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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 5 K 3327/02 U
Rechtsgebiete: UStG, SGB V, SGB X, Richtlinie 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 3 S. 1
UStG § 4 Nr. 15 S. 1a
SGB V § 219 Abs. 1
SGB X § 80 Abs. 5
Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f)
Richtlinie 77/388/EWG Art. 28 Abs. 3 Buchst. a)
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

5 K 3327/02 U

Tenor:

Die Umsatzsteuerfestsetzung 2000 auf Grundlage der beim Beklagten am 25.10.2001 eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2000 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.06.2002 werden aufgehoben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin ist ein Zusammenschluss von Betriebskrankenkassen in der Rechtsform "eines Verbundes". "Beteiligte können" u.a. nur Betriebskrankenkassen, deren Verbände und andere Krankenkassen "werden". Der Zusammenschluss der Betriebskrankenkassen stellt zugleich eine Arbeitsgemeinschaft im Sinne von § 219 Sozialgesetzbuch (SGB) V dar (§ 1 Abs. 3 der Satzung).

"..." Gegenstand des Unternehmens der Klägerin "ist" die Betreuung ihrer "Beteiligten" mit Datenverarbeitungs- und Organisationsdienstleistungen im Umfeld der von den "Beteiligten" eingesetzten Datenverarbeitungssystemen sowie die Beratung der "Beteiligten" in betriebswirtschaftlichen Fragen. "..." eine Ausdehnung des Geschäftsbetriebes auf Nicht "-Beteiligte" "ist ausgeschlossen".

Der Kernbereich der Tätigkeit der Klägerin umfasst die EDV-technische Abwicklung dessen, was die Krankenkassen als Leistungen erbringen. Der technische Ablauf gestaltet sich so, dass die Eingaben in den Computer vor Ort bei den einzelnen Krankenkassen erfolgen, die Klägerin sodann sämtliche eingegebenen Daten eigenverantwortlich bearbeitet. Im einzelnen deckt die Tätigkeit der Klägerin folgende Bereiche ab: Produktion, Beleglesung, Kontenklärung, Verwaltungsvollstreckung und Fachberatung. Wegen weiterer Einzelheiten zu den Tätigkeitsbereichen wird auf die Klagebegründung vom 02.01.2003 Bezug genommen. Die ihr entstandenen Kosten legt die Klägerin anteilig auf ihre "Beteiligten" um.

Mit Schreiben vom 01.03.2000 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer verbindlichen Auskunft darüber, ob ihre Leistungen an ihre "Beteiligten" der Umsatzbesteuerung unterlägen. Sie vertrat die Auffassung, dass die Umsätze bereits nicht steuerbar seien. Als Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 219 Abs. 1 SGB V könne sie einem Hoheitsträger gleich gestellt werden. Damit wäre sie nur mit einem Betrieb gewerblicher Art steuerpflichtig (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Umsatzsteuergesetz -UStG-). Ein derartiger Betrieb liege nur dann vor, wenn die Aufgaben auch von einer Privatperson wahrgenommen werden könnten. Dies sei hier jedoch nicht möglich, da die "Beteiligten-Daten" nicht an private Dritte weitergegeben werden dürften. Hilfsweise seien die Umsätze in analoger Anwendung des § 4 Nr. 15 Satz 1a UStG als steuerfrei zu behandeln. Dies ergebe sich aus der Zweckbestimmung der Vorschrift, den Haushalt der Sozialversicherungsträger nicht zu Lasten der Beitragszahler zusätzlich mit Umsatzsteuer zu belasten.

Zur weiteren Begründung verwies die Klägerin auf eine Stellungnahme des Bundesversicherungsamtes vom 11.11.1999 an das Bundesministerium der Finanzen (BMF), sowie auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 10.11.1999 - 2 BvR 2861/93, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2000, 160 - und des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 05.06.1997 - Rs. C-2/95, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1998, 64 -. Danach sei weder die Rechtsform des Unternehmens noch die Person des Leistenden oder Leistungsempfängers, sondern vielmehr der sachliche Grund der Befreiung beziehungsweise die Art des Umsatzes für die Steuerbefreiung entscheidend.

Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 24.11.2000 die begehrte verbindliche Auskunft ab. Zur Begründung verwies er auf die Antwortschreiben des BMF an das Bundesversicherungsamt vom 27.01. und 04.05.2000.

Am 25.10.2001 ging die Umsatzsteuererklärung beim Beklagten ein, der mit Mitteilung vom 12.11.2001 zugestimmt wurde. Die festgesetzte Umsatzsteuer beträgt "XXX" DM.

Mit Schreiben vom 06.11.2001 (Eingang beim Beklagten am 07.11.2001) legte die Klägerin gegen die eingereichte Steuererklärung Einspruch ein. Sie vertrat weiterhin die Auffassung, dass ihre Umsätze nach § 4 Nr. 15 Satz 1a UStG steuerfrei seien.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.06.2002 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus: Im Streitfall sei weiterhin von umsatzsteuerbaren Geschäftsbesorgungsleistungen auszugehen, die nicht nach § 4 Nr. 15 Satz 1a UStG steuerfrei seien, da sie von einem Dritten und nicht von einem Träger der Sozialversicherung im Sinne dieser - eng auszulegenden - Vorschrift erbracht würden. Auf die in dem BMF-Schreiben vom 27.01. und 04.05.2000 genannten Gründe werde verwiesen. Soweit im Schreiben vom 04.05.2000 die Prüfung der Möglichkeit einer Gesetzesänderung bezüglich der künftigen Umsatzsteuerbefreiung signalisiert worden sei, werde darauf hingewiesen, dass bisher keine Gesetzesänderung eingetreten sei.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt ergänzend vor:

Die Versagung der Umsatzsteuerbefreiung verstoße jedenfalls gegen die Vorschrift des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f) der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.05.1999 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (6. EG-Richtlinie), auf die sich die Klägerin auch unmittelbar berufen könne. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung seien im Einzelnen erfüllt. Insbesondere führe die Steuerbefreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen. Ein Wettbewerb in diesem Marktsegment bestehe nicht. Es gebe nur noch zwei weitere Rechenzentren der Krankenkassen, für die jedoch die gleiche Umsatzsteuerbefreiung gelten würde.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Umsatzsteuerfestsetzung 2000 auf Grundlage der beim Beklagten am 25.10.2001 eingegangenen Umsatzsteuererklärung 2000 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 14.06.2002 aufzuheben,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er trägt über seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung hinaus vor:

Eine für Vertragsstaaten zwar verbindliche Richtlinie könne kein unmittelbar geltendes Recht erzeugen. Die Klägerin trete mit den von ihr angebotenen Leistungen im Übrigen auch in Konkurrenz zu anderen Firmen, die ebenfalls derartige Leistungen ausführten. Somit komme es zu Wettbewerbsverzerrungen. Ergänzend werde auch auf das BMF-Schreiben vom 15.06.2006 - IV A 6-S7170-39/06 - zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Managementgesellschaften hingewiesen.

II. Die Klage ist begründet.

Die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung 2000 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die von der Klägerin erbrachten Leistungen sind steuerfrei.

Zwar hat der Beklagte zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 15 Satz 1a UStG nicht erfüllt sind. Die Klägerin gehört nicht zu den nach dieser Vorschrift begünstigten Einrichtungen. In der für das Streitjahr gültigen Fassung der Vorschrift waren unter anderem nur die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung selbst, d.h. in der Krankenversicherung im wesentlichen der Krankenkassen, von der Umsatzsteuer befreit. Auch wenn die Organisationsform der Klägerin gesetzlich (§ 219 SGB V) vorgesehen ist, ist die Klägerin als solche nicht gesetzlicher Träger der Sozialversicherung. Soweit die Klägerin eine weite Auslegung der Vorschrift für geboten hält und sich dazu auf die funktionale Betrachtung des EuGH im Urteil vom 05.06.1997, Rs. C-2/95, a.a.O., beruft, ist dem entgegen zu halten, dass gerade nach der Rechtsprechung des EuGH, so ausdrücklich auch in vorgenanntem Urteil, die Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen nach Artikel 13 der 6. EG-Richtlinie umschrieben sind, eng auszulegen sind, da sie Ausnahmen von dem allgemeinen Grundsatz darstellen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt. Eine Anwendung der Steuerbefreiungsvorschrift auf andere als in der Vorschrift genannte Einrichtungen im Sinne einer weiten Auslegung scheidet damit aus (so ausdrücklich auch BFH, Urteil vom 18.08.2005, V R 71/03, BStBl II 2006, 143). Darüber hinaus waren im vom EuGH entschiedenen Fall die tätigkeitsbezogenen Tatbestandsmerkmale des Art. 13 Teil B Buchst. d) der 6. EG-Richtlinie Gegenstand der Auslegung. Dazu hat der EuGH festgestellt, dass die Steuerbefreiung hinsichtlich dieser Tätigkeiten unter anderem nicht davon abhänge, dass die Umsätze von einem bestimmten Typ einer juristischen Person ausgeführt würden. Im Gegensatz dazu stellt § 4 Nr. 15 Satz 1a UStG gerade aber auf die Person des Leistungserbringers ab.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann sich die Klägerin jedoch unmittelbar auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f) der 6. EG-Richtlinie berufen.

Die Übergangsbestimmungen des Art. 28 Abs. 3 Buchst. a) in Verbindung mit Anhang E der 6. EG-Richtlinie, nach der die Mitgliedstaaten die nach Art. 13 befreiten Umsätze weiterhin besteuern können, ist durch die 18. EG-USt-Richtlinie vom 18.07.1989 (89/465/EWG) mit Wirkung vom 01.01.1990 gestrichen worden. Durch das UStG 1980 sind nicht alle in der 6. EG-Richtlinie bezeichneten Umsätze von der Umsatzsteuer befreit worden. Ein Unternehmer in der Europäischen Union darf sich auf die für ihn günstigeren Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts berufen (Birkenfeld, USt-Handbuch, II § 91 Rz. 6; vgl. auch BFH, Urteil vom 18.08.2005, V R 71/03, a.a.O.; Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 21.02.2001, II 1384/98, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2001, 662 und nachgehend BFH, Urteil vom 27.09.2001, V R 37/01, Sammlung der Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2002, 378).

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind im Streitfall auch erfüllt.

Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f) der 6. EG-Richtlinie befreien die Mitgliedstaaten unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist, oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass die Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt,".

Nach Alternative 1 sind also Dienstleistungen von selbständigen Personenzusammenschlüssen steuerfrei, wenn die in ihnen zusammengeschlossenen Personen Tätigkeiten ausüben, die von der Steuer befreit sind.

Die Voraussetzungen der Alternative 1 sind hier - im Übrigen bis auf das Tatbestandsmerkmal "Wettbewerbsverzerrung" unstreitig - gegeben.

Bei der Klägerin handelt es sich um einen selbständigen Zusammenschluss in Form "eines "Verbundes". Die in der Klägerin zusammengeschlossenen Personen, die einzelnen Krankenkassen, üben steuerbefreite Tätigkeiten aus. Die Klägerin erbringt ihre Leistungen ausschließlich an ihre "Beteiligten" für unmittelbare Zwecke dieser Tätigkeiten. Schließlich erhält die Klägerin von ihren "Beteiligten" lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten.

Entgegen der Auffassung des Beklagten führt die Befreiung auch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen.

Der EuGH (Urteil vom 20.11.2003, Rs. C-8/01, UR 2004, 82) hat insoweit als Auslegungsmaßstab festgelegt, dass die Gewährung der Befreiung (nur) abzulehnen ist, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann.

Der EuGH hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, dass das Vorliegen einer realen Gefahr auch vor dem Hintergrund der gebotenen engen Auslegung der Befreiungsvorschrift erforderlich sei, weil nicht Ziel der Auslegung sei, die Befreiungsvorschrift praktisch unanwendbar zu machen (vgl. Rz. 61 ff. des vorgenannten Urteils).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat der Senat eine reale Gefahr der Wettbewerbsverzerrung nicht feststellen können. Jedenfalls reicht die vom Beklagten schriftsätzlich (Schriftsatz vom 22.06.2006) vorgetragene pauschale Behauptung der Wettbewerbsverzerrung nicht aus. In der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2006 hat der Beklagtenvertreter, insbesondere auch vor dem Hintergrund der vom Prozessvertreter der Klägerin gegebenen Erläuterungen zu den einzelnen Leistungen der Klägerin, dementsprechend eingeräumt, dass ihm keine privaten Unternehmer bekannt seien, die im von der Klägerin abgedeckten Marktsegment vergleichbare Leistungen anbieten würden oder könnten.

Die Klägerin selbst erbringt ihre Leistungen "..." ausschließlich an ihre "Beteiligten"

Soweit - wie die Klägerin selbst vorträgt - es noch zwei weitere Rechenzentren der Krankenkassen gibt, ist eine Wettbewerbssituation beziehungsweise -verzerrung ebenfalls nicht gegeben. Zum einen bieten diese ihre Leistungen auch nur ihren "Beteiligten" an, zum anderen würde für sie die gleiche Umsatzsteuerbefreiung gelten.

Mit den fehlenden Wettbewerbern auf der Anbieterseite korrespondiert im Streitfall die fehlende Nachfrage seitens der Krankenkassen nach externen privaten Unternehmern, die diese Leistungen anbieten. Die konkrete Tätigkeit der Klägerin, wie sie von ihr im Einzelnen in der Klagebegründung vom 02.01.2003 beschrieben und in der mündlichen Verhandlung vom 22.11.2006 weiter erläutert worden ist, betrifft zumindest in den von der Klägerin unter Punkt a) bis d) beschriebenen Bereichen originär und in eigener Verantwortung von den Krankenkassen wahrzunehmende Aufgaben. Die Tätigkeiten setzen den uneingeschränkten Zugriff auf alle Sozialdaten der "Beteiligten-"kassen voraus. Dieser wird aber gerade durch § 80 Abs. 5 SGB X für nicht-öffentliche Stellen ausgeschlossen. Danach ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Sozialdaten im Auftrag durch nicht-öffentliche Stellen nur zulässig, wenn unter anderem der überwiegende Teil der Speicherung des gesamten Datenbestandes beim Auftraggeber verbleibt. Schon aus diesem Grunde scheidet eine Vergabe der in Rede stehenden Tätigkeiten an externe Dienstleister aus.

Soweit die Tätigkeit der Klägerin auch den Bereich Fachberatung und Schulung (Punkt e in der Klagebegründung) der "Beteiligten" umfasst, ist damit nach den vom Prozessvertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen in erster Linie die Fachberatung und Schulung im EDV-technischen Bereich gemeint. D.h. diese Tätigkeiten stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den in der Klagebegründung unter Punkt a) bis d) beschriebenen Tätigkeiten. Sie sollen den reibungslosen Ablauf des Rechnerbetriebes sicherstellen. Wegen dieses untrennbaren Zusammenhangs scheidet auch insoweit eine nur theoretisch denkbare Vergabe an ein externes privates Unternehmen aus. Sie würde weder praktisch noch wirtschaftlich einen Sinn machen und wird deshalb von den Krankenkassen auch nicht am Markt nachgefragt.

Insgesamt lässt sich deshalb weder von der Anbieter- noch von der Nachfrageseite eine unmittelbare oder auch nur zukünftige Wettbewerbssituation feststellen.

Vielmehr stellt sich die Ausgangssituation so dar, dass die auf die Klägerin von ihren "Beteiligten" ausgegliederten Aufgaben entweder nur von den "Beteiligten" (den Krankenkassen) selbst oder von einer von diesen gebildeten und dazu auch gesetzlich vorgesehenen Arbeitsgemeinschaft ausgeübt werden sollten und durften. Durch Bündelung des sozialversicherungsrechtlichen - mit dem EDV-technischen Sachverstand sollten die Aufgaben lediglich kostengünstiger erledigt werden. Die gemeinsame kostensenkende Aufgabenerledigung in einer Arbeitsgemeinschaft war damit in besonderer Weise geeignet, dem sozialversicherungsrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot zu genügen.

Eine Belastung der Umsätze der Klägerin mit Umsatzsteuer würde aber dieser - gesetzgeberisch eröffneten - Möglichkeit der Kostensenkung wieder entgegenwirken bzw. diese zunichte machen. Gerade vor diesem Hintergrund erschließt sich nach Auffassung des Senats der Sinngehalt des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f) der 6. EG-Richtlinie, der die Umsätze eines selbständigen Zusammenschlusses von steuerbefreiten Sozialversicherungsträgern an seine Mitglieder ebenfalls steuerbefreit.

Soweit der Beklagte auf das BMF-Schreiben vom 15.06.2006 - IV A 6-S7170-39/06 - und die hierin enthaltenen Anweisungen zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Managementgesellschaften im Sinne des § 140 b Abs. 1 Nr. 4 SGB V hinweist, verkennt er, dass das Schreiben lediglich Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 4 Nr. 14 und 16 Buchst. c) UStG enthält. Eine Auseinandersetzung mit der hier in Rede stehenden Richtlinienvorschrift enthält das Schreiben nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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