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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.02.2001
Aktenzeichen: 14 K 1424/98 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

14 K 1424/98 E

Tenor:

Der Einkommensteuerbescheid 1981 vom 12.08.1983 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.1988 wird dahingehend abgeändert, dass Aufwendungen in Höhe von 6.492,66 DM als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG zu berücksichtigen sind. Die AfA für das Gebäude "A-Str.) wird dahingehend korrigiert, dass die AfA der Rechtsvorgängerin (Frau "B") fortzuführen ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berechnung der geänderten Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Beklagte zu 85 v. H. und die Kläger zu 15 v. H.

Tatbestand:

Die Kläger erwarben mit notariellem "Übertragungsvertrag" vom 16.06.1981 ein 4geschossiges Mietwohngebäude von der damals 78 Jahre alten, alleinstehenden Frau "B", die im Erdgeschoss des Gebäudes wohnte. Frau "B" ist mit den Klägern nicht verwandt oder verschwägert, hat diese aber als ihre alleinigen Erben eingesetzt.

Nach dem Übertragungsvertrag sollte Frau "B" ab 01.07.1981 auf Lebenszeit der Nießbrauch an dem übertragenen Gebäude zustehen, dessen Jahreswert mit ca. 15.000 DM angegeben wurde. Ferner war vereinbart, dass Frau "B" im Laufe des Jahres 1981 in ein Altenheim aufgenommen werde. Die dadurch entstehenden Kosten sollten in erster Linie aus den mit dem übertragenen Gebäude erzielten Einnahmen aufgebracht werden. Die Kläger verpflichteten sich, den nicht aus den Hauseinnahmen zu deckenden Mehrbetrag der Heimkosten, den die Vertragsparteien mit 300 DM monatlich ansetzten, zu übernehmen und Frau "B" außerdem zur Bestreitung ihrer persönlichen Ausgaben einen angemessenen Betrag (200 DM monatlich) ab Aufnahme in das Altenheim zahlen. Nach Abschluss des Übertragungsvertrages zog Frau "B" aus dem Haus aus. Für die Zeit bis zu ihrer Aufnahme in das Altenheim (14.12.1981) trugen die Kläger die Kosten einer angemieteten Übergangswohnung.

Die Kläger haben an dem ihnen übertragenen Gebäude im Jahre 1981 Renovierungsaufwendungen in Höhe von 155.865 DM vorgenommen. Die erklärten Mieteinnahmen (4 Wohnungen; Wohnung im Erdgeschoss vom 01.07. bis 30.11.1981 leerstehend) beliefen sich für 1981 (01.07. - 31.12.) auf 7.357 DM und für 1982 auf 29.784 DM (einschließlich Nebenkosten in Höhe von 2.004 DM).

Bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung machten die Kläger für das übertragene Gebäude Absetzung für Abnutzung (AfA) geltend. Für die Errechnung der Anschaffungskosten legten sie einen Kaufpreis von 110.208 DM zu Grunde (Jahreswert des Nießbrauchs 15.000 DM zzgl. Zahlungsverpflichtung von 6.000 DM, insgesamt 21.000 DM x 5,248 gemäß § 14 des Bewertungsgesetzes i. V. m. Anlage 9). Ferner begehrten sie, für den Nießbrauch einen Betrag in Höhe des anteiligen Jahreswerts für 7 Monate (8.750 DM) abzuziehen, und zwar zunächst als Werbungskosten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz -EStG-, im Einspruchsverfahren dagegen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG. Die Kosten für die Übergangswohnung und das Altenheim (5.727 DM) machten die Kläger als dauernde Last gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG geltend.

Der Beklagte, dessen Bausachverständiger den Verkehrswert des übertragenen Mietwohngrundstücks auf 170.000 DM bezifferte, änderte - insoweit einvernehmlich mit den Klägern - die jeweils auf das Gebäude und auf Grund und Boden entfallenden Anteile der Anschaffungskosten, zog jedoch die als Sonderausgaben (dauernde Lasten) geltend gemachten Beträge von (8.750 DM + 5.727 DM =) 14.477 DM im Rahmen der den Einkommensteuerbescheid 1981 vom 12.08.1983 verbösernden Einspruchsentscheidung vom 12.02.1988 weder als Werbungskosten noch als Sonderausgaben ab.

Der dagegen erhobenen Klage gab der Senat mit Urteil vom 03.11.1993 nur in geringem Umfang statt. Der Senat behandelte den Übertragungsvertrag zwischen den Klägern und Frau "B" als entgeltliches Anschaffungsgeschäft. Die Grundsätze der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen seien nicht anwendbar, da eine Vermögensübergabe im Generationenverbund mangels gesetzlicher Erbberechtigung der Kläger nicht vorliege. Die als Entgelt vereinbarten wiederkehrenden Leistungen, deren Barwert das Gericht mit 136.448 DM ermittelte, seien allerdings in einen als Werbungskosten abzugsfähigen Zinsanteil und einen (nicht abzugsfähigen) Tilgungsanteil aufzuteilen.

Auf die vom Senat zugelassene Revision der Kläger hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Senats mit der Entscheidung vom 16.12.1997 IX R 11/94 auf und verwies die Sache an das Gericht zurück. Der Bundesfinanzhof vertrat die Auffassung, dass eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen mit steuerrechtlicher Wirkung grundsätzlich auch unter Fremden möglich sei. Die Prüfung, ob im Streitfall die bei Vermögensübertragungen unter Fremden bestehende Vermutung für ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft widerlegt sei, sei vom Finanzgericht vorzunehmen.

Die Kläger tragen nunmehr vor: Die Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts sei im Streitfall bereits wegen der besonderen persönlichen, familienähnlichen Beziehungen zwischen ihnen und Frau "B" als widerlegt anzusehen. Frau "B" sei zeitlebens unverheiratet und kinderlos gewesen und habe die Nähe zu ihnen und ihren Kindern in der Art eines Familienanschlusses gesucht, der ihr auch ermöglicht wurde. Die über nahezu 20 Jahre regelmäßig durchgeführten Besuche und Unterstützungen bei den verschiedensten erforderlich werdenden Gängen des Klägers mit Frau "B" hätten dazu geführt, dass bei verschiedenen Institutionen der Eindruck aufgekommen sei, Frau "B" sei die Mutter des Klägers. Wegen des weiteren Vorbringens der Kläger zur Frage der persönlichen Beziehungen wird auf die Schriftsätze vom 14.05.1998 und 13.01.1999 Bezug genommen.

Aus dieser persönlichen Beziehung heraus sei dann auch das Interesse von Frau "B" an einer angemessenen Versorgung durch die Kläger entstanden, die einhergegangen sei mit der Feststellung, dass Frau "B" selbst nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Verwaltung ihres Hauses sicherzustellen.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Vertragsbedingungen nicht in Abwägung von Leistung und Gegenleistung vereinbart worden seien, ergebe sich auch daraus, dass der Wert des übertragenen Grundstücks erheblich vom Barwert der wiederkehrenden Leistungen abweiche. Dem vom Gutachter festgestellten Wert für das Mehrfamilienhaus von 170.000 DM stehe lediglich ein Rentenbarwert von ca. 110.000 DM gegenüber. Die Differenz von ca. 60 % lasse einen Rückschluss auf einen entgeltlichen Leistungsaustausch zwischen Fremden nicht zu.

Ein weiteres Indiz gegen ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft sei darin zu sehen, dass die Zahlung eines Taschengeldes für Frau "B" vereinbart worden sei. Das gewährte Taschengeld sei typischerweise Ausdruck einer besonderen persönlichen Beziehung, womit ein Teilbereich privater Versorgung, neben der Versorgung durch Übernahme der Unterbringungskosten, gewährleistet worden sei.

Schließlich seien die zugesagten Versorgungsleistungen auch aus den Erträgen des übertragenen Grundstücks zu erwirtschaften. Aus der Sicht zum Zeitpunkt der Übertragung habe alles dafür gesprochen, dass auf Dauer die Versorgungsleistungen die erzielbaren Erträge nicht übersteigen würden. Dies gelte um so mehr, als nach den vom BFH aufgestellten Voraussetzungen Versorgungsleistungen jedenfalls ausschieden, wenn es sich auf Grund der Höhe der vereinbarten wiederkehrenden Leistungen schlechterdings nicht um Versorgungsleistungen handeln könne oder wenn der Übertragende nach der Übertragung eines Hauses offensichtlich mehr an Barmitteln zur Verfügung habe, als er zuvor aus der Vermietung des Hauses hätte erwirtschaften können. Die in 1981 erzielten Kaltmieten beliefen sich hochgerechnet auf 19.440 DM, wobei noch zu berücksichtigen sei, dass die im 1. und 3. Obergeschoss eingebauten Heizungen bereits eine höhere Miete rechtfertigt hätten. Nach der im Dezember 1981 vorgenommenen Mietvertrags- und Mietzinsanpassung hätte sich für die Wohnungen im 1. und 3. Obergeschoss eine Nettokaltmiete von insgesamt 13.260 DM jährlich ergeben. Dies sei der Betrag, der auf Grund der Installation der Heizung noch durch Frau "B" auch schon im Jahre 1981 erzielbar gewesen wäre. Für die beiden Wohnungen im Erdgeschoss und im 2. Obergeschoss seien nach der Mieterhöhung zum 01.01.1982 jeweils 605 DM monatlich erzielt worden. Hieraus errechne sich eine Jahresnettokaltmiete von 1.310 DM (richtig wäre 1.210 DM) x 12 = 15.720 DM (richtig wäre 14.520 DM). Insgesamt ergebe sich danach für 1982 eine Jahresnettokaltmiete von 28.980 DM (richtig wäre 27.780 DM), die tatsächlich auch erzielt worden sei. Selbst wenn man hiervon diejenigen Bewirtschaftungskosten, die nicht auf die Mieter abgewälzt worden seien, in Abzug bringen würde, ergäbe sich noch ein ausreichender Ertrag, um die Versorgungsleistungen zu erbringen.

Die Versorgungsleistungen errechneten sich aus dem Taschengeld i. H. v. 2.400 DM und den Kosten eines Heimplatzes für Frau "B". Ausweislich des Heimvertrages sei Frau "B" zunächst ab 07.12.1981 ein 2-Bett-Zimmer zugewiesen worden, weil im Heim seinerzeit ein den Bedürfnissen von Frau "B" ausreichendes 1Bett-Zimmer nicht zur Verfügung gestanden habe, gleichwohl eine Unterbringung aber gewünscht gewesen sei, um zunächst einmal einen Platz im Heim zu sichern. Für dieses 2-Bett-Zimmer habe Frau "B" naturgemäß einen höheren monatlichen Pflegesatz i. H. v. 2.100 DM entrichten müssen. Die Heimleitung habe jedoch in Aussicht gestellt, dass das nächst frei werdende 1-Bett-Zimmer von Frau "B" bezogen werden könne. Dies sei dann im August 1982 auch geschehen. Zu diesem Zeitpunkt sei dann der monatliche Pflegesatz auf 1.500 DM reduziert worden, was jährlichen Heimkosten von 18.000 DM entspreche. Von diesem Betrag, der sich in 1983 auf 18.834 DM erhöht habe, sei auszugehen, da die Belegung des 2-Bett-Zimmers nur von vorübergehender Dauer gewesen sei.

Die von ihnen im Jahre 1981 an Frau "B" erbrachten Versorungsleistungen beliefen sich auf insgesamt 7.112.26 DM. Hierbei handele es sich um die Heimkosten und das (anteilige) Taschengeld ab 07.12.1981 sowie die Kosten für die Übergangswohnung bis zur Aufnahme in das DRK-Altenheim.

Wegen der Beträge im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 14.02.2001 Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Kläger im Einzelnen wird auf die Schritsätze vom 13.01.1999, 14.05.1999, 14.01.2000 und 20.04.2000 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1981 vom 12.08.1983 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.02.1988 Aufwendungen in Höhe von 7.112.26 DM als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu berücksichtigen und die AfA entsprechend zu korrigieren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung: Den Klägern sei es nicht gelungen, die Vermutung der Entgeltlichkeit des Übertragungsgeschäfts zu widerlegen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die zugesagten Versorgungsleistungen nicht aus dem übertragenen Grundstück hätten erwirtschaftet werden können. Maßgeblich für eine derartige Prognose seien die durchschnittlichen Erträge nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Vermögensübergabe. Es sei darauf hinzuweisen, dass das im Jahre 1910 erbaute Gebäude nach Abschluss des Übergabevertrages für ca. 156.000 DM erheblich instandgesetzt und die renovierungsbedingten Mieterhöhungen im Übergabevertrag den Klägern zugebilligt worden seien. Die Mieterhöhungen, die aus einer umfassenden Renovierung und Modernisierung durch den Vermögensübernehmer resultierten, könnten nicht in die Berechnung einbezogen werden. Hierbei sei es unerheblich, ob die Vermögensübergeberin die Renovierungsmaßnahmen früher oder später selbst hätte durchführen müssen. Eine solche Betrachtung würde zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen, da nicht die Verhältnisse am Übertragungsstichtag, sondern in der Zukunft liegende mehr oder weniger ungewisse hypothetische Umstände Berücksichtigung finden würden. Dies würde zu einer Aufweichung der vom BFH für eine Vermögensübergabe aufgestellten sehr restriktiv auszulegenden Voraussetzung führen.

Im vorliegenden Fall seien somit bei der Durchführung der Prognoserechnung lediglich die Mieteinnahmen zu berücksichtigen, die bereits von der Vermögensübergeberin erwirtschaftet worden seien. Bei der Ermittlung dieser Mieteinnahmen könne an der bisher vorgenommenen Schätzung i. H. v. 20.000 DM festgehalten werden. Dieser Betrag sei noch um die laufenden Bewirtschaftungskosten zu kürzen. Danach sei offenkundig, dass die zugesagten Versorgungsleistungen nicht aus den erzielbaren Erträgen des Grundstücks beglichen werden könnten.

Wegen des diesbezüglichen Vorbringens des Beklagten im Einzelnen wird auf die Schriftsätze vom 11.11.1988, 09.03.2000 und 11.12.2000 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist im Wesentlichen begründet.

Die auf Grund des Übertragungsvertrages vom 16.06.1981 von den Klägern geleisteten Zahlungen sind in Höhe von 6.492.66 DM nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG als Sonderausgaben (dauernde Lasten) abzugsfähig. Der Übertragungsvertrag beinhaltet eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (private Versorgungsrente) und kein entgeltliches Anschaffungsgeschäft.

I.

Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einem Vermögensübergabevertrag vereinbart worden sind, werden nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. BFH-Beschluss vom 10.11.1999 X R 46/97, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2000, 188 unter III. 3. m. w. N.) dem Bereich der Sonderausgaben (dauernde Lasten oder Leibrenten) und dem Bereich der steuerbaren wiederkehrenden Bezüge zugerechnet. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist, dass - wie im Streitfall gegeben - eine ertragbringende Wirtschaftseinheit, die schon bisher vom Übergeber bewirtschaftet war und durch ihre Erträge ganz oder jedenfalls teilweise dessen Existenz sicherte, zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird (BFH-Urteile vom 14.02.1996 X R 106/91, BStBl II 1996, 687; vom 24.07.1996 X R 167/95, BStBl II 1997, 315; vom 27.08.1997 X R 54/94, BStBl II 1997, 813).

Die steuerrechtliche Sonderstellung des Vermögensübergabevertrages Zurechnung zu den Sonderausgaben und wiederkehrenden Bezügen, obwohl die im Zusammenhang mit der Übertragung vereinbarten wiederkehrenden Leistungen an sich den steuerrechtlichen Begriff der Anschaffungskosten erfüllen (vgl. BFH-Beschluss vom 07.03.1989 IX R 308/87, BStBl II 1989, 772) beruht darauf, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übergeber erwirtschaftet werden müssen (grundlegend Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 05.07.1990 GrS 4-6/89, BStBl II 1990, 847 und vom 15.07.1991 GrS 1/90, BStBl II 1992, 78; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.1992 1 BvR 4/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1993, 264; BFH-Urteile vom 23.01.1997 IV R 45/96, BStBl II 1997, 458; vom 27.08.1997 X R 54/94, a. a. O.).

II.

Ein solcher Vermögensübergabevertrag, der sich an dem zivilrechtlichen Typus der Hof- und Betriebsübergabe orientiert (vgl. BFH-Urteil X R 54/94, a. a. O.), ist grundsätzlich auch unter Fremden möglich (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1997 IX R 11/94, BStBl II 1998, 718; Fischer in Kirchhoff/Söhn, EStG, § 22 Rdnr. B 289; Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, § 10 EStG Rn. 40 a). Zwar besteht unter Fremden die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, dass bei der Übertragung von Vermögen Leistung und Gegenleistung kaufmännisch gegeneinander abgewogen sind, es sich mithin um ein entgeltliches Anschaffungsgeschäft handelt. Diese Vermutung ist jedoch im Streitfall als widerlegt anzusehen.

Die Kläger haben glaubhaft dargelegt, dass sie jahrelange enge persönliche Beziehungen zu Frau "B" unterhalten haben, die über ein rein nachbarschaftliches Verhältnis weit hinausgingen. Darüber hinaus sind die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen offenkundig nach dem Versorgungsbedürfnis der Frau "B" (pauschale Übernahme von Heimkosten sowie ein "angemessenes Taschengeld") ausgerichtet worden. Schließlich besteht ein erhebliches, objektives Missverhältnis zwischen dem Wert des übertragenen Vermögens (170.000 DM lt. Bausachverständigen des Beklagten) und dem Barwert der wiederkehrenden Leistungen (21.200 DM x 5,248 = 111.257 DM). Danach besteht keine Vermutung mehr für das Vorliegen eines entgeltlichen Anschaffungsgeschäfts (vgl. BFH-Urteil XI R 11/94 a. a. O.).

III.

Die Zuordnung des vorliegenden Übertragungsvertrages zum Rechtsinstitut der Vermögensübergabe scheitert auch nicht an einer mangelnden Ertragskraft des übertragenen Grundstücks.

1. Ob und inwieweit die Annahme der steuerlich privilegierten Vermögensübergabe voraussetzt, dass die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen aus den erzielbaren Erträgen des übertragenen Vermögens gezahlt werden können, ist in der Rechtsprechung des BFH noch nicht abschließend geklärt.

a. Nach Auffassung insbesondere des X. Senats des BFH ist die Sonderstellung der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, d. h. der Ausschluss der ansonsten gebotenen Wertverrechnung mit einer Gegenleistung, im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.1992, 1 BvR 4/87, HFR 1993, 264, allein durch den Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass es den Beteiligten typischerweise darauf ankomme, dass der Übernehmer nur aus dem Ertrag, den die übergebene Ertragsgrundlage abwerfe, die Versorgungsleistungen erbringen soll; auch die Besteuerung beim Bezieher als wiederkehrende Bezüge sei allein deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sich der Sache nach der Übergeber einen bestimmten Ertrag des bereits übergebenen Vermögens vorbehält (vgl. Urteil vom 27.08.1997 X R 54/94, a. a. O.). Demnach seien im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbarte Versorgungsleistung nur dann als dauernde Last abzugsfähig, wenn sie aus den laufenden Nettoerträgen des übergebenden Vermögens gezahlt werden können (vgl. Beschluss vom 10.11.1999 X R 46/97, BStBl II 2000, 188). Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen scheide jedenfalls aus, wenn es sich aufgrund der Höhe der vereinbarten wiederkehrenden Leistungen schlechterdings nicht um Versorgungsleistungen handeln könne (vgl. BFH-Urteile vom 23.01.1992 XI R 6/87, BStBl II 1992,526; vom 16.12.1997 IX R 11/94, a. a. O.), oder wenn der Übertragende nach der Übertragung eines Hauses offensichtlich mehr an Barmitteln zur Verfügung habe als er zuvor aus der Vermietung des Hauses habe erwirtschaften können (vgl. BFH-Urteile vom 24.11.1993 X R 123/90, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 1994, 704; vom 27.08.1996 IX R 86/93, BStBl II 1997, 47).

b. Demgegenüber wird in Rechtsprechung und Literatur auch die Auffassung vertreten, Gegenstand einer Vermögensübergabe könne auch eine existenzsichernde und ihrem Wesen nach ertragbringende Wirtschaftseinheit sein, deren Erträge nicht ausreichen, um die wiederkehrenden Leistungen zu erbringen. Wirtschaftseinheiten in diesem Sinne seien typischerweise Betriebe mit geringen Gewinnen oder Mietwohngrundstück mit geringen oder negativen Einkünften. Voraussetzung für eine Vermögensübergabe in diesen Fällen sei, dass der Wert des Vermögens im Zeitpunkt der Vermögensübergabe bei überschlägiger und großzügiger Berechnung mindestens die Hälfte des Kapitalwertes der wiederkehrenden Leistungen betrage (vgl. BFH-Urteil vom 23.01.1992 XI R 6/87, BStBl II 1992, 526; BMF-Schreiben vom 23.12.1996 Tz. 17, 18, BStBl I 1996, 1508). Diese Versorgungsleistungen seien regelmäßig nicht abänderbar; sie seien ausnahmsweise mangels Gleichmäßigkeit als dauernde Last zu behandeln, wenn die Vertragsparteien ausdrücklich auf § 323 ZPO oder eine gleichwertige Änderungsklausel Bezug nähmen (BMF-Schreiben vom 23.12.1996, Tz. 39, a. a. O.).

2. Der Meinungsstreit kann hier offen bleiben. Denn entgegen der Auffassung des Beklagten ist davon auszugehen, dass den Klägern ein ausreichend ertragbringendes Vermögen übertragen worden ist, das bereits von der Übergeberin bewirtschaftet worden ist und dieser auch zumindest teilweise als Existenzgrundlage gedient hat.

a. Die Kläger haben im ersten Jahr nach der Übertragung des Grundstücks (1982) Mieteinnahmen (ohne Nebenkosten) in Höhe von 27.780 DM erzielt (der von den Klägern errechnete Betrag von 28.890 DM beruht offensichtlich auf einem Rechenfehler). Abzüglich der laufenden Bewirtschaftungskosten, die nicht auf die Mieter abgewälzt wurden (Grundsteuer - 1.153 DM, laufende Reparaturen - 3.059 DM, Versicherung 587 DM, kleinere Ausgaben - 347 DM) ergibt sich ein Nettoertrag von 23.834 DM. Dem stehen Versorgungsleistungen in Höhe von (Heimkosten für ein 1-Bett-Zimmer: 18.800 DM - der Ansatz der Kosten für das bis August 1982 belegte 2-Bett-Zimmer scheidet aus den von den Klägern dargestellten Gründen (Übergangslösung) aus - zuzüglich Taschengeld: 2.400 DM =) insgesamt 21.200 DM gegenüber. Demnach liegen ausreichende Erträge zur Begleichung der vereinbarten Versorgungsleistungen vor. Die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen sind dabei betragsmäßig auch nicht so hoch, dass es sich schlechterdings nicht um Versorgungsleistungen handeln könne. Sie sind vielmehr gerade als typische Versorgungsleistungen anzusehen. Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass diese Versorgungsleistungen auch langfristig aus den Mieterträgen erzielt werden können, da Kostensteigerungen bei der Heimunterbringung durch ebenfalls mögliche Mieterhöhungen in der Zukunft ausgeglichen werden können.

b. Der Auffassung des Beklagten, bei der Ermittlung der Erträge aus dem übertragenen Vermögen seien Mieterhöhungen, die auf der von den Klägern im Jahre 1981 vorgenommenen umfassenden Renovierung des Hauses beruhen, auszuscheiden, vermag der Senat nicht zu folgen. Zunächst ist nicht ohne Weiteres ersichtlich, inwieweit die Mieterhöhungen tatsächlich allein auf der Renovierung durch die Kläger beruhten. Nach dem Vorbringen der Kläger hat bereits Frau "B" neue Heizungen in die Wohnungen im 1. und 3. Obergeschoss eingebaut, was schon in 1981 eine höhere Miete gerechtfertigt hätte. Dieser Gesichtspunkt kann aber letztlich dahinstehen, weil generell auch Mieterhöhungen auf Grund von Investitionen des Vermögensübernehmers in die vorhandene ertragbringende Wirtschaftseinheit zu berücksichtigen sind.

Zwar hat der BFH in dem vom Beklagten angeführten Urteil vom 27.08.1997 X R 54/94 (BStBl II 1997, 813) ausgeführt, dass die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ausscheidet, wenn das übergebene Vermögen erst durch Aufwendungen des Erwerbers in einen Zustand versetzt werden muss, damit es überhaupt zur Erzielung von Erträgen eingesetzt werden kann. Dem ist grundsätzlich beizupflichten. Es macht aber einen entscheidenden Unterschied, ob mit den Aufwendungen des Übernehmers erst die Voraussetzungen für die Erzielung von Erträgen geschaffen werden, oder ob lediglich Aufwendungen zur Erhaltung bzw. Steigerung bereits vom Übergeber erzielter Erträge getätigt werden. Im Hinblick auf den Gesichtspunkt der generationsübergreifenden Vermögensanlage, die zum Zwecke der weiteren Bewirtschaftung übergeben wird (vgl. BFH-Urteil X R 50/94, a. a. O.), kann es für die Einordnung zum Typus der Vermögensübergabe nicht darauf ankommen, ob notwendige Investitionen (hier: Renovierungen) noch vom Übergeber oder nach Vermögensübergabe vom Übernehmer getätigt werden. Dies muss jedenfalls gelten, soweit diese Investitionen -wie hier- nur substanzerhaltende und keine substanzerweiternden Maßnahmen betreffen.

IV.

Die Zuordnung des vorliegenden Übertragungsvertrages zum Vertragstypus "Vermögensübergabe" hat zur Folge, dass die vertraglich vereinbarten Versorgungsleistungen, weil abänderbar, als dauernde Lasten abzugsfähig sind. Dabei ergibt sich die Abänderbarkeit auch ohne ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 Zivilprozessordnung aus der Rechtsnatur des Vermögensübergabevertrages. Aus der zivil und steuerrechtlichen Rechtsnatur der Versorgungsleistungen als vorbehaltene Vermögenserträge folgt hinsichtlich deren Abänderbarkeit, dass die wirtschaftlichen Risiken des Vertrages nicht ein für allemal unabänderlich nach den im ursprünglichen Vertrag festgelegten Bedingungen verteilt sind (vgl. BFH-Urteile vom 11.03.1992 X R 141/88, BStBl II 1992, 499, 501; vom 14.02.1996 X R 106/91, BStBl II 1996, 687; vom 24.07.1996 X R 167/95, BStBl II 1997, 315; vom 27.08.1997 X R 54/94, a. a. O.).

Unabhängig davon dürfte es sich bei den vorliegenden Versorgungsleistungen auch ihrer Art nach schon um abänderbare und nicht um gleichmäßige Leistungen handeln, da sowohl die Heimkosten, als auch das ("angemessene") Taschengeld auf die Bedürfnisse der Frau "B" ausgerichtet wurden. Das Abstellen auf die Bedürfnisse des Vermögensübergebers steht der Annahme einer Wertsicherungsklausel entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 10.06.1986 IX R 7/82, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH 1987, 26).

1. Zu den nach dem Übertragungsvertrag vom 16.06.1981 von den Klägern im Jahre 1981 zu leistenden Zahlungen gehören die Heimkosten zzgl. Taschengeld ab Aufnahme der Frau "B" in das DRK-Altenheim zum 07.12.1981 (1.693,54 DM + 161,29 DM). Hinzu kommen die von den Klägern übernommenen notwendigen Aufwendungen für die übergangsweise bis zur Heimaufnahme angemietete Wohnung für Frau "B". Zwar ist in dem Übertragungsvertrag ausdrücklich nur die Zahlung der Heimkosten vereinbart worden. Es bestehen aber keine Bedenken, in ergänzender Auslegung des Vertrages auch die Kosten der Übergangswohnung einzubeziehen. Dies entspricht dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Versorgungsgedanken. Zu diesen notwendigen Aufwendungen gehören allerdings nicht die Kosten für Thermometer (9,90 DM), Blumenkästen und Leiter (79,25 DM), Blumen (30,45 DM) und Spenden (500 DM). Die Übernahme dieser Kosten durch die Kläger fallen in den Bereich der privaten Lebensführung ( § 12 EStG). Abzugsfähig ist danach ein Betrag von (5.257,43 DM ./. 619,60 DM =) 4.637,83 DM, sodass sich die insgesamt als Sonderausgaben abzugsfähigen dauernde Lasten auf (1.693,54 DM + 161,29 DM + 4.637,83 DM =) 6.492,66 DM belaufen.

2. Die bisher angesetzte Absetzung für Abnutzung - AfA - für das Gebäude (68.131 DM x 2.5 % = 1.703 DM x 6/12 = 852 DM) ist zu korrigieren. Da es sich bei der Vermögensübergabe um einen unentgeltlichen Vorgang handelt, also keine Anschaffungskosten für die Kläger angefallen sind, ist die AfA der Rechtsvorgängerin fortzuführen ( § 11 d Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).

Die Berechnung der geänderten Einkommensteuer 1981 wird dem Beklagten gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung - FGO - übertragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Der Rechtsfrage, ob ertragsteigernde Aufwendungen des Vermögensübernehmers in die Ertragsberechnung einzubeziehen sind oder außer Acht bleiben müsen, ist keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen. Im weiteren beruht die Entscheidung auf den von der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsätzen zur Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen, insbesondere auf den Vorgaben des die Sache zurückverweisenden BFH-Urteils IX R 11/94.



Ende der Entscheidung

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