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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 25.06.2009
Aktenzeichen: 14 K 357/08
Rechtsgebiete: UStG, AO


Vorschriften:

UStG § 14 Abs. 2
AO § 176 Abs. 1
AO § 176 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Umsatzsteuerbescheide für 2000 und 2001, jeweils vom 4. September 2006, werden dahingehend abgeändert, dass Umsatzsteuer für 2000 in Höhe von 2.940.334,40 DM (= 1.503.369,10 EUR) und für 2001 in Höhe von 2.830.307,50 DM (= 1.447.113,20 EUR) festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin tätigt u.a. Kreditgeschäfte im Sinne von § 4 Nr. 8 Buchst. a Umsatzsteuergesetz in der für die Streitjahre gültigen Fassung (UStG).

Im Jahre 2003 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt. Die Prüfer ermittelten dabei folgenden Sachverhalt (s. Bericht vom 10. November 2003, Betriebsprüfungsakten): Praxis der Klägerin sei es, bei der Gewährung von Krediten an gewerbliche Kunden regelmäßig gemäß § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG zu verzichten. Sehe sie bei einem dieser Kunden dessen Kapitaldienstfähigkeit (Leistung des Tilgungs- und Zinsdienstes) gefährdet, widerrufe sie den Verzicht für alle noch änderbaren Veranlagungszeiträume. Sie mache dann rückwirkend von der Steuerbefreiung Gebrauch und erteile eine berichtigte Sammelrechnung, ohne Umsatzsteuer auszuweisen, über den bisherigen Nettobetrag. Die Differenz in Höhe der ursprünglich ausgewiesenen Umsatzsteuer werde dem Darlehenskonto des Kunden bei ihr gutgeschrieben.

Zu den folgenden Kunden trafen die Prüfer für die Streitjahre die folgenden Feststellungen:

 Berichtigung in der Umsatzsteuer- Voranmeldung der Klägerin Umsätze in DMUmsatzsteuer in DM
- K 1 GbRApril 200015%:4.805720,75
  16%:27.4124.386,04
- K 2August 200015%:70.12210.518,39
  16%:1.238.164198.106,39
- K 3 GmbHAugust 200015%:648.758172.212,70
  16%:468.118 
- K 4September 200015%:31.39830.171,13
  16%:159.133 
- K 5Oktober 200015%:3.580.2701.012.012,51
  16%:2.968.575 
- K 6November 200015%:3.7533.471,77
  16%:18.180 
- K 7Dezember 200015%:277.89191.648,97
  16%:312.283 
Summe in 2000 15%:4.616.997 
  16%:5.191.865 
- K 8Februar 200115%:329.94149.491,27
  16%:394.75163.160,11
- K 9März 200115%:86.82529.475,07
  16%:102.820 
- K 10April 200115%:366.56154.984,-
  16%:255.22340.835,63
- K 11August 200115%:133.80720.071,18
  16%:408.38865.342,-
- K 12August 200115%:40.8306.124,43
  16%:25.5034.080,46
- K 13September 200115%:139.66145.551,49
  16%:153.764 
- K 14September 200115%:1.207.154181.073,10
  16%:1.498.422239.747,56
- K 15November 200115%:13.9195.747,74
  16%:22.874 
- K 16Dezember 200115%:52.37916.337,98
  16%:53.007 
Summe in 2001 15%:2.371.077 
  16%:2.914.752

Die Klägerin habe diese Kunden betreffende Umsatzminderungen in Umsatzsteuer-Voranmeldungen geltend gemacht. Sie habe den Kunden mitgeteilt, dass nach § 17 UStG der Vorsteuerabzug zu reduzieren sei. Aufgrund der Insolvenz der Kunden seien diese aber nicht mehr in der Lage gewesen, die bereits von der Finanzverwaltung erstatteten Vorsteuerbeträge an diese zurückzuzahlen. Lediglich in einem Fall sei eine teilweise Rückzahlung festgestellt worden.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. Februar 2001 V R 23/00, Bundessteuerblatt (BStBl) II 2003, 673 wirke die Rücknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung zwar auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Umsatzes zurück. Die Klägerin schulde die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer aber bis zur Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 UStG. In seiner Entscheidung vom 22. März 2001 V R 11/98, BStBl II 2004, 313 habe der BFH, entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in seinem Urteil vom 19. September 2000 C-454/98, Umsatzsteuer-Rundschau 2000, 470, die Rechnungsberichtigung bei einer Steuer nach § 14 Abs. 2 UStG ebenso wie bei einer Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG davon abhängig gemacht, dass eine Gefährdung des Steueraufkommens nicht eingetreten oder rechtzeitig beseitigt worden sei. Eine Rechnungsberichtigung erfordere danach den Nachweis, dass der Rechnungsempfänger entweder die ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer abgezogen habe oder dass ein etwaiger Vorsteuerabzug durch Rückzahlung rückgängig gemacht worden sei. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze sei eine Rechnungsberichtigung bei der Klägerin nicht zulässig, da die o. a. Kunden die Vorsteuerbeträge abgezogen hätten und überwiegend nicht in der Lage seien, diese zurückzuzahlen.

Im Übrigen ziehe die Klägerin durch ihre Vorgehensweise den Staat zur Erfüllung ihrer eigenen notleidenden Forderungen heran. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die aufgrund der zuvor steuerpflichtigen Behandlung des Darlehensumsatzes zuviel gezahlte Umsatzsteuer nicht an den Darlehensschuldner ausbezahlt, sondern mit eigenen notleidenden Forderungen verrechnet werde (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 1991 V R 70/89, BStBl II 1991, 866). Insoweit sei darüber hinaus noch die Anwendung des § 42 Abgabenordnung (AO) zu prüfen. Dies könne hier jedoch unterbleiben, da die Rechnungsberichtigung durch die Klägerin bereits aus anderen Gründen zu versagen sei. Die Entscheidung des BFH in seinem Urteil vom 11. August 1994 XI R 57/93, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1995, 170 entspreche nicht den Vorgaben des EuGH zum Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Sie könne aus heutiger Sicht nicht mehr aufrechterhalten werden.

Die ausgewiesene Umsatzsteuer werde von der Klägerin nach § 14 Abs. 2 UStG geschuldet. Eine Rechnungsberichtigung sei nicht mehr zulässig.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüfer und änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2000 und 2001 mit Bescheiden vom 2. September 2004. Der Erstbescheid für 2000 war am 29. Oktober 2002 ergangen, der erstmaligen Umsatzsteuerfestsetzung für 2001 hatte der Beklagte am 9. September 2003 zugestimmt.

Die Änderungen sahen wie folgt aus:

 20002001
Umsätze aus früheren Kalenderjahre  
- laut Umsatzsteuererklärungen./. 4.616.997,- DM./. 2.371.080,- DM
- laut Prüfung./.12.097,- DM0,- DM
Differenz+ 4.604.900,- DM+ 2.371.080,- DM
Umsätze zu 16%  
- laut Umsatzsteuererklärungen16.327.534,- DM17.531.526,- DM
- laut Prüfung21.526.240,- DM20.191.654,- DM
Differenz+ 5.198.706,- DM+ 2.660.128,- DM
Umsatzsteuernachzahlung778.456,21 EUR399.462,96 EUR

Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg (s. Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2005, Rechtsbehelfsakten).

Am 25. Februar 2005 erhob die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, Klage.

Im Rahmen des Klageverfahrens wurden dem Gericht zu den o. a. Kunden der Klägerin Unterlagen vorgelegt (3 Aktenordner), denen folgende Feststellungen zu entnehmen sind:

1. K 1 GbR

Die Klägerin hatte der K 1 GbR am 23. Mai 1996 einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 30.000,- DM gewährt. Aus dem Vertrag ergibt sich nicht, dass auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet wurde. Unterlagen, denen der Widerruf eines Verzichts zu entnehmen ist, liegen keine vor. Zum 4. Januar 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis gekündigt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zur K 1 GbR ist zu entnehmen, dass auf dem Konto der K 1 GbR am 21. Januar 2000 eine Gutschrift in Höhe von 4.386,04 DM (Umsatzsteuer 15%: 1.679,23 DM und Umsatzsteuer 16%: 2.706,81 DM) erfolgte. Eine Berichtigung von Umsatzsteuer in Höhe von 1.694,55 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 1999 aus.

2. K 2

Die Klägerin hatte der K 2 (K 2 GmbH u. Co. KG sowie K II GmbH) in den Jahren 1993, 1996, 1998 und 1999 verschiedene Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 26. Juli 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 14. September 2000 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung storniert und berichtigt wurden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 2 ist zu entnehmen, dass auf deren Konto am 4. August 2000 eine Gutschrift in Höhe von 198.106,39 DM (Umsatzsteuer 15%: 18.370,91 DM und Umsatzsteuer 16%: 179.735,48 DM) sowie am 12. September 2000 eine Gutschrift in Höhe von 10.518,39 DM (Umsatzsteuer 15%: 5.808,66 DM und Umsatzsteuer 16%: 4.709,73 DM) erfolgten. Ein Schreiben der Klägerin vom 23. Oktober 2000 enthält Erläuterungen zu der Herabsetzung von Umsatzsteuer in Höhe von 362.156,04 DM in der berichtigten Umsatzsteuer- Voranmeldung für August 2000. Danach wurde in Bezug auf die K 2 Umsatzsteuer in Höhe von 198.106,39 DM berichtigt. Im September 2000 erfolgte dann eine Berichtigung in Höhe von 4.709,73 DM.

3. K 3 GmbH

Die Klägerin hatte der K 3 GmbH in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 15. August 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 17. August 2000 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung storniert und berichtigt wurden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zur K 3 GmbH ist zu entnehmen, dass auf deren Konto am 17. August 2000 eine Gutschrift in Höhe von 172.212,70 DM (Umsatzsteuer 15%: 89.461,18 DM und Umsatzsteuer 16%: 82.751,52 DM) erfolgte. Ein Schreiben der Klägerin vom 23. Oktober 2000 enthält Erläuterungen zu der Herabsetzung von Umsatzsteuer in Höhe von 362.156,04 DM in der berichtigten Umsatzsteuer- Voranmeldung für August 2000. Danach wurde in Bezug auf die K 3 GmbH Umsatzsteuer in Höhe von 172.212,70 DM berichtigt.

4. K 4

Martin K 4 hatte die Klägerin in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2000 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung storniert und berichtigt wurden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zu Martin K 4 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 12. Oktober 2000 eine Gutschrift in Höhe von 30.171,13 DM (Umsatzsteuer 15%: 13.710,48 DM und Umsatzsteuer 16%: 16.460,65 DM) erfolgte. Die Berichtigung soll, nach den Angaben der Klägerseite, im Oktober 2000 erfolgt sein (in der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2000 ist ein berichtigter Betrag in Höhe von insgesamt 537.040,69 - Umsatzsteuer 15% - und 127.320,58 - Umsatzsteuer 16% - ausgewiesen).

5. K 5

Die Klägerin hatte K 5 1998 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. In den Akten befinden sich lediglich berichtigte Kontoabschlüsse und Stornos der Kontoabschlüsse. Diese Aufstellungen enthalten verschiedene Beträge, u.a. auch solche zur Mehrwertsteuer. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 5 ist zu entnehmen, dass auf deren Konto im Oktober 2000 eine Gutschrift in Höhe von 1.012.012,51 DM (Umsatzsteuer 15%: 519.457,95 DM und Umsatzsteuer 16%: 492.554,56 DM) erfolgte. Ein Schreiben der Klägerin vom 13. Dezember 2000 enthält Erläuterungen zu der Berichtigung von Umsatzsteuer in Höhe von 689.884,32 DM in der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für Oktober 2000. Der Betrag betreffe in voller Höhe K 5. Zugleich wird darauf hingewiesen, dass "den Kunden für jeden Abschlußzeitraum berichtigte Abrechnungen erstellt und zugesandt" wurden, "damit sie eine Korrektur in ihrer Buchführung vornehmen können".

6. K 6

Der K 6 hatte die Klägerin in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 14. November 2000 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 6 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für den Zeitraum 11. Juni 1996 bis 30. September 2000 seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zur K 6 ist zu entnehmen, dass auf deren Konto am 9. November 2000 eine Gutschrift in Höhe von 3.471,77 DM (Umsatzsteuer 15%: 562,97 DM und Umsatzsteuer 16%: 2.908,80 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 562,97 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für November 2000 aus.

7. K 7

Die Klägerin hatte K 7 in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2000 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2000 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 7 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für die in den Abrechnungen angegebenen Zeiträumen seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2000" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 7 ist zu entnehmen, dass auf deren Konto in 2000 eine Gutschrift in Höhe von 91.648,97 DM (Umsatzsteuer 15%: 41.683,55 DM und Umsatzsteuer 16%: 49.965,42 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 41.683,55 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2000 aus.

8. K 8

Die Klägerin hatte K 8 in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 21. Februar 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 28. Februar 2001 wies sie darauf hin, dass sie von der Mehrwertsteueroption zurückgetreten sei. Die stornierten und berichtigten Kontoabschlüsse seien der dem Schreiben beigefügten Anlage zu entnehmen. Zum Schluss bat sie, die entsprechenden Buchungen "in Ihrem Hause" vorzunehmen. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 8 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 28. Februar 2001 eine Gutschrift in Höhe von 112.651,38 DM (Umsatzsteuer 15%: 49.491,27 DM und Umsatzsteuer 16%: 63.160,11 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 49.491,17 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Februar 2001 aus.

9. K 9

Die Klägerin hatte K 9 in 1997 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 16. Februar 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. In den Akten befinden sich lediglich berichtigte Kontoabschlüsse und Stornos der Kontoabschlüsse. Diese Aufstellungen enthalten verschiedene Beträge, u.a. auch solche zur Mehrwertsteuer. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 9 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 12. März 2001 eine Gutschrift in Höhe von 29.475,07 DM (Umsatzsteuer 15%: 13.023,78 DM und Umsatzsteuer 16%: 16.451,29 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 13.023,78 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2001 aus.

10. K 10

Die Klägerin hatte K 10 in 1998 und 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 19. März 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 9. April 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 10 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für den Zeitraum 30. Dezember 1994 bis 30. Dezember 2000 seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 10 ist zu entnehmen, dass auf deren Konto am 6. April 2001 eine Gutschrift in Höhe von 95.819,63 DM (Umsatzsteuer 15%: 54.984,18 DM und Umsatzsteuer 16%: 40.835,45 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 54.984,18 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 2001 aus.

11. K 11

Die Klägerin hatte Getränke K 11 in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 27. Juni 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 29. August 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 11 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für die in den Abrechnungen angegebenen Zeiträumen seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 11 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 28. August 2001 eine Gutschrift in Höhe von 75.194,90 DM (Umsatzsteuer 15%: 20.071,18 DM und Umsatzsteuer 16%: 55.123,72 DM) und am 29. August 2001 eine Gutschrift in Höhe von 10.218,28 DM (Umsatzsteuer 15%) erfolgten. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 36.593,40 DM (Umsatzsteuer 16%) und 26.195,61 DM (Umsatzsteuer 15%) weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für August 2001 aus (s. auch erläuterndes Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 12. Oktober 2001).

12. K 12

Die Klägerin hatte K 12 in 1991 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 20. Juli 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 30. August 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 12 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für den Zeitraum 30. Dezember 1994 bis 30. März 2001 seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 12 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 29. August 2001 eine Gutschrift in Höhe von 10.204,89 DM (Umsatzsteuer 15%: 6.124,43 DM und Umsatzsteuer 16%: 4.080,46 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 36.593,40 DM (Umsatzsteuer 16%) und 26.195,61 DM (Umsatzsteuer 16%) weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für August 2001 aus (s. auch erläuterndes Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 12. Oktober 2001).

13. K 13

Die Klägerin hatte K 13 in 1999 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 2. August 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 7. September 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 13 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für den Zeitraum 30. Dezember 1994 bis 30. März 2001 seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 13 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 7. September 2001 eine Gutschrift in Höhe von 45.551,49 DM (Umsatzsteuer 15%: 20.949,22 DM und Umsatzsteuer 16%: 24.602,27 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 202.022,32 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für September 2001 aus.

14. K 14

Die Klägerin hatte K 14 in 1996, 1998 und 2000 Kredite gewährt. In den Verträgen wurde auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Mit Schreiben vom 2. Februar 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 24. September 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 14 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für die jeweils angegebenen Zeiträume seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 14 ist zu entnehmen, dass auf deren Konto am 13. September 2001 eine Gutschrift in Höhe von 420.820,66 DM (Umsatzsteuer 15%: 181.073,10 DM und Umsatzsteuer 16%: 239.747,56 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 202.022,32 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer- Voranmeldung für September 2001 aus (s. auch erläuterndes Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 14. November 2001).

15. K 15

Die Klägerin hatte K 15 am 18. November 1994 einen Betriebsmittelkredit in Höhe von 20.000,- DM gewährt. Aus dem Vertrag ergibt sich nicht, dass auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet wurde. Mit Schreiben vom 8. Oktober 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 23. November 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 15 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 30. September 2001 seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 15 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 20. November 2001 eine Gutschrift in Höhe von 5.747,74 DM (Umsatzsteuer 15%: 2.087,98 DM und Umsatzsteuer 16%: 3.659,76 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 2.087,98 DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung November 2001 aus (s. auch erläuterndes Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 23. Januar 2002).

16. K 16

Die Klägerin hatte K 16 in 1994 und 2000 Kredite gewährt. Aus den Verträgen ergibt sich nicht, dass auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet wurde. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 hatte die Klägerin das gesamte Kreditverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Mit Schreiben vom 24. September 2001 wies sie darauf hin, dass aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die mit K 16 bestehende Mehrwertsteueroption "gekündigt" werde. Die Kontoabschlüsse bezüglich der Mehrwertsteuerberechnung für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis 30. September 2001 seien daher storniert und berichtigt worden. Eine genaue Berechnung war dem Schreiben als Anlage beigefügt. Der Übersicht "Mehrwertsteuerrückvergütungen 2001" sowie den Sachkonten der Klägerin zu K 16 ist zu entnehmen, dass auf dessen Konto am 20. Dezember 2001 eine Gutschrift in Höhe von 16.337,98 DM (Umsatzsteuer 15%: 7.857,- DM und Umsatzsteuer 16%: 8.480,98 DM) erfolgte. Eine Herabsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 7.857,- DM weist die berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2001 aus (s. auch erläuterndes Schreiben der Klägerin an den Beklagten vom 8. Februar 2002).

Der Beklagte konnte lediglich die Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Klägerin von November 2000 bis Dezember 2001 vorlegen. Die anderen seien bereits ausgesondert und vernichtet worden.

Zur Frage des Zeitpunkts der Gefährdung der Kapitaldienstfähigkeit der o. a. Kunden der Klägerin ergibt sich Folgendes:

1. K 1 GbR

Der Beklagte konnte zu der Firma keine Angaben machen. Die Klägerseite erläutert, es sei kein Insolvenzverfahren durchgeführt worden. Der Beklagte müsse überprüfen, ob die Vorsteuer vom Leistungsempfänger zurückgezahlt worden sei oder noch zurückverlangt werden könne.

2. K 2

Dem Schreiben der Klägerin an die K 2 vom 26. Juli 2000 ist zu entnehmen, dass ihr am 21. Juli 2000 eine Pfändung des Finanzamts X in Höhe von 246.376,80 DM zugestellt worden war, hohe Überziehungen bestanden sowie der wiederholt verlangten Einreichung von Unterlagen zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation nicht nachgekommen worden war. Außerdem waren Rückführungen nicht eingehalten worden. Der Beklagte trägt vor, am 1. November 2000 sei das Insolvenzverfahren über das Vermögen der K II GmbH eröffnet worden. Es sei noch nicht abgeschlossen. Die K 2 GmbH u. Co. KG sei umsatzsteuerliche Organträgerin, die K II GmbH Organgesellschaft gewesen.

3. K 3 GmbH

Dem Schreiben der Klägerin an die K 3 GmbH vom 15. August 2000 ist zu entnehmen, dass sie darüber informiert worden war, dass beabsichtigt sei, über das Vermögen der K 3 GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Die Klägerseite erläutert, letztlich sei kein Insolvenzverfahren durchgeführt worden. Den von ihr vorgelegten Unterlagen (Schreiben der Klägerin vom 24. Oktober 2001) ist zu entnehmen, dass eine Ablösung ihrer Verbindlichkeiten durch die Sparkasse Offenburg erfolgt ist. Der Beklagte müsse überprüfen, ob die Vorsteuer vom Leistungsempfänger zurückgezahlt worden sei oder noch zurückverlangt werden könne. Der Beklagte führt aus, das Insolvenzverfahren sei am 1. Oktober 2000 eröffnet worden und noch nicht abgeschlossen.

4. K 4

Dem Schreiben der Klägerin an Martin K 4 vom 6. Oktober 2000 ist zu entnehmen, dass sie darüber informiert worden war, dass beabsichtigt sei, über das Vermögen der Bäckerei Martin K 4 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Weitere Informationen liegen keine vor.

5. K 5

Den Schreiben der Klägerin an K 5 vom 25. Oktober 2000 ist zu entnehmen, dass sie über die Absicht informiert worden war, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von K 5 zu stellen. Der Beklagte führt aus, das Insolvenzverfahren sei mit Beschluss vom 20. Dezember 2000 eröffnet und am 19. November 2007 aufgehoben worden. Die Quote der Schlussverteilung lag bei 1,03%, die der Nachtragsverteilung bei 0,07%.

6. K 6

Dem Schreiben der Klägerin an K 6 vom 31. Oktober 2000 ist zu entnehmen, dass sie über die Absicht informiert worden war, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der K 6 zu stellen. Außerdem bestünden Pfändungsverfügungen. Eine aktuelle Forderungsaufstellung zur Globalzession sei nicht eingereicht worden. An einer Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung sei sie, die Klägerin, nicht interessiert. Der Beklagte führt aus, das Insolvenzverfahren sei mangels Masse nicht eröffnet worden (Beschluss vom 2. Januar 2001).

7. K 7

Dem Schreiben der Klägerin an K 7 vom 28. Dezember 2000 ist zu entnehmen, dass sie erfahren hatte, dass beim Amtsgericht Baden-Baden die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von K 7 beantragt worden war. Laut Ausführungen des Beklagten wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 1. März 2001 eröffnet und mit Beschluss vom 10. Januar 2005 aufgehoben.

8. K 8

Dem Schreiben der Klägerin an K 8 vom 21. Februar 2001 ist zu entnehmen, dass sie erfahren hatte, dass beim Amtsgericht Baden-Baden die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von K 8 beantragt worden war. Laut Ausführungen des Beklagten wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 1. April 2001 eröffnet und am 15. Oktober 2007 mangels Masse eingestellt.

9. K 9

Dem Schreiben der Klägerin an K 9 vom 16. Februar 2001 ist zu entnehmen, dass K 9 auf ihre Schreiben nicht reagiert hatte und keine Bereinigung der Überziehung durchgeführt worden war. Ein Insolvenzverfahren ist nicht durchgeführt worden.

10. K 10

Dem Schreiben der Klägerin an K 10 vom 19. März 2001 ist zu entnehmen, dass sie über die Absicht informiert worden war, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von K 10 zu stellen. Laut Ausführungen des Beklagten sei das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 6. März 2001 eröffnet und am 1. April 2001 mangels Masse eingestellt worden.

11. K 11

Mit Schreiben vom 27. Juni 2001 teilte die Klägerin der Firma Getränke K 11 mit, deren Konto weise seit längerem Überziehungen auf, es lägen Pfändungen vor, Zahlungen gingen nur spärlich ein und die wirtschaftliche Situation sei desolat. Dem Beklagten ist nur bekannt, dass der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens in 2001 mangels Masse abgewiesen wurde.

12. K 12

Mit Schreiben vom 20. Juli 2001 teilte die Klägerin K 12 mit, er habe auch ihr letztes Schreiben nicht eingehalten und eine Bereinigung der Überziehung nicht vorgenommen. Ein Insolvenzverfahren ist nicht durchgeführt worden.

13. K 13

Mit Schreiben vom 2. August 2001 teilte die Klägerin K 13 mit, seine wirtschaftliche Lage habe sich drastisch verschlechtert. Laut Ausführungen des Beklagten wurde das Insolvenzverfahren im August 2001 eröffnet und am 27. Dezember 2001 mangels Masse "abgewiesen".

14. K 14

Dem Schreiben der Klägerin an K 14 vom 2. Februar 2001 ist zu entnehmen, dass sie erfahren hatte, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden war. Letztlich ist kein Insolvenzverfahren durchgeführt worden. Eröffnet wurden Insolvenzverfahren über die Vermögen von Organgesellschaften von K 14.

15. K 15

Mit Schreiben vom 8. Oktober 2001 teilte die Klägerin K 15 mit, er habe auf ihre Schreiben nicht reagiert und keine Bereinigung der Überziehung vorgenommen. Laut Ausführungen des Beklagten wurde das Insolvenzverfahren am 8. August 2002 eröffnet und am 27. Oktober 2004 mangels Masse eingestellt.

16. K 16

Dem Schreiben der Klägerin vom 6. Dezember 2001 ist zu entnehmen, dass K 16 ihr mitgeteilt hatte, dass er den Geschäftsbetrieb nach Räumungsverkauf aufgeben werde und er nicht in der Lage sei, die Restverbindlichkeiten ordnungsgemäß zu tilgen. Den von ihr vorgelegten Unterlagen (Aktenvermerk) ist zu entnehmen, dass die Kredite in den letzten Jahren durch Verwertung von Sicherheiten vollständig getilgt wurden. Ein Insolvenzverfahren wurde nicht durchgeführt.

Die Frage, inwieweit die Finanzverwaltung Vorsteuerbeträge von den o. a. Kunden der Klägerin zurückerhalten hat, beantwortete der Beklagte wie folgt:

1. K 1 GbR

keine Angaben.

2. K 2

Im Rahmen der "UStVA August 2000" seien die entsprechenden Vorsteuern bei der K 2 GmbH u. Co. KG zurückgefordert worden. Am 5. Januar 2001 habe sie diese dann niedergeschlagen.

3. K 3 GmbH

Die zu berichtigenden Vorsteuern seien weder korrigiert noch zur Insolvenztabelle angemeldet worden. Letzteres sei erst vor kurzem vom Finanzamt Saarlouis nachgeholt worden.

4. K 4

Wegen Löschung des Kontos seien keinerlei Informationen vorhanden.

5. K 5

Die zurückzuzahlenden Vorsteuern in Höhe von 1.012.012,- DM seien ursprünglich zur Insolvenztabelle für den Voranmeldungszeitraum Oktober 2000 angemeldet und am 5. März 2001 niedergeschlagen worden. Im Rahmen der Umsatzsteuererklärung für 2000 vom 5. August 2003 seien die zu berichtigenden Vorsteuern in Höhe von 1.012.012,- DM nicht erklärt und vom Finanzamt nicht berücksichtigt worden. Dadurch habe sich eine entsprechende Sollminderung ergeben. Im Insolvenzverfahren seien deshalb die im Voranmeldungsverfahren festgesetzten streitigen Vorsteuern bestritten worden. Dies habe zur Konsequenz gehabt, dass die streitigen Vorsteuern nicht festgestellt worden seien. Die Quote der Schlussverteilung umfasse die Vorsteuern daher nicht. Eine Begleichung außerhalb der Schlussverteilung sei nicht erfolgt. Nach Ansicht der Klägerseite sei zu prüfen, ob die Vorsteuerberichtigung wegen verfahrensrechtlicher Fehler des Finanzamts nicht oder nicht in voller Höhe erfolgte.

6. K 6

Die Besteuerungsgrundlagen der K 6 für die "Umsatzsteuervoranmeldungen für das III. und IV. Quartal" seien geschätzt worden. Die streitigen Vorsteuern seien nicht berichtigt und daher auch nicht an das Finanzamt zurückgezahlt worden.

7. K 7

Die von der Klägerin berichtigte Umsatzsteuer in Höhe von 91.648,97 DM sei zur Insolvenztabelle angemeldet worden. Das Finanzamt habe aus der Schlussverteilung insgesamt 4.203,- EUR erhalten, was einer Quote von 3,89% entspreche. Von den 91.648,97 DM seien also nur 3.565,14 DM (= 3,89%) realisiert worden.

8. K 8

Im Rahmen der "UStVA Februar 2001" seien die streitigen Vorsteuern von K 8 zurückgefordert worden. Am 3. September 2003 habe sie diese dann niedergeschlagen. Bis heute seien sie nicht bezahlt worden.

9. K 9

Aus den Umsatzsteuerakten der Firma K 9 ergebe sich, dass mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung März 2001 ein negativer Vorsteuerbetrag in Höhe von 27.366,73 DM erklärt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass die streitigen Vorsteuerbeträge in dem erklärten Negativbetrag enthalten seien.

10. K 10

Die zurückzuzahlenden Vorsteuerbeträge in Höhe von 95.819,- DM seien wegen der "zeitnahen Abweisung des Verfahrens" nicht zur Tabelle angemeldet worden. Die Vorsteuer sei bis heute nicht an das Finanzamt zurückgezahlt worden.

11. K 11

Im Rahmen der "UStVA August 2001" seien die streitigen Vorsteuern von K 11 zurückgefordert worden. Am 8. Juli 2002 habe sie diese dann niedergeschlagen. Bis heute seien sie nicht bezahlt worden.

12. K 12

Das Umsatzsteuersignal von K 12 sei am 26. Februar 2000 gelöscht worden. Eine Berichtigung der Vorsteuer in 2001 sei nicht mehr möglich gewesen. Die Vorsteuer sei nicht an das Finanzamt zurückgezahlt worden.

13. K 13

Die Vorsteuer sei weder berichtigt noch zurückgezahlt worden.

14. K 14

Die streitige Vorsteuer sei im Rahmen einer Betriebsprüfung zurückgefordert worden (Umsatzsteuerbescheid vom 18. Oktober 2005). Eine Bezahlung sei nicht erfolgt und die Nachforderung am 20. Dezember 2005 niedergeschlagen worden.

15. K 15

Die Vorsteuern seien nicht berichtigt worden, auch nicht von Amts wegen.

16. K 16

Im Rahmen der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung für das IV. Quartal 2001 seien streitige Vorsteuerbeträge in Höhe von 15.751,- DM berichtigt und zurückgezahlt worden.

Ihre Klage begründet die Klägerseite wie folgt: Die Umsatzsteuerbescheide für 2000 und 2001 könnten aufgrund des Vertrauensschutzes des § 176 Abs. 2 AO nicht mehr geändert werden. Die Rechnungsberichtigungen entsprächen § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG und den Vorgaben in Abschnitt 189 Abs. 5 Umsatzsteuerrichtlinie (UStR). Danach müsse die Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem Rechnungsempfänger schriftlich erklärt werden. In den UStR werde vom Rechnungsaussteller kein Nachweis gefordert, dass der Rechnungsempfänger die ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer abgezogen bzw. den Vorsteuerabzug rückgängig gemacht habe. Die Entscheidung des BFH vom 22. März 2001 V R 11/98, a.a.O. sei bei Erstellung der berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldungen noch nicht veröffentlicht gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätten diese im Einklang mit der bis dahin veröffentlichten Rechtsprechung gestanden. Das gleiche gelte für den Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärungen und den Erlass der Umsatzsteuerbescheide. Die Entscheidung sei erst am 30. April 2004 im BStBl II veröffentlicht worden. Erst ab diesem Zeitpunkt sei die Finanzverwaltung daran gebunden gewesen. Erst ab diesem Zeitpunkt habe ein Steuerpflichtiger damit rechnen müssen, dass die UStR nicht mehr angewandt würden. Bis dahin greife die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 2 AO. § 176 Abs. 2 AO greife auch bei Vorbehaltsfestsetzungen.

Hilfsweise komme § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO zur Anwendung. Die Rechtsprechung habe sich zwischen dem Erlass der bisherigen Steuerfestsetzungen (den einzelnen Umsatzsteuer- Voranmeldungen in 2000 und 2001 und dem Erlass der Änderungsbescheide in 2004) geändert.

Im Übrigen sei es für sie überhaupt nicht möglich, den Nachweis darüber zu führen, dass der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug berichtigt habe.

Schließlich seien in vielen Fällen die bestehenden Verträge mit den Kunden gekündigt worden, weil diese ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen seien. Eine Umsatzsteuerkorrektur sei auf jeden Fall in der Höhe durchzuführen, in der sie auf ausgefallene Entgelte für Zinsen und Gebühren entfalle.

Auf die Steuerbefreiung sei deswegen bereits seit 1981 nach § 9 UStG verzichtet worden, weil bestimmte Vorsteuerbeträge aus bestimmten Investitionen (Bau des Bankgebäudes und einer Tiefgarage am Standort X im Jahre 1982) gezogen werden sollten. Es sei dabei um den Vorsteuerabzug aus den allgemeinen Kosten gegangen, die den gesamten sich aus dem Bankgeschäft ergebenden Aufwand umfassten. Mit der Finanzverwaltung habe es Absprachen darüber gegeben, dass die Vorsteuern nicht bestimmten Geschäften zugeordnet würden. Vielmehr werde ein allgemeiner Schlüssel ermittelt, der die Vorsteuerbeträge entsprechend der steuerpflichtigen und steuerfreien Umsätze aufteile. Andere Vorgehensweisen seien nicht praktikabel. Bei den Genossenschaftsbanken und Sparkassen sei es üblich, zur Umsatzbesteuerung zu optieren, wenn gewerblichen Kunden Kredite gewährt würden.

Der einzelne Kunde habe nach Kündigung des Vertrags nicht mehr über das Konto bei ihr verfügen können.

Die Klägerin beantragt,

1.

die Umsatzsteuerbescheide für 2000 und 2001, zuletzt geändert am 4. September 2006, dahingehend zu ändern, dass die festgesetzte Umsatzsteuer in 2000 um 778.456,21 EUR und in 2001 um 399.462,96 EUR reduziert wird,

2.

hilfsweise

die Revision zuzulassen,

3.

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Vertrauensschutzregelung des § 176 Abs. 2 AO stehe der Änderung der Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre nicht entgegen. Das BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98, a.a.O. widerspreche den UStR nicht. Es ergänze sie nur.

§ 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO komme ebenfalls nicht zur Anwendung. Zum Zeitpunkt des Erlasses der erstmaligen Umsatzsteuerbescheide für 2000 vom 29. Oktober 2002 und für 2001 vom 9. September 2003 sei das BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98, a.a.O. und somit die Änderung der Rechtsprechung bereits bekannt gewesen. Es genüge, dass die Entscheidung der Allgemeinheit zugänglich sei. Eine Veröffentlichung im BStBl sei nicht erforderlich. § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO sei nur einschlägig, wenn eine Rechtsprechungsänderung zeitlich zwischen dem erstmaligen Umsatzsteuerbescheid und dem Änderungsbescheid bzw. zwischen zwei Änderungsbescheiden erfolge. Da sich die Rechtsprechung jedoch bereits vor den erstmaligen Umsatzsteuerjahresfestsetzungen geändert habe, lägen die Voraussetzungen des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO nicht vor. Die Umsatzsteuerjahresbescheide stellten im Verhältnis zu den Umsatzsteuerfestsetzungen aus den Umsatzsteuer-Voranmeldungen keine Änderungsbescheide dar, so dass sich auch hieraus keine Anwendung von § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO ergebe.

Auch nach allgemeinen Gesichtspunkten von Treu und Glauben sei der Klägerin kein Vertrauensschutz zu gewähren. Die Änderung der Rechtsprechung sei bekannt gewesen. Auch wenn das BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98, a.a.O. erst im Jahre 2004 im BStBl II veröffentlicht worden sei, hätte die Klägerin nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Verwaltung das Urteil nicht anwende oder eine Übergangsregelung treffe. Vielmehr hätte die Annahme näher gelegen, dass die Rechtsprechung angewendet werde. Schließlich habe der EuGH bereits im Jahre 2000 die bisherige BFH-Rechtsprechung für nicht richtlinienkonform erklärt.

Im Übrigen liege im Streitfall ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO vor. Die Klägerin habe einen Widerruf der Option lediglich in den Fällen vorgenommen, in denen die Kunden insolvent geworden seien und ihre Zins- und Tilgungsleistungen nicht mehr hätten erbringen können. Durch die Rücknahme des Verzichts auf die Steuerbefreiung habe sie damit den Fiskus zur Erfüllung ihrer eigenen notleidenden Forderungen herangezogen. Dies gelte insbesondere dann, wenn, wie im Streitfall, die aufgrund der zuvor steuerpflichtigen Behandlung des Darlehensumsatzes zuviel gezahlte Umsatzsteuer nicht an den Darlehensschuldner ausbezahlt, sondern mit der eigenen notleidenden Forderung verrechnet werde. In einem ähnlichen Fall sei der BFH zu der gleichen Auffassung gelangt (Urteil vom 6. Juni 1991 V R 70/89, a.a.O.).

Das Problem habe der Gesetzgeber in dem inzwischen eingefügten § 14c UStG gelöst. Bei einer Rückgängigmachung des Verzichts auf eine Steuerbefreiung komme, entsprechend der Rechtsprechung des BFH, eine Berichtigung des Steuerbetrags nur dann in Betracht, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei. Der Leistungsempfänger müsse danach die bereits geltend gemachte Vorsteuer an das Finanzamt zurückzahlen.

Die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2000 und 2001 wurden im Laufe des Klageverfahrens jeweils mit Bescheiden vom 4. September 2006 geändert. Die Änderungen betreffen die Streitfragen nicht.

In der Streitsache hat am 14. Oktober 2008 ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Am 17. April 2009 erging ein Gerichtsbescheid. Den Antrag auf mündliche Verhandlung stellte die Klägerseite mit Schreiben vom 18. Mai 2009, eingegangen bei Gericht am 19. Mai 2009. Sie begründet ihn wie folgt: Zwischen § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO und § 176 Abs. 2 AO sei zu unterscheiden. Bei § 176 Abs. 2 AO komme es im Streitfall nicht auf das Verhältnis Voranmeldung/Jahreserklärung an. Schließlich sei zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre und bei Ergehen der Steuerbescheide für 2000 und 2001 die Vorschrift in den UStR 2000 nicht geändert gewesen. Außerdem habe die Finanzverwaltung zu diesem Zeitpunkt das BFH-Urteil im BStBl noch nicht veröffentlicht. Erst mit BMF-Schreiben vom 29. Januar 2004 IV B / - S-7280 - 19/04 (BStBl I 2004, 258) seien die Verwaltungsvorschriften geändert worden. Dieses sei erst am 1. Januar 2004 in Kraft getreten und damit nach Abgabe der Steueranmeldungen bzw. Ergehen der Steuerbescheide. Sie, die Klägerin, könne sich auf § 176 Abs. 2 AO berufen. Sie habe auf die Verwaltungsrichtlinien vertrauen dürfen, zumal der Zeitpunkt der Anwendung der neuen Grundsätze in dem genannten BMF-Schreiben ausdrücklich geregelt worden sei. Der BFH habe in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BStBl II 2008, 608 ausführlich zum Vertrauensschutz Stellung genommen. Er weise darauf hin, dass Verwaltungsanweisungen wie bspw. Richtlinien einen besonderen Vertrauensschutz begründeten, weil sie infolge ihrer Veröffentlichung im Bundesanzeiger, im BStBl und als selbständige, vom BMF herausgegebene Schriften eine große Publizität und Breitenwirkung erfahren würden. Bei Rechtsprechungsänderungen seien grundsätzlich Übergangsregelungen notwendig bzw. komme, wenn diese nicht greifen würden, ein Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen in Betracht. Der BFH weise darauf hin, dass Verwaltungsanordnungen, wie Übergangsregelungen, in der Regel von § 131 AO gedeckt und daher auch von den Steuergerichten zu beachten seien.

Am 25. Juni 2009 hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Klage ist zum größten Teil unbegründet. Lediglich in den Fällen K 15, K 16 und K 7 hat der Beklagte zu Unrecht eine Korrektur der Umsatzsteuer durch die Klägerin nicht zugelassen.

a. Im Zusammenhang mit den Kunden K 1 GbR, K 15 und K 16 hat die Klägerin zu Unrecht Umsatzsteuer an den Beklagten abgeführt. In diesen Fällen existiert kein Verzicht auf die Steuerfreiheit (§ 9 Abs. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG). Korrigiert werden können aber nur die in den Streitjahren abgeführten Umsatzsteuerbeträge, d.h. in 2000 insgesamt 3.650,55 DM und in 2001 insgesamt 3.439,65 DM. Diese, dem jeweiligen "Storno des Kontoabschlusses" entnommenen Beträge setzen sich wie folgt zusammen:

 20002001
- K 151.231,40 DM1.194,86 DM
- K 162.419,15 DM2.244,79 DM
Summe3.650,55 DM3.439,65 DM

Für die K 1 GbR hatte die Klägerin in den Streitjahren nach Lage der Akten dagegen keine Umsatzsteuerbeträge an den Beklagten abgeführt.

b. Bis auf K 7 sind in allen übrigen Fällen die von der Klägerin vorgenommenen Rechnungsberichtigungen nicht zulässig. Die Voraussetzungen für eine Rechnungsberichtigung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG liegen nicht vor. Eine Gefährdung des Steueraufkommens ist in all diesen Fällen weder nachweislich noch vollständig beseitigt worden. Dies hat aber sowohl bei unrichtiger (§ 14 Abs. 2 Satz 1 UStG) als auch bei unberechtigter (§ 14 Abs. 3 UStG) Abrechnung mit Steuerausweis zu erfolgen. Schließlich wird das Steueraufkommen bei zu Unrecht in Rechnung gestellter Steuer dadurch gefährdet, dass dieser Steuerbetrag als Vorsteuer abgezogen werden könnte (EuGH-Urteil vom 19. September 2000 C-454/98, a.a.O.; BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98, a. a. O). Mit dem Einfügen von § 14c in das UStG durch das Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) vom 15. Dezember 2003 (Bundesgesetzblatt I 2003, 2645) wurde das Umsatzsteuerrecht u.a. in diesem Bereich, auch auf Grund der Rechtsprechung des EuGH, an das Gemeinschaftsrecht und an die Rechtsprechung des BFH angepasst (BTDrucks. 15/1562, 1). Da § 14c UStG mit Wirkung zum 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist (Art. 25 Abs. 4 StÄndG 2003) und daher nur für solche Rechnungen gilt, die nach diesem Zeitpunkt ausgestellt wurden, gilt für die davor liegende Zeit und damit im Streitfall die im Anschluss an die EuGH-Entscheidung vom 19. September 2000 C-454/98, a.a.O. ergangene BFHRechtsprechung (BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98, a.a.O.). Soweit die Klägerin auf das Schreiben des BMF vom 29. Januar 2004 IV B / - S-7280 - 19/04, a.a.O. verweist, ergibt sich daraus nichts anderes. Im Übrigen sind Gerichte nicht an Anweisungen der Exekutive gebunden.

Die von den Kunden K 2, K 3 GmbH, K 4, K 5, K 6, K 8, K 9, K 10, K 11, K 12, K 13 und K 14 aufgrund der streitbefangenen Rechnungen (zu Unrecht) abgezogenen Vorsteuerbeträge wurden, nach Darstellung des Beklagten, nicht zurückbezahlt bzw. es liegen keine Informationen über Rückzahlungen vor (so im Fall K 4). Bei K 7 konnten seitens des Beklagten dagegen 3,89% der Rückstände realisiert werden. Insofern ist eine Rechnungsberichtigung in 2000 in dieser Höhe zulässig (3,89% Umsatzsteuer 15%: 1.621,49 DM + 3,89% Umsatzsteuer 16%: 1.943,65 DM = 3.565,14 DM).

Die Klägerin kann sich im Streitfall nicht erfolgreich auf § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO berufen. Dessen Voraussetzungen liegen nicht vor. Zwar hat sich die Rechtsprechung im Hinblick auf die Voraussetzungen einer Rechnungsberichtigung geändert. Dies geschah allerdings bereits vor Erlass der Erstfestsetzungen für 2000 und 2001 und nicht, wie nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO gefordert, erst danach. § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO geht davon aus, dass eine geänderte Rechtsprechung auf alle noch nicht abgeschlossenen Steuerfälle anzuwenden ist, selbst wenn sich die Sachverhalte zu einer Zeit ereignet haben, in der noch die günstigere Rechtsprechung galt. Er schützt nur das Vertrauen in die Bestandskraft der Steuerfestsetzung, in der die Finanzbehörde die günstigere (alte) Rechtsprechung zugrunde gelegt hat (BTDrucks. 7/4292, 34; vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 2007 XI R 30/05, BFH/NV 2007, 1397). Dem Steuerpflichtigen soll eine bereits durch einen Verwaltungsakt aufgrund der günstigeren "alten" Rechtsprechung bestätigte Rechtsposition nicht durch eine nach Ergehen des Verwaltungsakts erfolgte Änderung der Rechtsprechung wieder genommen werden.

Maßgeblich ist danach, ob im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts, der geändert werden soll, zu einem gleichen Sachverhalt und/oder derselben Rechtsfrage die geänderte Rechtsprechung bereits veröffentlicht ist. Dabei ist das Entscheidungsdatum als solches unerheblich. Denn die Rechtsprechung hat sich nicht schon dann geändert, wenn das betreffende Gericht die Entscheidung gefällt hat. Ist aber, wie im Streitfall, vor Erlass des Bescheides die Entscheidung zur Veröffentlichung freigegeben und in einer Fachzeitschrift veröffentlicht worden, greift § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO jedenfalls nicht mehr ein (BFH-Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 3/06, BStBl II 2009, 203).

Der erstmalige Umsatzsteuerbescheid für 2000 trägt das Datum 29. Oktober 2002. Der Umsatzsteuererklärung für 2001 hatte der Beklagte am 9. September 2003 erstmalig zugestimmt. Das die Rechtsprechung ändernde BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 11/98 war bereits im Augustheft 2001 der BFH/NV unter der Rubrik "Sammlung aller amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH" und im letzten Heft des 1. Halbjahres 2001 des Deutschen Steuerrechts veröffentlicht, daneben bereits in 2001 noch in zahlreichen anderen Fachzeitschriften, sogar in der Neuen Juristischen Wochenschrift 2001, 3806. Alle Zeitpunkte liegen vor den Daten der erstmaligen Umsatzsteuerfestsetzungen 2000 und 2001. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei Voranmeldungs- und Steueranmeldungs- bzw. -festsetzungsverfahren um verschiedene Verfahren. Der Vertrauensschutz des § 176 AO gilt daher nicht im Verhältnis Voranmeldung (§ 18 Abs. 1 Satz 1 UStG) zu Steueranmeldung (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG; vgl. Kronthaler, in Sölch/Ringleb, UStG, Stand: 9/07, § 18 Rn. 60 f.; Reiß/Krauesel/Langer, UStG, Stand: 11/08, § 18 Rn. 747).

§ 176 Abs. 2 AO kommt im Streitfall ebenfalls nicht zur Anwendung. Kein Oberster Gerichtshof des Bundes hat zwischen dem Zeitpunkt der erstmaligen Umsatzsteuerfestsetzungen (für 2000 am 29. Oktober 2002 und für 2001 am 9. September 2003) und den Änderungsbescheiden am 2. September 2004 die für den Streitfall ausschlaggebenden Absätze 5 und 6 des Abschnitts 189 der UStR 2000 als mit dem geltenden Recht für unvereinbar erklärt. Die höchstrichterliche Entscheidung, in der die Unvereinbarkeit zum Ausdruck kommen muss, muss allerdings zeitlich zwischen dem Erlass des ursprünglichen Bescheids und der Entscheidung über die Korrektur liegen. Dies ergibt sich aus der Schutzrichtung des § 176 Abs. 2 AO. Danach entspricht die Vorschrift ausschließlich in der Weise dem Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen, dass bestimmte Veränderungen, die sich zwischen dem Erlass des zu korrigierenden Steuerverwaltungsakts und seiner Korrektur ereignet haben, nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden dürfen (BFH-Urteil vom 20. August 1997 X R 58/93, BFH/NV 1998, 314; v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Stand: 12/08, § 176 Rn. 115, 213).

Auch an den Geboten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes als Subprinzipien des Rechtsstaatsgebots scheitern die streitigen Korrekturen durch den Beklagten nicht. In der Streitfrage (Voraussetzungen einer Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 UStG) war der BFH bislang nicht de facto ähnlich einem Normgeber tätig geworden (vgl. Beschluss des BFH vom 17. Dezember 2007 GrS 2/04, BStBl II 2008, 608). Dies hat die Klägerseite bislang auch nicht behauptet. Vielmehr hatte der BFH bis zur Entscheidung des EuGH vom 19. September 2000 C-454/98, a.a.O. aus dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG abgeleitet, die Wirksamkeit der Rechnungsberichtigung hänge nicht davon ab, dass die Finanzbehörde die Ansprüche gegen den Leistungsempfänger aus der gebotenen Berichtigung des Vorsteuerabzugs durchsetzen kann. In seiner Entscheidung vom 22. März 2001 V R 11/98, a.a.O. kam er dann zu dem Ergebnis, dass sich bei richtlinienkonformer Beurteilung der Voraussetzungen für die Rechnungsberichtigung ergebe, dass sie nur zuzulassen ist, wenn die Gefährdung des Steueraufkommens nachweislich rechtzeitig und vollständig beseitigt worden ist.

Inwieweit eine Umsatzsteuerkorrektur wegen Forderungsausfalls vorzunehmen ist, wurde von der Klägerseite nicht substantiiert dargelegt.

Im Hinblick auf die Kunden K 5 und K 9 ist zudem bereits fraglich, ob tatsächlich eine Umsatzsteuerkorrektur voraussetzende Rechnungsberichtigungen vorliegen und damit ein Widerruf des Verzichts nach § 9 Abs. 1 UStG. Dagegen spricht bereits die vom Beklagten geschilderte Vorgehensweise von K 5, die zu berichtigenden Vorsteuern in Höhe von 1.012.012,- DM im Rahmen ihrer Umsatzsteuererklärung für 2000 vom 5. August 2003 nicht anzugeben sowie diese im Insolvenzverfahren zu bestreiten. Dagegen spricht auch, dass sich in den Akten lediglich berichtigte Kontoabschlüsse und Stornos der Kontoabschlüsse befinden, wobei diese Aufstellungen verschiedene Beträge, u.a. auch solche zur Mehrwertsteuer enthalten. Ein separates Anschreiben, wie die Klägerin den übrigen Kunden zukommen ließ, in dem sie darauf hinweist, dass sie aufgrund der ausgesprochenen Kreditkündigung die bestehende Mehrwertsteueroption "kündige", befindet sich in den Fällen K 5 und K 9 nicht in den dem Gericht vorgelegten Akten.

2. Die in den Streitjahren festgesetzte Umsatzsteuer ermäßigt sich wie folgt:

 Umsatzsteuer 
 2.947.550,- DMUmsatzsteuerbescheid für 2000 vom 4. September 2006
 ./. 1.231,40 DM (K 15) 
 ./. 2.419,15 DM (K 16) 
 ./. 3.565,14 DM (K 7) 
 2.940.334,40 DM 
=1.503.369,10 EURneu festgesetzte Umsatzsteuer 2000
 2.833.747,- DMUmsatzsteuerbescheid für 2001 vom 4. September 2006
 ./. 1.194,86 DM (K 15) 
 ./. 2.244,79 DM (K 16) 
 2.830.307,50 DM 
=1.447.113,20 EURneu festgesetzte Umsatzsteuer 2001

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 Finanzgerichtsordnung. Begehrt hatte die Klägerin eine Reduktion der Umsatzsteuer 2000 und 2001 um insgesamt 1.177.919,- EUR. Gewährt wurde eine Reduktion der Umsatzsteuer 2000 und 2001 um insgesamt 5.447,98 EUR. Obsiegt hat sie danach lediglich in Höhe von 0,46%, also auch in Anbetracht des hohen Streitwerts nur zu einem geringen Teil.

Ende der Entscheidung

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