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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.03.2007
Aktenzeichen: 10 K 1510/04 Kg
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 62
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

10 K 1510/04 Kg

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse der Arbeitsagentur "A".

Sie ist jugoslawische Staatsbürgerin. Nach dem Inhalt der vom Gericht beigezogenen Ausländerakte reiste sie bereits im Kalenderjahr 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach erfolglos verlaufenem Asylverfahren verfügte die Stadt "A" gemäß § 55 des Ausländergesetzes (AuslG) eine Aussetzung der Abschiebung (Duldung). Diese wurde in der Folgezeit immer wieder verlängert. Am 11.7.2000 erhielt die Klägerin alsdann eine befristete Aufenthaltsbefugnis, im zeitlichen Zusammenhang damit auch eine unbefristete Arbeitsgenehmigung nach § 284 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Die Aufenthaltsbefugnis wurde in der Folgezeit ebenfalls mehrfach verlängert. Unter dem 21.4.2005 erteilte die Stadt "A" schließlich eine Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).

Während des vorgenannten Zeitraumes bezog die Klägerin zeitweise Leistungen nach den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes bzw. nach denjenigen des Bundessozialhilfegesetzes, zeitweise war sie aber auch nichtselbständig tätig, erstmals in der Zeit von Juni bis August 1997.

Nach dem Inhalt der vom Gericht ebenfalls beigezogenen Kindergeldakten bezog die Klägerin ferner Kindergeld für vier Kinder, und zwar fortlaufend ab Juni 2001 (Verfügung vom 22.8.2001) und zusätzlich in Form einer Nachzahlung für den Zeitraum von August bis Dezember 2000 (Bescheid vom 18.7.2002). Dem voraufgegangen war ein Antrag der Klägerin, mit dem sie Nachweise für Beschäftigungsverhältnisse aus dem Kalenderjahr 2000 beigebracht hatte. Ferner hatte sie einen Arbeitsvertrag mit der Firma "B-GmbH" betreffend den Zeitraum vom 27.6. bis 27.9.2001 vorgelegt sowie einen mit der Firma "C-GmbH" auf unbestimmte Dauer abgeschlossenen Arbeitsvertrag, nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis am 1.10.2001 beginnen sollte.

Ende 2003 überprüfte die Beklagte die Voraussetzungen zur weiteren Zahlung des Kindergeldes und stellte hierbei fest, dass die Klägerin nicht durchgängig einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit nachgegangen war. Daraufhin vertrat sie (die Beklagte) die Rechtsauffassung, dass die Klägerin in den Zeiträumen ohne berufliche Tätigkeit keinen Anspruch auf die Bewilligung von Kindergeld gehabt habe. Ein Anspruch nach § 62 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der seinerzeit gültigen Fassung habe nicht bestanden, weil der Klägerin keine Aufenthaltserlaubnis bzw. Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden sei. Auch auf die Bestimmungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (Bundesgesetzblatt (BGBl) II 1969, 1438) könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, denn danach sei eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit bzw. der Bezug von Lohnersatzleistungen erforderlich.

Nach einer Anhörung der Klägerin hob die Beklagte daher mit Bescheid vom 23.1.2004 die Festsetzung des Kindergeldes unter Berufung auf die Regelung des § 70 Abs. 2 EStG für folgende Zeiträume auf:

Dezember 2001 bis Juni 2002

November 2002 bis Juli 2003

Oktober 2003 bis Dezember 2003

Ferner forderte sie die Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 11.184,93 EUR.

Den Einspruch der Klägerin wies sie als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor:

Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, denn in den streitigen Zeiträumen habe ein Anspruch auf Kindergeld bestanden. Ein solcher Anspruch stehe nämlich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2005, 162) auch Ausländern ohne Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung zu. Zwar habe der Gesetzgeber auf diese Entscheidung reagiert und die Bestimmung des § 62 EStG geändert, es sei aber zweifelhaft, ob die Neufassung des Gesetzes den Vorgaben des BVerfG entspreche.

Unabhängig davon sei die Beklagte auch nicht berechtigt gewesen, einen Rückforderungsbescheid für zurückliegende Zeiträume zu erlassen. Zum einen sei für den Streitfall allenfalls die Regelung des § 70 Abs. 3 EStG, nicht aber die des § 70 Abs. 2 EStG anzuwenden. Zum anderen genieße sie Vertrauensschutz, denn sie habe der Beklagten sämtliche Änderungen in ihren persönlichen Verhältnissen mitgeteilt. Wenn diese trotz der vorhandenen Kenntnisse das Kindergeld ausgezahlt habe, gehe dies auch bei einer unberechtigten Bewilligung zu ihren Lasten. Schließlich sei sie (die Klägerin) nicht bereichert, denn das Kindergeld sei in den Zeiträumen, in denen sie Sozialhilfe erhalten habe, auf diese angerechnet worden. Insoweit sei es zum Lebensunterhalt verbraucht worden.

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Bescheid vom 23.1.2004 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 2.3.2004 aufzuheben,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Dazu trägt sie vor:

Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig.

Die Klägerin sei in den Zeiträumen, für die die Bewilligung des Kindergeldes aufgehoben worden sei, nicht Arbeitnehmerin im Sinne des mit der Republik Jugoslawien abgeschlossenen Sozialabkommens gewesen. Vielmehr habe sie in den genannten Zeiten Sozialhilfe bezogen. Vor diesem Hintergrund reiche die der Klägerin erteilte Aufenthaltsbefugnis nicht aus, einen Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG zu begründen.

Auch soweit die Klägerin verfahrensrechtliche Einwendungen gegen die Rückforderung des ausgezahlten Kindergeldes geltend mache, könne dem nicht gefolgt werden. Sie (die Beklagte) habe erst im November 2003 erfahren, dass die Klägerin zeitweise weder Arbeitsentgelt noch Lohnersatzleistungen erhalten habe. Im Anschluss daran habe sie unmittelbar reagiert und das Kindergeld zurückgefordert. Ein Vertrauenstatbestand könne deshalb nicht eingetreten sein. Auch auf einen Wegfall der Bereicherung könne sich die Klägerin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht berufen, denn die Regelung des § 818 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) finde im öffentlichen Recht keine Anwendung.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid vom 23.1.2004 nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)), denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.

1. Die Klägerin hatte in den Zeiträumen von Dezember 2001 bis Juni 2002, von November 2002 bis Juli 2003 und von Oktober 2003 bis Dezember 2003 keinen Anspruch auf Kindergeld nach den Regelungen des EStG.

a) Das gilt auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des BVerfG vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, a.a.O.).

aa) Der Gesetzgeber hat nämlich auf diese Entscheidung reagiert und die für die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts maßgebliche Bestimmung des § 62 EStG geändert hat (vergl. dazu das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2915)). Da die Neufassung des § 62 Abs. 2 EStG auch für alle Zeiträume anzuwenden ist, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 61 a Satz 2 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 13. Dezember 2006), sind etwaige Ansprüche der Klägerin auf Kindergeld auch für Zeiträume vor dem 1. Januar 2006 nicht mehr nach § 62 Abs. 2 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 bzw. der geänderten Fassung aufgrund des Zuwanderungsgesetzes, sondern nach § 62 Abs. 2 EStG in der neuen Fassung zu beurteilen.

bb) Aus dieser Neufassung des Gesetzes lässt sich für die Klägerin jedoch kein Anspruch auf die Bewilligung von Kindergeld ableiten.

Zwar hat die Klägerin im April 2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach Maßgabe des AufenthaltG erhalten, dies ist aber erst nach den im Streitfall umstrittenen Zeiträumen geschehen, hat also keine Auswirkung auf den vorliegenden Rechtsstreit.

Richtig ist allerdings, dass sich die Klägerin auch zuvor schon rechtmäßig im Inland aufgehalten hat, denn ihre Abschiebung war immer wieder ausgesetzt worden und am 11.7.2000 hatte sie eine Aufenthaltsbefugnis erhalten.

Dieser Sachverhalt verhilft der Klage jedoch ebenfalls nicht zum Erfolg.

Dabei geht das Gericht zugunsten der Klägerin davon aus, dass sich der Anspruch auf die Bewilligung von Kindergeld auch aus Aufenthaltstiteln ergeben kann, die auf die Regelungen des AuslG zurückgehen (vergl. dazu schon das Urteil des erkennen- den Senats vom 23. Januar 2007 - 10 K 2661/04 Kg, abrufbar unter www.justiz.nrw.de).

Die im Streitfall erteilte Aufenthaltsbefugnis (vergl. dazu §§ 30 ff AuslG) kann jedenfalls ihrem Charakter nach nicht mit einem der in der neuen Fassung des § 62 Abs. 2 EStG ausdrücklich aufgeführten Aufenthaltstitel gleichgesetzt werden, der uneingeschränkt einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld begründet.

Ein Vergleich mit einer Niederlassungserlaubnis (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG) ist schon deshalb nicht möglich, weil die mit einem solchen Titel eingeräumten Rechte weit über diejenigen Rechte hinausgehen, die die Klägerin erhalten hat. Die Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthaltG) ist nämlich unbefristet, zeitlich und räumlich nicht beschränkt und sie berechtigt zu einer Erwerbstätigkeit. Derartige Rechte sind der Klägerin durch die Aufenthaltsbefugnis vom 11.7.2000 jedoch nicht eingeräumt worden. Vielmehr war ihr Aufenthaltsrecht in vielfältiger Weise eingeschränkt (Befristung, örtliche Beschränkung). Insbesondere war eine Erwerbstätigkeit ausdrücklich nicht bzw. nur gemäß einer anderweitig erteilten Arbeitserlaubnis gestattet.

Möglicherweise steht dies auch einer Vergleichbarkeit der hier erteilten Aufenthaltsbefugnis mit einer Aufenthaltserlaubnis im Sinne des § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG entgegen.

In der genannten Regelung ist nämlich von einer Aufenthaltserlaubnis die Rede, "die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt". Das ist etwa der Fall, wenn der Titel "zur Ausübung" einer bestimmten Tätigkeit erteilt wird (vergl. dazu die Regelungen der §§ 18 und 21 AufenthG) oder wenn das Gesetz selbst die Erwerbstätigkeit erlaubt (vergl. dazu § 22 Satz 3 oder § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG). Im Streitfall ist der Klägerin die Erwerbstätigkeit demgegenüber nicht durch die Aufenthaltsbefugnis selbst, sondern allenfalls durch die Arbeitserlaubnis gestattet worden.

Letztlich können diese Überlegungen jedoch dahinstehen. Selbst wenn nämlich bei der Beurteilung des Sachverhalts auch die der Klägerin erteilte Arbeitserlaubnis zu berücksichtigen ist, führt dies jedenfalls im Ergebnis nicht zu einem Erfolg der Klage.

Im Streitfall geht es nämlich um einen Sachverhalt, der den Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld wieder ausschließt bzw. von weiteren Voraussetzungen abhängig macht (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstaben a bis c und § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG).

Das ergibt sich aus einem in der Ausländerakte (Bl. 115) enthaltenen Vermerk vom 24.7.1998, denn darin ist ausgeführt, dass die Aufenthaltsbefugnis der Klägerin nur auf die Regelungen des § 30 Abs. 3 oder 4 AuslG gestützt werden könne. Tatsächlich hatte die Klägerin vorgetragen, dass sie in ihrer Heimat vielfältigen Gefährdungen ausgesetzt sei. Daraufhin ist die nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst vorgesehene Abschiebung auch ausgesetzt worden, weil ihre Staatsbürgerschaft zunächst ungeklärt war und ihre Beweggründe zum Verbleib im Inland überprüft werden sollten. Geht man nun davon aus, dass die Aufenthaltsbefugnis der Klägerin auf die Regelungen des § 30 Abs. 3 oder 4 AuslG zurückgeht, kann sie allenfalls als Aufenthaltstitel angesehen werden, der einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld nur unter den weiteren Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG begründet (vergl. dazu das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Januar 2007 - 10 K 3095/06 Kg, abrufbar unter www.justiz.nrw.de).

Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht erfüllt.

Zwar hatte sich die Klägerin auch schon im Dezember 2001 mehr als drei Jahre "rechtmäßig" im Bundesgebiet aufgehalten (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a EStG), es fehlt aber an der weiteren Voraussetzung des § 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG.

Die Klägerin ist nämlich in den hier umstrittenen Zeiträumen nicht erwerbstätig gewesen. Das hat die Beklagte durch Auswertung der zu den Kindergeldakten gereichten Beschäftigungsnachweise festgestellt und die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren keine anderweitigen Tatsachen vorgetragen bzw. keine weiteren Nachweise beigebracht.

Eine Elternzeit hat die Klägerin ohnehin nicht in Anspruch genommen und sie hat auch keine laufenden Geldleistungen nach dem SGB III erhalten. Sie hat ihren Lebensunterhalt vielmehr aus Mitteln bestritten, die ihr nach den Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes bzw. denen des Bundessozialhilfegesetzes zur Verfügung gestellt worden sind.

cc) Soweit die Klägerin unter Hinweis auf einen Aufsatz von Werner (Informationsbrief Ausländerrecht 2007, 112) die Rechtsauffassung vertritt, dass eine verfassungsgemäße Neuregelung betreffend die Anspruchsberechtigung von Ausländern hinsichtlich des Kindergeldes eine stärkere Berücksichtigung der Dauer des Aufenthalts in Deutschland erfordert hätte, folgt das Gericht ihrer Argumentation nicht. Es hält die Neufassung des Gesetzes vielmehr für verfassungsgemäß und sieht deshalb davon ab, das Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes auszusetzen, um eine Entscheidung des BVerfG einzuholen.

Das BVerfG hat in der Entscheidung vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, a.a.O.) das mit der gesetzlichen Neufassung des § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes durch das Erste Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993 verfolgte Ziel, Kindergeld nur noch solchen Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland blieben (BT-Drucks. 12/5502, S. 44), als solches nicht beanstandet, sondern nur die dafür gewählte Form. Durch die Neuregelung wird das genannte Ziel nach Auffassung des Gerichts in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise umgesetzt. Zwar knüpft die Regelung des § 62 Abs. 2 EStG in der neuen Fassung auch noch an die verschiedenen Aufenthaltstitel an, das Regelungssystem zeigt aber, dass der Gesetzgeber hierbei eine Reihe von Umständen herangezogen hat, die unter Berücksichtigung sachgerechter Gesichtspunkte eine hinreichend verlässliche Prognose für einen nur vorübergehenden oder dauerhaften Aufenthalts im Inland ermöglichen. Erster Anhaltspunkt ist hierbei der Umstand, dass sich ein Ausländer erkennbar nur zum Zweck einer kurzfristigen Erwerbstätigkeit im Inland aufhält. Diese Ausländer hat der Gesetzgeber nicht in den Kreis der Anspruchsberechtigten einbezogen (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstaben a und b EStG).

Auf der anderen Seite hat er Ausländern, die sich bereits seit längerer Zeit in einer "gesicherten Rechtsposition" im Inland aufhalten und deshalb eine Niederlassungserlaubnis erhalten haben, einen Anspruch auf Kindergeld zuerkannt.

In Fällen, in denen der Gesetzgeber dagegen die Prognose als noch nicht verlässlich angesehen hat, das sind die Fälle des § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG, hat er den Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht.

Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden.

Zum einen handelt es sich in den genannten Fällen regelmäßig um Ausländer, die zur Ausreise verpflichtet sind. Wenn sie einer entsprechenden Aufforderung nicht aus eigenem Entschluss folgen, so kann nicht schon deshalb von einem dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet ausgegangen werden.

Zum anderen lassen die vom Gesetzgeber zusätzlich in das Gesetz aufgenommenen Voraussetzungen erkennen, dass er unterscheiden will zwischen Ausländern, die vermutlich im Inland bleiben werden, und solchen, bei denen eine derartige Prognose (noch) nicht möglich ist. Diese Prüfung wiederum vollzieht sich nach sachgerechten Gesichtspunkten. So ist auch hier der von der Klägerin hervorgehobene zeitliche Anknüpfungspunkt im Gesetz enthalten (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe a EStG). Der weitere Gesichtspunkt eines "rechtmäßigen" Verhaltens erscheint dem Gericht ebenfalls plausibel, denn derjenige, der die Rechtsordnung des Gastlandes beachtet, bietet am ehesten die Gewähr, dass er sich ohne Probleme integrieren wird. Gleiches gilt für die vom Gesetz geforderte Erwerbstätigkeit (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 Buchstabe b EStG), denn auch diese fördert die Integration. Dass der Gesetzgeber hierbei wiederum auch Zeiten ohne eine Erwerbstätigkeit (Bezug von Arbeitslosengeld, Elternzeit) berücksichtigt hat, steht dem nicht entgegen. Das Arbeitslosengeld ist gleichsam die (vorübergehende) Folge einer nichtselbständigen Tätigkeit und während der Elternzeit wird gerade auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet, um sich der Betreuung eines Kindes widmen zu können.

Soweit die Klägerin demgegenüber meint, dass die Vorgaben des BVerfG in der Entscheidung vom 6. Juli 2004 (1 BvL 4/97, a.a.O.) nur bei einer stärkeren Betonung der zeitlichen Komponente zutreffend umzusetzen seien, schließt sich das Gericht dieser Rechtsauffassung nicht an.

b) Die Beklagte hat auch zutreffend entschieden, dass die Klägerin einen Anspruch auf Bewilligung von Kindergeld nicht auf das mit der Republik Jugoslawien abgeschlossene Sozialabkommen stützen könne. Nach der Rechtsprechung des BFH unterfallen diesem Abkommen nämlich nur diejenigen Personen, die als Arbeitnehmer beschäftigt sind oder Lohnersatzleistungen in Form von Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld erhalten (vergl. dazu die Beschlüsse des BFH vom 9. Juli 2003 - VIII B 98/03, Sammlung nicht amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH (BFH/NV) 2003, 1423 und vom 28. Juni 2004 - VIII B 93/04, BFH/NV 2004, 1638).

2. Soweit sich die Klägerin die Rechtsauffassung vertritt, dass dem angefochtenen Bescheid verfahrensrechtliche Hindernisse entgegengestanden hätte, kann dem nicht gefolgt werden.

a) Das gilt zunächst insoweit, als die Beklagte die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld in der Einspruchsentscheidung mit der Regelung des § 70 Abs. 2 EStG begründet hat. Nach der genannten Regelung ist nämlich die Festsetzung des Kindergeldes zu ändern oder aufzuheben, wenn sich die für die Bewilligung des Kindergeldes erheblichen Umstände geändert haben.

Derartige Änderungen sind im Streitfall eingetreten.

Nach den von der Klägerin nicht bestrittenen Feststellungen der Beklagten hat nämlich die Klägerin die ursprünglich ab Juni 2001 begonnene und ab Oktober 2001 zunächst auf unbestimmte Zeit fortgesetzte nichtselbständige Tätigkeit zeitweise unterbrochen. Da für die Zeiträume der Unterbrechung ein Anspruch auf Kindergeld nicht (mehr) bestanden hat, ist die Beklagte verpflichtet gewesen, diese veränderten Umstände zu berücksichtigen, und zwar nach der ausdrücklichen Formulierung des Gesetzes "mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung" an. Die von der Klägerin herangezogene Bestimmung des § 70 Abs. 3 EStG bezieht sich demgegenüber auf die Korrektur von Fehlern ohne eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse.

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht hinsichtlich eines von der Klägerin behaupteten Vertrauenstatbestandes. Zwar kann einem Rückforderungsanspruch im Einzelfall auch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen stehen (vergl. dazu das Urteil des BFH vom 26. Juli 2001 - VI R 163/00, Bundessteuerblatt (BStBl) II 2002, 174), das Gericht kann aber nicht feststellen, dass die Voraussetzungen dafür im Streitfall vorliegen. Der Vortrag der Klägerin, dass sie "stets sämtliche Änderungen der Beklagten mitgeteilt" habe, reicht dazu nämlich nicht aus, denn die erwähnten Mitteilungen sind in den vom Gericht beigezogenen Kindergeldakten nicht enthalten. Daher wäre es erforderlich gewesen, den Klagevortrag zu konkretisieren und mitzuteilen, wann und in welcher Form die Klägerin der Beklagten Unterlagen oder Informationen hat zukommen lassen, aus denen die Beklagte eine Beendigung der Tätigkeit bei der Firma "C-GmbH" bzw. den Beginn anderweitiger Beschäftigungsverhältnisse hätte ableiten können.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Hinweis der Klägerin, dass das ausgezahlte Kindergeld bei der Bemessung der Leistungen der Sozialhilfe als verfügbares Einkommen angerechnet worden sei (vergl. dazu § 82 SGB XII). Richtig ist allerdings, dass die Klägerin möglicherweise Nachteile in Kauf nehmen muss, wenn sie künftig in der Lage sein sollte, den von der Beklagten geltend gemachten Rückforderungsbetrag zu begleichen. Hätte sie nämlich keinen Antrag auf Festsetzung von Kindergeld gestellt und hätte sie möglicherweise eine höhere Sozialhilfe erhalten, hätte sie diese nicht zurückzahlen müssen. Diese rechtliche Konsequenz kann jedoch nicht der Beklagten als treuwidriges Verhalten zugerechnet werden. Sie geht vielmehr zurück auf den (durchaus) begründeten Antrag der Klägerin, Kindergeld festzusetzen. Außerdem hätte der von der Klägerin befürchtete Nachteil nicht eintreten können, wenn sie der ihr obliegenden Verpflichtung, der Familienkasse alle Änderungen des Sachverhalts mitzuteilen, ordnungsgemäß nachgekommen wäre.

c) Die Klägerin kann sich gegenüber dem nach Maßgabe des § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) begründeten Rückforderungsanspruch der Beklagten schließlich nicht auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen. Diese Vorschrift ist nämlich im Rahmen des öffentlichrechtlichen Erstattungs bzw. Rückforderungsanspruchs nicht anwendbar (vergl. dazu die Entscheidungen des BFH vom 27. April 1998 VII B 296/97, BStBl II 1998, 499 und vom 3. April 2002 VIII B 186/01, BFH/NV 2002, 1150). Sie enthält auch keinen allgemeinen Rechtsgedanken, der bei einer Rückforderung zu Unrecht erstatteter Steuern nach § 37 Abs. 2 AO in jedem Falle zu berücksichtigen wäre.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Entscheidung zur Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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