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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: 1 K 319/05
Rechtsgebiete: UStG, BGB


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1
UStG § 3 Abs. 3
BGB § 930
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Streitig ist die umsatzsteuerliche Beurteilung der Verwertung von sicherungsübereigneten Schmuckgegenständen im Rahmen eines Ausverkaufs.

Die X GmbH & Co. KG (im folgenden: X KG) hatte für ihren Juwelierbetrieb bei der Klägerin Kredite von ca. 1,2 Mio. EUR aufgenommen, zu deren Sicherung sie mit Verträgen vom 2. September 1996 und 16. Juli 1997 Schmuckgegenstände an die Klägerin übereignete. Nachdem die X KG der Klägerin Anfang des Jahrs 2003 mitgeteilt hatte, dass sie beabsichtige, ihr Geschäft zu schließen, wurde am 24. Februar 2003 eine Vereinbarung zur Rückführung der Verbindlichkeiten geschlossen. Die X KG verpflichtete sich darin unter anderem, aus den Verkaufserlösen der sicherungsübereigneten Waren den Einstandspreis täglich auf das bei der Klägerin geführte Konto einzuzahlen (Ziffer 3 der Vereinbarung). Nach Ziffer 4 der Vereinbarung sollten die Einzahlungen zur Rückführung der bestehenden Forderungen der Klägerin verwendet bzw. umgebucht werden. Ziffer 7 der Vereinbarung bestimmte, dass das Besitzrecht der X KG hinsichtlich der der Klägerin übereigneten Waren als widerrufen gelte, die Klägerin aber vorerst den Abverkauf der Waren in den Geschäftsräumen der X KG gestatte, vorbehaltlich einer jederzeit möglichen Abholung der Ware. Aus dem Verkauf der sicherungsübereigneten Waren erzielte die X KG einen Verkaufserlös von ca. xxx.xxx brutto. Hiervon überwies sie einen Betrag von xxx.xxx,xx EUR an die Klägerin.

Nach Durchführung einer Umsatzsteueraußenprüfung bei der Klägerin änderte das beklagte Finanzamt (FA) die Umsatzsteuer 2003 ab, indem es die Klägerin als Steuerschuldnerin für die Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG in Anspruch nahm. Das hatte im Ergebnis zur Folge, dass die Umsatzsteuer aus dem Bruttoverkaufserlös i.H.v. xxx.xxx EUR (16/116 von xxx.xxx,xx EUR) gegenüber der Klägerin festgesetzt und im gleichen Umfang die gegenüber der zwischenzeitlich insolventen X KG festgesetzte Umsatzsteuer gemindert wurde.

Die Klägerin hat hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Sie trägt vor, zu Unrecht als Steuerschuldnerin gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 2 UStG in Anspruch genommen worden zu sein, weil die Sicherungsvereinbarung vom 24. Februar 2003 nicht als Verwertung des Sicherungsguts qualifiziert werden könne. Im Anschluss an die Vereinbarung vom 24. Februar 2003 seien noch im Mai und Juli 2003 die Kreditverträge mit der X KG verlängert worden, die erst Ende Oktober 2003 gekündigt worden seien, nachdem die X KG ihre Kreditverpflichtungen nicht mehr erfüllt habe. Die Verwertungsreife ergebe sich entgegen der Behauptung des FA auch nicht aus den Vorschriften über den Pfandverkauf (§§ 1228 ff. BGB), da nicht diese sondern allein die Sicherungsabrede das Verhältnis des Sicherungsgebers zum Sicherungsnehmer bestimme. Auch aus dem in Ziffer 7 der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 geregelten Herausgabeanspruch ergebe sich nicht die Verwertungsreife, die frühestens mit der Kreditkündigung vom 29. Oktober 2003 eingetreten sei. Der Herausgabeanspruch sei nur fürsorglich für den Fall vereinbart worden, dass es beim Ausverkauf zu Unregelmäßigkeiten kommen würde. Im Rahmen des Ausverkaufs sei das Sicherungsgut nicht im Auftrag oder Interesse der Klägerin veräußert worden, was sich schon daran zeige, dass ihr nur ein Teil des Veräußerungserlöses überwiesen worden sei.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2003 vom 24. August 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11. Oktober 2005 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer 2003 unter Außerachtlassung von vermeintlichen Lieferungen sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsnehmer im Betrag von xxx.xxx,xx EUR auf xxx.xxx,xx EUR herabgesetzt wird, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das FA tritt einer Änderung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides insoweit nicht entgegen, als die streitigen Umsätze aus der Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände auf xxx.xxx,xx EUR (brutto) ermäßigt werden; im übrigen beantragt es,

die Klage abzuweisen.

Es führt unter Hinweis auf seine Einspruchsentscheidung aus, die beabsichtigte Geschäftsaufgabe der X KG sei ein wichtiger Grund, der die Klägerin zur Verwertung des Sicherungsguts berechtigt habe. Die Verwertungsreife setze weder den Zahlungsverzug des Sicherungsgebers noch die Kündigung der Darlehen voraus. Dass die X KG nicht den gesamten Verkaufserlös, sondern nur den hierauf entfallenden Einstandspreis an die Klägerin gezahlt habe, stehe der Verwertung ebenfalls nicht entgegen. Die Beteiligten hatten es in der Hand, ihre Sicherungsabreden den Besonderheiten der Juwelierbranche anzupassen.

Der Senat hat auf Antrag des FA am 30. Oktober 2008 die Beiladung des Insolvenzverwalters der X KG beschlossen. In der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2008 wurden die Zeugen Z1 und Z2 vernommen. Wegen des Ergebnisses des Beweisaufnahme wird auf die Tonträgeraufzeichnung der Niederschrift vom 10. Dezember 2008 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die vorliegenden Verwaltungsakten verwiesen (je ein Band Rechtsbehelfs-, Umsatzsteuer- und Prüferhandakte).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2003 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit das FA gegenüber der Klägerin Umsatzsteuer aus dem Bruttoverkaufserlös der X KG festgesetzt hat. Der Bescheid ist jedoch rechtmäßig, soweit die Umsatzsteuer auf Grundlage des der Klägerin von der X KG bezahlten Entgelts für die Verwertung der sicherungsübereigneten Waren bemessen wird. Insoweit war die Umsatzsteuerfestsetzung 2003 zu ändern (§ 100 Abs. 2 FGO).

Die Klägerin ist nicht Steuerschuldnerin der Umsätze der X KG aus deren Räumungsverkauf. Die X KG hat als Sicherungsgeber die der Klägerin sicherungsübereigneten Gegenstände im eigenen Namen an Dritte veräußert. Das ist eine entgeltliche Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der X KG an ihre Kunden, für die sie und nicht die Klägerin die Umsatzsteuer schuldet (1.). Die Klägerin ist aber Steuerschuldnerin für die Lieferung der ihr sicherungsübereigneten Schmuckgegenstände an die X KG im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts. Bemessungsgrundlage für diesen Umsatz ist der ihr zugeflossene und um die Umsatzsteuer zu bereinigende Betrag von xxx.xxx,xx EUR (2.).

1. Das FA durfte gegenüber der Klägerin nicht die Umsatzsteuer aus den von der X KG getätigten Verkäufen an deren Kunden festsetzen. Hierfür ist die X KG die Steuerschuldnerin.

Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender und wer als Leistungsempfänger anzusehen ist. Lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände kommt eine von den "vertraglichen Vereinbarungen" abweichende Bestimmung des Leistenden in Betracht, so z.B. wenn nach den Umständen des Falles erkennbar ein Eigengeschäft des Handelnden und nicht des angeblichen "Vertragspartners" vorliegt, der die Leistung auch nicht als eigene Leistung der Umsatzsteuer unterwirft, und bei denen der Leistungsempfänger typischerweise mit der Nichtbesteuerung durch den "Rechnungsaussteller" rechnet oder rechnen muss (BFH-Urteil vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389, BStBl II 2004, 627, m.w.N.; vgl. BFH-Beschluss vom 5. Februar 2004 V B 180/03, BFH/NV 2004, 988). Allein der Umstand, dass jemand im eigenen Namen aber letztlich für Rechnung eines Dritten Leistungen erbringt oder bezieht, rechtfertigt dagegen keine von den vertraglichen Vereinbarungen abweichende Zurechnung von Leistungen oder Leistungsbezügen, wie sich aus den Regelungen zum Kommissionsgeschäft ergibt (vgl. Art. 5 Abs. 4 Buchst. c und Art. 6 Abs. 4 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Richtlinie 77/388/EWG -, sowie zu § 3 Abs. 3 und Abs. 11 UStG 1993 die BFH-Urteile vom 31. Januar 2002 V R 40, 41/00, BFHE 197, 377; vom 29. August 2002 V R 8/02, BFHE 199, 88, BStBl II 2004, 320, sowie BFH-Beschluss vom 16. Mai 2002 V B 89/01, BFH/NV 2002, 1113; nunmehr ausdrücklich § 3 Abs. 11 UStG mit Wirkung vom 1. Januar 2004).

Verkauft deshalb der Sicherungsgeber im Einverständnis mit dem Sicherungsnehmer die diesem zur Sicherheit übereigneten Gegenstände im eigenen Namen an einen Dritten, führt er eine entgeltliche Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus, für die er Umsatzsteuer schuldet. Indem die X KG als Sicherungsgeber das Sicherungsgut im eigenen Namen an ihre Kunden verkauft und übereignet hat, führte sie an diese eine entgeltliche Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus, für die sie die Umsatzsteuer schuldet. Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid ist daher rechtswidrig, soweit das FA die Nettoerlöse aus dem Ausverkauf der X KG der Umsatzbesteuerung bei der Klägerin unterworfen hat.

2. Der Steuerschuldnerschaft der X KG aus deren Räumungsverkauf sind jedoch zwei Umsätze vorgelagert, die dem Grunde nach zu Recht gegenüber der Klägerin festgesetzt wurden. Aufgrund der Verwertung der sicherungsübereigneten Waren durch die X KG in Absprache und Interesse der Klägerin erstarkte die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der X KG (Sicherungsgeber) an die Klägerin (Sicherungsnehmer). Da die X KG bei der Verwertung für Rechnung der Klägerin handelte, liegt zudem ein Fall des § 3 Abs. 3 UStG (Kommissionsgeschäft) vor. Für die gesetzlich fingierte Lieferung im Rahmen eines Kommissionsgeschäfts ist die Klägerin Steuerschuldnerin. Die Steuerhöhe bemisst sich aus dem ihr von der X KG überwiesenen Beträgen.

a) Der Sicherungsgeber führt mit der Übereignung beweglicher Gegenstände zu Sicherungszwecken unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -) noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, § 3 Abs. 1 UStG aus. Zur Lieferung wird der Übereignungsvorgang erst, wenn der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut mit dem Ziel seiner Befriedigung im eigenen Namen an Dritte veräußert (sog. Doppelumsatz, Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Juli 1978 V R 2/75, BFHE 126, 84, BStBl II 1978, 684; vom 17. Juli 1980 V R 124/75, BFHE 131, 120, BStBl II 1980, 673; BFH-Beschluss vom 13. Februar 2004 V B 110/03, BFH/NV 2004, 832). Mit dem eigenhändigen Verkauf des Sicherungsguts durch den Sicherungsnehmer aufgrund der Sicherungsvereinbarung ist unzweifelhaft, dass dieser auch die wirtschaftliche Verfügungsbefugnis über die zur Sicherheit übereigneten Gegenstände erhalten und damit umsatzsteuerlich geliefert bekommen hat.

Ähnliches gilt, wenn der Sicherungsnehmer (bewegliches) Sicherungsgut nicht selbst verwertet, sondern die Verwertung des Sicherungsguts dem Sicherungsgeber überlässt. Auch im Fall der Verwertung des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber erlangt der Sicherungsnehmer (hier: die Klägerin) die Verfügungsmacht an diesem, gleichgültig, ob er das Sicherungsgut dadurch verwertet, dass er es selbst veräußert, oder dadurch, dass der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu veräußern. In beiden Fällen erstarkt die Sicherungsübereignung zur Lieferung. Im Unterschied zum sog. Doppelumsatz bei der Selbstverwertung des Sicherungsnehmers kommt es bei der Drittverwertung durch den Sicherungsgeber aber zu einem sog. Dreifachumsatz. Indem der Sicherungsgeber das Sicherungsgut im eigenen Namen verkauft und übereignet, führt er und nicht der Sicherungsnehmer eine entgeltliche Lieferung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aus. Da der Sicherungsgeber dabei für Rechnung des Sicherungsnehmers handelt, greift zudem ein Fall des § 3 Abs. 3 UStG (Kommissionsgeschäft) ein; zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt (BFH-Urteile vom 6. Oktober 2005 V R 20/04, BStBl II 2006, 931 und vom 30 März 2006 V R 9/03, BStBl II 2006, 933, BFHE 213, 144; FG Saarland, Urteil vom 14. Februar 2007 1 K 1276/03, EFG 2007, 79).

Allerdings liegt nicht jeder Veräußerung von Sicherungsgut durch den Sicherungsgeber ein Kommissionsgeschäft zugrunde, für das der Sicherungsnehmer Umsatzsteuer schuldet. Der Verkauf sicherungsübereigneter Waren durch den Sicherungsgeber und die Tilgung der besicherten Forderung sowie die Ersatzbeschaffung neuer Waren aus dem Verkaufserlös ist im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit des Einzelhandels die Regel. Auch im vorliegenden Fall wurde in der ursprünglichen Sicherungsvereinbarung vom 16. Juli 1997 vereinbart, dass die X KG den beim Verkauf erzielten Erlös an die Klägerin abführt oder den Erlös zum Kauf neuer Waren verwendet (Tz. 4.2 Besitzrecht, Verkauf der Waren). Dieser Zyklus führt umsatzsteuerlich weder zu einem Doppel- noch zu einem Dreifachumsatz. Die Tilgung von Kreditverpflichtungen aus Verkaufserlösen ist in der Regel keine umsatzsteuerliche Leistung, für die der Sicherungsnehmer Umsatzsteuer schuldet.

Die Auskehrung von Erlösen an den Sicherungsnehmer ist aber Entgelt für umsatzsteuerpflichtigen Leistungen, wenn die sicherungsübereigneten Waren auf der Grundlage der Sicherungsvereinbarung verwertet werden. Die Schwelle von der umsatzsteuerneutralen Schuldentilgung zur umsatzsteuerpflichtigen Verwertung ist überschritten, wenn die sicherungsübereigneten Waren im Auftrag und für Rechnung des Sicherungsnehmers durch den Sicherungsgeber verkauft werden. Die Frage, ob eine umsatzsteuerpflichtige Drittverwertung der sicherungsübereigneten Waren und in der Folge ein sog. Dreifachumsatz vorliegt, ist in erster Linie auf der Grundlage der zwischen dem Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer getroffenen Vereinbarungen zu beantworten. Dabei setzt die Verwertung des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber für Rechnung des Sicherungsnehmers (hier: der Klägerin) aus Sicht des Umsatzsteuerrechts nicht voraus, dass der Sicherungsfall infolge Zahlungsverzugs des Sicherungsgebers eingetreten ist; es reicht aus, dass der Sicherungsgeber im Auftrag des Sicherungsnehmers oder jedenfalls im Interesse des Sicherungsnehmers mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen das Sicherungsgut veräußert und den Veräußerungserlös an den Sicherungsnehmer herausgibt. Dies kann auch dadurch geschehen, dass der Erlös auf ein Konto des Sicherungsgebers beim Sicherungsnehmer (hier: der Klägerin) überwiesen wird, so dass sich der Sicherungsnehmer aus dem Konto befriedigen kann (BFH-Urteile vom 6. Oktober 2005 V R 20/04, BStBl II 2006, 931).

Nach diesem Maßstab hat die X KG die sicherungsübereigneten Waren als Kommissionär für die Klägerin verwertet, die hierfür die Umsatzsteuer schuldet. Das ergibt sich aus der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 und deren wirtschaftlichem Hintergrund. Wie sich bereits aus der Präambel der Vereinbarung ergibt, ging es der Klägerin um eine konzertierte Rückführung der Verbindlichkeiten der X KG, die hierfür einen Ausverkauf durchführen sollte. Mit der geplanten und absehbaren Betriebsaufgabe war der Bereich einer regelmäßigen Schuldentilgung im normalen Geschäftsbetrieb bereits verlassen. Die Klägerin hatte dem Vorschlag der X KG zur Rückführung der Verbindlichkeiten nicht zugestimmt und statt dessen die Vereinbarung vom 24. Februar 2003 entworfen, um ihre Sicherheiten aus den in Bezug genommenen Sicherungsübertragungen vom 2. September 1996 und 16. Juli 1997 zu verwerten. Die darin enthaltene Gestattung der X KG die Verkaufserlöse zum Kauf neuer Waren, wurde in Ziffer 3 der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 ausdrücklich widerrufen. Statt dessen musste die X KG einen Teil ihrer Verkaufserlöse täglich auf ein bei der Klägerin geführtes Konto einzahlen. Dass die Abführungspflicht der Klägerin auf den Einstandspreis der der Klägerin übereigneten Waren beschränkt war, steht der umsatzsteuerlichen Verwertung nicht entgegen. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, sie habe nicht auf der Einzahlung der gesamten Verkaufserlös bestanden, um der X KG zu ermöglichen, aus den verbleibenden Einnahmen ihren weiteren Geschäftsbetrieb zu unterhalten. Die Klägerin hat damit von der ihr zustehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihr Verwertungsrecht nur teilweise auszuüben. Das ändert aber ebenso wie der Verzicht auf die Selbstverwertung und die Übertragung der Verwertung auf den Sicherungsgeber nichts daran, dass die Sicherungsübereignung der Waren zu deren Lieferung erstarkte. Wie der Sicherungsnehmer die Verwertung gestaltet, liegt aufgrund seiner wirtschaftlichen Machtstellung regelmäßig in seiner Hand. Entscheidend ist, dass er mit dem Sicherungsgeber vereinbart, die Waren auf seine Rechnung zu verkaufen. Das hat die Klägerin getan. Sie hat unter dem sofortigen Widerruf des Besitzrechts der X KG an den sicherungsübereigneten Waren dieser lediglich gestattet, die Waren in ihren Geschäftsräumen zu verkaufen, sich im übrigen aber ein jederzeitiges Abholrecht vorbehalten (Ziffer 7 der Vereinbarung vom 24. Februar 2003). Dass die Klägerin endgültig ihre Hand auf die sicherungsübereignete Ware gelegt hatte, zeigt sich auch daran, dass sich deren Abverkauf zweimal wöchentlich durch Bestands- und Erlöslisten von der X KG dokumentieren ließ (Ziffer 6 der Vereinbarung vom 24. Februar 2003). Zusammen mit dem Verbot, die Verkaufserlöse zum Erwerb neuer Waren zu verwenden und der ebenfalls geregelten Reihenfolge der Schuldentilgung ergibt sich für den Senat das Bild eines gezielt und abschließend zur Verwertung schreitenden Sicherungsnehmers. Die Klägerin hat mit der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 Art, Inhalt und Umfang der Verwertung bestimmt. Sie hat das Heft in die Hand genommen, um vor dem Hintergrund der geplanten Geschäftsaufgabe eine möglichst effektive Verwertung der sicherungsübereigneten Waren zu gewährleisten. Der X KG blieben keine nennenswerte Spielräume mehr, ihre Schulden bei der Klägerin anderweit zu tilgen. Unabhängig von der Frage, ob auch zivilrechtlich der Sicherungsfall eingetreten war, ist damit aus umsatzsteuerlicher Sicht ein Verwertungsfall gegeben.

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Senats nicht ergeben, dass entgegen dem Wortlaut und Zweck der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 nur von einer Schuldentilgung auszugehen wäre, ohne dass die Sicherungsübereignung zur Lieferung erstarkt und die Waren für Rechnung der Klägerin verkauft worden wäre. Beide Zeugen konnten zum Inhalt der Vereinbarung auch nach deren Vorhalt nichts Substantielles aussagen. Insbesondere ergibt sich aus deren Aussagen nicht, dass der Widerruf des Besitzrechts der X KG in Ziffer 7 der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 nicht ernsthaft gewollt gewesen wäre und im Grunde keine ausschlaggebende Bedeutung gehabt hätte. Auch fürsorgliche Regelungen sind ernsthaft für den Fall vereinbart, der zur Fürsorge Anlass gibt. Sie verlieren nicht ihre Bedeutung, weil sie nicht zur Anwendung kommen. Den Zeugenaussagen kann auch nicht entnommen werden, die Vereinbarung vom 24. Februar 2003 sei als bloße Regelung der Schuldentilgung zu verstehen gewesen. Hiergegen spricht nicht nur deren Inhalt, sondern auch der Umstand, das die Vereinbarung vom 24. Februar 2003 tatsächlich durchgeführt wurde. Ohne Bedeutung ist schließlich der Umstand, dass die Vereinbarung vom 24. Februar 2003 nicht von der Verwertungs-, sondern der Sanierungsabteilung der Klägerin entworfen worden war. Entscheidend ist nicht, welche Organisationseinheit des Sicherungsnehmers handelt, sondern welche Maßnahmen er gegenüber dem Sicherungsgeber ergreift. Die Binnenorganisation der Klägerin kann nicht als Indiz für eine fehlende Verwertung herangezogen werden. Dafür ist die Vereinbarung vom 24. Februar 2003 zu eindeutig. Mit ihr wurde nicht nur vereinbart, wie die X KG ihre Schulden tilgen soll, sondern darüber hinaus die Verwertung der sicherungsübereigneten Ware im Auftrag und Interesse der Klägerin geregelt. Auch wenn die Durchführung des Ausverkaufs letztlich eine Notwendigkeit war, die von der Klägerin nicht initiiert werden musste, hat sie mit der Vereinbarung vom 24. Februar 2003 und deren Vollzug bestimmenden Einfluss auf die Verwertung der sicherungsübereigneten Waren genommen und ihre Verfügungsmacht hierüber ausgeübt. Liegt demnach ein Kommissionsgeschäft vor, bemisst sich die hierfür festzusetzende Umsatzsteuer aus dem der Klägerin zugeflossenen Erlösen i.H.v. xxx.xxx,xx EUR, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist. Die Umsatzsteuer aus der Lieferung der sicherungsübereigneten Waren, für die nach § 13b Abs. 1 UStG ebenfalls die Klägerin Steuerschuldnerin ist, wirkt sich aufgrund des korrespondierenden Vorsteuerabzugs umsatzsteuerlich nicht aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Kostenquote ergibt sich daraus, dass die Klage auf Herabsetzung der Umsatzsteuer um 102.045,96 EUR i. H.v. 45.948,92 EUR (16/116 von 333.129,70 EUR) Erfolg hat und im übrigen abgewiesen wird. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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