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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Bremen
Urteil verkündet am 16.04.2008
Aktenzeichen: 3 K 33/07 (5)
Rechtsgebiete: GrStG, BewG


Vorschriften:

GrStG § 3 Abs. 1 Nr. 1
GrStG § 3 Abs. 1 Nr. 7
GrStG § 7
BewG § 92 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Bremen

3 K 33/07 (5)

Einheitsbewertung und Grundsteuermessbetrag

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Bremen - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 16. April 2008

durch

...

Für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Befreiung von der Grundsteuer nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG für ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück.

Die Klägerin, eine GmbH, wurde zum 1. Januar 1999 A-GmbH gegründet und am 1. Juli 2000 umfirmiert.

Die Stadtgemeinde B. (Stadtgemeinde) schloss mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin am 21. Dezember 1998 einen "Vertrag über die Durchführung von Aufgaben der Abwasserbeseitigung" (Leistungsvertrag Abwasser I). Die Klägerin ist gemäß § 2 des Vertrages verpflichtet, "im Entwässerungsgebiet alle anfallenden Aufgaben der Abwasserbeseitigung wahrzunehmen, soweit diese Pflicht nicht gemäß § 133 Abs. 4 bis 6 BremWG anderen obliegt oder übertragen ist oder wird." Die Stadtgemeinde räumte der Klägerin durch einen Einbringungs- und Erbbaurechtsvertrag Erbbaurechte zum 1. Januar 1999 für 30 Jahre an den bislang für die Abwasserentsorgung genutzten Grundstücken ein. Zu diesen Grundstücken gehört das Grundstück B-Straße. Das Grundstück war bis zum 31.12.1998 von dem Eigenbetrieb B der Stadtgemeinde B (Eigenbetrieb)" für Zwecke der Abwasserentsorgung genutzt worden.

Der Beklagte erließ am 2. Februar 2005 gegenüber der Klägerin einen Einheitswertbescheid (Nachfeststellung auf den 01.01.1999) für das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück (Bl. 6 GA). Für das erbbaurechtsbelastete Grundstück wurde der Einheitswert mit EUR .. festgestellt. Zur Ermittlung wurde mitgeteilt, dass der Gesamtwert des Grundstücks DM .. betrage. Davon entfielen auf das Erbbaurecht EUR .. und auf das belastete Grundstück EUR ... Ferner erging gegenüber der Klägerin am selben Tage ein Grundsteuermessbescheid (Nachveranlagung auf den 01.01.1999). Für die wirtschaftlichen Einheiten Erbbaurecht und belastetes Grundstück wurde ein gemeinsamer Steuermessbetrag in Höhe von EUR .. festgesetzt (Bl. 8 GA).

Weiterhin ergingen ein Einheitswertbescheid (Nachfeststellung auf den 01.01.1999), mit dem der Einheitswert für das Erbbaurecht mit EUR .. festgestellt wurde, und Grundsteuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2005, die nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind.

Die Klägerin legte am 18. Februar 2005 Einsprüche gegen den Einheitswertbescheid (Nachfeststellung auf den 01.01.1999) für das mit einem Erbbaurecht belastete Grundstück und den Grundsteuermessbescheid (Nachveranlagung auf den 01.01.1999), beide vom 2. Februar 2005, ein. Am 29. September 2005 begründete sie ihren Einspruch damit, dass die Stadtgemeinde das Grundstück für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch nutze, so dass die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG eintrete.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 2007 wurden die Einsprüche der Klägerin vom 17. Februar 2005 zurückgewiesen. Das belastete Grundstück sei nicht nach § 3 Abs. 1 GrStG von der Grundsteuer befreit. Da der Klägerin ein Erbbaurecht eingeräumt worden sei, werde das Grundstück nicht vom Eigenbetrieb selbst benutzt. Insoweit werde auf die Rechtsprechung zu der nahezu mit der Vorschrift des § 3 Abs. 1 GrStG identischen Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 6 GrStG verwiesen (Hinweise auf BFH-Urteil vom 28. Februar 1996 II R 26/94, BFH/NV 1996, 790 und BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 II R 64/00, BFHE 201, 315, BStBl. II 2003, 485). Der Grundbesitz müsse ausschließlich demjenigen, der ihn benutze, zuzurechnen sein.

Am 12. April hat die Klägerin ihre Klage erhoben.

Sie trägt vor, dass Einheitswertbescheid und Grundsteuermessbescheid gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 19 Abs. 4 BewG nebeneinander angefochten werden könnten (Hinweise auf BFH-Urteil vom 24. Juli 1985 II R 227/82, BFHE 144, 201, BStBl. II 1986, 128; BFH-Urteil vom 13. November 1985 II R 237/82, BFHE 145, 235, BStBl. II 1986, 191; BFH-Urteil v. 15.3.2001 II R 38/99, BFH/NV 2001, 1449). Die Klägerin sei hinsichtlich der Einheitswertfeststellung des belasteten Grundstücks beschwert, obwohl das Grundstück nicht ihr, sondern der Stadt B zugerechnet worden sei. Denn gemäß § 10 Abs. 2 GrStG sei die Klägerin als Erbbauberechtigte Schuldnerin auch der auf das belastete Grundstück entfallenden Grundsteuer.

Das Grundstück sei von der Grundsteuer befreit. Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG sei Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt werde, von der Grundsteuer befreit.

Die Stadtgemeinde nutze das belastete Grundstück unmittelbar für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch. Sie nutze das Grundstück zur Abwasserbeseitigung. Diese Aufgabe sei nach den Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) und des Bremischen Wassergesetzes (BremWG) ausschließlich den Gemeinden als Hoheitsträgern zugewiesen. Die Übertragung dieser Aufgabe auf private Dritte sei in Bremen nicht möglich. Es sei gemäß § 133 Abs. 7 BremWG lediglich möglich, Dritte als Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB zu Hilfe zu nehmen. Der Hoheitsträger werde dadurch im Außenverhältnis nicht von seiner Verpflichtung befreit (Hinweis auf Kotulla, Kommentar zum WHG, § 18a Rn. 27f.). Dies werde durch die Regelungen in § 1 Satz 1 des Leistungsvertrages "Abwasser I" bestätigt.

Für die Frage der Nutzung sei zwischen der Nutzung des belasteten Grundstücks und der Nutzung des Erbbaurechts zu unterscheiden. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 BewG sei für jede dieser wirtschaftlichen Einheiten jeweils ein Einheitswert festzustellen. Die Klägerin nutze ausschließlich die wirtschaftliche Einheit Erbbaurecht, während die im Streit stehende wirtschaftliche Einheit "belastetes Grundstück" ausschließlich von der Stadtgemeinde zur Erfüllung ihrer hoheitlichen Tätigkeit genutzt werde.

Ursprünglich sei das Grundstück vom Eigenbetrieb zur Abwasserbeseitigung genutzt worden. Hieran habe sich durch die "Gewährung des Erbbaurechts" nichts geändert. Ein Erbbaurecht beschränke sich gemäß § 1 Abs. 1 ErbbauVO darauf, "auf oder unter der Oberfläche des Grundstücks ein Bauwerk zu haben. Die Klägerin nutze lediglich die auf dem Grundstück befindlichen Bauwerke. Die Stadtgemeinde nutze weiterhin das belastete Grundstück zur Erfüllung der ihr obliegenden Pflicht der Abwasserbeseitigung. Zur Sicherstellung dieses Zwecks sei in § 3 Nr. 3 des Erbbaurechtsvertrages ausdrücklich geregelt worden, dass nur eine Nutzung zur Abwasserbeseitigung erfolgen dürfe. Die Nutzung durch die Stadtgemeinde erfolge in der Weise, dass sie der Klägerin "ein Erbbaurecht gewähre".

Die BFH-Rechtsprechung zu § 4 Nr. 6 GrStG sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Nach § 4 Nr. 6 Satz 2 GrStG müsse der Grundbesitz ausschließlich demjenigen, der ihn benutze, oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zuzurechnen sein. Die Grundsteuerbefreiung sei wegen fehlender Rechtsträgeridentität abgelehnt worden (Hinweis auf BFH-Urteil vom 28. Februar 1996 II R 26/94, BFH/NV 1996, 790; BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 II R 64/00, BFHE 201, 315; BStBl. II 2003, 485).

§ 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG stehe der Steuerbefreiung nicht entgegen. Denn die wirtschaftliche Einheit "belastetes Grundstück" sei ausschließlich der Stadtgemeinde als Eigentümerin zuzurechnen.

Der Grundsteuerbefreiung stehe auch die Vorschrift des § 7 GrStG nicht entgegen. Diese betreffe nur die Frage des Vorliegens einer Nutzung des Grundstücks in zeitlicher Hinsicht.

Im Falle einer abweisenden Entscheidung des Gerichts sei die Revision zuzulassen, da die Frage, ob die Voraussetzungen einer Grundsteuerbefreiung bei Gewährung eines Erbbaurechts durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts an einen privaten Rechtsträger vorlägen, noch nicht abschließend geklärt sei.

Die Klägerin beantragt,

1. den Einheitswertbescheid vom 2. Februar 2005 für die wirtschaftliche Einheit erbbaurechtsbelastetes Grundstück in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. März 2007 aufzuheben,

2. den Grundsteuermessbescheid vom 02. Februar 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. März 2007 insoweit abzuändern, dass für den Grundsteuermessbetrag der auf das mit dem Erbbaurecht belastete Geschäftsgrundstück entfallene Einheitswert nicht berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Die Steuerakten (2 Bd. Einheitswertakten, 1 Bd. Sonderakten Rechtsbehelfsakten) haben vorgelegen. Ihr Inhalt ist, wie der der Gerichtsakten, Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen, soweit die Entscheidung darauf beruht. Insoweit wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt ohne Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Die Klägerin konnte ihre Rechtsansicht, das Grundstück sei von der Grundsteuer befreit, durch Anfechtung beider Verwaltungsakte (des Einheitswertbescheids und des Grundsteuermessbescheids) geltend machen (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 1985 II R 237/82, BFHE 145, 235, BStBl. II 1986, 191).

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Einheitswertbescheid für das belastete Grundstück und der Grundsteuermessbescheid, beide vom 2. Februar 2005, sind rechtmäßig.

Das Grundstück ist nicht gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG von der Grundsteuer befreit.

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG ist Grundbesitz, der von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch benutzt wird, von der Grundsteuer befreit.

Das belastete Grundstück ist Grundbesitz im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG. Gemäß § 2 GrStG ist Steuergegenstand der Grundbesitz im Sinne des Bewertungsgesetzes (BewG). Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 BewG ist dann, wenn ein Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet ist, sowohl für die wirtschaftliche Einheit des Erbbaurechts als auch für die wirtschaftliche Einheit des belasteten Grundstücks ein Einheitswert festzusetzen.

Das belastete Grundstück befindet sich im Eigentum der Stadtgemeinde. Es ist ihr ausschließlich im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 GrStG zuzurechnen. Die Stadtgemeinde ist als inländische juristische Person des öffentlichen Rechts ein durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begünstigter Rechtsträger.

Es fehlt jedoch an der gemäß § 7 Satz 1 GrStG erforderlich unmittelbaren Benutzung (vgl. BFH-Urteil vom 25. April 2007 II R 14/06, BFH/NV 2007, 1924; Troll, Grundsteuergesetz, 9. Aufl., § 3 Rn. 14) des Grundstücks durch die Stadtgemeinde.

Anders als die Klägerin meint, liegt in der "Gewährung eines Erbbaurechts" an die Klägerin keine unmittelbare Benutzung des Grundstücks durch die Stadtgemeinde.

a) Die "Gewährung eines Erbbaurechts" kann schon deshalb keine Benutzung eines Grundstücks darstellen, weil es sich bei der Bestellung eines Erbbaurechts um einen punktuellen, einmaligen Vorgang handelt.

Die Benutzung eines Grundstücks im Sinne von §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 7 GrStG ist durch ein Element der Dauer geprägt. Ein Grundstück wird nur dann benutzt, wenn es mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu einem bestimmten Zweck verwendet wird (vgl. Troll, Grundsteuergesetz, 9. Aufl. 2006, § 7 GrStG Rn. 4).

Die Bestellung eines Erbbaurechts erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Denn der Erbbaurechtsvertrag begründet kein Dauerschuldverhältnis, sondern ist als Rechtskauf einzuordnen. Der Vertrag wird vom Grundstückseigentümer mit dem Bewirken der geschuldeten Leistung, der Bestellung des Erbbaurechts und der Einräumung des Besitzes an den Erbbauberechtigten, vollständig erfüllt. Das Nutzungsrecht des Erbbauberechtigten und die korrespondierende Duldungspflicht des Grundstückseigentümers folgen nicht aus dem schuldrechtlichen Vertrag, sondern aus dem vom Berechtigten erworbenen dinglichen Recht. Der Erbbauberechtigte hat gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 ErbbauVO (seit dem 30. November 2007 inhaltlich unverändert gültig als Erbbaurechtsgesetz - ErbbauRG, Art. 25 des Gesetzes vom 23. November 2007, BGBl. I 2614) den Erbbauzins für die Bestellung des Erbbaurechts und nicht als Entgelt für die dauernde Duldung der Grundstücksnutzung zu entrichten (vgl. BGH-Urteil vom 20. Mai 2005 IX ZR 145/04, NJW-RR 2006, 188).

b) Die "Gewährung eines Erbbaurechts" kann keine Benutzung der wirtschaftlichen Einheit "belastetes Grundstück" durch den Eigentümer im Sinne von § 7 GrStG darstellen. Denn die wirtschaftliche Einheit "belastetes Grundstück" ist erst durch die Bestellung des Erbbaurechts in Erfüllung des Erbbaurechtsvertrages zwischen der Klägerin und der Stadtgemeinde entstanden. Im Zeitpunkt der Entstehung des für dieses Verfahren maßgeblichen Steuergegenstandes "belastetes Grundstück" war der Vorgang der "Gewährung des Erbbaurechts", der als Benutzung von der Klägerin geltend gemacht wird, bereits abgeschlossen.

c) Mit der "Gewährung eines Erbbaurechts" erfolgt keine tatsächliche Benutzung des belasteten Grundstücks.

Eine unmittelbare Benutzung im Sinne von § 7 Satz 1 GrStG durch einen nach dieser Vorschrift begünstigten Rechtsträger liegt nur vor, wenn sie tatsächlich geschieht (vgl. Troll, Grundsteuergesetz, 9. Aufl. 2006, § 7 Rn. 2). Sie ist nicht gegeben, wenn einem Dritten die tatsächliche Benutzung eines Grundstücks durch Rechtsgeschäfte, die ihm die Verfügungsmöglichkeit über das Grundstück verschaffen, ermöglicht wird. Grundbesitz, der vom Eigentümer vermietet oder verpachtet wird, wird von diesem regelmäßig nicht für eigene steuerbegünstigte Zwecke genutzt (vgl. Halaczinsky, Grundsteuer-Kommentar, 2. Aufl. 1995, § 7 Rn. 5). Dies hat der BFH für die insoweit mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrStG übereinstimmende Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 6 GrStG entschieden (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1996 II R 26/94, BFH/NV 1996, 790; BFH-Urteil vom 26. Februar 2003 II R 64/00, BFHE 201, 315; BStBl. II 2003, 485; BFH-Urteil vom 25. April 2007 II R 14/06, BFH/NV 2007, 1924). Die Vermietung oder Verpachtung des Grundbesitzes an einen Dritten zur Nutzung für einen steuerbegünstigten Zweck als unmittelbare Benutzung im Sinne von § 7 GrStG wurde in den zitierten Entscheidungen noch nicht einmal erwogen.

Durch die Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück werden die Nutzungsrechte des Eigentümers in noch stärkerem Ausmaß als bei einer Vermietung oder Verpachtung eingeschränkt. Durch den Abschluss eines Miet- oder Pachtvertrages über ein Grundstück räumt der Vermieter oder Verpächter dem Mieter oder Pächter ein obligatorisches Besitz- und Nutzungsrecht ein, das eine Benutzung des Grundstücks durch den Vermieter oder Verpächter während der Laufzeit des Grundstücks ausschließt. Durch die Bestellung des Erbbaurechts werden dem Erbbauberechtigten alle Nutzungsrechte im Sinne der tatsächlichen Einwirkungsmöglichkeiten übertragen, so dass dem Eigentümer lediglich rechtliche Befugnisse verbleiben (vgl. Oefele, Münchener Kommentar zum BGB, 4. Aufl. 2004, § 1 ErbauVO, Rn. 24). In dem Umfang, in dem das Erbbaurecht bestellt wird, stehen dem Erbbauberechtigten alle dem Eigentümer zustehenden Befugnisse zu. Dem Grundstückseigentümer verbleiben nur die wirtschaftliche Nutzung des Grundstücks durch die vereinbarten Gegenleistungen (i.d.R. der Erbbauzins) und das Recht zur Veräußerung und Belastung des Grundstücks.

Dass ein Grundstück für die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Satz 1 GrStG tatsächlich benutzt werden muss, folgt auch aus dem zweiten Satz des § 7 Satz 2 GrStG. Dieser setzt voraus, dass eine unmittelbare Benutzung des Grundstücks nur tatsächlich erfolgen kann. Nach § 7 Satz 2 GrStG liegt eine unmittelbare Nutzung dann vor, "wenn der Steuergegenstand für den steuerbegünstigten Zweck hergerichtet wird." Die Herrichtung beginnt, wenn mit zielgerichteten Bauarbeiten eines Bauunternehmers auf einem Grundstück begonnen wird. Beispiele für solche Arbeiten sind die Einrichtung der Baustelle, das Abräumen von Einfriedungen und Hindernissen oder die Rodung des Bewuchses (BFH-Urteil vom 13. November 1985 II R 237/82, BFHE 145, 235, BStBl II 1986, 191). Die durch § 7 Satz 2 GrStG bewirkte Vorverlagerung des Zeitpunktes des Beginns der begünstigten Benutzung auf die Herrichtung als den frühestmöglichen Zeitpunkt der unmittelbaren Nutzung (vgl. Halaczinsky, Grundsteuer-Kommentar, 2. Aufl. 1995, § 7 Rn. 2) ist nur verständlich vor dem Hintergrund, dass eine unmittelbare Benutzung im Sinne von § 7 Satz 1 GrStG eine tatsächliche Nutzung des Grundstücks erfordert.

Soweit der BFH entschieden hat, dass die Überlassung von Grundbesitz durch die Bundesrepublik Deutschland an einen ausländischen Staat im Rahmen ihrer diplomatischen Beziehungen zur Errichtung eines Botschaftsgebäudes eine unmittelbare Benutzung des Grundstücks für einen eigenen öffentlichen Dienst oder Gebrauch darstellt (BFH-Urteil vom 4. Oktober 1989 II R 49/87, BFHE 159, 205, BStBl. II 1990, 189), führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn die Nutzungsüberlassung beruhte nicht auf einer privatrechtlichen Grundlage, sondern auf der völkerrechtlichen Vereinbarung mit dem ausländischen Staat, deren Abschluss selbst eine hoheitliche Tätigkeit darstellt (vgl. auch Troll, Grundsteuergesetz, 9. Aufl. 2006, § 3 Rn. 20).

d) Selbst wenn eine unmittelbare Benutzung des belasteten Grundstücks im Sinne von § 7 GrStG durch die Stadtgemeinde zu bejahen sein sollte, handelte es sich nicht um eine solche für einen öffentlichen Dienst oder Gebrauch. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 GrStG ist öffentlicher Dienst oder Gebrauch im Sinne des GrStG "die hoheitliche Tätigkeit oder der bestimmungsgemäße Gebrauch durch die Allgemeinheit". Der Begriff der hoheitlichen Tätigkeit kann unter Rückgriff auf § 4 Abs. 5 KStG ausgefüllt werden. (Troll, Grundsteuergesetz, 9. Aufl. 2006, § 3 Rn. 15). Die Überlassung eines Grundstücks auf privatrechtlicher Grundlage an einen Privaten stellt keine Benutzung für den öffentlichen Dienst oder Gebrauch dar (vgl. FG München, Urteil vom 28. Juni 2000 4 K 54/97).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassen. Zu der entscheidungserheblichen Rechtsfrage liegt bislang keine finanzgerichtliche Rechtsprechung vor.

Ende der Entscheidung

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