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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.06.2005
Aktenzeichen: 7 K 5781/03 AO
Rechtsgebiete: AO, AEAO v. 24.9.1987, BpO


Vorschriften:

AO § 102
AO § 193 Abs. 1
AEAO v. 24.9.1987 § 194 Nr. 4 Satz 2
BpO § 8 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Am 22.5.2002 ordnete der Beklagte gem. § 193 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) beim Geschäftsführer der Klägerin eine steuerliche Betriebsprüfung wegen Einkommen- und Umsatzsteuer 1998 bis 1999 an. Am selben Tag ordnete der Beklagte eine steuerliche Betriebsprüfung bei der Klägerin wegen Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer jeweils für die Veranlagungszeiträume 1998 bis 2000 an. Den Anordnungen lag ein Auftrag des Finanzamts Z vom 5.9.2001 zugrunde.

Der Klägerin legte gegen die Anordnung im Hinblick auf die berufliche Verschwiegenheitspflicht und das sich daraus ableitende Auskunftsverweigerungsrecht Einspruch ein. Sie bat um eine schriftliche, verbindliche Bestätigung seitens der Betriebsprüfung, dass diese keine Kopien und Kontrollmitteilungen fertigen werde. Solange eine solche Zusage nicht vorliege, halte sie die Durchführung der Betriebsprüfung für unzulässig.

Der Beklagte entschied im Tenor der Einspruchsentscheidungen vom 2.10.2003:

"In Ergänzung der Prüfungsanordnung vom 22.5.2002 wird zur Begründung der Prüfungsanordnung angeführt, dass hierdurch Reibungen zwischen dem an sich zuständigen Finanzamt Z und den Mitgliedern der Steuerberatungspraxis bei der Vertretung von Steuerpflichtigen vermieden werden sollen."

Im übrigen wies er den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 23.10.2003 Klage erhoben mit der sie vorträgt:

Im Geltungsbereich des Einführungserlasses zur Abgabenordnung (AO) vom 24.9.1987 sei zu § 194 AO unter Ziffer 4 eine Selbstverpflichtung der Finanzverwaltung geregelt gewesen, wonach die Ausfertigung von Kontrollmitteilungen zu unterbleiben habe, um dem Auskunftsverweigerungsrecht des Steuerpflichtigen genüge zu tun. Das Finanzgericht Münster habe in einer Entscheidung vom 13.4.2002 unter Hinweis auf diese Selbstbeschränkung der Verwaltung entschieden, dass der Berufsgeheimnisträger die Durchführung der Betriebsprüfung dulden müsse. Im neuen Einführungserlass und der Betriebsprüfungsordnung sei die Selbstbindung ersatzlos gestrichen worden. Danach stünde es im Ermessen des Betriebsprüfers, ob er Kontrollmitteilungen fertige oder nicht. Dies sei mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) zum Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts des Steuerberaters nicht zu vereinbaren.

Die Klägerin beantragt,

die Prüfungsanordnung vom 22.5.2002 aufzuheben,

hilfsweise,

die Finanzverwaltung zu verpflichten, die Betriebsprüfung unter Beachtung der beruflichen Verschwiegenheitspflicht der Klägerin durchzuführen,

weiter hilfsweise,

die Revision zuzulassen

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Die Selbstbindung aus § 8 Abs. 1 S. 2 BpO 1987, wonach bei Steuerpflichtigen, denen ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO zustehe, keine Kontrollmitteilungen zu fertigen seien, sei aufgegeben worden. Nunmehr sei es in den Grenzen, in denen es anlässlich der Betriebsprüfung anderer Steuerpflichtiger zulässig sei, Kontrollmitteilungen zu fertigen, auch bei den Auskunftsverweigerungsberechtigten möglich. Die Klägerin werde hier nicht als Dritte um Auskunft ersucht, sondern wie jeder andere Stpfl. einer Betriebsprüfung unterzogen.

Gründe

Die Klage ist sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag unbegründet.

Die Anordnung der Betriebsprüfung vom 22.5.2002 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Voraussetzungen des § 193 Abs. 1 AO, wonach bei der Klägerin grundsätzlich eine Betriebsprüfung angeordnet werden kann, liegen vor. Der Anordnung steht nicht entgegen, dass der Geschäftsführer und die Angestellten der Klägerin im Verhältnis zu ihren Mandanten zu einer besonderen Berufsverschwiegenheit verpflichtet sind und ihnen ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 102 AO zusteht.

Dass Betriebsprüfungen auch bei zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Steuerpflichtigen durchgeführt werden können, entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH; vgl. BFH-Beschluss vom 27. November 1996 IV B 5/96, BFH/NV 1997, 274; BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 IX R 31/00, BStBl. II 2002, 712), der sich der Senat anschließt. Dies gilt auch nach Aufhebung des im AO-Anwendungserlasses vom 24. September 1987 zu § 194 unter Nr. 4 Satz 2 und in der BpO unter § 8 Abs. 1 Satz 2 geregelten generellen Verzichts der Finanzverwaltung auf Kontrollmitteilungen bei solchen Steuerpflichtigen. Insoweit handelte es sich lediglich um eine Selbstbindung der Finanzverwaltung, die eine Ermessensausübung im Einzelfall entbehrlich machte. Nach Aufhebung dieser generellen Selbstbindung ist die Finanzverwaltung in jedem Einzelfall gehalten, das Auskunftsverweigerungsrecht des § 102 FGO zu wahren und in die Ermessenserwägungen bei der Erstellung von Kontrollmitteilungen einzubeziehen. Auch nach dem generellen Verzicht auf die Fertigung von Kontrollmitteilungen ist die Finanzverwaltung nicht frei in ihrer Entscheidung, ob und wenn ja in welchem Umfang Kontrollmitteilungen gefertigt werden.

Der Hilfsantrag, der ersichtlich darauf gerichtet ist, den Beklagten zu verpflichten, im Vorfeld der Prüfung auf Kontrollmitteilungen zu verzichten, hat ebenfalls keinen Erfolg. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte vor Beginn der Prüfung erklärt, er werde generell keine Kontrollmitteilungen fertigen. Es fehlt insoweit an einer Beschwer, denn zum jetzigen Zeitpunkt steht noch nicht fest, ob überhaupt Kontrollmitteilungen gefertigt werden. Diese Ermessensentscheidung ist dem jeweiligen Einzelfall vorbehalten und kann jeweils gesondert einer außergerichtlichen oder gerichtlichen Prüfung unterzogen werden. Ob z. B. die Vorlage von Unterlagen von den Vorschriften zum Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse erfasst ist (ggf. Schwärzung personenbezogener Daten oder Herstellung von Aktenauszügen, Zusammenstellungen und Nachweisen über dem Aussageverweigerungsrecht unterliegende Tatsachen und Vorgänge, vgl. BFH-Beschluss vom 21. April 1995 VIII B 133/94, BFH/NV 1995, 954) oder die Fertigung von Kontrollmitteilungen dem Auskunftsverweigerungsrecht entgegensteht, kann sie in jedem Einzelfall durch das jeweils statthafte Rechtmittel überprüfen lassen, ggf. auch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. Tipke/Kruse, § 194 Tz. 33 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung hat über den Einzelfall hinaus keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und die Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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