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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Gerichtsbescheid verkündet am 02.03.2007
Aktenzeichen: 4 K 4085/06 VTa
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, BGB, TabStG


Vorschriften:

FGO § 47 Abs. 1
FGO § 56 Abs. 1
AO 1977 § 355 Abs. 1 S. 1
BGB § 187 Abs. 1
BGB § 188 Abs. 2
TabStG § 21 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 4085/06 VTa

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt den Erlass von Tabaksteuer, die dadurch in seiner Person entstanden ist, dass er am vorschriftswidrigen Verbringen von Zigaretten in das Zollgebiet der EU beteiligt war.

Der Kläger führte am 18.12.2001 unter einer Tarnladung mit Autoersatzteilen mit dem von ihm geführten Lkw mit dem litauischen Kennzeichen, aus Litauen kommend, über Bulgarien, Griechenland, Italien, Frankreich und Belgien 310.180 unverzollte Zigaretten in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein. Die Zigaretten waren in besonders dazu hergerichteten doppelten Böden in der Ladefläche und im Dach des Fahrzeugs versteckt.

Der Kläger wurde deshalb mit Urteil des Amtsgerichts M-Stadt vom 14.02.2002, wegen Steuerverkürzung zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Der Beklagte nahm den Kläger wegen des gleichen Vorgangs mit Steuerbescheid vom 23.08.2002 für 29.036,74 EUR Tabaksteuer in Anspruch. Den Steuerbescheid, der dem Kläger durch die litauische Zollverwaltung am 10.02.2003 zugestellt wurde, hat er nicht angefochten.

Am 04.08.2005 beantragte der Kläger beim Beklagten, ihm die Tabaksteuer zu erlassen.

Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 21.09.2005 ab, da der Kläger den Antrag nicht innerhalb der Jahresfrist des Art. 239 der VO (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften - ZK - gestellt habe. Zudem führte er aus, dass der Antrag auch ohne diese Fristversäumnis keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte, weil er eine Forderung betreffe, die Folge einer vorsätzlichen Missachtung von Zollvorschriften sei.

Die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehene Verfügung des Beklagten wurde dem Kläger am 28.02.2006 persönlich durch die litauische Zollverwaltung zugestellt.

Die Verfügung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der u.a. ausgeführt wurde, dass die Frist für die Einlegung des Einspruchs einen Monat beträgt und mit dem Ablauf des Tages, an dem der Bescheid bekanntgegeben wird, beginnt.

Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, der am 11.05.2006 beim Beklagten einging. Das Einspruchschreiben war in einem Brief enthalten, der am 07.05.2006 von der Post in Litauen abgestempelt worden war.

Mit Einspruchsentscheidung vom 26.06.2006 verwarf der Beklagte den Einspruch des Klägers als unzulässig, da der Einspruch nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger am 14.08.2006 durch die litauische Zollverwaltung persönlich zugestellt.

Die Einspruchsentscheidung enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, in der u.a. ausgeführt wurde, dass die Frist für die Erhebung der Klage einen Monat beträgt und mit dem Ablauf des Tages, an dem die Einspruchsentscheidung bekanntgegeben wird, beginnt.

Mit seiner am 10.10.2006 zur Post gegebenen und am 17.10.2006 beim Finanzgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger den Erlass der Tabaksteuer und trägt zur Begründung vor, er habe die ablehnende Verfügung vom 21.09.2005 erst am 04.04.2006 und die Einspruchsentscheidung erst am 13.09.2006 erhalten.

Auch hätten er und seine Frau nur geringe Einkünfte und er sei seinem noch schulpflichtigen Sohn unterhaltspflichtig. Außerdem seien sie vermögenslos. Die Vollstreckung der Abgaben würde ihn und seine Familie ruinieren.

Zudem könne auf Antrag auf die Zollerhebung verzichtet werden, wenn die Waren bei der rechtswidrigen Einfuhr sichergestellt und später beschlagnahmt worden seien. So sei es ihm ergangen, denn bei der Festnahme habe er nicht nur die Zigaretten, sondern auch noch sein Handy, den Lkw und andere Sachen verloren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Beklagten unter Aufhebung seiner Verfügung vom 21.09.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.06.2006 zu verpflichten, ihm die mit Bescheid vom 23.08.2002 festgesetzte Tabaksteuer zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

da der Kläger sowohl verspätet Einspruch als auch verspätet Klage erhoben habe. Seinen Behauptungen späterer Zustellungen stünden mit Mitteilungen der litauischen Zollverwaltung über die tatsächlichen Zustellungen entgegen.

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien gleichfalls nicht ersichtlich.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig.

Die Klage ist erst nach Ablauf der Klagefrist von einem Monat (§ 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) erhoben worden.

Die Klagefrist beginnt mit dem Ablauf des Tages der Zustellung der Einspruchsentscheidung, dem 14.08.2006, und endete mit Ablauf des 15.09.2006 (vgl. § 54 FGO, § 222 der Zivilprozessordnung, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB -). Bis zu diesem Zeitpunkt war aber beim Finanzgericht noch keine Klage des Klägers eingegangen.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Denn Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Einspruchsentscheidung tatsächlich nicht am 14.08.2006 erhalten hat, wie von der litauischen Zollverwaltung in ihrer Zustellungsbescheinigung angegeben, und dass der Kläger die Rechtsbehelfsfrist schuldlos nicht hat einhalten können (vgl. § 56 Abs. 1 FGO), sind weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Insoweit genügt die bloße Behauptung des Klägers nicht, er habe die Einspruchsentscheidung später, und zwar am 13.09.2006 erhalten.

Zudem wies ihn die Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung auf die zutreffende Berechnung der Klagefrist hin, so dass der Kläger wissen konnte, bis wann er hätte Klage erheben müssen, um die Klagefrist zu wahren.

Darüber hinaus wäre seine Klage auch unbegründet, denn er hat gegen die Verfügung des Beklagten vom 29.08.2005, die ihm am 28.02.2006 zugestellt wurde, nicht innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung - AO - Einspruch eingelegt.

Die einmonatige Einspruchsfrist begann gleichfalls mit dem Ablauf des Tages der Zustellung der ablehnenden Verfügung am 28.02.2006, die an diesem Tage nach § 122 Abs. 5 AO und § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes zugestellt worden ist. Damit lief die einmonatige Einspruchsfrist mit dem 31.03.2006 ab, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.

Auch insoweit hat der Kläger keine Umstände vorgetragen, aufgrund derer ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte gewährt werden können, weil er schuldlos die gesetzliche Frist nicht hat einhalten können. Auch in seiner ablehnenden Verfügung vom 21.09.2005 hat der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung die zutreffende Berechnung der Einspruchsfrist erläutert.

Aber auch bei rechtzeitiger Einlegung des Einspruchs und rechtzeitiger Klageerhebung hätte der Erlassantrag des Klägers keine Aussicht auf Erfolg.

Ein Erlass der Tabaksteuer aus Rechtsgründen nach Art. 236 Abs. 1 ZK in Verbindung mit § 21 S. 1 des Tabaksteuergesetzes - TabStG - ist nicht möglich.

Wenn auch unter bestimmten Voraussetzungen der Zoll nach Art. 233 Buchst. b ZK im Fall der Einziehung erlöschen kann, gilt dies nicht für die Tabaksteuer. Hinsichtlich der Tabaksteuer bestimmt § 21 S. 1 TabStG bei einer Einfuhr - auch im Wege des Schmuggels - zwar die entsprechende Anwendung der Zollvorschriften, nimmt hiervon aber ausdrücklich das Erlöschen der Steuer aus, wenn der Zoll wie im Streitfall nur durch Einziehung erlischt.

Ein Erlass aus besonderen Gründen nach Art. 239 ZK in Verbindung mit § 21 S. 1 TabStG scheidet im Streitfall schon deshalb aus, weil der Kläger mit betrügerischer Absicht gehandelt hat. Hinsichtlich der Tabaksteuer, deren Erlass er begehrt, ist der Kläger nämlich wegen Steuerverkürzung verurteilt worden.

Diese Verurteilung stünde auch einem Erlass der Tabaksteuer nach § 21 S. 2 TabStG in Verbindung mit § 227 AO für in der Person des Klägers liegende Gründe wie seine Vermögenslosigkeit entgegen. Die Entscheidung über den Erlass, der im Ermessen des Beklagten liegt, ließe bei einer Ablehnung keine fehlerhafte Ermessensausübung durch den Beklagten erkennen, da der Kläger erlassunwürdig wäre. Denn mit seiner vorsätzlich begangenen Steuerverkürzung hat er gerade die Entstehung der Abgaben bewirkt, von denen er durch den begehrten Erlass befreit werden will.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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