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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 1 K 4358/06 Ki
Rechtsgebiete: KiStG, AO 1977, GG


Vorschriften:

KiStG § 13
AO 1977 § 31
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 1 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

1 K 4358/06 Ki

Tenor:

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-. Sie entspricht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen.

Im Rahmen seiner Ermessensentscheidung hatte der Senat zunächst zu berücksichtigen, dass der Beklagte den angefochtenen Bescheid, soweit er sich dem Rechtsschein nach gegen den Kläger richtete, aufgehoben und der Kläger insoweit in der Sache obsiegt hat. Dass der Bescheid nach seiner programmgesteuerten Ausgestaltung durch die Finanzverwaltung einen derartigen Rechtsschein enthielt, muss sich der Beklagte zurechnen lassen.

Darüber hinaus war bei der Ausübung des Ermessens zu bedenken, dass das Klageverfahren hätte vermieden werden können und sollen, wenn der Beklagte den Kirchgeldbescheid im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens bei der Finanzbehörde angefordert hätte. Dann hätte der Beklagte bereits vorprozessual erkennen können, dass dort die im Anschluss an frühere Senatsrechtsprechung zwischenzeitlich geänderte Ausgestaltung der Bescheide durch die Finanzverwaltung noch nicht umgesetzt war und sich der angefochtene Bescheid dem Rechtsschein nach auch gegen den Kläger richtete. Zur Anforderung des Bescheides beim Finanzamt wäre der Beklagte berechtigt und verpflichtet gewesen. Nach § 31 der Abgabenordnung AO müssen die Finanzbehörden die zur Festsetzung der Kirchensteuer erheblichen Besteuerungsgrundlagen und Steuerbeträge an die Religionsgemeinschaften mitteilen. Entsprechend bestimmt § 13 des Kirchensteuergesetzes des Landes NordrheinWestfalen KiStG, dass die zuständigen Behörden den Kirchen die für die Besteuerung erforderlichen Unterlagen auf Anforderung zur Verfügung zu stellen haben. § 31 AO und § 13 KiStG sind Gesetze i. S. von § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO, die eine Offenbarung der durch das Steuergeheimnis geschützten Verhältnisse ausdrücklich zulassen. Damit ist dem Grundsatz der Unverletzlichkeit des Steuergeheimnisses, den § 13 Ziffer 3 Satz 1 der Kirchensteuerordnung KiStO nochmals ausdrücklich festhält, Genüge getan. Zu den Besteuerungsgrundlagen, die öffentlichrechtlichen Religionsgemeinschaften mitgeteilt werden dürfen, gehören auch etwa Anteile glaubensverschiedener Ehegatten am Einkommen ohne Rücksicht darauf, welcher Ehegatte der betreffenden Religionsgemeinschaft angehört. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes GG ist nicht betroffen, denn die Weitergabe der Daten erfolgt an mit der Festsetzung der Kirchensteuer betraute Bedienstete, die ebenso wie die Mitarbeiter der Finanzverwaltung an die Wahrung des Steuergeheimnisses gebunden sind und bei denen auch ein ausreichender Datenschutz sichergestellt ist (vgl. ebenso Beschluss des Finanzgerichts FG München vom 31. 05. 1988 VIII 277/87 EA, Entscheidungen der Finanzgerichte EFG 1988, 531, bestätigt durch BFHBeschluss vom 27. 09. 1988 VII B 123/88, BFH/NV 1988, 313; Urteil des FG Köln vom 11. 05. 2005 11 K 385/03, juris). Der Beklagte hat zwar das sich aus §§ 31 AO, 13 KiStG ergebende Recht zur Anforderung des Bescheides beim Finanzamt erkannt, es indes nicht ausgeübt. Hierzu wäre er jedoch verpflichtet gewesen; durch den Nichtvollzug der Mitteilungsbefugnisse und pflichten konnte er seiner im Rechtsbehelfsverfahren bestehenden Verpflichtung zur Überprüfung des angefochtenen Bescheides nicht nachkommen.

Auf der anderen Seite war im Rahmen der Ermessenentscheidung zu berücksichtigen, dass der Kläger durch seine vorprozessualen Stellungnahmen - insbesondere die ausdrückliche Ablehnung einer Mitwirkung, die Bezeichnung der Anforderung der Steuerdaten von den Eheleuten N. "trotz der falschen Auslegung des § 31 AO und des machtvoll erwähnten § 13 KiStG" als "kirchliches Mobbing" und die Androhung einer Strafanzeige für den Fall, dass das Gericht eine Verletzung seines Steuergeheimnisses feststellen werde - den Beklagten dazu gedrängt hat, von einer weiteren Anforderung des Bescheides, sei es beim Kläger oder bei der Finanzbehörde, Abstand zu nehmen und die Sache vom Gericht entscheiden zu lassen, obwohl sein Recht auf Wahrung des Steuergeheimnisses tatsächlich nicht gefährdet war und der Beklagte ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme nicht nur in die dem Finanzamt vorliegende Bescheidausfertigung, sondern auch das den Klägern übersandte Original des Bescheides mit Ausdruck der Rechtsbehelfsbelehrung und der Erläuterungstexte hatte.



Ende der Entscheidung

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