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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Brandenburg
Urteil verkündet am 14.11.2006
Aktenzeichen: 3 K 1938/04
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 6 Abs. 4 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Brandenburg

3 K 1938/04

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Brandenburg - 3. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. November 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., die Richterin am Finanzgericht ..., den Richter am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter Herr ... und Herr ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Abweichend von dem Bescheid vom 19.12.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.08.2004 wird die Grunderwerbsteuer auf 133.498,31 EUR (261.100,- DM) festgesetzt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden zu 89% der Klägerin und zu 11% dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand:

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der 1994 beendeten Aufbaugesellschaft L... I GbR - ABG L... I -.

Im September 1992 hatten Dr. Rainer A... und Georg B... die B.../A... GbR gegründet.

Beide waren mit jeweils 50% beteiligt. Die Gesellschaft trat später unter der Bezeichnung Aufbaugesellschaft L... GbR - ABG L... - auf. Am 14.12.1992 erwarb diese Gesellschaft das Grundstück Flur 15, Flurstück 75 in der Gemarkung L... mit einer Größe von 96.766 qm, wofür Grunderwerbsteuer in Höhe von 290.298,- DM bestandskräftig festgesetzt wurde.

Mit Vertrag vom 21.01.1993 gründeten die oben genannten Gesellschafter die ABG L... I.

An dieser Gesellschaft waren sie mit jeweils 50% beteiligt. Zweck der Gesellschaft war der Erwerb des östlichen Teils des eben erwähnten Grundstücks, die baurechtliche Überplanung, die Erschließung, Bebauung und die Vermietung des Objektes.

In § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 21.01.1993 heißt es: "Die vorgenannten Gründungsgesellschafter leisten ihre Einlage dadurch, dass sie den von ihnen gemeinsam angeschafften Grundbesitz, wie er vorstehend beschrieben ist, in überplantem Zustand (mit Vorhaben- und Erschließungsplan oder Bebauungsplan sowie gesichertem Baurecht) in die betreffende Aufbaugesellschaft einbringen, der von den Aufbaugesellschaften mit folgenden Annahmewerten angenommen wird: Der Grundbesitz der Gemarkung L... mit DM 300 pro qm. Die Planung und Entwicklung wird also mit DM 7.200.000,- bewertet und mit diesem Wert von der Aufbaugesellschaft angenommen (Annahmewert).

Damit haben diese Gesellschafter ihre Einlage geleistet." Da der restliche Grundstücksanteil parallel auf die ebenfalls von den betreffenden Gesellschaftern gegründete ABG L... II GbR übertragen wurde, verblieb bei der ABG L... kein Grundbesitz mehr.

Aufgrund der notariellen Vereinbarung vom 27.09.1993 (Urkundenrolle Nr. - UR-Nr. - 6734/1993 K des Notars C...) erwarben 16 weitere Personen gegen Zahlung von 13.690,000,- DM Gesellschaftsanteile an der ABG L... I von insgesamt 90,066%. Bei den beiden Gründungsgesellschaftern verblieben 9,934% der Anteile mit einem Wert von 1.510.000,- DM.

In einer weiteren notariellen Verhandlung vom 27.09.1993 (UR-Nr. 6739/93 K des Notars C...) einigten sich sämtliche Gesellschafter der ABG L... I und L... II, den gesamten Grundstückskomplex real zu teilen. Auf die ABG L... I entfielen danach 51.071 qm. Da diese Fläche größer war als ursprünglich angenommen, wurde das Gesellschaftskapital der ABG L... I auf 15.321.283,- DM erhöht. Die neu eingetretenen Gesellschafter hatten insofern eine Nachzahlungspflicht, soweit sie keine Anteilsverringerung in Kauf nehmen wollten.

Durch Bescheid vom 19.12.1997 setzte das Finanzamt für den Einbringungsvorgang laut Vertrag vom 21.01.1993 in die ABG L... I eine Grunderwerbsteuer von 1.692.000,- DM fest. Bemessungsgrundlage hierfür war der geschätzte Verkehrswert des Grundstücks in bebautem Zustand in Höhe von 84.600.000,- DM. Der Bescheid erging gemäß § 165 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - vorläufig, "insoweit noch nicht die endgültige Höhe der Gegenleistung feststeht (Wert des Grundstückes incl. alle Leistungen, die die Errichtung der Gebäude i. w. S. betreffen ...)".

Hiergegen erhob die ABG L... I Einspruch und machte geltend, die Grunderwerbsteuer sei auf 259.390,- DM herabzusetzen. Es könne zwar nicht bestritten werden, dass dieser Erwerbsvorgang trotz Personenidentität nicht in vollem Umfang gemäß § 6 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz - GrEStG - steuerbefreit sei, weil Zweck der Übertragung die Aufnahme weiterer Gesellschafter in die GbR gewesen sei. Jedoch sei die Bemessungsgrundlage bei weitem nicht zutreffend. So habe sich das Finanzamt zu Unrecht auf die Rechtsprechung bezogen, wonach als Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück in seinem zukünftigen bebauten Zustand gelte. Diese Rechtsprechung sei auf den hier vorliegenden Fall des Übergangs eines Grundstücks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand nicht anwendbar. Maßgebende Bemessungsgrundlage sei vielmehr der Wert der Gegenleistung, die hier ausschließlich in der Gewährung neuer Gesellschaftsrechte bestehe. Welchen Wert diese Gesellschaftsrechte repräsentieren würden, ergebe sich aus dem Gründungsvertrag. Danach entspreche dieser Betrag dem Wert des Grundstücks in dem überplanten Zustand, mithin 14.400.000,- DM. Weiterhin müsse gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG ein Anteil von 9,934% steuerfrei bleiben, da die beiden ursprünglichen Gesellschafter nicht gänzlich ausgeschieden, sondern in Höhe dieses Anteils an der Gesellschaft beteiligt geblieben seien.

Durch Einspruchsentscheidung vom 05.08.2004 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer auf 141.108,89 EUR (275.985,- DM) herab. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte führte aus, die Übertragung des Grundstücks von der ABG L... auf die Einspruchsführerin sei steuerpflichtig im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Bei einer Einbringung bemesse sich die Grunderwerbsteuer gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung. Als Gegenleistung sei die quotale Teilhabe des Einbringenden am Gesamthandvermögen in Form des Übernahmepreises oder des Wertes der Gesellschaftsrechte anzusehen. Da hier ein Übernahmepreis nicht vorhanden und der Wert der Gesellschaftsrechte nicht bezifferbar sei, sei die Gegenleistung durch Schätzung des gemeinen Wertes im Sinne des § 9 Bewertungsgesetz - BewG - zu ermitteln.

Anzusetzen sei der Verkehrswert des überplanten Grundstücks in Höhe von zunächst 14.400.000,- DM, im Wesentlichen also der gemeine Wert des Grundstücks zum Zeitpunkt der Einbringung. Zu berücksichtigen sei, dass der ABG L... I durch Vertrag vom 27.09.1993 (UR-Nr. 6739/93 K des Notars C...) ein flächenmäßig größerer Grundstücksteil zugeordnet worden sei - nämlich 51.071 qm - als zunächst gedacht (48.000 qm) und dieser sodann einen Wert von 15.321.283 DM verkörpere. Allerdings sei ein Einbringungsvorgang gemäß § 6 Abs. 3 GrEStG grundsätzlich steuerfrei. Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 GrEStG sei die Steuerbefreiung aber insoweit zu versagen, als die vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten 5 Jahre vor Auflösung der Gesamthand vereinbart worden sei. Im Streitfall weiche die Auseinandersetzungsquote um 90,066% vom ursprünglichen Beteiligungsverhältnis ab. Die beiden einbringenden Gesellschafter seien im Zeitpunkt der Auseinandersetzung nur noch mit jeweils 4,967% an der ABG L... I beteiligt. Die Steuerbefreiung sei also nur in Höhe von 9,934% zu gewähren, so dass sich bei einer Bemessungsgrundlage von 15.321.283,- DM eine Grunderwerbsteuer (2%) von 306.425,66 DM ergebe, wovon steuerfrei 30.440,33 DM seien, mithin die festzusetzende Grunderwerbsteuer 275.985,33 DM betrage.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage.

Die Klägerin trägt vor, aus der Gesamtfläche von 96.766 qm seien nach einer berichtigten Aufteilung 51.071 qm in die ABG L... I und die restlichen 45.695 qm in die ABG L... II eingebracht worden. Die Planung und Entwicklung des betreffenden Objekts habe erst die ABG L... I geleistet und könne deshalb nicht bereits bei der Einlage am 21.01.1993 angesetzt werden. Der in der Anfangsbilanz der Nachfolgegesellschaft ABG L... I angesetzte Wert habe damit nichts zu tun. Er beruhe auf einer völlig anderen und steuerlich irrelevanten Überlegung, nämlich derjenigen, den für später nach Realisierung des Objektes erwarteten Überschuss nicht ausschließlich eventuell neu eintretenden Gesellschaftern zukommen zu lassen. Am 21.01.1993 entspreche der Wert der Gesellschaftsanteile somit den Anschaffungskosten des Grund und Bodens vom 14.12.1992. Der Wert von 14.400.000,- DM sei dagegen ein imaginärer Wert; der Teilwert betrage lediglich 7.200.000,- DM. Der Grunderwerbsteuer müsse grundsätzlich der Marktwert des Grundstücks unterliegen. Dieser ergebe sich in der Regel bei Verkäufen unter fremden Dritten jeweils aus dem Kaufvertrag. Anders sei die Rechtslage zu beurteilen, wenn Gesellschafter ein ihnen gemeinsam gehörendes Grundstück zu Werten in eine Personengesellschaft einlegten, die nachweisbar erheblich über dem Marktwert am Einlagestichtag lägen und der erhöhte Wert durch nichts begründet sei, höchstens durch künftige Wertsteigerungen aufgrund von Eigenleistungen der aufnehmenden Gesellschaft. Dann könne auch höchstens der nachweisbare Marktwert der Grunderwerbsteuer unterliegen. Soweit der Einlagewert unangemessen sei, müsse eine Korrektur vorgenommen werden. Wenn Gesellschafter wegen eines fehlenden Interessenwiderstreits völlige Freiheit in der Bewertung ihrer Gesellschaftsrechte besäßen, müsse aus steuerlichen Gründen ein objektiver Wert gefunden werden, der höchstens beim Wiederbeschaffungswert des Grundstücks im Zeitpunkt der Einlage liege. Bei völlig überzogenen Werten sei eine objektive Gegenleistung nicht vorhanden, so dass der Grundbesitzwert evtl. nach § 8 Abs. 2 GrEStG mit dem Einheitswert gemäß § 10 GrEStG anzusetzen sei. Außerdem werde beim Erwerb eines Grundstücks durch einen fremden Dritten dessen Erschließungsleistung auch nicht der Gegenleistung hinzugerechnet. Anders sei es nur dann, wenn der Verkäufer oder der einbringende Gesellschafter verpflichtet sei, das Grundstück bebaut zu übergeben. Auch in den bisher erstellten internen Vermögensaufstellungen sei den Gesellschaftern nur ein Einlagewert als Gesellschaftsrecht in Höhe des Kaufpreises von zunächst 7.200.000,- DM und nach Vermessung des Grundstücks von 7.600.000,- DM zugerechnet worden. Auf der Aktivseite dieser Vermögensaufstellung sei ebenfalls das Grundstück mit 7.600.000,- DM und die noch durchzuführende Überplanung mit 7.600,000,- DM angesetzt, wobei erst künftig ein Preis von 15.200.000,- DM (laut Gesellschaftsvertrag 14.400.000,- DM) zu erreichen gewesen sei. Ferner sei die Rechtsprechung zum sachlichen Zusammenhang nicht anwendbar, da eigene Baukosten bei Eigenregie nicht in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage fielen. Unabhängig davon, wer die Überplanung des streitigen Grundstücks zu erbringen habe, könne zudem wegen Gesellschafteridentität sowohl auf Erwerber - als auch auf Veräußererseite nie eine Erhöhung der Grundstücksbemessungsgrundlage durch die Überplanungsarbeiten eintreten. Es müsse deshalb als Bemessungsgrundlage von den Anschaffungskosten des Ackerlandes ausgegangen wer- 6 - - 7 - den, das heißt von 3.911.000,- EUR. Die Gesellschafter B... und A... hätten lediglich die ABG L..., deren einziges Vermögen das Ackerland gewesen sei, aus verwaltungs- und bautechnischen Gründen in die ABG L... I und ABG L... II etwa je zur Hälfte aufgeteilt und im Gesellschaftsvertrag die von ihnen noch zu erbringenden Überplanungsarbeiten entweder als Erwerber oder als Veräußerer wertmäßig vielleicht vorweggenommen, ohne dass dieser Wert auch schon vorhanden gewesen wäre. Wende man die Grundsätze des maßgeblichen Urteils des Bundesfinanzhofes - BFH - vom 27.10.2004 (II R 12/03, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 2005, 220) im Streitfall an, so bedeute dies folgendes: Die ABG L... übertrage an die ABG L... I Ackerland im unstreitigen Wert von 7.660.000,- DM.

Danach würden die Gesellschafter oder die ABG L... I noch Dienstleistungen dadurch erbringen, dass sie die Überplanung mit Vorhaben- und Erschließungsplan oder Bebauungsplan mit gesichertem Baurecht erarbeiteten. Diese Dienstleistungen seien gemäß dem Vertrag und nach erfolgter genauer Vermessung des Ackerlandes mit 7.660.000,- DM beziffert. Aufgrund des vorgenannten Urteils des BFH seien derartige Dienstleistungen in die Bemessungsgrundlage für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht einzubeziehen, unabhängig davon, wer diese Einzelleistungen erbringe und verkaufe, sofern sie nicht aufgrund einer Verpflichtung in die Veräußerung eines bebauten Grundstücks einflössen.

Im Übrigen handele es sich nicht um einen normalen Kaufvertrag, sondern um das unentgeltliche Schieben eines Grundstücks von der ABG L... in die ABG L... I. Als Gegenleistung könne deshalb nur der Wert der Gesellschaftsrechte oder der Wert des Grundstücks im Zeitpunkt der Einbringung zur Debatte stehen. Nach dem zitierten BFH-Urteil komme es darauf an, in welchem tatsächlichen Zustand das Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorganges sei. Planungsarbeiten zur Baureifmachung gehörten nicht zur Bemessungsgrundlage. Schließlich sei ein höherer Wert erst durch die planerische Gestaltung in der Zeit vom 21.01.1993 bis 27.09.1993 nach und nach eingetreten.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von dem Grunderwerbsteuerbescheid vom 19.12.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.08.2004 die Grunderwerbsteuer auf 70.555,- EUR festzusetzen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er meint, maßgeblich sei der vertraglich vereinbarte Wert der Gegenleistung. Die ertragsteuerliche Beurteilung sei hier ohne Bedeutung. Der Wert der Gegenleistung bestehe im Falle der Einbringung eines Grundstücks in eine andere Gesellschaft in der quotalen Teilhabe des Einbringenden am Gesamthandsvermögen. Zur Gegenleistung gehöre somit alles, was der Erwerber zu erbringen verpflichtet sei. Im Streitfall sei er laut § 3 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages verpflichtet, den Einbringenden einen Anteil am Gesamthandsvermögen von 14.400.000,- DM zu verschaffen, was später durch Änderung der Grundstücksgröße auf 15.300.000,- DM erhöht worden sei. Den Wert der eingeräumten Gesellschaftsrechte hätten die Beteiligten der Höhe nach eindeutig beziffert, nämlich mit 14.400.000,- DM laut § 3 Abs. 2 des Vertrages bzw. nach Änderung der Grundstücksgröße mit 15.300.000,- DM. Zwar könne es sein, dass die einbringenden Gesellschafter nicht bereits am Tage der Einbringung Gesellschaftsrechte im Wert von 14.400.000,- DM erhalten hätten. Darauf komme es aber nicht an, denn Gegenleistung sei das Vereinbarte und nicht das im Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes oder zu einem anderen Stichtag bereits Erbrachte. Als weiteres Kriterium für die Bewertung der Gesellschaftsrechte biete sich die nur kurze Zeit später erfolgte Weiterveräußerung derselben Gesellschaftsanteile gegen Zahlung von insgesamt 13.690.000,- DM an, während bei den beiden Gründungsgesellschaftern noch Anteile im Wert von 1.510.000,- DM verblieben seien.

Daraus folge, dass den Gesellschaftern, die das Grundstück eingebracht hätten, tatsächlich Gesellschaftsanteile mit dem ungefähren Wert übereignet worden seien, der im Gesellschaftsvertrag angegeben sei. Schließlich treffe das von der Klägerin zitierte BFH Urteil auf den Streitfall nicht zu, weil dort zu klären gewesen sei, ob sich der Gegenstand des Erwerbsvorganges aus zwei Verträgen ergebe. Gegenstand der Entscheidung sei nicht die Bestimmung des Wertes von Gesellschaftsrechten als Bemessungsgrundlage gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und zum Teil begründet, im Übrigen unbegründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung ist nur insoweit rechtswidrig und verletzt die Rechte der Klägerin, als er eine Bemessungsgrundlage von 15.321.283,- DM anstatt richtig von 14.400.000,- DM zugrunde legt.

Maßgeblich ist hier der im Vertrag vom 21.01.1993 vereinbarte Wert der Gesellschaftsrechte für die Gesellschafter B... und A... Dabei handelt es sich - wie aus § 3 Abs. 2 der Vereinbarung folgt - um einen Betrag von 14.400.000,- DM, der die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer darstellt. Dass bereits am 21.01.1993 eine berichtigte Aufteilung mit einer Einbringung von 51.071 qm nach dem Vorbringen in der Klageschrift erfolgt sei, ist nicht der Fall. Vielmehr ergibt sich aus den Verträgen vom 27.09.1993 zu den Urkundenrollennummern 6739/93 K und 6734/93 K, dass 51.071 qm der ABG L... I zugeteilt wurden, so dass sich die Einbringung laut Vertrag vom 21.01.1993 nur auf eine Fläche von 48.000 qm bezog. Die nachträgliche Erhöhung des Umfangs der eingebrachten Fläche wirkt nicht auf den früheren Erwerbsvorgang zurück, so dass ein den Gesamtvorgang umfassender Änderungsbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ausscheidet. § 165 AO greift insoweit nicht, weil sich die dort vorausgesetzte Ungewissheit darauf beziehen muss, ob in der Vergangenheit der zur Steuerpflicht führende Tatbestand erfüllt ist. Die zusätzliche Leistung muss deshalb durch einen zusätzlichen, neben dem für den ursprünglichen Erwerbsvorgang ergangenen Steuerbescheid erfasst werden (vergleiche z.B. Pahlke/Franz, Kommentar zum GrEStG, 3. Auflage, § 9 Textziffer - Tz. - 211). Dies bedeutet im Streitfall, dass die sich aus dem Vertrag vom 21.01.1993 ergebende Bemessungsgrundlage von 14.400.000,- DM entscheidend ist mit der Folge, dass die Grunderwerbsteuer unter Berücksichtigung der gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 GrEStG steuerbefreiten Anteile der Gesellschafter B... und A... in Höhe von zusammen 9,934% abgerundet (siehe § 11 Abs. 2 GrEStG) 261.100,- DM beträgt (2% aus 90,66% von 14.400.000,- DM).

Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte einen Wert der Gesellschaftsrechte von 14.400.000,- DM angenommen.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass die streitige Einbringung ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG darstellt. Die Verpflichtung, Vermögensgegenstände wie Grundstücke auf eine Gesellschaft zu übertragen, welcher der Einbringende angehört - oder angehören wird, kann bereits bei der Vereinbarung einer Personengesellschaft eingegangen werden (vergleiche zu alledem z.B. Boruttau, Grunderwerbsteuer, 15. Auflage, § 1 Tz. 375, 377).

Allerdings verlangt die Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage die Feststellung, in welchem Zustand das Grundstück erworben werden soll. Als solcher kommt sowohl der Zustand des Grundstücks im Zeitpunkt des Vertragsschlusses als auch ein künftiger Zustand, in den das Grundstück erst zu versetzen ist, in Betracht. Ein Rückgriff auf die zum so genannten einheitlichen Erwerbsgegenstand entwickelten Grundsätze erübrigt sich aber dann, wenn bereits unmittelbar aus dem die Grunderwerbsteuer auslösenden Rechtsvorgang selbst die Ausrichtung der beiderseitigen Vertragspflichten auf einen künftigen Grundstückszustand folgt (vergleiche Pahlke/Franz am angegebenen Ort - a. a. O. § 9 Tz. 4). Maßgeblich ist der Zustand des Grundstücks, der aus den Vereinbarungen der Vertragspartner oder dem von ihnen gewollten wirtschaftlichen Ergebnis resultiert.

Anders liegt es nur dann, wenn ausdrückliche Vereinbarungen der Vertragspartner über die Maßgeblichkeit eines künftigen Grundstückszustandes fehlen und sich entsprechende Hinweise auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen objektiv engen sachlichen Zusammenhangs ergeben (vergleiche Pahlke/Franz a.a.O. Tz. 5).

Im Streitfall ist ausschlaggebend, dass sich die Gesellschafter B... und A... ausdrücklich gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin verpflichtet haben, den von ihnen gemeinsam angeschafften Grundbesitz in überplantem Zustand in die ABG L... I einzubringen.

Folgerichtig ist ein Annahmewert von 300,- DM pro qm für die betreffende Aufbaugesellschaft vereinbart worden. Von einer widersprüchlichen Regelung im Gesellschaftsvertrag kann nicht die Rede sein. Die genannten Gesellschafter haben sich verpflichtet, im Rahmen der ABG L... I die verabredete "Überplanung" zu erbringen. Dazu waren auch nur sie als natürliche Personen in der Lage. In diesem Zusammenhang ist - wie auch die Klägerin anderweitig zutreffend hervorhebt - darauf abzustellen, dass die betreffende Gesellschaft eine Gesamthand, eine Personengruppe, darstellt und dass die Gesamthänder die Eigentümer des Vermögens der Personengesellschaft sind. Folglich kommt es unter Berücksichtigung des § 3 Abs. 2 der Vereinbarung vom 21.01.1993 allein darauf an, zu welcher Einlage sich die beiden Gesellschafter verpflichtet hatten. Unerheblich ist, dass die ABG L... die in § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 21.01.1993 vorgesehene "Überplanung" von vornherein nicht erbringen konnte. Ohne Bedeutung ist ferner, dass die Gesellschafter B... und A... die Planungsleistungen im Rahmen der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorgenommen haben. Maßgeblich für den Wert der Gesellschaftsrechte an der ABG L... I ist die Einlageverpflichtung der Gesellschafter, die gerade auch den zukünftigen Zustand des Grundstückskomplexes erfasste. Der in § 3 Abs. 2 der streitigen Vereinbarung vereinbarte "Annahmewert" ist ausschlaggebend für die "zum Teil künftige" Bewertung der Einlagen der beiden Gesellschafter. Selbstverständlich hatten diese Gesellschafter ein erhebliches Interesse an einem hohen Einlagewert, damit überhaupt neben dem ursprünglichen Kaufpreis auch die Planungskosten bezahlt werden konnten. Dies war nur dadurch möglich, dass weitere Gesellschafter mit Einlagebeiträgen von insgesamt 13.690.000,- DM der ABG L... I beitraten. Bei der im Vertrag genannten Summe von 14.400.000,- DM handelt es sich nicht um eine irreale Größe, sondern um einen für die Zukunft als realistisch angesehenen und auch notwendigen Wert der Gesellschaftsrechte, die überwiegend nach und nach von den Gesamthändern B... und A... auf die neu eintretenden Gesellschafter übertragen werden sollten. Gegenstand der Einbringung ist nach alledem der betreffende Grundstückskomplex in überplantem Zustand mit einem Wert von 14.400.000,- DM.

Maßgeblich ist hier zudem, dass ein Bebauungsplan noch nicht vorhanden war. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zu Baugrundstücken und der Notwendigkeit einer Veränderung des körperlichen Zustands des Grundstücks gezogene Parallele trifft den Streitfall nicht. Entscheidend ist, dass nicht lediglich Baupläne für ein bebaubares Grundstück mitgeliefert werden sollten, sondern dass die planerische Umgestaltung des Ackerlandes in Bauland Gegenstand der Vereinbarung und damit des Erwerbsvorganges war. Die Planung, zu der sich die Gründungsgesellschafter verpflichtet hatten, sollte gerade dazu dienen, das Grundstück in den tatsächlichen Zustand zu versetzen, in dem es von den Vertragspartnern zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht worden ist (vgl. auch Boruttau a.a.O. § 9 Tz. 110). Die Klägerin verkennt, dass wie z.B. die Erschließung auch die Umwandlung von Ackerland in Bauland ein künftiger Grundstückszustand sein kann (vgl. Pahlke/Franz a.a.O. § 9 Tz. 9). Dieser Zustand ist Inhalt der Regelung des § 3 Abs. 2 des Vertrages vom 21.01.1993 und damit Gegenstand des Erwerbsvorganges.

Eine Aufspaltung der für den Wert der Gesellschaftsrechte maßgeblichen Einlageverpflichtung in die Einbringung des Ackerlandes und die Erbringung von Dienstleistungen ("Überplanung") ist unter diesen Umständen nicht möglich; sie wurde den inneren Zusammenhang der Einlageverpflichtung willkürlich zerstören.

Nach alledem ist eine Korrektur dieses Wertes jedenfalls in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht nicht geboten. Auch geht es hier nicht um die Frage der Anwendung der Rechtsgrundsätze zum einheitlichen Erwerbsgegenstand. Das Urteil des BFH vom 27.10.2004 a.a. O. führt zu keiner anderen Beurteilung, weil hier gerade die einbringenden Gesellschafter zur Einbringung des Grundstücks in überplantem Zustand verpflichtet waren. Auf den Zeitpunkt der Realisierung der Planung kommt es im Grunderwerbsteuerrecht nicht an.

Schließlich verkennt die Klägerin, dass die einbringenden Gesellschafter - wenn man eine Parallele zu einem Grundstückserwerber mit Bauabsicht ziehen will - gewissermaßen als Verkäufer anzusehen, die sich zu einer Übertragung des Grundstückskomplexes in überplantem Zustand verpflichtet hatten und aufgrund dessen auch einen Wert der Gesellschaftsrechte von 14.400.000,- DM erhalten sollten, wie sich aus dem vereinbarten Annahmewert ergibt.

Soweit sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf berufen hat, dass der Kaufpreis für das Grundstück noch nicht bezahlt gewesen sei und dass in der Eröffnungsbilanz der AGB L... I erhebliche Darlehensschulden ausgewiesen seien, dringt sie damit nicht durch. Die Schulden waren nicht Gegenstand des Erwerbsvorganges; sie haben den von den Vertragschließenden vereinbarten Wert der Gesellschaftsrechte nicht beeinflusst.

Allein eine nachträgliche Reduzierung des vereinbarten Wertes könnte nach § 16 Abs. 3 EStG von Bedeutung sein.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 151 Finanzgerichtsordnung - FGO -, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Einbringung ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG darstellt, bei dem für die Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage in jedem Fall entscheidend ist, in welchem Zustand das Grundstück erworben werden soll. Insoweit bedarf es keiner grundsätzlichen Klärung.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war wegen der nicht einfachen Sach- und Rechtslage notwendig (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO).



Ende der Entscheidung

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