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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: 4 K 3480/05 Z
Rechtsgebiete: ZK, VO Nr. 1796/1999


Vorschriften:

ZK Art. 24
ZK Art. 25
ZK Art. 220 Abs. 1 S. 1
ZK Art. 221 Abs. 1
ZK-DVO Art. 36
ZK-DVO Art. 38
VO Nr. 1796/1999 Art. 1 Abs. 1
VO Nr. 1796/1999 Art. 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 3480/05 Z

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin meldete beim beklagten Hauptzollamt am 23. Januar, 20. Februar und 23. Mai 2002, am 15. August und 15. September 2003 sowie am 3. Februar 2004 Stahlseile der Unterpos. 7312 10 82, 7312 10 84 und 7312 10 99 der Kombinierten Nomenklatur (KN), die sie von der in Ägypten ansässigen A bezogen hatte, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Als Ursprung der Waren gab sie Ägypten an und legte entsprechende Warenverkehrsbescheinigungen EUR. 1 vor. Das beklagte Hauptzollamt sah deshalb von der Erhebung von Zoll ab.

Die Drahtseile wurden in dem Betrieb der A auf den dort vorhandenen Maschinen hergestellt, indem Litzen aus Stahl, welche von der in China ansässigen B geliefert worden waren, zusammengedreht wurden.

Im Mai 2003 wurde das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) vom Zollkriminalamt (ZKA) über eine mutmaßliche Umgehung des mit der Verordnung (EG) Nr. 1796/1999 (VO Nr. 1796/1999) des Rates vom 12. August 1999 (ABl EG Nr. L 217/1) auf die Einfuhren von Stahldrahtseilen mit Ursprung in der Volksrepublik China eingeführten Antidumpingzolls durch die unzutreffende Angabe des Ursprungslandes Ägypten in Kenntnis gesetzt. Bedienstete des OLAF sowie der Zeuge X vom ZKA führten deshalb in dem Zeitraum vom 27. Juli bis zum 4. August 2004 eine Missionsreise in Ägypten durch, bei der auch der Betrieb der A aufgesucht wurde.

Ausweislich eines Inspektionsberichts vom 2. August 2004 soll der Direktor der A am 31. Juli 2004 erklärt haben, das Unternehmen sei im November 2000 gegründet worden und habe seinen Betrieb im Juli 2001 aufgenommen. Die A sei gegründet worden, weil ihre Kunden in der Europäischen Gemeinschaft Schwierigkeiten mit direkten Einfuhren von Stahldrahtseilen chinesischen Ursprungs gehabt hätten. Diese Schwierigkeiten seien wirtschaftlicher Art gewesen und hätten darauf beruht, dass im Jahr 1999 für chinesische Stahldrahtseile Antidumpingzölle eingeführt worden seien. Dieser Umstand habe die Muttergesellschaft der A, die C, ermuntert, Investitionen in Ägypten zu tätigen. Alle europäischen Kunden hätten langjährige Beziehungen zur B gehabt. Mit Ausnahme der griechischen Kunden hätten die anderen europäischen Kunden ihre Aufträge direkt der A erteilt. Alsdann habe er bei der B die entsprechenden Rohmaterialien bestellt. Deshalb lagere die A keine Rohmaterialien.

Bei einem Besuch der Gemeinschaftsdelegation am 2. August 2004 wurde dem Direktor der Entwurf einer schriftlichen Erklärung über seine im Verlaufe des vorangegangenen Besuchs gemachten Angaben vorgelegt. Hierzu soll er ausweislich eines Inspektionsberichts vom 3. August 2004 erklärt haben, die Gemeinschaftsdelegation habe die von ihm erteilten Auskünfte zutreffend verstanden, mit Ausnahme des Umstands, dass die B nicht die Muttergesellschaft der A, sondern die Lieferantin der Rohmaterialien sei. Der Direktor sei nicht bereit gewesen, den in englischer Sprache verfassten Entwurf zu unterzeichnen, weil seine Muttersprache Chinesisch sei und er zuvor die Zustimmung der Muttergesellschaft einholen müsse.

In seinem Bericht vom 17. Dezember 2004 über die Ergebnisse der Missionsreise führte das OLAF unter anderem aus: Die Comext-Einfuhrstatistiken hätten gezeigt, dass seit Einführung der Antidumpingzölle die Einfuhren von Stahldrahtseilen in die Gemeinschaft, bei denen ein ägyptischer Ursprung angegeben worden sei, von 0,6 t im Jahr 1999 auf 608,5 t im Jahr 2000, 1.466 t im Jahr 2001, 1.153 t im Jahr 2002 und 1.167 t im Jahr 2003 angestiegen seien. Die Stahldrahtseile seien bis zum Juli 2001 von der B und nach Juli 2001 von der A ausgeführt worden. Die A sei in Ägypten nicht als Herstellerfirma, sondern unter der Anschrift des D als Verkaufsbüro bzw. Repräsentanz registriert. Der Verband der europäischen Drahtseilhersteller habe mitgeteilt, keine Kenntnis von einem Hersteller in Ägypten zu haben. Auf der Grundlage der erhobenen Dokumentenbeweise, der vom Vertreter der A erteilten Auskünfte sowie der Inspektion der Produktionsanlagen sei davon auszugehen, dass die in die Gemeinschaft eingeführten Stahldrahtseile in Ägypten nicht in dem nach Art. 24 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 (Zollkodex - ZK -) des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 302/1) erforderlichen Umfang be- oder verarbeitet worden seien. Es habe sich daher um Waren mit Ursprung in China gehandelt.

Das beklagte Hauptzollamt folgte dem Bericht und erhob mit Bescheid vom 4. Januar 2005 von der Klägerin 108.643,52 EUR Antidumpingzoll nach, weil der hinreichende Verdacht bestehe, dass die von ihr angemeldeten Waren unter Umgehung des Antidumpingzolls für Waren mit Ursprung in China in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden seien.

Mit ihrem dagegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Die eingeführten Drahtseile hätten ägyptischen Ursprung gehabt, weil sie in Ägypten in einer dem Art. 24 ZK entsprechenden Weise be- und verarbeitet worden seien. Das Schlagen der Litzen mit Ursprung in China zu Seilen sei ein hochtechnischer Vorgang, der besondere Maschinen und ein besonders qualifiziertes Personal erfordere. Die Wertsteigerung habe wesentlich mehr als 25 v.H. betragen. Die Listenregeln der Europäischen Kommission, welche für eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung einen Positionswechsel voraussetzten, seien nicht verbindlich. Auf Art. 25 ZK könne sich das beklagte Hauptzollamt nicht berufen, weil diese Bestimmung hinter der speziellen Regelung des Art. 13 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (VO Nr. 384/96) des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl EG Nr. L 56/1) zurücktrete. Die Voraussetzungen des Art. 13 VO Nr. 384/96 lägen nicht vor, weil weder die Kommission noch der Rat die zur Feststellung einer Umgehung erforderlichen Untersuchungen angestellt habe. Im Übrigen sei Art. 25 ZK auch nicht einschlägig, weil sich die VO Nr. 1796/1999 nicht auf Einfuhren von Litzen aus Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China beziehe. Wenn diese Vormaterialien ohne Antidumpingzoll direkt in die Gemeinschaft hätten eingeführt werden können, könne deren Verarbeitung in Ägypten keine Umgehung des Antidumpingzolls darstellen.

Die Klägerin hat am 18. August 2005 Untätigkeitsklage erhoben.

Das beklagte Hauptzollamt hat mit Entscheidung vom 28. Oktober 2005 den Einspruch zurückgewiesen und ausgeführt: Die angemeldeten Stahldrahtseile hätten chinesischen Ursprung gehabt, so dass Antidumpingzoll zu erheben gewesen sei. Art. 25 ZK sei neben Art. 13 VO Nr. 384/96 anwendbar. Die getroffenen Feststellungen, dass die Einfuhren von Stahldrahtseilen mit Ursprung in Ägypten nach der Einführung der Antidumpingzollregelung erheblich zugenommen hätten, die A erst im November 2000 im Hinblick auf die im Jahr 1999 eingeführte Antidumpingzollregelung gegründet worden sei und sie bis zum 4. August 2004 neben den Litzen aus Stahl chinesischen Ursprungs weder aus anderen Drittländern noch auf dem heimischen Markt Litzen bezogen habe, rechtfertige die Vermutung, dass die Verlagerung des Herstellungsvorgangs ausschließlich erfolgt sei, um den Antidumpingzoll zu umgehen.

Die Klägerin trägt vor: Die letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be- und Verarbeitung der aus China eingeführten Litzen habe in Ägypten stattgefunden. Ein Positionswechsel, der allenfalls ein Indiz für die Herstellung eines neuen Erzeugnisses sein könne, sei für die Annahme einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung nach Art. 24 ZK nicht erforderlich. Die dem entgegenstehenden Listenregeln der Europäischen Kommission seien mangels Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union unverbindlich. Art. 25 ZK sei wegen des Vorrangs der Spezialregelung in Art. 13 VO Nr. 384/96 nicht anwendbar. Jedenfalls liege keine Umgehung vor. Die A, die sich nur zu 30 v.H. im Besitz der chinesischen Herstellerin der Litzen befinde, sei bereits 1995 gegründet worden. Die Produktion der Litzen sei nicht ausschließlich im Hinblick auf die Antidumpingmaßnahmen, sondern zunächst in den Jahren 1994 bis 1999 zur Erschließung neuer Märkte im mittleren Osten und in Afrika aufgenommen worden. Die A habe Litzen und Seile aus Stahl nicht ausschließlich in der Gemeinschaft, sondern auch auf dem ägyptischen Markt und in anderen Drittländern abgesetzt. Die Angaben des Direktors, welche dieser gegenüber der Gemeinschaftsmission gemacht habe, seien unzutreffend und vermutlich auf sprachliche Missverständnisse zurückzuführen.

Jedenfalls sei nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK von der Nacherhebung abzusehen, weil sich das beklagte Hauptzollamt im Zeitpunkt der Einfuhr der Drahtseile darüber geirrt habe, dass das Schlagen der Litzen eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung darstelle. Das beklagte Hauptzollamt habe ihre Zollanmeldungen nicht nur unbeanstandet entegegengenommen, sondern die Angaben des Ursprungs Ägypten mehrfach überprüft. Dies ergebe sich aus Schreiben des beklagten Hauptzollamts vom 10. Mai und 19. Dezember 2000 sowie vom 12. Januar und 18. Dezember 2001 (Bl. 174 ff. GA). Sie habe auch gutgläubig gehandelt, weil die deutsche Zollverwaltung erst im Jahr 2005 ihre Auffassung zur ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung geändert habe.

Die Klägerin beantragt,

1. den Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Januar 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 aufzuheben;

2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären;

3. hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: In Ägypten habe keine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung der Litzen stattgefunden, weil hierdurch kein Wechsel der Tarifposition eingetreten sei. Dies ergebe sich aus den im Internet veröffentlichten Listenregeln der Kommission, die als normenkonkretisierende Dienstvorschrift bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der wesentlichen Bearbeitung und des neuen Erzeugnisses in Art. 24 ZK herangezogen werden könnten. Jedenfalls könne nach Art. 25 ZK nicht von einem Ursprung der Drahtseile in Ägypten ausgegangen werden. Von der Nacherhebung sei auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK abzusehen, weil kein Irrtum der Zollbehörden vorgelegen habe. Die lediglich unbeanstandete Annahme der Zollanmeldungen reiche nicht aus. Die Angaben zum Ursprung der Waren in den Zollanmeldungen hätten nicht ohne weiteres überprüft werden können. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Gutgläubigkeit berufen, weil sich aus dem im Strafverfahren sichergestellten Schriftverkehr (Bl. 159 ff. GA) ergebe, dass ihr Zweifel an der Ursprungseigenschaft bekannt gewesen seien.

Das beklagte Hauptzollamt hat ein an den Zeugen X gerichtetes Schreiben in englischer Sprache vom 18. April 2007 vorgelegt, das dem äußeren Erscheinungsbild nach von dem Direktor unterzeichnet worden ist. Darin wurde ausgeführt, dass der Inhalt der Inspektionsberichte vom 31. Juli und 2. August 2004 unzutreffend und irreführend sei. Der Direktor habe niemals erklärt, dass die A zur Vermeidung von Antidumpingzöllen gegründet worden sei.

Der Senat hat Beweis durch die Vernehmung der Zeugen X und Y erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2. Mai 2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Einfuhrabgabenbescheid vom 4. Januar 2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2005 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat den Antidumpingzoll zu Recht gemäß Art. 220 Abs. 1 Satz 1 ZK nachträglich buchmäßig erfasst und den Abgabenbetrag der Klägerin nach Art. 221 Abs. 1 ZK mitgeteilt. Der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag war noch nicht buchmäßig erfasst worden.

Nach Art. 1 Abs. 1 und 2 VO Nr. 1796/1999 war auf die Einfuhren von Stahlseilen der Unterpos. 7312 10 82, 7312 10 84 und 7312 10 99 KN mit Ursprung in China ein endgültiger Antidumpingzoll von 60,4 v.H. zu erheben. Die von der Klägerin am 23. Januar, 20. Februar und 23. Mai 2002, 15. August und 15. September 2003 sowie am 3. Februar 2004 zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldeten Stahlseile hatten ihren Ursprung in China.

Da die Stahlseile nicht vollständig in Ägypten hergestellt worden sind, können sie einen nichtpräferenziellen Ursprung nur nach Art. 24 ZK erworben haben. Denn sie wurden aus Litzen hergestellt, welche von der in China ansässigen B geliefert worden waren. Nach Art. 24 ZK ist eine Ware, an deren Herstellung - wie im Streitfall - zwei oder mehrere Länder beteiligt waren, Ursprungsware des Landes, in dem sie der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen worden ist, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden ist und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses geführt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt. Anders als die Beklagte meint, ist allein der Umstand, dass sowohl die Litzen als auch die daraus hergestellten Stahlseile der Pos. 7312 KN zuzuweisen sind, nicht ausschlaggebend für die Beantwortung der Frage, ob eine ursprungsbegründende wesentliche Be- oder Verarbeitung der Litzen in Ägypten stattgefunden hat. Da die Kombinierte Nomenklatur für eigene Zwecke und nicht für die Bestimmung des Ursprungs von Waren geschaffen wurde, genügt es nicht, die Kriterien für die Bestimmung des Warenursprungs der tariflichen Einreihung der verarbeiteten Erzeugnisse zu entnehmen. Die Bestimmung des Ursprungs muss vielmehr auf einer objektiven und tatsächlich feststellbaren Unterscheidung zwischen dem Ausgangserzeugnis und dem aus der Be- oder Verarbeitung hervorgegangenen Erzeugnis beruhen, bei der wesentlich auf die spezifischen Beschaffenheitsmerkmale eines jeden Erzeugnisses abzustellen ist (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 26. Januar 1977 Rs. 49/76, Slg. 1977, 41 Rdnr. 5). Zudem bestätigen die andere Waren betreffenden Art. 37 Unterabs. 2, 38 und 39 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (ZK-DVO) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl EG Nr. L 253/1), dass ein Positionswechsel allein nicht geeignet ist, eine ursprungsbegründende Be- oder Verarbeitung anzunehmen. Ein Positionswechsel kann allenfalls ein Indiz für die Annahme einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung sein (Witte/Prieß, ZK, 4. Aufl., Art. 24 Rdnr. 10; Harings in Dorsch, Zollrecht, ZK Art. 24 Rdnr. 16). Soweit der EuGH in seinem Urteil vom 21. Juli 2005 Rs. C-515/03 (Slg. 2005, I-7355 Rdnr. 31) für die Beantwortung der Frage, ob eine wesentliche Verarbeitung i.S. des Art. 24 ZK stattgefunden hat, beiläufig auch auf einen Wechsel der Tarifposition abgestellt hat, war dies für ihn ersichtlich nur eines von mehreren herangezogenen Beurteilungskriterien.

Die von der Beklagten herangezogenen Listenregeln der Europäischen Kommission, die für die Annahme einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung von Waren der Pos. 7312 KN ausschließlich auf einen Positionswechsel abstellen, sind mit der Rechtsprechung des EuGH (Urteil in Slg. 1977, 41 Rdnr. 5) nicht zu vereinbaren und können daher nicht herangezogen werden. Bei diesen Listenregeln handelt es sich nicht um einen verbindlichen Rechtsakt i.S. des Art. 249 Unterabs. 2 bis 4 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG). Nichts anderes ergibt sich aus der von den Vertretern der Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Ausschussvorlage der Europäischen Kommission vom 5. April 2006. Darin wird vielmehr allgemein zu Erläuterungen und Leitlinien ausgeführt, dass diese nicht rechtsverbindlich seien (Rdnr. 7 ff.). Soweit sich die Europäische Kommission vorbehalten hat, im Falle einer "Verletzung der in den Erläuterungen/Leitlinien dargelegten Auslegung" ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den betreffenden Mitgliedstaat einzuleiten (Rdnr. 13 der Ausschussvorlage), ändert dies nichts an der rechtlichen Unverbindlichkeit der Listenregeln. Mögen die Listenregeln der Europäischen Kommission auch eine einheitliche Anwendung der Ursprungsregelungen im Zollgebiet der Gemeinschaft bezwecken und daher gewisse Leitlinien für die Verwaltungen der Mitgliedstaaten darstellen, so sind sie doch in Ermangelung einer für einen Rechtsakt erforderlichen Form weder für die einzelstaatlichen Gerichte noch für den einzelnen Wirtschaftsteilnehmer verbindlich. Es kann zudem dahinstehen, ob die Listenregeln der Europäischen Kommission mit den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur gleichgesetzt werden können. Denn auch diese Erläuterungen sind letztlich keine verbindlichen Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen der Kombinierten Nomenklatur (EuGH-Urteile vom 7. Februar 2002 Rs. C-276/00, Slg. 2002, I-1389 Rz. 22 sowie vom 4. März 2004 Rs. C-130/02, Slg. 2004, I-2121 Rdnr. 28) und können auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Gemeinsamen Zolltarifs überprüft werden (EuGH-Urteil vom 8. Juli 2004 Rs. C-400/03, Slg. 2004, I-6553 Rdnr. 15 f.).

Eine letzte wesentliche Be- oder Verarbeitung einer Ware i.S. von Art. 24 ZK ist anzunehmen, wenn das daraus hervorgegangene Erzeugnis besondere Eigenschaften besitzt und von einer spezifischen Beschaffenheit ist, die es vor der Be- oder Verarbeitung nicht hatte (EuGH-Urteil in Slg. 1977, Rdnr. 6; EuGH-Urteil vom 23. Februar 1984 Rs. 93/83, Slg. 1984, 1095 Rdnr. 13). Die Be- oder Verarbeitung muss zu einer qualitativen Änderung der Eigenschaften der Ausgangsware geführt haben, was eine erhebliche Änderung des Erzeugnisses voraussetzt (EuGH-Urteil in Slg. 1984, 1095 Rdnr. 13; EuGH-Urteil vom 15. Mai 2003 Rs. C-282/00, Slg. 2003, I-4741 Rdnr. 33). Daher liegt eine wesentliche Be- oder Verarbeitung insbesondere dann vor, wenn ein neues, originäres Erzeugnis hergestellt worden ist (EuGH-Urteile vom 31. Januar 1979 Rs. 114/78, Slg. 1979, 151 Rdnr. 11; vom 17. Oktober 2000 Rs. C-114/99, Slg. 2000, I-8823 Rdnr. 21). Maßgebend sind insoweit in erster Linie technische Kriterien, nur hilfsweise kann auf das Kriterium der Wertschöpfung abgestellt werden (EuGH-Urteile vom 13. Dezember 1989 Rs. C-26/88, Slg. 1989, 4253 Rdnr. 19 f.; vom 8. März 2007 Rs. C-447, 448/05, Rdnr. 26 f., Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2007, 100).

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so kann es nach Überzeugung des Senats keinem Zweifel unterliegen, dass das Herstellen der Stahlseile in Ägypten aus den Litzen eine letzte wesentliche Be- bzw. Verarbeitung i.S. des Art. 24 ZK darstellt. Durch das Zusammendrehen der Litzen auf den Verseilmaschinen entstehen neue Waren mit im Vergleich zu den Vorprodukten andersartigen Eigenschaften. Die fertigen Stahlseile, die aus mehreren Litzen zusammengedreht werden, weisen eine höhere Tragfähigkeit als die Litzen auf und sind daher geeignet, unmittelbar ihrem spezifischen Verwendungszweck entsprechend eingesetzt zu werden. Überdies wird durch den technischen Bericht nebst Fotos (Anhang 6 zum Missionsbericht vom 17. Dezember 2004, Bl. 243, 247 Band I der Akten des beklagten Hauptzollamts) verdeutlicht, dass der apparative Aufwand bei der Herstellung der Stahlseile nicht unerheblich ist, vielmehr den Einsatz eines mehr oder weniger umfangreichen Maschinenparks erfordert. Es kann daher nicht von bloßen Minimalbehandlungen gesprochen werden, so wie sie beispielhaft für die in Art. 36 ZK-DVO genannten Waren in Art. 38 ZK-DVO beschrieben werden.

Die Be- bzw. Verarbeitung der Litzen in Ägypten war auch wirtschaftlich gerechtfertigt, weil sie für die industrielle Verwendung der hergestellten Erzeugnisse (Stahlseile) erforderlich war (EuGH-Urteil in Slg. 1977, 41 Rdnr. 3) und zumindest Transportkosten eingespart wurden (Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 13. Oktober 1964 VII 43/63, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1965, 90).

Wenn demnach auch eine ursprungsbegründende Be- bzw. Verarbeitung der Litzen i.S. des Art. 24 ZK in Ägypten stattgefunden hat, so hatten die dort hergestellten Stahlseile dennoch ihren Ursprung in China, weil die festgestellten Tatsachen nach der vom Senat aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) die Vermutung rechtfertigen, dass die Be- bzw. Verarbeitung der Litzen nur die Umgehung der Bestimmungen der VO Nr. 1796/1999 bezweckt hat (Art. 25 ZK).

Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung (so auch Witte/Prieß, ZK Art. 25 Rdnr. 6; a.A. Lux in Dorsch, AntidumpingVO Art. 13 Rdnr. 18) ist die Anwendbarkeit des Art. 25 ZK im Streitfall nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Europäische Kommission nicht von ihrer Befugnis nach Art. 13 Abs. 3 Satz 1 VO Nr. 384/96 Gebrauch gemacht hat, ein Verfahren mit dem Ziel einzuleiten, dass der mit der VO Nr. 1796/1999 eingeführte endgültige Antidumpingzoll auch auf Einfuhren von Stahlseilen aus Ägypten ausgeweitet wird (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 384/96). Weder dem Wortlaut des Art. 25 ZK noch demjenigen des Art. 13 VO Nr. 384/96 lässt sich entnehmen, dass die bloße Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens nach Art. 13 Abs. 3 VO Nr. 384/96 eine Anwendung der allgemeinen Generalklausel des Art. 25 ZK ausschließt. Es mag der Klägerin zwar einzuräumen sein, dass die Einleitung des Verfahrens nach Art. 13 VO Nr. 384/96 den Erlass einer Verordnung der Kommission erfordert (Art. 13 Abs. 3 Satz 2 VO Nr. 384/96) und die Entscheidung über die Ausweitung des eingeführten Antidumpingzolls letztlich durch eine Verordnung des Rates zu erfolgen hat (Art. 13 Abs. 3 Satz 4 VO Nr. 384/96). Ein solches Verfahren ist für die Anwendung des Art. 25 ZK nicht erforderlich. Das bedeutet indessen nicht, dass allein die Verfahrensregelungen des Art. 13 Abs. 3 VO Nr. 384/96 geeignet sind, die Anwendbarkeit der allgemeinen Generalklausel des Art. 25 ZK auszuschließen. Dies würde nämlich dem Sinn und Zweck sowohl des Art. 13 VO Nr. 384/96 als auch des Art. 25 ZK widersprechen, Missbrauch durch Umgehungseinfuhren nach der Einführung eines Antidumpingzolls zu verhindern (Harings in Dorsch, ZK Art. 25 Rdnr. 1; Witte/Prieß, ZK Art. 25 Rdnr. 1). Es kann nicht angenommen werden, dass der Verordnungsgeber, der durch die Schaffung des Art. 13 VO Nr. 384/96 ein weiteres Instrumentarium zur Verfügung stellen wollte, gegen Umgehungseinfuhren gerichtete Maßnahmen ergreifen zu können, einen Rückgriff auf den allgemeinen Umgehungstatbestand des Art. 25 ZK ausschließen wollte. Durch Art. 13 VO Nr. 384/96 soll im Gegenteil gerade die Wirksamkeit eines eingeführten Antidumpingzolls gewährleistet werden (Gericht erster Instanz, Urteil vom 26. September 2000 Rs. T-80/97, Slg. 2000, II-3099 Rdnr. 85).

Anders als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, erfordert die Anwendung des Art. 25 ZK im Streitfall nicht, dass der Senat eine Umgehungsabsicht der Beteiligten feststellt. Die Umgehungsabsicht kann vielmehr nach Art. 25 ZK auf der Grundlage von festgestellten Tatsachen vermutet werden (Witte/Prieß, ZK Art. 25 Rdnr. 4; Harings in Dorsch, ZK Art. 25 Rdnr. 3). Die Vermutung, dass eine Be- oder Verarbeitung nur die Umgehung einer Antidumpingzollbestimmung bezweckt, ist insbesondere gerechtfertigt, wenn ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der einschlägigen Regelung und der Verlagerung der Produktion aus dem Land der Herstellung der Bestandteile in ein anderes Land besteht (EuGH-Urteil in Slg. 1989, I-4253 Rdnr. 28). Dann obliegt dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer der Nachweis, dass die Produktionsvorgänge aus einem sachgerechten Grund und nicht zu dem Zweck, den Folgen der Antidumpingbestimmungen zu entgehen, in dem Land stattgefunden haben, aus dem die Waren ausgeführt worden sind (EuGH-Urteil in Slg. 1989, I-4253 Rdnr. 28).

Der vorläufige Antidumpingzoll auf die Einfuhren von Stahlseilen der hier interessierenden Art mit Ursprung in China wurde erstmals mit der Verordnung (EG) Nr. 362/1999 der Kommission vom 18. Februar 1999 (ABl EG Nr. L 45/8) mit Wirkung ab dem 20. Februar 1999 eingeführt (Art. 4 dieser Verordnung). Der mit der VO Nr. 1796/1999 eingeführte endgültige Antidumpingzoll galt mit Wirkung ab dem 18. August 1999 (Art. 5 VO Nr. 1796/1999). Aus dem Missionsbericht vom 17. Dezember 2004 ergibt sich, dass ausweislich der Comext-Einfuhrstatistiken die Einfuhren von Stahlseilen in die Gemeinschaft, bei denen ein ägyptischer Ursprung angegeben worden war, von 0,6 t im Jahr 1999 auf 608,5 t im Jahr 2000, 1.466 t im Jahr 2001, 1.153 t im Jahr 2002 und 1.167 t im Jahr 2003 angestiegen sind. Diese Feststellungen werden bestätigt durch die differenzierten Comext-Statistiken, die dem unter anderem an das beklagte Hauptzollamt gerichtetem Schreiben des ZKA vom 18. Dezember 2003 beigefügt sind (Bl. 9 ff. des Heftes 3 der Akten des beklagten Hauptzollamts). Daraus lässt sich bezüglich der von der VO Nr. 1796/1999 erfassten Stahlseile der Unterpos. 7312 10 82, 7312 10 84, 7312 10 86, 7312 1088 und 7312 10 99 KN entnehmen, dass die Einfuhren derartiger Waren aus Ägypten in die Gemeinschaft von 0 t im Jahr 1999, auf 203,1 t im Jahr 2000, 900,7 t im Jahr 2001 auf 1.004,7 t im Jahr 2002 angestiegen sind. Nach Überzeugung des Senats rechtfertigen diese sprunghaft nach der Einführung des Antidumpingzolls angestiegenen Mengen von in die Gemeinschaft aus Ägypten eingeführten Stahlseilen die Annahme, dass es sich um eine Verlagerung der Produktion aus China nach Ägypten handelte, die ersichtlich allein dem Zweck der Umgehung der im Jahr 1999 in Kraft getretenen Antidumpingbestimmungen diente. Dabei kommt es letztlich nicht darauf an, wann die A tatsächlich gegründet worden ist. Entscheidend ist vielmehr der erkennbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Inkrafttreten der Antidumpingbestimmungen in der Gemeinschaft und der bereits aus den Einfuhrstatistiken ersichtlichen Verlagerung der Produktion der Stahlseile von China nach Ägypten.

Dieser Zusammenhang ist durch die Vernehmung des Zeugen Y nicht in Frage gestellt, sondern im Gegenteil bestätigt worden. So hat der Zeuge angegeben, das Unternehmen der A sei 2000 gegründet worden. Während ab 1999 weiterhin Litzen direkt aus China in die Gemeinschaft geliefert worden seien, seien Stahlseile ab 1999 nicht mehr nach Europa geliefert worden. Vor 1999 habe auch die Klägerin Seile unmittelbar aus China bezogen. Der Zeuge hat den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Einführung der Antidumpingzollmaßnahme und der von ihm damit eingeräumten Produktionsverlagerung ferner dadurch weiter bekräftigt, dass er ausgesagt hat, auch die Vorgängerfirma der A habe erst ab 1999 Seile hergestellt. Die Lieferungen seien in den Jahren 1999 bis 2004 meist in die Europäische Union gegangen, zum Teil auch an Kunden in Ägypten. Zu den Kunden in Ägypten hat der Zeuge angegeben, dass lediglich ein Kunde neu gewesen sei, bei den anderen Kunden habe es sich um Altkunden gehandelt. Vor seiner Rückkehr nach China im Jahr 2002 habe es keine Lieferungen an andere Kunden gegeben. Aus diesen Bekundungen des Zeugen wird deutlich, dass die Produktionsverlagerung nach Ägypten durch die chinesische Muttergesellschaft offensichtlich nicht zu nennenswerten Verkäufen von Stahlseilen auf dem ägyptischen Markt oder in andere Drittländer geführt hat, so dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass tragender Grund hierfür die Einführung der Antidumpingzollmaßnahme war. Soweit der Zeuge erst auf Befragen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgesagt hat, es habe "auch andere Gründe" als die Einführung des Antidumpingzolls für die Errichtung des Unternehmens in Ägypten gegeben, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn diese Erklärung des Zeugen widerspricht bereits der Eingangs seiner Vernehmung gemachten Bekundung, er könne zum Grund der Errichtung der Fabrik in Ägypten im Jahr 2000 nichts sagen. Überdies ist der später auf Befragen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin von dem Zeugen genannte Grund des angeblichen Aufbaus eines Kundenstamms in Nordafrika und Mittel-/Ost-Europa offensichtlich nicht ernsthaft betrieben worden. Denn der Zeuge hat hierzu ausgesagt, dass die Lieferungen der Stahlseile ab 1999 bis 2004 meist in die Gemeinschaft gegangen seien und nur zum Teil Kunden in Ägypten derartige Waren bezogen hätten. Darunter soll sich indessen nur ein neuer Kunde befunden haben.

Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme bedarf es keines Rückgriffs mehr auf die in dem Inspektionsbericht vom 2. August 2004 festgehaltenen angeblichen Äußerungen des Direktors. Insbesondere muss der Senat nicht mehr der Frage nachgehen, ob das vom beklagten Hauptzollamt vorgelegte Schreiben in englischer Sprache vom 18. April 2007 tatsächlich von dem Direktor unterzeichnet worden ist und ob die darin gemachten Ausführungen glaubhaft erscheinen.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, ein Teil der Stahlseile sei in Ägypten nicht aus Litzen, sondern aus Drähten hergestellt worden, geht der Senat dennoch davon aus, dass die in Rede stehenden von der Klägerin angemeldeten Stahlseile in Ägypten aus Litzen hergestellt worden sind, die aus China eingeführt worden waren. Der Zeuge X hat nämlich in seiner Vernehmung durch den Senat angegeben, aus den Dokumenten habe sich ergeben, dass nur in geringem Umfang Draht aus China eingeführt worden sei, überwiegend seien Litzen eingeführt worden. Dies steht in Einklang mit dem Missionsbericht, aus dem sich ergibt, dass Draht nur für die Herstellung von 12 kleineren nach Spanien gelieferten Stahlseilsendungen verwendet worden sei, um den Durchmesser der Litzen zu vergrößern (Bl. 25 und 27 Band II der Akten des beklagten Hauptzollamts). Unbeschadet dessen würde eine Verwendung von aus China eingeführten Drähten bei der Herstellung der fraglichen Stahlseile an der von Art. 25 ZK angeordneten Rechtsfolge nichts ändern. Denn danach ist die Annahme einer ursprungsbegründenden Be- oder Verarbeitung der aus China eingeführten Litzen und Drähte in Ägypten ausgeschlossen, so dass es bei dem Ursprung der Stahlseile in China verbleiben muss. Soweit die Klägerin im Einspruchsverfahren vorgebracht hat, eine Umgehung i.S. des Art. 25 ZK könne nicht vorliegen, weil sich die VO Nr. 1796/1999 nicht auf Einfuhren von Litzen aus Stahl mit Ursprung in China beziehe, hat sie übersehen, dass es um die Frage der Umgehung der konkreten Antidumpingzollmaßnahme geht. Da sich die VO Nr. 1796/1999 unter anderem auf Einfuhren von Stahlseilen mit Ursprung in China bezieht, kommt es im Rahmen des Art. 25 ZK darauf an, ob die festgestellten Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, dass die durchgeführte Be- oder Verarbeitung nur der Umgehung der Antidumpingbestimmungen für diese Fertigerzeugnisse bezweckt. Dies ist indessen auf der Grundlage der vorliegenden Akten - insbesondere auch unter Berücksichtigung des sichergestellten Schriftverkehrs Bl. 159 ff. GA - und der durchgeführten Beweisaufnahme zu bejahen.

Von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung des Antidumpingzolls war schließlich auch nicht nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK abzusehen. Es liegt kein Irrtum der Zollbehörden vor. Erforderlich ist insoweit ein aktiver Irrtum einer Zollbehörde (BFH-Urteil vom 24. April 2001 VII R 114/99, BFHE 195, 466). Daher liegt kein Irrtum der Zollbehörde vor, wenn diese durch unrichtige Erklärungen zum Ursprung einer Ware, deren Richtigkeit sie nicht zu überprüfen und festzustellen hat, irregeführt worden ist (EuGH-Urteile vom 27. Juni 1991 Rs. C-348/89, Slg. 1991, I-3277 Rdnr. 24; vom 14. November 2002 Rs. C-251/00, Slg. 2002, I-10433 Rdnr. 43). So liegt jedoch der Streitfall. Die Zollbehörden konnten auf Grund der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht erkennen, dass die Angaben zum Ursprung der Stahlseile objektiv unzutreffend waren. Hierzu bedurfte es umfangreicher Feststellungen, die der Senat in dem vorliegenden Verfahren getroffen hat. Dies unterscheidet den Streitfall von dem Sachverhalt, der dem von der Klägerin genannten EuGH-Urteil vom 1. April 1993 Rs. C-250/91 (Slg. 1993, I-1819 Rdnr. 19 f.) zugrunde lag. Die von ihr vorgelegten Schreiben vom 10. Mai und 19. Dezember 2000 sowie vom 12. Januar und 18. Dezember 2001 beziehen sich auf andere Einfuhren und besagen nicht, dass die im Streitfall in Rede stehenden Zollanmeldungen bezüglich des angegebenen nichtpräferenziellen Ursprungs von den Zollbehörden auf Schlüssigkeit hin überprüft worden sind.

Der Senat sieht sich nicht veranlasst, den EuGH gemäß Art. 234 Unterabs. 2 EG um eine Vorabentscheidung zu ersuchen. Es ist offensichtlich, dass die Listenregeln der Europäischen Kommission rechtlich unverbindlich sind. Die weiteren entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind entweder durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt oder bedürfen nach Ansicht des Senats zu ihrer Beantwortung keiner Vorabentscheidung durch den EuGH, weil insoweit keine Zweifel an der zutreffenden Auslegung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts bestehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zugelassen.



Ende der Entscheidung

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