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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.05.2007
Aktenzeichen: 4 K 1546/05 Z
Rechtsgebiete: VO 2913/92/EWG, VO 2454/93/EWG


Vorschriften:

VO 2913/92/EWG Art. 29 Abs. 1
VO 2913/92/EWG Art. 29 Abs. 3 Buchst. a
VO 2454/93/EWG Art. 145 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 1546/05 Z

Tenor:

Das Verfahren wird ausgesetzt. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorgelegt:

1. Mindern Zahlungen des Verkäufers und Herstellers an den Käufer, die im Rahmen einer Garantievereinbarung wie Streitfall erbracht werden und mit denen dem Käufer von seinen Abnehmern in Rechnung gestellte Reparaturaufwendungen ersetzt werden, den Zollwert nach Art. 29 Abs. 1, Abs. 3 Buchst. a der VO (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, der auf der Grundlage des zwischen dem Verkäufer und Hersteller und dem Käufer vereinbarten Preises angemeldet wurde?

2. Sind die in der Frage 1 genannten Zahlungen des Verkäufers und Herstellers an den Käufer zur Erstattung von Garantieaufwand eine Änderung des Transaktionswerts nach Art. 145 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 sowie der Verordnungen (EG) Nr. 2787/2000 und (EG) Nr. 993/2001 (ABl. der EG Nr. L 68/11)?

3. Sollte die erste oder die zweite Frage zu bejahen sein: Ist Art. 145 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 sowie der Verordnungen (EG) Nr. 2787/2000 und (EG) Nr. 993/2001 auf Einfuhren anzuwenden, für die die Zollanmeldungen vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission zur Änderung der ZKDVO sowie der Verordnungen (EG) Nr. 2787/2000 und (EG) Nr. 993/2001 angenommen wurden?

4. Sollte die dritte Frage zu bejahen sein: Ist Art. 145 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission zur Änderung der ZKDVO sowie der Verordnungen (EG) Nr. 2787/2000 und (EG) Nr. 993/2001 gültig?

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten über die zollwertrechtliche Behandlung vertraglicher Garantieleistungen, die der drittländische Verkäufer der Klägerin ersetzt hat.

Die Klägerin führte seit Jahren von ihr gekaufte Kraftfahrzeuge der Marke X ein, für die der japanische Hersteller und Verkäufer beschränkt auf eine bestimmte Höchstlaufleistung eine dreijährige Garantie bei Auftreten technischer oder sonstiger Mängel gewährte. Im Rahmen dieser Garantie erstattete der Hersteller der Klägerin die Kosten, die ihr im Rahmen der Garantiemaßnahmen insbesondere durch Übernahme von Kosten von den Händlern entstanden waren.

Die Klägerin meldete dem Hersteller am jeweiligen Monatsende die gewährten Garantieleistungen und erhielt dann im Folgemonat eine entsprechende Gutschrift.

Am 13.06.2003 beantragte die Klägerin die Erstattung des Zolls für die Garantieleistungen, die für Fahrzeuge angefallen waren, die sie im Juli 2000 in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt hatte.

Mit Verfügung vom 27.05.2004 gewährte der Beklagte eine Erstattung von 2.001,15 EUR Zoll und lehnte eine weitere Erstattung von 3.839,15 EUR für Garantieleistungen und von 75,99 EUR für die Kosten einer vorbeugenden Rückholaktion ab. Dazu führte er aus, eine Erstattung sei nur noch in den Grenzen des Art. 145 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften - ZKDVO - in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 444/2002 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften sowie der Verordnungen (EG) Nr. 2787/2000 und (EG) Nr. 993/2001 - VO (EG) Nr. 444/2002 - (ABl. der EG Nr. L 68/11) möglich. Danach könnten Garantiekosten nur noch dann zollwertmindernd anerkannt werden, wenn der Preis der eingeführten Ware innerhalb von zwölf Monaten nach Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr angepasst worden sei. Das gelte auch für Abfertigungen vor dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 444/2002 am 19.03.2002. Für die im Juli 2000 zum freien Verkehr angemeldeten Waren könnten nur die bis einschließlich Februar 2002 erfolgten Preisanpassungen berücksichtigt werden.

Zur Begründung ihres dagegen fristgerecht eingelegten Einspruchs trug die Klägerin vor, die Neuregelung des Art. 145 ZKDVO gelte für ihren Erstattungsantrag nicht, denn bei den Garantiefällen handele es sich nicht um nachträgliche Preisänderungen, sondern die betragsmäßige Anerkennung einer vertraglichen Einstandspflicht.

Die Neuregelung des Art. 145 ZKDVO sei nicht rückwirkend auf Einfuhren anwendbar, die vor dem 19.03.2002 in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden seien. Das Gemeinschaftsrecht gehe von einem generellen Rückwirkungsverbot aus, das gerade auch materiellrechtliche Regelungen wie Art. 145 Abs. 2 und 3 ZKDVO umfasse, weil diese eine bis zu ihrem Inkrafttreten mögliche nachträgliche Preisänderung innerhalb von drei Jahren auf ein Jahr nach der Verzollung begrenzten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 30.03.2005 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und führte dazu aus, mit der VO (EG) Nr. 444/2002 habe die Europäische Kommission (Kommission) die zollwertrechtliche Berücksichtigung von Sachmängeln abschließend geregelt. Nach deren Wortlaut sei eine weiter gehende Erstattung nicht möglich. Übergangsregelungen seien nicht vorgesehen. Für die Berücksichtigung von Sachmängeln komme es dabei entscheidend auf den Zeitpunkt der Preisanpassung und nicht den der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an.

Mit ihrer fristgerecht erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter und trägt ergänzend vor, bei der Zollwertbemessung des Transaktionswerts komme es nur auf den Preis an, den die Parteien des Kaufvertrags vereinbart hätten. Daher seien Preisermäßigungen, die - wie hier - dem Grunde und ihrer Berechnungsweise nach zu diesem Zeitpunkt vereinbart worden seien, zu berücksichtigen, auch wenn sich das konkrete Ausmaß erst danach verwirkliche und exakt beziffern lasse. Dies ergebe sich im Umkehrschluss aus dem Urteil des EuGH vom 05.10.1988, Rs. 357/87.

Ziffer 6 des Kommentars 20.1 "Kosten für Gewährleistung (Garantie)" des Technischen Ausschusses für den Zollwert des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens (Technischer Ausschuss) betreffe nicht den Streitfall. Hier gehe es nicht darum, ob mit dem Kaufpreis die Garantieleistung eingekauft sei, sondern nur darum, dass der Verkäufer Garantieleistungen übernommen und deswegen Zahlungen an sie geleistet habe, die zollwertmindernd zu berücksichtigen seien. Der Kommentar sei nicht abschließend und behandele nicht den hier praktizierten Kostenersatz.

Diese Berücksichtigung entspreche nicht nur der früheren deutschen Rechtsauffassung, sondern auch der Praxis anderer Mitgliedstaaten, insbesondere der Niederlande. Auch sei die EU-Kommission offensichtlich von einer derartigen Praxis ausgegangen, was die Verlautbarung des Bundesministeriums der Finanzen zu der VO (EG) Nr. 444/2002 zeige. Gleiches gelte für den Europäischen Rechnungshof (s. Müller-Eiselt, EG-Zollrecht Fach 4229 Rz. 149 ff.).

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung seiner Verfügung vom 27.05.2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2005 zu verpflichten, ihr weitere 3.839,15 EUR Zoll zu erstatten,

hilfsweise,

das Verfahren auszusetzen und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen,

äußerst hilfsweise

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung. Ergänzend führt er aus, in Art. 145 ZKDVO habe der Verordnungsgeber den Transaktionswert schadhafter Waren im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung neu definiert. Art. 145 Abs. 2 ZKDVO regele die Fälle der Sachmängel abschließend und erfasse nicht nur die Fälle, in denen nachträglich ein anderer Preis vereinbart werde.

II. Zur Frage 1:

Der Zollwert der Pkw-Einfuhren, deren Bewertung hier streitig ist, bestimmte sich nach Art. 29 Abs. 1 ZK nach dem Transaktionswert, das heißt in dem hier interessierenden Zusammenhang nach dem für die Ware bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis. Dabei ist der gezahlte oder zu zahlende Preis die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat. Er schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingungen für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind, Art. 29 Abs. 3 Buchst. a ZK.

Werden Garantieleistungen für die verkaufte Ware erbracht und ersetzt der Hersteller und Verkäufer den Aufwand dieser Leistungen, den Dritte erbracht haben, wie hier dem Käufer, der Klägerin, stellen diese Leistungen für die Klägerin einen Teil des von ihr gezahlten oder zu zahlenden Preises dar. Mit ihrem Kaufpreis hat sie gegenüber dem Verkäufer entsprechende Ersatzansprüche erworben. Hiervon geht auch ersichtlich Ziffer 6 des Kommentars 20.1 "Kosten für Gewährleistung (Garantie)" des Technischen Ausschusses aus. Darin wird nämlich ausgeführt, wenn ein Verkäufer einem Kunden eine Garantie bereitstelle, werde er dies bei der Preisbildung für die Ware berücksichtigen. Alle zusätzlichen Kosten, die sich auf die Garantie bezögen, würden Bestandteil des Preises und als Bedingung für das Zustandekommen des Kaufgeschäfts bezahlt.

An der Richtigkeit des daraus folgenden Ergebnisses bestehen aber für den Streitfall anders als bei Verkäufen in einer Handelskette, in denen jede der beteiligten Vertragsparteien Leistungen für eine Garantie an seinen Verkäufer weitergeben kann, Zweifel:

Der angemeldete Zollwert war der zwischen dem Hersteller und Verkäufer einerseits und der Klägerin andererseits vereinbarte Preis.

Bei diesem Preis stellen die im Rahmen der Garantie zu leistenden Vergütungen für den Verkäufer und Hersteller eine Minderung des ihm zu zahlenden oder gezahlten Preises dar. Die vereinbarte Garantie bewirkt nämlich keine Zahlung vom Käufer, der Klägerin, an den Verkäufer, sondern einen Ersatz der entstandenen Kosten durch den Verkäufer an die Klägerin. Der im Rahmen der Garantie geleistete Kostenersatz des Verkäufers an die Klägerin ist auch keine Zahlung an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers.

Der Verkäufer und Hersteller kann seine Garantieleistungen regelmäßig nicht auf einen Dritten abwälzen.

Die Ausführungen des EuGH im Urteil v. 23. Februar 2006 C-491/04 Rz. 34, stehen dem nicht entgegen, da es im Streitfall mit der Zahlung des Reparaturaufwandes vom Käufer, der Klägerin, an seine Käufer an einer Verpflichtung des Verkäufers gegenüber den Käufern des Käufers, der Klägerin, fehlt. Der Hersteller (und Verkäufer) ist nur der Klägerin verpflichtet.

Zudem besteht in der dem Gericht zugänglichen Literatur die Auffassung, dass Garantieleistungen den Zollwert mindern (Krüger in Dorsch Zollrecht ZK Art. 29 Rz. 45; Müller-Eiselt EG Zollrecht Fach 4229 Rz. 149 ff.; Schwarz/Wockenfoth Zollrecht 3. Aufl. Art. 29 Rz. 136a). Diese Meinung wurde zumindest früher auch von der deutschen Zollverwaltung geteilt (s. Müller-Eiselt EG Zollrecht Fach 4229 Rz. 151) und soll nach dem Vortrag der Klägerin noch von der niederländischen Zollverwaltung vertreten werden.

Zu Frage 2:

Hinsichtlich der Anwendung des nach Art. 145 Abs. 2 ZKDVO in der Fassung der VO (EG) Nr. 444/2002 bestehen Zweifel.

Nach Art. 145 Abs. 2 ZKDVO in dieser Fassung wird nämlich nur eine Änderung des Transaktionswerts zugunsten des Käufers berücksichtigt (Art. 145 Abs. 2 Unterabs. 1 ZKDVO), wobei der Verkäufer diese Änderung nach den vertraglichen Gewährleistungspflichten des zuvor abgeschlossenen Kaufvertrags vorgenommen haben muss (Art. 145 Abs. 2 Buchst. b ZKDVO) und die Schadhaftigkeit nicht schon im einschlägigen Kaufvertrag berücksichtigt worden sein darf (Art. 145 Abs. 2 Buchst. c ZKDVO).

Zweifel bestehen, ob überhaupt eine Änderung des Transaktionswerts vorgenommen worden ist und ob die Schadhaftigkeit nicht schon im einschlägigen Kaufvertrag berücksichtigt worden ist. Die Berechnung der Garantie in der Form der Kostenerstattung und ihrer Höhe, nämlich im Ersatz der angefallenen Reparaturkosten, ist nicht erst nachträglich ausgehandelt worden, sondern von vornherein vereinbart gewesen. Die Höhe der Garantie stand objektiv im Zeitpunkt der Annnahme der Zollanmeldung für das Fahrzeug fest. Sie ist aber erst nach Feststellung und Behebung des Mangels ermittelt und durch Kostenerstattung geleistet worden. Da die Preisermäßigungen durch die Garantievereinbarung im Zeitpunkt der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr bereits vereinbart waren, selbst wenn sich ihr Ausmaß erst später verwirklicht hat und sie sich dann erst genau bestimmen ließen, kann vertreten werden, dass keine Preisänderung, sondern die betragsmäßige Anerkennung einer vertraglichen Einstandpflicht vorlag. Für diese Erwägung spricht auch, dass bei zollwertrechtlichen Beurteilungen das gesamte Vertragsverhältnis zu berücksichtigen ist (EuGH Urteil v. 16. November 2006 C-306/04, Rz. 29, Slg. I 2006, 2263).

Zu Frage 3:

Sollte Art. 145 Abs. 2 ZKDVO in der Fassung der VO (EG) Nr. 444/2002 derartige Garantiefälle erfassen, können diese nur innerhalb des von Art. 145 Abs. 3 ZKDVO vorgegebenen zeitlichen Rahmens berücksichtigt werden. Der angepasste Transaktionswert kann danach nur zugrunde gelegt werden, wenn seine Anpassung innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nach Annahme der Zollanmeldung vorgenommen worden ist.

Aufgrund ihres Art. 4 Abs. 1 ist die VO (EG) Nr. 444/2002 am siebten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EG und damit am 19.03.2002 in Kraft getreten.

Unter Berücksichtigung dieser beiden Bestimmungen hätte deren wörtliche Auslegung zur Folge, dass mit Inkrafttreten der VO (EG) 444/2002 Preisanpassungen aufgrund von Garantiefällen nur in der Jahresfrist des Art. 145 Abs. 3 ZKDVO berücksichtigt werden könnten. Dies hätte weiter zur Folge, dass Preisanpassungen für Einfuhren, bei denen die Annahme der Zollanmeldungen mehr als ein Jahr zurückliegt, unberücksichtigt bleiben müssten, obwohl sie - bei Bejahung der Frage 1 - zollwertmindernd sind und nach den allgemeinen Grundsätzen einer Erstattung nach Art. 236 Abs. 1 ZK noch innerhalb der in Art. 236 Abs. 2 ZK vorgesehenen dreijährigen Antragsfrist hätten geltend gemacht werden können.

Obwohl der Beklagte eine derartige wörtliche Auslegung der genannten Vorschriften vertritt, bestehen daran erhebliche Bedenken, weil die Auslegung des Beklagten rückwirkend Erstattungen versagt, wenn die Frage 1 bejaht werden sollte. Bei der Neufassung des Art. 145 ZKDVO durch die VO (EG) Nr. 444/2002 handelt es sich nämlich um eine materiellrechtliche Regelung, die bei der vom Beklagten vertretenen Auslegung hinsichtlich der Frist des Art. 145 Abs. 3 ZKDVO für die Wirtschaftsbeteiligten nachteilige Folgen hat. Eine Rückwirkung insoweit hat der EuGH bei anderen Gelegenheiten grundsätzlich abgelehnt (s. zuletzt EuGH Urteil v. 9. März 2006 C293/04 Rz. 19 ff., Slg. I 2006, 2263). Zudem gäbe es hierfür weder aus den Erwägungsgründen der VO (EG) Nr. 444/2002 noch sonst einen erkennbaren Anhaltspunkt. Im Hinblick darauf wäre eine Auslegung, nach der die Neufassung des Art. 145 ZKDVO durch die VO (EG) Nr. 444/2002 erst auf die Annahme der Zollanmeldungen mit Inkrafttreten der Neuregelung angewandt wird, vorzuziehen.

Zu Frage 4:

Zweifel an der Gültigkeit von Art. 145 Abs. 2 und 3 ZKDVO in der Fassung der VO (EG) Nr. 444/2002 ergeben sich, wenn diese Vorschrift in der dargestellten Weise rückwirkend anzuwenden sein sollte.

Weitere Zweifel bestehen bei Bejahung der zuvor gestellten Fragen insoweit, als durch Art. 145 Abs. 2 ZKDVO in der Fassung der VO (EG) Nr. 444/2002 Art. 29 Abs. 1 und 3 ZK ausgelegt wird.

Zwar verfügt die Kommission zum Erlass und zur Änderung der ZKDVO in Art. 247 ZK über eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage, die sie berechtigt, alle für die Durchführung des ZK erforderlichen oder zweckmäßigen Maßnahmen zu ergreifen, soweit sie nicht gegen den ZK verstoßen (s. EuGH Urteil v. 8. März 2007 C-447, 448/05, Rz. 23 ff.) und die von der Gemeinschaft eingegangenen Verpflichtungen beachten. Gleichwohl könnte diese Ermächtigungsgrundlage verletzt sein, wenn die Garantieleistungen den Transaktionswert mindern, sie aber abweichend von der Grundregel in Art. 236 Abs. 1 und 2 ZK aufgrund der zeitlichen Beschränkung durch Art. 145 Abs. 3 ZKDVO nur noch in begrenztem Umfang geltend gemacht werden können. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bestimmung des Transaktionswerts als Grundlage der Zollwertbemessung nicht allein auf dem ZK beruht, sondern auf Art. 1 Abs. 1 des GATT-Zollwertkodex (ABl. EG Nr. L 336/119) und seiner Anmerkung zu Art. 1.

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