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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.08.2007
Aktenzeichen: 18 Ko 2303/07 GK
Rechtsgebiete: GKG, FGO, ZPO


Vorschriften:

GKG § 3 Abs. 1
GKG § 21 Abs. 1
GKG § 34
GKG § 52 Abs. 1
GKG § 52 Abs. 3
GKG § 66 Abs. 1 S. 1
FGO § 136 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 3
ZPO § 117 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

18 Ko 2303/07 GK

Tenor:

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Der Erinnerungsführer trägt die gerichtlichen Auslagen und seine außergerichtlichen Kosten.

Gründe:

I. Am 28. April 2006 erhob der Erinnerungsführer durch seinen Prozessvertreter per Telefax "Klage" gegen das Finanzamt. In dem Schriftsatz heißt es, es werde "fristwahrend Klage" erhoben, mit dem Antrag, "die mit Bescheid vom 29.03.2005 festgesetzte Rückforderung der Eigenheimzulage für 2003 und 2004 ... aufzuheben". Es werde "ferner beantragt, dem Kläger Prozesskostenhilfe ... zu bewilligen." Mit Beschluss vom 26. Mai 2007 lehnte das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe -PKH- für den Rechtsstreit (Aktenzeichen 18 K 1845/06 EZ) mangels Erfolgsaussicht der Klage ab. Auf Anfrage des Berichterstatters teilte der Erinnerungsführer mit, dass die Klage im Hinblick auf den Senatsbeschluss nicht aufrecht erhalten werde. Daraufhin wurde das Verfahren eingestellt (Beschluss vom 4. Juni 2007).

Der Kostenbeamte erließ gegenüber dem Erinnerungsführer eine Gerichtskostenrechnung und berechnete hierin die Kosten des Verfahrens 18 K 1845/06 EZ aus einem Streitwert von 1.215 EUR (Rückforderungsbetrag der Eigenheimzulage) auf 130 EUR. Die Oberjustizkasse informierte den Erinnerungsführer mit Schreiben vom 25.06.2007 darüber, dass -da er bereits eine von der Gerichtskasse im Mai 2007 angeforderte Vorauszahlung auf die Gerichtskosten von 220 EUR geleistet hatte- zu seinen Gunsten noch ein Überschuss von 90 EUR verbleibe, der an ihn erstattet werde.

Gegen die Anforderung der Gerichtskosten erhob der Erinnerungsführer durch seinen Prozessvertreter Erinnerung; er trug vor, die Klage sei nur unter der Voraussetzung der PKH-Bewilligung erhoben worden. Nachdem die PKH nicht bewilligt worden sei, sei nicht von einer Klageerhebung auszugehen, so dass kein Gebührentatbestand ausgelöst worden sei. Gegen rechtsmittelfähige Bescheide des Finanzamts sei eine unbedingte Klageerhebung erforderlich. Dies könne jedoch nicht dazu führen, dass anders als im Zivilverfahren eine Klage unter Einreichung der PKH-Bewilligung mit Gerichtskosten verknüpft werde; jedenfalls sei von der Geltendmachung von Gerichtskosten abzusehen. Der Erinnerungsgegner -die Bezirksrevisorin- hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Erinnerungsverfahren und die vom Gericht beigezogenen Akten des Verfahrens 18 K 1845/06 EZ Bezug genommen.

II. Der Erinnerungsführer wendet sich mit seiner Erinnerung gegen den Kostenansatz (§ 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-). Soweit er daneben (hilfsweise) die Nichterhebung der Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 GKG beantragt, ist auch über diesen Antrag im Rahmen der Erinnerung zu befinden, weil dem Erinnerungsführer bereits die Kostenrechnung zugegangen ist (BFH-Beschlüsse vom 28. Juni 2005 X E 1/05, BFHE 209, 422, BStBl II 2005, 646 und vom 31. Mai 2007 V E 2/06, StE 2007, 472, zur Veröffentlichung bestimmt).

Die Erinnerung ist unbegründet.

Der Gerichtskostenansatz ist zutreffend. Der Erinnerungsführer ist Kostenschuldner, weil er aufgrund der Klagerücknahme kraft Gesetzes die Kosten des Verfahrens zu tragen hat (§ 136 Abs. 2 FGO). Die Kosten des Verfahrens bestimmen sich nach dem Wert des Streitgegenstands (§ 3 Abs. 1, § 34 GKG) auf der Grundlage des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Hiernach ist für das Verfahren im Allgemeinen eine Verfahrensgebühr mit dem 4,0-fachen Satz (Kostenverzeichnis -KV- Nr. 6110) entstanden, die sich infolge der Klagerücknahme auf den 2,0-fachen Satz ermäßigt (KV Nr. 6111) hat. Der Wert des Streitgegenstands beträgt 1.215 EUR; er entspricht der Höhe der im Klageverfahren streitigen Rückforderung der Eigenheimzulage (§ 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG). Aus diesem Streitwert ist die 2,0 Verfahrensgebühr mit 130 EUR zutreffend berechnet (vgl. Anlage 2 zu § 34 GKG).

Der Erinnerungsführer hat den Gebührentatbestand ausgelöst, indem er neben dem Antrag auf Bewilligung der PKH wirksam Klage erhoben hat. Dies ergibt sich aus der von dem Prozessvertreter unterzeichneten Klageschrift vom 28. April 2006, die mit "Klage" überschrieben ist und worin es heißt, es werde "fristwahrend" Klage erhoben mit dem Antrag," die mit Bescheid vom ... festgesetzte Rückforderung der Eigenheimzulage für 2003 und 2004 ... aufzuheben". Es werde "ferner beantragt, ... Prozesskostenhilfe ... zu bewilligen". Damit hat der Erinnerungsführer eindeutig sowohl wirksam Klage erhoben als auch einen PKH-Antrag gestellt. Ein sogenannter isolierter PKH-Antrag, bei dem eine beabsichtigte Klage für den Fall der PKH-Gewährung lediglich angekündigt wird, liegt im Streitfall ersichtlich nicht vor.

Das Gericht kann nicht gemäß § 21 Abs. 1 GKG von der Erhebung der Gerichtskosten absehen. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG ("Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben") ist nicht anwendbar. Denn die kostenrechtliche Sachbehandlung war im Streitfall zutreffend; das Gericht musste das Klageverfahren aufnehmen und nach Verfahrensbeendigung Gerichtskosten anfordern.

§ 21 Abs. 1 Satz 3 GKG greift ebenfalls nicht ein. Hiernach kann das Gericht u. a. bei Zurücknahme des Klageantrags von der Erhebung von Kosten absehen, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse beruht hat. Die Vorschrift verfolgt allerdings nicht den Zweck, dem Steuerbürger das mit der Klageerhebung verbundene Kostenrisiko abzunehmen und auf die Allgemeinheit abzuwälzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. März 1969 VII B 151/68, BFHE 95,209, BStBl II 1969, 344; vom 25. April 2006 VIII E 2/06, BFH/NV 2006, 1335 und vom 28. April 2006 I E 1/06, BFH/NV 2006, 1674 ). Ihre Anwendung ist -entgegen der Ansicht des Erinnerungsführers - auch nicht geboten, um ein Leerlaufen der PKH-Vorschriften im finanzgerichtlichen Prozess zu verhindern. Sofern der fachkundig vertretene Erinnerungsführer vorträgt, gegen Bescheide des Finanzamts stets zu einer unbedingten Klageerhebung innerhalb der Klagefrist gezwungen zu sein, um einen endgültigen Rechtsverlust zu verhindern, verkennt er die Rechtslage.

Im finanzgerichtlichen Prozess ist es möglich, innerhalb der Klagefrist lediglich einen isolierten PKH-Antrag zu stellen, d. h. dem PKH-Antrag nur den (nicht unterschriebenen bzw. ausdrücklich als solchen gekennzeichneten) Entwurf der Klage beizufügen, ohne hierdurch einen endgültigen Rechtsverlust durch die eintretende Bestandskraft der anzufechtenden Behördenentscheidung zu erleiden. Denn ein mittelloser Beteiligter, der eine Klage ankündigt, hat Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er sein PKH-Gesuch innerhalb der Klagefrist zusammen mit der Erklärung i.S.d. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO bei Gericht vorgelegt hat (BFH Beschlüsse vom 19. November 1985 VII B 103/85, BFH/NV 1986, 180 undvom 3. April 1987 VI B 150/85, BFHE 149, 409, BStBl II 1987, 573, jeweils unter Hinweis auf die ständige Rspr. der obersten Gerichtshöfe des Bundes; Brandis in Tipke/ Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 142 FGO Tz. 7, 15 ff.; Gräber/ Ruban, 5. Aufl. 2002, § 142 FGO Rz. 20, 21) und wenn er nach Gewährung der PKH bis zum Ablauf der 2-wöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO, die ab Zustellung des PKH-Beschlusses läuft, per Post oder per Telefax die versäumte Handlung vornimmt (§ 56 Abs. 2 Satz 3 FGO), d. h. die unterzeichnete Klageschrift bei Gericht einreicht (FG Münster Beschluss vom 17. August 2006 14 S 1430/06 PKH, EFG 2006, 1688 mit Anm. Morsbach, EFG 2006, 1689).

Dem steht nicht entgegen, dass eine unter einer Bedingung (z. B. der Gewährung von PKH) erhobene Klage unzulässig ist (BFH-Beschlüsse vom 19. November 1985 VII B 103/85, NFH/NV 1986, 180;vom 3. April 1987 VI B 150/85, BFHE 149, 409, BStBl II 1987, 573 undvom 3. Februar 2005 VII B 304/03, BFH/NV 2005, 1111). In diesem Falle wäre zwar die Klage unwirksam erhoben, der Schriftsatz aber als Anlage zum wirksamen PKH-Gesuch anzusehen, über das vom Gericht zu befinden wäre; nach Gewährung der PKH könnte auch in diesem Fall noch innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist Klage erhoben werden (BFH-Beschluss vom 3. April 1987 VI B 150/85, BFHE 149, 409, BStBl II 187, 573). Nach alledem bestehen für fachkundige Vertreter hinreichende Möglichkeiten, für einen mittellosen Mandanten ein PKH-Verfahren einzuleiten, ohne zugleich ein Prozesskostenrisiko einzugehen. Unter diesen Umständen muss es sich der fachkundig vertretene Erinnerungsführer im Streitfall zurechnen lassen, dass er neben dem PKH-Antrag bereits wirksam Klage erhoben hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist.

Die Unanfechtbarkeit des Beschlusses ergibt sich aus § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, wonach gegen die Entscheidung über die Erinnerung die Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht statthaft ist.

Die Gerichtsgebührenfreiheit beruht auf § 3 Abs. 2 i.V.m. Anlage 1 GKG, wonach Gebühren für das Erinnerungsverfahren nicht vorgesehen sind. Die Entscheidung über die gerichtlichen Auslagen und die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 135.

Ende der Entscheidung

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