Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.02.2009
Aktenzeichen: 11 K 4116/07 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 2 Abs. 2
EStG § 32 Abs. 4
EStG § 33a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob bei der Ermittlung der eigenen Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - deren Unterhaltsverpflichtungen zu berücksichtigen sind.

Der Kläger lebt mit seiner Lebensgefährtin und den beiden 1997 bzw. 1998 geborenen gemeinsamen Kindern in einer Haushaltsgemeinschaft. Er erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Lebensgefährtin des Klägers bezieht eine Erziehungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In den Streitjahren 2005 und 2006 machte der Kläger Unterhaltsaufwendungen für seine Lebensgefährtin i.H.v. jeweils 5.258,56 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dabei kürzte er die Einkünfte und Bezüge seiner Lebensgefährtin im Hinblick auf die bestehende Haushaltsgemeinschaft mit den gemeinsamen Kindern um 2/3.

Der Beklagte erkannte die Unterhaltsaufwendungen in den Steuerbescheiden vom 12. März 2007 nicht als außergewöhnliche Belastungen an, da er den Abzug des existenznotwendigen Bedarfs der Kinder bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge der Lebensgefährtin ablehnte.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein und beantragte, die Unterhaltsaufwendungen i.H.v. 1.880,- EUR als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Er machte geltend, die Unterhaltsverpflichtungen seiner Lebensgefährtin seien bei der Berechnung ihrer Einkünfte und Bezüge in analoger Anwendung der Regelung in Tz. 63.4.2.5 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG), Stand August 2004 (BStBl I 2004, 773), wie folgt zum Abzug zu bringen (vgl. Blatt 13 der Gerichtsakte):

 Renteneinnahmen (abzüglich Sozialversicherungsbeiträge) 9.418,32 EUR
Werbungskostenpauschbetrag ./. 102,00 EUR
Ausgabenpauschale ./. 180,00 EUR
Abzug für Unterhaltsverpflichtungen  
Kinderfreibetrag für 2 Kinder7.296,- EUR 
Bedarfsfreibetrag für 2 Kinder+ 4.320,- EUR 
Kindergeld für 2 Kinder./. 3.696,- EUR 
Existenznotwendiger Bedarf= 7.920,- EUR 
Davon 1/2 ./. 3.960,00 EUR
Einkünfte und Bezüge = 5.176,32 EUR
Anrechnungsfreier Betrag ./. 624,00 EUR
Anrechenbare Einkünfte und Bezüge = 4.552,32 EUR

Der Beklagte wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidungen vom 25. September 2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, die Einkünfte der Lebensgefährtin des Klägers könnten den Kindern nicht anteilig zugerechnet werden, da zwischen Kindern und Eltern keine Erwerbsgemeinschaft bestehe. Ebenso wenig seien die Einkünfte um die Unterhaltsansprüche der Kinder zu mindern, denn maßgeblich sei der Begriff der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG (§ 33a Abs. 1 Satz 4 EStG). Die Regelung in Tz. 63.4.2.5 DA-FamEStG könne nicht analog angewendet werden.

Der Kläger hat am 24. Oktober 2007 Klage erhoben. Sie machen geltend, die Regelung in Tz. 63.4.2.5 DA-FamEStG sei anzuwenden. § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG verweise auf § 32 Abs. 4 Satz 2 und 4 EStG , und R 31.10 bzw. H 32.10 der Einkommensteuerrichtlinien nehme wiederum auf die DA-FamEStG Bezug. Unterschiedliche Berechnungsmethoden bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge könne es nicht geben.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006 vom 12. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. September 2007 dahingehend abzuändern, dass Unterhaltsaufwendungen i.H.v. jeweils 3.128,- EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, eine Minderung der Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person um deren Unterhaltsverpflichtungen komme nicht in Betracht. Der Bundesfinanzhof - BFH - habe mit Urteil vom 19. Mai 2004 (II R 28/02, BFH/NV 2004, 1631) entschieden, dass im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern keine Erwerbs- und Wirtschaftsgemeinschaft wie bei Ehegatten bestehe, die eine Aufteilung der Einkünfte rechtfertige. Die Einkünfte und Bezüge des unterhaltenen Elternteils seien auch nicht um etwaige Unterhaltsleistungen zu mindern. Denn nach § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG seien die nach einkommensteuerlichen Vorschriften ermittelten Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG maßgebend, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen blieben unberücksichtigt. Für die Anrechnung eigener Einkünfte und Bezüge sei ohne Bedeutung, ob sie der unterhaltsberechtigten Person zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen. Hiervon mache der BFH nur dann eine Ausnahme, wenn die unterhaltsberechtigte Person mit bedürftigen Angehörigen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt und aus einem Topf gewirtschaftet wird (BFH vom 19.06.2002 II R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).

Eine einschränkende Auslegung des Begriffs der Einkünfte käme nur in Betracht, wenn der unterhaltene Teil verpflichtet wäre, von seinen eigenen Einkünften das Kind zu unterhalten. Denn in diesem Fall wäre die gesetzliche Vermutung widerlegt, dass demjenigen, der Einkünfte erzielt, diese auch zu seinem Unterhalt zur Verfügung stehen. Nach § 1603 Abs. 1 BGB ende die Unterhaltspflicht aber, wenn der eigene angemessene Unterhalt gefährdet sei. Daher sei ein Elternteil seinen Kindern nur insoweit zum Unterhalt verpflichtet, als seine Einkünfte und Bezüge sein Existenzminimum, das sich in den Freibeträgen nach § 33a Abs. 1 EStG widerspiegele, übersteigen. Allerdings seien Eltern minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und ihrer Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden, auch wenn sie insgesamt nicht ausreichen. Dies gelte jedoch nicht, wenn noch andere Unterhaltsverpflichtete vorhanden seien.

Bezogen auf den Streitfall bedeute dies, dass die Unterhaltsverpflichtungen der unterstützten Lebensgefährtin des Klägers nur insoweit ihre Einkünfte mindern dürften, als das notwendige Existenzminimum nicht unterschritten werde. Reichten ihre Einkünfte und Bezüge zur Erfüllung der Unterhaltsverpflichtungen nicht aus, müsse der Kläger die Kinder allein unterhalten. Die Lebensgefährtin des Klägers verfüge zwar über Einkünfte und Bezüge, die ihr Existenzminimum übersteigen. Sie sei ihren Kindern gegenüber jedoch nur insoweit unterhaltsverpflichtet, als dadurch ihr Existenzminimum unberührt bliebe, mit dem Ergebnis, dass ihr das Existenzminimum i.H.v. 7.680,- EUR als eigene Einkünfte und Bezüge verbleibe. Der Kläger sei in höherem Maße als seine Lebensgefährtin gegenüber den gemeinsamen Kindern unterhaltsverpflichtet, da er aufgrund seiner Einkünfte hierzu in der Lage sei, während seiner Lebensgefährtin das Existenzminimum verbleiben müsse. Im Übrigen erfülle die nicht berufstätige Lebensgefährtin des Klägers ihre Unterhaltsverpflichtung aber schon durch die persönliche Fürsorge und Betreuung der Kinder. Eine Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt, der allein zu einer Minderung der anrechenbaren Einkünfte und Bezüge führen könne, bestehe nicht.

Die Regelungen der DA-FamEStG stünden dem nicht entgegen. Tz 63.4.2.5. Abs. 3 DA-FamEStG stelle klar, dass eine weitere Berechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes sich erübrige, wenn der Grenzbetrag von 7.680,- EUR überschritten werde. Erst wenn das Einkommen des Ehegatten des Kindes diesem anteilig zuzurechnen sei, weil seine Einkünfte und Bezüge sein Existenzminimum nicht decken, sei eine genauere Berechnung erforderlich. Bei der dann erforderlichen Ermittlung des verfügbaren Einkommens des Ehegatten sei von der Summe aller Einnahmen im Sinne des § 2 EStG sowie der Bezüge auch eine eventuelle Unterhaltsbelastung durch Kinder abzuziehen. Die Berechnung, bei der die Einkünfte und Bezüge des Kindes zur Feststellung des Kindergeldanspruchs ermittelt werden, könne auf den Streitfall allerdings nicht übertragen werden. Während in den in der DA-FamEStG dargestellten Fallgestaltungen festzustellen sei, in welcher Höhe die Einkünfte und Bezüge des vorrangig zum Unterhalt verpflichteten Ehegatten dem Kind zuzurechnen sind, weil dessen eigene Einkünfte das Existenzminimum unterschreiten, lägen die Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person im Streitfall bereits über dem Grenzbetrag.

In der DA-FamEStG werde im wesentlichen die Frage behandelt, ob ein Kindergeldanspruch besteht, wenn das verheiratete Kind mit eigenen Einkünften und Bezügen selbst gegenüber eigenen Kindern unterhaltsverpflichtet ist. Bei verheirateten Kindern könne nämlich unterstellt werden, dass sie sich ihr verfügbares Einkommen mit dem Ehegatten teilen. In einem solchen Fall sei die Hälfte des verfügbaren Einkommens des Ehegatten dem Kind zuzurechnen. Dabei sei die Summe der Einkünfte und Bezüge um die vorrangigen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern zu mindern. Wolle man diese Berechnung auf den Streitfall übertragen, müsse die Hälfte der Einkünfte des Klägers, soweit sie die seiner Lebensgefährtin verbleibenden Einkünfte und Bezüge übersteigen, wiederum ihr zugerechnet werden, was im Ergebnis dazu führe, dass die anrechenbaren Einkünfte und Bezüge den Freibetrag nach § 33a Abs. 1 EStG übersteigen.

Dem Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Juni 2007 (14 K 2833/06, EFG 2007, 1887) liege ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Dort sei die Mutter eines Kindes mangels ausreichender eigener Einkünfte und Bezüge nicht zum Barunterhalt verpflichtet gewesen. Des weiteren habe sie ihre Unterhaltsverpflichtung durch persönliche Fürsorge und Betreuung des Kindes erfüllt, so dass die gesamte finanzielle Belastung durch den Vater zu tragen gewesen sei. Das FG Düsseldorf habe dabei die Frage, ob die Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind wegen der fehlenden Leistungsfähigkeit der Mutter in voller Höhe beim Vater zu berücksichtigen sei, mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2005 und 2006 vom 12. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. September 2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der Beklagte hat die geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt.

1. Gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG können Aufwendungen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person auf Antrag bis zum einem Betrag von 7.680,- EUR im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§ 33a Abs. 1 Satz 2 EStG). Voraussetzung ist, dass weder der Steuerpflichtige noch eine andere Person Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder auf Kindergeld für die unterhaltene Person hat und die unterhaltene Person kein oder nur geringes Vermögen besitzt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Davon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus.

2. Gemäß § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG kommt es zu einer Minderung des Höchstbetrags i.H.v. 7.680,- EUR, soweit die unterhaltene Person andere Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 und 4 EStG hat und diese Einkünfte und Bezüge den Betrag von 624,- EUR im Kalenderjahr übersteigen. Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG sind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Anrechenbare Einkünfte im Sinne des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753 mit weiteren Nachweisen) die nach einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 EStG. Bei den Überschusseinkunftsarten sind die Einkünfte legaldefiniert als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Bezüge sind alle Zuflüsse in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerlichen Einkünfteermittlung erfasst werden, sofern sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2006 III B 43/05, BFH/NV 2006, 2056).

a) Die gesetzliche Erziehungsrente der Lebensgefährtin des Klägers gehört zu den Einkünften, soweit der Ertragsanteil betroffen ist, und zu den Bezügen, soweit sie auf den Kapitalanteil entfällt (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1980 VI R 98/77, BFHE 132, 34, BStBl II 1981, 158). Die Sozialversicherungsbeiträge stellen hingegen keine schädlichen Einkünfte dar und sind abzuziehen (Beschluss des BVerfG vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, BVerfGE 112, 164).

Eine Kürzung der Erziehungsrente um 2/3 im Hinblick auf die zum Haushalt gehörenden minderjährigen Kinder scheidet aus. Nach dem BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 (III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753) ist die Rente des Unterhaltsberechtigten auf Unterhaltsleistungen lediglich in dem Fall nur anteilig anzurechnen, wenn der Unterhaltsberechtigte zusammen mit bedürftigen, einkommenslosen Angehörigen in einer Haushaltsgemeinschaft lebt und bei der Ermittlung der Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz für die Haushaltsgemeinschaft die Rente des Unterhaltsberechtigten als Einkommen der Haushaltsgemeinschaft behandelt wird. Letzteres ist hier nicht der Fall. Die Erziehungsrente wird - soweit ersichtlich - nicht als gemeinsames Einkommen der Lebensgefährtin der Klägers und der gemeinsamen Kinder behandelt.

b) Die Unterhaltsverpflichtungen der Lebensgefährtin des Klägers gegenüber den gemeinsamen Kindern können auch nicht bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge abgezogen werden.

aa) Unterhaltsaufwendungen stellen dem Grunde nach außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33a Abs. 1 EStG und keine Werbungskosten dar. Sie mindern daher die anzusetzenden Einkünfte der unterhaltenen Person im Grundsatz nicht. Dabei ist für die Anrechnung grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Einkünfte dem Unterhaltsberechtigten zur Bestreitung des Unterhalts zur Verfügung stehen.

Hiervon macht der BFH nur dann eine Ausnahme, wenn der Unterhaltsempfänger seine Einkünfte und Bezüge deshalb nicht in voller Höhe für den eigenen Lebensunterhalt verwenden kann, weil er mit bedürftigen Angehörigen in Haushaltsgemeinschaft lebt (BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753). Dementsprechend käme eine nach Sinn und Zweck der Vorschrift einengende Auslegung des Begriffs der Einkünfte in Betracht, wenn die unterstützte Person gesetzlich verpflichtet wäre, von ihren geringen Einkünften zusätzlich ihr Kind zu unterhalten. Denn auch in diesem Fall wäre die gesetzliche Vermutung widerlegt, dass demjenigen, der Einkünfte erzielt, diese auch zu seinem Unterhalt zur Verfügung stehen. Notwendige gesetzliche Unterhaltspflichten des Unterhaltsberechtigten müssen im Rahmen des § 33a Abs. 1 EStG bei der Ermittlung seiner Einkünfte und Bezüge berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 28/02, BFH/NV 2004, 1631).

Eine Unterhaltsverpflichtung der unterstützten Person besteht nur, wenn diese über Einkünfte verfügt, die das Existenzminimum - in Form des Jahresgrenzbetrags i.H.v. 7.680,- EUR - übersteigen. Denn nach § 1603 Abs. 1 BGB endet die Unterhaltspflicht grundsätzlich, wenn der eigene angemessene Unterhalt gefährdet ist. Allerdings sind Eltern ihren minderjährigen Kindern gegenüber - anders als gegenüber anderen Unterhaltsberechtigten - verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und ihrer Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden, auch wenn sie nicht für ihren eigenen Unterhalt und den der minderjährigen Kinder ausreichen (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt aber wiederum nicht, wenn noch andere Unterhaltsverpflichtete vorhanden sind (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Dann sind diese primär zum Unterhalt verpflichtet (§ 1607 BGB). Die Vermutung des Gesetzes in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG, dass jenseits eigener Einkünfte von 7.680,- EUR eine Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten nicht gegeben ist, ist auch insoweit gerechtfertigt, als minderjährige Kinder im Haushalt des Unterhaltsempfängers leben, sofern leistungsfähige andere Personen vorhanden sind, die den Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, so dass eine einschränkende Auslegung des Begriffs der Einkünfte in diesem Fall nicht erforderlich ist. Ob und ggf. in welcher Höhe der Unterhaltsempfänger trotz der geringen Einkünfte tatsächlich Unterhalt an seine Kinder leistet, ist unerheblich (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 28/02, BFH/NV 2004, 1631; Urteil des FG München vom 24. Mai 2007 5 K 2062/06, zitiert nach [...]).

bb) Die Lebensgefährtin des Klägers ist ihren Kindern nach §§ 1601, 1603 Abs. 1 BGB nur insoweit unterhaltsverpflichtet, als ihr eigener angemessener Unterhalt nicht gefährdet ist. Zwar ist sie im Hinblick auf die Minderjährigkeit der Kinder im Grundsatz verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies gilt aber nicht, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Dies ist hier im Hinblick auf die Person des Klägers der Fall. Er ist den Kindern gegenüber ebenfalls nach § 1601 BGB unterhaltsverpflichtet. Gegen seine Leistungsfähigkeit bestehen keine Bedenken. Es besteht daher eine primäre Unterhaltsverpflichtung des Klägers. Eine einschränkende Auslegung des Begriffs der Einkünfte scheidet vor diesem Hintergrund aus.

cc) Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem Sachverhalt, der dem zu § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ergangenen Urteil des FG Düsseldorf vom 14. Juni 2007 (14 K 2833/06, EFG 2007, 1887) zu Grunde liegt. Nach dieser Entscheidung sind die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes um die Hälfte der Unterhaltsleistungen - diese bemessen sich nach dem Kinderfreibetrag und dem Betreuungsfreibetrag - zu kürzen, die das Kind gegenüber seinem Kind zu erbringen hat. Dort war die unterhaltene Person gegenüber ihrem Kind unterhaltsverpflichtet und auch imstande, den Unterhalt zu gewähren, wohingegen vorliegend eine primäre Unterhaltsverpflichtung des Klägers besteht, die es nicht rechtfertigt, das Existenzminimum der Kinder bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge der Lebensgefährtin des Klägers abzuziehen.

dd) Die Regelungen der DA-FamEStG stehen dem nicht entgegen. Unabhängig davon, dass diese Verwaltungsanweisung für die Finanzgerichte nicht bindend ist, führen die Regelungen zu keinem anderen Ergebnis. Zwar bestimmt Tz. 63.4.1.1 Abs. 2 (in inhaltlicher Übereinstimmung mit der vom Kläger zitierten Tz. 63.4.2.5), dass bei der Prüfung des Kindergeldanspruchs für Kinder mit eigenen Kindern die Einkünfte und Bezüge des Kindes um die Belastung, die aus der Unterhaltsverpflichtung des Kindes gegenüber dem Kindeskind resultiert, zu mindern sind (vgl. auch Loschelder, in: Schmidt, EStG, 27. Aufl. 2008, § 32 Rn. 50). Die Bestimmung setzt allerdings nach dem Verständnis des erkennenden Senats voraus, dass das unterstützte Kind mit einer Unterhaltsverpflichtung tatsächlich belastet ist und keine primäre Unterhaltsverpflichtung der unterstützenden Person besteht. Insofern ist die Regelung vorliegend nicht einschlägig.

ee) Damit sind die Einkünfte und Bezüge der Lebensgefährtin des Klägers nicht um deren Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den gemeinsamen Kindern zu mindern. Die schädlichen Einkünfte und Bezüge betragen 8.512,32 EUR und übersteigen somit den maßgebenden Grenzbetrag i.H.v. 7.680,- EUR. Ein Abzug von außergewöhnlichen Belastungen scheidet in den Streitjahren aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Revisionsgründe des § 115 Abs. 2 FGO einschlägig ist. Der Abzug von Unterhaltsverpflichtungen bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge der unterstützten Personen ist vor dem Hintergrund der zuvor zitierten Rechtsprechung geklärt.

Ende der Entscheidung

Zurück