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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: 4 K 4511/06 VTa
Rechtsgebiete: TabStG, AO, RL 95/59


Vorschriften:

TabStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
TabStG § 12 Abs. 2 S. 1
AO § 167 Abs. 1 S. 1
AO § 167 Abs. 1 S. 2
RL 95/59 Art. 3 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

4 K 4511/06 VTa

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Klägerin stellte bis Mitte des Jahres 2006 unter den Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" sogenannte filterlose "ECO-Zigarillos" her. Hierbei handelte es sich um Tabakstränge mit einem Deckblatt und einem Umblatt aus rekonstituiertem Tabak sowie einer Einlage aus geschnittenem Tabak, der eine Schnittbreite von 2,3 mm aufwies. Das Deckblatt war schraubenförmig mit einem spitzen Winkel zur Längsseite des Tabakstrangs von mindestens 30° aufgelegt. Das Stückgewicht der Tabakstränge betrug etwa 0,9 Gramm. In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 2. Juni 2006 vertrat das beklagte Hauptzollamt die Auffassung, dass die "ECO-Zigarillos" auf Grund ihrer Aufmachung dazu geeignet seien, in am Markt erhältliche handelsübliche Zigarettenpapierhülsen geschoben zu werden. Die Produkte müssten unter Berücksichtigung der jüngsten Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 10. November 2005 in der Rechtssache C-197/04 (Slg. 2005, I-9739) begrifflich als Zigaretten eingeordnet werden, so dass für sie keine Zigarrensteuerzeichen mehr ausgegeben werden dürften.

Die Klägerin bestellte mit Steueranmeldung vom 1. August 2006 Bogen Steuerzeichen für Zigarren zu einem Preis von 1,85 EUR für 30 Stück je Packung. In einem Begleitschreiben teilte sie mit, die bestellten Steuerzeichen seien für die Produktion von "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" ab dem 1. August 2006 bestimmt.

Das beklagte Hauptzollamt setzte mit Bescheid vom 11. August 2006 gegen die Klägerin 0 EUR Tabaksteuer fest und lehnte eine Auslieferung der bestellten Steuerzeichen ab. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Produkte "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" steuerlich als Zigaretten anzusehen seien und deshalb für sie keine Zigarrensteuerzeichen mehr ausgeliefert würden.

Gegen diesen Steuerbescheid legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie geltend machte: § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Tabaksteuergesetzes (TabStG) sei nicht auf die von ihr hergestellten "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" anzuwenden. Es handele sich um Zigarillos i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TabStG, bei denen eine produktspezifische Eignung zur Verwendung als Zigaretten nicht vorliege.

Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 18. Oktober 2006 zurück und führte aus: Die von der Klägerin hergestellten "ECO-Zigarillos" erfüllten keinen der Tatbestände des Art. 3 der Richtlinie 95/59/EG (Richtlinie 95/59) des Rates vom 27. November 1995 über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer (ABl EG Nr. L 291/40). Tabakstränge, die sich als solche nach einem einfachen Vorgang nichtindustrieller Art zum Rauchen eigneten und in eine Zigarettenpapierhülse geschoben würden, seien nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Richtlinie 95/59 als Zigaretten anzusehen. Dementsprechend erfasse § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG alle Tabakstränge, die in Zigarettenpapierhülsen geschoben werden sollten, ohne dass dabei auf eine vorherige Eignung zum Rauchen abgestellt werde.

Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor: Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TabStG handele es sich bei den von ihr hergestellten Tabakwaren der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" um Zigarillos. Art. 3 der Richtlinie 95/59 stehe dem nicht entgegen, weil die Änderung dieser Bestimmung durch Art. 3 der Richtlinie 2002/10/EG (Richtlinie 2002/10) des Rates vom 12. Februar 2002 (ABl EG Nr. L 46/26) für die Bundesrepublik Deutschland erst ab dem 1. Januar 2008 unmittelbare Wirkung entfalte. Aus dem EuGH-Urteil in Slg. 2005, I-9739 ergebe sich nur, dass es sich bei den Tabaksträngen i.S. des Art. 4 der Richtlinie 95/59 um Produkte handele, die - ohne Zigarren oder Zigarillos zu sein - entweder Zigaretten oder Rauchtabak seien. Die vom beklagten Hauptzollamt vertretene Auffassung würde dazu führen, dass jede Tabakware mit einem Durchmesser von weniger oder gleich 0,8 cm geeignet wäre, in eine Zigarettenpapierhülse geschoben zu werden und daher auch klassische Zigarillos als Zigaretten anzusehen seien. Die fraglichen Produkte seien jedoch nicht dazu bestimmt, in eine Zigarettenpapierhülse geschoben zu werden. Sie würden als solche unmittelbar zum Rauchen in den Verkehr gebracht. Anders als bei den Produkten ihrer Wettbewerber, wie z.B. den Tabakwaren der Marke "C", ergebe sich aus den Angaben auf der Packung der von ihr hergestellten Tabakwaren nicht, dass die Tabakstränge in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden sollten. Derartiges ergebe sich auch nicht aus der Bezeichnung der in Rede stehenden Produkte als "Rolls".

Die Klägerin beantragt,

das beklagte Hauptzollamt unter Aufhebung seines ablehnenden Bescheids vom 11. August 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2006 zu verpflichten, an sie 100 Bogen Zigarrensteuerzeichen der Preisklasse 1,85 EUR für 30 Stück "ECO-Zigarillos" der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" auszuliefern und die Tabaksteuer hierfür auf 3.582 EUR festzusetzen;

hilfsweise festzustellen, dass "ECO-Zigarillos" der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" bis zum 31. Dezember 2007 gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TabStG als Zigarillos und nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG als Zigaretten einzustufen sind.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: Durch die in der Richtlinie 95/59 und im TabStG vorgesehenen Begriffsbestimmungen solle gewährleistet werden, dass jedes Produkt nach seiner Belastungsfähigkeit einer Besteuerung unterzogen werde. Nur solange eine Tabakware nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Hauptsteuerträgers Zigarette besitze, bestehe ein Grund, sie niedriger zu besteuern. Obwohl der Bundesrepublik Deutschland für die Umsetzung des Art. 3 Nr. 3 und 4 der Richtlinie 95/59 in der Fassung des Art. 3 der Richtlinie 2002/10 eine Frist bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumt worden sei, könnten die neuen Begriffsbestimmungen bei der Beurteilung anderer Produkte berücksichtigt werden. Es widerspreche dem Sinn und Zweck der Übergangsfrist, dass die Klägerin neue Produkte am Markt eingeführt habe, die es zur Zeit der Festlegung der Frist noch nicht gegeben habe. Auf Grund der Beschaffenheit, des sehr niedrigen Preises sowie der Art und Weise, wie die Produkte der Klägerin als Alternativwaren am Markt angeboten würden, sei es folgerichtig, sie als Zigaretten i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG zu behandeln. Insoweit komme es nicht darauf an, ob die Tabakwaren unmittelbar zum Rauchen geeignet seien und nicht Zigarren oder Zigarillos seien.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist mit dem von der Klägerin gestellten Hauptantrag als Verpflichtungsklage nach § 40 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig. Regelmäßig erfolgt die Festsetzung einer von einer Steueranmeldung abweichenden Steuerzeichenschuld gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 TabStG i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung (AO) durch die Festsetzung der nach Ansicht der Behörde geschuldeten Steuerzeichenschuld. Diese Festsetzung kann der Anmelder dann mit einer Anfechtungsklage ( § 40 Abs. 1 FGO) anfechten ( Bundesfinanzhof - BFH-, Urteil vom 14. November 1995 VII R 22/95, BFHE 178, 500). Versagt - wie im Streitfall - die Behörde die Zustimmung zu einer von dem Anmelder eingereichten Steueranmeldung, muss für diesen die Rechtsschutzmöglichkeit bestehen, sein Begehren auf Festsetzung der seiner Meinung nach geschuldeten Steuerzeichenschuld auch mit einer Verpflichtungsklage zu verfolgen (Heuermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO § 168 Rdnr. 22; Cöster in Pahlke/Koenig, AO § 168 Rdnr. 28).

Die Klägerin hat auch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung über ihr Verpflichtungsbegehren, obwohl sie in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat, die Produktion der in Rede stehenden Tabakwaren mittlerweile eingestellt und ihre Maschinen auf den neuen Bedarf ihrer Kunden umgestellt zu haben. Als Adressatin der sie betreffenden ablehnenden Entscheidung des beklagten Hauptzollamts kann ihr jedenfalls solange nicht das für die Verfolgung ihres Verpflichtungsantrags erforderliche Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen werden, solange sie theoretisch die von ihr begehrten Steuerzeichen noch verwenden kann. Das kann indessen noch bis zum Ende diesen Jahres geschehen, falls die Klägerin ihre Produktionsmaschinen wieder umstellen würde.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid vom 11. August 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2006 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten ( § 101 Satz 1 FGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Auslieferung von Steuerzeichen für Zigarren für die von ihr bis Mitte des Jahres 2006 hergestellten "ECO-Zigarillos" der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos".

Bei den von der Klägerin hergestellten Tabakwaren der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" handelt es sich allerdings nicht um Zigaretten i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG in der Fassung des am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 1 Buchst. b des Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen vom 9. Dezember 2006 (BGBl I, 2830). Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, erfüllen die fraglichen Tabakwaren mit einem Stückgewicht von etwa 0,9 Gramm die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TabStG, das insoweit noch in der Fassung der Verordnung vom 10. Juli 2006 (BGBl I, 1473) anzuwenden ist ( Art. 4 Abs. 2 des Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen). Nach der von der Klägerin vorgelegten Produktbeschreibung (Bl. 60 der Gerichtsakte) sind insbesondere mindestens 60 v.H. des Gewichts der Tabakteile länger und breiter als 1,75 mm. Die in Rede stehenden Tabakwaren können daher nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 TabStG als Zigaretten angesehen werden. Auch § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG kann im Streifall nicht angewendet werden, weil nicht festgestellt werden kann, dass die fraglichen Tabakstränge durch einen einfachen nichtindustriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben werden.

Im Gegensatz zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG in der Fassung der Verordnung vom 10. Juli 2006 (BGBl I, 1473), nach der Zigaretten auch Tabakstränge waren, die "dazu bestimmt" waren, durch einen einfachen nichtindustriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse geschoben zu werden, erfordert die Neufassung dieser Bestimmung durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. b des Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen - in Übereinstimmung mit Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Richtlinie 95/59 - nur noch, dass die Tabakstränge durch einen einfachen nichtindustriellen Vorgang in eine Zigarettenpapierhülse "geschoben werden". Der Gesetzgeber hatte hinsichtlich dieser Neufassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG die Erwartung, dass die Einordnung von Tabaksträngen als Zigaretten zukünftig nicht mehr von deren Bestimmung, sondern von der objektiven Geeignetheit als solche verwendet zu werden, abhängig sei (Bundestags-Drucksache 16, 2951, Seite 9). Es ist bereits fraglich, ob im Wortlaut der Neufassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG diese Intention des Gesetzgebers hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Denn die Neufassung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG gibt lediglich den Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen Richtlinie 95/59 nunmehr zutreffend wieder. Eine von dieser Richtlinienbestimmung abweichende Regelung durfte der deutsche Gesetzgeber nicht treffen ( Art. 249 Unterabs. 3 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG -). Der BFH hat überdies in seinem Urteil in BFHE 178, 500 zu § 2 Abs. 2 Satz 2 TabStG in der Fassung des Art. 1 des Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2150), der § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 3 TabStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 Buchst. b des Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen im Wesentlichen entspricht, bereits entschieden, dass die Wendung "geschoben ... werden" als Kurzfassung für eine beschaffenheitsmäßig gegebene Eignung und Bestimmung zu der beschriebenen Behandlung stehe. Geht man hiervon aus, kann im Streitfall nicht festgestellt werden, dass die in Rede stehenden Tabakstränge, die sich bereits in einem Deckblatt und einem Umblatt aus rekonstituiertem Tabak befinden, dazu bestimmt sind, nochmals in eine Zigarettenpapierhülse geschoben zu werden. Die dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-197/04 (Slg. 2005, I-9739) zugrunde liegenden Tabakstränge befanden sich in einer Aluminiumverpackung, die in eine Zigarettenpapierhülse eingeführt werden musste (Rdnr. 30 f. des vorgenannten EuGH-Urteils). Demgegenüber weisen die dem Senat vorliegenden und als "ECO-Zigarillos" bezeichneten Tabakstränge keine derartige Verpackung auf, sondern sind auf Grund des Deckblatts und des Umblatts aus rekonstituiertem Tabak unmittelbar zum Rauchen geeignet, ohne dass es noch eines Einschiebens in eine Zigarettenpapierhülse bedarf. Die vom beklagten Hauptzollamt in seinem Schreiben vom 2. Juni 2006 genannte Aufmachung der von der Klägerin hergestellten "ECO-Zigarillos" weist auch nicht auf die Bestimmung zum Einscheiben in eine Zigarettenpapierhülse hin, wie dies in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG beschrieben wird. Die Klägerin hat ihre Produkte - im Gegensatz zu dem vom beklagten Hauptzollamt bezeichneten Konkurrenzprodukt "C-Sticks" (Bl. 76 der Gerichtsakte) - als "Rolls" bezeichnet, was allein eine Bestimmung der Tabakstränge zum Einschieben in eine Zigarettenpapierhülse nicht nahelegt. Anders als das vom beklagten Hauptzollamt genannte Konkurrenzprodukt "C-Sticks" (Bl. 76 der Gerichtsakte) fehlen auf der Packung der von der Klägerin hergestellten "ECO-Zigarillos" zudem Hinweise auf den in § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG beschriebenen Vorgang. Der warenbezogene Tatbestand des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG wird nicht allein dadurch erfüllt, dass Produkte anderer Hersteller so aufmacht sind, dass eine Bestimmung zum Einschieben in eine Zigarettenpapierhülse unmittelbar erkennbar ist.

Obgleich es sich demnach bei den von der Klägerin hergestellten "ECO-Zigarillos" der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" um Zigarillos i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TabStG in der Fassung der Verordnung vom 10. Juli 2006 (BGBl I, 1473) und nicht um Zigaretten i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen handelt, hat sie dennoch keinen Anspruch mehr auf die Auslieferung von Steuerzeichen für Zigarillos. Einer Auslieferung derartiger Steuerzeichen für die "ECO-Zigarillos" mit einem Stückgewicht von etwa 0,9 Gramm steht Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie 95/59 entgegen. Diese Bestimmung erfordert für die Annahme von Zigarren oder Zigarillos ein Stückgewicht ohne Filter und ohne Mundstück von mindestens 1,2 Gramm.

Der Bundesrepublik Deutschland wurde zwar gemäß Art. 4 Abs. 2 Anstrich 1 der Richtlinie 2002/10 eine Übergangsfrist für die Umsetzung der Neuregelung des Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie 95/59 bis zum 1. Januar 2008 eingeräumt, um "den heimischen Wirtschaftsbeteiligten einen ausreichenden Zeitraum für die Umstellung zu ermöglichen" (Bundestags-Drucksache 16/2951, Seite 9). Die Richtlinie 2002/10 ist nach ihrem Art. 5 jedoch am 8. März 2002 in Kraft getreten und damit seitdem für alle Mitgliedstaaten verbindlich (Art. 249 Unterabs. 3 EG). Anders als die Klägerin offenbar meint, entfaltet eine Richtlinie auch für einen Mitgliedstaat, dem eine Übergangsfrist eingeräumt worden ist, bereits vom Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an Rechtswirkungen ( EuGH-Urteil vom 18. Dezember 1997 Rs. C-129/96, Slg. 1997, I-7411 Rdnr. 41). Ein Mitgliedstaat, der ausnahmsweise in den Genuss einer längeren Umsetzungsfrist gekommen ist, hat deshalb schrittweise konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel beim Ablaufen der Frist erreicht wird. Dieser Verpflichtung würde nicht entsprochen, wenn es einem Mitgliedstaat gestattet wäre, während der Frist für die Umsetzung einer Richtlinie Maßnahmen zu ergreifen, die mit deren Zielen unvereinbar sind (EuGH-Urteil in Slg. 1997, I-7411 Rdnr. 44 f.; EuGH-Urteil vom 22. November 2005 Rs. C-144/04, Slg. 2005, I-9981 Rdnr. 72). Die Pflicht eines Mitgliedstaats, alle zur Erreichung des durch eine Richtlinie vorgeschriebenen Ziels erforderlichen Maßnahmen zu treffen, obliegt allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten einschließlich der Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (EuGH-Urteil in Slg. 1997, I-7411 Rdnr. 40).

Der Senat sieht sich in Anwendung der vom EuGH entwickelten Grundsätze nicht mehr für befugt an, das beklagte Hauptzollamt zu verpflichten, der Klägerin die von ihr begehrten Steuerzeichen für Zigarillos auszuliefern. Bei einer antragsgemäßen Verpflichtung des beklagten Hauptzollamts zur Auslieferung der Steuerzeichen könnte nicht mehr sichergestellt werden, dass das von Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie 95/59 vorgeschriebene Ziel beim Auslaufen der der Bundesrepublik Deutschland eingeräumten Umsetzungsfrist am 1. Januar 2008 erreicht wird. Denn die Klägerin könnte die Steuerzeichen noch zum Vertrieb von Tabakwaren nach dem 31. Dezember 2007 verwenden, die gemäß Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie 95/59 nicht mehr als Zigarillos angesehen werden können. Die mit diesen Steuerzeichen versehenen Tabakwaren könnte sie im Anschluss an die Entfernung aus dem Steuerlager und damit nach der Entstehung der Tabaksteuer ( § 11 Abs. 1 Satz 1 TabStG) noch nach dem 31. Dezember 2007 auf dem Markt absetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das vorliegende Urteil des Senats bei einer dem Verpflichtungsantrag der Klägerin stattgebenden Entscheidung nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden könnte ( § 151 Abs. 3 FGO) und nach dem Eintritt der Rechtskraft die Frist des § 14 Abs. 4 der Verordnung zur Durchführung des Tabaksteuergesetzes nicht mehr eingehalten werden könnte.

Der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag ist unzulässig. Nach § 41 Abs. 1 FGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Für die Annahme eines Feststellungsinteresses genügt zwar auch ein schützenswertes ideelles oder wirtschaftliches Interesse zur Beseitigung von Unklarheiten hinsichtlich einer Rechtslage (Gräber/von Groll, FGO, 6. Aufl., § 41 Rdnr. 29). Die von der Klägerin begehrte Klärung der Frage, ob es sich bei den von ihr hergestellten Tabakwaren der Marken "ECO-A-Zigarillos" und "ECO-B-Zigarillos" mit einem Stückgewicht von etwa 0,9 Gramm um Zigarillos i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 TabStG in der Fassung der Verordnung vom 10. Juli 2006 (BGBl I, 1473) und nicht um Zigaretten i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 TabStG in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 Buchst. b des Dritten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen handelt, ist indessen bereits durch die Entscheidung des Senats über ihren Verpflichtungsantrag herbeigeführt worden. Ein darüber hinausgehendes Feststellungsinteresse, etwa im Hinblick auf eine konkret beabsichtigte Amtshaftungsklage, hat die Klägerin nicht dargelegt. Daher ist ihr Hilfsantrag letztlich auch nach § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO unzulässig. Die Klärung der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage ist im Rahmen der Entscheidung über den Verpflichtungsantrag zu verfolgen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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