Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.02.2003
Aktenzeichen: 8 K 7307/01 H (L)
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3
EStG § 8 Abs. 2 Satz 2
EStG § 42d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand

Streitig ist die Besteuerung der Privatnutzung eines Firmen-PKW durch einen Arbeitnehmer der Klägerin.

Im Rahmen einer vom Beklagten bei der Klägerin durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.1999 bis 31.05.2001 traf die Prüferin die Feststellung, dass die Klägerin dem Arbeitnehmer A einen Firmen-PKW zur Verfügung gestellt hatte. Der Arbeitnehmer, wohnhaft in B., ist im Außendienst tätig und beginnt seine Dienstreisen regelmäßig von zu Hause aus, wo er sie auch wieder beendet. Mit Schreiben vom 31.01.1992 hatte die Klägerin dem Arbeitnehmer mitgeteilt, dass das Fahrzeug ausschließlich geschäftlich genutzt werden solle und zum Nachweis ein Fahrtenbuch geführt werden müsse. Die Prüferin gelangte nach Durchsicht der für die Zeit vom 27.09.1999 bis 31.05.2001 vorgelegten Fahrtenbücher für den PKW VW Passat mit amtlichem Kennzeichen zu der Ansicht, dass diese nicht als ordnungsgemäß geführt anerkannt werden könnten, da die inhaltlichen Angaben teilweise nicht mit den dazu vorgelegten Belegen und Unterlagen übereinstimmten. Für den Zeitraum 01.01.1999 bis 26.09.1999, in dem der Arbeitnehmer noch den PKW mit amtlichen Kennzeichen (Opel Vectra) gefahren hatte, fehlte ein Fahrtenbuch. Daher sei, so die Prüferin, für den gesamten Prüfungszeitraum eine Berechnung des geldwerten Vorteils nach der sog. 1 %-Methode vorzunehmen; der Vorteil betrage - bei personengerechter Brutto-Einzelberechnung - 5.284,49 DM (Tz. 1 des Prüfungsberichts vom 04.09.2001).

Der Beklagte erließ entsprechend am 06.09.2001 einen auf § 42 d des Einkommensteuergesetzes -EStG- gestützten Lohnsteuerhaftungsbescheid über 5.284,49 DM.

Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage, die die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Arbeitnehmer A habe das Firmen-Fahrzeug nicht zu privaten Zwecken genutzt; dies sei auf Grund der von ihm gefertigten Aufzeichnungen nachgewiesen. Die vom Beklagten aufgeführten Mängel der Fahrtenbücher habe der Arbeitnehmer im Rahmen einer Besprechung mit der Prüferin am 16.08.2001 aufgeklärt; es habe sich im Wesentlichen um einige nur wenige Meter betragende Fahrten zur Werkstatt oder zur Tankstelle gehandelt, die versehentlich nicht eingetragen gewesen seien. Mit Schriftsatz vom 12.06.2002, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, hat die Klägerin zu weiteren Beanstandungen betr. des Fahrtenbuchs Stellung genommen. Die Ehefrau des Arbeitnehmers A sowie deren Sohn, 28 Jahre alt und nicht mehr im Haushalt der Eltern lebend, verfügten beide selbst über Fahrzeuge; die Ehefrau fahre einen Opel Vectra. Insgesamt sei damit der Beweis einer ausschließlich betrieblichen Nutzung des Firmenfahrzeuges durch den Arbeitnehmer geführt.

Die Klägerin beantragt,

den angefochtenen Lohnsteuerhaftungsbescheid ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte wendet ein, die Aufzeichnungen des Arbeitnehmers reichten nicht aus, um von der sog. 1 %-Regelung gemäß § 6 Abs.1 Nr.4 EStG abzusehen. Die Klägerin selbst habe in der Besprechung mit der Prüferin bzw. schriftsätzlich im Klageverfahren gewisse Mängel des Fahrtenbuches eingeräumt; hinzu kämen noch weitere Beanstandungen. Wegen der Einzelheiten des Beklagtenvorbringens wird auf dessen Schriftsatz vom 19.07.2002 Bezug genommen.

Das Gericht entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 90 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung -FGO- ohne mündliche Verhandlung.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Lohnsteuerhaftungsbescheid ist rechtmäßig; der Beklagte hat zu Recht einen geldwerten Vorteil des Arbeitnehmers A wegen Nutzung des Firmen-PKW zu Privatzwecken zugrunde gelegt.

Gemäß § 8 Abs.2 S.2 i.V.m. § 6 Abs.1 Nr.4 S.2 EStG sind für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Zwecken für jeden Kalendermonat Einnahmen in Höhe von 1 % des Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung anzusetzen. Diese private Nutzung kann gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG davon abweichend mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Kraftfahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (sog. Escape-Klausel). Die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 und 3 EStG verstößt nicht gegen das Grundgesetz, sondern hält sich im Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers bei Typisierungen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 24.02.2000 III R 59/98, Bundessteuerblatt II 2000, 273).

Der Beklagte hat die Bemessung mit 1 % des Listenpreises hier zutreffend vorgenommen. Für den Zeitraum 01.01. bis 26.09.1999 hat die Klägerin überhaupt kein Fahrtenbuch vorgelegt. Das für den nachfolgenden PKW seit 27.09.1999 vom Arbeitnehmer geführte Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß i.S. von S. 3 der Vorschrift.

Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch ist laufend zu führen und muss hinsichtlich der betrieblichen Fahrten Angaben über Reisezweck, Zielorte und aufgesuchte Geschäftspartner sowie Zeitangaben und Kilometerstände enthalten; bei Privatfahrten genügt die Kilometerangabe. Bei dem Fahrtenbuch muss sichergestellt sein, dass es nicht nachträglich erstellt oder verändert wurde. Als Nachweis dient auch seine Stimmigkeit mit Kilometerangaben bei Kundendienst, Tankrechnungen etc. (Schmidt, EStG, 21. Aufl., § 6 Rdn. 422 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Diesen Anforderungen genügte das Fahrtenbuch nicht. Es weist mehrfach unrichtige oder unvollständige Eintragungen auf; gelegentlich fehlen diese ganz. Die Gesamtheit der Mängel lässt das Fahrtenbuch nicht mehr ordnungsgemäß i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG erscheinen.

So hat etwa die Klägerin selbst eingeräumt, dass der Arbeitnehmer gelegentlich Fahrten zur Werkstatt oder zur Tankstelle nicht eingetragen hat. Auch wenn es sich hierbei nur um kurze Strecken von wenigen hundert Metern gehandelt hat, kann nur ein lückenloser Nachweis hinreichend zuverlässig die Verwendung des Fahrzeuges glaubhaft machen. Das gilt hier um so mehr, als z.B. am 26.08.2000, 14.10.2000, 04.12.2000 und 31.05.2001 die nicht eingetragenen Fahrten zum Waschen, Tanken oder zur Reparatur des PKW die einzigen des Tages waren. Damit liegen für diese Tage insgesamt keine Nachweise vor. Am 01.11.1999 hat der Arbeitnehmer ebenfalls einen Tankvorgang in Steinach nicht eingetragen; außerdem hat er an jenem Tag - nach Angaben der Klägerin - noch eine Fahrt von 10 km zu einem Kunden unternommen. Unter diesem Datum fehlt jedoch jegliche Eintragung; die Klägerin hat eingeräumt, dies sei offensichtlich vergessen worden.

Unter dem 16.05.2001 hat der Arbeitnehmer für eine Fahrt nach Leuna ohne Erläuterung im Fahrtenbuch eine zurückgelegte Strecke von 435 km eingetragen, die für dieses Fahrziel gemessen an den übrigen entsprechenden Eintragungen überdurchschnittlich hoch ist. Die Klägerin hat dies zwar überzeugend mit dem Hinweis auf eine nochmalige Rückfahrt wegen vergessener Ware erläutert, damit aber zugleich eine weitere Unvollständigkeit des Fahrtenbuches eingeräumt, da auch Umwegstrecken als "Fahrstrecke" kenntlich gemacht werden müssen. Gleiches gilt für die Übernachtungen des Arbeitnehmers am 13./14.10.1999, 28./29.11 und 29./30.11.2000 in D bzw. H. Auch wenn diese Orte, in denen der Arbeitnehmer Hotels aufgesucht hat, in der Nähe der eingetragenen Firmen lagen, hätten sie ebenfalls im Fahrtenbuch vermerkt werden müssen.

Am 27.09.2000 ist dem Arbeitnehmer, wie die Klägerin vermutet, ein Eintragungsfehler unterlaufen, da für eine Fahrt nach E nur 266 km vermerkt sind. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass "vergessene Eintragungen" an sich am nächsten Morgen auffallen müssen und dann korrigiert werden, was hier jedoch nicht erfolgt ist. Damit ist die tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs auch insoweit nicht glaubhaft gemacht.

Zu Recht hat der Beklagte darüber hinaus die Fahrtenbucheintragungen vom 25.08.2000 (Bielefeld 521 km) und 12.10.2000 (Zwenkau 314 km) beanstandet, da die Klägerin nach den vorgelegten Belegen in G bzw. in N getankt hatte, diesbezüglich das Fahrtenbuch jedoch keine Eintragung enthält. Die Klägerin hat diesen Mangel nicht zu rechtfertigen vermocht.

Der Beklagte hat damit zu Recht die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG angewandt und den Arbeitgeber insoweit in Anspruch genommen. Sonstige Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides sind weder von der Klägerin geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

Zurück