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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.02.2008
Aktenzeichen: 4 K 1840/07 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG, AO, BGB, FGO


Vorschriften:

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 10 Abs. 2
ErbStG § 20 Abs. 1 S. 1
AO § 5
AO § 44 Abs. 1
BGB § 125 S. 1
BGB § 421 S. 1
BGB § 518 Abs. 1 S. 1
BGB § 518 Abs. 2
FGO § 100 Abs. 1 S. 1
FGO § 102 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 1840/07 Erb

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin lebte mit dem deutschen Staatsangehörigen A, der mit B verheiratet war, seit dem Jahr 2000 in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Die Klägerin erhielt von A in den Jahren 2000 bis 2004 umfangreiche Zuwendungen, die dem beklagten Finanzamt nicht angezeigt wurden. A verlegte seinen Wohnsitz von .... (Deutschland) in die Schweiz, wo er am 17. September 2005 verstarb. Er ist ausweislich des Erbscheins der Gemeinde ..... vom 15. November 2005 von B beerbt worden.

Das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung M leitete gegen die Klägerin am 10. Mai 2005 wegen ungeklärter Vermögenszuwächse ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Abschluss dieser Ermittlungen schlossen die Klägerin und das beklagte Finanzamt am 31. Januar 2007 eine tatsächliche Verständigung ab. Darin gingen sie davon aus, dass die Klägerin von A am 31. Dezember 2000 eine Zuwendung im Wert von 195.583 DM, am 31. Dezember 2001 eine Zuwendung im Wert von 782.332 DM, am 31. Dezember 2002 eine Zuwendung im Wert von 550.000 EUR, am 31. Dezember 2003 eine Zuwendung im Wert von 400.000 EUR und am 31. Dezember 2004 eine Zuwendung im Wert von 520.500 EUR erhalten habe. Demgemäß setzte das beklagte Finanzamt mit fünf Bescheiden vom 2. März 2007 insgesamt 687.855 EUR Schenkungsteuer gegen die Klägerin fest.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie geltend machte: Das beklagte Finanzamt habe nicht sie als Beschenkte, sondern B als Erbin des Schenkers in Anspruch nehmen müssen. A habe sie heiraten wollen, sobald das von ihm anhängig gemachte Ehescheidungsverfahren abgeschlossen gewesen sei. Hierzu sei es infolge seines Ablebens nicht mehr gekommen. Er habe ihr gegenüber jedoch stets erklärt, dass er im Zusammenhang mit den Zuwendungen sämtliche steuerlichen Nachteile habe regeln wollen. Hierin sei das Versprechen zu sehen, die entstehende Schenkungsteuer zu übernehmen. Dies sei auch konsequent gewesen, weil es sich um Sachschenkungen gehandelt habe und sie nicht über ausreichende Einnahmen verfügt habe, um die Schenkungsteuer entrichten zu können. Sie wäre gezwungen gewesen, die Geschenke wieder zu verkaufen.

Das beklagte Finanzamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 2. Mai 2007 zurück und führte aus: Es sei ermessensgerecht, die Klägerin als Beschenkte in Anspruch zu nehmen. Ihre Behauptung, der Schenker habe die Schenkungsteuer übernehmen wollen, sei unschlüssig. Eine Übernahme der Schenkungsteuer ergebe sich nicht aus dem behaupteten Heiratsversprechen. Es habe sich auch überwiegend um Geldzuwendungen gehandelt, aus denen die Klägerin die Schenkungsteuer habe entrichten können. Da die Schenkungen zudem nicht angezeigt worden seien, sei anzunehmen, dass der Schenker eine Inanspruchnahme entweder habe vermeiden wollen oder mit einer Inanspruchnahme nicht gerechnet habe. Im Übrigen sei in der tatsächlichen Verständigung nicht von einer Übernahme der Schenkungsteuer durch den Schenker ausgegangen worden, weil dies zu einer Erhöhung des Gesamterwerbs geführt hätte.

Die Klägerin hat am 18. Mai 2007 Klage erhoben, mit der sie vorträgt: Ihre Inanspruchnahme sei ermessensfehlerhaft, weil vorrangig die Erbin des Schenkers habe in Anspruch genommen werden müssen. Der Schenker habe ihr gegenüber ausdrücklich erklärt, dass er für sämtliche steuerrechtlich eintretenden Nachteile aufkommen werde. Ferner habe er Rechtsanwältin X gesagt, dass er hinsichtlich der Zuwendungen mit seinen steuerlichen Beratern alles geregelt habe; auf sie komme keine Zahlungsverpflichtung zu. Es könne nicht angenommen werden, dass der Erblasser nicht mit einer steuerlichen Inanspruchnahme gerechnet habe. Er habe die steuerrechtlichen Fragen durch seine Berater klären lassen, habe seinen Wohnsitz dauerhaft in die Schweiz verlegt und sei bis ein Jahr vor seinem Tode schwer erkrankt gewesen. Die ihr zugewendeten Geldbeträge seien häufig für Sachgeschenke sowie für den Ausbau des Anwesens in ..... bestimmt gewesen, so dass sie gezwungen gewesen wäre, die geschenkten Gegenstände wieder mit erheblichen Verlusten zu verkaufen, um die Schenkungsteuer entrichten zu können. Aus diesem Grunde bestehe auch bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sich der Schenker im Innenverhältnis zur Übernahme der Schenkungsteuer habe verpflichten wollen. Der Inanspruchnahme von B als Erbin des Schenkers stehe nicht die abgeschlossene tatsächliche Verständigung entgegen. Im Gegenteil sei im Rahmen der tatsächlichen Verständigung mit dem zuständigen Beamten des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung M erörtert worden, dass sie zur Abdeckung der Steuerschulden nur über begrenzte Vermögenswerte verfüge. Ihr sei erklärt worden, dass man darauf im Rahmen der Festsetzung der Steuer Rücksicht nehmen werde.

Die Klägerin beantragt,

die fünf Schenkungsteuerbescheide vom 2. März 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 2. Mai 2007 aufzuheben.

Das beklagte Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: Da der Schenker trotz Kenntnis des steuerrechtlichen Sachverhalts die Schenkungen nicht angezeigt habe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er die Steuer übernommen habe. Unabhängig davon lägen hinsichtlich der behaupteten Übernahme der Schenkungsteuer die Voraussetzungen des #§ 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) nicht vor. Der Schenker habe die Steuer nicht entrichtet. Eine zivilrechtliche Verpflichtung seiner Rechtsnachfolgerin bestehe gleichfalls nicht, weil nach dem Vortrag der Klägerin ein formunwirksames Schenkungsversprechen anzunehmen sei.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Schenkungsteuerbescheide vom 2. März 2007 in der Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 2. Mai 2007 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Finanzamt hat die Schenkungsteuer zu Recht gegen die Klägerin festgesetzt.

Die Klägerin ist als Erwerberin nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG Steuerschuldnerin. Gegen sie konnte das beklagte Finanzamt deshalb die Schenkungsteuer festsetzen. Bei einer Schenkung ist nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG auch der Schenker Steuerschuldner. Insoweit besteht eine Gesamtschuldnerschaft (§ 44 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO -) mit der Folge, dass es dem Finanzamt entsprechend § 421 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich freisteht, an welchen Steuerschuldner es sich wendet (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 13. Mai 1987 II R 189/83, BStBl. 1988, 188, 189). Die Entscheidung, welcher von mehreren Gesamtschuldnern aus demselben Rechtsgrund in Anspruch genommen werden soll, steht nicht im freien Belieben, sondern im pflichtgemäßen Auswahlermessen der Behörde, für das die allgemeinen Grundsätze des § 5 AO gelten. Der einzelne Abgabenschuldner kann daher nur auf Grund einer Ermessensentscheidung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der wirtschaftlichen Bedeutung der jeweiligen Tatbestandsverwirklichung in Anspruch genommen werden (BFH-Urteil vom 20. Juli 2004 VII R 20/02, BFHE 207, 565). Die Ermessensentscheidung ist nach § 102 Satz 1 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob der Verwaltungsakt deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist.

Die Ermessensentscheidung des beklagten Finanzamts, die Schenkungsteuer gegen die Klägerin festzusetzen, erweist sich indessen als ermessensfehlerfrei. Bei der Schenkungsteuer ist regelmäßig von dem vom beklagten Finanzamt beachteten Grundsatz auszugehen, dass die Steuer in erster Linie gegen den (bereicherten) Erwerber festzusetzen ist (BFH-Urteil vom 29. November 1961 II 282/58 U, BStBl. III 1962, 323, 324; Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 20 Rdnr. 26). Eine Festsetzung der Steuer vorrangig gegen den Schenker kommt dann in Betracht, wenn dieser es beantragt hat oder wenn er dem Beschenkten gegenüber die Steuer übernommen hat (§ 10 Abs. 2 ErbStG) (Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG § 20 Rdnr. 27).

Es ist nicht ersichtlich, das A noch zu Lebzeiten beim beklagten Finanzamt beantragt hat, die Schenkungsteuer gegen ihn festzusetzen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass A die Entrichtung der von der Klägerin geschuldeten Schenkungsteuer ihr gegenüber übernommen hat (§ 10 Abs. 2 ErbStG). Die Klägerin behauptet lediglich, A habe ihr gegenüber erklärt, dass er für sämtliche steuerrechtlich eintretenden Nachteile aufkommen werde. Hierin könnte allenfalls ein neben den bereits vollzogenen Zuwendungen abgegebenes Versprechen zu sehen sein, die in der Person der Klägerin entstandene Schenkungsteuer übernehmen zu wollen. Ein derartiges steuerrechtlich grundsätzlich unerhebliches (BFH-Urteil vom 15. März 2007 II R 5/04, BStBl II 2007, 472, 476) Schenkungsversprechen wäre indessen auch zivilrechtlich wegen der hier offensichtlich fehlenden notariellen Beurkundung (§§ 518 Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 BGB) unwirksam. Die versprochene Leistung ist zu Lebzeiten des Schenkers nicht mehr i.S. des § 518 Abs. 2 BGB bewirkt worden. Bei einem Schenkungsversprechen, jemanden von einer Verbindlichkeit zu befreien, wird die versprochene Leistung regelmäßig erst durch die Leistung an den Gläubiger bewirkt (Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 518 Rdnr. 12). Im Streitfall hat A die entstandene Schenkungsteuer jedoch weder entrichtet noch ist er an das beklagte Finanzamt herangetreten und hat die Festsetzung der Schenkungsteuer gegen sich selbst beantragt. Die Zuwendungen sind dem beklagten Finanzamt noch nicht einmal angezeigt worden. Ob im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Vermutung dafür besteht, dass sich der Schenker im Innenverhältnis zur Übernahme der Schenkungsteuer verpflichten wollte, kann dahinstehen. Dies würde nichts daran ändern, dass die Steuer im Streitfall von dem Schenker nicht wirksam übernommen worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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