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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 10 K 327/03
Rechtsgebiete: AO, EStG 1997


Vorschriften:

EStG 1997 § 26 Abs. 1 S. 1
EStG 1997 § 26b
EStG 1997 § 1 Abs. 1
AO § 8
AO § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 10. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7. April 2005 durch Richter am Finanzgericht ... als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Streitig sind die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung von Ehegatten.

Der Kläger ist kanadischer Staatsangehöriger und von Beruf Eishockeyspieler. Am 20.04.2000 schloss er mit dem Eishockeyclub "..." ... Eishockey GmbH (im folgenden Club) einen Arbeitsvertrag für die Spielsaison 2000/01, und die Spielsaison 2001/02 d.h. ausdrücklich für die Zeit vom 01.08.2000 bis zum 30.04.01 und vom 01.08.2001 bis 30.04.2002 ab. Nach dem Vertrag war neben dem Grundgehalt von 300.000 DM, verschiedenen Bonuszahlungen und Reiskostenerstattungen - begrenzt auf die im Vertrag festgelegten Spielzeiten, d.h. im Jahr 2001 für die Dauer von 9 Monaten - die kostenlose Überlassung eines möblierten Hauses und 2er Mittelklasse-Pkw vereinbart.

Kurz vor Beginn der Spielsaison 2000/01 reisten der Kläger und seine damalige Freundin, die amerikanischen Staatsbürgerin ..., mit der er zusammen in ... seinen Lebensmittelpunkt hatte von dort in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie in ... die dem Kläger von seinem Club überlassene möblierte Wohnung in der ...strasse 38 bezogen und wo die beiden bis zum Saisonende 2000/01 lebten. Danach (Anfang April 2001) kehrten der Kläger und seine Freundin nach ... zurück, wo sie während des Sommers lebten und wo der Kläger für die nächste Saison trainierte. In dieser Zeit (am 07.06.2001) heirateten die Beiden.

Am 14. August 2001 reisten der Kläger und seine Ehefrau wieder nach Deutschland ein, um in Erfüllung des Arbeitsvertrages des Klägers am dem Mannschaftstraining vor Ort teilzunehmen. Sie konnten wieder die ihnen bereits für die Vorsaison überlassene Wohnung in der ...strasse beziehen, in der sie ihre im Sommer in ... nicht benötigten Kleider, Hifi und TV-Geräte und einzelne persönliche Möbelstücke zurückgelassen hatten.

Zur eigentlichen Trainingsaufnahme kam es jedoch nicht, weil sich der Kläger und seine Ehefrau als Folge des schlechten Gesundheitszustandes des Vaters der Ehefrau des Klägers, der ebenfalls in ... lebte, kurzfristig zur Rückkehr nach ... entschlossen und der Kläger deswegen seine Arbeitsvertrag mit dem Club am 18. August 2001 rückwirkend zum 01.08.2001 aufgelöst hatte.

Der Kläger flog daraufhin mit einem am 23. August 2001 erworbenen Flugticket am 24. August in die USA zurück, seine Ehefrau folgte am 27. August 2001 nach. Diesen Rückflug hatte sie bereits zusammen mit dem Hinflug nach Deutschland gebucht.

Für den Veranlagungszeitraum 2001 beantragten der Kläger und seine Ehefrau in der Einkommensteuererklärung Zusammenveranlagung, die das Finanzamt jedoch nicht durchführte, weil eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt der Stadt ... ergeben hatte, dass nur der Kläger vom 01.08.2000 bis 04.09.2001 in ... polizeilich gemeldet war, seine damalige Freundin und jetzige Ehefrau jedoch nicht.

Gegen den unter Anwendung der Grundtabelle ergangenen Einkommensteuerbescheid 2001 vom 26.06.2002 legte der Kläger unter Vorlage von Flugtickets, die den Aufenthalt der Ehefrau in Deutschland beweisen sollen erfolglos Einspruch ein. In der Einspruchsentscheidung vom 02.10.2003 ist ausgeführt, dass eine Zusammenveranlagung gemäß § 26, § 26 b Einkommensteuergesetz - EStG - nicht möglich sei, weil bisher nicht nachgewiesen sei, dass die Ehefrau des Klägers im Jahr 2001 in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei. Es fehle hierzu an den vom Gesetzgeber in den § 8, § 9 Abgabenordnung - AO - geforderten Voraussetzungen für die Annahme eines nach der Eheschließung in Deutschland gegründeten Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts der Ehefrau des Klägers. Allein der 14-tägige Aufenthalt in ... im August 2001 reiche hierzu nicht aus.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2001 vom 26.06.2002 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 2.10.2003 zu ändern und die Einkommensteuerveranlagung als Zusammenveranlagung gemäß § 26, § 26 b EStG unter Anwendung der Splittingtabelle durchzuführen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

Er ist der Auffassung, dass auch das Vorbringen im Klageverfahren die unbeschränkte Steuerpflicht der Ehefrau des Klägers im Jahr 2001 nicht glaubhaft mache.

Der Rechtsstreit wurde durch Beschluss des Senats vom 24. Februar 2005 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet, denn die Kläger erfüllen im Streitjahr nicht die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1, § 26 b EStG.

Nach dieser Bestimmung können Ehegatten, die beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 oder 2 oder des § 1 a EStG sind und nicht dauernd getrennt leben, und bei denen die Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder im Laufe des Veranlagungszeitraums eingetreten sind, zwischen getrennter Veranlagung (§ 26 a) oder Zusammenveranlagung (§ 26 b) wählen. Für eine Zusammenveranlagung müssen allerdings die drei Voraussetzungen (Bestehen einer Ehe, unbeschränkte Steuerpflicht jedes Ehegatten und kein dauerndes Getrenntleben) zu irgend einem Zeitpunkt im Veranlagungszeit gleichzeitig vorgelegen haben. Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Finanzamt, die sich im gerichtlichen Verfahren bestätigt haben, fehlt es im Streitfall an der unbeschränkten Steuerpflicht der Ehefrau des Klägers nach deren Eheschließung.

Unbeschränkt steuerpflichtig sind nach der hierzu vorliegenden Regelung in § 1 Abs. 1 EStG natürliche Personen, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Nach § 8 AO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand nach § 9 AO dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die darauf schließen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dabei wird bei einem zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Monaten im Inland der gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des Gesetzes, von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen gemäß § 9 Satz 3 AO ausgenommen, stets angenommen.

Sowohl Wohnsitz wie gewöhnlicher Aufenthalt in diesem Sinne knüpfen an äußere Merkmale, die darauf schließen lassen, dass sich jemand an diesem Ort nicht nur vorübergehend aufhält.

Die hierzu ergangene ständige Rechtsprechung des BFH (vergl. z.B. Beschluss vom 21.03.2003 - III B 123/02, (BFH/NV 2003, 944)) verlangt für einen Wohnsitz in diesem Sinne, dass der Betroffene eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird. Entscheidend für die Begründung des Wohnsitzes ist, dass nach den objektiv erkennbaren Umständen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des Wohnsitzbegriffes erfüllt sind. Der bloße Wille des Betroffenen ist hingegen nicht maßgebend (BFU Urteil vom 05.11.2001 - V B 219/00 BFH/NV 2002, 311). Es kommt vielmehr auf die Begleitumstände des Innehabens einer Wohnung an.

Zu diesen maßgebenden Begleitumständen des Innehabens einer Wohnung hat der BFH dem Zeitmoment ebenso Bedeutung beigemessen (Urteil vom 28.01.2004 - I R 56//02 BFH/NV 2004, 917) wie der Nutzung der Wohnung als Bleibe und nicht nur zu Besuchs- oder Erholungszwecken (BFH Urteil vom 12.01.2001 - VI R 64/98 BFH/NV 2001, 1231).

Nach dieser Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, hat die Ehefrau des Klägers die Wohnung in ... nach ihrer Eheschließung in der Zeit vom 14. bis 28. August 2001 schon deswegen nicht auf Dauer als Bleibe im Sinne der genannten Rechtsprechung genutzt, weil sie ihren Aufenthalt in der Wohnung vornherein auf 14 Tage begrenzt hat und die Rückreise in die USA schon vor ihrer Einreise nach Deutschland feststand, eine zeitlich danach liegende erneute Einreise in die Bundesrepublik dagegen nicht. Der Aufenthalt der Ehefrau des Klägers während dieser 14 Tage in der ihnen überlassenen Wohnung hat damit nur Besuchscharakter gehabt, selbst wenn der Kläger aufgrund seines bestehenden Arbeitsvertrages mit dem Club seinen Wohnsitz zunächst wieder im ... fortführen wollte.

Die objektiven Umstände, die beim Kläger nach dessen Rückkehr nach ... dessen Wohnsitz im Inland begründet haben, kann seine Ehefrau wegen der von ihr vornherein bewusst begrenzten Aufenthaltsdauer in Deutschland auch dann nicht für sich in Anspruch nehmen, wenn sie vor ihrer Eheschließung in dieser Wohnung zusammen mit ihrem späteren Ehemann gewohnt und dort auch persönliche Gegenstände zurück gelassen hatte. Entscheidend sind die objektiv feststellbaren Umstände des Wohnens nach der Eheschließung, die nach der Lebenserfahrung den Schluss erlauben, dass die Ehefrau des Klägers in der Wohnung in ... für eine gewisse Dauer leben wollte (BFH Urteil vom 19.03.1997 I R 69/96 BStBl II 1997, 447). Diese sprechen - jedenfalls im August 2001 - nicht für die Begründung einer Bleibe in ... im Sinne des steuerrechtlichen Wohnsitzbegriffs. Dies gilt selbst dann, wenn die Ehefrau des Klägers im August 2001 tatsächlich mit dem Willen nach ... gekommen sein sollte, nach einen erneuten aber besuchsweisen Rückkehr zu ihren Eltern in die USA endgültig die Wohnung in ... als Bleibe zu benutzen. Denn auch hier handelt es sich um zukünftige Absichten und damit um subjektive Momente, die einen Wohnsitz weder begründen noch beenden können (BFH Beschluss vom 21.03.2003 III B 123/02 a.a.O.). Dass diese Gewichtung zutreffend ist, beweist im Streitfall schon die Tatsache, dass die Ehefrau des Klägers nach dem zunächst beabsichtigten besuchsweisen Aufenthalt in den USA tatsächlich nicht mehr nach Deutschland zurückgekehrt ist, um nunmehr hierzu wohnen.

Da das Gericht damit im Ergebnis keine objektiven Umstände feststellen konnte, die für eine Wohnsitznahme der Ehefrau des Klägers im August 2001 in ... sprechen, fehlt es an den Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG, so dass eine Zusammenveranlagung ausscheidet und die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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