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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.07.2005
Aktenzeichen: 11 K 6674/04 BG
Rechtsgebiete: BewG


Vorschriften:

BewG § 33
BewG § 43
BewG 99 Abs. 1 Nr. 2
BewG § 138 Abs. 2
BewG § 140 Abs. 1 Satz 1
BewG § 145 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist, ob ein Grundstück, auf dem Braunkohletagebau betrieben wird, als land- und forstwirtschaftliches Vermögen oder als unbebautes Grundstück zu bewerten ist.

Der Beklagte erhielt am 13.07.2004 eine Anfrage nach Grundbesitzwerten für Erbschaftsteuer des Finanzamtes M-Stadt für das Grundstück H-Stadt Flur x, Flurstück 93. In der Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwertes machten die Kläger eine Bewertung dieses Grundstücks als landwirtschaftliche Nutzfläche geltend.

Durch Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 10.11.2003 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 27.08.2004 stellte der Beklagte für die wirtschaftliche Einheit in K-Stadt, Gemarkung H-Stadt, Flur x, Flurstücke 93, 211, 215 und Flur x2, Flurstück 44 den Grundbesitzwert auf 209.500,00 € fest. Der Beklagte ermittelte den Grundbesitzwert für ein unbebautes Grundstück gemäß § 145 Abs. 3 Bewertungsgesetz (BewG) auf Grund einer Fläche von 73.336 m² und einem Bodenrichtwert von 7,00 DM pro m² abzüglich des gesetzlichen Abschlages von 20 %. Das Grundstück wurde den Klägern zu je 1/2 zugerechnet.

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass es sich bei dem zu bewertenden Grundstück um Flächen handele, auf denen zur Zeit Tagebau stattfinde. Es handele sich um Ackerflächen, die ihnen als Neuackerland zur Verfügung zu stellen seien. Aus diesem Grund sei nicht der Bodenrichtwert für unbebaute Grundstücke, sondern für Ackerland heranzuziehen. Die Fläche werde von der T-1-AG bzw. der T-2-AG nach Beendigung der bergbaulichen Nutzung wieder als landwirtschaftliches Grundstück zur Verfügung gestellt werden. Eine Bewertung als unbebautes Grundstück entbehre jeglicher rechtlichen Grundlage. Mit Einspruchsentscheidung vom 08.11.2004 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kläger haben am 09.12.2004 Klage erhoben.

Zur Begründung der Klage berufen sie sich u. a. darauf, dass sie auf Grund letztwilliger Verfügung der Frau Charlotte C., die am 10.11.2003 verstorben sei, die Ackerlandgrundstücke K-Stadt, Gemarkung H-Stadt, Flur x, Flurstücke 93, 211, 215 und Flur x2, Flurstück 44 im Wege des Vermächtnisses geerbt hätten. Die Flächen seien ihnen durch notariellen Vermächtniserfüllungsvertrag zugeteilt worden. Zur Zeit "befänden sich die Flächen im Rahmen der bergbaulichen Nutzung" durch die Firma T-2-AG. Eine Eigentumsübertragung an die Firma T-2-AG habe nicht stattgefunden. Diese sei nach Beendigung der bergbaulichen Nutzung verpflichtet, die Ackerflächen zur Bewirtschaftung wieder zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund begehren die Kläger die Feststellung des Grundbesitzwertes gemäß §§ 33, 99, 138 und 140 BewG als Ackerland unter Berücksichtigung der Ertragsmesszahl multipliziert mit 0,35 €.

Die Kläger sind der Ansicht, dass der Beklagte verkenne, dass es sich bei den zur bergbaulichen Nutzung überlassenen Ackerflächen um Flächen handele, die nach wie vor dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zuzuordnen seien. Die Flächen seien auch dazu bestimmt, nach Beendigung der bergbaulichen Nutzung weiter dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen. Gerade um dies zu sichern, seien die Flächen lediglich zur bergbaulichen Nutzung überlassen und nicht verkauft worden. Es sei nicht sachgerecht, derartige Flächen mit dem Bodenrichtwert anstatt mit dem Wert für Ackerflächen zu bewerten.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 10.11.2003 für Zwecke der Erbschaftsteuer vom 27.08.2004 für die wirtschaftliche Einheit in K-Stadt, Gemarkung H-Stadt, Flur x, Flurstücke 93, 211 und 215 und Flur x2, Flurstück 44 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.11.2004 insoweit zu ändern, als das Grundstück auf Grund des § 142 Abs. 2 Nr. 1 a BewG und einer Ertragsmesszahl in Höhe von 53.613 und 0,35 € je Ertragsmesszahl zu bewerten ist,

hilfsweise,

die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte darauf, dass es sich bei der betreffenden wirtschaftlichen Einheit um ein unbebautes Grundstück und zwar um Abbauland, das durch die Firma T-1-AG bergbaulich genutzt werde, handele. Seitens des Finanzamtes sei das Grundstück zu Recht gemäß § 145 Abs. 3 BewG mit einem m²-Preis von 7,00 DM (3,58 €) bewertet worden.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass im Rahmen der Bedarfsbewertung Abbaulandflächen grundsätzlich als Grundvermögen gemäß § 145 Abs. 3 BewG zu bewerten seien. Das Grundstück sei, entgegen der Auffassung der Kläger, nicht als land- und forstwirtschaftliches Vermögen zu qualifizieren. Aus den §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 99 Abs. 1 Nr. 2, 138 Abs. 2 und 140 Abs. 1 Satz 1 BewG folge, dass zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nur die Wirtschaftsgüter gehören, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt seien. Im Streitfall sei das betreffende Grundstück zum Feststellungszeitpunkt kein land- und forstwirtschaftliches Vermögen. Da es im wirtschaftlichen Eigentum von T-1-AG gestanden habe, sei es nicht dazu bestimmt, einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft zu dienen.

Bezüglich der Höhe des Bedarfswertes trägt der Beklagte vor, dass für Ackerland in K-Stadt der Bodenrichtwert lt. Auskunft des zuständigen Gutachterausschusses zum 01.01.1996 7,00 DM pro m² betragen habe. Zum Nachweis reichte der Beklagte einen Auszug aus der Richtwertliste des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis L ein, aus dem sich Bodenwerte für Landwirtschaftsflächen für K-Stadt-Süd Gemarkung H-Stadt und Dorf J sowohl für das Jahr 1995 als auch für das Jahr 1996 in Höhe von 7,00 DM ergeben.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte hat das streitige Grundstück dem Grunde und der Höhe nach zu Recht als unbebautes Grundstück i. S. d. § 145 Abs. 3 BewG und nicht als land- und forstwirtschaftliches Vermögen bewertet.

Aus den §§ 138 Abs. 2 und 140 Abs. 1 Satz 1 BewG i. V. m. §§ 33 Abs. 1 Satz 1, 99 Abs. 1 Nr. 2 BewG folgt, dass zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen nur die Wirtschaftsgüter gehören, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind. Zu den Wirtschaftsgütern, die einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft dauernd zu dienen bestimmt sind, gehört gemäß § 33 Abs. 2 BewG insbesondere der Grund und Boden. Der Grund und Boden eines Betriebes der Land- und Forstwirtschaft umfasst neben den land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen auch Grund und Boden, der land- und forstwirtschaftlich nutzbar ist, aber auf bestimmte oder unbestimmte Zeit nicht land- und forstwirtschaftlich genutzt wird. Zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen gehören auch das Brachland, das Abbauland i. S. d. § 43 BewG, das Geringstland i. S. d. § 44 BewG und das Unland i. S. d. § 45 BewG sowie gemäß § 42 BewG der Grund und Boden, der zu einem Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft gehört (vgl. Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 33 BewG Tz. 16). Zum Abbauland gehören gemäß § 43 BewG die Betriebsflächen, die durch Abbau der Bodensubstanz überwiegend für den Betrieb nutzbar gemacht werden (Sand-, Kies-, Lehmgruben, Steinbrüche, Torfstiche und dergleichen). Die abgebaute Bodensubstanz muss überwiegend, d. h. zu mehr als der Hälfte, im Betrieb der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung gehört Abbauland zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen (vgl. Gürsching/Stenger, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 43 BewG Tz. 1).

Da im Streitfall das Grundstück zum Bewertungsstichtag 10.11.2003 nicht land- und forstwirtschaftlich nutzbar war und die abgebaute Bodensubstanz nicht im Betrieb der Kläger verwendet wurde, gehört das Grundstück nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und das Grundstück ist wie Grundvermögen zu bewerten (vgl. Walter, INF 2005, 457). Ohne Bedeutung ist, dass das Grundstück, wenn der Braunkohleabbau abgeschlossen ist, wieder aufgefüllt an die Kläger als Ackerland herausgegeben wird. Denn zum Bewertungsstichtag 10.11.2003 war das Grundstück kein Ackerland und als Abbauland gehörte es - wie sich aus § 43 BewG ergibt - nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen. Ebenfalls ohne Bedeutung ist, dass den Klägern nach dem Bewertungsstichtag von der T-2-AG Austauschland für die Zeit bis zur Herausgabe des zu bewertenden Grundstücks zur Verfügung gestellt wurde. Denn das zu bewertende Grundstück und das Austauschland sind zwei verschiedene Wirtschaftgüter, die unabhängig voneinander zu bewerten sind.

Der Beklagte hat zu Recht einen Grundbesitzwert in Höhe von 209.500,00 € festgestellt.

Der Wert unbebauter Grundstücke bestimmt sich gemäß § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG nach ihrer Fläche und dem um 20 v. H. ermäßigten Bodenrichtwert. Bodenrichtwerte sind die für jedes Gemeindegebiet auf Grund einer Kaufpreissammlung gemäß § 196 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch zu ermittelnden durchschnittlichen Lagewerte für den Grund und Boden. Bodenrichtwerte sind von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch auf den 01.01.1996 zu ermitteln und den Finanzämtern mitzuteilen.

Der Beklagte hat zu Recht aus der Richtwertliste 1996 des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis L einen Richtwert für Landwirtschaftsflächen auf den 01.01.1996 für den Bereich K-Stadt-Süd (Gemarkung H-Stadt und Dorf J) in Höhe von 7,00 DM pro m² entnommen und auf Grund dieses Ausgangswertes unter Berücksichtigung des gesetzlichen Abschlags von 20 % und einer unstreitigen Grundstücksfläche von 73.336 m² den Grundbesitzwert errechnet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision ist im Streitfall nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs i. S. d. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erfordert.

Ende der Entscheidung

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