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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 11.05.2009
Aktenzeichen: 11 K 7141/01 F (1)
Rechtsgebiete: GKG, GewStG


Vorschriften:

GKG § 40
GKG § 52 Abs. 1
GKG § 63 Abs. 1
GKG § 63 Abs. 2
GewStG § 10a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Streitwert wird auf 4.107 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die Klägerin erhob am 18. Dezember 2001 Klage gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1999 vom 24. Oktober 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2001, mit der sie eine Erhöhung des im Rahmen der Einspruchsentscheidung festgestellten Verlustes i.H.v. 130.333 DM auf 210.664 DM - mithin um 80.331 DM - begehrte.

Mit Senatsurteil vom 15. September 2005 wurde der vortragsfähige Gewerbeverlust mit 140.207 DM festgestellt; die Verfahrenskosten wurden der Klägerin zu 71 % und dem Beklagten zu 29 % auferlegt. Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit im anschließenden Revisionsverfahren (Az. IV R 59/05) in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, erklärte der Bundesfinanzhof - BFH - das Senatsurteil vom 15. September 2005 mit Beschluss vom 30. Oktober 2008 für gegenstandslos und legte dem Beklagten die Kosten des gesamten Verfahrens auf.

Im Rahmen des sich anschließenden Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß § 149 der Finanzgerichtsordnung - FGO - streiten sich die Beteiligten nunmehr über die Höhe des Streitwerts, den die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit 4.107 EUR beziffert hat.

Die Klägerin begehrt, den Streitwert mit 9.241 EUR festzusetzen. Wie der BFH mit Beschluss vom 31. März 2008 (IX E 1/08, BFH/NV 2008, S. 1336) festgestellt habe, sei der Streitwert im Verlustfall soweit möglich nach den tatsächlichen, konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen zu bestimmen. Nur wenn dies nicht möglich sei, seien 10 % des streitigen Verlustes anzusetzen (BFH-Beschluss vom 26. Januar 2006 VIII E 6/05, BFH/NV 2006, 1112). Dies müsse entsprechend für den gewerbesteuerlichen Verlustvortrag gelten. Vorliegend sei der Verlustvortrag in voller Höhe mit Gewinnen der Klägerin verrechnet worden. Die steuerliche Auswirkung - d.h. die Gewerbesteuer, die ohne den Verlustvortrag festgesetzt worden wäre - sei daher wie folgt zu berechnen:

5 % (Steuermesszahl) x 80.331 DM (Gewerbeverlust) x 450 % (Hebesatz)

= 18.074 DM (9.241 EUR)

Demgegenüber ist der Beklagte der Auffassung, der Streitwert sei im Wege der Pauschalierung mit 10 % des streitigen Verlustes anzusetzen. Es stehe keinesfalls fest, ob überhaupt, wann und ggf. in welcher Höhe sich der festgestellte Gewerbeverlust steuerlich auswirken werde. Der Beklagte hat gerichtliche Streitwertfestsetzung beantragt.

II. Der Streitwert des vorliegenden Verfahrens ist auf 4.107 EUR festzusetzen.

Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes - GKG - setzt das Prozessgericht - soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 GKG nicht ergeht oder nicht bindet - den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (§ 63 Abs. 2 Satz 2 GKG). Im Hinblick auf den Antrag des Beklagten ist der Streitwert daher gerichtlich festzusetzen.

Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG).

Der festzusetzende Streitwert beträgt 4.107 EUR. Dies entspricht der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache im Sinne von § 52 Abs. 1 GKG.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts gemäß § 10a des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -. Hierbei handelt es sich mangels Steuerfestsetzung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 52 Abs. 3 GKG, sondern um einen Verwaltungsakt, der sich nur (doppelt) mittelbar - über den Vortrag des Gewerbeverlustes sowie die Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags - auf Verwaltungsakte auswirkt, die auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet sind, nämlich die Gewerbesteuerbescheide für die Jahre ab 2000. Diese mittelbare steuerliche Auswirkung rechtfertigt es jedoch, § 52 Abs. 1 GKG anzuwenden und nicht § 52 Abs. 2 GKG (Beschluss des FG Düsseldorf vom 25. Juli 2002 11 K 3813/99, EFG 2003, 1731). Es kommt daher auf die Bedeutung der Sache für die Klägerin an.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Literaturmeinung ist der Streitwert hinsichtlich eines die Feststellung nach § 10d EStG betreffenden Verfahrens, soweit möglich, nach den tatsächlichen konkreten einkommensteuerlichen Auswirkungen zu bestimmen. Ist dies nicht möglich, ist ein Pauschalsatz von 10 % des streitigen Verlustes anzusetzen (BFH-Beschluss vom 26. Januar 2006 VIII E 6/05, BFH/NV 2006, 1112; Beschlüsse des FG Düsseldorf vom 12. Oktober 1995 14 K 2199/93 F, EFG 1996, 158, und 25. Juli 2003 11 K 3813/99 F, EFG 2003, 1731; Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 135 FGO Rn. 268).

Entsprechende Rechtsprechung existiert für die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes nach § 10a GewStG - soweit ersichtlich - nicht. Der Senat sieht indes keine Veranlassung, bei der Verlustfeststellung nach § 10a GewStG von anderen als den zuvor dargelegten Grundsätzen auszugehen, da die Bestimmung der Bedeutung der Sache für den Kläger mit denselben Unwägbarkeiten verbunden ist. Die Rechtsprechung ist daher sinngemäß auf die Feststellung des Gewerbeverlustes anzuwenden.

Vorliegend hat die Klägerin - unwidersprochen - vorgetragen, der Verlustvortrag sei in den folgenden Veranlagungszeiträumen mit Gewinnen verrechnet und dementsprechend komplett aufgebraucht worden. Dementsprechend kann an sich die tatsächliche konkrete steuerliche Auswirkung bestimmt werden. Nach der Senatsrechtsprechung zu § 10d EStG ist indes von einer Bestimmung des Streitwerts nach der konkreten steuerlichen Auswirkung abzusehen, wenn deren Ermittlung bei der gesonderten Feststellung von Verlusten, die sich erst in den folgenden, zeitlich nicht eingrenzbaren Veranlagungszeiträumen auswirken, wegen fehlender Kenntnis über zukünftige Besteuerungsgrundlagen nicht möglich ist (Beschluss des FG Düsseldorf vom 25. Juli 2003 11 K 3813/99 F, EFG 2003, 1731). Diese Erwägung gilt für die Feststellung nach § 10a GewStG gleichermaßen. Daher kann auch hier nicht auf die tatsächlichen konkreten steuerlichen Auswirkungen abgestellt werden.

Im Übrigen ist zu beachten, dass für die Streitwertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet, maßgebend ist (§ 40 GKG). Daraus folgt nach Auffassung des Senats, dass bei der Streitwertermittlung darauf abzustellen ist, ob die tatsächliche konkrete steuerliche Auswirkung im Zeitpunkt der Antragstellung leicht und einwandfrei nachprüfbar ist (ebenso Beschluss des FG Düsseldorf vom 19. Mai 2008 2 K 4365/04 F, nicht veröffentlicht). Ansonsten hinge es von Zufälligkeiten (z.B. der Länge des Klageverfahrens oder der Einlegung von Rechtsmitteln) ab, ob im Zeitpunkt der Streitwertfestsetzung bereits eine bessere - "wertaufgehellte" - Erkenntnis über die tatsächliche steuerliche Auswirkung des Verlustvortrags vorliegt. Die Höhe des Streitwerts darf jedoch nicht von derartigen Zufälligkeiten abhängig sein.

Im Zeitpunkt der Klageerhebung am 18. Dezember 2001 war die tatsächliche konkrete steuerliche Auswirkung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes noch nicht leicht und einwandfrei feststellbar. Dies folgt insbesondere aus der Tatsache, dass die Klägerin auch im Jahr 2000 einen Gewerbeverlust erlitten und sich daher der Verlustvortrag zum 31. Dezember 2000 sogar noch erhöhte hatte (vgl. Anlage 8b zum Bericht des Finanzamts F vom 29. September 2003, Blatt 24 der Gerichtsakte). Er konnte sich daher frühestens ab dem Veranlagungszeitraum 2001 auswirken. Daher stand die tatsächliche konkrete steuerliche Auswirkung erst nach Klageerhebung fest.

Vor diesem Hintergrund ist die steuerliche Auswirkung zu pauschalieren. Es erscheint sachgerecht, den Pauschalsatz - wie bei der Einkommensteuer - mit 10 % des streitigen Verlustes anzusetzen. Zwar wird zum Teil davon ausgegangen, dass der Streitwert bei streitigen Feststellungen nach § 10a GewStG mit 20 % - bei einem unterstellten Hebesatz von 400 % - bzw. 15 % - bei einem unterstellten Hebesatz unter 400 % - des streitigen Verlustbetrags anzusetzen ist (Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 135 FGO Rn. 268). Eine Rechtfertigung dafür, von dem Pauschalsatz von 10 % abzurücken, ist indes nicht ersichtlich, zumal das Abstellen auf den konkreten Hebesatz gerade dem Typisierungsbedürfnis zuwider laufen würde.

Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei (vgl. Brandis, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 135 FGO Rn. 128 m.w.N.).

Ende der Entscheidung

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