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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.07.2009
Aktenzeichen: 16 K 2010/08 E
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 171 Abs. 10
AO § 175 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt --FA--) nach Ergehen eines geänderten Feststellungsbescheides den Einkommensteuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) dergestalt anpassen durfte, dass zugleich eine doppelte Berücksichtigung von zunächst geschätzten und später aufgrund des Feststellungsverfahren (abweichend) mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen beseitigt wurde.

Der Kläger zu 1.) wurde im Streitjahr zusammen mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Deren Erben sind der Kläger und sein Sohn, der Kläger zu 2.). Der Kläger war im Streitjahr an dem Fonds "Theseus Immobilien Verwaltungs GmbH & Co KG -LBB Fonds 12-" (künftig Fonds) beteiligt. Beim FA ging am 24. November 1998 hierfür eine Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen des Feststellungs-FA ein, wonach für Zwecke der ESt-Vorauszahlungen (und als vorläufige Mitteilung für die ESt-Veranlagung) von einem Werbungskostenüberschuss aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 14.064 DM auszugehen sei. In der am 16. Februar 1999 beim FA eingereichten Einkommensteuererklärung für 1998 machte der Kläger in Bezug auf diese Beteiligung einen Verlust aus Gewerbebetrieb in gleicher Höhe geltend. Das FA folgte der Erklärung und legte im Einkommensteuerbescheid vom 4. März 1999 einen entsprechenden Gewerbeverlust zugrunde.

In der Folgezeit ergingen mehrere Änderungsbescheide in hier nicht relevanten Punkten. Am 9. November 1999 teilte das Feststellungs-FA mit, dass es für die Fondsbeteiligung des Klägers im Feststellungsbescheid vom gleichen Tag Werbungskostenüberschüsse aus Vermietung und Verpachtung von 13.840,35 DM und aus Kapitalvermögen von 0,35 EUR festgestellt habe. Das FA erließ daraufhin am 3. Dezember 1999 einen auf § 175 Abs. 1 Satz Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheid, in dem es - zusätzlich zu dem für die Beteiligung bereits erfassten Verlust aus Gewerbebetrieb - Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von -13.841 DM ansetzte.

Am 22. September 2006 erließ das Feststellungs-FA erneut einen geänderten Feststellungsbescheid für den Fonds. Danach entfielen auf den Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -13.356,68 DM und aus Kapitalvermögen in Höhe von 202,55 DM. Nach vorheriger Anhörung des Klägers erließ das FA am 25. Juni 2007 - nachdem zwischenzeitlich weitere Änderungsbescheide ergangen waren - einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 14.064 DM und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Beteiligungen um 484 DM (= Differenz zwischen dem bislang angesetzten Werbungskostenüberschuss von 13.840 DM und dem neu mitgeteilten von 13.356 DM) erhöhte. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ergab sich keine Änderung, da diese ohnehin auf 0 lauteten.

Dagegen legten die Kläger fristgemäß Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2008 als unbegründet zurückwies.

Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Zur Begründung führen die Kläger aus: Das FA habe sich bei der Bescheidänderung zu Unrecht auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützt. Über die betreffende Vorschrift könnten nur solche Fehler korrigiert werden, die dem FA im Zusammenhang mit der Auswertung bzw. Nichtauswertung eines Grundlagenbescheides unterlaufen seien. Hier sei der Fehler jedoch nicht bei der Auswertung eines Grundlagenbescheides unterlaufen, sondern durch die fehlerhafte Qualifizierung der Einkunftsart, die von keinem Grundlagenbescheid vorgegeben gewesen sei. Es treffe daher nicht zu, wenn das FA behaupte, dass die Bearbeiterin den erstmaligen Grundlagenbescheid vom 9. November 1999 fehlerhaft ausgewertet habe. Denn diese habe ordnungsgemäß sämtliche Vorgaben des Bescheides übertragen, seien doch die festgestellten negativen Einkünfte in exakt gleicher Höhe und unter der gleichen Einkunftsart in den Folgebescheid übernommen worden. Hätte die Bearbeiterin zu diesem Zeitpunkt erkannt, dass die Einkünfte zu einem früheren Zeitpunkt - allerdings in anderer Höhe - bereits bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasst worden seien, wäre eine Korrektur nach § 129 AO oder § 173 AO, aber nicht nach § 175 AO in Betracht gekommen.

Des Weiteren bestehe zwar mit dem FA offenbar insoweit Einigkeit, als die Anpassungspflicht gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nur soweit reichen könne, wie es die Bindungswirkung verlange. Klägerseits werde jedoch - abweichend vom FA - die Auffassung vertreten, dass eine Bindungswirkung nur aus ein und derselben Einkunftsart abgeleitet werden könne. Der Bundesfinanzhof (BFH) gehe in seiner Rechtsprechung davon aus, dass eine Änderung eines Folgebescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO dann nicht möglich sei, wenn der Folgebescheid zwar Besteuerungsgrundlagen unzutreffend berücksichtige, diese Besteuerungsgrundlagen aber nicht Gegenstand eines Grundlagenbescheids gewesen seien (Hinweis auf BFH-Beschluss vom 21. April 2005 X B 106/04, n.v.). Genau dieser Fall sei vorliegend gegeben. Die von der Bearbeiterin irrtümlich angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien nicht Gegenstand irgend eines Grundlagenbescheides im Zusammenhang mit dem Fonds gewesen, der sich nur über Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ausgelassen habe. Des Weiteren sei darauf zu verweisen, dass sich die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides allein auf die im Tenor getroffene Feststellung beschränke. Der am 9. November 1999 ergangene Feststellungsbescheid habe im Tenor Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -13.840 EUR ausgewiesen. Hierin erschöpfe sich seine Bindungswirkung. Eine weitergehende Aussage, dass die festgestellten Einkünfte bei keiner anderen Einkunftsart anzusetzen seien, sei dem Tenor weder ausdrücklich noch konkludent (Hinweis auf Söhn, in Hübschmann/Hepp/Spitaler --H/H/S--, Kommentar zu AO/FGO, § 182 AO Rn. 48) zu entnehmen. Dementsprechend sei die ursprüngliche Mitteilung sehr wohl richtig ausgewertet worden. Die hier vertretene Auslegung, dass die möglicherweise gegenteilige BFH-Rechtsprechung einer unzulässigen Analogie entspreche, werde in der Literatur etwa auch von Tiedke/Wälzholz (Deutsche Steuerzeitung --DStZ-- 2000, 353) vertreten. Ausdrücklich werde hier darauf hingewiesen, dass andere Fehler, die nicht unmittelbar aus dem Grundlagenbescheid folgen würden, nur bei Vorliegen der Voraussetzungen anderer Änderungsvorschriften behoben werden könnten.

Schließlich sei ergänzend auf das BFH-Urteil vom 22. August 2007 X R 39/02 (Sammlung amtlich veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFHE-- 218, 503, Bundessteuerblatt --BStB-- II 2008, 4) zu verweisen. Darin habe der BFH ausgeführt, dass ein Grundlagenbescheid keine Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid entfalte, wenn in einem bestimmten Punkt keine Feststellung getroffen werde. Genau so verhalte es sich vorliegend, da der hier fragliche Feststellungsbescheid keinerlei Aussagen zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb beinhalte. Diese seien daher nicht von der Bindungswirkung umfasst, so dass keine Anpassung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfolgen könne.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

den Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 25. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2008 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 14.064 DM vermindert werden, hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt Klageabweisung.

Die Bindungswirkung eines Grundlagenbescheides beschränke sich nicht auf die bloße mechanische Übernahme seines Regelungsgehalts in den Folgebescheid. Sie stehe vielmehr weitergehend jedem Ansatz der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage im Folgebescheid entgegen, der dem Regelungsgehalt des Grundlagenbescheides widerspreche. Das gelte auch für die Zuordnung zu einer bestimmten Einkunftsart. Der erstmalige Grundlagenbescheid sei falsch ausgewertet worden, denn das FA habe verkannt, dass für dieselbe Beteiligung bereits ein Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb angesetzt gewesen sei. Die These der Kläger, die ursprüngliche Mitteilung sei richtig ausgewertet worden, treffe nicht zu. Insoweit würden die Kläger verkennen, dass sich die Bindungswirkung nicht allein darauf erstrecke, dass der Beteiligte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beziehe. Vielmehr werde zugleich die Feststellung getroffen, dass die Einkünfte aus dieser Beteiligung zwingend als solche zu qualifizieren seien und kein Ansatz bei einer anderen Einkunftsart erfolgen dürfe. Bei Erlass des Grundlagenbescheides könnten daher alle notwendigen Konsequenzen - einschließlich der Zuordnung zur richtigen Einkunftsart - durch Berichtigung des Folgebescheides gezogen werden. Die Auffassung der Kläger, dass der Fehler nicht bei der Auswertung eines Grundlagenbescheides, sondern durch die falsche Qualifizierung der Einkunftsart, die von keinem Grundlagenbescheid vorgegeben gewesen sei, entstanden sei, gehe fehl. Diese Ansicht setzte voraus, dass eine Bindungswirkung begrifflich und logisch nur aus ein und derselben Einkunftsart abgeleitet werden könne. Die Bindungswirkung gehe aber, wie bereits dargelegt, weiter.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid vom 25. Juni 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 2008 ist rechtmäßig, so dass die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt sind. Das FA hat darin zulässigerweise die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um 484 DM und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 14.064 DM erhöht. Mit dem erstgenannten Erhöhungsbetrag hat das FA - was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist - zu Recht der Änderung des Feststellungsbescheides vom 22. September 2009 im Vergleich zum vorangegangenen Feststellungsbescheid vom 9. November 1999 Rechnung getragen. Mit der letztgenannten Änderung hat es darüber hinaus die doppelte Erfassung von Verlusten bzw. Werbungskostenüberschüssen aus derselben Fonds-Beteiligung beseitigt. Das FA hat sich hierbei zu Recht auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO gestützt.

I.

Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), dem Bindungswirkung für diesen Steuerbescheid zukommt, aufgehoben oder geändert wird. Nach der Rechtsprechung des BFH beinhaltet diese Bindungswirkung, dass das für den Erlass eines Folgebescheids zuständige FA verpflichtet ist, die Folgerungen aus dem Grundlagenbescheid zu ziehen, und zwar im Sinne einer "absoluten Anpassungsverpflichtung" (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2005, 1749). Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides beschränkt sich daher nicht auf eine bloße mechanische Übernahme seines Inhalts in den Folgebescheid (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 1990 I R 82/86, BFH/NV 1991, 143). Sie steht vielmehr weitergehend jedem Ansatz der gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlage im Folgebescheid entgegen, der dem Inhalt des Grundlagenbescheides widersprechen würde (vgl. BFH-Urteile vom 11. April 1990 I R 82/86, BFH/NV 1991, 143; vom 10. Juni 1999 IV R 25/98, BFHE 188, 548, BStBl II 1999, 545; vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, BFH/NV 2001, 1007). Die Vorschrift stellt die Anpassung des Folgebescheids mithin nicht in das Ermessen der Finanzbehörden. Sie bezweckt die Ermittlung und Festsetzung der zutreffenden Steuer, wobei sie der materiellen Richtigkeit des Folgebescheids den Vorrang vor der Bestandskraft eines bereits ergangenen Folgebescheids einräumt (vgl. BFH-Urteil vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749). Die Verpflichtung zur Anpassung des Folgebescheids wird auch nicht beseitigt, wenn das für den Erlass des Folgebescheids zuständige FA einen ihm bereits bekannt gegebenen Grundlagenbescheid übersehen oder nicht bzw. nicht zutreffend ausgewertet hat (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 21. April 2005 X B 106/04, abrufbar in [...], BFH-Urteile vom 17. Februar 1993 II R 15/91, BFH/NV 1994, 1; vom 29. Juni 2005 X R 31/04, BFH/NV 2005, 1749).

Die Änderung eines Folgebescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist allerdings dann nicht möglich, wenn der Folgebescheid zwar Besteuerungsgrundlagen unzutreffend berücksichtigt, diese aber nicht Gegenstand eines Grundlagenbescheids waren (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, BFH/NV 2001, 1007; BFH-Beschluss vom 21. April 2005 X B 106/04, abrufbar in [...]). Abzugrenzen ist daher zu Fehlern, die nur anlässlich der Auswertung eines Grundlagenbescheides entstanden sind. Denn die Aufgabe, den Folgebescheid an den Grundlagenbescheid anzupassen, rechtfertigt keine Wiederaufrollung der gesamten Steuerveranlagung. Der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Grundlagenbescheides darf deshalb nicht zum Anlass genommen werden, für den Folgebescheid bedeutsame Besteuerungsgrundlagen zu ändern, wegzulassen oder erstmals aufzunehmen, die weder Gegenstand des Grundlagenbescheides sind noch durch seinen Regelungsinhalt beeinflusst werden (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, BFH/NV 2001, 1007).

II.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze durfte eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfolgen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang dieser Vorschrift mit den §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO. Entgegen der Auffassung der Kläger steht einer Anpassung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch nicht entgegen, dass die erlassenen Feststellungsbescheide insoweit keine Bindungswirkung entfalten würden. Es besteht keine dahingehende Einschränkung der Bindungswirkung gem. § 182 Abs. 1 AO, dass sich diese nur auf ein und dieselbe Einkunftsart bezöge.

1.

Dass die vorliegende Konstellation durch § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfasst wird, ergibt sich insbesondere aus dem systematischen Zusammenhang dieser Änderungsvorschrift mit den Vorschriften der §§ 155 Abs. 2, 162 Abs. 5 AO. Bei der erstmaligen Veranlagung durch den Einkommensteuerbescheid vom 4. März 1999 lag noch kein Feststellungsbescheid vor. Für diesen Fall schreibt § 155 Abs. 2 AO vor, dass ein Steuerbescheid erteilt werden kann, auch wenn ein Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. Gem. § 162 Abs. 5 AO sind die in dem Grundlagenbescheid noch festzustellenden Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Dabei hat sich das FA in erster Linie an der Einkommensteuererklärung zu orientieren (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 3. August 2000 III B 179/96, BFHE 192, 255, BStBl II 2001, 33; Rüsken, in Klein, Abgabenordnung, 9. Aufl., § 155 Rn. 41, Seer, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO/FGO, § 162 AO Rn. 88). Ebenfalls in die Schätzung gem. § 162 Abs. 5 AO einzubeziehen ist das aufgrund einer etwaigen "Vorprüfung" (vgl. zu diesem Verfahren BMF-Schreiben vom 13. Juli 1992 VV DEU BMF 1992-07-13 IV A 5-S 0361-19/92) mitgeteilte Ergebnis des Feststellungs-FA (vgl. etwa Seer, a.a.O.). Ergeht nach Erlass des Einkommensteuerbescheides dann der Grundlagenbescheid, ist der Einkommensteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO entsprechend zu ändern und an den Grundlagenbescheid anzupassen (vgl. etwa Frotscher, in Schwarz, Kommentar zur Abgabenordnung, § 175 AO Rn. 12; Rüsken, in Klein, a.a.O., § 155 Rn. 42). Dass § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO diese Fallkonstellation umfasst, ergibt sich ausdrücklich aus seinem Wortlaut, wonach ein Steuerbescheid geändert werden kann, "soweit ein Grundlagenbescheid (...) erlassen wird". Dem hat das FA im Streitfall Rechnung getragen. Das FA hat im Erstbescheid aus seiner Sicht zunächst zutreffend Einkünfte aus Gewerbebetrieb angesetzt. Insoweit bestand zwar eine Abweichung zur vorläufigen Mitteilung für Zwecke der Einkommensteuer-Veranlagung des Feststellungs-FA vom 24. November 1998. Eine Bindungswirkung kam dieser Mitteilung jedoch nicht zu. Vielmehr hat sich das FA zutreffend in erster Linie an der Steuererklärung orientiert, in der der Kläger die Beteiligungseinkünfte selbst als solche aus Gewerbebetrieb qualifiziert hatte. Diese Schätzung durfte sich das FA zu eigen machen. Nachdem dann im November 1999 die erste Mitteilung des Feststellungs-FA erging, wonach der Kläger aus dem Fonds Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -13.840,35 DM erzielt hatte, hat das FA seine Anpassungspflicht gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zunächst nicht vollständig und damit "unrichtig" wahrgenommen. Denn das FA hat die mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen zwar in zutreffender Höhe bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugrunde gelegt, jedoch den - dieselbe Beteiligung betreffenden - Schätzungsbetrag bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht, wie es zur zutreffenden Umsetzung des Feststellungsbescheides bedurft hätte, außer Ansatz gelassen. Nach Maßgabe der zitierten BFH-Rechtsprechung durfte dieses Versäumnis bei Ergehen des geänderten Feststellungsbescheides vom 22. September 2006 nachgeholt werden. Ein Verbrauch der Änderungsmöglichkeit durch die übersehene Korrektur der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Auswertung der ersten Mitteilung des Feststellungs-FA war nicht eingetreten.

2.

Entgegen der Auffassung der Kläger ist die vorgenommene Anpassung auch von der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids umfasst. Feststellungsbescheide sind, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide und Steuerbescheide (Folgebescheide) bindend, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind (§ 182 Abs. 1 Satz 1 AO). Wird - wie hier - ein positiver Feststellungsbescheid erlassen, sind die tatsächlich getroffenen positiven Feststellungen bindend. Hierzu gehört insbesondere auch die Feststellung über die Art der Einkünfte (vgl. etwa BFH-Urteil vom 4. Juli 2007 VIII R 77/05, BFH/NV 2008, 53; Söhn, in H/H/S, a.a.O, § 182 AO Rn. 43; von Groll, in H/H/S, a.a.O, § 175 AO Rn. 192). Konkludent beinhaltet diese positive Feststellung zugleich eine dahingehende negative Feststellungswirkung, dass ein Ansatz dieser Einkünfte bei einer anderen Einkunftsart nicht in Betracht kommt (vgl. zur "Ausnahme" bei Zebragesellschaften etwa BFH-Urteil vom 17. August 2005 X R 58/01, BFH/NV 2006, 230 m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Kläger kann eine Bindungswirkung des Feststellungsbescheides daher nicht nur aus "ein und derselben Einkunftsart" abgeleitet werden. Vielmehr kam der Feststellung des Feststellungs-FA, dass die Beteiligungseinkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren sind, Bindungswirkung zu. Der gleichzeitige Ansatz von Einkünften aus Gewerbebetrieb (in der ursprünglich geschätzten Höhe) aus derselben Beteiligung im Folgebescheid stand hierzu im Widerspruch und ist daher vom FA zutreffend auf der Grundlage des § 175 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO bereinigt worden.

Nichts anderes ergibt sich auch aus dem von den Klägern zitierten BFH-Urteil vom 22. August 2007 X R 39/02 (BFHE 218, 503, BStBl II 2008, 4). Dieses deckt die von den Kläger gezogene Schlussfolgerung, dass dann, wenn der Feststellungsbescheid keine Aussagen zu Einkünften aus Gewerbebertrieb mache, diese nicht von der Bindungswirkung umfasst seien, nicht. Das Urteil betraf den Fall einer selbständigen Feststellung der Tarifbegrenzung gem. § 32c des Einkommensteuergesetzes (EStG), über die eigentlich im Feststellungsbescheid hätte entschieden werden müssen, die jedoch irrtümlich das Wohnsitz-FA - und zwar in unzutreffender Höhe - gewährt hatte. Ein Ergänzungsbescheid konnte wegen Feststellungsverjährung nicht mehr ergehen. In seiner Entscheidung hat der BFH zurecht die Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO versagt. Der Feststellungsbescheid sah in Bezug auf die selbständige Feststellung "Tarifbegrenzung" keine Regelung vor und war daher lückenhaft. Insoweit konnte er auch keine Bindungswirkung entfalten, die eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gerechtfertigt hätte. Im Streitfall besteht dagegen keine derartige lückenhafte Feststellung. Im Feststellungsbescheid hat das Feststellungs-FA die Einkünfte aus der Fondsbeteiligung als solche aus Vermietung und Verpachtung festgestellt und damit zugleich eine Qualifizierung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausgeschlossen. Die Kläger verkennen insoweit, dass die Feststellung auch die "Art der Einkünfte" umfasst und dieser Teil der Feststellung an der Bindungswirkung teilnimmt.

3.

Aus diesem Grund war vorliegend eine Änderungsmöglichkeit auch nicht unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Zusammenhangs mit der Auswertung eines Grundlagenbescheids ausgeschlossen. Die Auffassung der Kläger, es handle sich vorliegend um einen Fehler, der lediglich anlässlich der Auswertung eines Grundlagenbescheides entstanden sei, trifft nicht zu, da die Einkünftequalifizierung Gegenstand des Grundlagenbescheids war (ähnlich bereits Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 30. Juni 2006 11 K 4107/05 E, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2006, 1556).

4.

Einer Änderung stand schließlich auch nicht der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen, da sie innerhalb der Zwei-Jahres-Frist des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO erfolgte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig, da der Senat nicht von der ständigen Rechtsprechung des BFH oder der Finanzgerichte abweicht.

Ende der Entscheidung

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