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Gericht: Finanzgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 07.11.2006
Aktenzeichen: 1 K 424/04
Rechtsgebiete: KStG, UStG


Vorschriften:

KStG § 1 Abs. 1
KStG § 4 Abs. 1
UStG § 2 Abs. 2
UStG § 2 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Brandenburg

1 K 424/04

Umsatzsteuer 1997-2000

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 7. November 2006

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Prof. ...,

den Richter am Finanzgericht ...,

die Richterin am Finanzgericht ...,

sowie

die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27.12.1990 gegründet. Gesellschafter sind die Stadt M zu 75% und die Gemeinde N zu 25%. Am 10.04.1997 schloss die Klägerin mit der Stadt M einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Danach übernahm die Klägerin von der Stadt M die Bewirtschaftung des Schwimmbades, des Tierparks sowie zweier Sportplätze. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt M, die entstehenden Aufwendungen nach Gegenrechnung der erzielten Einnahmen zu erstatten. In der Folgezeit unterwarf die Klägerin die Einnahmen aus den Einrichtungen der Umsatzsteuer. Die von der Stadt M geleisteten Ausgleichszahlungen behandelte sie hingegen als umsatzsteuerfreie Zuschüsse.

Der Beklagte stellte den vorgeschilderten Sachverhalt anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung fest. Unter Textziffer - Tz. - 12 des Prüfungsberichts vom 01.07.2002 vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die von der Stadt M geleisteten Ausgleichszahlungen Entgelt für die von der Klägerin erbrachte Bewirtschaftung der Einrichtungen sei und als solches der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten und insbesondere hinsichtlich der Berechnung wird auf den Betriebsprüfungsbericht verwiesen.

Der Beklagte folgte der Auffassung der Prüferin und setzte die Umsatzsteuer für die Jahre 1997 bis 2000 durch Bescheide vom 30.06.2003 neu fest. Den dagegen eingelegte Einspruch wies der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2004 als unbegründet zurück, da die Klägerin den Einspruch trotz Aufforderung nicht begründet hatte.

Mit der Klage macht die Klägerin geltend, dass zwischen ihr und der Stadt M als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bestanden habe, so dass die Leistungsbeziehungen zwischen ihr, der Klägerin, und der Stadt M als Innenbeziehungen eines einheitlichen umsatzsteuerrechtlichen Unternehmens zu beurteilen seien. Die Merkmale einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft lägen vor.

Sie, die Klägerin, sei finanziell in die Stadt M eingegliedert. Die Stadt M halte 75% der Gesellschaftsanteile.

Die organisatorische Eingliederung sei ebenfalls gegeben. Diese liege vor, wenn der Organträger durch organisatorische Maßnahmen sicherstelle, dass sein Wille tatsächlich ausgeführt werde. Nach dem Gesellschaftsvertrag stünden der Stadt M vier der insgesamt sieben Beiratspositionen zu. Damit könne die Stadt M ihren Willen durchsetzen. Die Stadt M bestimme als Hauptgesellschafterin zudem ihren, der Klägerin, Geschäftsführer und könne durch die entsprechende Gestaltung des Geschäftsführervertrages absichern, dass wesentliche Entscheidungen nur mit ihrer, der Stadt M, Zustimmung oder mit Zustimmung des Beirates, dessen Mehrheit sie ebenfalls faktisch innehabe, getroffen werden könnten. Die Klägerin verweist diesbezüglich auf den Geschäftsführeranstellungsvertrag, den sie zu den Akten gereicht hat (Blatt 71 ff. der Gerichtsakte). Deutlich werde die beherrschende Einflussnahme in dem Geschäftsbesorgungsvertrag zudem dadurch, dass der Beirat die Eintrittsgelder und Nutzungsentgelte für die Einrichtungen festlege. Damit obliege die wesentlichste unternehmerische Entscheidung nicht ihr, der Klägerin.

Auch die wirtschaftliche Eingliederung sei zu bejahen. Sie liege bei starker Ausprägung der finanziellen und organisatorischen Eingliederung bereits dann vor, wenn zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft aufgrund gegenseitiger Förderung und Ergänzung mehr als nur unerhebliche wirtschaftliche Beziehungen bestünden. Sie, die Klägerin, nehme hinsichtlich ihres kompletten Aufgabenfeldes Aufgaben wahr, die die Stadt M zuvor in Eigenregie ausgeübt habe. Ihre, der Klägerin, Tätigkeit erfolge ausschließlich im Interesse der Gesellschafter. Sie werde zum Nutzen der Bevölkerung tätig, was sich auch in den niedrigen Eintrittsgeldern niederschlage, die den Abschluss mit einem positiven Ergebnis regelmäßig ausschlössen. Dies könne sie, die Klägerin, aufgrund der Vorgaben der Stadt M aber nicht vermeiden. Damit liege das wirtschaftliche Risiko bei der Stadt M, die die Fehlbeträge ausgleiche. Wirtschaftliche Beziehungen zur Stadt M bestünden auch über den Geschäftsbesorgungsvertrag hinaus. So habe sie, die Klägerin, das Ordnungsamt der Stadt M saniert.

Die Stadt M sei auch ein tauglicher Organträger. Die Klägerin verweist insoweit auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 09.10.2002 (V R 64/99). Nach dieser Entscheidung könne eine juristische Person des öffentlichen Rechts Organträger sein, wenn und soweit sie unternehmerisch tätig sei. Die Stadt M sei zum einen durch ihre Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch tätig. Durch diese Betriebe erbringe sie Leistungen an sie, die Klägerin, zum Beispiel im Rahmen des durchzuführenden Winterdienstes oder der unentgeltlichen Überlassung von Grundstücken. Zum anderen sei die Stadt M der eigentliche Betreiber der genannten Einrichtungen, so dass eigentlicher Unternehmer die Stadt M sei. Dass der Bereich der Wohnungsbewirtschaftung für die Stadt M kein Betrieb gewerblicher Art sei, stehe ihrer Organträgerqualität nicht entgegen. Denn schließlich könne ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen auch die Funktion einer Organgesellschaft haben.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer 1997 bis 2000 unter Änderung der Bescheide vom 30.06.2003 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2004 für das Jahr 1997 um 72.580,83 DM, für das Jahr 1998 um 116.416,69 DM, für das Jahr 1999 um 116.813,77 DM und für das Jahr 2000 um 111.377,17 DM herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Stadt M sei kein tauglicher Organträger. Als juristische Person des öffentlichen Rechts sei sie nur mit ihren Betrieben gewerblicher Art Unternehmerin, nicht jedoch im Bereich der Wohnungswirtschaft.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der Beklagte hat die von der Stadt M geleisteten Ausgleichszahlungen zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen. Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei diesen Umsätzen nicht um im Rahmen einer Organschaft getätigte Innenumsätze. Das Bestehen eines Organschaftsverhältnisses setzt nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Umsatzsteuergesetz - UStG - voraus, dass eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist. Der Senat kann offen lassen, ob diese Voraussetzungen vorliegen.

Denn die Stadt M ist jedenfalls kein tauglicher Organträger.

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG stellt keine besonderen Anforderungen für einen Organträger auf. Aus dem Sachzusammenhang des § 2 UStG ergibt sich jedoch, dass der Organträger umsatzsteuerrechtlicher Unternehmer sein muss, weil nur dieser Umsatzsteuersubjekt sein kann. Bezogen auf juristische Personen des öffentlichen Rechts bedeutet dies, dass diese dann Organträger sein können, wenn und soweit sie unternehmerisch tätig sind. Dies ist nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen eines von der juristischen Person des öffentlichen Rechts betriebenen Betriebes gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 und des § 4 Körperschaftsteuergesetz - KStG - der Fall (ausdrücklich BFH, Urteil vom 09.10.2002 - V R 64/99, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2003, 375 mit weiteren Nachweisen). Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die juristische Person des öffentlichen Rechts muss dafür eine eigene entgeltliche Leistung erbringen. Durch eine bloße Beteiligung, durch eine unentgeltliche Tätigkeit oder durch eine Tätigkeit einer mit ihr verbundenen Gesellschaft kann die juristische Person des öffentlichen Rechts keine wirtschaftliche Tätigkeit in diesem Sinne auszuüben (BFH am angegebenen Ort mit weiteren Nachweisen).

Bezogen auf den zu entscheidenden Fall bedeutet dies, dass die Stadt M nur dann tauglicher Organträger sein könnte, wenn sie selbst im Bereich des Betriebs von Schwimmbädern, Sportplätzen sowie des Tierparks unternehmerisch tätig wäre, sie also insoweit einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten würde. Dies ist aber nicht der Fall, da die Stadt M den Betrieb dieser Einrichtungen gerade auf die Klägerin übertragen hat und ein möglicher mittelbarer Betrieb dieser Einrichtungen nicht ausreicht, um bei der Stadt M einen Betrieb gewerblicher Art zu begründen.

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die Stadt M in anderen Segmenten Betriebe gewerblicher Art unterhält, da es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich der erkennende Senat anschließt, für die Organträgereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts auf deren unternehmerische Betätigung im konkreten Tätigkeitsbereich der Organgesellschaft ankommt.

Der Beklagte hat die von der Stadt M vorgenommenen Ausgleichszahlungen zutreffend der Umsatzsteuer unterworfen. Bei diesen Zahlungen handelt es sich nicht um nicht umsatzsteuerbare unechte Zuschüsse, sondern um das von der Stadt M zu zahlende Entgelt dafür, dass die Klägerin die fraglichen Einrichtungen für sie betrieben hat. Die Klägerin hat diesen Gesichtspunkt im Klageverfahren auch nicht mehr aufgegriffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-.

Ende der Entscheidung

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