Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.09.2006
Aktenzeichen: 17 K 192/02 E
Rechtsgebiete: FördG, AO, EStG


Vorschriften:

FördG § 4
FördG § 4 Abs. 3
FördG § 3 Satz 1
AO § 164 Abs. 1
EStG § 7 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.12.2001 werden die Einkommensteuerbescheide 1997 bis 1999 vom 18.09.2001 dahingehend abgeändert, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks A anstelle der Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz auf das Gebäude von 25 v.H. solche von 40 v.H. sowie anstatt der linearen Abschreibung von 2 v.H. die Restwertabschreibung nach dem Fördergebietsgesetz in Ansatz gebracht werden. Die Berechnung der Steuerfestsetzung wird auf den Beklagten übertragen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welchem Umfang der Kläger Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz - FördG - in Anspruch nehmen kann.

Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21.02.1968 von seinem Vater im Wege der Schenkung den hälftigen Miteigentumsanteil an dem Grundstück A in B. Auf dem Grundstück befand sich ein 1939 errichtetes Einfamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoss. Der andere hälftige Miteigentumsanteil wurde dem Kläger von seiner Mutter gegen Zahlung eines Betrages von 100.000 DM bei gleichzeitiger Einräumung eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts am Grundstück übertragen. Die Mutter des Klägers ist am 01.01.1996 verstorben.

In den Jahren 1996 bis 1998 führte der Kläger unter Einschaltung eines Bauarchitekten und eines Baustatikers umfangreiche Baumaßnahmen an dem vorbezeichneten Gebäude durch. Die Aufwendungen beliefen sich in den Jahren 1995 bis 1998 auf insgesamt ca. 1,1 Mio. DM.

An dem Gebäude wurden im Wesentlichen folgende Arbeiten durchgeführt: Der gesamte Dachstuhl und die Holzdecke über dem Erdgeschoss wurden abgebrochen. Die Holzdecke ließ der Kläger durch eine Stahlbeton-Massivdecke ersetzen. Hierauf wurde eine zweigeschossige Dach-Holzkonstruktion errichtet, die zu einer neuen Firsthöhe von 9,10 m führte. Dachform und Dachneigungswinkel wurden dergestalt verändert, dass der bisher einheitliche Neigungswinkel des Daches durch ein Dach nach dem Landhausstil mit zwei Neigungswinkeln ersetzt wurde. Durch die vorbezeichneten Maßnahmen entstand neuer Wohnraum mit einer Fläche von ca. 11 m². Zur Erhöhung der Grundbruchsicherheit wurde im Kellergeschoss eine 10 cm dicke, konstruktiv bewehrte Stahlbetonplatte mit Einbindung senkrecht in das Mauerwerk der Mittelwand eingesetzt. Im Erdgeschoss erfolgte ebenfalls eine Verstärkung der tragenden Innenwand. Das Fundament im Keller des Hauses blieb unverändert. Das Treppenhaus, das vom Kellergeschoss bis in das Dachgeschoss reichte, wurde vom Innenbereich in den Eingangsbereich des Hauses verlegt. In diesem Zusammenhang wurde das Fundament sowie das Außenmauerwerk im Eingangsbereich teilweise abgetragen. Durch die Baumaßnahmen entstanden zwei durch separate Wohnungseingangstüren abgeschlossene Wohnungen in einer Größe von 115 m² (Erdgeschoss) bzw. 71 m² (Dachgeschoss). Zudem ließ der Kläger im Dachgeschoss einen Balkon anbauen. Das bisherige Treppenhaus wurde zu zwei neuen Badezimmern umgestaltet. Die sanitäre Installation, die Elektroinstallation, die Heizungsanlage sowie Fenster, Türen und Rollläden wurden erneuert. Die Bauabnahme erfolgte zum 13.07.1998. Ab dem 01.08.1998 wurde das Objekt vermietet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Bauakten der Stadt B betreffend das Grundstück A verwiesen.

In den Einkommensteuerbescheiden der Jahre 1997 und 1998 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) zunächst Sonderabschreibungen nach § 4 FördG in folgendem Umfang:

 19971998
Aufwendungen415.743,75 DM586.999,99 DM
AfA § 4 FördG166.297,00 DM234.800,00 DM
AfA-Satz40 v.H.40 v.H.

Die Steuerfestsetzungen ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -.

Der Bausachverständige des Finanzamts B ging in seinem Bericht vom 15.07.1999 davon aus, es seien Herstellungskosten für die Dachgeschosswohnung und Modernisierungskosten für die bereits vorhandene Erdgeschosswohnung gegeben.

Im Einkommensteuerbescheid für 1999 vom 14.06.2000 rechnete das FA dem Kläger einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung des Gebäudes A in B von 58.651 DM zu. In diesem Zusammenhang wurden Absetzungen für Abnutzung - AfA - wie folgt berücksichtigt: für das Erdgeschoss des Gebäudes eine Restwert-AfA nach § 4 Abs. 3 FördG von 34.840 DM (1/7 von 243.877,14 DM) und für das Dachgeschoss eine lineare AfA nach § 7 Abs. 4 Einkommensteuergesetz - EStG - von 15.020 DM (2 % von 759.493,51 DM). Der Einkommensteuerbescheid für 1999 erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, bezüglich des Gebäudes seien im Wesentlichen Erhaltungsaufwendungen entstanden und allenfalls in eingeschränktem Umfang Herstellungskosten im Zusammenhang mit der Wohnraumerweiterung im Dachgeschoss.

Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens gelangte das FA zu der Auffassung, nach Art und Umfang der durchgeführten Baumaßnahmen sei ein neues Wirtschaftsgut entstanden. Sonderabschreibungen für das Gebäude könnten gemäß § 4 FördG nur i.H.v. jeweils 25 v.H. für die Jahre 1997 und 1998 gewährt werden. Ab dem Jahre 1999 sei die lineare AfA von 2 v.H. in Ansatz zu bringen.

Das FA ging nunmehr von folgenden Berechnungsgrundlagen für die Jahre 1997 bis 1999 aus:

 199719981999
Sonder-AfA Gebäude 25 v.H.103.591 DM134.447 DM0 DM
Lineare AfA Gebäude 2 v.H. 11.112 DM22.223 DM
AfA Gartenanlage 1.192 DM2.385 DM
AfA Dunstabzugshauben/ Geschirrspüler 610 DM610 DM
übrige Einbauküche 19.198 DM 
Bauleistungsversicherung1.380 DM  
Mietinserat 75 DM 
insgesamt104.591 DM166.634 DM25.218 DM
bisher abgesetzt166.297 DM234.800 DM49.910 DM
Minderung des Verlustes aus Vermietung und Verpachtung61.706 DM68.166 DM24.692 DM

Am 18.09.2001 erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999, in denen die geänderten Wertansätze der Besteuerung zu Grunde gelegt wurden. Den Bescheiden war eine Anlage beigefügt, in der u.a. die Herstellungskosten des Gebäudes berechnet wurden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage verwiesen.

Die Kläger legten auch gegen die Einkommensteuerbescheide 1997 und 1998 Einspruch ein. Zur Begründung ihrer Rechtsbehelfe machten sie geltend, die Baumaßnahmen hätten nicht zur Entstehung eines neuen Wirtschaftsguts geführt. Es seien lediglich Modernisierungsaufwendungen im Zusammenhang mit einer Vollsanierung getätigt worden. Im Wesentlichen seien bestehende Gebäudeteile erneuert worden. Eine zu Herstellungskosten führende Substanzvermehrung liege dagegen nicht vor, weil die neuen Gebäudebestandteile die Funktion der bisherigen Gebäudebestandteile in vergleichbarer Weise erfüllten. Da ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang der Wohnungen gegeben sei, nämlich Vermietung zu Wohnzwecken, stelle sich die Frage, ob bezüglich des Dachgeschosses ein neues Wirtschaftsgut entstanden sei, nicht. Im Übrigen hätten keine wesentlichen Eingriffe in die Baustatik stattgefunden. Innen- und Außenwände sowie die Fundamente im Kellergeschoss seien unverändert geblieben. Die neue Dachkonstruktion sowie der Ersatz der Geschossdecke über dem Erdgeschoss und die Verlegung des Treppenhauses reichten nicht aus, um von einem wesentlichen Eingriff in die Baustatik und dem Entstehen eines neuen Wirtschaftsgutes auszugehen.

Das FA wies die Einsprüche hinsichtlich sämtlicher Streitjahre mit Einspruchsentscheidung vom 12.12.2001 als unbegründet zurück. Es hielt an seiner Auffassung fest, mit Abschluss der Baumaßnahmen sei im Jahre 1998 ein neues Wirtschaftsgut (Gebäude) entstanden. Es seien daher zutreffend Sonderabschreibungen für das Gebäude von jeweils 25 v.H. in den Jahren 1997 und 1998 berücksichtigt worden. Für das Jahr 1999 kämen nur die Abschreibungen nach § 7 Abs. 4 Ziffer 2 a Einkommensteuergesetz -EStG- i.V.m. § 7 a Abs. 4 EStG von 2 v.H. der Herstellungskosten für das Gebäude in Betracht. Die Voraussetzungen der Vorschrift des § 4 Abs. 3 FördG zur Restwert-AfA seien nicht erfüllt, da keine Modernisierungsmaßnahmen bzw. andere nachträgliche Herstellungskosten im Sinne dieser Vorschrift gegeben seien.

Das FA führte weiter aus, unter § 3 Satz 1 FördG fielen nur Modernisierungsmaßnahmen, die steuerrechtlich als Herstellungskosten bzw. nachträgliche Anschaffungs-/Herstellungskosten zu beurteilen seien. Im Streitfall sei zu prüfen, ob einzelne Baumaßnahmen zu nachträglichen Herstellungskosten führten oder die Baumaßnahme ein neues Wirtschaftsgut habe entstehen lassen und demnach dem Herstellungsbereich als wesentliche Verbesserung i.S.v. § 255 Handelsgesetzbuch zuzuordnen sei (Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 29.03.1993, Bundessteuerblatt - BStBl - I 1993, 279 unter Tz. 4). Ein neues Wirtschaftsgut liege nicht vor, wenn die tragenden Teile und die bisherigen Fundamente des bisherigen Gebäudes Verwendung fänden. Im Streitfall sei durch die Umbaumaßnahmen eine neues Wirtschaftsgut (Gebäude) mit der Fertigstellung am 13.07.1998 entstanden. Wesentlicher Gesichtspunkt für diese Beurteilung sei die vollständige Neugestaltung des Dachstuhls verbunden mit der Erneuerung der Erdgeschossdecke und der Verlegung des Treppenhauses. Die neue Dachkonstruktion beinhalte auch neue tragende Elemente. Bereits auf Grund der neuen Dachkonstruktion, verbunden mit dem Treppenhausanbau, sei ein neues Wirtschaftsgut anzunehmen. Im Übrigen seien auch Veränderungen an der Erdgeschossdecke bzw. tragenden Innen- und Außenwänden bzw. am Fundament im Erdgeschoss feststellbar. Bei der erforderlichen Gesamtwürdigung sei von einem wesentlichen Eingriff in die Bausubstanz auszugehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 12.12.2001 verwiesen.

Die Kläger halten im Klageverfahren an der Auffassung fest, nach Abschluss der Baumaßnahmen habe das alte Wirtschaftsgut fortbestanden. Das FA gehe von einer falschen Beurteilung der durchgeführten Baumaßnahmen in bautechnischer Hinsicht aus. Es sei durch die Umbaumaßnahmen auch kein "anderes Wirtschaftsgut" i.S.d. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- entstanden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 13.03. und 21.09.2002 sowie vom 12.07.2006 verwiesen.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1997 bis 1999 vom 18.09.2001 dahingehend abzuändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks A anstelle der Sonderabschreibungen auf das Gebäude von 25 v.H. solche von 40 v.H. sowie anstatt der linearen Abschreibung von 2 v.H. die Restwertabschreibung nach § 4 Abs. 3 FördG in Ansatz gebracht werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er zunächst auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Nach Auffassung der Verwaltung lägen Herstellungskosten für ein anderes Wirtschaftsgut vor, wenn das bisherige Wirtschaftsgut im Wesen geändert und so tief greifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert werde, dass die neu eingefügten Teile der Gesamtsache das Gepräge gäben und die verwendeten Altteile bedeutungs- und wertmäßig untergeordnet erschienen. Vorliegend sei zumindest ein derartiges "anderes Wirtschaftsgut" geschaffen worden. Das äußere und innere Erscheinungsbild des Gebäudes sei grundlegend geändert worden, wobei auch erhebliche Eingriffe in tragende Teile vorgenommen worden seien. Die Baumaßnahmen hätten ein Zweifamilienhaus mit abgeschlossenen Wohnungen und neuer Raumaufteilung entstehen lassen. Hiermit sei der erstmalige Anbau eines Treppenhauses in Rundbogenform und die vollständige Neuerrichtung des Dachgeschosses verbunden gewesen. Die Neuteile gäben der Gesamtsache das Gepräge. Die verwendeten Altteile im Keller- und Erdgeschoss seien wert- und bedeutungsmäßig von untergeordneter Bedeutung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 07.06.2006 verwiesen.

Das Gericht hat die Steuerakten des FA sowie die Bauakten der Stadt B betreffend das Grundstück A zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FA hat es zu Unrecht abgelehnt, für das in Rede stehende Objekt eine Sonderabschreibung von 40 v.H. gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 b i.V.m. § 3 Satz 1 FördG sowie die folgende Restwertabschreibung nach § 4 Abs. 3 FördG zu gewähren. Entgegen der Auffassung des FA ist durch die Umbaumaßnahmen kein Neubau bzw. kein anderes Wirtschaftsgut entstanden. Es sind Modernisierungsmaßnahmen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten an einem abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgut gegeben.

I.

Gemäß § 3 Satz 1 FördG sind die Anschaffung und die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern sowie Modernisierungsmaßnahmen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten an abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern begünstigt.

Der Umfang der Begünstigung ist in § 4 FördG geregelt. Gemäß § 4 Abs. 2 FördG bemisst sich u.a. die Sonderabschreibung bei Investitionen, die nach dem 31.12.1996 und vor dem 01.01.1999 abgeschlossen werden, auf bis zu 40 v.H.. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 FördG tritt bei Baumaßnahmen i.S.d. § 3 FördG an die Stelle des Satzes von 40 v.H. jeweils der Satz von 25 v.H., soweit die unbeweglichen Wirtschaftsgüter nach ihrer Anschaffung oder Herstellung zu Wohnzwecken dienen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 FördG gilt dieser Satz 2 nicht bei Modernisierungsmaßnahmen und anderen nachträglichen Herstellungsarbeiten an unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Die erhöhte Sonderabschreibung von 40 v.H. ist somit nur dann in Ansatz zu bringen, wenn es sich bei den betreffenden Maßnahmen um Modernisierungsmaßnahmen bzw. nachträgliche Herstellungsarbeiten an dem betreffenden abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgut handelt. Stellen die Maßnahmen hingegen die Anschaffung oder Herstellung eines abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsguts dar, so kommt nach Satz 2 des § 4 Abs. 2 FördG nur eine Sonderabschreibung in Höhe von 25 v.H. in Betracht.

Durch die Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen an dem Gebäude ist im Streitfall kein neues Gebäude i.S. eines Neubaus und auch kein anderes Gebäude (Wirtschaftsgut) geschaffen worden, für das lediglich die AfA des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 FördG i.H.v. 25 v.H. gelten würde.

Das FördG selbst gibt über die sachlichen Inhalte der Tatbestände "Modernisierungsmaßnahmen sowie nachträgliche Herstellungsarbeiten" an abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern bzw. "Herstellung" von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern keinen Aufschluss. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung dieser Begriffe im Zusammenhang mit dem FördG ist noch nicht ergangen.

In der finanzgerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur werden zur Auslegung dieser Begriffe unterschiedliche Meinungen vertreten. Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 05.11.1997 2 K 2599/96, EFG 1998, 214) vertritt die Auffassung, bei Umbauten und Modernisierungen liege kein neues Gebäude vor, sofern i.S.d. Rechtsprechung des BFH zu § 7 Abs. 5 EStG die tragenden Teile und Fundamente des bisherigen Gebäudes im Wesentlichen unverändert erhalten bleiben (ebenso Paus, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1994, 1633, 1637; Meyer/Ball, DStR 1997, 529; Fleischmann in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG und KStG, § 3 FördG Rz. 4; Erlass des BMF vom 29.03.1993, a.a.O.). Demgegenüber gehen das FG Düsseldorf (Urteil vom 24.08.2005 13 K 5676/01 F, EFG 2006, 330) und das FG Köln (Urteil vom 08.12.2004 7 K 1308/02, EFG 2005, 551) davon aus, dass die Rechtsprechung des BFH zum Vorliegen eines Neubaus (vgl. § 7 Abs. 5 EStG) bzw. anderen (neu hergestellten) Gebäudes (Wirtschaftsgutes) zu Grunde zu legen ist (so auch Stuhrmann in Blümich, FördG, § 3 Rz. 28 ff. sowie Erlass des BMF vom 10.07.1996, BStBl I 1996, 689 unter Tz. 11). Ein "anderes Wirtschaftsgut" soll nach der Rechtsprechung bereits dann entstehen, wenn das Wirtschaftsgut so tief greifend umgestaltet wird, dass die neu eingefügten Teile der Gesamtsache das Gepräge geben und die verwendeten Altteile bedeutungs- und wertmäßig untergeordnet erscheinen bzw. ein vorhandenes Wirtschaftsgut auf Grund von Baumaßnahmen in seiner Funktion bzw. seinem Wesen verändert wird (vgl. BFH-Urteil vom 23.11.2004 IX R 59/03, BFH/NV 2005, 543; Blümich, FördG, § 3 Tz 28 ff; Meyer/Ball a.a.O.). Die Entstehung eines "anderen" Wirtschaftsguts liegt somit im Grenzbereich zwischen nachträglichen Herstellungskosten und dem Neubau eines Gebäudes (Meyer/Ball, a.a.O. unter 3.).

Der Senat neigt im Hinblick auf den Sinn und Zweck des FördG, gerade die Altbausanierung, d. h. Maßnahmen zum Ausbau, zur Erweiterung und zur Modernisierung von Gebäuden im Fördergebiet - vor dem Neubau - zu fördern (vgl. BT-Drs. 12/562, 72) dazu, der erstgenannten Auffassung zu folgen. Im Streitfall kann indes dahingestellt bleiben, welcher dieser Auffassungen der Vorzug zu geben ist. Denn vorliegend ist auch bei Zugrundelegung der zweitgenannten Auffassung durch die Baumaßnahmen weder ein Neubau noch ein anderes Wirtschaftsgut entstanden.

Nach § 7 Abs. 5 EStG können bei Gebäuden, die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind, AfA abgezogen werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH können degressive AfA nach dieser Vorschrift - angesichts deren Zwecks, die Erneuerung des Gebäudebestands zu fördern - nur für Neubauten in Anspruch genommen werden (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 25.05.2004 VIII R 6/01, BStBl II 2004, 783). Der BFH hat in dieser Entscheidung nochmals betont, dass die Gewährung degressiver AfA in Umbaufällen voraussetzt, dass entweder die bisher vorhandene Gebäudesubstanz - mit Rücksicht auf die für die Nutzungsdauer bestimmenden Gebäudeteile (z.B. Fundamente, tragende Innen- und Außenmauern, Geschossdecken, Dachkonstruktion) - nicht mehr nutzbar war (sog. Vollverschleiß; vgl. BFH-Entscheidung vom 03.12.2002, IX R 64/99, BStBl II 2003, 590) oder - sofern dies nicht gegeben ist - die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude in bautechnischer Hinsicht das Gepräge geben. Auch in letzterem Falle führt der (grundlegende) Umbau des Gebäudes nur dann zu einem Neubau, wenn die tragenden Gebäudeteile in zumindest überwiegendem Umfang ersetzt werden (BFH-Urteil vom 31.03.1992, IX R 175/87, BStBl II 1992, 808 betreffend Umbau einer Mühle zum Wohngebäude). Nicht ausschlaggebend sind mithin insoweit die Änderung der Zweckbestimmung des Gebäudes, die bewertungsrechtliche Feststellung der Grundstücksart, die Höhe des insgesamt anfallenden Sanierungsaufwands oder die Verlängerung der Gebäudenutzungsdauer (BFH-Urteil vom 19.03.1991 IX R 131/86, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1991, 670).

Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen stellt das sanierte Gebäude keinen Neubau dar. Es ist nicht in bautechnischer Hinsicht neu, sondern es sind für die Nutzungsdauer wesentliche Elemente erhalten geblieben.

Im Rahmen der Umbauarbeiten wurden keine wesentlichen Veränderungen an Fundament und Außenmauern vorgenommen. Die tragenden Wände im Keller- und Erdgeschoss sind erhalten geblieben. Lediglich an einer tragenden Wand im Kellergeschoss ist zur Verstärkung der Tragkraft eine Stahlbetonplatte eingesetzt worden. Die entsprechende Wand im Erdgeschoss ist ebenfalls verstärkt worden. Im Übrigen sind im Keller- und Erdgeschoss, von den durch die Neugestaltung des Eingangsbereichs (Treppenhausturm) erforderlichen Eingriffen und anderen Änderungen geringeren Umfangs abgesehen, keine gravierenden Veränderungen vorgenommen worden. Demzufolge hat auch der Bausachverständige der Finanzverwaltung die in diesem Bereich durchgeführten Arbeiten als Modernisierungsmaßnahmen eingestuft. Zwar wurde das Dachgeschoss ab der Geschossdecke des Erdgeschosses vollständig erneuert. Dies führt allein indes nicht dazu, das Gebäude nach Durchführung der Arbeiten als Neubau anzusehen. Dem steht entgegen, dass vorhandene Gebäudeteile, nämlich die Fundamente, die Außenwände, die tragenden Wände im Keller- und Erdgeschoss sowie die Geschossdecke im Keller in ganz überwiegendem Umfang erhalten geblieben sind. Die tragenden Gebäudeteile sind demzufolge nicht in zumindest überwiegendem Umfang ersetzt worden, was die Annahme eines Neubaus ausschließt.

Durch nachträgliche Baumaßnahmen an einem Grundstück kann ein anderes Wirtschaftsgut u.a. entstehen, wenn das bisherige Wirtschaftsgut "im Wesen geändert" und "so tief greifend" umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert wird, dass die eingefügten neuen Teile der "Gesamtsache das Gepräge" geben und die verwendeten Altteile "bedeutungs- und wertmäßig untergeordnet" erscheinen. Diese Voraussetzungen hat der BFH z.B. als erfüllt angesehen bei einem Gebäude mit verschachteltem Anbau (BFH-Urteile vom 09.08.1974 V R 11/74, BStBl II 1975, 342 und vom 18.08.1977 V R 164/75, BStBl II 1978, 46), beim Umbau einer Scheune in eine Pferdeklinik (BFH-Urteil vom 26.01.1978 V R 137/75, BStBl II 1978, 280 betreffend Umsatzsteuer) sowie beim Umbau eines alten Gasthofs in eine moderne Gastwirtschaft (BFH-Urteil vom 26.01.1978 V R 154/74, BStBl II 1978, 363 betreffend Umsatzsteuer). Andererseits hat der BFH Umbaumaßnahmen an einem Wohngebäude, die mit sehr hohen Baukosten und einer erheblichen Erweiterung der Wohnfläche einhergingen, lediglich als Umgestaltung bebauten Raums und nicht als Schaffung eines anderen (neuen) Wirtschaftsgutes beurteilt (BFH-Urteil vom 19.03.1991 IX R 131/86, BFH/NV 1991, 670 zu § 82 a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung betreffend Erweiterung der Wohnfläche von 162 qm auf 220 qm).

Nach Auffassung des erkennenden Senats ist unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe durch die Baumaßen kein anderes Gebäude entstanden. Die Umbaumaßnahmen haben zu keiner Funktions- bzw. Wesensänderung des vorhandenen Gebäudes geführt.

Eine Funktionsänderung liegt nicht vor, da das Gebäude nach wie vor insgesamt für fremde Wohnzwecke genutzt wird. Eine Wesensänderung ist ebenfalls nicht gegeben. Im Streitfall ist - wie bereits dargelegt - im Bereich des Keller- und des Erdgeschosses in weit gehendem Umfang alte Bausubstanz erhalten geblieben. Der Umstand, dass das Dachgeschoss völlig neu erstellt wurde, führt nicht dazu, dass diese neuen Teile dem Gebäude nunmehr das Gepräge geben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Gebäude erstmals mit einem Treppenhaus in Rundbogenform ausgestattet und die Dachform grundlegend verändert worden ist. Durch diese Maßnahmen ist die Eignung, die Zweckbestimmung und der Charakter des Gebäudes nicht geändert worden. Die Wohnfläche wurde im Streitfall nur unwesentlich vergrößert. Auch die äußere Gestaltung des Gebäudes blieb - vom Dachgeschoss nebst Treppenhausturm abgesehen - ebenso wie die bebaute Fläche im Wesentlichen unverändert. Die Höhe der Aufwendungen führt für sich allein gesehen zu keiner anderen Beurteilung. Die Baumaßnahmen stellen nach Auffassung des Senats eine bloße, wenn auch erhebliche Verbesserung des vorher Vorhanden dar.

Allein der Umstand, dass durch den Umbau aus einem Einfamilienhaus mit ausgebautem Dachgeschoss durch erstmalige Schaffung eines Wohnraumabschlusses ein Zweifamilienhaus entstanden ist, führt nicht zur Schaffung eines anderen Wirtschaftsgutes (vgl. Fischer in Kirchhof, EStG, 6. Aufl., § 6 Rz. 54; a. A. Spindler, DStR 1996, 765 unter Bezugnahme auf FG Bremen, Urteil vom 11.06.1991 II 162/89 K, EFG 1992, 180 betreffend den Umbau eines Zweifamilienhauses in ein Dreifamilienhaus durch Umbau eines nicht genutzten Dachgeschosses zu einer Einliegerwohnung; ebenso wohl BFH in BFH/NV 2005, 543, der Herstellungskosten u.a. annimmt beim Umbau eines Zweifamilienhauses in ein Einfamilienhaus). Eine solche Differenzierung entspricht nach Auffassung des Senats jedenfalls für den Anwendungsbereich des FördG nicht dem Sinn und Zweck dieses Gesetzes, insbesondere die Altbausanierung zu fördern. In Anbetracht dieses Gesetzeszwecks stellt der Umstand, dass im Zuge von Baumaßnahmen ein erstmaliger Wohnungsabschluss geschaffen wird, kein hinreichendes Kriterium für eine geringere Förderung nach dem FördG dar.

Die angefochtenen Bescheide sind dahingehend zu ändern, dass hinsichtlich der Modernisierungskosten eine Sonderabschreibung von 40 v.H. anstatt der bisher gewährten Sonderabschreibung von 25 v.H. sowie eine Restwertabschreibung nach § 4 Abs. 3 FördG anstelle einer linearen Abschreibung von 2 v.H. vorzunehmen ist.

II.

Der Senat überträgt dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Ermittlung der festzusetzenden Beträge. Der Berechnung sind die folgenden unstrittigen Baukosten des Gebäudes (vgl. Anlage zu den geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 18.09.2001) zu Grunde zu legen:

 199510.350,00 DM
1996148.634,57 DM
1997414.363,75 DM
1998537.787,64 DM
 1.111.135,96 DM

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

IV.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen (vgl. BFH in BFH/NV 2005, 543).



Ende der Entscheidung

Zurück