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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Berlin
Urteil verkündet am 11.11.2004
Aktenzeichen: 1 K 1071/02
Rechtsgebiete: BGB, GrEStG


Vorschriften:

BGB § 459 a.F.
BGB § 460 a.F.
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Berlin

1 K 1071/02

Grunderwerbsteuer

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht Berlin, 1. Senat,

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2004

in der Besetzung mit

dem Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Dr. Nothnagel,

der Richterin am Finanzgericht Grube,

dem Richter am Finanzgericht Espey sowie

den ehrenamtlichen Richtern Hoyer und Knobloch

für Recht erkannt:

Tenor:

Abweichend von dem Grunderwerbsteuerbescheid vom.... Juli 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom.... Januar 2002 wird die Grunderwerbsteuer in der Weise gemindert festgesetzt, dass das Entgelt für die Bauleistungen der... GmbH nur noch mit 2 546 888,00 DM der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird.

Die Kosten des Verfahrens haben bis zur Einschränkung des Klagebegehrens in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2004 die Klägerin zu 2/5, der Beklagte zu 3/5 zu tragen. Die danach entstandenen Verfahrenskosten trägt der Beklagte allein.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt bis zur Einschränkung des Klagebegehrens am 11. November 2004 31 117,00 EUR, danach 19 167,00 EUR.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenfestsetzungsbetrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob Kosten aus einem Bauerrichtungsvertrag mit einem Generalübernehmer, der mehr als zwei Jahre nach dessen Abschluss nach nur teilweiser Erfüllung von der Klägerin gekündigt worden ist und auf den die kaufrechtlichen Regelungen zur Herabsetzung der Gegenleistung (Minderung) aufgrund der §§ 459, 460 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-a.F. systematisch keine Anwendung finden (können), mit dem ursprünglich vereinbarten, nur zum Teil gezahlten Werklohn von 4 467 000,00 DM für das fertig zu erstellende Bauwerk oder nur entsprechend den bis zur Kündigung tatsächlich erbrachten Bauleistungen im Werte von - unstreitig - 2 546 888,00 DM in die Bemessungsgrundlage einfließen. Dabei ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Klägerin aufgrund der dem Generalübernehmer ausgesprochenen Kündigung des Bauerrichtungsvertrages in ihrer nachfolgenden Entscheidung zur Vergabe der Gewerke für die Fertigstellung des Gebäudes und etwaige weitere Baumaßnahmen wieder völlig frei geworden ist.

Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds. Mit notariellem Kaufvertrag vom 4. Juli 1996 (Urkundenrollennummer ...des Notars ...) erwarb Herr ... - genannt ... - ... das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück ...straße ..., ... in Berlin-Treptow.

Am 23. Juli 1996 gründeten Herr ... und dessen Ehefrau ... mit privatschriftlichem Vertrag eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Erwerb und zur Modernisierung sowie zum Dachgeschossausbau des Grundstücks ...straße ..., ..., an welcher beide Ehegatten zu je 50 v. H. mit einer Bareinlage von je 5 000,00 DM beteiligt waren. Am 5. Dezember 1996 wurde dieser Vertrag entsprechend notariell beurkundet (Urkundenrollennummer ......x des Notars ...). Nach dem Gesellschaftsvertrag war die Aufnahme weiterer Gesellschafter bis zu einem Zeichnungskapital von 8 Mio. DM vorgesehen, wobei die beiden Gründungsgesellschafter nach der Schließung des Fonds die Berechtigung hatten, aus der Gesellschaft auszuscheiden.

Am 5. November 1996 wurde ein (Eigen-) Kapitalvermittlungsvertrag zwischen der Klägerin und der ... und ... Beratungs GmbH & Co. Vermittlungs KG (... KG) geschlossen. Das Honorar dafür betrug 910 000,00 DM.

Am 18. Dezember 1996 wurde ein Generalübernehmervertrag zwischen der Klägerin und der ... Baumanagement Grundprojektentwicklung GmbH i. G. (... GmbH) zur Modernisierung des Mehrfamilienhauses zu einem Festpreis von 4 467 000,00 DM abgeschlossen. Die ... GmbH wurde dabei durch ihren Geschäftsführer, Herrn ..., vertreten. Die ... GmbH wurde am gleichen Tage auch zum Vermittler der Endfinanzierung, für die Gestellung einer Mietgarantie, für die Mieterbetreuung und die Sicherung der Erstvermietung vertraglich bestellt. Es wurde ferner ein Vertrag über die Treuhandaufsicht geschlossen (im Klageschriftsatz und in den vertraglichen Unterlagen zum Teil auch als "Oberaufsicht" bezeichnet) mit einer Gebühr von 76 160,00 DM.

Am 20. Dezember 1996 (Urkundenrollennummer ......... des Notars ...) veräußerte Herr ... plangemäß das Grundstück zum Kaufpreis von 1,8 Mio. DM an die zu diesem Zeitpunkt nur aus ihm und seiner Ehefrau ... bestehende Klägerin.

Am 21. Dezember 1996 wurde der sog. Grundlagenvertrag für die Klägerin notariell beurkundet (Urkundenrollennummer .........x Notars ...). Gegenstand dieser Urkunde war u.a. der Emissionsprospekt bzw. das "Beteiligungsangebot", das bereits im August 1996 aufgelegt worden war und im Detail die bauliche Planung sowie die gesamte finanzielle Konzeption zur Durchführung des Bauvorhabens sowie eine Beschreibung der anschließenden Nutzung des Objekts enthielt. Aufgeführt waren darin u.a. der Gesellschaftsvertrag und ein detaillierter Investitionsplan, der neben den Aufwendungen für den Erwerb des Grundstücks (1,8 Mio. DM) und für den Generalübernehmer in Höhe von 4 467 000,00 DM auch Kosten der Eigenkapitalbeschaffung von 910 000,00 DM, Kosten der Treuhandschaft bzw. der Oberaufsicht in Höhe von 76 160,00 DM sowie Kosten der Bauzwischenfinanzierung (Bauzeitzinsen) von 210 000,00 DM enthielt. Ferner wurden in dem Beteiligungsangebot - bis auf den noch in der ersten Gesellschafterversammlung zu bestimmenden Treuhänder bzw. "Oberaufseher" - die Vertragspartner der Klägerin zur Durchführung des Vorhabens aufgeführt. Auf die wirtschaftliche und personelle Verflechtung der meisten Vertragspartner der Klägerin mit dem Grundstücksveräußerer ... wurde prospektmäßig hingewiesen. Ferner waren die Geschäftsführerin der Klägerin, die ... Immobilienfonds-Verwaltungs GmbH, und die ... KG als Vermittlerin des Eigenkapitals miteinander verflochten. Dem Grundlagenvertrag/Beteiligungsangebot beigefügt waren sämtliche Verträge aus dem abzuschließenden Vertragsbündel als Entwürfe.

Der größte Teil der Anleger trat der Gesellschaft mit gleichlautenden notariellen Erklärungen vom 21. Dezember 1996 ein, in denen dem Geschäftsführer der Klägerin weitreichende Vollmachten zur Realisierung des Bauvorhabens erteilt wurden. Bis zum 21. Dezember 1996 war von Fremdanlegern der größte Teil des Fondskapitals gezeichnet; nach Aufstockung des Kapitals der Gesellschaft verblieben den Gründungsgesellschaftern noch Anteile von zusammen 2,38 v. H.

Der Beklagte sah in dem abgeschlossenen Bündel von Verträgen ein sog. einheitliches Vertragswerk und bezog die Bebauungskosten laut Generalübernehmervertrag von 4 467 000,00 DM mit der ... GmbH, die Eigenkapitalvermittlungsprovision laut Vertrag mit der ... KG in Höhe von 910 000,00 DM, die Gebühr für die Treuhandschaft/Oberaufsicht gemäß Vertrag mit der ... Immobilienfonds-Verwaltungs GmbH in Höhe von 76 160,00 DM und Bauzeitzinsen von 210 000,00 DM in die Bemessungsgrundlage ein. Ferner wurde die nach der Kapitalaufstockung verbliebene Beteiligung der Gründungsgesellschafter von 2,38 v. H. nach § 5 Abs. 2 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG-steuermindernd berücksichtigt. Entsprechend wurde mit Bescheid vom .... Juli 2000 eine Grunderwerbsteuer von 145 710,00 DM nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG festgesetzt (Bemessungsgrundlage: 7 463 160,00 DM, Steuer: 149 263,00 DM abzüglich 3 553,00 DM nach § 5 Abs. 2 GrEStG).

Hiergegen wurde fristgerecht Einspruch eingelegt. Dieser wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Es sei lediglich ein notarieller Grundstückskaufvertrag über den Erwerb des Grund und Bodens und des Altgebäudes geschlossen worden, die Modernisierung des Gebäudes sei nicht Gegenstand dieses Kaufvertrages gewesen. Es habe für die Klägerin auch keine Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages über die Modernisierung des Gebäudes bestanden. Da die Eheleute ... dauerhaft in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts verblieben seien und § 1 Abs. 2 a GrEStG noch nicht anzuwenden sei, sei aus der Aufnahme von Neugesellschaftern keine Grunderwerbsteuer entstanden. Der "interne" Gesellschaftsvertrag mit seinem Modernisierungsplan stelle kein die Klägerin bindendes Konzept dar; diese habe sich nicht gegenüber dem Veräußerer - Herrn ... - bzw. einem mit diesem verbundenen Unternehmen zum Erwerb einer sanierten Immobilie verpflichtet. Die GbR habe erst nach Erwerb der Immobilie und nach Beitritt der Neugesellschafter über die durchzuführenden Baumaßnahmen beschlossen, ohne dass der Veräußerer bei seiner zu diesem Zeitpunkt bereits reduzierten Beteiligung Einfluss auf die Entscheidungsfindung gehabt habe. Der Grunderwerbsteuer unterliege damit ausschließlich der Kaufvertrag vom 20. Dezember 1996 mit den Erwerbskosten für den Grund und Boden und die Altimmobilie.

Schuldner dieser Steuer seien die Eheleute ... und die später eingetretenen neuen Gesellschafter.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom .... Januar 2001 als unbegründet zurückgewiesen. Im Streitfall sei, so der Beklagte, Erwerbsgegenstand das Grundstück mit der zu modernisierenden und instandzusetzenden Bebauung aufgrund objektiv engen sachlichen Zusammenhangs zwischen dem Grundstückskaufvertrag und den weiteren Verträgen. Zum Zeitpunkt des Erwerbs am 20. Dezember 1996 sei die Klägerin bereits auf ein von der Veräußererseite detailliert vorbereitetes Bauvorhaben festgelegt gewesen. So habe die Klägerin bereits am 18. Dezember 1996 - und damit noch vor Abschluss des Grundstückskaufvertrages vom 20. Dezember 1996 - mit der ... GmbH über deren Geschäftsführer, der zugleich der Grundstücksveräußerer sei, den Generalübernehmervertrag mit einer Gesamtvergütung von 4 467 000,00 DM abgeschlossen. Gleiches gelte in Bezug auf den Zeitpunkt ihres Abschlusses - bis auf den Vertrag über die Oberaufsicht - auch für alle übrigen im Rahmen des von der Veräußererseite entwickelten Konzepts abgeschlossenen Verträge. Sämtliche Aufwendungen, die die Klägerin zur Erlangung des Objekts in dem zwischen den Beteiligten des Vertragsbündels vereinbarten Zustand habe aufbringen müssen, seien mithin gemäß § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 GrEStG Teil der grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage.

Gegenstand des Steuerbescheides vom .... Juli 2000 sei im Übrigen der Erwerb vom 20. Dezember 1996, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG besteuert werde. Der Einwand der Klägerin, der Besteuerungstatbestand des § 1 Abs. 2 a GrEStG sei im Streitfall nicht anwendbar, gehe somit fehl.

Hiergegen richtet sich die Klage. Dabei geht nunmehr auch die Klägerin davon aus, dass es sich vorliegend um ein sog. einheitliches Vertragswerk handelt. Allerdings seien die von dem Generalübernehmer zu erbringenden Bauleistungen über das zulässige Maß hinaus in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden. Die personelle Verflechtung zwischen dem Grundstücksveräußerer ... und dem Generalübernehmer ...-GmbH werde zwar nicht bestritten; es sei jedoch von einer niedrigeren Bemessungsgrundlage aufgrund der Reduzierung der tatsächlich erbrachten Bauleistungen auszugehen. Nach Abschlagzahlungen für die Bauleistungen in Höhe von 3 395 000,00 DM sei das Vertragsverhältnis von ihr gekündigt worden. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin ein an die ... GmbH gerichtetes Kündigungsschreiben vom 7. Dezember 1999 vorgelegt, wonach die Kündigung aus wichtigem Grunde erfolge, nachdem eine gesetzte Nachfrist verstrichen sei, ohne dass die Bauarbeiten wieder aufgenommen worden seien. Zu den laut Kündigungsschreiben vorgeschlagenen Vergleichsgesprächen sowie zur Abnahme der bisher erstellten Bauwerke sei es, so die Klägerin weiter, nicht gekommen; die später insolvent gewordene Baufirma habe sich entsprechenden Vereinbarungen durch ständigen Anschriftenwechsel entzogen. Nachfolgend sei festgestellt worden, dass die gewährten Abschlagszahlungen zu einer Überzahlung geführt hätten, weil diesen keine Bauleistungen im entsprechenden Wert gegenübergestanden hätten. Mitverantwortlich hierfür sei die finanzierende Bank, die .....................-Bank gewesen, die trotz Prüfung des Bautenstands weitergehende Auszahlungen an das Bauunternehmen ausgeführt habe, als dies nach den erbrachten Bauleistungen gerechtfertigt gewesen sei. Im Vergleichswege habe die Landesbank der Klägerin einen Schadenersatz von 848 311,90 DM zugebilligt, der die steuerliche Bemessungsgrundlage mindern müsse. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre Einigkeit in tatsächlicher Hinsicht erklärt, dass tatsächlich Bauleistungen im Werte eines vertraglichen Entgelts von 2 546 888,00 DM von dem Generalübernehmer ... GmbH erbracht worden sind. Entsprechend wird nunmehr von der Klägerin begehrt, dass die Baukosten aus dem Vertrag mit der ... GmbH nur noch im Umfange von 2 546 888,00 DM in die Bemessungsgrundlage einfließen dürfen. Soweit die Klägerin darüber hinaus ursprünglich beantragt hat, dass die Gebühren für die Eigenkapitalvermittlung und die Treuhandschaft (910 000,00 DM und 76 160,00 DM) sowie die Bauzeitzinsen (210 000,00 DM) nicht in die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung einzubeziehen sind, hat sie daran im Termin zur mündlichen Verhandlung auf Anraten des Gerichts nicht mehr festgehalten und ihr Klagebegehren insoweit eingeschränkt. Die Klägerin beantragt, abweichend von dem Grunderwerbsteuerbescheid vom .... Juli 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom .... Januar 2002 die Grunderwerbsteuer in der Weise gemindert festzusetzen, dass das Entgelt für die Bauleistungen der ... GmbH nur noch mit 2 546 888,00 DM der Ermittlung der Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfweise,

die Revision zuzulassen.

Er verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Ergänzend führt er aus: Die Minderung der Baukosten wirke sich im Ergebnis nicht auf die Grunderwerbsteuer aus. Nach Ablauf der Zweijahresfrist des § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG - wie hier - komme eine niedrigere Steuerfestsetzung nach Nummer 2 der Vorschrift nur dann in Betracht, wenn die Gegenleistung aufgrund der §§ 459, 460 BGB herabgesetzt werde. Die Anwendung des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setze eine entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien über die Herabsetzung des Kaufpreises voraus. Eine derartige Vereinbarung zwischen den Parteien des Bauvertrages liege aber nicht vor. Es sei lediglich seitens der Landesbank Baden-Württemberg der Klägerin ein Schadenersatz in Höhe von 848 311,90 DM geleistet worden. Durch diese Maßnahme eines Dritten, der nicht Vertragspartei sei, würden aber die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG nicht erfüllt. Auch sei es vorliegend nicht zulässig, § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG über den dort geregelten Fall der Schlechterfüllung hinaus auch bei einer - wie hier - Nichterfüllung analog bzw. entsprechend anzuwenden. Denn es sei nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber insoweit unbewusst eine Regelungslücke gelassen habe.

Dem Senat hat bei seiner Entscheidung ein Band der von dem Beklagten für die Klägerin zur Steuernummer ... geführten Grunderwerbsteuerakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, soweit die Klägerin ihr Klagebegehren im Termin zur mündlichen Verhandlung eingeschränkt hat, d.h. soweit der Beklagte als Entgelt für die Bauleistungen der ... GmbH einen Betrag von mehr als 2 546 888,00 DM in die Bemessungsgrundlage einbezogen hat.

Die Klägerin hat, was diese im Klageverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen hat, grunderwerbsteuerrechtlich betrachtet dem Grunde nach ein bebautes Grundstück mit zu modernisierendem und im Dachgeschoss auszubauendem Gebäude erworben. Insofern ergibt sich der teilweise Erfolg der Klage nicht bereits daraus, dass schon ursprünglich kein einheitliches Vertragswerk bzw. kein einheitlicher Leistungsgegenstand "bebautes Grundstück" vorgelegen hätte. Bei mehreren Verträgen - wie hier - ist ein Grundstück über den hier nicht vorliegenden Fall einer rechtlichen Bestandsverknüpfung kraft Parteiwillens hinaus auch dann im bebauten Zustand Erwerbsgegenstand, wenn zwischen den Verträgen ein so enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass der Erwerber bei objektiver Betrachtung ein bebautes Grundstück erhält (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, der der Senat folgt, z.B. BFH, Urteil vom 13. August 2003 II R 52/01, BFH/NV 2004, 663). Dazu muss entweder der Erwerber im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages in seiner Entscheidung über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung gegenüber dem Veräußerer nicht mehr frei gewesen sein oder aber ihm muss aufgrund einer konkreten und bis (annähernd) zur Baureife gediehenen Vorplanung ein bestimmtes Gebäudes auf einem bestimmten Grundstück zu einem im Wesentlichen feststehenden Preis angeboten worden sein (BFH, Urteil vom 13. August 2003 II R 52/01, a.a.O., 663 665). Treten auf der Veräußererseite - wie hier - mehrere Personen auf, müssen diese aufgrund von Abreden bei der Veräußerung zusammenarbeiten oder durch ein abgestimmtes Verhalten auf den Abschluss sowohl des Grundstückskaufvertrages als auch der Verträge, die der Bebauung des Grundstücks dienen, hinwirken (BFH, Urteil vom 13. August 2003 II R 52/01 a.a.O., 665).

Vorliegend war die Klägerin schon im Zeitpunkt des Grundstückserwerbs (20. Dezember 1996) durch den zuvor am 18. Dezember 1996 abgeschlossenen Generalübernehmervertrag mit der ... GmbH hinsichtlich des "Ob" und "Wie" der Bebauung gebunden. Die personell miteinander verflochtenen Grundstücksveräußerer (Herr ...) und Generalübernehmerin (... GmbH) haben der Klägerin ein auf der Veräußererseite entwickeltes, auf den Erwerb des Grundstücks mit zu modernisierendem Gebäude gerichtetes einheitliches Angebot unterbreitet, welches die Klägerin angenommen hat. Dass diese als Erwerberin an der Bauplanung frühzeitig und wesentlich beteiligt gewesen ist, sodass das Bebauungskonzept lediglich ihr eigenes gewesen ist, hat diese nicht vorgetragen. Dafür ergeben sich auch keine Anhaltspunkte aus dem Inhalt der Akten. Dass Herr ... als Grundstücksveräußerer zugleich auf der Erwerberseite als Beteiligter der GbR gestanden hat, steht dabei der Annahme eines einheitlichen Leistungsgegenstandes nicht entgegen, weil wegen der grunderwerbsteuerrechtlichen Selbständigkeit der Personengesellschaft Grundstückserwerber und Initiator nicht identisch sind (vgl. Boruttau/Sack, GrEStG, 15. Auf., § 9 Rz. 171).

Die grunderwerbsteuerrechtlich beachtliche Bindung der Klägerin an das von der Veräußererseite vorgegebene Bebauungskonzept ist durch die rechtsgeschäftliche Vertretung der Klägerin durch die ... Immobilienfonds-Verwaltungs GmbH (...) beim Abschluss des Generalübernehmervertrages wie auch beim Abschluss der übrigen, auf die Durchführung des Projekts abzielenden Verträge herbeigeführt worden. Dass die hierzu der ... erteilte umfassende Vollmacht - wie die Klägerin im Vorfeld der mündlichen Verhandlung geäußert hat - wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam ist (Art. 1 § 1 Abs. 1 Rechtsberatungsgesetz -RBerG-i. V. mit § 134 BGB), kann der Senat nicht erkennen. Denn im Aufgabenkreis der ... als Geschäftsführerin war die Sicherstellung der Bauerrichtung Hauptzweck, etwaige Beratungsleistungen hingegen Nebenzweck, sodass kein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz vorliegen dürfte (vgl. auch BFH, Urteil vom 28. September 2000 IX ZR 279/99, Neue Juristische Wochenschrift -NJW-2001, 70). Im Übrigen kommt es darauf letztlich aber nicht an, weil der Bauvertrag bis zu dessen Kündigung tatsächlich durchgeführt worden ist, sodass etwaige Mängel der Vollmacht grunderwerbsteuerrechtlich nach § 41 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-im Umfange seiner tatsächlichen Durchführung unbeachtlich wären.

Die Klage ist allerdings in dem Umfang begründet, in dem der Bauvertrag mit der ... GmbH tatsächlich nicht ausgeführt worden ist. Entsprechend der zu Protokoll gegebenen Erklärung der Beteiligten im Termin legt der Senat seiner Entscheidung tatsächlich erbrachte Bauleistungen der Generalübernehmerin bis zur Kündigung am 7. Dezember 1999 im Werte eines vertraglichen Teilentgelts von 2 546 888,00 DM zugrunde. Dieser Wert ist plausibel, weil er - bis auf eine geringfügige Abweichung - dem Ansatz entspricht, der sich unter Berücksichtigung der bis dahin geleisteten Abschlagzahlungen nach (wohl vermeintlichem) Baufortschritt abzüglich der von der .....................-Bank gewährten "Entschädigung" wegen Überzahlung ergibt (3 395 000,00 DM ./. 848 311,90 DM). Er findet zudem - wiederum ohne wesentliche Abweichung - eine Stütze in den von der Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts ... ermittelten Herstellungskosten der Klägerin von 2 547 842,00 DM bis zum 31. Dezember 1999. Daraus ergibt sich, dass der von dem Beklagten angesetzte Werklohn für die Generalübernehmerin von 4 467 000,00 DM um 1 920 112,00 DM gemindert in die Bemessungsgrundlage einfließen muss - vor Berücksichtigung der anteiligen Steuerbefreiung in Höhe von 2,38 v. H. nach § 5 Abs. 2 GrEStG (4 467 000,00 DM ./. 2 546 888,00 DM).

Dieses Ergebnis folgt nicht schon unmittelbar aus § 16 Abs. 3 GrEStG bei Zugrundelegung allein des Wortlauts dieser Vorschrift. Zwar sind nachträgliche Herabsetzungen der in den mehreren Verträgen vereinbarten Leistungen des Erwerbers, die als Gegenleistung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 anzusehen sind, nach den allgemeinen Kriterien des § 16 Abs. 3 GrEStG begünstigungsfähig (Boruttau/Sack GrEStG, 15. Aufl., § 16 Rz. 243 zu Bauherrenmodellen). Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG werden im Streitfall aber schon deshalb nicht erfüllt, weil die "Herabsetzung der Gegenleistung", die sich infolge der Kündigung des Bauvertrages nach Werkvertragsrecht bzw. nach allgemeinen Leistungsstörungsrecht nach § 326 BGB a.F. ergeben hat, nicht innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss des Bauvertrages (18. Dezember 1996) erfolgt ist. Die vorgenannte Minderung der Bemessungsgrundlage ergibt sich vorliegend auch nicht unmittelbar unter Anwendung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG. Denn wenn ein Bauerrichtungsvertrag nach nur teilweiser Erfüllung wegen der ausgebliebenen Fertigstellung gekündigt bzw. aufgehoben wird, ist die daraus sich ergebende Herabsetzung der Gegenleistung nicht Folge eines Sachmangels oder eines Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft, wie dies von den Vorschriften der §§ 459, 460 BGB a.F. vorausgesetzt wird.

Denn eine Nichtleistung - wie hier - ist keine Schlechterfüllung im Sinne dieser auf das Kaufrecht zugeschnittenen Vorschriften. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass bei einer Aufhebung bzw. Kündigung eines Bauerrichtungsvertrages nach nur teilweiser Erfüllung die Rechtsfolge des § 16 Abs. 3 GrEStG in Anwendung des Grundgedankens dieser Vorschrift eintreten kann. Denn anderenfalls entstünde eine Regelungslücke, die mit dem Sinn und Zweck der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des einheitlichen Leistungsgegenstandes kraft objektiv engen sachlichen Zusammenhangs nicht vereinbar wäre, der darin besteht, die zutreffende Besteuerung des mit der Vertragsgestaltung bewirkten wirtschaftlichen Erfolges zu sichern (vgl. Pahlke/Franz, GrEStG, 2. Aufl., § 9 Rz.7). Würde man in derartigen Fällen den ursprünglichen Gegenstand des Erwerbsvorgangs mangels Einschlägigkeit der Regelungen der §§ 459, 460 BGB a.F. unverändert bestehen lassen, würde dem Umstand nicht Rechnung getragen, dass der angestrebte wirtschaftliche Erfolg nur zum Teil eingetreten ist. Dabei sieht sich der Senat in Einklang mit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs, der - im Rahmen eines obiter dictum bei Zurückverweisung an das Finanzgericht - ausgesprochen hat, dass die Herabsetzung der Gegenleistung nach § 16 Abs. 3 GrEStG zu beurteilen sei, wenn ein Bauerrichtungsvertrag nach nur teilweiser Erfüllung aufgehoben bzw. gekündigt werde (BFH, Urteil vom 10. August 1994 II R 29/91, BFH/NV 1995, 260). Dies versteht der Senat im Sinne eines Rechtsfolgeverweises auf § 16 Abs. 3 GrEStG. Denn häufig wird sich erst mehr als zwei Jahre nach dem Abschluss des Bauvertrages das Unvermögen bzw. die Nichtleistung des Bauunternehmers herausstellen; da zudem in einem solchen Fall die Voraussetzungen der Sachmängelhaftung nach §§ 459, 460 BGB a.F. schon systematisch nicht greifen, würde eine Tatbestandsverweisung regelmäßig ins Leere gehen.

Die Rechtsfolge der Minderung der Gegenleistung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus § 16 Abs. 3 GrEStG setzt jedoch voraus, dass der Erwerber nach Aufhebung bzw. Kündigung des Gebäudeerrichtungsvertrages in seiner Entscheidung über die Vergabe der zur Fertigstellung des Gebäudes noch notwendigen Bauleistungen wieder völlig frei geworden ist (BFH, Urteil vom 10. August 1994, II R 29/91, BFH/NV 1995, 260, 262; ferner Boruttau/Sack, § 16, Rz. 251). Das ist im Streitfall zu bejahen. Die Klägerin hat die diesbezüglichen Gewerke zur Fertigstellung kraft freier Entschließung an einzelne Bauunternehmen vergeben, ohne dass darauf von Veräußererseite Einfluss genommen worden wäre.

Entsprechend haben die Beteiligten im Verhandlungstermin erklärt, darin übereinzustimmen, dass die Klägerin nach der Kündigung des Bauvertrages wieder völlig frei geworden sei, die restlichen Arbeiten (beträchtlichen Umfangs) zu vergeben.

Lehnt man es entgegen der Auffassung des Senats ab, im Streitfall die grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung - genauer: die Steuer -jedenfalls in Anwendung des Grundgedankens des § 16 Abs. 3 GrEStG herabzusetzen, dann rechtfertigt sich das nämliche Ergebnis nach Auffassung des Senats zumindest aus § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (rückwirkendes Ereignis), der neben der Spezialvorschrift des § 16 GrEStG anwendbar bleibt, weil die Anwendung der §§ 172 ff. AO neben § 16 GrEStG nicht ausgeschlossen wird (Pahlke/Franz, § 16, Rz. 4). Die Kündigung des Bauvertrages mit der aufgezeigten vergütungsmäßigen Konsequenz ist dann ein rückwirkendes Ereignis. Dabei kann die einkommensteuerrechtliche Behandlung des Ausfalls der Kaufpreisforderung im Rahmen einer Betriebsveräußerung im Sinne des § 16 Einkommensteuergesetz -EStG-als Parallele dienen. Denn obwohl der Kaufpreis als solcher eigentlich unverändert bleibt, wird darin ein auf das Jahr der Veräußerung rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO gesehen (Schmidt/Wacker, EStG, 23. Aufl., § 16 Rz. 381 m.w.N.).

Unstreitig beträgt die anteilige Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG 2,38 v. H., weil der Anteil der Gründungsgesellschafter im Wege der Neuaufnahme von Gesellschaftern und der Aufstockung des Gesellschaftskapitals planmäßig reduziert worden ist. Im Ergebnis folgt daraus eine Grunderwerbsteuer von 55 333,27 EUR (Kaufpreis Grundstück: 1 800 000,00 DM zzgl. Bauerrichtung: 2 546 888,00 DM zzgl. (Eigen-)Kapitalbeschaffung: 910 000,00 DM zzgl. Treuhandschaft/Oberaufsicht: 76 160,00 DM zzgl. Bauzeitzinsen: 210 000,00 DM = 5 543 048,00 DM x 2 v. H. = 110 860,96 DM abzgl. 2 638,49 DM nach § 5 Abs. 2 GrEStG, entsprechend 2,38 v. H. = 108 222,47 DM, entspricht 55 333,27 EUR).

Entgegen der auf der Geschäftsstelle vorab niedergelegten Urteilsformel war wegen der Antragsbeschränkung keine Verfahrenseinstellung im Übrigen vorzunehmen, da darin keine teilweise Rücknahme im Sinne des § 72 Abs. 2 FGO liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-und -soweit die Klägerin ihr Klagebegehren eingeschränkt hat - auf § 136 Abs. 2 FGO entsprechend.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis des Beklagten ergeben sich aus §§ 151 Abs. 1 und 3 FGO, 708 Nr. 10 und 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.

Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 zugelassen, weil - soweit bekannt - die hier relevanten Rechtsfragen noch nicht höchstrichterlich entschieden sind.

Der Streitwert beträgt bis zur Einschränkung des Klagebegehrens am 11. November 2004 31 117,00 EUR, danach 19 167,00 EUR.

Da sich der Streitwert durch die Antragseinschränkung im Termin vermindert hat, waren auf der Grundlage unterschiedlicher Streitwerte unterschiedliche Kostenquoten nach Zeitabschnitten zu bilden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Juni 1984 II R 184/81, BStBl. II 1985, 261) Den Streitwert hat der Senat gemäß §§ 25, 13 Gerichtskostengesetz -GKG-bestimmt.

Ende der Entscheidung

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