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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 14 V 1366/07 A(G)
Rechtsgebiete: EStG, GewStG, GG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1 a.F.
EStG § 52 Abs. 32a
GewStG § 14 Abs. 2
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

14 V 1366/07 A(G)

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe:

I. Die Antragstellerin ist eine Kommanditgesellschaft, deren Gesellschaftszweck das Halten von Beteiligungen ist. Unter anderem ist sie als Kommanditistin an den gewerblich tätigen Gesellschaften A1 GmbH & CO. KG und A 2 GmbH & CO. KG beteiligt, aus denen sie gewerbliche Einkünfte erzielt.

An der Antragstellerin sind Herr F. T. als persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) und die B-GmbH sowie Herr E.-F. T. als beschränkt haftende Gesellschafter (Kommanditisten) beteiligt. Ferner ist die ABC B.V. mit dem Sitz in den Niederlanden als Treuhand-Kommanditistin an der Antragstellerin beteiligt.

Bezüglich des Gewerbesteuermessbetrages 2000 erging in 2002 in Anlehnung an den zugehörigen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zunächst ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Schätzungsbescheid; danach wurde der Gewerbesteuermessbetrag mit 0,- EUR festgesetzt. In Anpassung an in der Folgezeit geänderte Feststellungsbescheide erließ der Antragsgegner zuletzt unter dem 4. September 2006 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2000. Der Gewerbesteuermessbetrag wurde mit 4,60 EUR festgesetzt.

Ebenso wurde der Gewerbesteuermessbetrag für 2001 zunächst geschätzt und zuletzt unter dem 4. September 2006 in Auswertung des letzten Feststellungsbescheides für das Streitjahr 2001 mit 2.617,81 EUR festgesetzt.

Gegen die Bescheide vom 4. September 2006 legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. September 2006 Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide.

Zur Begründung machte sie geltend, sie sei eine Kommanditgesellschaft, die ausschließlich eigenes Vermögen verwalte und somit nicht gewerblich tätig sei. Demzufolge unterstehe das erwirtschaftete Eigenergebnis nicht der Gewerbesteuer, so dass ein Gewerbesteuer-Messbetrag nicht zu ermitteln sei.

Entsprechend der BFH-Entscheidung vom 6. Oktober 2004 (IX R 53/01) komme die sog. "Abfärbetheorie" vorliegend nicht zum Tragen, da die Antragstellerin eine rein vermögensverwaltend tätige Obergesellschaft sei. Somit trete die Folge, dass die gesamten Einkünfte der Antragstellerin der Gewerbesteuer unterfielen, nicht ein.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 lehnte der Antragsgegner den AdV-Antrag ab. Eine Entscheidung über die Einsprüche steht noch aus.

Am 11. April 2007 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

Zur Begründung macht sie geltend, die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sei ernstlich zweifelhaft.

Mit Urteil IV R 53/01 vom 6. Oktober 2004, Bundessteuerblatt BStBl II 2005, 383 habe der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine Abfärbung i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Einkommensteuergesetz EStG a.F. nicht eintrete, wenn eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an einer anderen gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt sei. Die Grundsätze dieser Entscheidung könnten - wie vorliegend - auch auf Gesellschaften mit reinen Beteiligungseinkünften übertragen werden. Die Finanzverwaltung habe die zitierte Entscheidung des Bundesfinanzhofes -BFH mit einem Nichtanwendungserlass belegt.

Lege man vorliegend die Rechtsprechung des BFH zugrunde, führten die Einkünfte aus ihren Beteiligungen nicht zu einer Umqualifizierung von einer vermögensverwaltenden in eine gewerbliche Gesellschaft. Dies ergebe sich schon aus dem Gesetzeswortlaut, denn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. verweise lediglich auf § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und nicht etwa auch auf § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Nach der Neufassung von § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2007 sollte - rechtsprechungsbrechend - eine Abfärbung bei Beteiligung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft eintreten. Nach § 52 Abs. 32a EStG sei die Neuregelung auch für Veranlagungszeiträume vor 2005 anzuwenden. Als Begründung führe der Gesetzgeber an, dass auf diesem Wege komplizierte Übergangsregelungen vermieden werden könnten. Aufgrund der Ausweitung der Abfärbetheorie durch die Gesetzesneuregelung würde sie in eine gewerblich tätige Gesellschaft umqualifiziert.

Die Neuregelung könne jedoch nur dann Wirkung entfalten, wenn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG n.F. verfassungsgemäß sei. Daran bestünden jedoch erhebliche Zweifel. Es sei allgemein anerkannt, dass eine echte Rückwirkung bzw. Rückwirkung von Rechtsfolgen gegen das verfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip i.S.d. Art. 20 Grundgesetz GG verstoße.

Eine echte (retroaktive) Rückanknüpfung einer Rechtsform liege vor, wenn eine Norm nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreife. Somit betreffe eine echte Rückwirkung Fälle, in denen die Tatbestandsverwirklichung ausschließlich vor Verkündung des Gesetzes liege.

Vorliegend seien die Beteiligungseinkünfte in den Jahren 2000 bis 2004 erzielt worden. Diese Sachverhalte seien mit Beendigung des jeweiligen Veranlagungszeitraumes abgeschlossen.

Da der Gesetzgeber durch das Jahressteuergesetz 2007 diesen abgeschlossenen Sachverhalt mit neuen steuerlichen Rechtsfolgen belegen wolle, liege ein Fall echter Rückwirkung vor. Die Gesetzesbegründung sei nicht geeignet, den Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsstaatsprinzip zu rechtfertigen.

Die Gesetzesänderung sei auch nicht nur rein deklaratorischer Natur, da der BFH in seiner Entscheidung vom 6. Oktober 2004 die vorherige abweichende materielle Rechtslage verbindlich festgestellt habe.

Da die Rückwirkung der Neuregelung auf vor dem Veranlagungszeitraum 2005 abgeschlossene Sachverhalte dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsstaatsprinzip entgegenstehe und somit verfassungswidrig sei, könne sie im vorliegenden Fall keine Wirkung entfalten. Somit sei der vorliegende Sachverhalt nicht nach der neuen Gesetzeslage, sondern nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 6. Oktober 2004 zu beurteilen.

Sie sei auch nicht mir ihren übrigen Einkünften originär gewerbesteuerpflichtig. Sie sei durch Vergabe von Darlehen - vermögensverwaltend tätig. Darüber hinaus habe sie in einem begrenzten Zeitraum in ihrer Funktion als Treuhänderin Gewinnauszahlungen vorgenommen. Über ihre Konten würden keine Spieleinsätze aus- oder eingezahlt. Insofern habe sie keine gewerbesteuerpflichtigen Einkünfte erzielt.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei das BFH-Urteil vom 6. Oktober 2004 (BStBl II 2005, 383) auch im vorliegenden Fall einschlägig. Es mache keinen entscheidungserheblichen Unterschied, ob die vermögensverwaltende Tätigkeit durch Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen ausgeübt werde. Ebenso wenig könne es für die Qualifizierung der Tätigkeit keinen Unterschied machen, ob die Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung oder durch Bilanzierung erfolge.

Die Antragstellerin beantragt,

die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und 2001 vom 4. September 2006 ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung macht er geltend, § 52 Abs. 32a EStG bestimme, dass § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (Bundesgesetzblatt -BGBl I, S. 2878), wonach das Beziehen gewerblicher Einkünfte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 (Beteiligungseinkünfte) auf die gesamte Tätigkeit einer Personengesellschaft abfärbe und insgesamt zu gewerblichen Einkünften führe, auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden sei.

Dass bei Anwendung der Gesetzesvorschrift die Antragstellerin insgesamt gewerbliche Einkünfte beziehe, werde auch von ihr nicht bestritten.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin stoße diese Regelung nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken. Nicht jeder Rückbezug gesetzlicher Regelungen auf Zeiträume vor Verkündigung des Gesetzes führe automatisch zur Unzulässigkeit. Allenfalls sofern diese Regelung in bereits zuvor verwirklichte Sachverhalte in belastender Weise eingreife, könne dieses aus Vertrauensschutzgründen abzulehnen sein. Das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage müsse dabei sachlich gerechtfertigt und aus diesem Grunde schutzwürdig sein.

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der neuen Fassung stelle aber lediglich die auch bisher schon im Grunde geltende Rechtslage klar.

§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in alter wie neuer Fassung bestimme, dass bei Ausübung auch einer Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, also bei vorliegenden Einkünften aus gewerblichen Unternehmen, eine Personengesellschaft insgesamt nur gewerbliche Einkünfte haben solle. Mit dem Gesetzgeber übereinstimmend sei man der Überzeugung, dass auch die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft eine Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 1 Nr. 1 EStG darstelle, mithin der Bezug gewerblicher Beteiligungseinkünfte zum Vorliegen insgesamt nur gewerblicher Einkünfte bei einer Personengesellschaft führe - und dies auch bei § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in alter Fassung.

Die danach im Grunde nur klarstellende Ergänzung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG um den Bezug gewerblicher Einkünfte i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG sei lediglich zur gesetzlichen Absicherung erforderlich geworden, weil der BFH in seinem Urteil vom 6. Oktober 2004 unter Abweichung von bisheriger Rechtsprechung und gegen die Verwaltungsmeinung entschieden habe, dass es nicht zu einer Abfärbung käme, wenn sich eine vermögensverwaltende Personengesellschaft (Obergesellschaft) mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an einer gewerblich tätigen anderen Personengesellschaft (Untergesellschaft) beteilige, und dabei seine Auffassung insbesondere mit dem nach seiner Ansicht unzureichenden Verweis des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG lediglich auf § 15 Abs. 1 Nr. 1 und nicht auch auf Abs. 1 Nr. 2 EStG begründet habe.

Jedenfalls vermöge man nicht zu erkennen, inwieweit die Antragstellerin für die Jahre 2000 und 2001 darauf habe vertrauen können, dass § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 6. Oktober 2004 auszulegen wäre, wo es abweichende BFH-Rechtsprechung und eine abweichende Verwaltungsauffassung, an welche sich die Verwaltung durch Niederlegung in den Richtlinien auch der Antragstellerin gegenüber gebunden habe, gegeben habe. Allenfalls frühestens mit Veröffentlichung des Urteils vom 6. Oktober 2004 habe die Antragstellerin ein Vertrauen auf die dort niedergelegte Interpretation aufbauen können. Da jedoch die Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt mit einem Erlass einher gegangen sei, in welchem die Finanzverwaltung im Vorgriff auf eine gesetzliche Festschreibung der bisherigen Auffassung von Rechtsprechung und Verwaltung die Anwendung der Grundsätze des Urteils vom 6. Oktober 2004 über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht zugelassen habe, habe die Antragstellerin selbst in der Zeit nach Veröffentlichung des Urteils kein (schutzwürdiges) Vertrauen aufbauen dürfen.

Hinzu komme, dass der bei der Antragstellerin vorliegende Sachverhalt nicht erkennen lasse, dass die Antragstellerin auf eine angebliche Gewerbesteuerfreiheit tatsächlich vertraut gehabt hätte. Die Abgaben von Gewerbesteuererklärungen und Feststellungserklärungen mit Angaben von gewerblichen Einkünften sprächen jedenfalls dagegen. Letztlich aber sei auch noch der bei der Antragstellerin vorliegende Sachverhalt nicht mit dem vergleichbar, welcher dem BFH bei seiner Urteilsfindung zugrunde gelegen habe, was eine Übertragung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 6. Oktober 2004 schon dem Grunde nach ausschließe.

In den angefochtenen Bescheiden vom 4. September 2006 würden die Gewerbesteuermessbeträge für 2000 mit 9 DM (4,60 EUR) und für 2001 mit 5.120 DM (2.617,81 EUR) festgestellt. Dabei werde von einem Gewerbeertrag nach Hinzurechnungen und Kürzungen, hier also von gewerblichen Einkünften ohne Beteiligungseinkünfte in 2000 i.H.v. 58.824,- DM und für 2001 i.H.v. 198.427,- DM ausgegangen.

In den Feststellungserklärungen für die Jahre 2000 (vom 17.11.2004, berichtigte vom 14.07.2005) und 2001 (vom 08.11.2005) würden jeweils (ohne Beteiligungseinkünfte) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt (2000: 58.823 DM berichtigt/ 2001: 198.426,- DM). Die Gewerbesteuererklärung 2001 (vom 8.11.05) enthalte die Eintragung eines dementsprechenden Gewerbeertrages von 198.426,- DM.

In dem am 23. April 1999 eingegangenen Fragebogen zur Anmeldung einer Gesellschaft werde als Gegenstand des Unternehmens angegeben: "Die Übernahme und Verwaltung von Beteiligungen, die Beschaffung von Finanzierungsmitteln, die direkt oder indirekt nahestehenden Gesellschaften der Firmengruppe zur Verfügung gestellt werden, sowie die Anlage ihrer Mittel in Schuldverschreibungen von nahestehenden Gesellschaften und in Wertpapieren".

In ihrem Schreiben vom 1. März 2000 (zur Umsatzsteuer) habe die Antragstellerin Selbiges als Aufgabe der Firma mitgeteilt. Ebenso beinhalte jede Fassung des dem Finanzamt vorliegenden Gesellschaftsvertrages (beginnend 18.03.1999, zuletzt 15.04.2005) jeweils als Vorbemerkung, dass die Gesellschaft Obiges beabsichtige. In der eingereichten Anlage III unter III. "Treuhandvermögen und Treuhandverbindlichkeiten" zum Jahresabschluss 2002 (ebenso 2003 und 2004) werde angegeben, dass wesentliche Tätigkeit der Antragstellerin die Wahrnehmung treuhänderischer Aufgaben sei; insbesondere die Verwaltung fremder Vermögenswerte und hiermit in Zusammenhang stehender Verbindlichkeiten.

Das Halten von Beteiligungen und die Wahrnehmung treuhänderischer Aufgaben sei den eingereichten Jahresabschlüssen (ab 1999) ebenso zu entnehmen wie (ab 2000) die Hingabe von Darlehen an mehrere Firmen des Konzerns, dem die Antragstellerin angehöre. Die Jahresabschlüsse seien nach den Angaben in diesen bereits aus handelsrechtlichen Verpflichtungen heraus zu fertigen.

Der Prüfer der laufenden Betriebsprüfung habe anlässlich der Aktenübergabe darauf hingewiesen, dass nach seinen bisherigen Feststellungen über die zwei Konten der Antragstellerin auch Spieleinsätze ausgezahlt (in 2002-2004) und eingezahlt (in 2004), wie auch Gewinne ausgezahlt würden (in 2004). Auf eines dieser Konten würden in den Jahren ab 3. Dezember 2002 auch die Gewinne (Auszahlungen der Antragstelleringesellschaften) eingezahlt.

Es möge dahingestellt bleiben, dass nach all dem zur Überzeugung des Antragsgegners feststehe, dass die Antragstellerin selbst unter Außerachtlassung der gewerblichen Beteiligungseinkünfte einer originären gewerblichen Betätigung mit gewerblichen Einkünften i.S.d. § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG nachgehe und es mithin auf eine Abfärbung der gewerblichen Beteiligungseinkünfte nicht ankomme.

Jedenfalls sei die Anwendung des Urteils vom 6. Oktober 2004 mangels vergleichbaren Sachverhalts ausgeschlossen.

Im Urteilsfall habe die zu beurteilende Personengesellschaft originäre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus dem Halten einer Beteiligung (festgestellte, positive) gewerbliche Beteiligungseinkünfte von maximal 4.170,- DM gehabt, wobei offenkundig beide Einkunftsbereiche klar voneinander abgegrenzt gewesen seien und sich nicht gegenseitig beeinflusst hätten. Im Urteilsfalls hätte die gewerbliche Prägung der originären Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wegen der damit verbundenen Buchführungspflicht zu zusätzlichen Erschwernissen geführt.

Die Antragstellerin hingegen erziele keine originären Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und schon gar keine Einkünfte aus einer originär vermögensverwaltenden Tätigkeit, welche von den Beteiligungsbetätigungen klar abgrenzbar oder nicht von den Beteiligungen beeinflusst seien. Sie halte mehrere Beteiligungen und diese nicht lediglich um ihrer selbst Willen, also mit dem bloßen Willen, hieraus Gewinne zu erhalten. Vielmehr dienten die Beteiligungen offensichtlich dazu, das unternehmerische Gesamtkonzept ihres Konzerns, insbesondere auch die finanzielle Ausstattung von Konzerngesellschaften zu stärken. So würden beschaffte Mittel, unbesehen der Quelle, offensichtlich in vielfältigster Weise eingesetzt, wie auch zur Weitergabe von Darlehen an andere Konzerngesellschaften und zur Erfüllung treuhänderischer Aufgaben. Die Antragstellerin erziele erhebliche Beteiligungseinkünfte in Millionenhöhe; ihre Beteiligungen führten zu einer Buchführungspflicht nach handelsrechtlichen Vorschriften, was hier gerade erst einen Übergang zu einer Ermittlung der Einkünfte im Wege des Überschusses der Einnahmen über die Werbungskosten erforderlich gemacht habe und damit erst zu Erschwernissen geführt habe.

Der BFH führe in seinem Urteil vom 6. Oktober 2004 an, dass die Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG verhindern solle, dass infolge unzureichender Abgrenzungsmöglichkeiten zwischen den verschiedenen Tätigkeiten einer Gesellschaft gewerbliche Einkünfte der Gewerbesteuer entzogen würden. In diesem Sinne lägen bei einer Gesellschaft wie der Antragstellerin, deren Tätigkeiten sich untereinander in vielfältigster Weise bedingten und im Rahmen einer (gewerblichen) Konzernstruktur erbracht würden, sicherlich insgesamt gewerbliche Einkünfte vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II. Der Antrag ist unbegründet.

Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund der präsenten Beweismittel, des unstreitigen Sachverhalts und der gerichtsbekannten Tatsachen erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 17. Mai 2005 I B 109/04, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofes BFH/NV 2005, 1782 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall bestehen bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2001 vom 4. September 2006. Der Antragsgegner hat zu Recht sämtliche Einkünfte der Antragstellerin als gewerbliche Einkünfte berücksichtigt.

Gemäß § 7 Gewerbesteuergesetz -GewStG ist Gewerbeertrag der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn aus dem Gewerbebetrieb, der bei der Ermittlung des Einkommens für den dem Erhebungszeitraum (§ 14 Abs. 2 GewStG) entsprechenden Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen ist, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 bezeichneten Beträge.

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der Fassung des Artikels 1 Nr. 11 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 (BGBl I, S. 2878, Jahressteuergesetz 2007) gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Beteiligungseinkünfte) bezieht. Dieses Voraussetzungen waren bei der Antragstellerin in den Jahren 2000 und 2001 erfüllt. Die jedenfalls auch als vermögensverwaltende Kommanditgesellschaft tätige Antragstellerin erzielte in den Streitjahren durch ihre Beteiligung an den gewerblich tätigen Gesellschaften A1 GmbH & Co. KG und A2 GmbH & Co. KG gewerbliche Einkünfte. Die Neuregelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt nach § 52 Abs. 32a EStG auch für Veranlagungszeiträume vor 2006.

Damit hat der Antragsgegner § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2006 zutreffend angewendet und sämtliche Einkünfte der Antragstellerin als gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 7 GewStG berücksichtigt.

Das Gericht hat auch keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der von dem Antragsgegner angewandten Regelung, weil sie nach Freiheit zur Vornahme dieser Disposition rückwirkend auch für Veranlagungszeiträume vor 2006 gilt. Hierin ist zwar eine sog. "echte Rückwirkung" ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen") zu erblicken. Diese Rückwirkung ist jedoch nach den vom Bundesverfassungsgericht -BVerfG aufgestellten Grundsätzen zur Rückwirkung von Gesetzen gerechtfertigt.

Erhält eine steuerlich relevante wirtschaftliche Disposition durch eine nachträgliche Gesetzesänderung eine andere, nachteilige Wertigkeit, so ist der Bürger in der grundrechtlich geschützten Freiheit zur Vornahme dieser Disposition betroffen (Art. 12 Abs. 1 , Art. 14 Abs. 1 GG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts BVerfG bedarf es im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert.

Denn zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips gehört die Rechtssicherheit. Rechtssicherheit bedeutet für den Staatsbürger Vertrauensschutz. In diesem Vertrauen wird der Bürger enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte.

Das BVerfG hat dazu im Zusammenhang mit periodischen Steuern eine Systematik entwickelt, die zwar mit wechselnden Begriffen arbeitet, im Kern aber auf folgende Unterscheidung hinausläuft: Mit dem Rechtsstaatsprinzip ist eine steuerbegründende oder steuererhöhende Bestimmung in der Regel unvereinbar, wenn und soweit sie für einen Veranlagungszeitraum gelten soll, der im Zeitpunkt der Verkündung des Gesetzes bereits abgeschlossen war ("echte" Rückwirkung; "Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Dagegen ist es im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber während eines Veranlagungszeitraums eine solche Bestimmung in Kraft setzt und zugleich bestimmt, dass sie mit Wirkung zu Beginn jenes Veranlagungszeitraums gelten soll ("unechte" Rückwirkung; "tatbestandliche Rückanknüpfung").

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vertrauenstatbestandes ist der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Disposition des Steuerpflichtigen im Sinne einer rechtlichen Bindung.

Eine Enttäuschung etwaigen Vertrauens des Staatsbürgers ist nach der Rechtsprechung des BVerfG gleichwohl gerechtfertigt, wenn das Vertrauen nicht schutzwürdig war, weil mit der Neuregelung gerechnet werden musste, wenn das geltende Recht unklar und verworren war, wenn das Vertrauen einer ungültigen Rechtsnorm galt oder wenn zwingende Gründe des gemeinen Wohls die Rückwirkung rechtfertigen. Das Rückwirkungsverbot gilt außerdem nur für belastende, nicht aber für begünstigende oder für belastungsneutrale Regelungen, die eine schon bisher bestehende Rechtsüberzeugung kodifzieren (BFH-Urteil vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 84). Der Gesetzgeber knüpft in diesem Fall an den abgeschlossenen Tatbestand keine ungünstigeren Rechtsfolgen als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen musste.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend kein schutzwürdiges Vertrauen der Antragstellerin erkennbar.

Im Streitfall musste die Antragstellerin ihre Dispositionen an der sog. Abfärbetheorie ausrichten, wie sie in den Streitjahren 2000 und 2001 von Rechtsprechung und Verwaltungspraxis einmütig beachtet worden ist.

Schon nach der früheren Rechtsprechung war das Halten einer Beteiligung (Mitunternehmeranteils) an einer gewerblichen Personengesellschaft mit der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 a.F. verbunden, d.h. die Antragstellerin hätte auch nach der früheren Rechtsprechung aufgrund der Regelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG - wenngleich der Wortlaut des Gesetzes in der damaligen Fassung dies nicht hergab in vollem Umfang Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und wäre der Gewerbesteuer unterlegen (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 2000 VIII R 68/98, BFHE 192, 100, BStBl II 2001, 359; BFH-Urteil vom 8. Dezember 1994 IV R 7/92, BFHE 176, 555, BStBl II 1996, 264 m.w.N.). Nach dem Urteil des BFH vom 13. November 1997 (IV R 67/96, BFHE 184, 512, BStBl II 1998, 254) kam die Abfärbewirkung ausdrücklich bei jeder Art der gewerblichen Tätigkeit zum Zuge.

Dementsprechend war auch in R 138 Abs. 5 Satz 4 Einkommensteuerrichtlinien -EStR 2000, 2001 festgehalten, dass eine vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, zu deren Gesamthandsvermögen eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehört, in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte erzielt (vgl. auch BMF-Schreiben vom 13. Mai 1996, IV B 2-S 2241-33/96, BStBl I 1996, 621).

Folglich ist mit der Neufassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG im Jahre 2006 letztlich die bis zum Urteil des BFH vom 6. Oktober 2004 (IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl II 2005, 383) - geltende Rechtspraxis gesetzlich verankert worden (vgl. auch Wacker in Schmidt, EStG, 26. Aufl., Rn. 189). Vor diesem Hintergrund erklären sich auch die korrekten Ausführungen in der zugehörigen Bundestags-Drucksache 16/2712, S. 44. Danach sollte mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung "die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung wieder hergestellt und gesetzlich abgesichert werden, wonach eine land- und forstwirtschaftlich, freiberuflich oder vermögensverwaltend tätige Personengesellschaft, zu deren Gesamthandsvermögen eine Beteiligung an einer gewerblich tätigen Gesellschaft gehört, in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte bezieht". Damit unterscheidet sich die rückwirkende Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG n.F. von der rückwirkenden Anwendung des § 10 a Satz 4 GewStG durch das JStG 2007, bei der gerade keine früher bestehende Rechtslage wiederhergestellt wurde (vgl. dazu Vorlagebeschluss des BFH vom 19. April 2007, IV R 4/06, n.v.).

Das Urteil des BFH vom 6. Oktober 2004 (IX R 53/01, BFHE 207, 466, BStBl II 2005, 383) ist aus mehreren Gründen nicht geeignet, eine zu beachtende Vertrauensposition der Antragstellerin zu belegen.

Wie bereits dargelegt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Vertrauenstatbestandes der Zeitpunkt der wirtschaftlichen Disposition des Steuerpflichtigen im Sinne einer rechtlichen Bindung. Da es vorliegend um die Bewertung von Beteiligungen der Antragstellerin aus dem Jahre 2000 und 2001 geht, kann ein vier bzw. drei Jahre später ergangenes Urteil schon aus zeitlichen Gründen keine Relevanz für die Beurteilung des Vertrauens dieser zurückliegenden Zeiträume haben.

Abgesehen davon, wäre diese geänderte Rechtsprechung auch deshalb nicht geeignet gewesen, bei der Antragstellerin ein schutzwürdiges Vertrauen entstehen zu lassen, weil die Rechtslage damit vorübergehend allenfalls unklarer geworden war. Denn mit diesem Urteil wurde erstmalig von der früheren Rechtsprechung abgewichen. Zudem hat die Finanzverwaltung umgehend mit einem Nichtanwendungserlass reagiert und eine Gesetzesergänzung angekündigt.

Tatsächlich spricht auch nichts dafür, dass die Antragstellerin von einer Gewerbesteuerfreiheit ihrer sämtlichen Einkünfte ausgegangen wäre. Vielmehr hat die Antragstellerin Gewerbesteuererklärungen und Feststellungserklärungen mit Angaben von gewerblichen Einkünften abgegeben.

Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der BFH die - vergleichbare rückwirkende Wiedereinführung der Gepräge-Rechtsprechung (s. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1986) nicht verfassungsrechtlich beanstandet hat (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juli 1986 IV R 12/81, BFHE 147, 63, BStBl II 1986, 84;vom 22. November 1994 VIII R 63/93, BFHE 177, 28, BStBl II 1996, 93; BFH-Beschluss vom 12. März 1993 VIII B 150/90, n.v.).

Auf die Frage, ob eine eigengewerbliche Tätigkeit der Antragstellerin vorliegt, kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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