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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: 14 K 396/04
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
UStG § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a
UStG § 15 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

14 K 396/04

Tatbestand:

Streitig ist die Zuordnung eines Neubaus zum umsatzsteuerlichen Unternehmensvermögen und in Verbindung damit der Umfang des Vorsteuerabzuges aus den entstandenen Bauaufwendungen.

Die Klägerin, die bisher nicht unternehmerisch tätig war, ist Alleineigentümerin des Grundstücks, auf dem sie im Jahr 2000 ein Einfamilienhaus mit Büroräumen im Hanggeschoss errichtete. Der Bauantrag war bei der Gemeinde am 21. Mai 1999 eingegangen. Mit den Baumaßnahmen wurde im Juni 2000 begonnen. Die Wohnräume im Erdgeschoss und Dachgeschoss wurden am 14.11.2000 bezogen, mehrere Räume im Untergeschoss mit einer Gesamtfläche von 49,704 qm = 19,40 v.H. der Gesamtfläche am 01.07.2001 an das Architekturbüro X vermietet.

Im Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung 2000 wie auch mit dem Antrag auf Eigenheimzulage ab 2000, die beide im April 2002 beim Finanzamt eingingen, führte die Klägerin aus, sie nutze die Wohnräume in dem Gebäude (200 qm) seit 01. November 2000 gemeinsam mit ihrer Familie zu eigenen Wohnzwecken. Die Büroräume (60 qm = 23,1%) würden ab 01. Juli 2001 an das Architekturbüro X ihres Ehemannes zur Nutzung durch diesen vermietet.

Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 2000 wurden lediglich die - anteilig auf die Büroräume entfallenden - Schuldzinsen als Werbungskosten geltend gemacht. Anteilige Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes oder Absetzung für Abnutzung wurden dagegen nicht geltend gemacht. Ebenso wenig wurde eine Umsatzsteuererklärung für 2000 eingereicht.

Die antragsgemäß festgesetzte Einkommensteuer für 2000 sowie die Eigenheimzulage 2000 sind bestandskräftig geworden.

In der Einkommensteuererklärung für 2001 (eingegangen am 04. Februar 2003) erklärte die Klägerin für sechs Monate Mieteinnahmen aus der Vermietung der Büroräume und einer Garage zuzüglich 16% Umsatzsteuer und Betriebskostenvorauszahlungen. Als Werbungskosten machte sie - anteilige - Schuldzinsen, Absetzung für Abnutzung aus den Brutto-Herstellungskosten des Gebäudes sowie Betriebskosten geltend. Gleichzeitig gab die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung für 2001 ab, in der sie Mieteinnahmen für die Büroräume und eine Garage als steuerpflichtige und die Betriebskosten-Vorauszahlungen als steuerfreie Umsätze behandelte. Außerdem machte sie Vorsteuern aus den angefallenen Betriebskosten geltend.

Die Einkommensteuer 2001 wurde antragsgemäß bestandskräftig festgesetzt. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 2001 erging aufgrund der Erklärung der Klägerin am 07. April 2003 eine Abrechnung, die einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) gleichsteht (§ 18 Umsatzsteuergesetz -UStG-).

In der am 23. März 2004 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2002 erklärte die Klägerin wiederum Mieteinnahmen für die Büroräume und eine Garage zuzügl. 16% Umsatzsteuer und Betriebskostenvorauszahlungen. Davon zog sie - anteilige (gegenüber den Vorjahren auf 20% korrigierte) - Schuldzinsen und Absetzung für Abnutzung aus den Bruttoherstellungskosten des Gebäudes sowie Betriebskosten ab. Die Einkommensteuerfestsetzung 2002 für die Klägerin und ihren Ehemann vom 26. April 2004 auf 0 EUR ist bestandskräftig geworden.

Am 08. April 2004 reichte die Klägerin (unter Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes - EuGH - vom 08. Mai 2003, Rs. C -269/00 - Wolfgang Seeling, EuGHE 2003 I-4101 = Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2003, 288 und das im Anschluss hieran ergangene Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. Juli 2003 V R 39/99) für die Jahre 2000 und 2002 erstmalige sowie für das Jahr 2001 eine geänderte Umsatzsteuererklärung ein. Dabei beantragte sie neben den Vorsteuern aus laufenden Kosten, die gesamten Vorsteuern aus den Herstellungskosten des Gebäudes, und zwar für

 2000 86.384,38 DM
2001 6.392,47 DM
2002 1.979,35 EUR

zum Abzug zuzulassen. Darüber hinaus erklärte sie neben den Vermietungsumsätzen für 2001 und 2002 wegen der Nutzung von 80% der Räume zu eigenen Wohnzwecken Umsätze aus sonstigen Leistungen gemäß § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG in Höhe von 2 v.H. der jeweiligen - anteiligen - Netto-Herstellungskosten des Gebäudes.

Im Rahmen einer daraufhin anberaumten und durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung und der aufgrund einer Eingabe des Vertreters der Klägerin gefertigten Stellungnahme der Oberfinanzdirektion vom 25. August 2004 gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die Zuordnung des Grundstücks zum Unternehmensvermögen der Klägerin nicht vorlägen, da sie das Grundstück mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärung 2001 am 04. Februar 2003, mit der kein Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes geltend gemacht worden sei, ihrem nicht unternehmerischen Bereich zugeordnet habe.

Daraufhin wurde die Umsatzsteuer für 2000 mit Bescheid vom 20. September 2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO auf 0 EUR festgesetzt. Der Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung 2001 wurde mit Bescheid vom 09. September 2004 abgelehnt und die Umsatzsteuer 2002 wurde nach vorheriger erklärungsgemäßer Festsetzung mit Bescheid vom 20. September 2004 nach den Feststellungen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geändert. In den Umsatzsteuerfestsetzungen für 2001 und für 2002 blieb der Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO jeweils unverändert bestehen.

Die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide blieben ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung vom 30. November 2004 hielt das beklagte Finanzamt daran fest, dass die Klägerin sich an die von ihr getroffene Zuordnungsentscheidung habe halten müssen und diese nicht nachträglich habe korrigieren können.

Gegen die Einspruchsentscheidung richtet sich die am 19. Dezember 2004 bei Gericht eingegangene Klage, die die Klägerin unter weitgehender Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung wie folgt begründet: Richtig sei, dass sie vor Bekanntwerden der "Seeling-Rechtsprechung" den anteiligen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten nicht gleichzeitig mit den eingereichten Einkommensteuererklärungen 2000 bis 2002 geltend gemacht habe. Unrichtig sei aber, dass dieser Umstand auf einer Entscheidung von ihr beruhe, ihr Wahlrecht dahingehend auszuüben, das Gebäude nicht dem Unternehmensvermögen, sondern dem Privatvermögen zuzuordnen. In Wirklichkeit habe sie von Anfang an das Gebäude dem umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensvermögen zugeordnet. Dies ergebe sich aus Folgendem:

Bereits vor Erwerb des streitgegenständlichen Grundstückes sei über die spätere steuerliche Behandlung beraten worden. Ihr Prozessbevollmächtigter habe sie und ihren Ehemann dahingehend beraten, die Immobilie nicht in das einkommensteuerliche Betriebsvermögen des Ehemannes zu erwerben. Hierbei seien sie und ihr Ehemann auch darüber beraten worden, dass durch diese Handhabung der Vorsteuerabzug für den betrieblichen Anteil nicht verloren gehe, da sie zur Umsatzsteuer optieren könne. Entsprechend dieser Beratung sei anschließend verfahren worden. Der Wohnteil des streitgegenständlichen Gebäudes sei im Dezember 2000 fertig gestellt, der Büroteil des Gebäudes sei im Juni 2001 fertig gestellt worden. Der Prozessbevollmächtigte habe für sie einen Mietvertrag über die Vermietung an das Architekturbüro des Ehemannes entworfen. Dieser Mietvertrag sei am 01. Juni 2001 von ihr und ihrem Ehemann unterschrieben worden. Aus der Handakte des Prozessbevollmächtigten sei noch eine handschriftliche Notiz hinsichtlich der Erstellung des Mietvertrages vorhanden. Aus dieser Notiz sei ersichtlich, dass die anteiligen Vorsteuern geltend gemacht werden sollten.

Richtig sei, dass sie die Möglichkeit nicht wahrgenommen habe, bereits bei den Steuererklärungen 2000 bis 2002 den Vorsteuerabzug - anteilig - in Anspruch zu nehmen. Dieser Umstand habe jedoch nichts mit der Ausübung einer Zuordnungsentscheidung zu tun, sondern beruhe auf folgenden äußeren Umständen. Sie habe in der Bauphase und in der Zeit danach einer erheblichen zeitlichen Belastung unterlegen. Zum einen habe sie noch lange Zeit mit den Nachwirkungen des Bauvorhabens zu tun gehabt, zum anderen sei sie mit der Erziehung der beiden Kleinkinder erheblich belastet gewesen. Schließlich habe sie neben der erwähnten privaten Belastung auch noch im Büro ihres Ehemannes mitgearbeitet. Die vorgenannten äußeren Umstände hätten dazu geführt, dass die Steuererklärungen 2000 bis 2002 jeweils unter erheblichem Zeitdruck wegen Ablauf der Abgabefristen erstellt worden seien. Vorrangig sei die richtige Erklärung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit ihres Ehemannes innerhalb der letztmöglichen Abgabefristen gewesen. Eine zusätzliche exakte Aufstellung der Herstellungskosten des streitgegenständlichen Gebäudes, unterteilt nach Nettobeträgen, Vorsteuern und Bruttobeträgen, sei ihr aus Zeitnot zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Der Prozessbevollmächtigte habe sie dahingehend unterrichtet, dass ihr keinerlei Nachteile entstehen würden. Umsatzsteuerveranlagungen würden grundsätzlich gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchgeführt. Aus diesem Grunde sei es möglich, auch nachträglich noch Vorsteuern zu ändern.

Infolge dessen sei im Rahmen des Abschlusses 2002 begonnen worden, die richtigen umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlagen zu ermitteln. Nachdem zwischenzeitlich der BFH sich mit Urteil vom 24. Juli 2003 der "Seeling-Rechtsprechung" des EuGH vom 08. Mai 2003 angeschlossen habe, seien nicht nur die auf die Vermietung entfallenden anteiligen Vorsteuern angesetzt worden, sondern die vollständigen Vorsteuern. Die vom Finanzamt vorgenommene Sachverhaltswürdigung, wonach die Zuordnungsentscheidung - die eine Willenserklärung darstelle - durch sie bereits früher erfolgt sei, sei unrichtig. Vielmehr sei die ausdrückliche Willenserklärung dahingehend erfolgt, das streitgegenständliche Grundstück dem Unternehmensvermögen zuzuordnen. Im Übrigen verkenne das Finanzamt, dass die Zuordnungsentscheidung auch verfahrensrechtlich rückwirkend noch für alle änderbaren Steuerfestsetzungen ausgeübt werden könne. Sie verweist hierzu auf die Rechtsauffassung von Birkenfeld (UR 2004, 268).

In der Streitsache war am 27. Juni 2006 ein Gerichtsbescheid ergangen, gegen den die Klägerin rechtzeitig Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. In der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2006 schränkte die Klägerin ihr Begehren dahingehend ein, dass sie nunmehr noch 20% der ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuern geltend macht. Nach Ansicht der Klägerin hatte sie die Zuordnungsentscheidung zumindest in Höhe von 20% von vornherein getroffen. Das beklagte Finanzamt hatte zuvor sich bereits für den Zeitraum (ab Mietvertrag) ab 01.07. 2001 bereit erklärt 20% der bisher streitigen Vorsteuerbeträge anzuerkennen und sich insoweit zur Änderung der Umsatzsteuerbescheide für 2001 in Höhe von 745 EUR und 396 EUR für 2002 verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

das Finanzamt zu verurteilen, die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2000, 2001 und 2002 unter Ansatz der beantragten Vorsteuern für 20% der Herstellungskosten aus Errichtung des Gebäudes zu ändern.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage, soweit ihr nicht für 2001 teilweise und für 2002 ganz zu entsprechen ist, im Wesentlichen aus den Gründen der Einspruchsentscheidung abzuweisen.

Ergänzend trägt das Finanzamt vor, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Klägerin den vermieteten Grundstücksteil vor dem 01. Juli 2001 in ihr Unternehmensvermögen eingelegt habe. Die Einlage zum 01. Juli 2001 rechtfertige jedoch keinen Vorsteuerabzug aus den gesamten Herstellungskosten. Den Streitwert ermittelt das Finanzamt unwidersprochen mit (2000: 43.457,72 EUR, 2001: 2.393,06 EUR und 2002: 1.015,91 EUR =) 46.866,69 EUR.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die bei Gericht eingegangenen Schriftsätze der Klägerin vom 12. Januar 2005 und 21. November 2005 sowie auf den Schriftsatz des beklagten Finanzamtes vom 17. Februar 2005 Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2006 haben die Beteiligten auf (weitere) mündliche Verhandlung verzichtet. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Das Gericht hat sodann die Bauakten des Landratsamtes - Bauamtes - beigezogen.

Entscheidungsgründe.

Die Klage ist nicht begründet.

1. Der Umsatzsteuer unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG). Ein Unternehmer, der einen Gegenstand zur gemischten (teils unternehmerischen, teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt, hat nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (so bereits Urteil vom 11. Juli 1991 Rs.C-97/90 -Lennartz -, Slg.1991, I-3795, UVR 1992, 19 = HFR 1991, 730 und vom 04. Oktober 1995 Rs.C-291/92 - Armbrecht -, Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392) folgende Möglichkeiten:

er kann den Gegenstand seinem Unternehmen zuordnen.

er kann den Gegenstand seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen

er kann den Gegenstand entsprechend dem geschätzten unternehmerischen Nutzungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

Die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei Anschaffung, Herstellung oder Einlage des Gegenstandes. Der Leistungsbezug muss in einem objektiv erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Unternehmers stehen. Eine Verwendung des bezogenen Gegenstandes in der übrigen Sphäre muss objektiv möglich und auch durchführbar sein. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen. Ein ebenso wichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen (BFH-Urteil vom 31. Januar 2002 V R 61/96, BStBl II 2003, 813 - Nachfolgeentscheidung zum Urteil des EuGH vom 8. März 2001 Rs.C-414/98-Bakci-) ist die Unterlassung des Vorsteuerabzugs.

2. In der von der Klägerin zitierten Seeling - Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 8. Mai 2003 Rs. C-269/00) und ihm folgend der BFH (Urteil vom 24. Juli 2003, V R 39/99, BStBl. II 2004, 371) klargestellt, dass auch die teilweise Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für den privaten Bedarf keine steuerfreie Grundstücksvermietung i. S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG darstellt und deshalb den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausschließt. Der BFH hat damit seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen.

3. Im Streitfall hat das Finanzamt jedoch zutreffend angenommen, dass die Klägerin das streitige Grundstück nicht, vor allem nicht insgesamt, ihrem Unternehmen zugeordnet hatte. Diese Zuordnungsentscheidung ist hinsichtlich des privat genutzten Gebäudeteils frühestens im Jahre 2004 erfolgt. Die Zuordnungsentscheidung ergibt sich eindeutig aus den für die Streitjahre von der Klägerin abgegebenen Umsatzsteuererklärungen. Entsprechendes ist den Einkommensteuer - und Eigenheimzulageerklärungen zu entnehmen. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt ( § 105 Abs. 5 FGO). Erstmals mit der Abgabe der Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2002 sowie der geänderten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2001 am 8. April 2004 hat die Klägerin den Vorsteuerabzug für die Herstellungskosten geltend gemacht. Zuvor konnte sie sich noch gar nicht für den vollständigen Vorsteuerabzug entscheiden, da sowohl die Finanzbehörden als auch die Rechtsprechung diesen übereinstimmend für unzulässig erachteten. Nicht erkennbar ist, dass die Klägerin eine andere Rechtsauffassung vertreten hat. Im Gegenteil, die Vorgehensweise der Klägerin wird nur auf der Grundlage der von der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung vertretenen Rechtsauffassung verständlich. Anders ist nicht zu erklären, dass die Klägerin den Vorsteuerabzug nicht bzw. erst nach Bekanntwerden der Seeling - Entscheidung geltend gemacht hat.

4. Ein Unternehmer kann zwar Bauleistungen für ein Gebäude, das er sowohl für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet als auch für Zwecke außerhalb seines Unternehmens nutzt, bei richtlinienkonformem Verständnis insgesamt oder teilweise oder gar nicht seinem Unternehmen zuordnen. Er muss sich dafür aber in dem Besteuerungszeitraum entscheiden, in dem die Steuer für die Bauleistungen und zeitgleich auch der Vorsteuerabzugsanspruch entstehen. Die Sofortentscheidung für den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen über die Bauleistungen wird in der Steuererklärung erkennbar. Das alles ist aus Art. 17 der 6. EG-Richtlinie in der Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof verdeutlichtes Umsatzsteuerrecht (vgl. BFH Urteil vom 28. November 2002 - V R 51/01, BFH/NV 2003, 515). Dies bedeutet, dass die Klägerin für die in ihren Rechnungen aus den Bauleistungen, die sie maßgeblich 2000 erhalten hat, berechnete Umsatzsteuer als Vorsteuer sofort, d.h. in 2000 hätte abziehen können. Dies ist ersichtlich nicht geschehen. Jedenfalls ist die Zuordnungsentscheidung nicht rechtzeitig erfolgt. Nicht zu entscheiden braucht der Senat, ob die Klägerin mit Abschluss des Mietvertrages im Jahre 2001 nicht wenigstens teilweise in Höhe von 20% der Gebäudeherstellungskosten die Zuordnungsentscheidung getroffen hatte. Insoweit ist das Finanzamt der Klägerin bereits entgegengekommen. Nach vorstehenden Ausführungen ist eine solche sich auf die Herstellungskosten beschränkte Zuordnungentscheidung auch nicht teilweise getroffen worden. Die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 17. Juli 2006 führen zu keiner anderen Beurteilung. Insbesondere ergeben sich aus den Bauakten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine teilweise oder vollständige Zuordnung zum Unternehmensvermögen vorgenommen hätte.

5. Gegen die vorstehende Beurteilung vermag die Klägerin sich auch nicht auf Birkenfeld ( UR 2004, 265 ff., 268) zu berufen. Auch Birkenfeld bestreitet nicht den Grundsatz der Sofortentscheidung, will ihn jedoch im Hinblick auf die EuGH - Entscheidung auf noch änderbare Steuerfestsetzungen nicht anwenden. Dem vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass die Zuordnungsentscheidung wiederum weitgehend ausgehebelt bzw. korrigiert wird. Sie lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, dass die Finanzbehörde, die dem Steuerpflichtigen durch richtlinienwidrige Rechtsanwendung Rechte verkürzt hat, sich nach Klarstellung durch den EuGH darauf beruft, der Steuerpflichtige hätte der finanzbehördlichen Rechtspraxis nicht vertrauen dürfen, sich - möglicherweise - schadensersatzpflichtig macht. Immerhin ist diese Rechtspraxis in ständiger Rechtsprechung bestätigt worden. Eine etwaige Schadensersatzpflicht ist durch die zuständigen ordentlichen Gerichte zu überprüfen. Sie kann aber nicht dazu führen, die für den Vorsteuerabzug erforderliche Zuordnungsentscheidung rückwirkend zu korrigieren.

6. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 136 Abs. 1, Satz 3 FGO. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, der Korrektur der getroffenen Zuordnungsentscheidung in noch offenen Fällen, zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO).



Ende der Entscheidung

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