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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.02.2005
Aktenzeichen: 4 K 959/01 Erb
Rechtsgebiete: ErbStG, BewG


Vorschriften:

ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
ErbStG § 12 Abs. 1
ErbStG § 12 Abs. 2
BewG § 9 Abs. 2 Satz 1
BewG § 9 Abs. 2 Satz 2
BewG § 9 Abs. 2 Satz 3
BewG § 11 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Der Kläger wird vom beklagten Finanzamt - FA - auf Zahlung von Schenkungsteuer - SchenkSt - in Anspruch genommen. Streitig ist, ob der Erwerb von GmbH-Anteilen durch den Kläger von seinem Onkel Schenkungsteuer ausgelöst hat.

Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Jahr 1978 gründeten der Vater des Klägers,...(J), und dessen Bruder, der Zeuge A, das Unternehmen J. & Co. GmbH Bauunternehmung, an dem die Brüder zunächst mit einer Stammeinlage von je 10.000 DM beteiligt waren; die Einlage wurde in der Folgezeit auf je 25.000 DM erhöht. Geschäftsführer der GmbH waren die beiden Brüder, wobei der Vater des Klägers für den technischen Teil und der Zeuge A für den kaufmännischen Teil zuständig war.

Der Gesellschaftsvertrag sah vor, dass die Veräußerung von Geschäftsanteilen oder von Teilen von Geschäftsanteilen an andere Personen als Gesellschafter an die Zustimmung aller Gesellschafter gebunden war.

Nach Abschluss der Ausbildung des Klägers als Diplom-Ingenieur und Architekt und Eintritt in die Firma als Arbeitnehmer im Jahr 1988 übertrug der Vater ihm Stammeinlagen im Nennwert von 15.000 DM.

Nach dem unerwarteten Tod des Vaters im Jahr 1992 gingen die ihm verbliebenen restlichen Anteile im Nennwert von 10.000 DM im Rahmen der Erbfolge je hälftig auf den Kläger und seine Mutter über. Der Kläger übernahm anstelle seines Vaters die (Mit-) Geschäftsführung der GmbH, wobei er für die technischen und handwerklichen Belange zuständig war.

Im Mai 1993 wurde bei dem Onkel des Klägers, dem Zeugen A, ein Krebsleiden festgestellt, das zunächst für inoperabel und unheilbar gehalten wurde.

Da die branchenunkundigen Erben des Onkels A kein Interesse hatten, seine Gesellschafterstellung einzunehmen, kam es am 24. November 1993 zur Übertragung eines GmbH-Anteils im Nennwert von 2.500 DM durch den Onkel des Klägers auf diesen zum Preis von 50.000 DM.

Zu dieser Zeit hatte der Onkel bereits zwei leitende Angestellte des Unternehmens mit je 2.500 DM (nominell) beteiligt.

Durch mehrfache Operationen und chemotherapeutische Behandlung im Jahr 1994 wurde das Krebsleiden von A zumindest aufgehalten. Es wurde eine Erwerbsminderung von 90 v. H. festgestellt. Es stand fest, dass er seine Tätigkeit nicht weiter ausüben konnte.

Am 21. Dezember 1994 übertrug der Onkel dem Kläger seine verbliebenen GmbH-Anteile von nominell 17.500 DM zum Preis von 500.000 DM.

Zu diesem Zeitpunkt lag ein Feststellungsbescheid vom 22. November 1993 zur Anteilsbewertung vor, mit dem der gemeine Wert der GmbH-Anteile auf den 31. Dezember 1993 mit 3.715 DM je 100 DM Anteil festgestellt worden war; dieser Wert wurde in der Folgezeit mit Feststellungsbescheid vom 01. Dezember 1995 auf 3.829 DM geändert.

Mit Feststellungsbescheid vom 02. Mai 1996 erfolgte die Feststellung des Anteilswerts auf den 31. Dezember 1994 mit 4.179 DM, was mit weiteren Feststellungsbescheiden vom 09. Mai 1996 und vom 22. Mai 1996 auf 4.145 DM geändert wurde.

Die Anteilsbewertungen auf den 31. Dezember 1993 und auf den 31. Dezember 1994 wurden bestandskräftig.

Nachdem zu den Übertragungsvorgängen entsprechende Kontrollmitteilungen eingegangen waren, wurde der Kläger vergeblich zur Abgabe von Schenkungsteuererklärungen aufgefordert. Der Kläger wandte insofern im wesentlichen ein, es habe sich um entgeltliche Übertragungen gehandelt; ein schenkungsteuerlicher Sachverhalt liege nicht vor. Bei der Übertragung der Gesellschaftsanteile sei der Kaufpreis nach dem damaligen Erkenntnisstand marktgerecht ermittelt worden. Hierbei seien die Krebserkrankung des Onkels und deren Folgen sowie die Umstände, dass seine branchenunkundigen gesetzlichen Erben kein Interesse daran gehabt hätten, seine Gesellschafterstellung einzunehmen, und die Veräußerung an fremde Dritte der Genehmigung aller Gesellschafter bedurft hätte, ebenso zutreffend berücksichtigt worden wie die ungewisse Zukunft der Gesellschaft angesichts des Wegfalls des zweiten Leistungsträgers, der fehlenden Erfahrung des Klägers und der rezessiven Phase der Baubranche. Eine Bewertung nach steuerlichen Grundsätzen sei zum Zeitpunkt der Übertragung weder möglich noch sinnvoll gewesen.

Das beklagte FA ging in beiden Übertragungsfällen von einem Missverhältnis zwischen dem Wert der Anteile, den es mangels konkreter Angaben der Klägerseite den entsprechenden Feststellungsbescheiden zur Anteilsbewertung entnahm, und den gezahlten Kaufpreisen aus, nahm insoweit gemischte Schenkungen an und setzte im Schätzungswege mit Bescheiden vom 21. Januar 2000 für beide Vorgänge Schenkungsteuer wie folgt fest:

 Erwerb vom 24. November 1993:
Wert des Erwerbs
Steuerwert der gemischten Schenkung
Anteil x gemeiner Wert
100
2.500 x 3.715 DM92.875 DM
100
./. Gegenleistung50.000 DM
Steuerwert der Bereicherung42.875 DM
Freibetrag10.000 DM
abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb32.800 DM
Steuerklasse III 11% = SchenkSt3.608 DM
Erwerb vom 21. Dezember 1994
Wert des Erwerbs
Steuerwert der gemischten Schenkung
Anteil x gemeiner Wert
100
17.500 x 4.145 DM725.375 DM
100
./. Gegenleistung500.000 DM
Steuerwert der Bereicherung225.375 DM
zuzüglich Vorschenkungen42.875 DM
abzüglich Freibetrag10.000 DM
abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb258.200 DM
Steuerklasse III 20,95% (abw. Berechnung) =54.100 DM
Anrechnungsbetrag für Vorschenkung 3.608 DM
SchenkSt50.492 DM

In der Erläuterung zu beiden Bescheiden ist ausgeführt:

Es handele sich um teilentgeltliche Übertragungen.

Objektiv erkennbar sei, dass ein deutlicher Unterschied zwischen dem Kaufpreis von 50.000 DM bzw. 500.000 DM und den gemeinen Werten zum 31. Dezember 1993 von 92.875 DM bzw. 31. Dezember 1994 von 725.375 DM bestehe, wobei der gemeine Wert dem Verkehrswert sicherlich nahe komme.

Da sich der zusätzlich erforderliche subjektive Tatbestand des Bereicherungswillens als innere Tatsache der unmittelbaren Feststellung entziehe, komme in diesem Zusammenhang einem deutlichen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonderes Gewicht zu. Sei das Missverhältnis auffallend, so sei davon auszugehen, dass auch den Zuwendungsbeteiligten der Wertunterschied bekannt und bewusst gewesen sei. Der genaue Wertunterschied müsse den Beteiligten dabei nicht bekannt sein.

Eine Wertermittlung sei bisher leider nicht vorgelegt worden. ...

Mangels anderer Angaben verbleibe nur der gemeine Wert als Anhaltspunkt für eine Bewertung.

Der Einspruch des Klägers gegen diese Bescheide blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage macht der Kläger geltend:

Eine Bereicherung des Klägers liege objektiv und subjektiv nicht vor.

Der nach den Grundsätzen des sog. Stuttgarter Verfahrens ermittelte Wert sei im vorliegenden Fall aufgrund der die Übertragung auslösenden besonderen Umstände nicht geeignet, den tatsächlichen Wertvorstellungen der Vertragsparteien zum Zeitpunkt der Veräußerung Rechnung zu tragen. Die nach diesem Verfahren vergangenheitsbezogenen Erträge müssten dann unberücksichtigt bleiben, wenn nach den Erkenntnissen am Stichtag davon auszugehen sei, dass diese Erträge künftig nicht mehr erzielt werden könnten. Unter diesen Voraussetzungen sei der Kaufpreis zwischen den Vertragsbeteiligten im vorliegenden Fall ermittelt worden. In diesem Zusammenhang spielten die tatsächlichen Verhältnisse, die den Anlass für die Anteilsübertragung gebildet hätten, eine entscheidende Rolle.

Da dem Onkel A nach Ansicht der behandelnden Ärzte aufgrund der Krebserkrankung nur geringfügige Überlebenschancen verblieben seien, habe nach dem plötzlichen Tod des Mitgesellschafters J nunmehr auch der Wegfall des zweiten Leistungsträgers der Gesellschaft gedroht, so dass schon aufgrund dieser Situation die Zukunft der Gesellschaft völlig ungewiss gewesen sei. Da der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich im technischen Bereich gearbeitet und die Organstellung eines Geschäftsführers erst kurze Zeit ausgeübt gehabt habe, habe ihm das Know how der langjährigen Tätigkeit seines Vaters gefehlt, der sich in erster Linie um den Vertrieb der Gesellschaft gekümmert gehabt habe [bislang anders dargestellt: Onkel A habe den kaufmännischen Teil abgedeckt]. Aufgrund der lebensbedrohenden Krankheit des Onkels habe der Kläger ein gesteigertes Interesse daran gehabt, zumindest die Stimmenmehrheit für den Stamm seiner Familie zu sichern. Dies sei die Grundüberlegung für den Erwerb von Anteilen im Nennwert von 2.500 DM im Dezember 1993 gewesen. Nach diesem Erwerb habe der Stamm der Familie J über 55 Stimmen verfügen können. Das Rechtsgeschäft sei in der Weise zustande gekommen, dass der Kläger seinen todkranken Onkel gebeten habe, ihm Anteile in der o. a. Höhe zu verkaufen. Der Onkel habe sich grundsätzlich dazu bereit erklärt und seinen Neffen aufgefordert, ein Angebot zu unterbreiten. Das Gebot habe sich auf 50.000 DM belaufen, sei in dieser Höhe vom Veräußerer angenommen worden und habe letztlich auch Niederschlag im Kaufvertrag vom 24.11.1993 gefunden.

In Anbetracht der geschilderten Umstände hätten die Beteiligten darauf verzichtet, eine förmliche Bewertung der Anteile durch Dritte vornehmen zu lassen, was im vorliegenden Fall nur unnötige Kosten verursacht, Zeit gekostet und auch keinen Sinn gemacht haben würde, da die Zukunft der Gesellschaft völlig ungewiss gewesen sei und keine geeigneten Prognosen für die Erträge der Zukunft hätten abgegeben werden können. Der Kaufpreis sei aufgrund der eigenen Einschätzung unter Berücksichtigung des damaligen Erkenntnisstandes von den Vertragsbeteiligten durch Angebot und Annahme festgelegt worden.

Der Kläger legt in diesem Zusammenhang verschiedene Methoden der Wertermittlung dar.

Auch nach Stillstand der Erkrankung und Eintritt der Erwerbsminderung habe A in der ständigen Angst gelebt, dass das Krebsleiden wieder ausbrechen könnte. Da festgestanden habe, dass er seine Tätigkeit nicht mehr weiter habe ausüben können, habe er sich entschlossen, auch die restlichen Anteile seinem Neffen, dem Kläger, anzudienen, zumal seine drei Kinder und seine Ehefrau kein Interesse gehabt hätten, die Gesellschaftsanteile zu übernehmen, und der Stamm J einer Veräußerung der Anteile [an Dritte] nicht zugestimmt hätte.

Der im Kaufvertrag vom 21.12.1994 vereinbarte Kaufpreis von 500.000 DM sei unter den gleichen Umständen zustande gekommen. Die Baubranche, in der die Gesellschaft tätig sei, habe sich zum damaligen Zeitpunkt allgemein in einer rezessiven Phase befunden. Dies und die Ungewissheit, ob der Kläger allein in der Lage sein würde, die Geschicke der Gesellschaft in der Form fortzuführen, wie es in der Vergangenheit sein Onkel und sein Vater gemeinsam getan hätten, sei für die Beteiligten ein wesentlicher Punkt gewesen, den Kaufpreis unabhängig von einer Unternehmensbewertung festzulegen, zumal der Substanzwert der Gesellschaft von untergeordneter Rolle gewesen sei und somit allein die in der Zukunft erzielbaren Gewinne eine Bewertungsgrundlage dargestellt hätten. Da diese nicht quantifizierbar gewesen seien, seien die Kaufverträge - wie kaufmännisch üblich - durch Angebot und Annahme zustande gekommen.

Beweis: Zeugnis A

Im Zeitpunkt der Übertragung sei den Beteiligten einfach keine Zeit mehr geblieben für eine förmliche Bewertung.

Wesentliches Moment des Bereicherungswillens sei das Bewusstsein der Unentgeltlichkeit, also der Unabhängigkeit der Zuwendung von einer Gegenleistung oder der fehlenden Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Für die Wertvorstellungen komme es in diesem Zusammenhang nicht auf die steuerlichen Bewertungsvorschriften, sondern auf die bürgerlichrechtlichen Bewertungsgrundsätze an. Selbst bei einem Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehle im Einzelfall ein Bereicherungswille, wenn der Zuwendende glaube, dass er für seine Leistung eine angemessene Gegenleistung erhalte.

Der ursprüngliche Vortrag, es sei Festsetzungsverjährung eingetreten, werde nicht mehr aufrechterhalten.

Der Kläger beantragt,

die Schenkungsteuerbescheide vom 21. Januar 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05. Februar 2001 aufzuheben;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bringt vor:

Leistung und Gegenleistung hätten sich nicht ausgewogen gegenüber gestanden, daher habe ein schenkungsteuerlich zu beachtender Vorgang vorgelegen. Die Vermutung, dass Leistung und Gegenleistung in einem Missverhältnis zueinander gestanden hätten, sei vom Kläger nicht widerlegt worden. Angesichts der konkreten Kaufpreise und der gemeinen Werte der Anteile könne nicht von Ausgewogenheit gesprochen werden.

Nach der gesetzlichen Vorgabe sei der gemeine Wert nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften, soweit er nicht aus Verkäufen abgeleitet werden könne, unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen (§ 12 Abs. 2 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes - ErbStG -, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -). Die Regelbesteuerung erfolge daher anhand des Stuttgarter Verfahrens (R 97 ff. der Erbschaftsteuer-Richtlinien - ErbStR -).

Dabei sei stets auf die zurückliegenden Jahre abzustellen; tatsächlich erzielte Gewinne der Folgejahre seien für die Bewertung der Anteile nicht relevant, zumal aus der gegebenen Situation heraus Zukunftsprognosen nicht möglich gewesen seien.

Dass bei der ersten Übertragung keine Zeit mehr für eine förmliche Bewertung geblieben sei, lasse die daraus vom Kläger abgeleitete Bewertung, dass Leistung und Gegenleistung ein ausgewogenes Verhältnis gebildet hätten, nicht zu. Im Gegenteil sei hierin wiederum die billigende Inkaufnahme der beteiligten Parteien zu sehen, dass evtl. nicht der Marktpreis für die veräußerten Anteile erzielt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird ergänzend auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Kläger zum Geschehensgang gehört und zu den Anteilsübertragungen und insbesondere der Kaufpreisgestaltung Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A. Insoweit wird auf den Inhalt des Protokolls verwiesen.

Gründe

Die als Anfechtungsklage zulässige Klage ist nicht begründet.

Die angegriffenen Verwaltungsakte sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Zu Recht nimmt der Beklagte den Kläger aufgrund der beiden streitbefangenen Anteilsübertragungen auf Zahlung von Schenkungsteuer in Anspruch.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Nach dieser Vorschrift unterliegt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden der Schenkungsteuer, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird (objektiver Tatbestand) und der Zuwendende mit einem Willen zur Unentgeltlichkeit gehandelt hat (subjektives Tatbestandsmerkmal).

1. Der objektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG liegt vor.

Schenkung i. S. dieser Vorschrift ist auch die sog. "gemischte Schenkung", von der das Finanzamt hier ausgegangen ist.

Sie ist dann gegeben, wenn einer höherwertigen Leistung eine Leistung von geringerem Wert gegenübersteht und die höherwertige Zuwendung neben Elementen der Freigebigkeit auch Elemente eines Austauschvertrages enthält, ohne dass sich die höherwertige Leistung in zwei selbständige Leistungen aufteilen lässt (vgl. Bundesfinanzhof - BFH -, Urteil vom 29. Oktober 1997 II R 60/94, BFHE 183, 253, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1997, 832 m. w. N.; ähnlich Meincke, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, 14. Aufl. 2004, § 7 Rdnr. 27: Rechtsgeschäft, bei dem ein Gegenstand teils entgeltlich, teils unentgeltlich hingegeben wird, wobei der unentgeltliche Leistungsteil überwiegt). Eine derartige gemischte Schenkung kann also vorliegen, wenn eine Vermögensübertragung teils entgeltlich, teils unentgeltlich erfolgt. Der Besteuerung unterliegt insoweit nur der unentgeltliche Teil (vgl. BFH, Urteil vom 12. April 1989 II R 37/87, BFHE 156, 244, BStBl. II 1989, 524). Eine Teilunentgeltlichkeit kann auch dann gegeben sein, wenn die an der Vermögensübertragung Beteiligten zwar eine Gegenleistung vereinbart haben, diese aber objektiv nicht mit dem Wert des Übertragungsgegenstandes übereinstimmt.

Im vorliegenden Fall haben die Vertragsbeteiligten, der Kläger und sein Onkel, für die Anteilsübertragungen jeweils eine vom Kläger zu erbringende Gegenleistung vereinbart, nämlich im ersten Fall 50.000 DM und im zweiten Fall 500.000 DM. Gleichwohl handelt es sich nicht um ein reines Kaufgeschäft. Der Vergleich dieser Gegenleistungen mit dem Wert der vom Onkel übertragenen Anteile ergibt nämlich, dass die Gegenleistung des Klägers deutlich hinter dem Wert der erhaltenen Anteile zurückbleibt.

Bei den übertragenen Anteilen handelt es sich um solche, die nicht an der Börse gehandelt werden, sog. nicht notierte Anteile an einer Kapitalgesellschaft. Der Wert derartiger Anteile ist nach § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG i. V. m. § 11 Abs. 2 BewG zu ermitteln. Anzusetzen ist nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG der gemeine Wert der Anteile. Dieser Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung unter Berücksichtigung aller preisbeeinflussenden Umstände zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG). Wenn dieser Wert nicht aus Verkäufen abgeleitet werden kann, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG).

Eine Ableitung aus Verkäufen ist im vorliegenden Fall nicht möglich. Zwar haben vor den hier streitbefangenen Übertragungen Anteile der GmbH gewechselt. Insoweit hat es sich aber entweder nicht um Verkäufe innerhalb des vorangegangenen Jahres gehandelt (Übertragung 1988 von J auf den Kläger, Anteilserwerb durch den Kläger und seine Mutter 1992 im Erbgang) oder es handelte sich nicht um reine Kaufgeschäfte (Übertragungen von A an die leitenden Angestellten S und F). Wie der Zeuge A im Rahmen seiner Vernehmung angegeben hat, erfolgte die Beteiligung der Herren S und F einzig und allein zu dem Zweck, sie in dem Unternehmen zu halten, und das zu einem Preis, der offensichtlich unter dem Marktpreis lag ("unterhalb dessen, was der Kläger gezahlt hat"); insoweit kann nicht von Verkäufen "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" (§ 9 Abs. 2 Satz 1 BewG) die Rede sein, zumal ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bei der Wertfindung nicht zu berücksichtigen sind (§ 9 Abs. 2 Satz 3 BewG; vgl. hierzu auch BFH, Beschluß vom 22. August 2002 II B 170/01, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2003, 11).

Die erforderliche Schätzung des gemeinen Werts von nicht notierten Anteilen hat grundsätzlich gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG im Interesse einer möglichst gleichmäßigen und praktikablen Wertermittlung nach dem für die Streitjahre in den Abschnitten 4 ff. der Vermögensteuerrichtlinien 1993 (VStR) geregelten so genannten Stuttgarter Verfahren zu erfolgen. Der BFH hat dieses Verfahren in ständiger Rechtsprechung als ein geeignetes Schätzungsverfahren anerkannt, von dem mit Rücksicht auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung nur abgewichen werden kann, wenn es in besonderen Ausnahmefällen zu offensichtlich unrichtigen Ergebnissen führt (vgl. etwa: BFH, Urteil vom 06. Februar 1991 II R 87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459 [460]; Urteil vom 21. Januar 1993 XI R 33/92, BFH/NV 1994, 12 [14]; Urteil vom 30. März 1994 II R 101/90, BFHE 174, 94, BStBl II 1994, 503 [504]; Urteil vom 26. Juni 1996 II R 64/93, BFH/NV 1997, 157; Beschluss vom 29. Juli 1998 II B 134/97, BFH/NV 1999, 159 [160]; Urteil vom 20. September 2000 II R 61/98, BFH/NV 2001, 747 [748]). Auf betriebswirtschaftliche Unternehmensbewertungs-Theorien ist in dieser Lage nicht (mehr) abzustellen (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 06. Februar 1991 II R 87/88, BStBl II 1991, 459 [460 r. Sp.]).

Das Finanzgericht kann sich bei der Überprüfung einer Schätzung nach den Abschnitten 4 ff. VStR durch das Finanzamt grundsätzlich auf die vom Steuerpflichtigen substantiiert angegriffenen Punkte beschränken (vgl. etwa: Urteile vom 06. Februar 1991 II R 87/88, a.a.O. und II R 88/88 - BFH/NV 1991, 392; Urteil vom 26. Juni 1996 II R 64/93, a.a.O.).

Derartige Schätzungen der Anteilswerte nach dem Stuttgarter Verfahren haben hier stattgefunden, indem das beklagte Finanzamt - mangels anderer konkreter Angaben der Klägerseite - die praktisch stichtagsgenau vorliegenden Anteilsbewertungen auf den 31. Dezember 1993 und auf den 31. Dezember 1994 mit bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheiden vom 22. November 1994/01. Dezember 1995 (für 1993) und vom 09. Mai 1996/22. Mai 1996 (für 1994) als nahezu den Verkehrswerten entsprechende gemeine Werte berücksichtigt hat. Den Feststellungsbescheiden liegen zudem die entsprechenden unter Mitwirkung von Steuerberatern erstellten und vom Kläger selbst unterschriebenen Erklärungen der GmbH zugrunde, in denen diese die betreffenden Werte anhand der jeweiligen Vermögenswerte und Betriebsergebnisse der jeweils letzen drei Jahre ermittelt haben. Den Erklärungen (in Verbindung mit den durchgeführten Feststellungen) ist zum einen zu entnehmen, dass die Betriebsergebnisse beträchtlichen jährlichen Schwankungen unterlegen haben von 1.388.400 DM im Jahr 1991 über 388.620 DM (korrigiert: 456.270 DM) im Jahr 1992, 441.781 DM (korrigiert: 443.201 DM) im Jahr 1993 bis zu 917.647 DM (korrigiert: 936.826 DM) im Jahr 1994. In der Erklärung zum 31. Dezember 1993 mit dem Datum vom 29. August 1994 ist von der GmbH zudem bei einem Durchschnittsertrag der Jahre 1991 bis 1993 von 739.600 DM ein in Zukunft zu erzielbarer Jahresertrag von 450.000 DM angegeben. Für 1994 (Erklärungsdatum: 12. Februar 1996) ergab sich ein Durchschnittsertrag von 604.526 DM (korrigiert: 612.099 DM); auf die Angabe eines in Zukunft erzielbaren Jahresertrages wurde von der GmbH verzichtet, aber vom Durchschnittsertrag ein Abschlag von 15 v. H. vorgenommen.

Entsprechend schwanken die festgestellten gemeinen Werte zwischen 5.145 DM (endgültig) für 1992, 3.829 DM (endgültig - bei der streitbefangenen Besteuerung berücksichtigt: 3.715 DM) für 1993 und 4.145 DM für 1994.

Die vorliegende Schätzung basiert zwar hinsichtlich der Ertragslage weitgehend auf Werten aus der unmittelbaren Vergangenheit, indem für die Ermittlung des Ertragswertes der Kapitalgesellschaft von dem Durchschnittswert der Betriebsergebnisse der letzten drei Jahre ausgegangen wird, einer feststehenden Größe. Der Durchschnittswert läßt einen Schluß auf die zu erwartende weitere Entwicklung der Ertragslage des Unternehmens zu und dient damit der Ermittlung des voraussichtlichen künftigen Jahresertrages (BFH, Urteil II R 64/93, a. a. O). Mit diesem Durchschnittswert wird der Möglichkeit von Ertragsschwankungen schon in gewisser Weise Rechnung getragen. Die gleichwohl dabei natürlicherweise bestehende Unsicherheit, ob eine vergleichbare Ertragslage für die Folgejahre zu erwarten ist (Ertragsaussichten), wird aber durch den Abschlag von 15 v. H. und die Möglichkeit, den in Zukunft erzielbaren Jahresertrag anzugeben, gemildert.

Dass auch diese zukunftsorientierte Komponente weiterhin erhebliche Unsicherheiten birgt, zeigt gerade die eigene Schätzung der zukünftigen Ertragslage durch die GmbH selbst, die für 1994 in ihrer Erklärung vom 29.08.1994 noch von einem zu erzielenden Jahresertrag von lediglich 450.000 DM ausgegangen ist, der dann aber im selben Jahr mit tatsächlich erreichten 917.647 DM (korrigiert: 936.826 DM) bereits deutlich übertroffen wurde.

Eine Korrektur dieses den Regeln des Stuttgarter Verfahrens entsprechenden Ergebnisses wäre nach der dargelegten ständigen Rechtsprechung des BFH wie auch des erkennenden Senats nur möglich, wenn dieses offensichtlich unzutreffend wäre. Das ist indessen hier nicht der Fall.

Das Vorbringen der Klägerseite hierzu ist zurückzuweisen.

Soweit nämlich geltend gemacht wird, die Wertfindung unter den Vertragsparteien sei wesentlich bestimmt worden durch die besondere Lage, die aufgrund des plötzlichen Todes des Mitgesellschafters J und des drohenden Ablebens des Onkels und zweiten Leistungsträgers der Gesellschaft infolge seiner Krebserkrankung entstanden sei, handelt es sich um persönliche und ungewöhnliche Verhältnisse, deren Berücksichtigung bei der Bestimmung des gemeinen Wertes durch § 9 Abs. 2 Satz 3 BewG ausdrücklich ausgeschlossen ist. Derartige Umstände haben keine Bedeutung für den objektiven Wert der Anteile; die Anteile sind wegen dieser Umstände am Stichtag objektiv nicht weniger wert. Die Umstände mögen die Motive beeinflusst haben, die die Vertragsparteien bei der Einigung auf die konkret vereinbarten Kaufpreise bewegt haben, und wirken sich daher rein subjektiv aus. Zu diesen nicht zu berücksichtigenden Umständen gehören auch die geltend gemachten Gründe, die den Kläger nach dem Klagevorbringen veranlasst haben, sich um den Erwerb eines zunächst nur kleinen Anteils von nominell 2.500 DM von seinem Onkel zu bemühen, nämlich die Stimmenmehrheit für den Familienstamm J in der GmbH zu sichern. Auch der weiter vorgebrachte Umstand, dass beim Kläger selbst - und möglicherweise auch bei dem Onkel - aufgrund seiner fehlenden Erfahrung Zweifel bestanden, ob er die auf ihn zukommende Rolle würde voll ausfüllen können, ist ohne Einfluss auf den objektiven Wert der GmbH-Anteile. Dieser Umstand hat allenfalls Bedeutung für die rein subjektive Entscheidung des Klägers, welchen Kaufpreis er bereit war, angesichts dieser Zweifel für den Erwerb der Anteile aufzuwenden. Dieses von der Klägerseite vorgebrachte Argument verliert für den zweiten Übertragungsvorgang im Dezember 1994 im übrigen weiter an Wert, wenn man sich vergegenwärtigt, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits seit dem Tode seines Vaters die Geschäftsführerposition mehr als zwei Jahre ausgefüllt hatte, und zwar ab Mai 1993 (Feststellung des Krebsleidens bei dem Onkel mit der zunächst getroffenen Prognose der Unheilbarkeit) offenbar allein und unter Übernahme auch der zuvor vom Onkel wahrgenommenen Aufgaben. Dies zeigen beispielsweise die vom Kläger unterschriebenen Erklärungen zur Feststellung der Anteilswerte, was zuvor zum Aufgabenbereich des Onkels gehörte. Diese Erklärungen (in Verbindung mit den dazu ergangenen Feststellungsbescheiden) zeigen weiter, dass die Geschäftsführertätigkeit des Klägers sich offenbar positiv entwickelt hat. Die Ertragslage der GmbH hat zwar im Jahr 1992 offenbar einen Einbruch erlitten: gegenüber 1991 war ein Rückgang des Betriebsergebnisses auf 388.620 DM (korrigiert: 456.270 DM) gegenüber zuvor 1.388.400 DM zu verzeichnen, der auch im Jahr 1993 etwa auf gleichem Niveau verblieb mit 441.781 DM (korrigiert: 443.201 DM). Aber bereits im Jahr 1994 trat eine überaus deutliche Verbesserung auf 917.647 DM (korrigiert: 936.826 DM) ein. Diese positive Entwicklung unter seiner praktisch alleinigen Geschäftsführung musste dem Kläger beim Erwerb der restlichen Anteile vom Onkel am 21. Dezember 1994 zumindest in ihrer Tendenz bekannt sein.

Eine Flaute in der Baubranche und deren konkret zu erwartende Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb der GmbH wurden nicht näher dargelegt, geschweige denn substantiiert; die bereits aufgezeigte Entwicklung der Ertragslage der GmbH bis Ende 1994 spricht im übrigen gegen eine nachhaltige negative Wirkung.

Soweit die Klägerseite auf andere Wertermittlungsmethoden hinweist, die ihrer Auffassung nach ggf. besser geeignet seien als das im vorliegenden Verfahren angewendete Stuttgarter Verfahren, ist deren Anwendung nach der dargelegten Rechtsprechung aus Gründen der Einheitlichkeit der Bewertung ausgeschlossen.

In diesem Zusammenhang ändert sich an der Beurteilung nichts durch die Angaben des Zeugen A anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat zu Versuchen, seine Anteile anderweitig zu veräußern. Diese Angaben nötigen nämlich nicht zu dem Schluss, dass die Anteile einen geringeren Wert hatten, als hier zugrunde gelegt wurde. Der Zeuge hat nämlich angegeben, die Bemühungen seien deshalb gescheitert, weil er mindestens einem Interessenten zeitnahe Bilanzen der GmbH nicht habe vorlegen können; mit Bilanzen seien sie immer im Rückstand gewesen.

Im Übrigen bestehen Zweifel, ob derartige Versuche tatsächlich und ernsthaft stattgefunden haben. Nach dem Gesellschaftsvertrag wäre eine Veräußerung an gesellschaftsfremde Dritte nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich gewesen. Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass eine Übertragung an Dritte nicht in Betracht kam, weil die erforderliche Zustimmung nicht erteilt worden wäre.

2. Auch die subjektive Komponente der gemischten freigebigen Zuwendung, ein Wille zur Freigebigkeit/Unentgeltlichkeit auf Seiten des Zuwendenden, liegt vor.

Dieser Wille ist aufgrund der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen zu bestimmen, wobei es unerheblich ist, welche konkreten Motive für den Zuwendenden im Vordergrund standen (vgl. BFH, Urteil vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl. II 1979, 631; Urteil vom 30. Mai 2001 II R 6/98, BFH/NV 2002, 26).

Hierzu hat die höchstrichterliche Rechtsprechung folgende Grundsätze entwickelt (vgl. BFH, Urteil vom 29. Oktober 1997 II R 60/94, a. a. O. mit weiteren Nachweisen):

Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt vor, wenn sich der Zuwendende der (Teil-) Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewusst ist, dass er seine Leistung ohne Verpflichtung und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung erbringt.

Für die zutreffende Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt "nach Laienart" zutreffend erfasst ("Parallelwertung in der Laiensphäre").

Bei Unausgewogenheit gegenseitiger Verträge reicht deshalb regelmäßig das Bewusstsein des einseitig benachteiligten Vertragspartners über den Mehrwert seiner Leistung aus; auf die Kenntnis des genauen Ausmaßes des Wertunterschieds kommt es hingegen nicht an. Dabei ist die Kenntnis des Zuwendenden hinsichtlich der Umstände, aus denen sich die objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers ergibt, regelmäßig prima facie zu unterstellen. Liegt - wie im vorliegenden Fall - ein auffallend grobes Missverhältnis zwischen den bei verständiger Beurteilung zugrunde zu legenden Werten von Leistung und Gegenleistung vor, muss nach dem Urteil des BFH vom 10. September 1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80 in Einklang mit der Lebenserfahrung zunächst davon ausgegangen werden, dass die Vertragsparteien dieses Missverhältnis erkannt haben (vgl. dazu auch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. März 1981 IV a ZR 154/80, Neue Juristische Wochenschrift 1981, 1956).

Diese prima-facie-Einschätzung ist im vorliegenden Fall durch die durchgeführte Beweisaufnahme nicht widerlegt, sondern sogar noch bestätigt worden.

Der Zeuge A hat insoweit angegeben, der Kaufpreis sei "über den Daumen" festgelegt worden; er habe das alles mit "Fingerspitzengefühl" gehandhabt, ohne Anteilsbewertungen zur Kenntnis zu nehmen. Dies zeigt, dass dem Zeugen durchaus bewusst war, dass die vereinbarten Kaufpreise nicht zwingend dem wahren Wert der Anteile entsprechen mussten, zumal auf eine förmliche Wertermittlung verzichtet worden war. Wenn er sich auf die Methode "über den Daumen" eingelassen hatte, hatte er damit billigend in Kauf genommen, dass der Preis im Verhältnis zum tatsächlichen Wert der Anteile auch zu niedrig sein konnte. Dies wird besonders deutlich angesichts der freimütigen Äußerung des Zeugen, er habe, um Sicherheiten gegenüber der Sparkasse ablösen zu können, die GmbH-Anteile auf jeden Fall "loswerden" wollen; notfalls hätte er im zweiten Fall auch für 300.000 DM verkauft. Er habe eine Verschuldung seiner eigenen Familie unter allen Umständen vermeiden wollen; alles andere sei für ihn nebensächlich und ihm letztlich egal gewesen. Diese Äußerungen des Zeugen belegen eindeutig, dass ihm durchaus bewusst war, dass er die Anteile möglicherweise unter Wert an den Kläger veräußerte und ihm damit einen Vermögensvorteil zuwendete. Veräußerungen unter Wert hat er damit bewusst und ausdrücklich in Kauf genommen.

Diese Darlegungen des Zeugen rücken den Vorgang auch nicht in die Nähe einer geschäftlichen Aktion im Sinne des BFH-Urteils vom 29. Oktober 1997 II R 60/94, a. a. O. Seite 835. Danach kann im Bereich geschäftlicher Beziehungen bei einem objektiv (teil-) unentgeltlichen Vorgang das subjektive Merkmal der Freigebigkeit i. S. von § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG trotz vorliegender Kenntnis des Zuwendenden hinsichtlich der Umstände, die seine Leistung zu einer objektiv (teil-)unentgeltlichen machen, entfallen, soweit in objektiv nachvollziehbarer Weise dargetan wird, dass die Bereicherung des Zuwendungsempfängers der Förderung des Geschäfts des Zuwendenden diente, d.h. objektiv und nahezu ausschließlich auf die Erzielung geschäftlicher Vorteile des Zuwendenden gerichtet ist. Da im Geschäftsleben regelmäßig danach getrachtet wird, für eine Leistung eine mindestens gleichwertige (Gegen-) Leistung zu erlangen, kann auch bei objektiv unentgeltlichen, d.h. nicht auf einem Rechtsanspruch beruhenden Leistungen bzw. bei objektiver Unausgewogenheit von Leistung und Gegenleistung subjektiv eine Verfolgung geschäftlicher Interessen des Zuwendenden vorliegen, die sein Bewusstsein von der (Teil-) Unentgeltlichkeit seiner Leistung verdrängt.

Mit der (vollständigen) Veräußerung seiner Anteile an der GmbH verfolgte der Zeuge A aber keine geschäftlichen Interessen. Er hat unmissverständlich bekundet, dass er aus der GmbH "raus wollte", und zwar "um jeden Preis". Dabei ging es ihm ausschließlich darum, aus den Sicherheiten, die er der Sparkasse eingeräumt hatte, entlassen zu werden, um seine Familie für den Fall seines Ablebens in jedem Fall vor einer Inanspruchnahme zu bewahren. Insoweit handelt es sich um persönliche, private Interessen, nicht um geschäftliche Interessen i. S. der angeführten BFH-Entscheidung.

Nutznießer der Veräußerungen deutlich unter Wert war der Kläger. Ob dieser die Wertdiskrepanz erkannt hat, ist für die Verwirklichung des (objektiven wie subjektiven) Tatbestandes der gemischt freigebigen Zuwendung ohne Belang.

Gegen die Berechnung der Steuern sind Einwände nicht erhoben worden; Fehler bei der Berechnung sind nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ein Grund für die Zulassung der Revision ist von der Klägerseite nicht dargetan worden, im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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