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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.10.2005
Aktenzeichen: 6 K 1200/05 K,F
Rechtsgebiete: KStG, II. BV


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 S. 2
KStG a.F. § 27 Abs. 3 S. 2
II. BV § 20 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

6 K 1200/05 K,F

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Revisionsverfahren hinsichtlich des Streitjahres 1992 trägt die Klägerin.

Gründe:

Das Verfahren befindet sich im II. Rechtsgang. Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ist Rechtsnachfolgerin einer GmbH, deren Unternehmensgegenstand es unter anderem war, Beteiligungen an Gesellschaften der Werbewirtschaft zu halten und Werbetreibende zu beraten. Alleiniger Gesellschafter der GmbH war "T", der zugleich zum Geschäftsführer bestellt war. Bis zum 31.12.1990 war die GmbH alleinige Komplementärin einer GmbH & Co. KG (KG II); zum 01.01.1991 erwarb sie sämtliche Anteile an dieser Gesellschaft.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 05.10.1990 hatte die KG II ein Einfamilienhaus erworben. Der Kaufpreis für das 297 qm große Grundstück und das unter Denkmalschutz stehende Gebäude mit einer Wohnfläche von 214,37 qm betrug 1,6 Mio. DM. In den Jahren 1991 und 1992 wurde das Einfamilienhaus von der GmbH mit einem Aufwand von (brutto) 1.026.982 DM umgebaut; unter anderem wurde ein Schwimmbad eingebaut.

Auf Grund eines Mietvertrages vom 31.10.1991 vermietete die GmbH mit Wirkung vom 01.11.1991 eine Teilfläche des Gebäudes von 144,54 qm (= 67,43 v.H. der Gesamtfläche) für einen monatlichen Mietzins von 3.115,05 DM an ihren Gesellschafter-Geschäftsführer. Die verbleibende Fläche von 69,83 qm (= 32,57 v.H. der Gesamtfläche) wurde von ihr selbst als Büro- und Konferenzraum genutzt. Der Beklagte vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 04.12.1996 (I R 54/95, Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFHE- 182, 123) die Ansicht, ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter wäre nicht bereit gewesen, aus der Vermietung des Einfamilienhauses einen laufenden Verlust zu tragen. In Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den vereinnahmten Mieten und in den Streitjahren entstandenen Aufwendungen lägen deshalb verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) vor. Außerdem sei ein Gewinnaufschlag von jährlich 10 v.H. vorzunehmen. Dementsprechend nahm der Beklagte für 1991 und 1992 vGA an, die er für 1992 mit 81.917 DM errechnete.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren für die Jahre 1991 und 1992 erhobene Klage hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 11.06.2002 6 K 5287/99 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2003, 1405) als im wesentlichen unbegründet abgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 17.11.2004 (I R 56/03, BFHE 208, 519) das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11.06.2002 aufgehoben und das Verfahren an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Der BFH war der Ansicht, dass sich eine vGA nur dann annehmen lasse, wenn und soweit die Klägerin ihrem Geschäftsführer das Haus zu einem nicht kostendeckenden Preis zur Nutzung überlassen hätte. Es komme insbesondere darauf an, dass ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter nur dann bereit sei, die laufenden Aufwendungen für den Ankauf, den Ausbau und die Unterhaltung eines Einfamilienhauses zu (privaten) Wohnzwecken des Geschäftsführers der Kapitalgesellschaft zu tragen, wenn der Gesellschaft diese Aufwendungen in voller Höhe erstattet werden. Es sei deswegen nicht die Marktmiete, sondern die so genannte Kostenmiete anzusetzen. Grundlage für Berechnung der Kostenmiete sei die Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnung nach dem zweiten Wohnungsbaugesetz (II. BVO) in der Fassung vom 12.10.1990 (BGB I 1990, 2178). Abweichend hiervon seien allerdings erhöhte Absetzungen für Abnutzung (AfA) für Baudenkmäler nach § 82 i der Einkommensteuerdurchführungsverordnung 1990, heute gemäß § 7 i EStG, nicht zu berücksichtigen, soweit sie die reguläre AfA (§ 7 EStG) übersteigen. Einzubeziehen sei jedoch eine Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Zusätzlich würde der ordentlich und gewissenhaft handelnde Geschäftsleiter einen angemessenen Gewinnaufschlag verlangen. In Höhe jenes Betrages, in dem die nach diesen Grundsätzen zu ermittelnde Miete unterschritten würde, sei im Streitfall eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. anzunehmen. Nach inzwischen übereinstimmender Ansicht der Beteiligten ist bei Ermittlung der Kostenmiete für 1992 von Gesamtkosten i.H.v. 2.681.985,51 DM, Abschreibungen i.H.v. 29.107 DM, sonstigen Betriebskosten i.H.v. 12.729 DM, sowie Instandhaltungskosten i.H.v. 2.165 DM auszugehen.

Nachdem im Termin zu mündlichen Verhandlung eine Verständigung zwischen den Beteiligten über die Höhe der vGA für das Jahr 1991 erzielt worden ist, hat das Gericht mit Beschluss vom 18.10.2005 die Klage bezüglich 1991 zur gesonderten Entscheidung unter dem Aktenzeichen 6 K 4334/05 abgetrennt.

Die Klägerin ist der Ansicht, das bei der Finanzierung ohne Fremdmittel ausschließlich eingesetzte Eigenkapitals dürfte nur mit einem Zinssatz von 2 % verzinst werden. Das Gericht habe in seinem Urteil vom 11.06.2002 einen Zinssatz von 4 % als obere Grenze der Angemessenheit bezeichnet. Bei einer unteren Grenze von 0 % betrage der heranzuziehende Mittelwert 2 %. Unter Hinweis auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19.04.1992 (Bundessteuerblatt II -BStBl- 1972, 594) meint die Klägerin, weiterhin sei ein Abschlag von der Kostenmiete i.H.v. von 20 % für die Nutzung der Privaträume des Gesellschafter-Geschäftsführers zu Repräsentationszwecken der Klägerin vorzunehmen. Denn der Geschäftsführer habe aus betrieblichen Gründen der Klägerin eine Vielzahl von Geschäftsfreunden in seinen Privaträumen bewirtet. Auf Grund der im Werbegeschäft erforderlichen Diskretion habe die Klägerin nicht auf andere Räumlichkeiten zurückgreifen können. Schließlich ist die Klägerin der Ansicht, ein Gewinnaufschlag von 5 % und nicht 10 % sei angemessen. Auf dieser Grundlage ergebe sich eine vGA von DM 23.990.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer und Feststellung gem. § 47 Abs. 2 KStG für das Jahr 1992 vom 28.08.1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.07.1999 in der Weise abzuändern, dass die angenommene verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bzw. andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. rückgängig gemacht werden, soweit sie den Betrag von 23.990 DM übersteigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage bzgl. des Streitjahres 1992 abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass auf Grund § 20 der II. BVO das Eigenkapital mit 6,5 % zu verzinsen sei. Ein Abschlag auf die Kostenmiete für Repräsentationsbedürfnisse der Klägerin sei nicht vorzunehmen. Schließlich sei ein Gewinnaufschlag von 10 %, wie ihn der Senat in seinem Urteil vom 11.06.2002 bestätigt habe, angemessen.

Die Klage ist unbegründet. Zurecht hat der Beklagte für 1992 eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG a.F. angenommen. Die nach den Maßgaben des Urteils des BFH vom 17.11.2004 zu ermittelnde Kostenmiete zzgl. Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals und eines angemessen Gewinnaufschlags übersteigt die tatsächlich gezahlte Miete von 37.380 DM um mehr als die vom Beklagten angenommene verdeckte Gewinnausschüttung von DM 81.917. Ausgehend von einer Eigenkapitalverzinsung von 6,5 % errechnet sich, selbst unter Annahme eines Abschlages für Repräsentationszwecke der Klägerin von 20 % und einem Gewinnaufschlag von nur 5 %, eine Differenz von DM 86.284 zur tatsächlich für 1992 vereinbarten und gezahlten Miete. In Höhe dieser Differenz liegt, wie der BFH mit Urteil vom 17.11.2004 entschieden hat, eine vGA vor. Dem Senat ist eine Verböserung insoweit jedoch nicht möglich.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Höhe der Eigenkapitalverzinsung nicht mit einem Mittelwert von 2 % vorzunehmen. Auch ist nicht auf die Höhe einer möglichen Verzinsung des Eigenkapitals bei anderen Anlageformen abzustellen. Vielmehr hat, wie der Bundesfinanzhof in seinem Gerichtsbescheid vom 17.11.2004 ausführt, die Berechnung auf Grundlage der in der II. BVO festgelegten Maßstäbe zu erfolgen. Nach § 20 Abs. 2 der II. BVO darf für Eigenleistungen eine Verzinsung in Höhe des marktüblichen Zinssatzes für erste Hypotheken angesetzt werden; nach Satz 2 b der Vorschrift ist eine Verzinsung i.H.v. 6,5 v.H. zu berücksichtigen. 1992 bestand eine Hochzinsphase. So betrug, was gerichtsbekannt ist, schon der Diskontsatz im Dezember 1991 8 % und im Juli 1992 8,75 %. Aufgrund dessen geht der Senat davon aus, dass eine Verzinsung i.H.v. 6,5 v.H. gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 b II. BVO als unterster Wert der für das Streitjahr denkbare Zinshöhe und damit als angemessene Höhe der Eigenkapitalverzinsung anzusehen ist. Dieser Zinssatz ist, weil das Bauobjekt allein mit Eigenkapital erworben und umgebaut worden ist, auf die Gesamtkosten anzuwenden, die unstreitig DM 2.681.985,51 betragen haben. Für das Jahr 1991 haben sich die Beteiligten dieser Ansicht des Senates ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung am 18.10.2005 angeschlossen. Für das Streitjahr 1992 errechnet sich auf dieser Grundlage die Kostenmiete wie folgt:

Bei einer 6,5 % Verzinsung auf die unstreitigen Gesamtkosten von 2.681.985,51 DM belaufen sich die Zinsen auf DM 174.329,06. Hinzu kommen, worüber zwischen den Beteiligten sowohl dem Grund als auch der Höhe nach Einigkeit besteht, Abschreibungen von DM 29.107, sonstige Betriebskosten von DM 12.729 und Instandhaltungskosten von DM 2.165. Aus der Summe dieser Beträge ergibt sich die Kostenmiete für das Gesamtobjekt von DM 218.330,06. Der Anteil der dem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassenen Wohnung an der Gesamtnutzfläche beträgt 67,43 %, die anteilige Kostenmiete beträgt mithin DM 147.219,96. Bei Berücksichtigung eines von der Klägerin geforderten Abschlages für Repräsentationszwecke der Klägerin von 20 %, das sind DM 29.443,99, und einem, wie die Klägerin meint, Gewinnaufschlag von nur 5 % - das wären auf dieser Grundlage DM 5.888,80 - errechnet sich der zu von einem ordnungsgemäßen und gewissenhaften Geschäftsleiter für die Nutzung der Wohnung geforderte Betrag mit DM 123.664,77 (DM 147.219,96 ./. DM 29.443,99 = DM 117.775,97 + DM 5.888,80 = DM 123.664,77). Dieser Betrag übersteigt die gezahlte Miete von DM 37.380,60 um (gerundet) DM 86.284. Jedenfalls mit diesem Betrag liegt 1992 eine vGA sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach vor. Es kann daher dahinstehen, ob ein Repräsentationsabschlag, wie der Beklagte meint, nicht abgezogen werden kann oder ob nicht der Gewinnaufschlag mit 10 %, wie der Senat im Urteil vom 11.06.2002 angenommen hat, anzusetzen ist. Es kann auch dahinstehen, inwieweit nicht die Kosten des Schwimmbads, die bei der vorliegenden Betrachtung nur mit einem, dem vermieteten Anteil an der Gesamtnutzfläche entsprechenden Anteil von 67,43 % berücksichtigt worden ist, wegen der anzunehmenden Nutzung nicht durch die Klägerin, sondern nur durch den Gesellschafter-Geschäftsführer, vollständig und nicht nur anteilig bei der Ermittlung der Kostenmiete anzusetzen gewesen wäre.

Denn wegen des im Finanzgerichtsverfahren geltenden Verböserungsverbot ist der Senat am Ansatz einer höheren vGA, als vom Beklagten bei der angefochtenen Steuerfestsetzung angesetzt worden ist, gehindert.

Der Beklagte hat auch für die vGA von DM 81.917 zu Recht 1992 die Ausschüttungsbelastung gemäß § 27 Abs.3 Satz 2 KStG a.F. hergestellt.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 KStG ist zugleich eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG a.F., wenn sie sich in der Form eines Mittelabflusses konkretisiert hat (vgl. BFH-Urteil vom 31.Oktober 1990 I R 47/88, BStBl II 1991, 255). Im Falle einer nicht erzielten Vermögensmehrung - um eine solche handelt es sich vorliegend - konkretisiert sich der Mittelabfluss nach den allgemeinen Realisationsgrundsätzen. Wenn also ein Wirtschaftsgut zu einem unangemessen niedrigen Preis auf den Gesellschafter übertragen wird, tritt der Mittelabfluss in dem Augenblick ein, in dem das zu übertragende Wirtschaftsgut aus dem Vermögen der Körperschaft ausscheidet (BFH Urteil vom 20. Januar 1993 I R 55/92, BStBl II 1993, 376). Im Falle der verbilligten Überlassung eines Wirtschaftsgutes tritt demnach der Mittelabfluss in dem Zeitpunkt ein, zu dem die Nutzung überlassen wird und üblicherweise das Entgelt gezahlt würde. Der Mietzins für die Nutzung im Jahr 1992 war vollständig in 1992 zu zahlen, weil Mietzins für Wohnraum zu Beginn des jeweiligen Nutzungsmonats zu zahlen ist (vgl. § 556b Bürgerliches Gesetzbuch). Der Differenzbetrag zwischen der tatsächlich 1992 gezahlten Miete und der für 1992 ermittelten Kostenmiete, einschließlich Eigenkapitalverzinsung und Gewinnaufschlag, gilt folglich in 1992 als abgeflossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 i.V.m. § 143 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung.



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