Aufhebung der Zurückweisung ihrer Bewerbungen dar. Demgemäß bestand kein Anlaß, sich über diesen Antrag auszusprechen.

71 Im übrigen wäre ein solcher Antrag, wenn er neben dem Aufhebungsantrag eigenständig vorgebracht worden wäre, unzulässig gewesen. Das Gemeinschaftsgericht kann einem Gemeinschaftsorgan keine Weisungen erteilen, ohne den Grundsatz der Gewaltenteilung zu verletzen. Daß das Gericht den Teil der Anträge, der sich auf die Teilnahme der Kläger am Auswahlverfahren bezog, nicht ausdrücklich zurückgewiesen hat, bedeutet somit nicht, daß es sich über den Umfang der Verpflichtungen des Parlaments nach Artikel 176 EWG-Vertrag geäussert hätte.

72 Dann ist zu prüfen, ob das Parlament dadurch seiner Verpflichtung zur Durchführung des Urteils des Gerichts Genüge getan hat, daß es seine internen Dienstanweisungen über die Bedingungen geändert hat, unter denen Bedienstete auf Zeit an internen Auswahlverfahren teilnehmen können.

73 Artikel 176 EWG-Vertrag sieht eine Zuständigkeitsverteilung zwischen Justiz und Verwaltung vor. Danach ist es Aufgabe des Organs, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, zu bestimmen, welche Maßnahmen zur Durchführung eines Nichtigkeitsurteils erforderlich sind (Beschluß des Gerichtshofes vom 13. November 1963 in den Rechtssachen 98/63 und 99/63 R, Erba und Reynier/Kommission, Slg. 1964, 603, 605, und Urteil des Gerichtshofes vom 5. März 1980 in der Rechtssache 76/79, Könecke/Kommission, Slg. 1980, 665, 679).

74 Im Rahmen ihres Entscheidungsspielraums muß die Verwaltung dabei sowohl die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts als auch den Tenor und die Gründe des durchzuführenden Urteils beachten (vgl. etwa Urteile des Gerichtshofes vom 12. Juli 1962 in der Rechtssache 14/61, Hoogovens/Hohe Behörde, Slg. 1962, 511, 543, und vom 26. April 1988 in den Rechtssachen 97/86, 193/86, 99/86 und 215/86, Asteris/Kommission, Slg. 1988, 2181, 2208).

75 Mit dem Urteil des Gerichts vom 8. November 1990 wurden die Entscheidungen des Parlaments aufgehoben, mit denen die Bewerbungen der Kläger für das interne Auswahlverfahren Nr. B/164 zurückgewiesen worden waren. Zu diesen Entscheidungen zählte die an die Klägerin gerichtete Entscheidung. In den Gründen des Urteils (insb. Randnr. 48) hat das Gericht u. a. festgestellt, daß die vom erweiterten Präsidium des Parlaments im Jahre 1979 erlassenen internen Dienstanweisungen betreffend die Einstellung von Beamten, Bediensteten auf Zeit, Hilfskräften und örtlichen Bediensteten insoweit dem Beamtenstatut widersprachen, als sie Bediensteten auf Zeit, die ohne Rückgriff auf die Reserveliste der allgemeinen, externen Auswahlverfahren eingestellt worden waren, die Beteiligung an internen Auswahlverfahren des Organs verweigerte.

76 Das Parlament wäre somit zu Recht davon ausgegangen, zur Durchführung dieses Urteils hätte die Aufhebung dieser internen Regelung gehört, wenn diese bei der Verkündung des Urteils noch in Kraft gewesen wäre. Da das Parlament seine Regelung über die Einstellung von Beamten bereits vor der Verkündung des Urteils des Gerichts durch eine neue Regelung ersetzt hatte, ist zu prüfen, ob diese Maßnahme gegenüber der Klägerin der Verpflichtung genügte, die Maßnahmen zur Durchführung dieses Urteils zu treffen.

77 Der Erlaß der neuen allgemeinen Weisungen hat das Unrecht nicht behoben, das der Klägerin durch die vom Gericht aufgehobene individuelle Entscheidung zugefügt wurde, mit der ihre Bewerbung zurückgewiesen worden war. Eine rückwirkende Anwendung der neuen Regelung kam der Klägerin nicht zugute, so daß die Auswirkungen dieses Unrechts ° namentlich der Umstand, daß ihre Bewerbung zum Auswahlverfahren Nr. B/164 überhaupt nicht geprüft wurde ° in vollem Umfang bestehen blieben. Daß das Parlament eine neue allgemeine Regelung über die Beteiligung von Bediensteten auf Zeit an internen Auswahlverfahren erlassen hatte, stellt somit keine ausreichende Erfuellung der Verpflichtung aus Artikel 176 EWG-Vertrag dar.

78 Demgemäß war das beklagte Organ verpflichtet, konkrete Maßnahmen zu erlassen, um das an der Klägerin begangene Unrecht zu beheben. Auf praktische Schwierigkeiten, die solche Maßnahmen zur Folge haben könnten, kann es sich nicht berufen, um sich dieser Verpflichtung zu entziehen. Es ist schließlich seine Sache, im Rahmen des Entscheidungsspielraums, den ihm Artikel 176 EWG-Vertrag einräumt, eine Auswahl unter den möglichen Maßnahmen zu treffen, um die dienstlichen Interessen mit dem Erfordernis in Einklang zu bringen, das der Klägerin zugefügte Unrecht zu beheben.

79 Es ist nicht Sache des Gerichts, anstelle der Verwaltung die konkreten Maßnahmen festzulegen, die die Anstellungsbehörde hier hätte treffen müssen. Gleichwohl seien zur Illustration einige Möglichkeiten angeführt, wie die Anstellungsbehörde das Urteil des Gerichts hier hätte durchführen können. Das Parlament hätte ein neues internes Auswahlverfahren auf einer dem Auswahlverfahren Nr. B/164 gleichwertigen Ebene veranstalten können, und zwar entweder für das gesamte Personal des Organs oder für die Kläger in der Rechtssache T-56/89. Im letzteren Fall wäre es Aufgabe der Anstellungsbehörde und des Prüfungsausschusses gewesen, mit äusserster Sorgfalt darüber zu wachen, daß das Niveau der Prüfungen und die Beurteilungskriterien denen des Auswahlverfahrens Nr. B/164 gleichwertig gewesen wären, um dem Vorwurf eines maßgeschneiderten Auswahlverfahrens zu entgehen.

80 Im übrigen kann das beklagte Organ, wenn die Durchführung eines Nichtigkeitsurteils besonderen Schwierigkeiten begegnet, seiner Verpflichtung aus Artikel 176 EWG-Vertrag durch jede Entscheidung gerecht werden, die den Nachteil auf billige Weise ausgleicht, den der Betroffene durch die aufgehobene Entscheidung erlitten hat (Urteil des Gerichtshofes vom 5. März 1980 in der Rechtssache 76/79, Könecke, Slg. 1980, 679; siehe auch Urteil des Gerichtshofes vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 144/82, Detti). Auch hätte die Anstellungsbehörde mit der Klägerin in Verhandlungen treten können, um zu einer Vereinbarung zu gelangen, mit der das der Klägerin zugefügte Unrecht in billiger Weise ausgeglichen worden wäre.

81 Sohin stellt die Weigerung des Generalsekretärs, über die nicht rückwirkende Änderung der allgemeinen Regelung hinaus eine konkrete Maßnahme im Hinblick auf die Klägerin zu erlassen, eine Verletzung des Artikels 176 EWG-Vertrag und damit einen dienstlichen Fehler dar.

82 Zu prüfen ist somit, ob dieser Fehler der Klägerin einen Schaden verursacht hat.

83 Was den materiellen Schaden anbelangt, so ist der Schaden, den die in der Rechtssache T-56/89 aufgehobene Entscheidung der Klägerin möglicherweise verursacht hat, nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache (vgl. Randnr. 34). Sollte sich ihre Laufbahnentwicklung gegenüber anderen, zum Auswahlverfahren Nr. B/164 zugelassenen Bewerbern verzögert haben, so kann dies hier deshalb nicht berücksichtigt werden.

84 Was den Einnahmeausfall der Klägerin angeht, den sie durch ihre Ernennung zur Beamtin der Besoldungsgruppe C 4 erlitten haben will, so war sie in diese Besoldungsgruppe in der Zeit vom 1. Februar 1989 bis zum 31. August 1989 und somit vor der Verkündung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 eingeordnet. Damit ist auch der Schaden, den die Klägerin während dieser Zeit erlitten haben will, nicht Gegenstand der vorliegenden Rechtssache, die nur den Schaden betrifft, den ihr möglicherweise die Weigerung des Generalsekretärs verursacht hat, zu ihren Gunsten konkrete Maßnahmen zur Durchführung des Urteils in der Rechtssache T-56/89 zu ergreifen.

85 Die Weigerung, das Urteil des Gerichts durchzuführen, hat die Klägerin möglicherweise der Chance beraubt, auf eine Dienststelle der Laufbahngruppe B ernannt zu werden. Die Klägerin ist derzeit zur sozialistischen Fraktion abgeordnet, wo sie eine Dienststelle der Besoldungsgruppe C 1 besetzt. Hätte der Beklagte das Urteil in der Rechtssache T-56/89 durchgeführt und der Klägerin die Möglichkeit eröffnet, an einem B-Auswahlverfahren teilzunehmen und hätte sie in diesem Auswahlverfahren Erfolg gehabt, so hätte sie als Beamtin in die Grundbesoldungsstufe der Laufbahngruppe B, somit in B 5 ernannt werden können. Aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 3834/91 des Rates vom 19. Dezember 1991 zur Anpassung der Bezuege der Beamten und Bediensteten der Gemeinschaft ab 1. Juli 1991 ist das Gehalt in der Besoldungsgruppe C 1 höher als jenes in der Besoldungsgruppe B 5 und für die ersten vier Dienstaltersstufen sogar höher als jenes in der Besoldungsgruppe B 4. Unter diesen Umständen hat die Klägerin nicht nachgewiesen, daß ihr die Entscheidung des Generalsekretärs einen materiellen Schaden verursacht hätte.

86 Der Hinweis schließlich auf den Fall eines anderen Beamten, der in der Folge seiner Zulassung zum Auswahlverfahren Nr. B/164 von einer Fraktion in die Besoldungsgruppe B 3 eingestuft wurde, erfolgte zum ersten Mal in der mündlichen Verhandlung. Nach Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens untersagt, soweit sie nicht auf rechtlichen und sachlichen Gesichtspunkten beruhen, die sich während des Verfahrens ergeben haben. Die Klägerin hat zugestanden, daß sie bereits bei der Erhebung der Klage den in der mündlichen Verhandlung angeführten Sachverhalt gekannt habe. Unter diesen Umständen muß der Versuch scheitern, einen materiellen Schaden nachzuweisen, der mit der derzeitigen Stellung der Klägerin als Bediensteter einer Fraktion in Verbindung stuende; dieser unterschiede sich nämlich grundlegend von dem in der Klage geltend gemachten, der sich auf die mögliche Entwicklung ihrer Beamtenlaufbahn bezog.

87 Zudem hat das Parlament die klägerischen Behauptungen bestritten. Das Gericht kann daher nicht aufgrund einer schlichten Behauptung der Klägerin als nachgewiesen erachten, daß die Zulassung zu einem internen Auswahlverfahren zur Besetzung von Dienstposten der Laufbahngruppe B im Falle der Klägerin ohne weiteres ihre Einstufung in die Besoldungsgruppe B 3 bei der Fraktion zur Folge hätte, zu der sie abgeordnet ist. Selbst wenn aber eine solche Praxis der Fraktionen bestuende oder bestanden hätte, so handelte es sich dabei nicht um einen Vorteil, auf den die Klägerin aufgrund des Beamtenstatuts Anspruch gehabt hätte, wenn das beklagte Organ das Urteil in der Rechtssache T-56/89 ordnungsgemäß durchgeführt hätte. Unter diesen Umständen fehlt es am Kausalzusammenhang zwischen dem festgestellten dienstlichen Fehler und dem Umstand, daß der Klägerin dieser Vorteil nicht zugute kam.

88 Einen materiellen Schaden hat die Klägerin somit nicht nachgewiesen.

89 Hingegen versetzt die Weigerung des Generalsekretärs, eine konkrete Maßnahme zu treffen, um die Folgen der aufgehobenen Entscheidung zu beseitigen, die Klägerin in einen Zustand der Unsicherheit und Unruhe hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft, der einen immateriellen Schaden darstellt (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 6. Februar 1986 in den Rechtssachen 173/82, 192/83 und 186/84, Castille/Kommission, Slg. 1986, 497, und Urteil des Gerichtshofes vom 24. Januar 1991 in der Rechtssache T-27/90, Latham/Kommission, Slg. 1991, II-35, 50).

90 Dieser Schaden wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Klägerin in der Rechtssache T-56/89 obsiegt hat. Er ergibt sich vielmehr eben aus dem Umstand, daß ihrem rechtmässigen Verlangen, das beklagte Organ möge infolge dieses Urteils die Folgen des ihr zugefügten Unrechts beheben, nicht nachgekommen wurde. Die Klägerin konnte daher befürchten, daß dieses Unrecht ungeachtet des erlangten Aufhebungsurteils weiter Wirkungen zeitige.

91 Gleichwohl ist zum einen zu berücksichtigen, daß das Parlament nach wie vor verpflichtet ist, angemessene Maßnahmen zur Durchführung des Urteils T-56/89 gegenüber der Klägerin zu treffen, zum anderen aber, daß diese künftig an anderen internen Auswahlverfahren teilnehmen kann, in deren Rahmen sie nachweisen kann, daß sie alle Voraussetzungen für Stellen der Laufbahngruppe B erfuellt.

92 Unter diesen Umständen ist zur Behebung des immateriellen Schadens der Klägerin zunächst ihrem Antrag auf Feststellung stattzugeben, daß das beklagte Organ einen dienstlichen Fehler begangen habe. Darüber hinaus bewertet das Gericht den Schaden der Klägerin nach Billigkeit und spricht ihr als Schadensersatz einen Betrag von 50 000 BFR zu.

Kostenentscheidung:

Kosten

93 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts trägt die unterliegende Partei die Kosten. Das Parlament ist mit seinem Vorbringen im wesentlichen unterlegen. Es hat daher die Kosten einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen.

Tenor:

Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Entscheidung des Parlaments vom 19. April 1991, mit der es sich weigerte, gegenüber der Klägerin konkrete Maßnahmen zur Durchführung des Urteils des Gerichts vom 8. November 1990 (T-56/89) zu treffen, ist rechtswidrig und stellt einen dienstlichen Fehler dar, der die Haftung des Parlaments auslöst.

2) Das Parlament zahlt der Klägerin als Schadensersatz einen Betrag von 50 000 BFR.

3) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4) Das Parlament trägt die Kosten einschließlich derjenigen der Streithelferin.

Ende der Entscheidung

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