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Gericht: Finanzgericht Baden-Württemberg
Urteil verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 3 K 381/08
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Baden-Württemberg

3 K 381/08

Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO bei nachträglicher Kenntnis des FA vom verbilligten Bezug von Aktien nach Ausübung von Aktienoptionen: Rechtserheblichkeit, Vertrauensschutz

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert werden darf.

Die Kläger sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie wohnten im Jahr 1998 (Streitjahr) bis zum 20. Juli 1998 in Deutschland und unterlagen bis zu diesem Zeitpunkt der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht. Während der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht bezog der Kläger u.a. als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft eines Pharmakonzerns, der B GmbH, X/Deutschland, (B-GmbH) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Nach dem beruflich bedingten Umzug der Kläger in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) bezog der Kläger Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von einer US-amerikanischen Tochtergesellschaft desselben Pharmakonzerns (Gehaltsabrechnung Bl. 85 Leitz-Ordner).

Der Kläger erhielt von der ausländischen Muttergesellschaft der B-GmbH in den Jahren 1990 bis 1995 (im Einzelnen siehe Aufstellungen auf Bl. 115 ff. Leitz-Ordner, auf die wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird) Aktienoptionen eingeräumt. Die eingeräumten Rechte konnten frühestens nach drei Jahren ausgeübt werden (Sperrfrist) und mussten innerhalb der folgenden 7 Jahre ausgeübt werden, sonst verfielen sie (s. Bl. 93 der Gerichtsakte). Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Rente, betriebsbedingter Kündigung, Vorruhestand oder Tod hätten kürzere Fristen für die Einlösung gegolten. Bei fristloser Kündigung wäre das eingeräumte Recht verfallen.

Die Optionsrechte der Jahre 1990 bis 1995 übte der Kläger nach dem Umzug in die USA im November und Dezember 1998 aus. Aufgrund der Ausübung flossen ihm im Streitjahr --nach einer tatsächlichen Verständigung unstreitig-- Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 5.723.549 DM zu.

Die Einkünfte aus den Optionsgeschäften meldeten die Kläger in Höhe von 3.134.230 US-$ zur Bundesstaatssteuer des US-Bundesstaats Pennsylvania und zur US-Gemeindesteuer sowie -in Höhe eines Teilbetrags von 227.232 US-$-- zur US-Bundessteuer an. In Deutschland reichten die Kläger am 3. April 2000 eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1998 ein, in der sie zum verbilligten Bezug der Aktien durch Ausübung der Aktienoptionen keine Angaben machten und keine Einkünfte erklärten; eine bezifferte Erklärung von steuerfreien ausländischen Einkünften, die im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind, erfolgte nicht, weil eine Besteuerung dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Vermeidung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern (BGBl II 1991, 354, BStBl I 1991, 94; --DBA USA--) widerspreche. Im Einspruch vom 8. Juli 1999 (Bl. 21 ESt-Akte) gegen den Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 1998 vom 10. Juni 1999 hatten die Kläger "Progressionseinnahmen" des Klägers für den Zeitraum August bis Dezember 1998 in Höhe von --lediglich-- 1.079.316 DM erklärt.

Im Einkommensteuerbescheid vom 1. August 2000 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit erklärungsgemäß. Der Eingabewertbogen datiert vom 26. Juli 2000 (Bl. 68 ESt-Akte). Der genannte Bescheid blieb unangefochten. Am 28. Oktober 2002 änderte das FA diesen Bescheid aufgrund eines Verlustrücktrags gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Aufgrund einer im Rahmen einer Außenprüfung bei der B-GmbH gefertigten Kontrollmitteilung vom 8. April 2003 (Bl. 2 ff. Leitz-Ordner) erfuhr die Veranlagungsstelle des FA von der Einräumung von Aktienoptionen in den Jahren 1991 bis 1995. Der Kläger teilte daraufhin auf Anfrage des FA am 24. September 2003 einen geldwerten Vorteil aus dem verbilligten Bezug der Aktien in Höhe von 3.723.099,- DM mit. Das FA setzte einen geldwerten Vorteil in Höhe von 3.723.080 DM in dem nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 23. Dezember 2003 als Arbeitslohn für mehrere Jahre i.S. des § 34 Abs. 3 EStG an. Es wendete dabei die Grundsätze aus zwei Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Januar 2001 (BFH-Urteile vom 24. Januar 2001 I R 100/98, BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; vom gleichen Tag I R 119/98, BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) an. Eine Aufteilung des Besteuerungsrechts am geldwerten Vorteil auf Deutschland und die USA erfolgte --entgegen der Ankündigung vom 16. Oktober 2003 (Bl. 15 Leitz-Ordner)-- nicht, weil dem FA noch nicht bekannt war, ob der Kläger in den USA noch für den gleichen Konzern tätig war; das FA besteuerte deshalb den geldwerten Vorteil in vollem Umfang.

Hiergegen wendeten sich die Kläger mit ihrem Einspruch. Sie trugen vor, eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 habe nicht erfolgen dürfen, weil es an der Rechtserheblichkeit der nachträglich bekannt gewordenen Tatsache fehle. Das FA hätte bei rechtzeitiger Kenntnis über Einräumung und Ausübung der Optionsrechte zum Zeitpunkt der ursprünglichen Veranlagung im August 2000 nach der damals geltenden Rechtsprechung des BFH (u.a. BFH-Urteil vom 10. März 1972 VI R 278/68, BFHE 105, 348, BStBl II 1972, 596) den geldwerten Vorteil erst bei Zufluss besteuert und wäre von einer zeitpunktbezogenen Besteuerung ausgegangen. Da der Zufluss erst nach Wegzug in die USA (also im Zeitraum der beschränkten Steuerpflicht) erfolgt sei, hätte das FA den geldwerten Vorteil in Deutschland nicht besteuert. Die durch die BFH-Urteile in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512 geänderte Rechtsprechung, wonach es auf eine zeitraumbezogene Betrachtungsweise ankomme, dürfe aus Vertrauensschutzgründen nicht zu Lasten der Kläger angewandt werden (§ 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977). Daneben legten die Kläger Nachweise über die in den USA gezahlten Steuern vor.

Im Rahmen eines gerichtlichen Aussetzungsverfahrens gewährte das FA auf Antrag der Kläger gegen Sicherheitsleistung Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Akten des Verfahrens 1 V 13/04 wurden beigezogen.

Im Laufe des Einspruchsverfahrens erging am 3. Januar 2005 ein Änderungsbescheid, in dem das FA antragsgemäß den zugeflossenen geldwerten Vorteil (3.723.080 DM) nur anteilig (i.H.v. 3.432.509 DM) der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht zuordnete und der deutschen Besteuerung unterwarf. Den auf die Zeit der beschränkten Steuerpflicht entfallenden Anteil (i.H.v. 290.510 DM) sah es antragsgemäß als steuerfrei an und berücksichtigte ihn nur noch im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Am 21. Januar 2005 erließ das FA einen Änderungsbescheid über Kirchensteuer, mit dem es auch die Einkommensteuer neu bekannt gab.

Nachdem dem FA im Rahmen der Prüfung, in welcher Höhe ausländische Steuer berücksichtigungsfähig ist, aufgefallen war, dass der vom Kläger bisher in Deutschland erklärte Betrag geringer war als der in den Steuerbescheiden der US-Bundesstaatssteuer und US-Gemeindesteuer angesetzte Betrag, teilte der Kläger auf erneute Nachfrage des FA im Mai 2005 auch den verbilligten Bezug der aus den Optionen des Einräumungsjahres 1990 bezogenen Aktien mit. Der geldwerte Vorteil erhöhte sich nach Angaben der Kläger um 2.000.470 DM auf 5.723.549 DM. Auf Antrag der Kläger zog das FA von dem im Inland steuerpflichtigen Teil (5.353.686 DM) die in den USA gezahlten Steuern (197.978 DM) nach § 34c Abs. 3 und 6 EStG ab und setzte im Änderungsbescheid vom 22. Juni 2005 einen geldwerten Vorteil i.H.v. 5.155.708,- DM als im Inland steuerpflichtig an; nur dem Progressionsvorbehalt unterliegen danach 369.863 DM. Auch diese Aufteilung ist nach einer tatsächlichen Verständigung zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Änderungsbescheid wurde Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Durch Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2005 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück. Die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 sei zu Recht erfolgt. Die nachträglich bekannt gewordene ("neue") Tatsache des verbilligten Bezugs der Aktien im Streitjahr sei rechtserheblich, weil das FA bei Kenntnis der Tatsache bei der ursprünglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer höheren Steuer gelangt wäre. Wie das FA bei Kenntnis bestimmter Tatsachen einen Sachverhalt in seinem ursprünglichen Bescheid gewürdigt hätte, sei aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH auszulegen war, und der die Finanzämter bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses gegolten haben. Im vorliegenden Fall hätte das Finanzamt bei der erstmaligen Veranlagung nicht anders wie nach Ergehen der BFH-Urteile (in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) entschieden, weil der BFH in diesen Urteilen seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und fortentwickelt habe. Rechtsprechung und Verwaltung seien bereits zuvor von einer zeitraumbezogenen Besteuerung ausgegangen (BFH-Urteile vom 21. März 1975 VI R 55/73, BFHE 115, 366, BStBl II 1975, 690, vom 24. März 1972 VI R 163/69, BFHE 105, 146, BStBl II 1972, 479; vom 18. Juli 1973 I R 52/69, BFHE 110, 43, BStBl II 1973, 757; vom 5. Februar 1992 I R 158/90, BFHE 167, 496 , BStBl II 1992, 660; vom 29. Januar 1986 I R 296/82, BFHE 146, 136, BStBl II 1986, 513; s.a. BMF-Schreiben vom 5. Januar 1994, BStBl I 1994, 11).

In dem vom Kläger zitierten BFH-Urteil sei es demgegenüber ausschließlich um die Frage gegangen, zu welchem Zeitpunkt (Optionsgewährung oder Optionsausübung und Aktienbezug) der geldwerte Vorteil zu besteuern ist. Auch das FG Köln (Urteil vom 21. Oktober 1998 11 K 1662/97, EFG 1999, 116) sei (als Vorinstanz des BFH) von einer zeitraumbezogenen Betrachtung ausgegangen (FG: Belohnungscharakter). Der BFH habe in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512 nur den Zeitraum geändert (BFH: Anreizlohn). Auch aus Vertrauensschutzgründen sei das FA deshalb nicht gehindert, den Bescheid zu ändern; denn es liege keine Rechtsprechungsänderung vor.

Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Diese wurde zunächst bei den Außensenaten Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 1 K 182/05 geführt. Aufgrund des Geschäftsverteilungsplans des Gerichts für das Jahr 2008 ist zum 1. Januar 2008 der erkennende Senat bei den Außensenaten Freiburg für den Streitfall zuständig geworden; die Klage wird seither unter dem Aktenzeichen 3 K 381/08 geführt.

Im Rahmen der Klagebegründung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen. Im Streitfall habe der BFH seine Rechtsprechung insoweit geändert, als er im BFH-Urteil vom 10. Juli 1996 I R 83/95 (BFHE 181, 155, BStBl II 1997, 341) bestimmt habe, dass eine Abfindung, die einem Arbeitnehmer anlässlich der Kündigung seines Arbeitverhältnisses gewährt wird, ausschließlich in dem Staat zu besteuern sei, in dem der Arbeitnehmer ansässig sei. Dieser Sachverhalt gleiche dem "Stock-Option-Sachverhalt" im Wesentlichen. Außerdem sei entscheidungserheblich, dass die Arbeitsleistung des Klägers (mittlerweile Chef der C Abteilung Europa) im Vergleich zur Gesamtleistung des Pharmakonzerns als äußerst gering anzusehen und der Börsenwert der Aktien der Muttergesellschaft fremdbestimmt sei. Die Tätigkeit des Klägers habe somit geringsten Einfluss auf das Entstehen des geldwerten Vorteils gehabt. Der geldwerte Vorteil sei zwar durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, stelle aber kein zusätzliches Arbeitsentgelt für eine Tätigkeit dar. Dies sei erst durch die BFH-Urteile (in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) durchbrochen worden; damit sei die Tatsache der Rechtsprechungsänderung gegeben.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. April 2008 haben die Kläger außerdem fünf Kopien (Bl. 93 bis 97 der Gerichtsakte --GA--) einreichen und im Klageverfahren erstmals vortragen lassen, es fehle aufgrund dieser Unterlagen im Streitfall auch an einer nachträglich bekannt gewordenen Tatsache, weil die Lohnsteueraußenprüfung des FA schon am 17. Juni 1998 Kenntnis davon erlangt habe, dass dem Kläger Aktienoptionen eingeräumt worden seien.

Die Kläger beantragen, den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 vom 23. Dezember 2003 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 22. Juni 2005 sowie die Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2005 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Es verteidigt den angefochtenen Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aus den dort genannten Gründen. Ob der BFH im Jahr 2001 vom BFH-Urteil in BFHE 181, 155, BStBl II 1997, 341 abgewichen sei, sei unerheblich; es handele sich insoweit nämlich um einen nicht vergleichbaren Sachverhalt. Im Streitfall könne man allenfalls darüber streiten, ob die Einräumung der Optionen Belohnungscharakter gehabt habe oder ein Anreiz für die Tätigkeit zwischen Einräumung und Ausübung sei. Das FA bejahe --mit den Klägern-- einen Anreizlohn. Eine Abfindung liege im Streitfall nicht vor. Welchen Einfluss die Tätigkeit des Klägers auf den Aktienkurs der Muttergesellschaft gehabt habe, sei ebenfalls unerheblich. Auf Frage des Berichterstatters hat das FA eine Aufstellung vom 11. April 2008 (Bl. 86 f. GA) übergeben, aus der sich ergibt, welche aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Urteile und Verwaltungsanweisungen aus der Zeit vor dem 26. Juli 2000 existierten.

In der mündlichen Verhandlung trug das FA zum neuen Sachvortrag der Kläger ergänzend vor, die maßgebliche Tatsache (der verbilligte Bezug der Aktien durch Ausübung der Aktienoptionen) sei dem FA erst nachträglich bekannt geworden. Zudem sei nicht auf die Kenntnis des Außenprüfers, sondern der Bediensteten der Veranlagungsstelle des FA abzustellen. Diese hätten erst im Jahr 2003 von den Aktienoptionen erfahren.

Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 15. April 2008 auf Antrag der Kläger zu der Frage, wie die Besteuerungspraxis von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Form von Aktienoptionen (sog. "stock options") seitens des Finanzamts X/Deutschland (jetzt: Y) am 26. Juli 2000 (Datum der Freigabe des Eingabewertbogens zur Einkommensteuererklärung der Kläger für das Jahr 1998) war, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin W (Sachbearbeiterin des FA für internationales Steuerrecht und Rechtsbehelfssachbearbeiterin des vorliegenden Verfahrens). Auf die Tonaufzeichnung der Aussage wird Bezug genommen. Die Zeugin hat bekundet, dass das FA den verbilligten Bezug der Aktien auch schon am 26. Juli 2000 besteuert hätte, wenn es von ihm Kenntnis gehabt hätte. Dies beruhe auf früherer Rechtsprechung des BFH in ähnlichen Fällen. Durch die BFH-Urteile (in BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509; in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) aus dem Jahr 2001 habe sich nichts geändert.

Dem Gericht lagen bei seiner Entscheidung folgende Akten vor: 1 Gerichtsakte 3 K 381/08, 1 Gerichtsakte 1 V 13/04, 1 Einkommensteuer-Akte, 1 Leitz-Ordner.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet; sie ist deshalb abzuweisen. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

I. Das FA hat zu Recht die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 bejaht.

1. Dem FA ist die Tatsache, dass der Kläger im Streitjahr Aktienoptionen ausgeübt und daraufhin verbilligt Aktien bezogen hat, nachträglich bekannt geworden. 26

a) Nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen. Hierbei kommt es für die Frage, wann das FA Kenntnis von einer Tatsache erlangt hat, auf den Kenntnisstand der Personen an, die innerhalb der Finanzbehörde dazu berufen sind, den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten (u.a. BFH-Urteil vom 18. August 2005 IV R 9/04, BFHE 211, 1, BStBl II 2006, 581). Kenntnisse eines Außenprüfers sind im Rahmen von § 173 AO 1977 regelmäßig unbeachtlich (z.B. BFH-Urteil vom 19. Mai 1998 I R 140/97, BFHE 186, 124, BStBl II 1998, 599).

b) Die Änderung eines Bescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 ist nach Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn dem FA die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre. Allerdings muss der Steuerpflichtige dann seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt haben. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das FA es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass der Steuerbescheid geändert werden kann (u.a. BFH-Urteil vom 20. April 2004 IX R 39/01, BFHE 206, 105, BStBl II 2004, 1072, m.w.N.). Die Behörde braucht nämlich Steuererklärungen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen (BFH-Urteil vom 5. Dezember 2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588, m.w.N.), und zwar auch dann, wenn die Erklärung doppelbesteuerungsrechtlich bedeutsame Sachverhalte zum Gegenstand hat (BFH-Beschluss vom 27. März 2007 I B 16/06, juris).

c) Im Streitfall ist gemessen daran der auf der Ausübung von Aktienoptionen beruhende verbilligte Bezug von Aktien durch den Kläger eine dem FA nachträglich bekannt gewordene Tatsache. Diese Tatsache wurde dem FA erst durch das Schreiben des Klägers vom 24. September 2003 bekannt. Hieran ändern auch die vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen nichts. Zunächst und vor allem beziehen sie sich schon gar nicht auf die Tatsache, dass der Kläger Ende 1998 Aktienoptionen ausgeübt und verbilligt Aktien bezogen hat. Das im Termin vorlegte Fax vom 17. Juni 1998 stammt überdies aus einer Zeit, zu der der Kläger die Optionen noch nicht ausgeübt hatte. Schlussendlich müsste sich das FA eine eventuelle Kenntnis des Lohnsteueraußenprüfers nach der Rechtsprechung des BFH nicht zurechnen lassen.

d) Eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch das FA ist weder von den Klägern vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass die Kläger die Einkünfte dem FA nicht erklärt haben, so dass sie sich auf eine Verletzung der Ermittlungspflicht auch nicht berufen könnten, bedarf deshalb an sich keiner weiteren Erläuterung durch den Senat. Gleichwohl werden die Kläger der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass ihr Vortrag, man sei im Jahr 2000 allgemein der Auffassung gewesen, dass Einkünfte aus dem verbilligten Bezug von Aktien aufgrund der Ausübung von Aktienoptionen nicht der unbeschränkten deutschen Steuerpflicht unterliegen, wenn die Einkünfte nach Ende der unbeschränkten Steuerpflicht zugeflossen sind, nicht zu erklären vermag, warum sie die Einkünfte des Klägers dann nicht wenigstens konsequenterweise als dem Progressionsvorbehalt unterliegend erklärt haben. Die Kläger sind insoweit daran zu erinnern, dass sie in ihrem Einspruch vom 8. Juli 1999 gegen den Vorauszahlungsbescheid für 1998 (Bl. 21 f. ESt-Akte) die ausländischen Einkünfte des Klägers für das Streitjahr, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, nur mit 1.079.316 DM angegeben haben.

2. Die Tatsache des verbilligten Bezugs der Aktien aufgrund der Ausübung der Aktienoptionen der Jahre 1990 bis 1995 im November und Dezember 1998 war auch schon im Zeitpunkt der ursprünglichen Veranlagung rechtserheblich.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH seit dem insoweit grundlegenden BFH-Beschluss vom 23. November 1987 GrS 1/86 (BFHE 151, 495, BStBl II 1988, 180; siehe zuletzt BFH-Beschluss vom 30. Januar 2008 VI B 10/07, juris, mit zahlreichen Nachweisen) darf ein Steuerbescheid wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen nach § 173 Abs. 1 AO 1977 nicht geändert werden, wenn das FA bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel nicht anders entschieden hätte. Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO scheidet danach aus, wenn die Unkenntnis der später bekannt gewordenen Tatsache für die ursprüngliche Veranlagung nicht ursächlich (rechtserheblich) gewesen ist (z.B. BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2007 VI B 48/06, BFH/NV 2008, 191, mit zahlreichen Nachweisen): Das Kriterium der Rechtserheblichkeit der Tatsache bei der ursprünglichen Veranlagung schließt aus, dass die Finanzbehörde mit Hilfe eines Änderungsbescheids eine neue Tatsache zum bloßen Anlass oder Vorwand nimmt, ihre geläuterte Rechtsansicht nachträglich durchzusetzen.

aa) Die Änderung oder Aufhebung eines Steuerbescheides nach § 173 Abs.1 Nr.1 AO 1977 ist nicht schon dann ausgeschlossen, wenn das FA in Kenntnis des vollen Sachverhalts möglicherweise nicht anders entschieden hätte, sondern erst dann, wenn es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht anders entschieden hätte. Infolgedessen kommt eine Änderung oder Aufhebung in Betracht, sobald das FA bei voller Kenntnis auch nur möglicherweise die Steuer anders festgesetzt hätte (BFH-Urteil vom 29. Juli 1998 II R 39/96, BFH/NV 1999, 154, m.w.N.).

bb) Wie das FA bei Kenntnis bestimmter Tatsachen oder Beweismittel einen Sachverhalt in seinem ursprünglichen Bescheid gewürdigt hätte, ist im Einzelfall aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH ausgelegt wurde, und der die FÄ bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen, die im Zeitpunkt des ursprünglichen Bescheiderlasses durch das FA gegolten haben. Gab es damals zur maßgeblichen Rechtsfrage bereits eine Rechtsprechung des BFH oder die Finanzämter bindende Verwaltungsanweisungen, ist anzunehmen, dass sich das konkrete FA auch daran gehalten hätte (BFH-Urteil vom 29. Juli 1998 II R 39/96, BFH/NV 1999, 154). Der Stand der Rechtsprechung sowie der Verwaltungserlasse zum Zeitpunkt des Ergehens des ursprünglichen Steuerbescheides ist jedoch unerheblich, wenn anderweitig feststeht, dass die Steuer auch bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsache nicht anders festgesetzt worden wäre (BFH-Urteil vom 10. März 1999 II R 99/97, BFHE 188, 276, BStBl II 1999, 433, bei abweichender interner Weisung).

cc) Das FA ist darlegungs- und nachweispflichtig hinsichtlich der Tatsachen, aus denen sich ergibt, welche Verwaltungsübung im Zeitpunkt der Veranlagung der ursprünglichen Steuerfestsetzungen bestanden hat. Eine etwaige Unaufklärbarkeit dieses Umstandes ginge zu Lasten des FA; es wäre an einer Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel i.S. von § 173 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AO 1977 gehindert (BFH-Urteil vom 15. Januar 1991 IX R 238/87, BFHE 164, 492, BStBl II 1991, 741). Allerdings ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das FA die dem Sachverhalt entsprechende (zutreffende) Entscheidung getroffen hätte (u.a. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1994 XI R 80/92, BFHE 176, 308, BStBl II 1995, 293); dass es rechtlich falsch entschieden hätte, kann nicht unterstellt werden (so schon BFH-Urteil vom 13. April 1972 IV R 27/70, BFHE 105, 445, BStBl II 1972, 648, zu § 222 AO).

b) Nach diesen Grundsätzen ist der Senat aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens davon überzeugt, dass das FA bei Kenntnis vom verbilligten Bezug der Aktien den auf die Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht entfallenden Teil des Arbeitslohns auch schon bei der ursprünglichen Veranlagung besteuert hätte.

aa) Der BFH ist nämlich bereits in seiner früheren Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Einkünfte aus dem verbilligten Bezug von Aktien aufgrund der Ausübung von Aktienoptionen eine einheitliche zusätzliche Entlohnung für einen einheitlichen Zeitraum ist (vgl. BFH-Urteil vom 21. März 1975 VI R 55/73, BFHE 115, 366, BStBl II 1975, 690). Für einen zeitraumbezogenen Arbeitslohn ging die Rechtsprechung des BFH schon vor dem Jahr 2000 davon aus, dass die Bezüge unabhängig von der Steuerpflicht im Zuflusszeitpunkt in einen Inlands- und in einen Auslandsteil aufzuteilen und (nur) zeitanteilig in dem Umfang, in dem sie auf eine Tätigkeit in Deutschland entfallen, in Deutschland zu besteuern sind (vgl. z.B. schon BFH-Urteil vom 10. Juli 1970 VI R 48/67, BFHE 99, 376, BStBl II 1970, 728). Dabei kam es auch schon vor dem Jahr 2000 nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt und wo die Vergütung bezahlt wird, sondern allein darauf, ob sie dem Arbeitnehmer für eine Auslandstätigkeit gewährt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 I R 158/90, BFHE 167, 496, BStBl II 1992, 660). Eine Nichtanwendung der zuvor genannten BFH-Urteile durch die Finanzverwaltung ist nicht erkennbar; vielmehr sind die genannten Urteile im Bundesteuerblatt Teil II veröffentlicht und angewendet worden (vgl. z.B. BMF-Schreiben vom 5. Januar 1994, BStBl I 1994, 11, Tz. 6.2.). Auch aus der Rechtsprechung der Finanzgerichte (beispielhaft Urteil des Hessischen FG vom 26. Oktober 1990 2 K 2052/86, EFG 1991, 730) ergibt sich, dass sowohl die Finanzverwaltung als auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung Einkünfte aus Aktienoptionen schon damals zeitanteilig aufteilten und das Besteuerungsrecht verschiedenen Staaten anteilig zuwiesen. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass auch im Urteilsfall des BFH-Urteils in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512 der dortige Beklagte den gegenüber einem beschränkt Steuerpflichtigen ergangenen Einkommensteuerbescheid nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 geändert hat, nachdem er von den während der Zeit der beschränkten Steuerpflicht zugeflossenen Einkünften aus dem verbilligten Bezug der Aktien nachträglich Kenntnis erlangt hatte. Dies belegt, dass die Finanzverwaltung --entgegen der Behauptung der Kläger-- schon vor dem Jahr 2000 ein Besteuerungsrecht Deutschlands auch in solchen Fällen reklamiert hat, in denen der Steuerpflichtige im Zuflusszeitpunkt nicht mehr unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war. Dies wurde übrigens auch schon im Zeitpunkt der erstmaligen Veranlagung der Kläger in der Literatur so vertreten (z.B. Neyer, BB 1999, 503, 505 f. unter 5.; Vosen, IStR 2000, 167, unter 3.1.).

bb) Der Senat geht deshalb davon aus, dass auch das FA bereits im Jahr 2000 die Kläger zutreffend veranlagt und dabei die Einkünfte des Klägers anteilig besteuert hätte, wenn es von den Einkünften bereits Kenntnis gehabt hätte. Dies entspricht der damaligen objektiven Weisungslage in vergleichbaren Fällen. Eine von der steuerrechtlich zutreffenden Handhabung abweichende Weisungslage innerhalb des FA bestand ebenfalls nicht. Die Zeugin W hat nämlich im Rahmen ihrer Aussage im Erörterungstermin vom 15. April 2008, auf die Bezug genommen wird, glaubhaft bekundet, dass und warum (auch) das FA die Einkünfte der Kläger schon im Zeitpunkt der erstmaligen Veranlagung besteuert hätte, wenn es von der Ausübung und verbilligten Bezug der Aktien Kenntnis gehabt hätte. Der Senat hält dadurch die Behauptung der Kläger, beim FA habe im Jahr 2000 eine andere Besteuerungspraxis bestanden, für widerlegt.

cc) Soweit dem Vortrag der Kläger möglicherweise entnommen werden kann, dass entweder den Klägern oder den Klägervertretern Fälle bekannt sind, in denen Finanzbehörden trotz entsprechender Kenntnis Einkünfte aus dem verbilligten Bezug von Aktien, die anteilig für eine Tätigkeit im Inland bezogen wurden und außerhalb der Zeit der unbeschränkten Steuerpflicht zugeflossen sind, tatsächlich nicht besteuert haben, führt dies zu keiner anderen Beurteilung; denn für die Feststellung der mutmaßlichen Entscheidung des FA sind subjektive Fehler unbeachtlich, wie sie den FÄ in Parallelverfahren sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht unterlaufen sein mögen (BFH-Urteil vom 11. Mai 1988 I R 216/85, BFHE 153, 296, BStBl II 1988, 715).

c) Auf den weiteren Umstand, dass die Tatsache des verbilligten Bezugs der Aktien selbst auf Basis der Rechtsauffassung der Kläger rechtserheblich wäre, weil das FA die Einkünfte bei entsprechender Kenntnis dann jedenfalls im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt hätte, weist der Senat nur beiläufig hin: Auch in diesem Fall hätte das FA die Steuer anders festgesetzt; eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 wäre deshalb auch nach der Auffassung der Kläger, der der Senat --wie unter b) dargelegt-- nicht folgt, zulässig. Auf diesen Umstand kommt es indes nicht mehr an.

II. § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 steht der Änderung nicht entgegen.

1. Nach § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofes des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Die Vorschrift schützt das Vertrauen in die Bestandskraft der Steuerfestsetzung (z.B. BFH-Urteil vom 11. April 2002 V R 26/01, BFHE 198, 238, BStBl II 2004, 317, m.w.N.). Sie greift (nur) ein, wenn sich die Rechtsprechung in der Zeit zwischen dem Erlass des ursprünglichen Bescheides und dem Erlass eines Änderungsbescheides geändert hat.

Die Rechtsprechung hat sich geändert, wenn ein im Wesentlichen gleich gelagerter Sachverhalt anders entschieden wurde als bisher (BFH-Urteil vom 8. Februar 1995 I R 127/93, BFHE 177, 332, BStBl II 1995, 764, m.w.N.). Eine bloße Präzisierung oder Fortentwicklung der Rechtsprechung begründet nicht die Anwendbarkeit der Vorschrift (BFH-Urteil vom 24. April 2002 I R 20/01, BFHE 199, 148, BStBl II 2003, 412).

2. Ausgehend davon war das FA nicht durch § 176 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 am Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide gehindert. Im Streitfall liegt nämlich keine Rechtsprechungsänderung vor. Der BFH hat in seinen Urteilen vom 24. Januar 2001 I R 100/98 (BFHE 195, 102, BStBl II 2001, 509) und vom 24. Januar 2001 I R 119/98 (BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) --soweit hier entscheidungserheblich-- seine frühere Rechtsprechung bestätigt und auf einen vergleichbaren Sachverhalt übertragen.

a) Der BFH selbst zitiert in seinem Urteil an der insoweit maßgeblichen Stelle (in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512, unter II.5.b) frühere BFH-Urteile, denen er weiterhin folgt, und auf den dort vorliegenden, aus seiner Sicht vergleichbaren Fall überträgt.

b) Demgegenüber verhält sich das von den Klägern angeführte BFH-Urteil vom 10. März 1972 VI R 278/68 (BFHE 105, 348, BStBl II 1972, 596) zu der hier entscheidungserheblichen Frage der Aufteilung des Besteuerungsrechts nicht, sondern nur zum Zufluss. Entsprechend hat der I. Senat des BFH (in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512, unter II.3. und 4. der Gründe) das BFH-Urteil in BFHE 105, 348, BStBl II 1972, 596 zitiert und sich ihm ausdrücklich angeschlossen.

c) Auch eine Abweichung vom BFH-Urteil vom 10. Juli 1996 I R 83/95 (BFHE 181, 155, BStBl II 1997, 341) liegt nicht vor; denn dieses Urteil betrifft keinen im Wesentlichen gleich, sondern einen anders gelagerten Sachverhalt: Der Kläger hat im Streitfall die Aktien nicht verbilligt als Abfindung erhalten, sondern aufgrund der in den Jahren 1990 bis 1995 eingeräumten Aktienoptionen. Der Senat geht mit den Beteiligten und der Rechtsprechung des BFH (in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) davon aus, dass es sich aufgrund der Optionsbedingungen insoweit um einen Anreizlohn für die Tätigkeit zwischen Einräumung und Ausübung der Optionen gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass diese typischerweise mit einer Aktienoption verfolgte Zielsetzung im Streitfall in den Hintergrund tritt, weil mit den Optionen konkrete Arbeitserfolge der Vergangenheit zusätzlich honoriert werden sollten (vgl. zu diesem Angrenzungsmerkmal BFH-Urteil vom 19. Dezember 2006 VI R 136/01, BFHE 216, 251, BStBl II 2007, 456), sind im Streitfall nicht ersichtlich.

Auf den Vortrag der Kläger, wonach die Tätigkeit des Klägers bei der B-GmbH nur geringsten Einfluss die Kursentwicklung der Aktie und damit das Entstehen eines geldwerten Vorteil gehabt habe, kommt es aus Sicht des Senats insoweit nicht an.

III. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist gemäß den Grundsätzen der Rechtsprechung des BFH (in BFHE 195, 110, BStBl II 2001, 512) auch im Übrigen rechtmäßig. Das Besteuerungsrecht steht in Höhe des in Anspruch genommenen Umfangs gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA USA Deutschland zu. Materielle Fehler der Einkommensteuerfestsetzung sind nicht ersichtlich und werden auch von den Klägern trotz Nachfrage nicht geltend gemacht. Das FA hat insbesondere auch zu Recht die Vorschrift des § 34 Abs. 3 EStG (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 216, 251, BStBl II 2007, 456) zugunsten der Kläger angewendet.

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil nach Auffassung des Senats keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist.



Ende der Entscheidung

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