Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Beschluss verkündet am 29.07.2009
Aktenzeichen: 11 V 1621/08
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 3
EStG § 10 Abs. 1
EStG § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

I.

Der verheiratete Antragsteller, ein Monteur, der zusammen mit seiner Ehefrau, der Antragstellerin, veranlagt wird, war als Grenzgänger in der Schweiz tätig. Das Arbeitsverhältnis mit dem Schweizer Arbeitgeber endete durch Kündigung des Arbeitgebers zum 31. Januar 2005.

Am 25. Mai 2005 erhielt der Antragsteller von der W Freizügigkeitsstiftung der Kantonalbanken eine Teilauszahlung in Höhe von 150.400.- SFr. Mit Schreiben vom 25. Mai 2005 kündigte die W die Auszahlung wie folgt an:

"Sie haben im Rahmen der Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge einen Teil- Vorbezug beantragt. Wir werden deshalb an die von Ihnen bezeichnete Gläubigerin folgenden Betrag anweisen:

 Teil-VorbezugCHF 150.400.00
./.BearbeitungsgebührCHF 150.400.00
 TotalCHF 150.000.00"

Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben Bezug genommen (Einkommensteuer-ESt-Akte, 2005, S. 20).

Für die berufliche Vorsorge gelten in der Schweiz im Wesentlichen folgende Grundsätze:

Die Altersvorsorge beruht auf drei Säulen. Die Gesamtkonzeption sieht vor, dass die Sicherung der Bevölkerung im Alter, der Invalidität und des Todes auf drei Arten erfolgt, nämlich durch die soziale Rentenversicherung (u.a. AHV), die berufliche Kollektivversicherung (Pensions-, Gruppen- und Verbandsversicherung) und die Selbstvorsorge. Ziel ist eine Versorgung aus der Grundversicherung und aus der betrieblichen Vorsorge zu mindestens 60 Prozent des vorherigen Einkommens (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 68 f, 100-102).

Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (Stand 30. November 2008) -BV-(abrufbar unter www.admin.ch) normiert die verfassungsmäßigen Grundlagen für das System der drei Säulen.Vorgaben für die berufliche Vorsorge machen insbesondere Art. 111 BV und Art. 113 BV.

Sie regeln:

"Art. 111 BV

1. Der Bund trifft Maßnahmen für eine ausreichende Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge. Diese beruht auf drei Säulen, nämlich der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, der beruflichen Vorsorge und der Selbstvorsorge.

2. Der Bund sorgt dafür, dass die eidgenössische Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die berufliche Vorsorge ihren Zweck dauernd erfüllen können.

3. Er kann die Kantone verpflichten, Einrichtungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie der beruflichen Vorsorge von der Steuerpflicht zu befreien und den Versicherten und ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern auf Beiträgen und anwartschaftlichen Ansprüchen Steuererleichterungen zu gewähren.

4. Er fördert in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Selbstvorsorge namentlich durch Maßnahmen der Steuer- und Eigentumspolitik.

Art. 113 BV

1. Der Bund erlässt Vorschriften über die berufliche Vorsorge.

2. Er beachtet dabei folgende Grundsätze:

a. Die berufliche Vorsorge ermöglicht zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise.

b. Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer obligatorisch; das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.

c. Die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber versichern ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einer Vorsorgeeinrichtung; soweit erforderlich, ermöglicht ihnen der Bund, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer eidgenössischen Vorsorgeeinrichtung zu versichern.

d. Selbstständigerwerbende können sich freiwillig bei einer Vorsorgeeinrichtung versichern.

e. Für bestimmte Gruppen von Selbstständigerwerbenden kann der Bund die berufliche Vorsorge allgemein oder für einzelne Risiken obligatorisch erklären.

3. Die berufliche Vorsorge wird durch die Beiträge der Versicherten finanziert, wobei die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bezahlen.

4. Vorsorgeeinrichtungen müssen den bundesrechtlichen Mindestanforderungen genügen; der Bund kann für die Lösung besonderer Aufgaben gesamtschweizerische Maßnahmen vorsehen."

Die berufliche Vorsorge ist die zweite Säule der Schweizer Altersversorgung. Sie ist im Wesentlichen im Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 25. Juni 1982 (Stand 1. Juni 2009) -BVG- (abrufbar unter www.admin.ch), im Bundesgesetz über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 17. Dezember 1993 (Freizügigkeitsgesetz) -FZG- (Stand 1. Juni 2009; abrufbar unter www.admin.ch), im Obligationenrecht -OR- (abrufbar unter www.admin.ch), im Stiftungsrecht (Art. 89 ff Zivilgesetzbuch -ZGB-), im Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag -VVG- und im Versicherungsaufsichtsgesetz geregelt (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 238, 243f, 305 zu überobligatorische Leistungen; Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 65 f mit einer Übersicht über Vorschriften für die berufliche Vorsorge). Das BVG und das FZG gehen als Spezialgesetze in sachlicher und zeitlicher Anwendung allen anderen Rechtsnormen vor, soweit andere Gesetze abweichende Normen enthalten (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 249).

Art. 1 BVG führt einführend aus:

1. Berufliche Vorsorge umfasst alle Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV) die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben....

3. Der Bundesrat präzisiert die Grundsätze der Angemessenheit, der Kollektivität, der Gleichbehandlung, der Planmäßigkeit sowie des Versicherungsprinzips. ..."

Die berufliche Vorsorge ist obligatorisch. Arbeitnehmer, die in der Schweiz beschäftigt sind, das 17. Lebensjahr vollendet haben und mehr als 19.350.- SFR (Wert ab 2005) bzw. 20.520.- SFR (Wert ab 2008) verdienen, sind in einer Personalvorsorgeeinrichtung (Schweizer Pensionskasse) zu versichern. Vgl. hierzu insbesondere:

"Art. 2 BVG

1. Arbeitnehmer, die das 17. Altersjahr überschritten haben und bei einem Arbeitgeber einen Jahreslohn von mehr als 20.520 Franken beziehen (Art. 7), unterstehen der obligatorischen Versicherung.

Art. 8 BVG

1. Zu versichern ist der Teil des Jahreslohnes von 23 940 bis und mit 82 080 Franken. Dieser Teil wird koordinierter Lohn genannt."

Im Obligatoriumsbereich entstehen die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Vorsorgeeinrichtung mit dem Abschluss eines Arbeitsvertrags (Art. 10 Abs. 1 BVG).

"Art. 10 BVG

1. Die obligatorische Versicherung beginnt mit dem Antritt des Arbeitsverhältnisses...

2. Unter Vorbehalt von Artikel 8 Absatz 3 endet die Versicherungspflicht, wenn:

a. das ordentliche Rentenalter erreicht wird (Art. 13);

b. das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird; ...."

Mit Abschluss des Arbeitsvertrags wird damit der Arbeitnehmer zugleich Versicherter im Sinne des BVG.

Die Versicherung entsteht kraft Gesetzes (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 318 f, 519).

Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer haben einen Beitrag zur beruflichen Vorsorge zu leisten. Gemäß Art. 66 Abs. 1 BVG bezieht sich der Arbeitgeberanteil nicht auf jeden Versicherten. Es gilt damit der Grundsatz der relativen Beitragsparität (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 192).

Art. 66 BVG regelt u.a.:

"1. Die Vorsorgeeinrichtung legt die Höhe der Beiträge des Arbeitgebers und der Arbeitnehmer in den reglementarischen Bestimmungen fest. Der Beitrag des Arbeitgebers muss mindestens gleich hoch sein wie die gesamten Beiträge aller seiner Arbeitnehmer. ...

3. Der Arbeitgeber zieht den in den reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung festgelegten Beitragsanteil des Arbeitnehmers vom Lohn ab. ..."

Der Arbeitgeber, der obligatorisch zu versichernde Arbeitnehmer beschäftigt, muss gemäß Art. 11 Abs. 1 BVG eine in das Register für die berufliche Vorsorge eingetragene Vorsorgeeinrichtung errichten oder sich einer solchen anschließen (vgl. hierzu Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. 2003, S. 58, 195). Die Organisation der Vorsorgeeinrichtungen ist in Art. 48 ff BVG geregelt und die Finanzierung der Vorsorgeeinrichtungen in Art. 65 ff BVG. Registrierte Vorsorgeeinrichtungen müssen nach Art. 48 Abs. 2 BVG die Rechtsform einer Stiftung oder einer Genossenschaft haben oder eine Einrichtung des öffentlichen Rechts sein, Leistungen nach den Vorschriften über die obligatorische Versicherung erbringen und nach diesem Gesetz, dem BVG, organisiert, finanziert und verwaltet werden. Sie sind nach Art. 48 Abs. 4 BVG berechtigt, die Versichertennummer der AHV für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben systematisch zu verwenden. Die Vorsorgeeinrichtungen werden paritätisch verwaltet.

"Art. 51

1. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben das Recht, in das oberste Organ der Vorsorgeeinrichtung die gleiche Zahl von Vertretern zu entsenden."

Zumindest in Bezug auf den obligatorischen Bereich ist die berufliche Vorsorge eine Sozialversicherung (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 29 f; zum Sozialversicherungsbegriff auch Hans Michael Riemer / Gabriela Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, Bern, S. 4 f; Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 51, 54-57). Die obligatorische berufliche Vorsorge zählt zu den Sozialversicherungssystemen, auf welche das Koordinationsrecht der EU Anwendung findet (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 258). Art. 89a BVG regelt das Verhältnis zum europäischen Recht.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit einer weitergehenden Vorsorge durch den Arbeitnehmer oder den Arbeitgeber. Im Bereich dieser weitergehenden, sog. überobligatorischen Versorgung beruhen die Rechtsbeziehungen auf Vertragsverhältnissen: einerseits besteht ein Vertrag über ein Arbeitsverhältnis (in der Regel ein Arbeitsvertrag im Sinne von Art. 319 OR ff), andererseits ein Vorsorgevertrag zwischen der Arbeitgeberin und der Vorsorgeeinrichtung, welchem die Arbeitnehmer mindestens durch konkludentes Handeln (z.B. durch Leistung ihrer Beiträge) zugestimmt haben und aus welchem sie berechtigt sind (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 198). Diese Verträge sind individuell gestaltbar. Die Versicherteneigenschaft in den Bestimmungen der rund 9000 Pensionskassen kann unterschiedlich ausgestaltet sein (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 198). Es können Beiträge für die obligatorische und die überobligatorische berufliche Vorsorge in eine Pensionskasse geleistet werden. Es ist aber auch zulässig, die Beiträge für die obligatorische berufliche Vorsorge in eine Pensionskasse und die der überobligatorischen in eine Stiftung einzubezahlen. Die Frage, ob Arbeitnehmer in der weitergehenden beruflichen Vorsorge versichert sind, lässt sich damit nur aufgrund der Reglements der betreffenden Vorsorgeeinrichtung beantworten (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 198). Die Folge ist, dass die anwendbaren Rechtsgrundsätze nicht allgemein, sondern nur für den jeweiligen Einzelfall bestimmt werden können. Im Einzelfall können damit die Beiträge Aufwendungen für die berufliche Vorsorge und den überobligatorischen Bereich sein. In solch einem Falle finden für den Teil der Beiträge, die den obligatorischen Bereich betreffen, das BVG und für den Teil der Beiträge, die den überobligatorischen Bereich betreffen, das OR Anwendung (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 321, 323 ff, 526 f; Hans Michael Riemer / Gabriela Riemer- Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, Bern, S. 91-95).

Die Höhe der Altersrente, unabhängig davon, ob das Altersguthaben mit obligatorischen oder überobligatorischen Beiträgen angesammelt wurde, wird gemäß Art. 14 Abs. 1 BVG "in Prozenten des Altersguthabens (Umwandlungssatz) berechnet, das der Versicherte bei Erreichen des Rentenalters erworben hat." Die Beiträge sind damit nicht ohne weiteres identisch mit den Altersgutschriften i.S.v. Art. 16 BVG (Hans Michael Riemer / Gabriela Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, Bern, S. 7, 103). Nach Art. 14 Abs. 2 BVG beträgt nunmehr der "Mindestumwandlungssatz" "6,8 Prozent für das ordentliche Rentenalter 65 von Frau und Mann" (Hans- Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 612: der Rentenumwandlungssatz ist ein Politikum). Der Umwandlungssatz belief sich zuvor auf 7,2% des Altersguthabens (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 329). Das Altersguthaben besteht nach

Art. 15 BVG aus:

"1 a. den Altersgutschriften samt Zinsen für die Zeit, während der der Versicherte der Vorsorgeeinrichtung angehört hat, oder längstens bis zum Erreichen des ordentlichen Rentenalters;

b. den Altersguthaben samt Zinsen, die von den vorhergehenden Einrichtungen überwiesen und dem Versicherten gutgeschrieben worden sind.

2. Der Bundesrat legt den Mindestzins fest."

Art. 16 BVG ergänzt:

"Die Altersgutschriften werden jährlich in Prozenten des koordinierten Lohnes berechnet. Dabei gelten folgende Ansätze:"

 Für das AltersjahrAnsatz in Prozenten des koordinierten Lohnes
25-347
35-4410
45-5415
55-6518

Danach sind Altersgutschriften und Beiträge klar auseinanderzuhalten. Wird das Leistungsziel unabhängig von der Höhe der Altersgutschriften mit Durchschnittsprämien finanziert, liegen die Altersgutschriften bei jungen Versicherten tiefer als die gesamten Beiträge (inklusive Arbeitgeberanteil), und in der letzten Altersstufe ist es gerade umgekehrt (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 328). Darüber hinaus gibt es Sondermaßnahmen zur Verbesserung der Leistungen für die sog. Eintrittsgeneration (Jahrgang 1920 bis 1960 bei Männern). Für diese Sondermaßnahmen hat jede Vorsorgeeinrichtung gemäß Art. 70 BVG 1% der koordinierten Löhne aller versicherten Personen, die für die Altersleistungen Beiträge zu entrichten haben, bereitzustellen (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 329)

Anspruch auf Altersleistungen haben gemäß Art. 13 Abs. 1 BVG Männer, die das 65. Altersjahre, und Frauen, die das 64. Altersjahr zurückgelegt haben. Die Altersleistungen werden in der Regel gemäß Art. 37 BVG als Rente ausgerichtet, die gemäß Art. 38 BVG monatlich ausgerichtet wird. Der Versicherte kann unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 37 Abs. 2 BVG verlangen, dass "ihm ein Viertel seines Altersguthabens, ..., als einmalige Kapitalabfindung ausgerichtet wird." Der Leistungsanspruch kann gemäß Art. 39 BVG "vor Fälligkeit weder verpfändet noch abgetreten werden." Für jeden Versicherten wird ein Alterskonto geführt, aus dem das Altersguthaben ersichtlich ist (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 576).

Der Versicherte kann die Auszahlung eines Teilbetrags für Wohneigentum geltend machen, und zwar sieht Art. 30c BVG vor:

"1. Der Versicherte kann bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistung von seiner Vorsorgeeinrichtung einen Betrag für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen."

Möglich ist zur Förderung des Wohneigentums auch eine Verpfändung des Anspruchs auf Vorsorgeleistungen (Art. 30b BVG). Ergänzende Regelungen enthält die Verordnung über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV) vom 3. Oktober 1994 SR 831.411 (abgedruckt in: Erwin Murer/Hans-Ulrich Stauffer (Hrsg.), Die berufliche Vorsorge, bearbeitet von Hans- Ulrich Stauffer, Zürich, Basel, Genf, 2006, Anhang 10).

Nach Art. 30c Abs. 4 BVG wird mit dem Bezug gleichzeitig der Anspruch auf Vorsorgeleistung gekürzt und gemäß Art. 30d Abs. 1 BVG muss in bestimmten Fällen der Versicherte den bezogenen Betrag zurückzahlen und zwar dann, wenn das Wohneigentum veräußert wird. Das Wohneigentum bildet nämlich ein Element der Freizügigkeits- oder Vorsorgeleistung. Damit das zum Erwerb von Wohneigentum bezogene Kapital nicht dem Vorsorgezweck entzogen wird, sieht das Gesetz besondere Sicherungen vor (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 975, 983).

Die steuerrechtliche Behandlung der Vorsorge in der Schweiz ist in Art. 80 ff BVG geregelt. Normiert ist u.a.:

"Art. 81 BVG

2. Die von den Arbeitnehmern ... an Vorsorgeeinrichtungen nach Gesetz oder reglementarischen Bestimmungen geleisteten Beiträgen sind bei den direkten Steuern des Bundes, der Kantone und Gemeinden abziehbar.

3. Für den versicherten Arbeitnehmer sind die vom Lohn abgezogenen Beiträge im Lohnausweis anzugeben; andere Beträge sind durch die Vorsorgeeinrichtungen zu bescheinigen.

Art. 83 BVG

Die Leistungen aus Vorsorgeeinrichtungen ... sind bei den direkten Steuern ... in vollem Umfang als Einkommen steuerbar.

Art. 83a BVG Steuerliche Behandlung der Wohneigentumsförderung 1. Der Vorbezug und ... sind als Kapitalleistung aus Vorsorge steuerbar."

Die fälligen Vorsorgeleistungen sowie der Vorbezug sind seit der Einführung des BVG als Folge der vollen Abziehbarkeit der Beiträge und des Ablaufens der entsprechenden Übergangsregelungen per 31. Dezember 2001 voll zu besteuern. Es erfolgte damals ein Übergang auf die nachgelagerte Besteuerung (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 338, 340). Hat der Empfänger der Leistungen keinen Wohnsitz oder Aufenthalt in der Schweiz, unterliegt die Auszahlung der Quellensteuer (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 364f). Diese kann auf Antrag erstattet werden.

Endet das Arbeitsverhältnis, endet auch die berufliche Vorsorge. Der Verlust der Arbeitnehmereigenschaft führt zur Beendigung des Vorsorgeverhältnisses (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 533, 1041). Um dem Versicherten trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Erhaltung des bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Vorsorgeschutzes zu gewährleisten (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 253), wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Schweiz das Guthaben der bis dahin angesammelten Versorgungsansprüche der obligatorischen und überobligatorischen beruflichen Vorsorge auf eine Freizügigkeitseinrichtung gezahlt. Im Regelfall wird für die Freizügigkeitsleistung bei einer Versicherung, Bank oder Stiftung ein Konto für den Versicherten geführt. In diesem Fall regelt das FZG die Ansprüche. Es kommt im Freizügigkeitsfall zur Anwendung, und damit dann, wenn Versicherte die Vorsorgeeinrichtung verlassen, bevor ein Vorsorgefall eingetreten ist (Art. 2 Abs. 1 FZG). Das Verhältnis zum europäischen Recht normiert Art. 25b FZG.

Im Freizügigkeitsfall hat die Vorsorgeeinrichtung gemäß Art. 8 Abs. 1 FZG den Versicherten eine Abrechnung über die Austrittsleistung (Art. 2 FZG) zu erstellen, woraus die Berechnung der Austrittsleistung, die Höhe des Mindestbetrages (Art. 17 f FZG) und die Höhe des Altersguthabens (Art. 15 BVG) ersichtlich ist (vgl. Verordnung über die Freizügigkeit in der beruflichen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversorgung vom 3. Oktober 1994 (Freizügigkeitsverordnung) -FZV-, SR 831.425). Damit bleibt auch der nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses entstehende Anspruch auf Austrittsleistung grundsätzlich im System der Altersvorsorge eingebunden (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 379). Registrierte Vorsorgeeinrichtungen haben gemäß Art. 18 FZG den austretenden Versicherten mindestens das Altersguthaben nach Art. 15 BVG mitzugeben. Die Höhe der Austrittsleistung kann von der Vorsorgeeinrichtung frei gewählt werden. Sie ist jedoch verpflichtet, reglementarisch festzuhalten, ob die Austrittsleistung nach Art. 15 FZG (Beitragsprimat) oder Art. 16 FZG (Leistungsprimat) berechnet wird (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 1048; zur Berechnung der Austrittsleistung Rn. 1112-1125; Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 382 zum Beitrags- und Leistungsprimat).

Das Freizügigkeitskonto des Versicherten unterliegt gewissen Beschränkungen. Der Versicherte kann über das (sein) Freizügigkeitsguthaben nicht nach Belieben verfügen (Hans Michael Riemer / Gabriela Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, Bern, S. 136 f). Zum Beispiel ist eine Barauszahlung nur in bestimmten Fällen möglich und zwar nur auf Antrag der versicherten Person gemäß Art. 5 FZG:

"1. Versicherte können die Barauszahlung der Austrittsleistung verlangen, wenn:

a. sie die Schweiz endgültig verlassen; ..."

Darüber hinaus ist auch im Freizügigkeitsfall eine Auszahlung zur Förderung des Wohneigentums gemäß Art. 30c BVG möglich (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 381). Art. 30a BVG regelt:

"Als Vorsorgeeinrichtung im Sinne dieses Abschnitts gelten alle Einrichtungen, die im Register für die berufliche Vorsorge eingetragen sind oder die den Vorsorgeschutz nach Artikel 1 des FZG in anderer Form erhalten."

Werden Freizügigkeitsleistungen ausgezahlt, sind sie in der Schweiz einkommensteuerpflichtig. Vorzeitige Barauszahlungen werden wie Kapitalleistungen im Vorsorgefall besteuert (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 347).

Mit dem Drei-Säulen-System sind zwei Versicherungssysteme, das Umlageverfahren (AHV) und das Kapitaldeckungsverfahren (berufliche Vorsorge) als gleichbedeutende Systeme auf Verfassungsebene verankert worden, um die in beiden Finanzierungsverfahren bestehenden Risiken zu verteilen und die Nachteile jedes Verfahrens zu minimieren(Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 74). In dem in der beruflichen Vorsorge geltenden Kapitaldeckungsverfahren herrscht bezüglich der Altersleistungen grundsätzlich das System des individuellen Anwartschaftsdeckungsverfahren. Das BVG weist allerdings auch einen Einfluss des Umlageverfahrens auf. Ein Einbruch in das Prinzip der individuellen Kapitaldeckung erfolgt z.B. bei den Altersleistungen, wo ein Ausgleich zwischen Leistungsempfängern mit geringerer und solchen mit höherer Lebenserwartung erfolgt(Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 288).

Der Antragsgegner setzte mit Bescheid vom 30. Juni 2005 Vorauszahlungen -Vz- über Einkommensteuer- ESt-, Solidaritätszuschlag -SolZ- und Kirchensteuer -KiSt- fest und zwar zum 10. September 2005 sowie 10. Dezember 2005 ESt in Höhe von 12.880.- EUR. Er passte die Vorauszahlungen an, da der Antragsteller einen Vorbezug aus der Pensionskasse erhalten hatte und dieser Vorbezug ab 2005 nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. a.A. Einkommensteuergesetz -EStG- durch das Alterseinkünftegesetz zu 50% steuerpflichtig sei. Gegen den Vz-Bescheid legten die Antragsteller Einspruch ein.

Auf Antrag vom 10. November 2005 stundete der Antragsgegner die am 10. September 2005 fällige ESt in Höhe von 12.880.- sowie KiSt und SolZ mit Bescheid vom 17. November 2005.

Die Antragsteller reichten am 2. April 2007 ihre ESt-Erklärung beim Antragsgegner ein. Der Antragsteller legte einen Schweizer Lohnausweis vor, wonach er im Streitjahr 2005 einen Bruttolohn in Höhe von 6.158.- SFR hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Lohnausweis Bezug genommen (ESt-Akte, 2005, S. 15).

Mit ESt-Bescheid 2005 vom 19. Dezember 2007 setzte der Antragsgegner ESt in Höhe von 21.576.- EUR fest. Er unterwarf die Einmalzahlung der Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. a.A. EStG wie folgt (in EUR):

 "Jahresbetrag der Rente96.750 
ab steuerfreier Teil der Rente48.375 
steuerpflichtiger Teil der Rente48.37548.375
Summe der zu besteuernden Renten und Leistungen 48.375
ab Werbungskostenpauschbetrag 102
verbleiben 48.273"

Mit Schreiben vom 3. Januar 2008 legten die Antragsteller eine Bescheinigung der V Lebensversicherung AG mit der Bitte um entsprechende Berücksichtigung vor. Daraufhin erließ der Antragsgegner am 29. Januar 2008 einen geänderten ESt-bescheid 2005 mit ESt in Höhe von 21.548.- EUR, SolZ in Höhe von 1.185,14 EUR und KiSt in Höhe von 1.723,84 EUR.

Die Antragsteller beantragten

mit Schreiben vom 11. Januar 2008 die Aussetzung der Vollziehung.

Der Antragsgegner lehnte dies mit Bescheid vom 22. Januar 2008 ab. Gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung legten die Antragsteller Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 25. März 2008 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, ihr gerichtlicher Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sei zum einen zulässig, da der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt habe und auch der gegen die ablehnende Entscheidung eingelegte Einspruch erfolglos geblieben sei. Zum anderen sei Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, da die Einmalzahlung der Schweizerischen Pensionskasse nicht gemäß § 22 Abs. 1 S. 3a EStG der Besteuerung zu unterwerfen sei. Er, der Antragsteller, habe sich das Geld zur Überbrückung seiner finanziellen Situation infolge der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses auszahlen lassen. Diese Auszahlung unterscheide sich wesentlich vom deutschen Versorgungssystem. Insoweit handle es sich um eine Auszahlung einer privatrechtlich verfassten betrieblichen Pensionskasse, die kapitalgedeckt sei (sog. 2. Säule). Eine private betriebliche Pensionskasse sei keine gesetzliche Rentenversicherung. Sie entspreche vielmehr einer privaten deutschen Rentenversicherung, so z.B. Miessl, BB 2006, Seite 1251. Gehe die Finanzverwaltung davon aus, dass die Schweizer Pensionskasse wie eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung zu behandeln sei, wende sie das Gesetz unzulässigerweise analog an. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gebe es nicht. Die Tatsache, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Pflichtbeiträge in die Pensionskasse leisten, mache sie noch nicht zu einer gesetzlichen Rentenversicherung. Sie bleibe eine private Pensionskasse. Auch die Regelung des § 3 Nr. 62 S. 4 EStG mache die Schweizer Pensionskasse nicht zu einer gesetzlichen Rentenversicherung.

Vergleichbar mit der Deutschen Rentenversicherung sei nur die AHV in der Schweiz. Sie sei staatlich und damit eine gesetzliche Versicherung.

Außerdem sei die Auszahlung der W Freizügigkeitsstiftung nach § 3 Nr. 3 EStG steuerfrei. Die Ablehnung des Antragsgegners sei inkonsequent. Das Jahressteuergesetz 2007 berühre das Streitjahr 2005 nicht.

Im Übrigen habe selbst der Beklagte bis zum 31. Dezember 2004 eine andere Auffassung vertreten. Er habe nämlich die Einmalzahlungen wie Zahlungen einer Kapitallebensversicherung behandelt. Damit sei die Auszahlung steuerfrei gewesen, wenn der Arbeitnehmer länger als 12 Jahre in die Pensionskasse eingezahlt hatte. Diese Rechtsauffassung gelte auch nach der Einführung des Alterseinkünftegesetzes zum 1. Januar 2005. Die bis zum 31. Dezember 2004 geltende Rechtsanwendung sei fortzuführen.

Zumindest bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids. Denn die Rechtsfrage sei noch nicht höchstrichterlich entschieden.

Die Antragsteller beantragen,

die Vollziehung des ESt-Bescheids 2005 vom 29. Januar 2008 ab Fälligkeit bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung in Höhe von 16.869,83 EUR auszusetzen;

hilfsweise,

die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner macht im Wesentlichen unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung geltend, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen ESt-Bescheids 2005. Die Auszahlung der W Freizügigkeitsstiftung an den Antragsteller sei als Einkünfte gemäß § 22 Abs. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. a.A. EStG steuerlich zu erfassen. Die Schweizer Pensionskassen seien nicht mit einer privaten deutschen Rentenversicherung vergleichbar. Sie glichen vielmehr der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung. Denn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zahlten vergleichbar der deutschen Rentenversicherung pflichtgemäß Beiträge in die Schweizer Pensionskasse. Zwar werde begrifflich zwischen obligatorischer und überobligatorischer Absicherung unterschieden, aber auch die Beiträge für die überobligatorische Absicherung seien im Reglement der Schweizer Pensionskasse pflichtgemäß vereinbart, so dass sich weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer insoweit der Beitragspflicht entziehen könnten. Infolge der Ausgestaltung der Beiträge als Pflichtbeiträge bestehe eine Vergleichbarkeit mit Beiträgen in eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung.

Im Übrigen seien im Ergebnis die vom Arbeitgeber einbezahlten Beiträge in die Schweizer Pensionskasse mindestens in Höhe der Beiträge eines Arbeitgebers in eine deutsche gesetzliche Rentenversicherung steuerfrei behandelt worden (§ 3 Nr. 62 S. 1 und S. 4 EStG). Bereits mit Urteil vom 25. August 1992 11 K 54/88 (EFG 1993, 136) habe das Finanzgericht -FG- Baden-Württemberg entschieden, dass nicht zwischen obligatorischer und überobligatorischer Versorgung zu trennen sei. Seitdem lasse er, der Beklagte, 50% der Gesamtbeiträge (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) in die Schweizer Pensionskasse bis zur Beitragsbemessungsfreigrenze steuerfrei. Darüber hinaus seien die Arbeitnehmerbeiträge und der nicht steuerfreigestellte Teil der Arbeitgeberbeiträge als Sonderausgaben berücksichtigt worden. Seit dem Veranlagungszeitraum 2005 seien sie nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 a EStG (Beiträge in die Basisversorgung) berücksichtigt worden.

§ 3 Nr. 3 EStG sei schon seinem Wortlaut nach nicht anwendbar. Leistungen aus Schweizer Pensionskassen seien danach nicht steuerfrei. Mit dem Jahressteuergesetz 2007 habe dies der Gesetzgeber auch ausdrücklich klargestellt. Die Befreiungsregelung gelte nach ihrem Sinn und Zweck nur für bestimmte -gesetzlich konkret aufgelistete- Leistungen.

Ohne die Einmalzahlung mindere sich das zu versteuernde Einkommen von bisher 88.370.- EUR abzüglich 48.273.- EUR auf 40.097.- EUR. Dann betrage die festzusetzende ESt 5.279.- EUR. Die Differenz zwischen der bisher festgesetzten ESt (21.576.- EUR) und der ESt ohne die Einmalzahlung belaufe sich auf 15.850.- EUR.

Entscheidungsgründe:

II.

Der zulässige Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unbegründet.

Die Vollziehung des geänderten Est-Bescheids vom 29. Januar 2008 ist nicht auszusetzen. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel nach § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verb. mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung -FGO an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts unter Berücksichtigung der präsenten Beweismittel. Die Auszahlung vom Freizügigkeitskonto bei der W Freizügigkeitsstiftung an den Kläger zur Förderung des Wohneigentums in Höhe von 150.400.- Sfr (= 96.750.- EUR) unterliegt als Sozialversicherungsrente mit einem Besteuerungsanteil von 50% als andere Leistung aus einer gesetzlichen Rentenversicherung der Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. a.A. EStG (1.). Diese Norm erfasst auch Leistungen von ausländischen Versorgungsträgern (Fischer in: P. Kirchhof, Kommentar zum EStG, 6. Aufl. 2006, § 22 Rn. 27), unabhängig davon, ob es sich um Bezüge handelt, die laufend oder in einem Einmalbetrag ausbezahlt werden (Weber-Grellet in: Schmidt, Kommentar zum EStG, 27. Aufl. 2008, § 22 Rn. 101). Dem steht weder die Rechtsform der auszahlenden Stelle noch deren Finanzierungsart entgegen (2.). Die Besteuerung der Einmalzahlung entspricht vielmehr dem Grundsatz der intertemporalen Korrespondenz (3.) und den gesetzlichen Regelungen der nachgelagerten Besteuerung (4.). Die Freizügigkeitsleistung ist nämlich nicht mit einer privaten Rentenversicherung vergleichbar (5.). Die Auszahlung ist auch nicht gemäß § 3 Nr. 3 EStG steuerfrei (6.).

1. Die dem Antragsteller ausgezahlte Einmalzahlung ist eine andere Leistung einer gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. a.A. EStG. Die Leistungen der beruflichen Vorsorge sind Sozialversicherungsrenten (Carl Helbling, Personalvorsorge und BVG, 8. Aufl. 2006, Bern, Stuttgart, Wien, S. 29f; zum Sozialversicherungsbegriff auch Hans Michael Riemer / Gabriela Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, Bern, S. 4 f; Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 51, 54-57). Denn die berufliche Vorsorge ist obligatorisch (a.) und die nach den Vorschriften des BVG errichteten Schweizer Pensionskassen sind als öffentlich-rechtliche Träger anzusehen bzw. solchen gleichzustellen (b.).

Entscheidend sind nämlich ihre Aufgaben und die gesetzlichen Vorgaben für ihre Errichtung und Ausgestaltung. Damit kommt es nicht auf die Rechtsform der Pensionskasse an. Selbst eine privatrechtliche Rechtsform schließt eine öffentlich-rechtliche Natur nicht aus (vgl. Bundessozialgericht - BSG-, Urteil vom 18. Dezember 2008 B 11 AL 32/07 R, dokumentiert in [...]).

a. Die berufliche Vorsorge ist obligatorisch. Für die Beurteilung, ob eine gesetzliche Verpflichtung besteht, ist insoweit das schweizerische Recht maßgebend (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 29. April 2009 X R 31/08, dokumentiert in [...]). Nach Schweizer Recht war der Antragsteller, solange sein Arbeitsverhältnis mit einem Schweizer Arbeitgeber bestanden hat (Art. 10 Abs. 1 BVG), gesetzlich verpflichtet, beruflich vorzusorgen (Art. 113 Abs. 2 BV, Art. 2 BVG) und Beiträge in eine Pensionskasse zu zahlen, die kraft Gesetzes zu errichten ist (Art. 11 BVG). Der Antragsteller erwarb mit den Beiträgen Rentenansprüche, die in der Ansparphase und damit vor Renteneintritt grundsätzlich nicht verfügbar, also weder verpfändbar noch abtretbar waren (Art. 39 Abs. 1 BVG). Die Pensionskasse legte die Höhe der Beiträge des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, der ebenfalls Beiträge zur beruflichen Vorsorge des Antragstellers zu leisten hatte (Art. 113 Abs. 4 BV, Art. 66 Abs. 1 BVG), fest. Sie zog den in den reglementarischen Bestimmungen (Art. 50 BVG) festgelegten Beitragsanteil des Arbeitnehmers vom Lohn ab (vgl. Art. 66 Abs. 1 - 3 BVG). Mit diesen Beiträgen baute der Antragsteller sein Altersguthaben i.S.d. Art. 15 BVG und damit einen Teil seiner Altersvorsorge auf. Solch ein Altersvorsorgeguthaben wird grundsätzlich mit dem Erreichen einer bestimmten Altersgrenze, bei Männern mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres (Art. 13 Abs. 1 BVG), monatlich ausbezahlt (Art. 37 i.V.m. Art. 38 BVG). Endet jedoch das Arbeitsverhältnis mit einem Schweizer Arbeitgeber -so wie das des Antragstellers - früher geht mindestens sein bis zu diesem Zeitpunkt erworbenes Altersguthaben (Art. 2 FZG i.V.m. Art. 15 BVG) gesetzlich auf eine Freizügigkeitseinrichtung, im Streitfall auf die W Freizügigkeitsstiftung, über, ohne den Charakter einer Altersvorsorge zu verlieren. Auch das Freizügigkeitskonto unterliegt gewissen Beschränkungen. Der Versicherte - im Streitfall der Antragsteller- kann über sein Freizügigkeitsguthaben nicht nach Belieben verfügen (Hans Michael Riemer / Gabriela Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, Bern, S. 136 f). Er ist jedoch -wie im Streitfall geschehen- berechtigt, über sein Konto zur Förderung des Wohneigentums zu verfügen (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 381).

Beantragt der Versicherte eine Teilauszahlung zur Förderung des Wohneigentums und wird ihm diese - wie im Streitfall an den Antragsteller- vor Rentenbeginn ausgezahlt, steht dies der Qualifizierung als Leistung einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht entgegen. Die Auszahlung zur Förderung des Wohneigentums zum eigenen Bedarf stellt nämlich eine gesetzliche Ausnahme (Art. 30c BVG) und eine nach Schweizer Recht besondere Art der Altersversorgung dar. Sie ist Teil der Vorsorgeleistung, da der Vorbezug das Altersvorsorgeguthaben kürzt (Art. 30c BVG). Außerdem verdeutlichen die Regelungen zur Rückforderung der ausgezahlten Beträge im Falle der Veräußerung des Wohneigentums (Art. 30d BVG) die Zweckbindung der Auszahlung.

b. Die Pensionskassen erfüllen einen in der Schweizer Bundesverfassung normierten Auftrag (Art. 111, 112 BV). Sie sind Teil von Maßnahmen auf kollektiver Basis, die den älteren Menschen, den Hinterbliebenen und Invaliden beim Eintreten eines Versicherungsfalles (Alter, Tod oder Invalidität) zusammen mit den Leistungen der AHV und der Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise erlauben sollen (Art. 1 BVG). Sie haben Leistungen nach den Vorschriften über die obligatorische Versicherung zu erbringen und werden nach dem BVG organisiert, finanziert und verwaltet. Jeder Arbeitgeber, der obligatorisch zu versichernde Arbeitnehmer beschäftigt, hat gemäß Art. 11 Abs. 1 BVG eine in das Register für die berufliche Vorsorge eingetragene Vorsorgeeinrichtung zu errichten, dabei die Vorschriften der Art. 113 Abs. 4 BV i.V.m. Art. 48 ff BVG zu beachten, oder sich einer Vorsorgeeinrichtung anzuschließen. Die Vorsorgeeinrichtung ist danach Träger einer gesetzlich angeordneten obligatorischen Versicherung, die auch von Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch verwaltet wird (Art. 51 Abs. 1 BVG), und gemäß Art. 48 Abs. 2 BVG eine öffentliche Aufgabe erfüllt (vgl. Landessozialgericht -LSG- Baden-Württemberg , Urteil vom 11. Mai 2007 L8 AL 158/06, dokumentiert in [...]). Diese Grundsätze gelten auch für die W Freizügigkeitsstiftung. Auf sie wurde nämlich kraft Gesetzes (Art. 2 Abs. 1 FZG i.V.m. Art. 18 FZG) mindestens das Altersguthaben des Antragstellers nach Art. 15 BVG übertragen. Sie übernimmt infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers mit einem Schweizer Arbeitgeber die Altersvorsorgefunktion der Pensionskassen.

2. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es nicht auf die Art der Finanzierung der Pensionskasse (Umlageverfahren oder Kapitaldeckungsverfahren) an. Der Gesetzeswortlaut enthält keinen Hinweis darauf, dass eine Rentenversicherung nur dann eine gesetzliche ist, wenn sie sich nach dem Umlageverfahren finanziert. Aus diesem Grunde kann dahin gestellt bleiben, dass auch die Schweizer Pensionskassen Elemente des Umlageverfahrens enthalten und sich die Rente des Arbeitnehmers nicht nur nach seinen verzinsten Beiträgen richtet - wie es bei einer privaten Rentenversicherung der Fall ist.

Die der Kapitalbildung dienenden Altersgutschriften, welche das Sparelement bilden und nicht notwendigerweise den Beiträgen entsprechen, werden nämlich jährlich in Prozenten des koordinierten Lohns -altersabhängig gemäß Art. 16 BVG- gutgeschrieben (Riemer, Hans Michael / Riemer-Kafka, Gabriela, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006, S. 103; Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 328). Hinzu kommt, dass die Altersrente gemäß Art. 14 Abs. 1 BVG in Prozenten des Altersguthabens berechnet wird und der Mindestumwandlungssatz durch Gesetz -auch zulasten des Versicherten- geändert werden kann. Selbst wenn der Antragsteller in der Schweiz -entgegen dem Umlageverfahren der gesetzlichen Rentenversicherung im Inland- seinen Beitrag nicht nur zur Finanzierung der laufenden Rente leistet und aus den Beiträgen der Versicherten auch ein nennenswertes Vermögen, d.h. ein verzinslicher Kapitalstock angesammelt wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. März 2002 2 BvL 17/99, BStBl II 2002, 618), sieht auch die Schweizer Pensionskasse Ausgleichsmechanismen vor. Das Leistungsziel wird einerseits mit Durchschnittsprämien finanziert. Andererseits liegen die Altersgutschriften bei jungen Versicherten tiefer als die gesamten Beiträge (Thomas Locher, Grundriss des Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. Bern 2003, S. 328).

3. Die steuerliche Erfassung der Auszahlung der W Freizügigkeitsstiftung entspricht auch dem vom BFH mit Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07 (dokumentiert in [...]) aufgestellten Grundsatz der "intertemporalen Korrespondenz". Es kommt nämlich infolge der steuerlichen Erfassung nicht zu einer doppelten Besteuerung des Antragstellers. Das Konzept der nachgelagerten Besteuerung sieht vor, dass das Lebenseinkommen eines Steuerpflichtigen nur einmal, aber auch mindestens einmal besteuert wird. Es setzt bei der Auszahlung der investierten Beträge an. Rentenzuflüsse, also die zeitlich gestreckte Auszahlung der Versicherungssumme, sind nach der Neuregelung, auch soweit sie auf eigenen Beitragszahlungen des Klägers zur Rentenversicherung beruhen, über den Ertragsanteil hinaus der Besteuerung zu unterwerfen, zumindest solange die Beitragszahlungen "steuerfrei" gestellt werden. Entscheidend ist danach, dass Renten- und Versorgungsanwartschaften aus unversteuerten Mitteln erworben wurden. Als unversteuert gilt das Einkommen auch, wenn die Aufwendungen für die Zukunftssicherung als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Der Antragsteller wird nicht doppelt belastet. Die in der Schweiz gezahlten und nach Schweizer Recht steuerfreien Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge (Art. 111 Abs. 3 BV i.V.m. Art. 81 Abs. 2 BVG) unterliegen zwar grundsätzlich im Inland als Arbeitslohn der Besteuerung (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 8 EStG i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 3 Lohnsteuerdurchführungsverordnung -LStDV-). Aber die Beiträge des Arbeitgebers werden gemäß § 3 Nr. 62 EStG als steuerfrei behandelt, da der Arbeitgeber gemäß Art. 113 Abs. 3 BV i.V.m. Art. 66 Abs. BVG zur Zahlung der (mindestens) hälftigen Beiträge zur beruflichen Vorsorge gesetzlich verpflichtet ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2007 VI R 13/05, BFH/NV 2008, 794). Darüber hinaus sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers, also des Antragstellers, als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG abzugsfähig. Die Folge ist, dass die Zuflüsse auf dem Vorsorgekonto und damit das Altersguthaben des Antragstellers, das auf das Freizügigkeitskonto bei der W Freizügigkeitsstiftung übertragen wurde, aus Beiträgen aufgebaut wurde, die die Steuerbelastung des Antragstellers in der Beitragsphase gemindert haben. Damit widerspricht die steuerliche Erfassung der Einmalzahlung auch nicht dem Grundsatz der "intertemporalen Korrespondenz".

4. Für eine Besteuerung der Einmalzahlung als gesetzliche Rente spricht auch, dass die zum 1.Januar 2005 in Kraft getretenen Regelungen den gesamten Komplex der Besteuerung von Altersbezügen nach dem Konzept der nachgelagerten Besteuerung umfassen und zu einer die gesamten Renteneinnahmen umfassenden Besteuerung führen sollen (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 2008 X R 15/07, BFH/NV 2009, 278). Infolge der gesetzlichen Neuregelung kommt es nicht darauf an, wie die Auszahlungen vor dem 1. Januar 2005 behandelt worden sind. Die bis 2004 angewandte steuerliche Behandlung als Kapitallebensversicherung analog § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG ist insoweit nicht bindend.

Hinzu kommt, dass nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG a.F. lediglich Leibrenten besteuert wurden. Da Einmalzahlungen aber keine Leibrenten sind, wandte die Steuerverwaltung § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG analog an. Der neu gefasste § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. a.A. EStG erfasst dagegen neben den Leibrenten auch andere Leistungen. Damit hat sich nicht die rechtliche Qualifikation der Leistungen der Pensionskasse geändert, sondern der Wortlaut der Neuregelung ermöglicht nunmehr, auch Einmalzahlungen steuerlich zu erfassen. Aus diesem Grund ist der Arbeitslohn des Antragstellers auch nicht um die Beiträge des Arbeitgebers zu erhöhen und der Sonderausgabenabzug zu korrigieren. Wären nämlich die Aufwendungen des Arbeitgebers zur beruflichen Vorsorge keine Beiträge zu einer gesetzlichen Rentenversicherung, wären sie nicht gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfreier Arbeitslohn des Antragstellers (zum Arbeitslohnbegriff: vgl. z.B. BFH-Urteil vom 7. Mai 2009 VI R 37/08, abrufbar unter www.bundesfinanzhof.de zu Beitragszahlungen des Arbeitsgebers an Versorgungssysteme) und die Beiträge des Arbeitnehmers nicht als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2a EStG abzugsfähig.

5. Im Übrigen unterscheiden sich die berufliche Vorsorge sowie die Freizügigkeitsleistungen wesentlich von einer privaten Rentenversicherung, auch wenn die deutsche gesetzliche Rentenversicherung grundsätzlich keine Kapitalauszahlung vorsieht. Eine private Rentenversicherung schließt nämlich die versicherte Person freiwillig ab. Sie verwendet für die Beiträge ihr versteuertes Einkommen und hat keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss, schon gar nicht in Höhe von mindestens der Hälfte der zu zahlenden Beiträge. Eine private Rentenversicherung endet auch nicht kraft Gesetzes mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Art. 10 Abs. 2 Buchst. b BVG). Sie sieht außerdem Kündigungsmöglichkeiten des Versicherungsnehmers vor. Des Weiteren werden die tatsächlich eingezahlten Beiträge des Versicherungsnehmers verzinst. Die Höhe des Zinssatzes wird in diesen Fällen nicht durch Gesetz festgelegt - wie bei der beruflichen Vorsorge in der Schweiz durch den Bundesrat (Art.15 Abs. 2 BVG).

6. Auch § 3 Nr. 3 EStG steht einer Besteuerung des Einmalbetrags nicht entgegen. Der Antragsteller erhielt auf Antrag einen Teil seines verzinsten Altersguthabens zur Förderung des Wohneigentum zum eigenen Bedarf gemäß Art. 30c BVG vorab ausbezahlt und damit keine Rentenabfindung oder Beitragserstattung. Aufgrund des Vorbezugs wird gemäß Art. 30c Abs. 4 BVG der Anspruch auf Vorsorgeleistung lediglich gekürzt. Darüber hinaus bildet das Wohneigentum ein Element der Freizügigkeits- oder Vorsorgeleistung. Damit das zur Förderung von Wohneigentum zu eigenem Bedarf bezogene Kapital nicht dem Vorsorgezweck entzogen wird, sieht das Gesetz besondere Sicherungen vor (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, Zürich, Basel, Genf, 2005, Rn. 975, 983). Gemäß Art. 30d Abs. 1 BVG hat z.B. der Versicherte den bezogenen Betrag zurückzuzahlen, wenn er das Wohneigentum veräußert. Diese Regelungen verdeutlichen, dass es sich bei der Einmalauszahlung an den Antragsteller um keine Rentenabfindung oder Beitragserstattung handelt.

Die Vollziehung des geänderten ESt-Bescheids vom 29. Januar 2008 ist auch nicht teilweise auszusetzen. Der Antragsteller hat keinen Antrag auf Anwendung der sog. Öffnungsklausel gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb S. 2 EStG gestellt. Damit unterliegen die gesamten Einkünfte mit einem Besteuerungsanteil von 50% der Besteuerung. Dem Antragsteller steht es frei, im Hauptsacheverfahren einen Antrag auf Anwendung der Öffnungsklausel zu stellen, so dass ggf. ein Teilbetrag mit dem Ertragsanteil besteuert werden kann. Ob hierfür die Voraussetzungen vorliegen, ist im summarischen Verfahren mangels Antrags und Vorlage entsprechender Unterlagen nicht zu prüfen.

Der Antragsteller hat darüber hinaus nicht dargelegt, dass der ausgezahlte Betrag auch auf überobligatorischen Beiträgen des Antragstellers beruht. Aus diesem Grund kann dahin gestellt bleiben, ob auch in einem Falle, in dem die Auszahlung auf obligatorischen und überobligatorischen Beiträgen beruht, die gesamte Einmalzahlung als gesetzliche Rente der Besteuerung unterliegt oder ein Teilbetrag als Einnahmen einer privaten Rentenversicherung mit dem Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb S. 1 und S. 4 EStG zu erfassen ist. Denn zumindest mit den überobligatorischen Beiträgen zur Schweizer Pensionskasse kann die eigene Rente finanziert und ein verzinslicher Kapitalstock angesammelt werden.

Darüber hinaus kann dahin gestellt bleiben, ob die Einmalzahlung nicht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen (so der unabhängige Finanzsenat Feldkirch -UFSF- Österreichs, Berufungsentscheidung vom 23. Juni 2006 GZ RV/0120-F/05, abrufbar unter https://findok.bmf.gv.at zu Freizügigkeitsleistungen an einen Grenzgänger von Österreich in die Schweiz; danach gehören Zuwendungen aus betrieblichen Pensionskassen sowie Firmenpensionen aus früheren Dienstverhältnissen grundsätzlich zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Er erörterte insbesondere eine ermäßigte Besteuerung sonstiger Bezüge von Arbeitnehmern. Vgl. zur begünstigten Besteuerung sonstiger Bezüge Rainer Niemann/Christoph Kastner, Wie streitanfällig ist das österreichische Steuerrecht?, Steuer und Wirtschaft, 2009, 128, 133 f). Eine steuerliche Auswirkung ergäbe sich durch eine Berücksichtigung der Einmalauszahlung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Antragstellers -zumindest infolge des im finanzgerichtlichen Verfahren geltenden Verböserungsverbots- nicht.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller, da er unterlegen ist (§ 135 Abs. 1 FGO).

Die Beschwerde ist zuzulassen, da es noch keine höchstrichterliche Entscheidung zur Frage gibt, ob ein Grenzgänger Leistungen aus einer gesetzlichen (Schweizer) Rentenversicherung bezieht, wenn er kraft Gesetzes zu Beitragszahlungen zur Altersvorsorge an eine Versorgungseinrichtung verpflichtet ist, die kraft Gesetzes einzurichten ist, und die Beiträge steuermindernd geltend machen kann, und das Altersguthaben kraft Gesetzes auf eine Freizügigkeitseinrichtung übertragen wird, die auf Antrag des Antragstellers eine Teilauszahlung zur Förderung des Wohneigentums zum eigenen Bedarf vornimmt.

Ende der Entscheidung

Zurück