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Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 7 K 6716/04 E
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a
EStG § 22 Nr. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Düsseldorf

7 K 6716/04 E

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger sind verheiratet und leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 30.12.1998 (UR /1998 des Notars aus Z-Stadt) übertrugen die Eltern der Klägerin ihre drei in Y-Stadt belegene Grundstücke gegen Übernahme von Verbindlichkeiten in Höhe von 240.322 DM und einer als dauernde Last vereinbarten Zahlungsverpflichtung in Höhe von 3.500 DM ab dem 1.1.1999 bzw. 3.000 DM ab dem 1.6.2001. Zur Sicherung der Zahlungsverpflichtung bestellte der Kläger auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken eine Grundschuld in Höhe von 360.000 DM.

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 22.1.1999 (UR /1999 des Notars in X-Stadt) veräußerte die Klägerin zwei Grundstücke zu einem Kaufpreis in Höhe von 504.680 DM. Den Verkaufserlös legte sie in das Betriebsvermögen des Klägers ein. Das dritte Grundstück veräußerte die Klägerin am 12.11.1999. Eigentumsübergang und Kaufpreiszahlung waren jedoch von der Erstellung eines Bebauungsplans abhängig, der in den Streitjahren 1999 bis 2001 noch nicht vorlag.

In ihrer Steuererklärung erklärten die Kläger die monatlichen Zahlungen an den Vater der Klägerin als Sonderausgaben (dauernde Last). Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Herbst 2003 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung für die Streitjahre 1999 bis 2001 statt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass im Zeitpunkt der Veräußerung der Grundstücke nicht mehr von einer unentgeltlichen Übertragung auszugehen sei. Die Klägerin habe eine ursprünglich existenzsichernde Wirtschaftseinheit aufgegeben. Der Wert des zunächst zurückbehaltenen Grundstücks betrage weniger als die Hälfte des Barwerts der dauernden Last, so dass insgesamt eine unentgeltliche Zuwendung nach § 12 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliege, die nicht zum Sonderausgabenabzug berechtige. Schließlich führe die Weiterveräußerung der Grundstücke auch zu einem Spekulationsgewinn gem. § 23 EStG. Die Anrechnung des elterlichen Vorbesitzes entfalle in dem Zeitpunkt, in dem man eine Entgeltlichkeit der Übertragung annehme. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 10.11.2003 Bezug genommen. Der Beklagte erließ am 27.1.2004 entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit Einspruchsentscheidung vom 16.11.2004 als unbegründet zurück. Mit ihrer Klage vom 10.12.2004 tragen die Kläger vor:

Der gesamte Kaufpreis sei entsprechend dem vorgefassten Plan aller Beteiligten in das Betriebsvermögen des Klägers eingelegt worden. Dadurch habe sich das Betriebsvermögen nachhaltig gesteigert. Sie, die Klägerin, partizipiere daran aufgrund ihrer familienrechtlichen Ansprüche. Der Betrieb stelle eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit dar. Der gesamte Vorgang sei als Umschichtung existenzsichernden Vermögens zu betrachten, womit nach wie vor eine unentgeltliche Übertragung vorliege. Folglich könne auch kein Spekulationsgewinn besteuert werden.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1999 bis 2001 vom 27.1.2004 und die Einspruchsentscheidung vom 16.11.2004 wegen Nichtanerkennung von Versorgungsleistungen als dauernde Lasten im Sinne des § 10 EStG und wegen der Erfassung des Veräußerungsgewinns nach § 23 EStG dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 1999 bis 2001 entsprechend herabgesetzt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er trägt vor:

Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.8.2002 (BStBl. I 2002, 893) dürften wiederkehrende Leistungen nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigt werden, wenn der sachliche Zusammenhang zwischen den wiederkehrenden Leistungen und der Vermögensübertragung beendet werde. Das sei hier der Fall, denn die Klägerin habe die Grundstücke veräußert und verfüge über keine entsprechende existenzsichernde Wirtschaftseinheit. Die Einlage des Verkaufserlöses in den Betrieb des Klägers ändere an dieser Einschätzung nichts, denn die Klägerin sei am Betriebsvermögen nicht unmittelbar beteiligt. Eine bloße Umschichtung des übernommenen Vermögens sei nicht festzustellen. Da vom Tag der Veräußerung der Grundstücke Entgeltlichkeit gegeben sei, erlangten die wiederkehrenden Bezüge den Charakter von Kaufpreisraten und seien nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig. Folglich greife auch § 23 EStG. Der Veräußerungsgewinn sei zutreffend berechnet worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Zutreffend hat der Beklagte die geltend gemachten dauernden Lasten nicht steuermindernd als Sonderausgaben berücksichtigt.

Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 17. 6. 1998 X R 104/94 BStBl II 2002,646 m.w.N.) weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet; sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar, wenn sie abänderbar sind. Voraussetzung für die Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente ist jedoch, dass eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit vom Übergeber zur Weiterführung durch den Übernehmer überlassen wird. Die steuerrechtliche Zuordnung von Versorgungsleistungen aufgrund eines Vermögensübergabevertrages zu den wiederkehrenden Bezügen und den Sonderausgaben beruht nämlich auf der Vorstellung des Gesetzgebers, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge vorbehält, die nunmehr allerdings vom Übernehmer erwirtschaftet werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Januar 1997 IV R 45/96, BFHE 182, 539, BStBl II 1997, 458 m.w.N.).

Eine solche Vereinbarung war zwar zwischen der Klägerin und ihrem Vater, dem Beigeladenen, durch die Übertragung der Grundstücke gegen Zahlung eines monatlichen Betrages in Höhe von 3.500 DM getroffen worden. Wird jedoch - wie hier - ein bebautes Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen, das der Übernehmer sogleich weiterveräußert, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Unterhaltszahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des Übergebers zu leisten sind, nicht als Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last) abziehbar. Es fehlt insoweit an einer existenzsichernden Wirtschaftseinheit (BFH Urteil vom 17. 6. 1998 (X R 104/94 BStBl II 2002, 646).

Das gilt nach der zitierten Entscheidung des BFH (v. 17.6.1998 a.a.O.), entgegen der insoweit großzügigeren Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. BMF Schreiben vom 26.8.2002 BStBl I 2002, 893 Tz. 20), auch dann, wenn der Verkaufserlös zur Finanzierung anderer Wirtschaftsgüter verwendet wird. Denn nach der Veräußerung lässt sich ein Zusammenhang der wiederkehrenden Leistungen mit einer weiterzuführenden Wirtschaftseinheit nicht (mehr) herstellen. Der Erwerb eines "Ersatz"-Wirtschaftsgutes wird nämlich durch einen steuerrechtlich selbständigen Anschaffungsvorgang vollzogen. Die Vorstellung einer Wertsurrogation wäre rechtlich allenfalls dann tragfähig, wenn auch das Ersatzwirtschaftsgut als unentgeltlich erworben angesehen werden könnte; dann wäre es möglicherweise vertretbar, den Abzug von Sonderausgaben weiterzuführen.

Hinzu tritt, dass die Klägerin hat mit dem Erlös aus der Veräußerung der Grundstücke kein Wirtschaftsgut erworben hat, das ebenfalls eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit darstellt. Die Klägerin hat den Verkaufserlös in den Betrieb ihres Ehemannes, des Klägers, eingelegt, ohne dafür einen entsprechenden Gegenwert oder ein Wirtschaftsgut erhalten zu haben. Sie ist nicht unmittelbar an dem Betriebsvermögen oder den Erträgen des Unternehmens beteiligt. Eine mittelbare Beteiligung daran, z.B. aufgrund des familienrechtlichen Unterhaltsanspruchs oder aufgrund des Zugewinnausgleichanspruchs, reicht für einen weiterhin bestehenden Zusammenhang zwischen der Übertragung der existenzsichernden Wirtschaftseinheit und der monatlichen Zahlungsverpflichtung nicht aus. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der Kläger zur Sicherung dieses Zahlungsanspruchs eine Grundschuld auf den in seinem Eigentum stehenden Grundstücken bestellt hat. Eine Grundschuld als reines Sicherungsrecht erzielt keine Erträge und ist daher keine ertragbringende Wirtschaftseinheit.

Da somit vom Sonderrecht einer steuerrechtlich privilegierten unentgeltlichen Übertragung nicht auszugehen ist, handelt es sich bei der Übertragung der Grundstücke um einen entgeltlichen Vorgang, der - folgerichtig - zu einem Spekulationsgewinn im Sinne des § 23 EStG führt. Die Höhe des Veräußerungsgewinns ist nach Tz. 21.3. - 21.5. des o.g. BMF-Schreibens zutreffend ermittelt worden und zwischen den Beteiligten unstreitig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war zuzulassen. Sie ist wegen weiterer beim BFH anhängiger Verfahren zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).



Ende der Entscheidung

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