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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin
Beschluss verkündet am 28.12.2006
Aktenzeichen: 1 B 1091/06
Rechtsgebiete: FördG, FGO


Vorschriften:

FördG § 3 S. 2 Nr. 3
FördG § 4
FGO § 69 Abs. 3 S. 1
FGO § 69 Abs. 3 S. 3
FGO § 69 Abs. 2 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin

1 B 1091/06

Aussetzung der Vollziehung betreffend gesonderte und einheitliche Feststellung gem. § 180 Abs. 2 AO i.V.m. der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO sowie § 3 Satz 2 Nr. 3, § 4 FördG für 1996 bis 2000 betr. ...str. ... in ...

In dem Rechtsstreit ...

hat der 1. Senat des Finanzgerichts Berlin

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., den Richter am Finanzgericht ... und den Richter am Finanzgericht ...

am 28. Dezember 2006 beschlossen:

Tenor:

Die Vollziehung des Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 Abgabenordnung i. V. mit der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO sowie § 3 Satz 2 Nr. 3, § 4 Fördergebietsgesetz für 1996 bis 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2006 wird mit der Maßgabe ausgesetzt, dass vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 1 K 1090/06 von einer Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen nach § 4 Fördergebietsgesetz in Höhe von 420 000,00 DM auszugehen ist.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

...

Gründe:

Die Antragsteller sind Eheleute, die mit Kaufvertrag vom 23. November 1996 die Eigentumswohnung Nr. 11 in dem in der ...straße ... in ... belegenen Haus von der GbR ... zum Kaufpreis von 610 000,00 DM erwarben. Nach dem Kaufvertrag sollten 10 000,00 DM auf den Pkw-Stellplatz, 180 000,00 DM auf den Grund und Boden und die Altbausubstanz sowie 420 000,00 DM auf die noch durchzuführenden Modernisierungsmaßnahmen entfallen.

Die Eigentumswohnung Nr. 11 war 134,13 qm groß, und ihr Anteil an der Wohnungseigentümergemeinschaft betrug 251,68/10 000 (= 2,51%). Das Gebäude ...straße ... war in den Jahren 1910 bis 1912 errichtet worden. Die Grundstücksgröße belief sich auf 7 939 qm, von denen 3 342 qm auf Bauland und die weiteren 4 678 qm auf Gartenland entfielen. Die GbR ... hatte das Grundstück im Jahr 1992 zum Preis von 5 020 000,00 DM erworben. Die Bodenrichtwerte betrugen 1992 650,00 DM/m² und 1996 700,00 DM/m² für das Baulaund und ca. 10 bis 20% der genannten Beträge für das Gartenland.

Die Antragsteller gaben bei ihrem Wohnsitzfinanzamt L... eine Einkommensteuererklärung für 1996 ab und machten auf den im Kaufvertrag bezeichneten Modernisierungsaufwand Sonderabschreibungen - SonderAfA - nach dem Fördergebietsgesetz - FördG - geltend.

Das Finanzamt L... folgte der Erklärung.

Nachdem der Antragsgegner die GbR ... zur Abgabe einer Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung der Bemessungsgrundlage für die SonderAfA und lineare Absetzungen für Abnutzungen - AfA - aufgefordert hatte, reichte diese, vertreten durch den Steuerberater A..., im August 2000 eine entsprechende Erklärung ein, die sich nur auszugsweise in den vom Antragsgegner vorgelegten Akten befindet. Mit Feststellungsbescheid vom 19. September 2002, den der Antragsgegner dem Steuerberater A... bekannt gab, stellte der Antragsgegner die Bemessungsgrundlage für die von den Antragstellern vorzunehmende SonderAfA gemäß § 3 Satz 2 Nr. 3 FördG auf 370 177,24 DM sowie die Bemessungsgrundlage für die lineare AfA auf 153 211,10 (Anteil Altbausubstanz und Modernisierung vor Vertragsschluss) fest. Die Antragsteller erhielten keine Ausfertigung dieses Bescheides.

Im Jahr 2004 führte der Antragsgegner eine Außenprüfung bei der GbR ... durch, um die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen und die Abschreibungen für das Objekt in der ...straße ... zu überprüfen. Der Prüfer teilte den Kaufpreis der Erwerber der einzelnen Wohnungen auf der Grundlage der Rundverfügung der Oberfinanzdirektion - OFD - Berlin Nr. 63/2000 - ESt-Nr. 398 - vom 23. Oktober 2000 in der Fassung vom 27. Juni 2001 ... auf. Hinsichtlich des Bodenrichtwerts ging der Prüfer von einem Betrag von 700 DM für das Bauland sowie von 70,00 DM für das Gartenland aus (vgl. Tz. 9 des Berichts vom 09. Juli 2004). Den Kaufpreis teilte der Prüfer auf Grund und Boden sowie Gebäude nach der Sachwertermittlung im Verhältnis von 66% : 34% auf und verwies auf eine - in den Steuerakten nicht befindliche - Anlage 3. Der Gesamtmodernisierungsaufwand belief sich nach den Feststellungen des Prüfers auf 13 762 511,00 DM (Tz. 9 des genannten Berichts) und wurde aufgeteilt auf Modernisierungskosten, die vor Vertragsabschluss durchgeführt worden waren (7 296 659,00 DM), sowie Modernisierungskosten, die nach Vertragsabschluss durchgeführt wurden (6 013 015,00 DM). Hinsichtlich der Wohnung Nr. 11, die den Antragstellern gehörte, ermittelte der Prüfer Anschaffungskosten des Grund und Bodens in Höhe von 115 351,00 DM (= 18,91% des Gesamtkaufpreises), die Modernisierungskosten vor Vertragsabschluss berechnete der Prüfer auf 74 773,37 DM und den Anteil an der Altbausubstanz auf 59 414,00 DM, zusammen 134 187 ,37 DM (= 22% des Gesamtkaufpreises). Die Modernisierungskosten, die nach Vertragsabschluss durchgeführt wurden, stellte der Prüfer in Höhe von 360 461,63 DM (= 59,09% des Gesamtkaufpreises) fest; der zuletzt genannte Betrag war nach Auffassung des Prüfers die Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen nach § 4 FördG. Die Antragsteller waren an der Außenprüfung nicht beteiligt, da der Antragsgegner sie in die Prüfung nicht einbezogen hatte.

Mit Feststellungsbescheid vom 15. November 2004 folgte der Antragsgegner den Feststellungen des Außenprüfers und stellte die nach dem Fördergebietsgesetz begünstigten Modernisierungsaufwendungen der Antragsteller auf 360 461,63 DM sowie die Bemessungsgrundlage für die lineare AfA auf 134 187,37 DM fest.

Hiergegen legten die Antragsteller fristgerecht Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung des Feststellungsbescheides. Sie machten geltend, dass eine Rechtsgrundlage für die einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 180 AO nicht bestehe.

Den Feststellungsbescheid vom 19. September 2002 hätten sie nie erhalten. Zu keinem Zeitpunkt sei ihnen rechtliches Gehör gewährt worden. Im Prüfungsbericht sei als Datum des Kaufvertrages der 31. Dezember 1996 genannt worden, obwohl der Kaufvertrag am 23. November 1996 geschlossen worden sei. Weiterhin habe der Antragsgegner die Anschaffungsnebenkosten nicht einbezogen. Zu berücksichtigen sei weiterhin, dass das Wohnsitzfinanzamt L... alle Angaben in der Einkommensteuererklärung der Antragsteller übernommen habe. Schließlich müsse für den Stellplatz eine Abschreibung von 10% berücksichtigt werden.

Der Antragsgegner lehnte am 24. Mai 2005 die Aussetzung der Vollziehung des Bescheides ab. Nachdem die Antragsteller einen erneuten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt hatten, wertete der Antragsgegner dies als Einspruch gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung und teilte den Antragstellern mit Schreiben vom 24. August 2005 mit, dass er teilweise Aussetzung der Vollziehung gewähre, indem er von begünstigten Sanierungsmaßnahmen in Höhe von 353 354,37 DM (= 58,89%) ausgehe.

Mit Datum vom 16. Februar 2006 erließ der Antragsgegner Einspruchsentscheidungen über den Einspruch gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung sowie über den Einspruch gegen den Feststellungsbescheid. Er stellte den Anteil der nach dem Fördergebietsgesetz begünstigten Sanierungsmaßnahmen nunmehr auf 353 354,37 DM fest und führte zur Begründung aus, dass sich die Rechtsgrundlage für die einheitliche und gesonderte Feststellung aus § 180 Abs. 2 AO ergebe. Die Aufteilung des Gesamtkaufpreises erfolge nach Verkehrswerten entsprechend der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -.

Maßgeblich sei das Verhältnis der tatsächlichen Anschaffungskosten für das Altgebäude sowie der tatsächlich angefallenen Modernisierungskosten zum Gesamtkaufpreis. Die im Kaufvertrag genannten Modernisierungsmaßnahmen könnten der Höhe nach nicht vollständig berücksichtigt werden, weil die Modernisierungsarbeiten nach den Feststellungen des Prüfers teilweise vor Abschluss des Kaufvertrages durchgeführt worden seien; die Modernisierung habe nämlich bereits im Herbst 1996 begonnen und sei erst 1998 abgeschlossen worden.

Hiergegen haben die Antragsteller fristgerecht Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 1 K 1090/06 geführt wird und über die der Senat noch entschieden hat. Zugleich begehren sie die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides durch das Gericht. Ergänzend zu ihren bisherigen Ausführungen tragen sie vor, dass die Unterscheidung zwischen der Modernisierung, die vor und nach dem Kaufvertrag durchgeführt werde, verfassungswidrig sei. Die Bekanntgabe des ersten Feststellungsbescheides sei unwirksam, weil sie, die Antragsteller, zu keinem Zeitpunkt den Steuerberater A... beauftragt hätten. Der Antragsgegner versage ihnen die Einsichtnahme in die Prüfungsakten unter Hinweis auf das Steuergeheimnis nach § 30 AO. Es sei ihnen daher unmöglich, zu den einzelnen Feststellungen Stellung zu nehmen. Herr A... habe als Berater der GbR ... kein Interesse daran, dass die einzelnen Erwerber, mithin auch die Antragsteller, sich gegen die Feststellungen des Antragsgegners bzw. Außenprüfers wehren könnten. Soweit der Antragsgegner davon ausgehe, dass Modernisierungskosten in Höhe von 74 773,37 DM vor Abschluss des Kaufvertrages entstanden seien, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben im Kaufvertrag.

...

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

die Vollziehung des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 AO i. V. mit der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO und § 3 Satz 2 Nr. 3, § 4 Fördergebietsgesetz vom 15. November 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2006 mit der Maßgabe auszusetzen, dass vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 1 K 1090/06 von einer Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibungen nach § 4 Fördergebietsgesetz in Höhe von 420 000,00 DM auszugehen ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Ergänzend zu den Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung führt der Antragsgegner aus, dass jedenfalls der geänderte Feststellungsbescheid vom 15. November 2004 den Antragstellern bekannt gegeben worden sei. Eine Übermittlung aller Prüfungsfeststellungen an die Antragsteller sei nach § 180 Abs. 2 AO i. V. mit § 6 Abs. 4 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO nicht geboten. Denn die Einheitlichkeit der Feststellung beschränke sich auf den Maßstab zur Aufteilung des Kaufpreises auf den Grund und Boden, das Altgebäude und die Modernisierungskosten. Dementsprechend sehe auch das Schreiben des BMF vom 02. Mai 2001 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 2001 I, 256) in Tz. 7.4 bei Einzelbekanntgabe des Feststellungsbescheides nur die Bekanntgabe der den jeweiligen Feststellungsbeteiligten unmittelbar betreffenden Besteuerungsgrundlagen vor. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Steuerberater A... in der Feststellungserklärung erklärt habe, dass er von den Beteiligten bevollmächtigt worden sei.

Der Antrag ist zulässig und auch begründet. Der Senat geht dabei davon aus, dass die Antragsteller sich lediglich gegen die Feststellung der Bemessungsgrundlage nach § 3 Satz 2 Nr. 3, § 4 FördG wenden, nicht jedoch gegen die im Feststellungsbescheid genannte Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG -. Denn die Antragsteller haben sich zur Höhe der linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG nicht geäußert.

Nach § 69 Abs. 3 Sätze 1 und 3 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - soll die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, Bundessteuerblatt - BStBl. - III 1967, 382); dabei muss der Erfolg nicht wahrscheinlicher sein als der Misserfolg.

In diesem Sinne bestehen im Streitfall bei der gebotenen summarischen Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angebotenen Bescheides.

Zwar erscheint die Aussetzung der Vollziehung nicht bereits deshalb geboten, weil der Antragsgegner den Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheids auf § 180 Abs. 2 AO i.V.m. § 1 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO gestützt hat. Denn die Feststellung der Höhe einer gemeinschaftlichen Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 3 FördG kann grundsätzlich einheitlich und gesondert nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO festgestellt werden (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, § 180 AO Rz. 86). Ebenso wenig ist die Aussetzung der Vollziehung bereits zu gewähren, weil der Antragsgegner den Feststellungsbescheid vom 19. September 2002 den Antragstellern nicht wirksam bekannt gegeben hat. Dass die unterlassene Bekanntgabe des ersten Feststellungsbescheids vom 19. September 2002 aus Sicht der Antragsteller als unbefriedigend empfunden wird, vermag der Senat nachzuvollziehen. Im Rahmen des Aussetzungsverfahrens ergeben sich aus der unterlassenen Bekanntgabe aber keine Auswirkungen, da jedenfalls der nunmehr streitige - geänderte - Feststellungsbescheid vom 15. November 2004 den Antragstellern wirksam bekannt gegeben worden ist.

Summarische Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geänderten Feststellungsbescheids ergeben sich jedoch zum einen aus der Anwendung der Aufteilungsmethode nach der Verfügung der OFD Berlin, zum anderen aus der Aufteilung der Sanierungsaufwendungen in vor und nach Abschluss des Kaufvertrags entstandene Sanierungskosten sowie aus der vom Antragsgegner in der Einspruchsentscheidung vorgenommenen Verböserung.

Nach der Rundverfügung der OFD Berlin vom 27. Juni 2001 soll der Gesamtkaufpreis für ein noch zu sanierendes Objekt auf den Grund und Boden, die Altbausubstanz und die Modernisierungsaufwendungen in der Weise aufgeteilt werden, dass der vom Veräußerer/ Bauträger/Initiator aufgewandte tatsächliche Preis für den Grund und Boden, die Altbausubstanz und die Modernisierung ins Verhältnis zur Summe dieser Beträge, zum Gesamtaufwand des Veräußerers, gesetzt wird und der sich hiernach ergebende Modernisierungsanteil auch für den Erwerber gelten soll, unabhängig von dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Preis für die Modernisierung. Diese Aufteilungsmethode hält allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen nicht Stand.

Maßgeblich für die Höhe eines Aufwands ist nicht der objektive oder der nach einer bestimmten Methode errechnete Wert des Erworbenen, sondern der vom Steuerpflichtigen aufgewendete Betrag. Entfällt der (einheitliche) Betrag auf mehrere Wirtschaftsgüter, bestimmt sich die Aufteilung des insgesamt aufgewendeten Betrags auf die einzelnen Wirtschaftsgüter nach dem zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Wert für das jeweilige Wirtschaftsgut.

Hiervon geht auch der BFH bei der Vereinbarung von Gesamtkaufpreisen bzw. Gesamtzahlungen aus (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2000 IX R 86/97, BStBl. II 2001, 183). Etwas anderes gilt dann, wenn die von den Vertragsparteien getroffene Vereinbarung gestaltungsmissbräuchlich im Sinne von § 42 AO ist oder nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht (vgl. Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., 2006, § 6 Rz. 118). Aus einer Aufteilungsmethode, die an den Aufwand des Veräußerers (!) anknüpft, kann aber nicht bereits geschlossen werden, dass der von den Vertragsparteien vereinbarte Preis nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht. Denn dem Veräußerer steht es grundsätzlich frei, wie er kalkuliert, d.h. womit er seinen Gewinn erzielen will. Je nach den Marktgegebenheiten kann es für ihn interessanter sein, seinen Gewinn vorrangig aus dem Verkauf des Altbaus zu erzielen - etwa dann, wenn er meint, keinen gewerblichen Grundstückshandel zu betreiben oder die Gewährleistung für die von ihm durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen der Höhe nach beschränken will - oder aber den Gewinn aus der Sanierung des Altbaus zu erwirtschaften, z.B. wenn er im Wesentlichen im Baubereich tätig ist und den erworbenen Altbau nur als Mittel zum Zweck (der Sanierung) einsetzen will. Dem Veräußerer steht es insbesondere auch frei, auf die Nachfrage am Markt zu reagieren und solche Produkte zu einem höheren Preis anzubieten, die besonders begehrt sind - und sei es wegen steuerlicher Fördermaßnahmen. Die von den Vertragsparteien vereinbarte Kaufpreisaufteilung ist auch deshalb grundsätzlich beachtlich, weil an sie zivilrechtliche Folgen geknüpft sind, insbesondere im Fall der Gewährleistung. Denn je nachdem, ob der Grund und Boden, die Altbausubstanz oder aber die vom Veräußerer durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen mängelbehaftet sind, kann der Erwerber Ansprüche dem Grunde oder der Höhe nach geltend machen.

Die Anknüpfung an den tatsächlichen Modernisierungsaufwand des Veräußerers führt zudem dann zu fehlerhaften Ergebnissen, wenn ein Bauträger, etwa auf Grund seiner Größe, seiner Erfahrung oder des Einsatzes preisgünstig erworbener Materialien, die Modernisierung kostengünstiger durchführen kann als die Konkurrenz, gleichwohl aber die Modernisierung zum gleichen Preis bzw. fast gleichem Preis anbietet wie die Konkurrenz. Tatsächlich erzielt der Bauträger in diesem Fall einen gegenüber der Konkurrenz vergleichsweise hohen Gewinn aus der Sanierung, weil bei gleich hohem Veräußerungspreis sein Modernisierungsaufwand geringer ist. In diesem Fall sprechen keine Bedenken dagegen, dass der Erwerber - bei entsprechender Vereinbarung der Kosten für die Modernisierung - einen entsprechend hohen Modernisierungsaufwand hat. Gelingt es dem Veräußerer in dem von der OFD Berlin ... in ihrer Verfügung vom 27. Juni 2001 (a.a.O.) genannten Beispiel, die Modernisierung zum Preis von 80 000 DM anstatt 110 000 DM durchzuführen, steht es ihm frei, dem Erwerber die Wohnung zu dem in dem Beispiel genannten Gesamtkaufpreis von 350 000 DM zu verkaufen und hierdurch einen höheren Gewinn zu erzielen als sein Konkurrent, der 110 000 DM für die Modernisierung aufgewendet hat. Für den Erwerber bleibt der - in dem Kaufvertrag vereinbarte - Modernisierungsaufwand hingegen gleich hoch. Dass sein Veräußerer einen höheren Gewinn erzielt und geringere Modernisierungsaufwendungen getätigt hat, kommt ihm, dem Erwerber, nicht zu Gute. Demgegenüber stellt die Verfügung der OFD Berlin auf den geringeren Modernisierungsaufwand des Veräußerers ab und schließt hieraus auf einen entsprechend geringeren Modernisierungsaufwand des Erwerbers. Die OFD Berlin unterstellt damit die Existenz eines objektiven, aus dem Aufwand des Veräußerers ableitbaren Preises und beachtet damit nicht die marktwirtschaftlichen und zivilrechtlichen Begebenheiten, nach denen die Preisvereinbarung in den Händen der Vertragspartner liegt. Der Senat verkennt nicht, dass die Aufteilungsmethode der OFD Berlin missbräuchliche Gestaltungen erschwert, weil sie eine subjektive Wertfestlegung durch eine eher objektive Wertermittlung ersetzt. Allein die Gefahr der missbräuchlichen Gestaltung rechtfertigt jedoch nicht die pauschale Ersetzung eines von den Vertragsparteien vereinbarten Wertes; vielmehr obliegt es der Finanzbehörde, anhand konkreter Feststellungen eine missbräuchliche Gestaltung oder eine Scheinvereinbarung zu belegen und die zutreffenden Konsequenzen nach § 42 Abs. 1 Satz 2 AO zu ziehen. Da der Antragsgegner konkrete Feststellungen über die Missbräuchlichkeit der Aufteilung des Gesamtkaufpreises oder über die Nichtvereinbarung mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht getroffen hat, legt der Senat für Zwecke des Aussetzungsverfahrens den im Kaufvertrag für die steuerlich begünstigten Modernisierungsmaßnahmen genannten Betrag von 420 000 DM zu Grunde.

Für die Aussetzung der Vollziehung ist der sich danach ergebende Modernisierungsaufwand der Antragsteller von 420 000 DM nicht auf die Modernisierungsmaßnahmen, die vor bzw. nach Abschluss des Kaufvertrags durchgeführt worden sind, aufzuteilen. Zwar ist eine solche Aufteilung nach § 3 Satz 2 Nr. 3 FördG geboten. Diese Aufteilung erscheint entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht verfassungswidrig, da der Gesetzgeber einen Beurteilungsspielraum hat, nur solche Modernisierungsmaßnahmen steuerlich zu fördern, die nach Erwerb des Objektes durchgeführt worden und dem Erwerber des Objektes zuzurechnen sind. Aus § 1 Abs. 2 des Kaufvertrags vom 23. November 1996 ergibt sich jedoch, dass die Modernisierungsmaßnahmen erst nach dem Abschluss des Kaufvertrags durchgeführt worden sind. Zwar kann der Kaufvertrag in diesem Punkt unrichtig sein. Anhaltspunkte für eine derartige Unrichtigkeit sind jedoch weder aus den Akten ersichtlich noch vom Antragsgegner substantiiert vorgetragen. Der Antragsgegner hat lediglich den Außenprüfungsbericht vom 09. Juli 2004 vorgelegt, der keine substantiierten Feststellungen zu diesem Punkt enthält, sondern sich darauf beschränkt, zu behaupten, dass ein Teil der Modernisierungsmaßnahmen vor Abschluss des Kaufvertrages durchgeführt worden sei. Berechnungen, Kopien einschlägiger Unterlagen oder vergleichbare Materialien hat der Antragsgegner nicht vorgelegt.

Der Senat kann deshalb weder die Feststellung über den Beginn der Modernisierungsmaßnahmen vor Abschluss des Kaufvertrags dem Grunde nach nachvollziehen noch die Berechnung des Außenprüfers überprüfen. Insoweit bleibt es dem Hauptverfahren vorbehalten, den Umfang der Modernisierungsmaßnahmen, die vor Abschluss des Kaufvertrages durchgeführt worden sind, zu klären. Dabei wird der Antragsgegner die entsprechenden Unterlagen, die den Umfang vor Abschluss des Kaufvertrages durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen belegen, den Antragstellern zur Verfügung stellen. Soweit der Antragsgegner der Meinung ist, dass die Regelung über das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO dem entgegen steht, hat er zu berücksichtigen, dass § 6 Abs. 4 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO dem Steuergeheimnis nur insoweit Rechnung trägt, als bei einer Einzelbekanntgabe dem Beteiligten "nur die ihn betreffenden Besteuerungsgrundlagen" bekannt zu geben sind (vgl. Brandis, a.a.O., § 180 AO Rz. 95); zu den die Antragsteller betreffenden Besteuerungsgrundlagen gehören aber auch die Höhe und der Umfang der im Kaufvertrag erwähnten Modernisierungsaufwendungen, die auf Modernisierungsmaßnahmen vor Abschluss des Kaufvertrags entfallen. Im Übrigen sollte der Antragsgegner beachten, dass auch das Gericht im Hauptverfahren ohne entsprechende Unterlagen die Feststellungen des Außenprüfers nicht nachvollziehen kann.

Schließlich bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids insoweit, als der Antragsgegner die Bemessungsgrundlage für die hier streitige Sonder AfA im geänderten Feststellungsbescheid vom 15. November 2004 mit 360 461,63 DM festgestellt, in der Einspruchsentscheidung vom 16. Februar 2006 diesen Betrag aber auf 353 354,37 gemindert hat. Hierin liegt eine Verböserung im Sinne von § 367 Abs. 2 Satz 2 AO, die nur zulässig ist, wenn die Finanzbehörde vorab auf eine mögliche Verböserung hinweist.

Hieran fehlt es. Zwar hat der Antragsgegner den Antragstellern mit Schreiben vom 24. August 2005 mitgeteilt, dass ihrem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung insoweit entsprochen werde, als nunmehr eine Bemessungsgrundlage für die SonderAfA von 353 354,37 DM angenommen werde. Unabhängig davon, dass sich diese Ankündigung nur auf das Aussetzungs-, nicht aber auf das Einspruchsverfahren bezog, ist hierin aber kein Verböserungshinweis zu sehen, weil die Ankündigung nur als "Verbesserungshinweis" verstanden werden konnte. Denn der Antragsgegner teilte im Schreiben vom 24. August 2005 mit, dass er insoweit einem Antrag der Antragsteller entspreche. Die sich aus einem Verböserungshinweis ergebende Warnfunktion, die den Steuerpflichtigen zu einem Nachdenken über eine Rücknahme seines Einspruchs veranlassen soll, wurde mit diesem Hinweis nicht gewahrt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.



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