Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 13 K 1905/02 G
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 2
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewerbesteuerpflicht der Klägerin für die Streitjahre 1994 bis 1999.

Die Klägerin absolvierte an der technischen Hochschule in...ein Studium mit dem Abschluss (30.12.1980) als "Magister Ingenieur Elektronik".

Nachdem sie in der Folgezeit zunächst nichtselbstständig bei der Firma "A" im Bereich Software tätig war, meldete die Klägerin am 20.04.1994 zum 01.04.1994 den gewerblichen Betrieb "EDV-Organisation, Beratung, Programmierung, PC-Technologie sowie Verkauf von PCs und Zubehör" an.

Laut Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes - EStG - erklärte sie für die Streitjahre Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gemäß § 18 EStG.

Auf Grund einer steuerlichen Außenprüfung für die Jahre 1995 bis 1997 kam der Prüfer in seinem Bericht vom 05.12.2000 u. a. zu folgendem Ergebnis:

Die Einkünfte der Klägerin seien solche aus Gewerbebetrieb und nicht solche aus selbstständiger Tätigkeit. Die Steuerpflichtige berate Firmen, die von der Firma "A" erworbene Computersysteme nutzten. Ihre Aufgabe bestehe darin, die Anwender in der Nutzung des Personal-, Abrechnungs- und Informationssystems zu unterstützen, dies beinhalte z. B. die Analyse von Geschäftsprozessen, Anleitungen zur methodischen Softwareentwicklung, die Analyse von Fehlern und deren Beseitigung und die telefonische Einsatzberatung. Das Gesamtbild ihrer Tätigkeit entspreche den typischen Aufgabenmerkmalen eines EDV-Beraters, dies gelte auch dann, wenn der EDV-Berater über einen Hochschulabschluss verfüge. Die Einkünfte seien daher als gewerbliche Einkünfte anzusetzen.

Auf den weiteren Inhalt des Prüfungsberichts wird Bezug genommen.

Hierauf erließ der Beklagte im Jahre 2001 für die Streitjahre entsprechende erstmalige Gewerbesteuerbescheide.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein und trug u. a. vor, sie übe als Ingenieur mit dem Spezialgebiet Elektronik einen Katalogberuf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus.

Der Einspruch blieb erfolglos.

Auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 04.03.2002 wird Bezug genommen.

Mit ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

Die Gewerbeanmeldung im Jahre 1994 sei irrtümlich erfolgt, da sie, die Klägerin, angenommen habe, dass jegliche Art selbstständiger Tätigkeit bei der Stadt anzumelden sei. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen (z. B. Projektbeschreibungen) und des nachfolgend dargestellten Projektablaufs sei ihre Tätigkeit nicht vergleichbar mit der Tätigkeit eines EDV-Beraters. Vielmehr übe sie im Bereich der Systemtechnik den von ihr erlernten Katalogberuf des Ingenieurs aus.

"Projektablauf:

1. Ist-Analyse: Interview mit dem Fachbereich

2. Problemfindung

3. Entwicklung von Lösungen

4. Entwicklung von Datenmodellen

5. Entwicklung eines neuen EDV-Systems

6. Testphase

7. Einsatz des EDV-Systems im Unternehmen

8. Überwachung des neuen Systems im Unternehmen

9. Behebung eventueller Schwachstellen."

Ein weiterer Aspekt zur Einstufung ihrer Tätigkeit als Freiberuflerin wäre die Vergleichbarkeit ihrer Tätigkeit mit der eines Unternehmensberaters, der auf einem Spezialgebiet tätig sei. Ebenso wie ein Unternehmensberater auf seinem Gebiet analysiere sie die Datenprozesse in den Unternehmen der Auftraggeber, mache Verbesserungsvorschläge und optimiere die Abläufe. Dabei arbeite sie eng mit den Unternehmensberatern zusammen oder sei in deren Auftrag tätig.

Wegen des weiteren Vortragens der Klägerin wird auf die Schreiben vom 05.04., 11.05. und 14.08.2002 sowie vom 03.03.2004 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 1999 sowie die Einspruchsentscheidung vom 04.03.2002 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt u. a. vor:

Auf Grund der Tätigkeitsbeschreibung sei die Klägerin nicht selbstständig als Ingenieur im Sinne des § 18 EStG tätig. Laut dem aufgeführten Projektablauf beschäftige die Klägerin sich mit der Entwicklung von Lösungen und Datenmodellen im EDV-Bereich sowie mit dem Einsatz von EDV-Systemen und der Überwachung im Unternehmen.

Auf die Schreiben des Beklagten vom 24.06.2002 und vom 08.04.2004 wird Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 05.02.2004 hat das Gericht gemäß § 79 b Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - der Klägerin Gelegenheit gegeben, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Klägerin in den Streitjahren im Bereich der Systemtechnik den von ihr erlernten Katalogberuf als Ingenieur oder einen ähnlichen Beruf im Sinne der Vorschrift § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt hat. Die Klägerin sollte hierzu z. B. eine repräsentative Auswahl der von ihr in den Streitjahren abgeschlossenen Verträgen einreichen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide 1994 bis 1999 sind nicht zu beanstanden. Sie sind rechtmäßig.

Zutreffend hat der Beklagte die Einkünfte der Klägerin als solche aus gewerblicher und nicht als solche aus freiberuflicher Tätigkeit eingeordnet und somit den erzielten Gewinn der Gewerbesteuer unterworfen.

Zu den Einkünften aus selbstständiger freiberuflicher Tätigkeit gehören gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG u. a. die selbstständige Berufstätigkeit der Ingenieure und der beratenden Volks- und Betriebswirte und diesen ähnliche Berufe.

Demgegenüber ist gemäß § 15 Abs. 2 EStG eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbstständige Arbeit anzusehen ist.

Ausgehend von diesen vorstehenden Voraussetzungen erfüllte die Tätigkeit der Klägerin, die nach Auffassung des Senats als Tätigkeit eines EDV-Beraters einzustufen ist, die Merkmale eines gewerblichen Unternehmens im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG.

Entgegen der Auffassung der Klägerin übte sie in den Streitjahren keinen der in § 18 Abs. 1 EStG genannten Katalogberufe - insbesondere nicht den eines Ingenieurs oder beratenden Betriebswirts - aus. Auch eine diesen Berufsbildern ähnliche Tätigkeit kommt hier ebenso wie eine sonstige Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG nicht in Betracht.

Die Tätigkeit der Klägerin ist vielmehr als die eines (gewerblichen) EDV-Beraters anzusehen.

Diese Tätigkeit stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, der sich das Gericht anschließt, steuerrechtlich einen eigenständigen Beruf dar, der sich von dem eines beratenden Betriebswirts (Unternehmensberaters) unterscheidet (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 24.08.1995, IV R 60-61/94, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1995, 888).

Wesentliches Kriterium für die Eingruppierung als EDV-Berater ist, dass die Tätigkeit dazu bestimmt ist, der Entwicklung, Programmierung oder der Pflege sowie der Betreuung des Einsatzes von Software-Produkten zu dienen. EDV-Berater ist mithin auch derjenige, der als Anwendersoftware-Berater die Nutzer betreut und auf Grund seiner durch die Betreuung gewonnen Anregungen und Erfahrungen bei der Pflege, dem Einsatz und der Weiterentwicklung des Programms mitwirkt. Etwas anderes gilt auch dann nicht, wenn der EDV-Berater - wie hier die Klägerin - über einen Hochschulabschluss verfügt (vgl. BFH-Urteil vom 07.11.1999, IV R 17/90, BStBl II 1993, 324; BFH-Urteil IV R 60-61/94, a. a. O.).

Die im Rahmen der Vorfeldbetrachtung (Vorbereitung) erstellten Analysen stellen regelmäßig keine gegenüber der EDV-Beratung abgrenzbare betriebswirtschaftliche Beratung im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, sondern dienen grundsätzlich der Klärung, ob und wie das Softwareprodukt optimal eingesetzt werden kann. Zu den typischen Fähigkeiten eines (gewerblichen EDV-Beraters gehört u. a. z. B. die (laufende) Beratung der Anwender, die Analyse von Fehlern und deren Beseitigung sowie die schriftliche und telefonische Einsatzberatung (BFH-Urteil IV R 60-61/94, a. a. O.).

Schließlich gehört auch die Personalschulung zu den typischen Tätigkeiten eines EDV-Beraters (vgl. BFH-Urteil vom 18.10.1990, IV R 90/89, Sammlung der nicht amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 1991, 515).

Ausgehend von diesen oben dargestellten Grundsätzen ist die Tätigkeit der Klägerin in den Streitjahren als die einer gewerblich tätigen EDV-Beraterin einzuordnen.

Soweit ihre Tätigkeit auch Elemente aus den Bereichen beratende Betriebswirtschaft oder Systemsoftware (ingenieurähnliche Tätigkeit) aufweist, gibt demgegenüber die Beratung und Betreuung bezüglich der Anwendersoftware und damit die Tätigkeit einer gewerblichen EDV-Beraterin der Gesamttätigkeit der Klägerin in den Streitjahren eindeutig und untrennbar das Gepräge (vgl. Schmidt, EStG, Kommentar, 23. Aufl., § 18 Anm. 155 - EDV-Berater m. w. N. aus Rechtsprechung und Literatur).

Insbesondere auch ausweislich der auf Grund der gerichtlichen Verfügung gemäß § 79 b Abs. 2 FGO eingereichten Unterlagen wird deutlich, dass der die Gesamttätigkeit der Klägerin untrennbar prägende Schwerpunkt auf der Betreuung, Weiterentwicklung, Anpassung von Anwendersoftware sowie auf diesbezüglicher Controlling und auf der EDV-mäßigen Personalschulung lag.

Aus dem Schreiben der "E" vom 28.11.2000 an die Klägerin geht hervor, dass die Tätigkeit der Klägerin u. a. in der Überprüfung von bestehenden bzw. der Qualitätssicherung neu entwickelter Unternehmens-, Daten- und Softwaremodellen, der Anleitung von Mitarbeitern zur methodischen Softwareentwicklung und professionellen Projektabwicklung sowie der Übernahme von Controlling-Funktionen in Projekten lag.

Aus dem Schreiben der "B" Unternehmens-Beratung GmbH (GmbH) vom 13.11.2000 geht hervor, dass die Klägerin u. a. bei der Beratung zur Überprüfung von Unternehmens-Daten und Softwaremodellen, Anleitung von Softwareingenieuren zur methodischen Softwareentwicklung sowie u. a. bei der Übernahme von Controlling-Funktionen in Projekten und Coaching von Personen und Personengruppen tätig wurde.

Soweit die Klägerin - wie aus beiden Schreiben hervorgeht - auch mit der Analyse von Geschäftsprozessen und Aufzeigen von betriebswirtschaftlichen Lösungsverfahren tätig war, stellen diese im Rahmen der Vorfeldbetrachtung erstellten Analysen, die für die Weiterentwicklung der Anwendersoftware im Übrigen notwendig waren, regelmäßig keine gegenüber der reinen gewerblichen EDV-Beratung abgrenzbare betriebswirtschaftliche Beratung im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar (vgl. BFH-Beschluss vom 21.05.1992 IV B 89/91, BFH/NV 1993, 292).

Auf Hilfestellung zur Erstellung von Anwendersoftware weist die Anlage 7 vom 03.12.1997 zum Rahmenvertrag Nr. 950 303 der Klägerin mit der GmbH hin. Hiernach sollte die Klägerin ein Konzept für die Umstellung der "E"-Datenstrukturen zur Verwaltung 4-stelliger Jahreszahlen erstellen.

Laut Anlage 6 zum Rahmenvertrag Nr. 950 303 mit der GmbH sollte die Klägerin einen eintägigen Workshop und somit eine Schulung durchführen.

Laut Anlage 1 bis 5 zum Rahmenvertrag Nr. 950 303 mit der GmbH sollte die Klägerin eine Konzeption der Lagerverwaltung in CollPPs laut Vorgabe vom Dezember 1997 erstellen.

Schließlich sollte die Klägerin laut Anlage 4 zum Rahmenvertrag Nr. 950 303 mit der GmbH ein Gutachten über die technische und funktionale Qualität des PPs-Systems der Firma "D" GmbH erstellen.

Außerdem stellte die Klägerin mit Rechnung vom 10.08.1994 der Firma "C" Vertriebsgesellschaft mbH in...5.888,00 DM für in Auftrag gegebene Programmierung im Bereich Zeitwirtschaft in Rechnung.

Die Klägerin hat schließlich auch keine ihre Beschäftigung prägende Tätigkeit in Form einer ingenieurähnlichen Tätigkeit ausgeübt. Sie hat nicht im Wesentlichen Systemsoftware entwickelt (vgl. BFH-Urteil IV R 90/89, a. a. O.). Vielmehr lag ihre Tätigkeit - wie der Senat auch der Darstellung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entnahm - schwerpunktmäßig in der Anwenderbetreuung und in der Optimierung der Anwendersoftware.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück