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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 15.12.2006
Aktenzeichen: 1 K 1824/05 Ki
Rechtsgebiete: EStG, KiStG, AO 1977


Vorschriften:

EStG § 3 Nr. 40
EStG § 51a Abs. 2 S. 2
EStG § 51a Abs. 5
KiStG § 4 Abs. 2 S. 1
KiStG § 7 Abs. 2
KiStG § 14 Abs. 1 S. 1
KiStG § 14 Abs. 6
AO 1977 § 118
AO 1977 § 157 Abs. 1
AO 1977 § 351 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

1 K 1824/05 Ki

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Kirchensteuer in glaubensverschiedener Ehe.

Die Klägerin ist Mitglied der römischkatholischen Kirche; ihr Ehemann gehört keiner Kirche an.

Die Eheleute wurden für das Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt; beide erzielten u.a. Einnahmen aus Kapitalvermögen, die dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen (vgl. § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes -EStG-); die "Halbeinkünfte" jedes Ehegatten betrugen 12.500 EUR. Auf der Grundlage eines zu versteuernden Einkommens der Eheleute von 201.693 EUR (darin enthalten Einkünfte der Klägerin von 82.072 EUR und ihres Ehemanns von 125.471 EUR) setzte der Beklagte mit Bescheid vom 1. Februar 2005 gegenüber der Klägerin Kirchensteuer in Höhe von 3.141,18 EUR fest. Die Berechnung der Kirchensteuer lautete wie folgt:

 zu versteuerndes Einkommen201.693 
steuerfreie Halbeinkünfte des Ehemanns12.500 
steuerfreie Halbeinkünfte der Ehefrau12.500 
maßgebendes zu versteuerndes Einkommen226.693 
darauf entfallende ESt 90.200
Bemessungsgrundlage 90.200
auf die Ehefrau entfallen 34.902
davon 9 v.H. r.k. Kirchensteuer 3.141,18

Den auf die Ehefrau entfallenden Anteil der Bemessungsgrundlage (34.902 EUR) hatte der Beklagte wie folgt ermittelt:

 EinkünfteSteuer lt. Grundtabelle
Ehemann  
- lt. Bescheid125.471 
- steuerfreie Halbeinkünfte+ 12.500  
Summe137.97057.043
Ehefrau  
- lt. Bescheid82.072 
- steuerfreie Halbeinkünfte+ 12.500  
Summe94.590+ 36.004
Steuer gesamt 93.047

Anteil der Klägerin: 36.004/93.047 (38,96 %) x 90.200 EUR = 34.902 EUR.

Die dem Bescheid beigefügte programmgesteuerte Rechtsbehelfsbelehrung lautet auszugsweise wie folgt: "Gegen die Festsetzung der Kirchensteuer ist ebenfalls der Einspruch gegeben. Der Einspruch ist bei dem vorbezeichneten Finanzamt einzureichen, wenn er sich gegen die Höhe der der Festsetzung zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage richtet. Ein Einspruch gegen die Festsetzung der Kirchensteuer, der sich auf Gründe stützt, die nicht mit der Berechnung der zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage zusammenhängen, ist insoweit bei der zuständigen evangelischen Kirchengemeinde einzureichen."

Die Klägerin und ihr Ehemann legten gegen den Bescheid 2003 über Einkommensteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag Einspruch ein und machten geltend, der Beklagte habe bei Berechnung der Kirchensteuer die auf die Klägerin entfallende Bemessungsgrundlage unzutreffend festgelegt. Maßgebend sei die sich anteilig lt. Grundtabelle ergebende Steuer allein für die steuerpflichtigen Einkünfte (hier Ehemann 125.471 EUR und Klägerin 82.072 EUR); bei dieser Verhältnisrechnung seien die steuerfreien Halbeinkünfte nicht einzubeziehen. Danach betrage der Anteil der Klägerin an der festgesetzten Einkommensteuer nur 29.928/80.912 (36,99 %) x 90.200 EUR = 33.363 EUR, so dass die Kirchensteuer lediglich 3.002,67 EUR betrage.

Der Beklagte legte den Rechtsbehelf als Einspruch allein der Klägerin aus, weil nur sie von der Kirchensteuerfestsetzung betroffen sei, und wies ihn mit Entscheidung vom 8. April 2005 als unbegründet zurück. Nach § 14 Abs. 6 des Kirchensteuergesetzes NW -KiStG - sei er selbst, nicht die Kirchenverwaltung, sachlich zuständig, weil es hier um "Einwendungen gegen die Maßstabsteuer als Folgewirkung differenter Auslegungen des KiStG" gehe. Die Kirchensteuer der Klägerin sei zutreffend berechnet. Zunächst sei nach § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG das zu versteuernde Einkommen um die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfreien Halbeinkünfte zu erhöhen. Sodann sei bei Zusammenveranlagung von in glaubensverschiedener Ehe lebenden Eheleuten der auf das Kirchenmitglied entfallende Anteil der Steuer nach § 7 Abs. 2 KiStG zu ermitteln; diese Berechnung habe unter Hinzurechnung der steuerfreien Halbeinkünfte zu erfolgen.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, die Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach § 51a Abs. 2 Satz 2 EStG durch Erhöhung des zu versteuernden Einkommens um die steuerfreien Halbeinkünfte sei zwar zutreffend. Für die anschließende Aufteilung der Steuer sei dagegen eine Hinzurechnung der steuerfreien Teile nicht vorgesehen. Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 KiStG spreche von dem Verhältnis der "Einkünfte"; diese seien in § 2 EStG definiert als - steuerpflichtiger - Gewinn oder Überschuss.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Kirchensteuerbescheides vom 01. 02. 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08. 04. 2005 die Kirchensteuer auf 3.002,67 EUR festzusetzen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Auf den gerichtlichen Hinweis vom 09. 12. 2005, dass im Hinblick auf § 14 Abs. 1 Satz 1 KiStG zunächst die sachliche Zuständigkeit des Beklagten (anstelle der Kirchenbehörde) zu klären sei, hat dieser ausgeführt, für die Berechnungen im Zusammenhang mit § 51a Abs. 2 EStG sei die Finanzverwaltung zuständig. Die Korrekturen nach § 51a EStG seien Bestandteil des Grundlagenbescheides. Die - nach § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG von der sachlichen Zuständigkeit der Kirchenverwaltung ausgenommeine - Maßstabsteuer sei die fiktive Einkommensteuer, die unter Berücksichtigung von § 51a EStG bestimmt werde. In der Sache nimmt der Beklagte auf sein bisheriges Vorbringen Bezug.

Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Die Klage ist unzulässig.

Gemäß § 44 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- ist in den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, die Klage nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den Einspruch erfolglos geblieben ist. Das - erfolglos gebliebene - Vorverfahren hat grundsätzlich dem gesetzlich vorgeschriebenen Vorverfahren zu entsprechen; es muss das "richtige" Vorverfahren durchgeführt worden sein. Ein von den gesetzlichen Vorgaben abweichendes Vorverfahren reicht jedenfalls dann als Sachentscheidungsvoraussetzung nicht aus, wenn der adäquate, vollständige außergerichtliche Rechtsschutz des Steuerpflichtigen nicht sichergestellt ist (von Groll in Gräber, FGO, 6. A., § 44 Rdn. 23). Vorliegend fehlt es am richtigen Vorverfahren, weil der Beklagte über den bei ihm eingelegten Einspruch entschieden hat, obwohl er weder der richtige Einspruchsgegner noch zuständig zur Einspruchsentscheidung war. Die stattdessen allein zuständige (Kirchen-)Behörde hat indes die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bisher nicht erneut und unter Berücksichtigung des Einspruchsvorbringens der Klägerin umfassend überprüft.

Der beim Beklagten eingelegte Einspruch der Klägerin richtete sich (auch) gegen den Kirchensteuerbescheid. Der Beklagte war nicht der richtige Einspruchsgegner und auch nicht für die Entscheidung über den Einspruch gegen den Kirchensteuerbescheid zuständig; stattdessen war der Rechtsbehelf bei der Kirchenbehörde einzulegen und von ihr auch zu bescheiden.

Die gesetzliche Grundlage für das Rechtsbehelfsverfahren gegen einen Kirchensteuerbescheid befindet sich in § 14 des Kirchensteuergesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen -KiStG-. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KiStG steht dem Steuerpflichtigen gegen die Heranziehung zur Kirchensteuer als außergerichtlicher Rechtsbehelf der Einspruch zu, der bei der Kirchengemeinde einzulegen ist, für die der Steuerbescheid durch das Finanzamt erlassen worden ist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 der Kirchensteuerordnung -KiStO-). Die Kirchengemeinde ist gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 KiStG i.V.m. § 25 Abs. 2 Satz 1 KiStO auch für die Entscheidung über den Einspruch zuständig. Nach dieser Grundregel hätte der Einspruch, um das "richtige" Vorverfahren zu gewährleisten, bei der Kirchenbehörde eingelegt und von dieser auch beschieden werden müssen; die Entscheidung über den von der Klägerin gegen den Kirchensteuerbescheid eingelegten Einspruch fiel nicht in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

Eine von der Grundregel abweichende Zuständigkeit ausnahmsweise der beklagten Finanzbehörde statt der Kirchengemeinde lässt sich insbesondere nicht aus der Vorschrift des § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG herleiten. Diese Regelung bestimmt, dass "Einwendungen gegen die zugrunde gelegte Maßstabsteuer (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 3) unzulässig" sind.

Legt man den dortigen Begriff der "Maßstabsteuer" dahin aus, dass er auch die Berechnung der Bemessungsgrundlage nach § 51a Abs. 2 EStG für Zwecke der Aufteilung nach § 7 Abs. 2 KiStG umfasst, dann könnte § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG dahin verstanden werden, dass "Einwendungen gegen die Berechnung der Bemessungsgrundlage unzulässig" sind. Das würde allerdings bedeuten, dass gegen die Feststellung der Bemessungsgrundlage überhaupt kein Rechtsmittel gegeben wäre. Bei derartiger Auslegung verstieße die Regelung gegen die Rechtsweggarantie nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes -GG-. Die kirchenrechtliche Norm ist allerdings nicht verfassungswidrig, sondern kann im Hinblick auf die verschiedenen in Betracht kommenden Normdeutungen verfassungskonform ausgelegt werden (vgl. Kruse/Druen in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 4 AO Tz. 238). Indes führt auch die verfassungskonforme Auslegung nicht dazu, dass Einwendungen gegen die nach § 51a Abs. 2 EStG berechnete Bemessungsgrundlage für Zwecke der Aufteilung nach § 7 Abs. 2 KiStG bei der Finanzbehörde anzubringen sind. Vielmehr verbleibt es dabei, dass derartige Einwendungen nach der Grundregel des § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KiStG mit dem Einspruch bei der Kirchenbehörde zu verfolgen sind.

Die Bestimmung des § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG ist offensichtlich angelehnt an die Vorschriften des § 351 Abs. 2 AO und des § 51a Abs. 5 EStG.

Nach § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheides, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides, angegriffen werden. Die Regelung bedeutet nicht etwa eine Einschränkung der Rechte des Steuerpflichtigen, sondern dient - bei Wahrung umfassenden Rechtsschutzes - der Klarstellung. Ein Verwaltungsakt kann nur wegen derjenigen Regelung angefochten werden, die er selbstständig und verbindlich trifft. Da Grundlagenbescheide eine selbstständige, verbindliche und bindende Regelung treffen, die Folgebescheide diese Regelung aber lediglich übernehmen, können wegen einer solchen Regelung allein die Grundlagenbescheide angefochten werden; nur sie lösen insoweit die Beschwer oder Rechtsverletzung aus. Nicht aber kann deswegen der Folgebescheid angefochten werden, der diese Regelung nicht verbindlich trifft, sondern lediglich aus dem Grundlagenbescheid übernimmt, an den er gebunden ist (Tipke in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 351 AO Tz. 45); wenn auf den Einspruch gegen den Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO) hin dieser Bescheid zugunsten des Steuerpflichtigen geändert wird, wird die Änderung von Amts wegen auch im Folgebescheid umgesetzt, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Das Prinzip des § 351 Abs. 2 AO gilt auch umgekehrt: Unabhängige Entscheidungen in einem Folgebescheid können nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Grundlagenbescheids angegriffen werden. Der Betroffene muss stets den Bescheid anfechten, durch dessen verantwortliche und verbindliche Regelung er betroffen und beschwert ist (Tipke in Tipke/Kruse, AO und FGO, § 351 AO Tz. 45).

Für die Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzung folgt aus § 351 Abs. 2 AO, dass Entscheidungen und verbindliche Regelungen im Einkommensteuerbescheid nur durch Einspruch gegen diesen Bescheid angegriffen werden können (und müssen). Das stellt § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG nochmals klar; derartige Einwendungen sind in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Kirchensteuerbescheid "unzulässig".

Die hier von der Klägerin erhobenen Einwendungen gegen die Berechnung der Bemessungsgrundlage für Zwecke der Aufteilung nach § 7 Abs. 2 KiStG auf die glaubensverschiedenen Eheleute sind davon allerdings nicht betroffen. Insoweit ist das Begehren nicht durch Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid zu verfolgen, sondern - entsprechend der Grundregel des § 14 Abs. 1 KiStG - gegen den Kirchensteuerbescheid geltend zu machen. Die Feststellung der Bemessungsgrundlage für Zwecke der Berechnung der Kirchensteuer der in glaubensverschiedener Ehe lebenden Klägerin stellt keine selbstständige und verbindliche Regelung innerhalb des Einkommensteuerbescheids dar. Mit dem Einkommensteuerbescheid wird über das Bestehen eines bestimmten Einkommensteueranspruchs entschieden; die Regelungswirkung dieses Steuerbescheides nach § 157 Abs. 1 AO als Verwaltungsakt i.S.von § 118 AO besteht in der Festsetzung der Steuer, § 155 Abs. 1 Satz 1 AO. Demgegenüber bildet die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 157 Abs. 2 AO einen mit Rechtsbehelfen grundsätzlich nicht selbstständig anfechtbaren Teil; eine Ausnahme besteht nur bei gesonderter Feststellung der Besteuerungsgrundlagen. Damit sind Besteuerungsgrundlagen regelmäßig nur unselbstständige Bestandteile des Bescheides, die keine selbstständige und verbindliche Regelung darstellen und damit nicht als "Entscheidung" - etwa i.S. von § 351 Abs. 2 AO - einzuordnen sind. Zu diesen (unselbstständigen) Besteuerungsgrundlagen gehören nach allgemeiner Auffassung etwa die der Einkommensteuerfestsetzung zugrunde gelegten Einkünfte, Sonderausgaben, Freibeträge etc. des Steuerpflichtigen. Gleiches gilt für die Berechnung der Bemessungsgrundlage nach § 51a EStG (so vom erkennenden Senat in der Vergangenheit mehrfach entschieden; u.a. mit Urteil vom 24. November 2006 1 K 1102/05 Ki) und ebenso für die hier streitige Bestimmung der Bemessungsgrundlage nach § 7 Abs. 2 KiStG; auch insoweit liegt keine selbstständige und verbindliche Regelung vor - und erst recht keine gesonderte Feststellung nach § 157 Abs. 2 2. Halbs. AO - , sondern eine unselbstständige Berechnung ohne bindende Außenwirkung. Ebenso wie etwa die Darstellung der Einkünfte, Sonderausgaben und sonstigen Besteuerungsgrundlagen die Berechnung der mit Einkommensteuerbescheid festzusetzenden Einkommensteuer erläutert, zeigt die Berechnung der Bemessungsgrundlage unter der Rubrik "Berechnung der Kirchensteuer" die Verhältnisse auf, die für die Bemessung der Kirchensteuer maßgebend sind (vgl. insoweit die Legaldefinition der Besteuerungsgrundlagen in § 199 Abs. 1 AO); das gilt erst recht für die hier umstrittene Bestimmung der Bemessungsgrundlage für Zwecke der Kirchensteuerberechnung nach § 7 Abs. 2 KiStG.

Damit folgt aus § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG selbst bei Auslegung der Vorschrift in Anlehnung an § 351 Abs. 2 AO nicht, dass Einwendungen gegen die Bemessungsgrundlage bei der Kirchengemeinde "unzulässig" sind und stattdessen - abweichend von der Grundregel - mit dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid bei der Finanzbehörde geltend zu machen sind; die Berechnung nach § 52a EStG erfüllt mangels selbstständigen Regelungscharakters nicht den Begriff der "Maßstabsteuer" i.S. von § 14 Abs. 6 Satz 1 KiStG.

Eine derartige Auslegung ist im Übrigen auch deshalb nicht möglich, weil die Feststellung der Bemessungsgrundlage - unabhängig davon, dass sie nicht den Charakter einer selbstständigen und verbindlichen Regelung hat - nicht einmal (unselbstständiger) Bestandteil des Einkommensteuerbescheides ist, sondern materiell dem Kirchensteuerbescheid angehört. Die Berechnung nach § 7 Abs. 2 KiStG fällt im rechtlichen Sinne nicht in die Zuständigkeit der Finanzbehörde, sondern gehört zum Aufgabenbereich der Kirche. Das gilt ungeachtet dessen, ob die Bemessungsgrundlage nach § 51a EStG erhöht wird. Die Vorschrift des § 51a EStG hat, weil es sich um eine bundesgesetzliche Regelung handelt, für die Kirchensteuern unmittelbar keine Bedeutung. Jedoch hat der Landesgesetzgeber die Regelung des § 51a EStG in das Kirchensteuerrecht des Landes übernommen, indem § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG bestimmt, dass vor Berechnung der Kirchensteuer die Einkommensteuer nach Maßgabe des § 51a EStG zu ermitteln ist; § 7 Abs. 2 Satz 2 KiStG wiederum nimmt auf § 4 Abs. 2 Satz 1 KiStG Bezug. Zwar hat hier im Steuerbescheid der Beklagte, nicht die Kirchenbehörde, die Berechnung durchgeführt und dargelegt; insoweit ist er indes - ebenso wie bei der Kirchensteuerfestsetzung selbst - im Auftrag der Kirchenverwaltung tätig geworden (vgl. § 9 KiStG); die Berechnung ist der Kirchenbehörde als eigene zuzurechnen.

Die vom Beklagten angenommene Zuständigkeit der Finanzverwaltung für Einwendungen gegen die Berechnung der Bemessungsgrundlage ergibt sich auch nicht aus § 51a Abs. 5 Satz 1 EStG. Nach dieser Bestimmung kann mit einem Rechtsbehelf gegen die Zuschlagsteuer weder die Bemessungsgrundlage noch die Höhe des zu versteuernden Einkommens angegriffen werden. Die Vorschrift ist nicht etwa dahin zu verstehen, dass Einwendungen gegen die Berechnung nach § 51a Abs. 2 EStG nicht bei der Kirchenbehörde anzubringen wären. Eine derartige Folge ergibt sich aus dieser Regelung schon deshalb nicht, weil es sich um ein Bundesgesetz handelt und dieses daher für die Kirchen unmittelbar keine Anwendung findet; aus der - an seiner Stelle - im Kirchensteuerrecht getroffenen Bestimmung des § 14 Abs. 6 KiStG ist eine solche Folgerung - wie dargelegt - gerade nicht zu ziehen. Zudem hat § 51a Abs. 5 EStG lediglich deklaratorische Bedeutung (vgl. Pust in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 51a Rdn. 176); sie gibt nur die sich schon aus § 351 Abs. 2 AO ergebenden Rechtsfolgen wieder. Die dort ausgesprochene Beschränkung auf Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen den Grundlagenbescheid (Einkommensteuerbescheid) gilt nur, soweit die festgesetzte Einkommensteuer nach der gesetzlichen Regelung auch tatsächlich Bemessungsgrundlage der Zuschlagsteuer ist. Soweit die Einkommensteuer bzw. das zu versteuernde Einkommen für Zwecke der Zuschlagsteuer verändert wird - etwa beim Ausscheiden der Wirkung des Halbeinkünfteverfahrens -, erfolgt das außerhalb der Bindung an die Maßstabsteuer und des Verhältnisses von Grundlagen- und Folgebescheid. Insoweit erfolgt die Entscheidung (erst) im Bescheid über die Festsetzung der Kirchensteuer, so dass über Streitigkeiten hinsichtlich der Vornahme solcher Veränderungen der Bemessungsgrundlage nur nach Anfechtung dieses Bescheides entschieden werden kann (vgl. Frotscher, EStG, § 51a Rdn. 40; Pust in Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 51a Rdn. 176; Schlief in Kirchhof/Söhn, EStG, § 51a Rdn. A 43). Der Auffassung des 18. Senats dieses Gerichts, dass Einwendungen gegen die für Zwecke der Kirchensteuer vorgenommene Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 51a Abs. 1 Satz 1 EStG (Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen ungeachtet der Höhe des Kindergeldes) gegen den Einkommensteuerbescheid geltend zu machen sind (Urteil vom 14. Januar 2000 18 K 5985/98 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2000, 439), schließt sich der erkennende Senat nicht an; der 18. Senat ist stillschweigend davon ausgegangen, dass die Berechnung der Bemessungsgrundlage nach § 51a EStG den Charakter eines Grundlagenbescheids hat und eine selbstständige und verbindliche Regelung darstellt.

Der Senat verkennt nicht, dass gewichtige Gründe dafür sprechen mögen, die Bestimmung der Bemessungsgrundlage den Finanzbehörden zu übertragen. So lange es hierzu aber an einer verfahrensrechtlichen Übertragungsregelung im KiStG fehlt, sieht sich der Senat sowohl durch den derzeitigen Gesetzeswortlaut als auch durch die aufgezeigten verfahrensrechtlichen Systemzusammenhänge daran gehindert, zu diesem Ergebnis zu gelangen.

Insgesamt verbleibt es damit bei der Grundregel des § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 KiStG, dass über die hier von der Klägerin geltend gemachten Einwendungen die Kirchenbehörde zu entscheiden hat. Da die Klägerin bisher nur beim Beklagten Einspruch eingelegt hat, müsste sie, um ihre Einwendungen gegenüber der zuständigen (Kirchen-)Behörde wirksam verfolgen zu können, dort eine Einspruchseinlegung nachholen. Möglicherweise wäre ein solcher Rechtsbehelf gegen den Kirchensteuerbescheid vom 1. Februar 2005 auch noch zulässig. Zwar ist seit der Bekanntgabe des Bescheides deutlich mehr als ein Monat vergangen und damit die regelmäßige Rechtsbehelfsfrist nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO verstrichen. Diese Frist greift hier indes nicht ein, weil der Beklagte eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung erteilt hatte. Im angefochtenen Bescheid hatte er belehrt, dass ein Einspruch gegen die Festsetzung der Kirchensteuer in den Fällen, in denen sich der Steuerpflichtige gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage wende, beim Finanzamt und in allen anderen Fällen bei der Kirchenbehörde einzulegen sei; diese Belehrung war indes unrichtig, weil - wie oben dargelegt - die Berechnung der Bemessungsgrundlage tatsächlich Teil des Kirchensteuerbescheides ist und der hiergegen gerichtete Einspruch bei der Kirchenbehörde einzulegen und von dieser zu bescheiden ist. Eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung bewirkt nach § 356 Abs. 2 Satz 1 AO zunächst, dass die Einlegung eines Einspruchs binnen eines Jahres seit Bekanntgabe des Bescheides zulässig ist. Die zeitliche Grenze der Jahresfrist - die hier ebenfalls bereits verstrichen ist - gilt allerdings nach § 356 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. AO nicht, wenn die Rechtsbehelfseinlegung innerhalb dieses Zeitraums infolge höherer Gewalt unmöglich war; der Begriff der höheren Gewalt erfasst hier auch Fälle, in denen der Steuerpflichtige durch das Verhalten einer Behörde davon abgehalten wird, eine Frist zu wahren (Beschluss des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 28. Oktober 2004 III R 53/03, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2005, 374). Eine solche Fallgestaltung könnte hier vorliegen; möglicherweise ist die Klägerin durch die Rechtsbehelfsbelehrung im Einkommen- und Kirchensteuerbescheid von einer Einspruchseinlegung bei der Kirchenbehörde abgehalten worden. Sollte die Klägerin den Einspruch bei der zuständigen Kirchenbehörde nachholen wollen, wird sie die Anforderungen nach §§ 356 Abs. 2 Satz 2, 110 Abs. 2 AO - insbesondere die dort geregelte Frist - zu beachten haben. Anschließend, nach Durchführung dieses Rechtsbehelfsverfahrens, besteht ggf. die Möglichkeit der Erhebung einer zulässigen Klage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 137 Satz 2 FGO. Zwar hat der Beklagte obsiegt, jedoch beruhen die Verfahrenskosten auf der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung und der Durchführung des falschen Vorverfahrens (vgl. BFH-Urteil vom 27. September 1994 VIII R 36/89, BFHE 176, 289, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1995, 353; Tipke/Kruse, AO und FGO, § 137 FGO Tz. 8). Die Klägerin ist vom Beklagten mit dem Bescheid rechtsfehlerhaft dahin belehrt worden, dass Einwendungen gegen die der Kirchensteuerfestsetzung zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage beim Beklagten anzubringen seien. Hierdurch ist die Klägerin zur Einleitung des "falschen" Vorverfahrens und anschließend zur Erhebung der unzulässigen Klage veranlasst worden.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war wegen der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bestehenden Schwierigkeit der Sache erforderlich, vgl. § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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