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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.05.2007
Aktenzeichen: 17 K 1156/05 E
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG


Vorschriften:

AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 3 Nr. 16
EStG § 3 c Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

17 K 1156/05 E

Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 10.09.2004 und der Einspruchsentscheidung vom 16.02.2005 verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid vom 02.05.2003 dahin zu ändern, dass Einkünfte des Klägers von 40.155 EUR statt von 47.634 EUR berücksichtigt werden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens bis zur mündlichen Verhandlung zu 56 %, die Kläger zu 44 %. Danach trägt der Beklagte die Kosten in vollem Umfang.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob die Kläger eine Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2002 und eine nachträgliche Berücksichtigung bisher nicht abgezogener Reisekosten verlangen können.

Die Klägerin erzielt als Immobilienkauffrau gewerbliche Einkünfte und außerdem Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Kläger ist als Ingenieur freiberuflich tätig. Er ermittelt seine Einkünfte durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG -.

Der Kläger war vom 19. September 2002 bis 19. November 2002 in Süd-Korea als Berater tätig. Ihm entstanden im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit Reisekosten. Er erhielt für die Tätigkeit in Süd-Korea im Jahr 2002 eine Abschlagzahlung von 20.000 EUR. Er rechnete über die Dienstleistung mit einer Gesamtrechnung vom 20. Januar 2003 ab. In dieser Gesamtrechnung stellte er seiner Auftraggeberin auch die im Jahr 2002 entstandenen Reisekosten in Rechnung.

 -873 Stunden45.678,08 EUR 
-79 Übernachtungen2.332,13 EUR 
-81 x Verpflegungspauschalen4.623,00 EUR 
-81 x Länderzulage à 7,50 EUR607,50 EUR 
-Tanken und Transport laut Anlage202,47 EUR 
-Flughafengebühren568,28 EUR  
  54.011,46 EUR
-zzgl. 16 % MwSt 8.641,83 EUR
  62.653,29 EUR
-abzüglich Akontozahlung 20.000 EUR
  42.653,20 EUR

Die Kläger erstellten ihre Steuererklärung für 2002 unter Mitwirkung des Prozessbevollmächtigten und reichten diese am 27. Februar 2003 beim Beklagten ein. Sie gaben Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Ingenieur in Höhe von 47.634 EUR an. Mit der Steuererklärung wurde eine Einnahme-Überschuss-Rechnung vorgelegt, in der neben Honoraren von 67.931,13 EUR u. a. Reisekosten von 2.106 EUR angegeben waren. Der Beklagte führte die Einkommensteuer-Veranlagung der Erklärung entsprechend durch. Der Einkommensteuerbescheid datiert vom 2. Mai 2003.

Mit Datum vom 17. Juli 2004 stellten die Kläger einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2002 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung - AO -. Sie begehrten die Berücksichtigung folgender (zusätzlicher) Reisekosten, die dem Kläger im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit in Süd-Korea entstanden seien:

 -79 Nächte x 108 EUR (Übernachtungspauschale für Süd-Korea)8.532,00 EUR
-79 Tage über 24 Stunden (Pauschale für Mehrauf-wendungen für Verpflegung für Süd-Korea) x 57 EUR4.503,00 EUR
-2 Tage über 14 Stunden (An- und Abreisetag) x 38 EUR76,00 EUR
-Flughafengebühren568,28 EUR
 13.679,28 EUR

Der Überschuss für 2002 - so die Kläger - betrage danach nicht 47.634,39 EUR, sondern (47.634,39 EUR ./. 13.679,28 EUR =) 33.955 EUR.

Die Kläger tragen vor: Nach dem Zu- und Abflussprinzip seien die in 2002 entstandenen, vom Kläger gezahlten Reisekosten für das Jahr 2002 zu erfassen. Sie hätten in der eingereichten Einnahme-Überschuss-Rechnung für die Reise nach Süd-Korea keine Reisekosten angesetzt, weil sie der irrtümlichen Auffassung gewesen seien, die (im Jahr 2002 entstandenen) Reisekosten könnten erst in dem Jahr als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, in dem die Auftraggeberin diese erstatte, also im Jahr 2003. Die Kläger vertraten die Auffassung, ein grobes Verschulden i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO liege nicht vor, da sie nicht hätten wissen müssen, dass die im Jahr 2002 angefallenen Reisekosten dem Jahr 2002 und nicht dem Jahr 2003, dem Jahr der Vereinnahmung des Honorars und der Reisekosten, zuzuordnen seien.

Der Beklagte lehnte die beantragte Änderung mit Bescheid vom 10. September 2004 mit der Begründung ab, den Kläger treffe ein grobes Verschulden, das einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO entgegenstehe. Die Klägerin habe in einem Telefongespräch am 04.08.2004 erklärt, dass die Einkommensteuererklärung und die Gewinnermittlung mit dem Prozessbevollmächtigtem als steuerlichem Berater eingehend erörtert worden seien. Rechtliche Fragen und Unstimmigkeiten hätten daher erkannt und geklärt werden können. Ein etwaiges Verschulden des steuerlichen Beraters sei den Klägern zuzurechnen.

Im Übrigen sei nicht glaubhaft, dass die Kläger von dem auch für die Reisekosten geltenden Zu- und Abflussprinzip nichts gewusst hätten bzw. der Ansicht gewesen seien, dass ausgerechnet in 2002 angefallene Reisekosten nicht im Abflussjahr zu berücksichtigen seien. Reisekosten seien bisher bereits in mehreren vorherigen Jahren angefallen und ebenfalls wie die weiteren Kosten gemäß dem Zu- und Abflussprinzip zutreffend berücksichtigt worden. Es handele sich nicht um einen erstmalig aufgetretenen Sachverhalt.

Die Kläger legten gegen den Ablehnungsbescheid Einspruch ein und trugen vor: Die Feststellung des Beklagten, die Gewinnermittlung für 2002 sei mit dem Prozessbevollmächtigten eingehend erörtert worden, bedürfe der Klarstellung. Der Kläger habe die laufende Buchführung selbst erstellt, die Klägerin habe die Gewinnermittlung im Entwurf vorbereitet, wobei die Vorjahre als Muster gedient hätten. Im Rahmen der Gewinnermittlung (Einnahme-Überschuss-Rechnung) habe der Prozessbevollmächtigte - wie üblich - zunächst die Abschlussposten ermittelt (Überprüfung der Zu- und Abgänge, AfA, Anlagenabgänge, Erlöse aus Anlageverkäufen, Privatanteile), außerdem die Umsatzsteuer verprobt (vereinnahmte Umsatzsteuer, gezahlte Vorsteuern, gezahlte Umsatzsteuer). Die Kontrolle der Buchführung sei nicht die Aufgabe des Prozessbevollmächtigten gewesen. Im Rahmen der Gewinnermittlung, die die Endzahlen der Buchführung enthalte, werde lediglich (durch den Steuerberater) die Schlüssigkeit und die Plausibilität des Zahlenwerks (kurz) überprüft. Dabei seien diesem keine Unstimmigkeiten aufgefallen. Insbesondere habe er nicht wissen müssen, dass weitere Reisekosten angefallen seien; für eine Überprüfung habe kein Anlass bestanden.

Außerdem sei zu dem Hinweis des Finanzamts auf das Zu- und Abflussprinzip auf die von diesem Prinzip bestehenden Ausnahmen zu verweisen. Eine Ausnahme bestehe z. B. nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben innerhalb von 10 Tagen um den Jahreswechsel. Bei den außergewöhnlichen Belastungen i. S. d. § 33 EStG werde eine im Jahr 2003 geleistete Beihilfe von im Jahr 2002 bezahlten Arztkosten abgezogen. Im Jahr 2003 erstattete Kirchensteuer werde von im Jahr 2002 gezahlter Kirchensteuer abgezogen, wenn im Jahr 2003 keine Kirchensteuer gezahlt werde, weil der Steuerpflichtige z. B. aus der Kirche ausgetreten sei. Es sei nicht einzusehen, wenn z.B. bei den Krankheitskosten Zahlungen mit Erstattungen verrechnet werden könnten, warum die Ausnahmen vom Zu- und Abflussprinzip nicht auch für andere Bereiche gelten sollten. Es sei nicht abwegig, sondern eher plausibel, wenn ein Steuer-Laie annehme, dass die im Jahr 2002 entstandenen und gezahlten Reisekosten erst im Jahr 2003 als Betriebskosten abzusetzen seien, weil das Honorar, das auch die Reisekosten enthalte, erst im Jahr 2003 zufließe.

Der Beklagte wies den Einspruch mit folgender Begründung zurück: Es könne dahingestellt bleiben, ob der Steuerberater über die in 2002 entstandenen und gezahlten Reisekosten - wie aus dem zunächst von den Klägern erklärten Sachvortrag hinsichtlich einer eigehenden Erörterung von Steuererklärung und Gewinnermittlung mit dem Berater zu entnehmen sei - informiert gewesen sei, ohne die richtigen steuerlichen Folgerungen aus dem Sachverhalt zu ziehen, oder ob dieser - wie der Steuerberater später vorgetragen habe - keine Kenntnis hiervon erhalten habe.

Im ersten Fall wäre vom Berater bei der Erstellung der Einkommensteuererklärung zu prüfen gewesen, in welchem Jahr die angefallenen Reisekosten als Betriebsausgabe steuermindernd zu berücksichtigen waren. Das nachträgliche Bekanntwerden der in 2002 abgeflossenen und anzusetzenden Reisekosten beruhte in diesem Fall auf einem groben Verschulden des Beraters, das den Klägern zuzurechnen sei.

Sollte der Berater keine Kenntnis gehabt haben, so hätten die Kläger die ihnen persönlich zuzumutenden Sorgfaltspflichten dadurch in ungewöhnlichem Maße und nicht in entschuldbarer Weise verletzt, dass sie die gebotene Unterrichtung des von ihnen für die Einkommensteuererklärung und Gewinnermittlung ohnehin hinzugezogenen Beraters unterlassen hätten. Das Finanzamt müsse aus der Tatsache, dass der Kläger bereits mehrere Jahre Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit erziele, den Gewinn durch Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittele und auch in den Vorjahren stets Reisekosten angefallen seien, schließen, dass er in geschäftlichen Angelegenheiten nicht unbewandert und mit dem Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG durchaus vertraut sei. Aber selbst dann, wenn er hierüber keine hinreichenden Kenntnisse gehabt haben sollte, um im Einzelnen die steuerlichen Folgerungen zutreffend ziehen zu können, so sei es ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Sorgfaltspflichten zumutbar gewesen, zu erkennen, dass er seinen steuerlichen Berater über den Abfluss von Reisekosten in 2002 und damit zusammenhängende Einnahmen in 2003 als einer möglicherweise steuerlich bedeutenden Maßnahme hätte unterrichten müssen.

Die Kläger haben hierauf Klage erhoben. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen: Sie, und nicht ihr Ehemann, habe sich mit den Abrechnungen und der Zusammenstellung von Einnahmen und Ausgaben ihres Ehemannes befasst.

Ihr Ehemann sei seit 1999 selbstständig tätig. Bis zu dem Auftrag in Korea sei er nahezu ausschließlich in Euskirchen tätig gewesen. Für seine Tätigkeit in Euskirchen habe ihr Ehemann nach Stundensätzen abgerechnet. Aufwendungen seien ihm nicht ersetzt worden. Sie habe die Hotelrechnungen, Tankbelege und sonstige Rechnungen und Belege in einem Aktenordner, getrennt nach der Art der Rechnungen und Belege, gesammelt. Sie habe die Belege und Rechnungen ihres Ehemannes jeweils sofort bei ihrem Ehemann eingefordert und die Ausgaben angesetzt.

Der Auftrag in Korea sei eine absolute Ausnahme gewesen, sowohl der Größe als auch der Abwicklung nach. Hier seien erstmals von der Auftraggeberin Aufwendungen ihres Ehemannes übernommen worden. Außerdem habe ihr Ehemann erstmals eine Akontozahlung erhalten.

Ihr Ehemann habe während des Auslandsaufenthaltes in Korea die Belege über seine Aufwendungen in einer Plastikhülle gesammelt. Diese Plastikhülle mit Belegen habe sich, als sie die Einnahmen und Ausgaben für 2003 zum Ende des Jahres 2002 zusammengestellt habe, noch bei ihrem Ehemann befunden. Diese Unterlagen seien von ihr noch nicht bearbeitet gewesen.

Da die Rechnung für den Koreaauftrag erst im Januar habe geschrieben werden sollen, habe sie keinen Anlass gesehen, sich bei der Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben für 2002 bereits mit den Belegen für den Koreaauftrag zu befassen. Sie habe angenommen, sie könne die von der Auftraggeberin zu erstattenden Reisekosten erst in dem Jahr geltend machen, in dem die entsprechenden Einnahmen in Form der Kostenerstattungen erzielt werden.

Im Januar 2003 sei die Rechnung an die Auftraggeberin gestellt worden. Sie habe die Reisekostenbelege in diesem zeitlichen Zusammenhang im Ordner für 2003 abgeheftet. Sie habe keinen Zweifel daran gehabt, dass die Reisekosten für 2003 als Ausgaben geltend zu machen seien. Bei Erstellung der Erklärung für 2003 habe sie den Prozessbevollmächtigten auf den Koreaauftrag und dessen Abrechnung angesprochen und nach der Möglichkeit der Absetzung von Pauschalen gefragt. Dieser habe dann ihren Irrtum aufgeklärt.

Die Kläger meinen, bei der heutigen Kompliziertheit des Steuerrechts könne von einem Laien nicht verlangt werden, dass er die Einzelheiten des Zu- und Abflussprinzips kenne, zumal es eine Reihe von Ausnahmen und Durchbrechungen dieses Prinzips gebe.

Die Kläger haben zunächst die nachträgliche Berücksichtigung von zusätzlichen Ausgaben in Höhe von 13.679,28 EUR begehrt. Sie begehren nunmehr nur noch die Berücksichtigung von Aufwendungen in folgender Höhe

 79 Übernachtungen2.332,13 EUR 
Mehraufwendung für Verpflegung (4.503 EUR + 76 EUR)4.579,00 EUR 
Flughafengebühren568,28 EUR  
  7.479,41 EUR

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid für 2002 dahin zu ändern, dass Reisekosten von 7.479,41 EUR nachträglich berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung. Er meint, es ergäbe sich eine unzumutbare Arbeitsbelastung für die Finanzverwaltung, wenn derartige Irrtümer, wie sie im Streitfall behauptet würden, zu einer Änderung der Steuerbescheide führen würden. Die steuerpflichtigen Kläger hätten sich intensiver mit den steuerlichen Regelungen der § 4 Abs. 3 - Rechnung vertraut machen müssen.

Gründe:

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte ist verpflichtet, den Einkommensteuerbescheid für 2002 zu ändern und die Reisekosten des Klägers zu berücksichtigen. Die Voraussetzungen für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2002 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind erfüllt. Es sind mit den Reisekosten dem Beklagten Tatsachen nachträglich bekannt geworden, die zu einer niedrigeren Steuer führen. Die Kläger trifft an diesem nachträglichen Bekanntwerden kein grobes Verschulden. Für ein grobes Verschulden des Steuerberaters der Kläger, das den Klägern zuzurechnen wäre, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Kläger haben nicht vorsätzlich gehandelt. Ihnen ist auch kein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Grob fahrlässig handelt, wer die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten zuzumutende Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt. Dazu gehört, dass er unbeachtet lässt, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen und auch die nahe liegendsten und einfachsten Überlegungen nicht anstellt (vgl. von Wedelstädt in Beermann/Gosch, Abgabenordung, Finanzgerichtsordnung, § 173 AO Rdnr. 85 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -).

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass sie sich in einem Rechtsirrtum befunden habe. Sie habe angenommen, sie könne die Reisekosten ihres Ehemannes erst in dem Jahr als Betriebsausgaben geltend machen, in dem die entsprechenden Einnahmen in Form der Erstattungsleistungen der Auftraggeberin erzielt würden. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Klägerin sich in diesem Rechtsirrtum befunden hat. Nur dieser Rechtsirrtum kann es erklären, dass die Kläger die Reisekosten, obwohl sie im Januar 2003 über diese abgerechnet haben, nicht in der Steuererklärung für 2002 berücksichtigt haben, die sie am 27. Februar 2003 beim Beklagten eingereicht haben.

Mit diesem Rechtsirrtum hat die Klägerin die ihr nach ihren persönlichen Fähigkeiten zuzumutende Sorgfalt nicht in ungewöhnlich großem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt. Es hätte nicht jedem einleuchten müssen, dass die Reisekosten nicht erst 2003 geltend gemacht werden durften. Es stellt keine naheliegendste und einfachste Überlegung dar, dass die Reisekosten in 2002 abzusetzen waren. Es gilt zwar bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG das Zu- und Abflussprinzip. Dieses gilt jedoch nicht ausnahmslos und es gilt insbesondere nicht ohne weiteres bei zu ersetzenden Ausgaben. Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 i. V. m .§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG werden Ausgaben nicht im Jahre des Abflusses, sondern der wirtschaftlichen Zugehörigkeit berücksichtigt. Als Sonderausgaben abzusetzende Kirchensteuer wird um in späteren Jahren erstattete Kirchensteuer gekürzt. Bei Krankheitskosten werden Zahlungen mit späteren Erstattungen verrechnet. Nach § 3 c Abs. 1 EStG sind Reisekosten nicht als Werbungskosten abzugsfähig, wenn diese später nach § 3 Nr. 16 EStG vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden. Trzaszkalik schließlich hat allgemein die Ansicht vertreten, jegliche Ausgaben, die später erstattet werden, seien vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgenommen. Nach dem Belastungsprinzip seien nur Ausgaben zu berücksichtigen, die eine endgültige Belastung beinhalteten (Trzaskalik in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 11 Rdnr. C 40 ff., B 80, B 70 ff.).

In demselben Sinne hat der BFH in einem Fall entschieden, in dem der Steuerpflichtige es unterlassen hatte, vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend zu machen, weil er meinte, ohne Mieteinnahmen sei ein Werbungskostenabzug noch nicht möglich. In diesem Rechtsirrtum liege - so der BFH - kein grobes Verschulden (BFH-Urteil vom 10. August 1988 IX R 219/84, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1989, 131). Ebenso hat der BFH entschieden, dass dann, wenn ein Steuerpflichtiger keine Einkommensteuererklärung abgibt, weil er annimmt, dass der Begriff "Gewinn" Einnahmen voraussetzt, dieser Rechtsirrtum grobes Verschulden ausschließen könne (BFH-Urteil vom 23. Januar 2001 XI R 42/00, BStBl II 2001, 379).

Eine grobe Fahrlässigkeit kann der Klägerin auch nicht deshalb angelastet werden, weil sie es unterlassen hat, durch Rückfrage bei ihrem Steuerberater zu klären, für welches Jahr die Reisekosten als Betriebsausgaben abzusetzen sind. Die Klägerin war offensichtlich der festen Auffassung, dass die Reisekosten für 2003 zu berücksichtigen seien. Ohne einen Zweifel hinsichtlich der Zuordnung der Reisekosten aber hatte die Klägerin keinen Anlass, über die Zuordnung mit dem Steuerberater zu sprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 136 FGO.

Ende der Entscheidung

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