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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.11.2007
Aktenzeichen: 16 K 458/05 E,G,U
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 171 Abs. 9
AO § 371 Abs. 1

Entscheidung wurde am 10.06.2008 korrigiert: das Verkündungsdatum wurde korrigiert
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

16 K 458/05 E,G,U

Tenor:

Die Einkommensteuerbescheide 1987 vom 31.5.1999 und vom 17.4.2001 sowie die Einspruchsentscheidung vom 6.1.2005 werden insoweit ersatzlos aufgehoben, als diese Verwaltungsakte dem Kläger gegenüber ergangen sind. Der Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 29.10.1999 und der Gewerbesteuermessbescheid 1987 vom 19.11.1999 sowie die beiden hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 6.1.2005 werden ersatzlos aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Vorverfahren des Klägers wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Unstreitig ist, dass die auf 10 Jahre verlängerten Festsetzungsfristen für die Einkommensteuer, die Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 1987 (Streitjahr) regulär zum 31. Dezember 1998 abgelaufen wären. Streitig ist, ob in Bezug auf die Einkommensteuer und Umsatzsteuer eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 der Abgabenordnung (AO) und in Bezug auf den Gewerbesteuermessbetrag eine Ablaufhemmung nach § 35b Abs. 1 Satz 3 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V. mit § 171 Abs. 10 AO eingetreten ist. Streitig ist insbesondere, ob mit Schreiben vom 6. November 1998 beim Beklagten (das Finanzamt --FA--) eine Anzeige nach § 371 AO für das Streitjahr erstattet worden ist.

Der Kläger, der als Metzgermeister Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte, wurde vom FA für das Streitjahr mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuererklärung der Eheleute ging --ebenso wie die Umsatzsteuer- und die Gewerbesteuererklärung des Klägers-- am 10. November 1988 beim FA ein. Das FA setzte die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag jeweils erklärungsgemäß fest. Dabei wurden u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb (= Gewinn aus Gewerbebetrieb) von 92.674 DM, Einkünfte aus Kapitalvermögen von je 0 DM (erklärte Einnahmen des Klägers 7 DM und der Ehefrau 33 DM) und steuerpflichtige Umsätze von insges. 477.314 DM angesetzt.

Am 6. November 1998 ging beim FA ein vom Prozessbevollmächtigten des Klägers, Steuerberater (StB) B, gefertigtes Schreiben vom selben Tage ein, das im Betreff als "strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO" der Eheleute überschrieben war. Das Schreiben lautete wie folgt:

"... namens und im Auftrage meiner Mandanten erkläre ich, dass sie hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen unrichtige bzw. unvollständige Angaben in ihren Einkommensteuer-, Gewerbesteuer- und Umsatzsteuererklärungen über die Höhe der tatsächlichen Einnahmen gemacht haben und auch der Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensteuererklärungen nicht nachgekommen sind. Die Steuererklärungen für das Jahr 1986 wurden Ihnen am 5.10.1987 (Veranlagung ebenfalls 1987) eingereicht. Festsetzungsverjährung ist deshalb für die Veranlagungen ab 1987 noch nicht eingetreten.

Leider kann ich Ihnen wegen fehlender Unterlagen keine genauen Angaben über die nicht erklärten Einnahmen machen, sondern diese bis zur Vorlage der in Luxemburg angeforderten Kontoauszüge und Bestätigungen über laufende Einzahlungen, jährliche Kontenstände und Zinsgutschriften nach Angaben meiner Mandanten nur schätzen. Danach dürften die Guthaben in Luxemburg derzeit insgesamt 1,5 Mio. DM ausmachen, wurden neben ordnungsgemäß versteuerten Beträgen jährlich ca. DM 80.000,-- nicht versteuerte Einnahmen aus Gewerbebetrieb dort eingezahlt, und wurden die gutgeschriebenen Zinsen zur Aufstockung der Guthaben verwendet. In den strafrechtlich relevanten Jahren (die Veranlagungen für das Jahr 1990 wurden im März bzw. Juni 1992 durchgeführt; die Veranlagungen für 1991 im Mai 1994) dürften die jährlichen Zinsen bis DM 130.000,-- betragen haben.

Ich bitte Sie, mir eine angemessene Frist für die Angabe von konkreten Zahlen bzw. für eine ggf. erforderliche abschließende Schätzung der Zahlen zu gewähren und mir dabei den Eingang dieses Schreiben zu bestätigen."

Das FA bestätigte mit Schreiben vom 13. November 1998 den Eingang der Selbstanzeige. Es bat (ohne Angabe bestimmter Jahre) mit Frist 31. Dezember 1998, die "konkreten Beträge und die entsprechenden Nachweise beizubringen". Sollte dies nicht möglich sein, werde um eine "vorläufige Schätzung der Besteuerungsgrundlagen" gebeten.

StB B teilte dem FA hierzu mit Schreiben vom 6. Januar 1999 mit, es sei ihm leider bisher nicht möglich gewesen, "konkrete Beträge zu nennen bzw. vorläufige Zahlen zu schätzen", da seine Mandanten darüber keinerlei Unterlagen aufbewahrt hätten und Angaben und Nachweise von den Banken hätten angefordert werden müssen. Insbesondere die Banken in Luxemburg seien derzeit mit solchen Anfragen überlastet. Es werde deshalb gebeten, die Bearbeitungsfrist bis zum 31. Januar 1999 zu verlängern.

Die Straf- und Bußgeldsachenstelle (StrBuSt) des FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Y-Stadt leitete jeweils am 9. Februar 1999 sowohl gegen den Kläger als auch gegen dessen Ehefrau das Steuerstrafverfahren ein. Die Einleitung der Strafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für die Jahre 1991 bis 1996 wurde dem Kläger und dessen Ehefrau jeweils mit Schreiben vom 10. Februar 1999 mitgeteilt. Abdrucke dieser Schreiben erhielt das FA am 23. Februar 1999.

Das FA bat daraufhin StB B mit Schreiben vom 23. März 1999 (betreffend Einkommensteuer 1991 bis 1996) und Frist 6. April 1999, bestimmte Angaben zu machen bzw. bestimmte Unterlagen zu übersenden. In diesem Schreiben heißt es abschließend, dass die Beträge ggf. zu schätzen seien.

StB B bat diesbezüglich mit Schreiben vom 9. April 1999 um weitere Fristverlängerung bis zum 31. Mai 1999. Das Schreiben enthielt u.a. den Hinweis, dass sich die Geldanlagen der Eheleute bei drei Instituten in Luxemburg befänden (alle unter dem Dach der WGZ in Luxemburg). Die WGZ-Bank sei mit detaillierten Angaben, welche Unterlagen benötigt würden, angeschrieben worden; sie habe --trotz mehrfacher Erinnerung-- die Unterlagen nicht bzw. nicht vollständig übersandt.

Am 16. Juni 1999 fand im FA eine Besprechung statt, an der der Kläger, StB B und für das FA die Sachgebietsleiter C teilnahmen. Ausweislich des von C hierüber gefertigten Aktenvermerks legte StB B zu diesem Termin erstmals "Unterlagen und Berechnungen zu den in den Jahren 1987 bis 1996 erzielten und bisher nicht erklärten Kapitaleinkünften und den dem Betrieb unversteuert entnommenen Einnahmen" vor. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen (in der "Sonderakte" hinter dem Trennblatt "Ermittlung StB" abgeheftet). In der zwei Seiten umfassenden "Ermittlung der nachzusteuernden Einkünfte und der Kapitalstände" waren auch Angaben betreffend das Streitjahr enthalten ("Zinsen 1987 geschätzt 5,9 % = i.H. 5,6 -38.060 DM" sowie "ungeklärt -18.000 DM").

Zu den gewerblichen "Schwarzeinnahmen" (jährlich 18.000 DM) machten StB B und der Kläger ausweislich des Aktenvermerks mündlich folgende Angaben: Der Kläger habe den Betrieb im Jahre 1969 übernommen. Er habe seitdem regelmäßig geringe Beträge der Kasse unversteuert entnommen und angelegt. Er gab diese Beträge schätzungsweise mit mtl. 1.500 DM (seit 1969 gleichbleibend bis 1996) an. Weitere Angaben zur Glaubhaftmachung erfolgten nicht. Auf die Nachfrage, ob den Einnahmen auch bisher nicht geltend gemachte Kosten gegenüber stünden, teilte der Kläger mit, dass Kosten in den Bilanzen nicht verschwiegen worden seien; bei den "entnommenen" Beträgen handele es sich um Einkünfte.

Nach Durchsicht der eingereichten Unterlagen zu den ausländischen Kapitaleinkünften bat C mit Schreiben vom 23. Juni 1999 noch um weitere Angaben betreffend inländische und ausländischen Kapitaleinkünfte.

Das FA hatte bereits zuvor den nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 1987 vom 31. Mai 1999 erlassen, in dem es Einkünfte aus Gewerbebetrieb von (92.674 DM + 80.000 DM =) 172.674 DM und Einkünfte aus Kapitalvermögen der Eheleute von 129.240 DM (unter Erhöhung der ursprünglich erklärten Einnahmen um je 65.000 DM = insges. 130.000 DM) ansetzte. Auf die Anlage zum Bescheid wird Bezug genommen.

Das FA erließ einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 29. Oktober 1999, in dem es die ursprünglich erklärten Umsätze zu 7 v.H. (468.414 DM) um 80.000 DM erhöhte. Auf die Anlage zum Bescheid wird Bezug genommen.

Das FA erließ einen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1987, in dem es den Gewinn aus Gewerbebetrieb mit 172.674 DM ansetzte. Dieser Bescheid wurde durch die Z-Stadt erst am 19. November 1999 zur Post gegeben. Auf die Bescheidserläuterungen wird Bezug genommen.

Gegen diese Änderungsbescheide wurden jeweils fristgerecht Einsprüche eingelegt, und zwar lt. den von StB B gefertigten Einspruchsschriften zur Einkommensteuer von den Eheleuten und im Übrigen vom Kläger. Der Kläger bzw. die Eheleute machten u.a. geltend:

Für sämtliche Steuerarten sei für das Jahr 1987 bereits zum 31. Dezember 1998 Festsetzungsverjährung eingetreten. Dies habe Herr D (Amtsbetriebsprüfungstelle des FA) in seinem Schreiben vom 9. März 2000 (im Einspruchsverfahren betreffend die Prüfungsanordnung, soweit diese ursprünglich auch das Jahr 1987 betroffen habe) richtig erkannt bzw. bestätigt. Nach dem Wortlaut der Selbstanzeige sei dieselbe ausschließlich für die dort genannten strafrechtlich relevanten Jahre gestellt worden. Es sei kein Grund dafür ersichtlich, eine strafbefreiende Anzeige zu erstatten für Zeiträume, die strafrechtlich verjährt seien.

Ferner seien die Zuschätzungen überhöht; dies ergebe sich bereits aus den Unterlagen, die anläßlich der Besprechung im FA am 16. Juni 1999 vorgelegt worden seien.

Bei einer ablehnenden Entscheidung über die Festsetzungverjährung entsprächen die vom FA im Schreiben vom 5. Mai 2004 genannten Änderungen der bisherigen Zuschätzungen der gemäß Betriebsprüfungsbericht vom 6. November 2001 erzielten Einigkeit (= tatsächliche Verständigung in der Schlussbesprechung vom 14. August 2001 betreffend die Jahre 1988 bis 1997).

Das FA erließ einen aus anderen Gründen geänderten Einkommensteuerbescheid 1987 vom 17. April 2001, der zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde.

Das FA verfuhr letztlich wie im Schreiben vom 5. Mai 2004 angekündigt. Es setzte mit der an die Eheleute gerichteten Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005 die Einkommensteuer 1987 auf 21.115,33 EUR herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Es setzte mit der an den Kläger gerichteten Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005 die Umsatzsteuer 1987 auf 4.338,82 EUR herab. Es setzte mit der an den Kläger gerichteten Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005 den Gewerbesteuermessbetrag 1987 auf 1.914,79 EUR herab.

Die Teilabhilfen beruhten auf folgenden (der Höhe nach unstreitigen) Zuschätzungen:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb (= Gewinn aus Gewerbebetrieb): 18.643 DM (netto 22.430 DM ./. Gewerbesteuerrückstellung 3.787 DM)

Einkünfte aus Kapitalvermögen: Mehreinnahmen je Ehegatte von 18.000 DM

Umsätze: 22.430 DM

Zur Streitfrage (Anwendung des § 171 Abs. 9 AO betreffend Einkommensteuer und Umsatzsteuer) führte das FA unter Hinweis auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 10. November 2003 1 K 10277/00 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2004, 468) aus, dass es sich bei der am 6. November 1998 eingereichten Anzeige um eine Anzeige i.S. des § 371 AO bzw. § 171 Abs. 9 AO gehandelt habe. Nach diesem Urteil gehöre es zu den "Mindestanforderungen" an eine Selbstanzeige i.S. des § 171 Abs. 9 AO, dass der Steuerpflichtige Steuerart und Zeitraum benenne und die äußeren Umrisse des Sachverhalts derart schildere, dass erkennbar werde, was Gegenstand der Selbstanzeige sei. In der strafbefreienden Selbstanzeige hätten die Einspruchsführer selbst erklärt, die Festsetzungsverjährung sei für die Veranlagungen ab 1987 noch nicht eingetreten. Damit hätten sie zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass auch für das Jahr 1987 unrichtige und unvollständige Steuererklärungen abgegeben worden seien. Der Ansicht, die Selbstanzeige sei ausschließlich für strafrechtlich relevante Jahre gestellt worden, könne nicht gefolgt werden. Für die Ansicht des FA spreche auch der Umstand, dass die Einspruchsführer selbst Unterlagen und Berechnungen für die Jahre 1987 bis 1996 vorgelegt hätten und nicht nur für die strafrechtlich relevanten Jahre 1991 bis 1996. In der Einspruchsentscheidung betreffend den Gewerbesteuermessbetrag räumte das FA ein, dass der Änderungsbescheid erst nach der Jahresfrist (§ 171 Abs. 9 AO) zur Post gegeben worden sei; die Berichtigungsmöglichkeit (Ablaufhemung) hierfür ergebe sich jedoch aus § 35b GewStG i.V. mit § 171 Abs. 10 AO.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage, die nach dem Rubrum und dem Text der von StB B verfassten Klageschrift vom 4. Februar 2005 nur "namens und im Auftrage" des Klägers erhoben worden ist. Der Klageschrift waren diverse Kopien beigefügt, und zwar auch Kopien der Vorgänge zur Einkommensteuer (Änderungsbescheide vom 31. Mai 1999 und vom 17. April 2001, Einspruchsschrift sowie Einspruchsentscheidung). StB B legte ferner mit Schriftsatz vom 12. Februar 2005 die ihm am 4. Februar 2005 vom Kläger erteilte Prozessvollmacht vor.

Der Kläger hat im Klageverfahren sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 27. Mai 2005 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt (lt. Protokoll),

(1.) die geänderten Einkommensteuerbescheide 1987 vom 31. Mai 1999 und vom 17. April 2001 sowie die Einspruchsentscheidung vom 6. Januar 2005, soweit diese Verwaltungsakte dem Kläger gegenüber ergangen sind, ersatzlos aufzuheben,

(2.) den geänderten Umsatzsteuerbescheid 1987 vom 29. Oktober 1999 und den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1987 vom 19. November 1999 sowie die beiden hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 6. Januar 2005 ersatzlos aufzuheben und ferner

(3.) die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Wegen seiner Ausführungen wird auf den Schriftsatz vom 1. Juli 2005 verwiesen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2007 sowie der nachfolgenden Beratung des Senats ging beim FG am selben Tage (per Fax um 15.21 Uhr) ein Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten ein. Er führte in der "Sache A gegen ... hier wegen Einkommensteuer 1987" u.a. aus, dass nach seiner Auffassung "Herr A die Klage auch für seine Frau eingereicht" habe. Denn er (der Kläger) habe "den Bescheid insgesamt dem Grunde nach wegen eingetretener Verjährung" angefochten und dementsprechend die ersatzlose Aufhebung beantragt.

Das FA hat hierzu auf eine Gegenäußerung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist --im Umfang des vom Kläger gestellten, protokollierten Klageantrags-- begründet.

I.

Die vom Kläger angefochtenen Festsetzungen waren wegen Ablaufs der Festsetzungsfristen zum 31. Dezember 1998 nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO rechtswidrig und deshalb aufzuheben.

Das FA hat zu Unrecht angenommen, dass durch das Schreiben vom 6. November 1998 eine die Einkommensteuer und Umsatzsteuer 1987 betreffende Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 9 AO eingetreten ist. Maßgebend ist, dass das sog. "Berichtigungserfordernis" (§ 371 Abs. 1 AO) im Jahre 1998 noch nicht erfüllt war und vom Kläger erstmals am 16. Juni 1999 durch eine substantiiert begründete Schätzung der Besteuerungsgrundlagen aufgeschlüsselt nach Veranlagungszeiträumen erfüllt worden ist. Es lag nur eine sog. "gestufte" Selbstanzeige vor; bei einer solchen kann die Selbstanzeige dem Grunde nach die Ablaufhemmung noch nicht auslösen. Demzufolge war auch in Bezug auf den Gewerbesteuermessbetrag 1987 § 171 Abs. 10 AO nicht "entsprechend" anzuwenden, weil sämtliche Festsetzungsfristen (Einkommensteuer und Gewerbesteuermessbetrag) bereits abgelaufen waren.

II.

Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine "Anzeige nach den §§ 153, 371 und 378 Abs. 3", so endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige (§ 171 Abs. 9 AO). Wer in den Fällen des § 370 AO (d.h. der hier vorliegenden Steuerhinterziehung) unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Finanzbehörde berichtigt oder ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt, wird insoweit (unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) straffrei (§ 371 Abs. 1 AO).

III.

Das FG teilt nicht die vom Kläger vertretene Ansicht, wonach das Schreiben deshalb nicht als "Anzeige nach § 371" für das Streitjahr anzusehen war, weil für 1987 (und die nachfolgenden Jahre bis 1990) eine Bestrafung bereits wegen Strafverfolgungsverjährung ausgeschlossen war.

Für die Annahme einer "Anzeige nach § 371" ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 371 Abs. 1 AO erfüllt sind. Es kommt nicht (zusätzlich) darauf an, ob auch die in der Vorschrift bestimmte Rechtsfolge eintritt. Dies bedeutet z.B., dass eine "Anzeige nach § 371" auch dann vorliegen kann, wenn der Steuerpflichtige wegen Eingreifens eines Ausschlussgrundes (s. § 371 Abs. 2 und 3 AO) trotz der Anzeige nicht straffrei wird. Dies bedeutet ferner, dass eine "Anzeige nach § 371" als (auch) auf solche Veranlagungszeiträume und Steuerarten bezogen gewertet werden kann, für die bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten ist. Eine solche Deutung liegt bei "Dauersachverhalten", um die es auch im Streitfall geht, auf der Hand.

IV.

Dem Schreiben war zweifelsfrei zu entnehmen, dass für sämtliche Jahre (auch für das Streitjahr) und Steuerarten jeweils vorsätzlich unrichtige Angaben zu den jeweiligen Besteuerungsgrundlagen gemacht wurden, die einkommensteuerlich die angesprochenen "Schwarzeinnahmen" aus Gewerbebetrieb sowie aus Kapitalvermögen (in Luxemburg) betrafen. Dieser Umstand ist für sich gesehen indes für das Vorliegen einer "Anzeige nach § 371" unerheblich. Denn es ist nicht ausreichend, dass der Steuerpflichtige nur die Unrichtigkeit einer Steuererklärung anzeigt. Er muss vielmehr auch das Berichtigungserfordernis in einer Weise erfüllen, die den ursprünglichen Anforderungen in Bezug auf die Angaben in den Steuererklärungen (ggf. auch durch eine Schätzung) entspricht.

V.

Mit dem Schreiben war das Berichtigungserfordernis noch nicht erfüllt. Dem Schreiben ließen sich für das Streitjahr weder in Bezug auf die "Schwarzeinnahmen" aus Gewerbebetrieb noch in Bezug auf "Schwarzeinnahmen" aus Kapitalvermögen berichtigende konkrete Zahlenangaben entnehmen; ebenso waren weder berichtigende Zahlenangaben im Wege einer (substantiierten) Schätzung noch hinreichende Angaben von "Schätzungstatsachen" ersichtlich.

1. a) Eine wirksame Selbstanzeige i.S. des § 371 Abs. 1 AO setzt voraus, dass die bisher unrichtigen, unvollständigen oder ganz unterbliebenen Angaben wahrheitsgemäß nachgeholt werden. Das FA muss durch die nunmehrige Mitteilung der steuerlich erheblichen Tatsachen in die Lage versetzt werden, auf ihrer Grundlage "ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig festzusetzen" (vgl. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 13. November 1952 3 StR 398/52, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1953, 475 betr. Selbstanzeige i.S. des § 410 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung --RAO--; vom 18. Juni 2003 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 3000 m.w.N.;vom 5. Mai 2004 5 StR 548/03, NJW 2005, 2720, 2721).

b) Der BGH hat auch im Urteil vom 5. September 1974 4 StR 369/74 (NJW 1974, 2293) im Anschluss an das BGH-Urteil in NJW 1953, 475 entschieden, dass die Strafbefreiung nach § 395 RAO nicht voraussetzt, dass das FA durch die Berichtigung oder Ergänzung in den Stand gesetzt wird, sofort ohne weitere Aufklärungstätigkeit die nachzuzahlende Steuer festzusetzen. Im dort entschiedenen Fall hatte der Angeklagte in dem Schreiben, das er ausdrücklich als Selbstanzeige gewertet wissen wollte, erklärt, dass seine Lohnsteueranmeldungen in den Jahren 1969 bis 1971 falsch gewesen seien und gleichzeitig diejenigen Beträge angegeben, die er nach seiner Meinung wirklich hätte abführen müssen. Die angegebenen Zahlen beruhten allerdings auf Schätzungen, wobei sich der Angeklagte dabei aber nicht unbeträchtlich zu seinen Ungunsten verschätzt hatte. Der BGH sah auf dieser Grundlage das Berichtigungserfordernis als erfüllt an. Die Straffreiheit werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass aufgrund der berichtigten Angaben allein eine Steuerfestsetzung noch nicht möglich sei, wenn das FA das Fehlende ohne besondere Schwierigkeit ergänzen könne. Es dürfe dem Steuerpflichtigen nicht zum Nachteil gereichen, wenn er nach bestem Wissen und Gewissen nur geschätzte Beträge angebe und sich dabei zu seinem Nachteil oder nur geringfügig zu seinem Vorteil verschätze. Es müsse ihm dann Gelegenheit gegeben werden, die genauen Beträge festzustellen, wenn nicht das FA selbst sie ohne besondere Schwierigkeiten ermitteln könne. Der Angeklagte habe dem FA eine bis dahin verheimlichte Steuerquelle eröffnet und es ihm ermöglicht, ohne Schwierigkeiten und umfangreiche eigene Ermittlungen, etwa anhand der Steuerkarten der Arbeitnehmer oder der Buchhaltung des Angeklagten oder aufgrund zusätzlicher vom Angeklagten geforderter Angaben, die hinterzogenen Lohnsteuern festzustellen und nachzufordern.

2. "Schwarzeinnahmen" aus Kapitalvermögen (Luxemburg):

a) Das Schreiben enthielt diesbezüglich lediglich die Angabe, dass in den strafrechtlich relevanten Jahren (ab 1991) die jährlichen Zinsen bis 130.000 DM betragen haben dürften. Nach den weiteren Angaben (insbesondere betreffend die laufenden Einzahlungen sowie die Verwendung gutgeschriebener Zinsen zur Aufstockung der Guthaben) war es zudem --auch bei Zinssatzschwankungen-- höchst wahrscheinlich, dass die Einnahmen im Laufe der Jahre kontinuierlich angestiegen waren. Bei dieser Sachlage konnte das FA die "pauschale" Zahlenangabe betreffend die Zinsen nicht dahin deuten, dass diese Zinsen bereits "nach bestem Wissen und Gewissen" geschätzt worden seien. Dem entspricht auch die abschließende --im Zusammenhang mit den in Luxemburg angeforderten, noch nicht vorliegenden Unterlagen stehende-- Bitte in dem Schreiben, eine angemessene Frist für die Angabe von konkreten Zahlen bzw. für eine ggf. erforderliche abschließende Schätzung der Zahlen zu gewähren. Dem entspricht ferner auch das eigene Verständnis des FA, das bereits in dessen Schreiben vom 13. November 1998 und 23. März 1999 und sodann in den Bescheidsanlagen bzw. -erläuterungen zu den Änderungsbescheiden seinen Ausdruck gefunden hat. So hat das FA in der Anlage zum geänderten Einkommensteuerbescheid 1987 vom 31. Mai 1999 als Grund für die teilweise Vorläufigkeit hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb und der Einkünfte aus Kapitalvermögen angegeben, dass "zur Zeit die genaue Höhe der bisher nicht versteuerten Einnahmen aufgrund fehlender Unterlagen bzw. Angaben noch nicht bestimmt werden" könne.

b) Die Zahlenangabe betreffend die Zinsen war lediglich als eine "freie oder griffweise" Schätzung zu deuten. Eine solche Schätzung reicht für eine Selbstanzeige nicht aus (s. z.B. Bilsdorfer, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1982, 298, 303; Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 5. Aufl. 2001, § 371 AO Rz. 56).

c) Das FA wurde durch das streitige Schreiben auch noch nicht in die Lage versetzt, "ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig festzusetzen". Der Streitfall war durch die (ausländische) Besonderheit gekennzeichnet, dass das FA in Bezug auf die Einzahlungen sowie die Guthaben und Zinsen in Luxemburg selbst keinerlei Nachforschungen anstellen und ohne weitere Angaben des Steuerpflichtigen im Schätzungswege auch noch nicht zu einer nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten "richtigen Festsetzung" kommen konnte. Das FA konnte den "Sachverhalt nicht ohne die weitere gutwillige Mithilfe des Täters aufklären" (Joecks in Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 371 AO Rz. 52 m.w.N.) bzw. nicht "unabhängig von der weiteren Bereitschaft des Steuerpflichtigen zur Mitwirkung die betroffene Steuer zutreffend veranlagen" (Rüping in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, AO/FGO, § 371 AO Rz. 67 m.w.N.).

3. "Schwarzeinnahmen" aus Gewerbebetrieb/Umsätze/Gewinn aus Gewerbebetrieb:

a) Das Schreiben enthielt diesbezüglich lediglich die --ebenfalls auf die Kapitalanlagen in Luxemburg bezogene-- Angabe, dass "jährlich ca. DM 80.000,-- nicht versteuerte Einnahmen aus Gewerbebetrieb dort eingezahlt" wurden.

b) Nach Ansicht des FG gelten die vorstehenden Ausführungen betreffend die Würdigung der Zahlenangabe zu den "Schwarzeinnahmen" aus Kapitalvermögen entsprechend. Das FA durfte auch die "pauschale" Zahlenangabe betreffend die "Schwarzeinnahmen" aus Gewerbebetrieb nicht dahin deuten, dass diese Einnahmen bereits "nach bestem Wissen und Gewissen" geschätzt worden seien. Denn auch insoweit zielte die abschließende Bitte in dem Schreiben, eine angemessene Frist für die Angabe von konkreten Zahlen bzw. für eine ggf. erforderliche abschließende Schätzung der Zahlen zu gewähren, darauf ab, dass der Steuerpflichtige diese Einnahmen nach Maßgabe von in Luxemburg angeforderter Unterlagen bzw. Auskünften betreffend die Höhe der jährlichen Einzahlungen ermitteln und ggf. (und zwar entweder mit oder ohne solche Unterlagen/Auskünfte) abschließend schätzen wollte. Dabei hätte es insbesondere auch zu einer unterschiedlichen Ermittlung/Schätzung der Schwarzeinnahmen in einzelnen Veranlagungszeiträumen kommen können.

Ferner darf in Bezug auf die (zulässige) Schätzung durch den Steuerpflichtigen bei einer Selbstanzeige nicht übersehen werden, dass es hinsichtlich der betrieblichen Einnahmen/Umsätze unterschiedliche, anerkannte Schätzungsmethoden (z.B. Betriebsvergleiche, Geldverkehrsrechnung, Vermögenszuwachsrechnung) gibt; gerade deshalb muss der Steuerpflichtige die Grundlagen seiner Schätzung bzw. die tatsächlichen Umstände für eine Schätzung durch das FA angeben und damit dem FA auch eine Überprüfung ermöglichen (Bilsdorfer, DStZ 1982, 298, 303; Rüping in HHSp, a.a.O., § 371 AO Rz. 78 m.w.N. in Fn. 72).

c) Danach war auch diese Zahlenangabe lediglich als eine "freie oder griffweise" Schätzung zu deuten.

VI.

Der Kläger hat das Berichtigungserfordernis erstmals am 16. Juni 1999 durch eine substantiiert begründete Schätzung sämtlicher Besteuerungsgrundlagen aufgeschlüsselt nach Veranlagungszeiträumen erfüllt. Erst hierdurch hat er es dem FA ermöglicht, "ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig festzusetzen"; insoweit mag es (strafrechtlich) unschädlich sein, dass das FA tatsächlich im Rahmen einer Betriebsprüfung umfangreiche Ermittlungen angestellt hat, die letztlich in die im Jahre 2001 getroffene tatsächliche Verständigung mündeten.

VII.

Es lag eine "gestufte" Selbstanzeige vor, also eine Berichtigungserklärung, die aus mehreren, zeitlich auseinanderliegenden Erklärungen besteht, die erst als Einheit die Anforderungen des § 371 Abs. 1 AO erfüllt (vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO Rz. 53 f. m.w.N. zum Meinungsstand betreffend die strafrechtliche Beurteilung).

VIII.

Nach Ansicht des FG spricht sowohl der Wortlaut des § 171 Abs. 9 AO ("Anzeige nach § 371") als auch der Sinn und Zweck der Vorschrift für eine Auslegung, wonach bei einer "gestuften" Selbstanzeige erst die "eigentliche" Berichtigungserklärung eine Ablaufhemmung auslösen kann.

1. Unter einer "Anzeige nach § 371" kann nach dem Wortlaut des § 171 Abs. 9 AO nur eine solche verstanden werden, die die Anforderungen des § 371 Abs. 1 AO insgesamt erfüllt. Deshalb ist bei zeitlich gestreckten Erklärungen auch erst die Selbstanzeige "der Höhe nach" als "Anzeige nach § 371" zu werten.

2. Eine anderweitige Auslegung stünde mit dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht in Einklang. Die Vorschrift soll der Finanzbehörde Gelegenheit geben, berichtigte Erklärungen (§ 153 AO) und Selbstanzeigen (§§ 371, 378 Abs. 3 AO) auszuwerten. Der Zeitraum von einem Jahr erscheint hierzu ausreichend "angesichts der vollständigen und genauen Informationen, die der Steuerpflichtige für eine Berichtigung und eine Selbstanzeige vorlegen muss" (Kruse in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 84). Dementsprechend würde, wenn man bereits die Selbstanzeige "dem Grunde nach" als maßgebend ansähe, bei erheblich zeitlich gestreckten Erklärungen die Jahresfrist entweder ganz (zeitlicher Abstand von mehr als 12 Monaten) oder zumindest weitgehend (zeitlicher Abstand von weniger als 12 Monaten) "leer laufen". Dies kann nicht zutreffend sein, zumal es bei einer Selbstanzeige "dem Grunde nach" noch an einer "auszuwertenden" Anzeige fehlt. Eine solche kann vielmehr --wie der Streitfall nachdrücklich zeigt-- der Finanzbehörde lediglich Veranlassung geben, wegen drohender Festsetzungsverjährung (hier: zum 31. Dezember 1998) die betreffenden Steuern unverzüglich in einer Weise zu schätzen, die den unrichtigen und auch noch nicht hinreichend berichtigten Angaben des Steuerpflichtigen angemessen Rechnung trägt.

IX.

Der Klage war danach --im Umfang der in der mündlichen Verhandlung für den Kläger gestellten Klageanträge-- stattzugeben. Dies hat (wie tenoriert) zur Folge, dass die bestandskräftig gewordene Einkommensteuerfestsetzung 1987 lt. Einspruchsentscheidung gegenüber der Ehefrau des Klägers bestehen bleibt.

1. Das FG hat die vom Prozessbevollmächtigten gefertigte Klageschrift dahin gedeutet, dass auch in bezug auf die Einkommensteuer nur Klage namens des Klägers erhoben worden ist. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich angesprochen. Daraufhin hat der Prozessbevollmächtigte auch den protokollierten Antrag gestellt. Das Vorbringen in dem nachgereichten Schriftsatz vom 29. November 2007 bietet lediglich Veranlassung, die bereits angesprochene Auslegung der Klageschrift zu erläutern:

Nach § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) muss die Klageschrift den (richtigen) Kläger bezeichnen. Die Klageschrift ist eine Prozesshandlung, für die grundsätzlich die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten. Deshalb ist eine Änderung des Rubrums einer Klageschrift möglich, sofern für Gericht und Gegner von Anfang an klar erkennbar ist, wer durch die (unrichtige) Parteibezeichnung als Partei angesprochen werden sollte (s. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. August 2001 V B 51/01, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 2001, 767 zur "Klage" beider Eheleute gegen einen an den Ehemann gerichteten Umsatzsteuerbescheid).

Im Streitfall war eine solche Änderung des Rubrums der Klageschrift nicht möglich, weil die Klage wegen Einkommensteuer den Ehemann als (alleinigen und richtigen) Kläger eindeutig bezeichnet hat. Ausweislich des Rubrums der Klageschrift ist die Klage eindeutig nur namens des Klägers erhoben worden. Die Ehefrau ist in dem Schriftsatz nicht erwähnt worden. Auch in dem Text der Klageschrift wird hinsichtlich des Klagebegehrens ausgeführt, dass "der Kläger begehrt, die angefochtenen Steuerbescheide ... aufzuheben." Bei Zusammenveranlagungen besteht eine getrennte Befugnis jedes Ehegatten zur Anfechtung des ihn betreffenden Steuerbescheids; demzufolge kann --schon wegen des Kostenrisikos sowie der Möglichkeit, dass der andere Ehegatte selbst (ggf. vertreten durch einen anderen Prozessbevollmächtigten) Klage erhebt-- nicht davon ausgegangen werden, dass die Klage gegen einen Zusammenveranlagungsbescheid auch dann von beiden Ehegatten erhoben worden ist, wenn ausdrücklich nur einer der Ehegatten als Kläger bezeichnet wird. Daher kann bei Zusammenveranlagungsbescheiden bei Einsprüchen und bei Klagen, die nur im Namen eines Ehegatten eingelegt bzw. erhoben werden, auch von einer für Gericht und Gegner von Anfang an klar erkennbar unrichtigen Parteibezeichnung selbst dann nicht die Rede sein, wenn der Zusammenveranlagungsbescheid beigefügt ist. Auch für eine wirksame Rechtsbehelfseinlegung des einen Ehegatten für den anderen ist jedenfalls erforderlich, dass der das Rechtsmittel einlegende Ehegatte klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass er den Rechtsbehelf auch für den anderen Ehegatten einlegt (BFH-Urteil vom 27. November 1984 VIII R 73/82, BStBl II 1985, 296). Bei einer --entgegen den Ausführungen des StB B im Schriftsatz vom 29.11.2007 hier vorliegenden-- Klageerhebung durch einen Bevollmächtigten sind jedenfalls keine geringeren Anforderungen zu stellen.

Im Streitfall kommt hinzu, dass auch die kurzfristig nachgereichte, allein vom Kläger unterzeichnete Prozessvollmacht die vom Gericht bei Klageeingang vorgenommene Auslegung bestätigt.

2. Deshalb wurde in der mündlichen Verhandlung der Klageantrag zu 1. als sachdienlich angeregt. Die Anregung beruhte darauf, dass die Ehefrau die Einkommensteuerfestsetzung nicht durch Klage angefochten hat und deshalb insoweit Bestandskraft eingetreten ist. Im Übrigen war der Kläger in Bezug auf die Einkommensteuerfestsetzung gegenüber seiner Ehefrau auch nicht klagebefugt (§ 40 Abs. 2 FGO).

X.

Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Das Niedersächsische FG hat im Urteil in EFG 2004, 468 offen gelassen, ob eine Selbstanzeige "dem Grunde nach" bereits den Beginn der Jahresfrist in § 171 Abs. 9 AO auslöst und ob die Zeitpunkte, von denen an bei § 171 Abs. 9 und § 371 AO vom Vorliegen einer Selbstanzeige auszugehen ist, notwendig identisch sein müssen. Das FG hält es für angebracht, die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfragen zu bejahen.

XI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für die Vorverfahren des Klägers war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.

Ende der Entscheidung

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